1892 / 59 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 08 Mar 1892 18:00:01 GMT) scan diff

werden sie auch die hieraus sich ergebenden Lasten zu 5 haben, indem jedenfalls die für die Ausgleichung der Belastung 21 den den Versicherungsanstalten gegebene Vorschrift des § 160 auf 1v 2 richtungen keine Anwendung findet und deshalb weder bei 9 - g theilungen zwischen den verschiedenen Kasseneinrichtungen, noch bbei folchen zwischen Kasseneinrichtungen und Versicherungsanstalten in Be⸗ tracht gezogen werden kann. Bei diesen Vertheilungen ist vielmehr, wenn Kasseneinrichtungen der hier in Rede stehenden Art in Betracht kommen, nur nach §§ 89 und 94 des Invaliditäts⸗ und Altersversiche⸗ rungsgesetzes zu verfahren. Bescheide und Beschlüsse des Reichs⸗Versicherungsamts.

(1080.) Der Führer einer Arbeitercolonne, welcher von Bau⸗ gewerbetreibenden die Ausführung gewisser Bauarbeiten in Aeccord übernimmt, die erforderlichen Arbeiter anstellt und die Accordsumme nach Abzug eines festen Wochenbetrages, den er sich für seine besondere Mühewaltung vorbehält, gleichmäßig unter sich und die Arbeiter ver⸗ theilt, auch selbst mitarbeitet, ist nach einem Bescheide des Reichs⸗ Versicherungsamts vom 14. Januar 1892 nicht als selbständiger Unter⸗ nehmer anzusehen (zu vergleichen Recursentscheidung 671, „Amtliche Nachrichten des R.⸗V.⸗A.“ 1889 Seite 161).

(1081.) Auf die Anfrage einer Berufsgenossenschaft über die Auslegung

des § 25 Absatz 3 des Bau⸗Unfallversicherungsgesetzes hat das Reichs⸗ Versicherungsamt sich unter vem 23. Januar 1892 dahin ausgesprdchen. daß die Gemeindebehörden auch dann, wenn sie nur die von der Ge⸗ meinde selbst für ihre Regie⸗Bauarbeiten zu entrichtenden Prämien übersenden, zum Abzug der Portoauslagen berechtigt sind. Aus den Bestimmungenim § 25 Absatz 3 und 4 des Bau⸗Unfallversicherungs⸗ gesetzes geht hervor, daß die Kosten der Prämienerhebung abge⸗ sehen von den Kosten einer etwaigen zwangsweisen Beitreibung unmittelbar weder den Unternehmern noch den Gemeindehörden, sondern der Versicherungsanstalt als solcher zur Last fallen sollen. Wollte man also felbst annehmen, daß unter den im § 25 Abs. 3 a. a. O. erwähnten „dem Gemeindebezirk angehörenden“ Unternehmern nur Dritte zu verstehen wären, nicht aber die Gemeinde selbst, obwohl auch die Organe der Gemeinde, welche Regie⸗Bauarbeiten ausführen, dem Gemeindebezirk angehören, so würde es doch nur im Sinne des Gesetzes liegen, daß der Gemeinde auch bei der Uebersendung ihrer eigenen Prämien das Recht zum Abzug der Portoauslagen zugestanden wird. Wenn im § 25 Absatz 4 a. a. O. vorgeschrieben ist, daß die der Gemeinde⸗ behörde für die Prämienerhebung zu gewährende Vergütung für Bau⸗ arbeiten, welche von der Gemeinde selbst für eigene Rechnung aus⸗ geführt werden, nicht zu zahlen sei, so hat diese Bestimmung ihren Grund darin, daß die Hebegebühr lediglich eine Vergütung für die mit der Prämieneinziehung verbundene Mühwaltung der Ge⸗ meinde bildet, und daß durch die bloße Einsendung der auf die Ge⸗ meinde selbst entfallenden Prämien dieser eine Mühwaltung, für die sie billigerweise eine Entschädigung beanspruchen könnte, nicht ver⸗ ursacht wird. Der Gemeinde aber den Anspruch auf Abzug der Portoauslagen für die Uebersendung ihrer Prämien zu versagen und sie somit schlechter zu stellen, als alle anderen Bauunternehmer, welchen aus der fristgemäßen Prämienzahlung Kosten nicht entstehen oder wenigstens nicht zu entstehen brauchen, fehlt es an einem aus⸗ reichenden Grunde.

(1082.) Aus Anlaß einer Vermögensauseinandersetzung, welche zwischen einer Baugewerks⸗ und der Tiefbau⸗Berufsgenossenschaft ver⸗ einbart worden war, hat das Reichs⸗Versicherungsamt unter dem 6. Februar 1892 sich dahin ausgesprochen, daß es in den Fällen des § 32 Absatz 4 des Unfallversicherungsgesetzes und des § 9 Absatz 3 des Bauunfallversicherungsgesetzes weder einer Genehmigung des Reichs⸗ Versicherungsamts zur Ueberweisung des Antheils am Reservefonds, noch einer Ergänzung des Reservefonds auf den früheren Kapital⸗ bestand bedarf, da die Vorschrift des § 18 Absatz 3 des Unfallversiche⸗ rungsgesetzes sich nur auf den Fall bezieht, daß der Reservefonds zur Deckung von Bedürfnissen der Berufsgenossenschaften angegriffen werden soll, welche nach den gesetzlichen Bestimmungen im Wege des Umlageverfahrens aufzubringen sein würden.

(1083) Aus Anlaß eines Spezialfalles hat das Reichs⸗Versiche⸗ rungsamt durch Bescheid vom 8. Januar 1892 ausgesprochen, daß aus § 26 des Bauunfallversicherungsgesetzes eine Zuständigkeit der unteren Verwaltungsbehörden zur Entscheidung von Beschwerden gegen die Berechnung der Prämien der Unternehmer, welche bei den Ver⸗ sicherungsanstalten der Baugewerks⸗Berufsgenossenschaften für ihre Person versichert sind (selbstversicherte Kleinmeister) § 2 Absatz 2, § 16 Absatz 3 a. a. O. —, nicht hergeleitet werden könne.

Handel und Gewerbe,

Fondsbörse, Geld⸗ und Kapitalsmarkt.

Berlin, 7. März. Die Fondsbörse hat in den letzten Wochen auf allen Gebieten eine ziemlich feste Haltung gezeigt, wenn sich auch zeitweise größere Schwankungen in einzelnen Effectengattungen zeigten. Das wesentlichste Kennzeichen der Lage aber bleibt die ungewöhnliche Geschäftsstille, die um so unbehaglicher wirkt, als fortdauernd der Geldüberfluß den Zinsfuß am offnen Markt auf einem sehr nie⸗ drigen Niveau festhält. Es ist schon wiederholt hier auf die Ursachen dieser Erscheinung hingewiesen worden, die auch gegenwärtig noch zu einem wesentlichen Theil in der Theil⸗ nahmelosigkeit des Privatkapitals zu suchen sind. Der sehr erfreuliche Erfolg der Begebung von zusammen 340 Millionen Mark dreiprocentiger Reichs⸗ und Preußischer Staats⸗Anleihe hat erkennen lassen, daß es sich bei dem Reichthum an flot⸗ tirendem Geld nicht nur um große Beträge handelt, die bei dem Darniederliegen von Handel und Industrie keine Ver⸗ wendung finden, sondern daß an ihm neben neuen Ersparnissen erkennbar auch solche Geldmassen theilhaben, die aus der Realisirung zweifelhafter oder solcher aus⸗ ländischer Zinspapiere herrühren, deren Verzinsung gänzlich oder zum theil eingestellt ist. Jedenfalls ist es sehr auffallend, daß, nachdem die neuen dreiprocentigen Anleihe⸗ stücke beim ersten Einzahlungstermin bis auf einen verhältniß⸗ mäßig geringfügigen Betrag I. wurden, die Geld⸗ flüssigkeit in Deutschland eine Abnahme nicht erkennen läßt während in London der Discont im offenen fortgesetzt erheblich höher als in Deutsch⸗ der Privatdiscont hier immer noch weichende Tendenz zeigt und zuletzt bis auf 1 ½2 Proc. herab⸗ esetzt wurde. Selbst in den Tagen der Subscription und Einzahlung auf die neuen Anleihen hat der Discont im offenen Markt sich beständig unter 2 Proc. gehalten, obwohl gleich⸗ zeitig die Anforderungen der Ultimoregulirung zu lösen waren. Die in den letzten Wochen bekannt gewordenen Abschlüsse

der großen Bankinstitute haben nur ganz vorübergehend dem Börsengeschäft einige Anregung geboten. Der Anerkennung gegenüber, daß es den hervorragenden deutschen Kredit⸗ banken, an ihrer Spitze der Deutschen Bank und der Disconto⸗Gesellschaft in Berlin, auch in dem ungünstigen Geschäftsjahre 1891 gelungen ist, eine gute Verzinsung zu er⸗ wirthschaften, griff schnell die Erwägung Platz, daß vorläufig für das neue Jahr keine Aussichten einer günstigen Geschäfts⸗ entwickelung vorliegen, während gleichzeitig die Jahres⸗

und, Markte land steht,

8 8

1u 5. 8 8 8 1. 5 ö“ BEö wie groß die Gefahren sind, denen die Thätigkeit großer Bankinstitute auch bei den besten Absichten der Verwaltung ausgesetzt ist. Die Reichsbank mit ihren eigen⸗ artigen gesetzlich festgestellten Verhältnissen und Aufgaben als Regulirerin des gesammten Geldverkehrs und Schützerin der Währung hat, wie die bekannt gewordenen Angaben über die wirthschaftlichen Ergebnisse des Instituts erkennen lassen, auch im vergangenen Jahre mit reichem Erfolge gewirkt und ein wesentliches Verdienst erworben, daß die kritischen Er⸗ scheinungen auf wirthschaftlichem Gebiet in allmählicher Ent⸗ wickelung überwunden werden. 8 .

In den letzten Tagen haben sich auf dem Montanactien⸗ markte größere Bewegungen vollzogen, die durch den drohenden allgemeinen Ausstand der englischen und schottischen Bergleute und durch die aus diesem Grunde eingetretenen großen Preis⸗ steigerungen für Kohlen in England veranlaßt wurden. In der That würde eine Rückwirkung auf den deutschen Kohlen⸗ markt nicht ausbleiben, wenn die Arbeitseinstellung auf den englischen Kohlengruben, die am 12. d. M. ihren Anfang nehmen soll, auch nur 14 Tage dauern würde; vorläufig scheint aber eine Einigung zwischen den Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die das Interesse der gesammten englischen Industrie erfordert, noch nicht ausgeschlossen. Eine gesunde Wiederbelebung auf diesem Börsengebiete kann aber nur auf Grund einer günstigeren Entwickelung der heimischen Industrie eintreten, die man mit dem Eintritt des Frühjahrs wohl nicht mit Unrecht erwartet. In welchem Umfange die Preise der Bergwerks⸗Papiere, die im Februar erheblich zurückgegangen waren, in dem erwähnten Zusammenhange sich gebessert haben, zeigen folgende Angaben: 30. Jan. 15. Febr. 29. Febr. 5. März Gelsenkirchener Bergwerk 137,40 136,50 136,00 139,25 Harpener ö 142,90 138,00 135,40 138,25 Hibernia 128,10 127,40 125,50 128,10 Dortmunder

oo“ 56,50 51,25 Laurahütte Act. .. . . . 108,80 103,80 100,25 101,00 Im übrigen hat das Börsengeschäft nur wenige be⸗ merkenswerthe Erscheinungen ergeben. Der Mangel an Inter⸗ esse für Eisenbahnactien dauert unverändert fort; in in⸗ ländischen Eisenbahnactien ist fast völliger Geschäftsstillstand eingetreten und von den ausländischen Papieren dieser Art ge⸗ winnen nur einzelne zeitweise das Interesse der Speculation, während das Comptantgeschäft auch hier überall unbedeutend ist. Von den schweizerischen Bahnen hat sich die speculative Thätigkeit seit längerer Zeit fast ganz zurückgezogen. In italienischen Eisenbahnen entwickelte sich in den letzten Tagen regerer Verkehr, da der hiesige Platz für zumeist auswärtige Verkäufe zu stark rückgängigen Preisen Abnehmer war; es dürfte hier dieselbe speculative Absicht zu erkennen sein, die auch fortdauernd den Werthstand der italienischen Rente herab⸗ drückt. Der Markt für Anlagepapiere zeigt die Festig⸗ keit, die als Folge des flüssigen Geldstandes natür⸗ lich ist; aber der Geschäftsumfang läßt 8 hier fast beständig zu wünschen übrig. Eine erfreuliche Ausnahme machten, von den allerletzten Tagen abgesehen, in letzter Zeit die Reichs⸗ und Preußischen consol. Anleihen, von denen wiederum die neuen dreiprocentigen Anleihen in be⸗ sonders großen Beträgen gehandelt wurden und dabei eine wesentliche Preisbesserung erfuhren und den Curs der älteren Anleihen mit gleicher Verzinsung erreichten. Von den ausländischen Anlagepapieren haben namentlich russische Staatsfonds in letzter Zeit besonders feste Tendenz gezeigt, wie gleich⸗ zeitig mit der russischen Valuta auch die übrigen russischen Papiere Preisbesserungen erfuhren. Die Staatsfonds der kleineren europäischen Staaten wie spanische, portugiesische, serbische und griechische Papiere sind im allgemeinen durch kleine, aber fortdauernde Abgaben des Privatkapitals gedrückt. Folgende wenigen Angaben mögen die Preisbewegung auf diesen Gebieten kennzeichnen; man notirte in Berlin: .

30. Jan. 15. Febr. 29. Febr. 5. März 4 proc. Reichs⸗Anleihe 106,75 106,80 106,60 106,60 3 ½ proc. Preuß. Consols 99,10 99,00 99,00 99,10 3 proc. Preuß. Consols . 84,60 84,10 84,70 84,60 4 proc. Oesterr. Goldrente 96,60 95,75 95,50 95,00 4 proc. Ungar. Goldrente 93,40 92,70 92,60 92,50 5 proc. Serbische Rente. 83,70 81,25 79,20 80,00 Oesterr.Ung. Staatsb. 129,50 124,50 123,75 124,20 Dux⸗Bodenbach . . . ..236,50 238,00 236,00 237,25 Gotthardbahn .. . . . . 142,25 140,10 139,50 137,60 Ital. Mittelmeerbahn. 94,50 93,60 92,70 90,90 Warschau⸗Wien. . 213,75 216,50 217,00 217,40 Oesterr. Creditactien .. . 171,80 168,10 170,90 170,30 Disconto⸗Comm.⸗Anth. 186,10 183,25 183,80 184,75 Act. der Deutsche Bank 157,60 160,00 161,80 153,10*

* Nach der Dividende.

Die Entwickelung des Geldmarkts war in den letzten Wochen eine, auch in den internationalen Beziehungen normale. Bemerkenswerth ist an erster Stelle, daß die reiche Ernte Nord⸗Amerikas die Union nicht vor einer nicht unerheblichen Goldausfuhr bewahren konnte, die in den letzten Wochen sich vollzogen und bis in die jüngsten Tage fortgedauert hat und wohl noch nicht beendet ist; aber im Vordergrunde des Interesses steht natürlich die Inangriffnahme der Valuta⸗ regulirung in Oesterreich⸗Ungarn. Die vorbereitenden Schritte üben wohl schon gegenwärtig einen Einfluß auf das Preis⸗ verhältniß der bestehenden Währung zu Gold aus, der sich schnell steigern wird, jemehr die Ankäufe von Goldwechseln für die Zwecke der neuen Währung verstärkt werden. Die Beschaffung der nöthigen Goldmassen wird nach der der Fach⸗ leute nicht der schwierigste Theil des großen Unter⸗ nehmens sein; in der That haben die großen europäischen Goldreservoirs, die Bank von Frankreich, die Reichs⸗ bank und die Bank von England ihre Goldbestände in all⸗ mählichem Wachsthum seit Jahr und Tag, allerdings unter natuͤrlichen Schwankungen vergrößert, und zwar beträgt der Zuwachs seit Ende 1890 bei dem französischen Institut 215,3 Millionen Mark, bei der Reichsbank 170 Millionen und bei der englischen Bank 30 Millionen, zusammen 415,3 Millionen Mark. Die Heranziehung von 500 bis 600 Millionen Gulden Gold, auf die sich der Bedarf sicher wird reduciren lassen, wird zwar gewiß nicht ohne große einschneidende Bewegungen, aber hoffentlich ohne ernste Erschütterungen des internatio⸗ nalen Geldmarkts verlaufen. Aber nach dieser Goldbeschaffung tritt die Erhaltung des Goldbestandes als entscheidende Frage hervor, und hier kann nur die wirthschaftliche Arbeit der Be⸗ völkerung des österreichisch⸗ungarischen Staatswesens und die geschickte Leitung eines centralen Bank⸗Instituts eine glück⸗ liche Lösung herbeiführen.

Union 52,60

Tägliche Wagengestelluns für Kohlen und Koks gb Müg der Raͤhr und in Oberschlesien. 1

An der Ruhr sind am 7. d. M. gestellt 9218, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen. 89 Zwangs⸗Versteigerungen. 8 eim Königlichen Amtsgericht I Berlin standen am . Mei 1892 die 2.2— Grundstücke zur Versteigerung: Holzmarktstraße 69/70, dem Zimmermeister Heinr. Helms hier gehörig: Nutzungswerth 4960 ℳ; Mindestgebot 600 ℳ; für das Meistgebot von 365 000 wurde der Kaufmann Fedor Berg, Königgrätzerstraße 9, Ersteher. Stephanstraße 60, dem Tischler⸗ meister Heinr. Engelhard hier gehörig; Nutzungswerth 7500 ℳ: Mindestgebot 148 000 ℳ: für das Meistgebot von 242 000 wurde der Fabrikant Heinrich Laas zu

Berlin Ersteher.

Berlin, 5. März. (Wochenbericht f Stärkefabrikate und Hülsenfrüchte von Mar Ia. Kartoffelmehl 32 ½ 33 ½ ℳ, Ia. Kartoffelstärke 32 ½ IIa. Kartoffelstärke und Mehl 31 31½ ℳ, feuchte stärke loco und Parität Berlin 18,50 ℳ, Fabriken bei Frankfu a. O. zahlen frei Fabrik 18,00 ℳ, gelber Syrup 38 38 ½ c, Capillair⸗Syrup 39 39 ½ ℳ, Capillair⸗Export 40 40 ½ ℳ, Kartoffelzucker gelber 38 38 ½ ℳ, do. Capillair 39 ½ 40 ℳ, Rum⸗Couleur 50 51 ℳ, Bier⸗Couleur 49 50 ℳ, Dertrin, gelb und weiß, Ia. 42 44 ℳ, do. secunda 39 40 ℳ, Weizenstärke (kleinst.) 37 38 ℳ, Weizenstärke (großst.) 45 46 ℳ, Hallesche und Schlesische 45 46 ℳ, Reisstärke (Strahlen) 47 bis 418 ℳ, do. (Stücken) 43 44 ℳ, Mais⸗Stärke 37 38 ℳ. Schabe⸗ stärke 32 33 ℳ, Victoria⸗Erbsen 22 26 ℳ, Kocherbsen 21 25 ℳ. grüne Erbsen 22 26 ℳ, Futtererbsen 16 ½- 17 ½ ℳ, Leinsaat 22 24 ℳ, Linsen, große 40 54 ℳ, do. mittel 26 40 ℳ, do. kleine 16 26 ℳ, Gelber Senf 18 30 ℳ, Kümmel 36 40 ℳ, Mais loco 13 ½ —- 14 ℳ, Buchweizen 17 ½ 18 ½ ℳ, Pferdebohnen 16 ½ bis 18 ℳ, inländische weiße Bohnen 19 20 ℳ, weiße Flachbohnen 23 26 ℳ, ungarische Bohnen 17 ½ 18 ½ ℳ, galizische und russische Bohnen 16 17 ℳ, Wicken 13 ½ 15 ℳ, Hanfkörner 22 ½ 23 ½ ℳ, Leinkuchen 17 17 ½ ℳ, Weizenschale 11,30 11,60 ℳ, Roggenkleie 11,50 bis 12 ½ ℳ, Rapskuchen 14 14½ ℳ, Mohn, blauer 50 60 ℳ, do. weißer 66 86 ℳ, Hirse, weiße 21 24 Alles per 100 kg ab Bahn bei Partien von mindestens 10 000 kg. 3 Der Aufsichtsrath der Preußischen Hypotheken⸗Ver⸗ sicherungs⸗Actien⸗Gesellschaft beschloß nach Prüfung des Rechnungsabschlusses, der Generalversammlung die Vertheilung einer sechsprocentigen Dividende für das Jahr 1891 vorzuschlagen. 8 In der gestrigen ordentlichen Generalversammlung der Dis⸗ conto⸗Gesellschaft waren 613 Stimmen vertreten. Die Bilanz nebst Gewinn⸗ und Verlust⸗Rechnung wurde genehmigt und der Ver⸗ waltung Entlastung ertheilt. Die aus dem Aufsichtsrathe ausschei⸗ denden Mitglieder Herren R. von Hardt, G. Hansemann, M. Bö⸗ ninger und Stadtrath Bail wurden einstimmig wiedergewählt. Es wurde mitgetheilt, daß die Dividende vom 8. März ab zur Auszah⸗ lung gelangt. 1 8

In der Generalversammlung der Berlin⸗Wilmersdorfer Terrain⸗Gesellschaft wurde der vorgelegte Abschluß pro 1891 genehmigt, Entlastung für Vorstand und Aufsichtsrath erklärt und die Vertheilung einer Dividende von 16 % = 160 auf jede Actie beschlossen. Zum Geschäftsbericht bemerkte Director Eichmann, daß seit dem 1. Januar d. J. eine größere Anzahl von Baustellen ver⸗ kauft seien mit zusammen ca. 1364 Qu.⸗Rth. und einem Erlöse von etwa 914 000 Die durch das Loos bestimmten ausscheidenden Aufsichtsrathsmitglieder Stadtrath Kaempf und Director Dr. Rießer wurden wiedergewählt. X.“ 8

Die Generalversammlung der Provinzial⸗Actienbank des Großherzogthums Posen vom 5. d. M. genehmigte die vom Aufsichtsrath vorgeschlagene Dividende von 5 6 % für das Jahr 1891. Die ausscheidenden Aufsichtsrathsmitglieder wurden wieder⸗ gewählt.

Der Abschluß der Radeberger Exportbierbrauerei vom 30. September 1891 ergiebt für die Abtheilung Radeberg einen Betriebsüberschuß von 1456 ℳ, während das Pichelsdorfer Etablissement mit einem Betriebsverlust von 63 400 abschließt. Die Abschrei⸗ bungen betragen für beide Etablissements zusammen 137 735 ℳ; es erhöht sich hierdurch der Verlustsaldo von 286 300 auf 580 626 Der Absatz in Radeberg erhöhte sich im abgelaufenen Geschäftsjahr um 4709 hl während Pichelsdorf einen Ausfall von 430 hl aufweist. Danzig, 8. März. (W. T. B.) Die Einnahmen der Marienburg⸗Mlawkaer rbahn betrugen im Monat

Eisen Februar 1892 nach provisorischer Feststellung 104 000 gegen 178 200 nach provisorischer Feststellung

ung im Februar 1891, mithin

weniger 74 200 8

E““ a. M., 7. März. (W. T. B.) Zgwischen der Bankfirma St. Goar und ihren Gläubigern ist ein Arrangement zu stande gekommen; die Gläubiger erhalten 50 % ihrer Forderungen.

Leipzig, 7. März. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. per März 3,35 ℳ, per April 3,35 ℳ, per Mai 3,37 ½ ℳ, per Juni 3,40 ℳ, per Juli 3,42 ½ ℳ, per August 3,45 ℳ, per September 3,45 ℳ, per Okto⸗ ber 3,47 ½ ℳ, per November 3,47 ½ ℳ, per Dezember 3,47 ½ ℳ, per Januar 3,47 ½ ℳ, per Februar 3,47 ½ Umsatz 20 000 kg. Bremen, 7. März. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Aufsichtsraths des Norddeutschen Lloyd erklärte der bis⸗ herige Vorsitzende Fr. Reck wegen vorgerückten Alters und dauernder Kränklichkeit seinen Rücktritt und zugleich sein Ausscheiden aus dem Aufsichtsrath, welchem er 22 Jahre hindurch angehört hat. Der Vorsitz geht auf den bisherigen stellvertretenden Vorsitzenden Georg Plate über. G 8

Wien, 7. März. (W. T. B.) Die Bilanz des Wiener Bankvereins weist pro 1891 ein Reinerträgniß von 2 329 781 Fl. aus gegen 2 479 126 Fl. im Jahre 1890. Der Verwaltungsrath beantragt die Vertheilung einer Dividende von 7 Fl. und den Ueber⸗ trag von 376 801 Fl. auf neue Rechnung. 1

8. März. (W. T. B.) Ausweis der Südbahn in der Woche vom 26. Februar bis 3. März 741 488 Fl., Mehreinnahme 10 240 Fl. ““ 1

Glasgow, 7. März. (W. T. B.) Die Verschiffungen von Roheisen betrugen in der vorigen Woche 3664 Tons gegen 2835 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres. 8

Bradford, 7. März. (W. T. B.) Wolle’ fest, ruhig; Garne gedrückt und billiger verkäuflich; Stoffe geschäftslos.

New⸗York, 7. März. (W. T. B.) Nach recht fester Er⸗ öffnung der Börse war das Geschäft bis zum Schluß durchweg un⸗ regelmaͤßig. Der Umsatz der Actien betrug 448 000 Stück. Der Silbervorrath wird auf 3 600 000 Unzen geschätzt. Die Silber⸗ verkäufe betrugen 90 000 Unzen. Die Silberankäufe für den Staatsschatz betrugen 499 000 Unzen zu 90,75 à 91,09.

250 000 Dollars Gold werden morgen nach Europa ver⸗ schifft werden.

Visible Supply an Weizen 41 555 000 Bushels, do. an Mais 11 051 000 Bushels.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

1“ Saatenstand in Ungarn. .“ Der vom ungarischen Ackerbau⸗Ministerium ausgegebene Saaten⸗

standsbericht constatirt, daß die allgemein wieder eingetretene Winters⸗ zeit die bereits begonnene Ackerung und an vielen Orten auch den Anbau unterbrochen habe. Die Saaten, besonders von Raps, seien allgemein serc und litten unter der veränderlichen Witterung; stellenweise herrsche Futtermangel. In mehreren nördlichen Comitaten Ungarns werde über bedeutenden Mangel an Kartoffeln geklagt.

ergebnisse der Bank für Handel und Industrie zeigten,

n die Rechte der Lehrer, indem man sie in ihren Prive

8⸗A

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 11“ . 85 26. Sitzung vom Montag, 7. März.

Der Sitzung wohnen der Justiz⸗Minister Dr. von Schelling, der Finanz⸗Minister Dr. Miquel und der Minister der geistlichen ꝛec. Angelegenheiten Graf von Zedlitz bei. Das Haus erledigt ohne Debatte in dritter Berathung die Gesetzentwürfe, betreffend die Führung der Aufsicht bei dem ] I und dem Landgericht I in Berlin, sowie der Handhabung der Disciplinar⸗ gewalt bei dem ersteren Gericht; betreffend Abände⸗ rung des Gesetzes vom 29. Juni 1886 über die Heranziehung von Militärpersonen zu Abgaben für Gemeindezwecke; sowie betreffend den Anschluß der Kirchengemeinde Helgoland an die evangelisch⸗ lutherische Kirche der Provinz Schleswig⸗Holstein.

Es folgt die Fortsetzung der zweiten Berathung des Staatshaushalts⸗Etats und zwar des Etats des Ministeriums der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten.

Beim ersten Titel der Ausgaben: Gehalt des Ministers erhält zunächst

Abg. Neubauer (Pole) das Wort, der sich darüber be⸗ schwert, daß der Erlaß des Ministers, welcher den Privatunterricht des Polnischen in den Schulen gestatte, nicht auch für Westpreußen gelte. Die Lehrer und die Eltern hätten an den Minister Bittgesuche gerichtet, den Erlaß auf Westpreußen auszudehnen, aber ohne Erfolg. Es sei aber nothwendig, daß wenigstens in der Unterstufe den Kindern der Religionsunterricht in der Muttersprache ertheilt werde. Das eede aber dadurch erschwert, daß man in die polnischen Landestheile Lehrer aus den westlichen Provinzen versetze, welche der polnischen Srrache garnicht mächtig seien. Ferner klagt Redner darüber, daß in vorwiegend katholischen Kreisen der Kreis⸗Schulinspector zur wangelischen Kirche gehöre.

Abg. Rickert (dfr.): Kürzlich sei durch mehrere Blätter eine rergleichende Zusammenstellung der Lasten gegangen, die von den einzelnen europäischen Staaten für Schulzwecke aufgebracht würden, die von einem Mitglied der englischen Botschaft in Rom verfaßt sei. Danach kämen auf den Kopf der Bevölkerung für Schulzwecke in Frankreich 3,16, in England 3,08, in Deutschland 2,20, in Oester⸗ reich 1,64, in Rußland 1,08, in Italien 0,88, in Spanien 0,64 Die Zahlen seien in so fern nicht vergleichsfähig, als z. B. bei uns die Lasten für das Elementarschulwesen hauptsächlich der Gemeinde aufgebürdet seien und der Staat nur subsidiär eintrete. Außerdem aber sei die Zahl auch in der That zu niedrig gegriffen; denn Preußen gebe allein für Unterrichtszwecke 101 Millionen aus, das sei also allein schon mehr als 2 auf den Kopf der Bevöl⸗ kerung. Dazu komme noch das übrige Deutschland. In Preußen seien von Staatswegen aufgewendet für Unterrichtszwecke im Jahre 1868 18 Millionen, 1870 18 ½, 1873 31, 1878/79 44 ½, 1892,93 101 ½ Mil⸗ lionen. Während 1870 für Elementarschulwesen vom Staate 4 Millionen gegeben worden seien, gebe er jetzt 61,1 Millionen dafür aus. Es werde aber für diese Zwecke der Finanz⸗Minister noch mehr Geld locker machen müssen, und er freue sich, daß von den Mehrerträgnissen der Einkommensteuer 9 ½ Millionen für Schulzwecke vorweggenommen seien. Er fürchte freilich, daß die Herren drüben diesen wichtigsten Paragraphen des Unterrichtsgesetzes streichen würden. Nach seiner Meinung sei aber alles Geld, das man für die Elementarschulen ausgebe, vergeudet, wenn der Unterricht nicht so eingerichtet werde, daß die Kinder zu tüchtigen Menschen und Staatsbürgern erzogen würden; bloßes Auswendiglernen von Gesangbuchliedern und Bibel⸗ versen, rein confessioneller Unterricht erscheine zu diesem Zweck völlig ungeeignet, ganz in Uebereinstimmung mit Cabinetsordres Friedrich Wilhelm's III. und anderer preußischer Könige. Die Schule könne aber nur dann Gutes leisten, wenn die Lehrer im vollen Genuß der idnen verfassungsgemäß zustehenden Rechte und Freiheiten blieben; das werde aber, fürchte er, in Zukunft nicht der Fall sein, wenn die von der Regierung mit dem Volksschulgesetz eingeschlagene Richtung weiter verfolgt werden solle. Hierüber möchte er nun emnige Fragen an den Minister richten. Schon im vorigen Jahre

er eine Verfügung der Danziger Regierung hier zur Sprache gebracht, wonach den untersagt werde, Privatbeleidigungsklagen slbst anzustellen, sondern die Specialfälle durch Vermittlung der Kreis⸗Schulinspectoren der Danziger Regierung mitzutheilen, die dann in jedem einzelnen Falle prüfen werde, ob sie selbst im Klagewege vorgehen könne; wenn 88 das aber ablehne, dürften die Lehrer es auch nicht thun, wenn ihnen nicht specielle Erlaubniß dazu gegeben werde. Das sei ein verfassungswidriger und ungesetzlicher Eingriff atsachen unter Vormundschaft stelle. Er habe gehofft, daß auf seine Mittheilungen im vorigen Jahre der damalige Cultus⸗Minister diese Sache abstellen werde: aber jetzt lese er wieder in der Danziger Zeitung eine wohl eiwas eingeschränkte, aber schließlich denselben Zweck verfolgende Verfügung der Danziger Regierung. Er frage also erstens den Minister, ob ihm diese Sache bekannt sei und was darin verfügt habe. Ferner habe die Regierung in

unch mnicht

Oole Urnsberg die Lehrer in einer kürzlichen Verfügung gewarnt,für öffentliche Blatter zu schreiben. Die Regierung sehe das als eine nebensächliche Heschäftigung an, zu der sie ihre besondere Genehmigung geben müsse. In einer Cabinetsordre vom 13. Januar 1839 und in einem Ministerialerlaß vom 31. Oktober 1841 seien den Lehrern nur solche nebenamtlichen Beschäftigungen untersagt, welche der Lehr⸗ thatigteit zuwiderliefen oder mit der Lehrerstellung unvereinbar seien. Beides lasse sich auf die Mitarbeit an Zeitungen nicht anwenden, odaß der vorerwähnte Regierungserlaß damit in Widerspruch stehe. Seine zweite Frage laute: Ist der Minister mit dieser Anordnung emnverstanden? Drittens habe die Regierung in Frankfurt a. O. die Lehrer gelegentlich des Bekanntwerdens der Schulgesetzvorlage ermahnt, waige Besprechungen über diese Vorlage angesichts der durch diesen Gegen⸗ tand entstandenen großen Beunruhigung streng sachlich, ruhig und im Geist der gebotenen Disciplin abzuhalten. Im Februar sei durch die geitungen die Nachricht gegangen, daß die Posener Regierung den Volksschullehrern die Ordre babe zugehen lassen, daß sie sich weder n der Discussion noch an der Abstimmung über Resolutionen, velche das Volksschulgesetz beträfen, betheiligen sollten. Eine con⸗ ewative Zeitung habe diese Mittheilung auf das kategorischste diderrufen. Jetzt heiße es, daß durch den Kreis⸗Schulinspektor am Sonnabend, den 13. Februar, in einer amtlichen Conferenz ausdrücklich fer Wunsch zu erkennen gegeben sei, daß die Lehrer sich nicht an Ver⸗ mmmlungen und Abstimmungen gegen das Volksschulgesetz betheiligen dioe ten. Sollte diese Mittheilung richtig sein und die Regierun

b dicdutheißen, so würde das wiederum ein gesetzwidriger Eingri

888 staatsbürgerlichen Rechte der Lehrer seien. Das würde unsere ganze Unterrichtsverwaltung im Inlande und Auslande schädigen. Der rer sei ein ebenso freier Mann, wie der Minister; er traue aber Ein nicht zu, daß er einen derartigen verfassungswidrigen öböö Rechte, der Lehrer billige. Eine nicht minder wichtige dr gi set Frage der Lesebücher. Es gehe jetzt durch die Zeitungen

Zweite Beilage

Berlin, Dienstag, den 8. März

staatlichen wolle, daß er ein Staatsmonopol für die Herstellung der Lesebücher einzuführen beabsichtige. Er würde es lebhaft bedauern, wenn der Minister so schnell nach seinem Amtsantritt eine derartige Centralisation einführen wolle. Mit welchen Kräften wolle er denn ein solches Normallesebuch herstellen? Ein Nachfolger des Ministers und strenger Gegner der confessionellen Schule könnte ein neues monopolisirtes Lesebuch herausgeben und so jeder folgende Minister. Besonders interessire ihn die Frage des Lesebuchs für Mädchenschulen der Herren Ernst und Tews. Dieses Lesebuch sei herausgegeben worden auf Ver⸗ anlassung der Gesellschaft zur Verbreitung der Volksbildung und der Commission für den Haushaltsunterricht des deutschen Vereins für Armenpflege und Wohlthätigkeit. Das Lesebuch berücksichtige beson⸗ ders den Haushaltsunterricht und bringe Dinge, die jedes Mädchen wissen müsse. Dieses Lesebuch habe in der politischen und Fachpresse 1 die günstigste Beurtheilung erfahren. Das Königlich sächsische Unter⸗ richts⸗Ministerium habe gegen seine Zulassung in den Schulen nichts einzuwenden. Der Ober⸗Schulrath für Elsaß⸗Lothringen habe seine Genehmigung nicht versagt, dagegen habe der preußische Unterrichts⸗ Minister auf wiederholte Eingaben nur ein Nein gehabt. Dies wundere ihn um so mehr, als schon im Jahre 1871 die Haushaltungs⸗ commission des deutschen Vereins für Armenpflege an den Minister eine dringliche Eingabe wegen Einführung eines solchen Lesebuches gerichtet habe, neuerdings der Landesdirector der Provinz Sachsen, Graf Winzingerode, das Buch der Herren Ernst und Tews empfohlen und die Commission des vpaterländischen Frauenvereins es für das Beste erklärt habe, was für Mädchenschulen an Lesebüchern geboten werden könne. Was habe denn den Minister gehindert, dieses Buch zuzulassen? Es handele sich hier nicht um eine Parteifrage. Einiges Aufsehen hätten in der neuesten Zeit die Aende⸗ rungen deutscher Volkslieder gemacht. Was man in Bezug auf die Simultanschulen künftighin zu erwarten habe, gehe aus folgenden

Fällen hervor. In Neuteich sei 1879 auf Anordnung der König⸗ lichen Regierung in Danzig die einklassige katholische Pfarrschule mi der vierklassigen Gemeindeschule zu einer fünfklassigen Simultanschule vereinigt worden. Der katholische Kirchenvorstand habe dagegen er⸗ folglos remonstrirt. Nachdem in Folge der Schülerzahl 1882 der erste Jahrgang und später auch der zweite und dritte in con⸗ fessionelle Parallelklassen verwandelt worden seien, halte jetzt die Regierung in Folge einer Petition des katholischen Kirchen⸗ vorstandes die Zeit für gekommen, die ganze Schule confessionell Man sehe an diesem Fall, was der Paragraph in

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zu machen. dem neuen Schulgesetz bedeute, wonach es bei den bestehenden Si⸗ multanschulen sein Bewenden haben solle. Noch schreiender sei der Hörder Fall. Im Jahre 1877 seien die katholische, die evangelische und die jüdische Schulsocietät auf Veranlassung der Regierung zu Arnsberg gefragt worden, ob sie darein willigten, daß die Societäten mit allen ihren Rechten und Pflichten auf die Commune übergingen, damit die Commune eine gemeinsame Schule errichten könne. Die evangelische und die jüdische Societät hätten eingewilligt, und nun sei unter der ausdrücklichen Genehmigung ein Abkommen zu stande ge⸗ kommen, wonach die jüdischen und evangelischen Kinder gemeinsam unterrichtet werden sollten. Jetzt plötzlich verlange die Königliche Regierung zu Arnsberg die Hinausweisung der jüdischen Kinder aus dieser Simultanschule und die Constituirung einer besonderen jüdischen confessionellen Schule. Die Juden hätten dagegen protestirt und die Stadtverordneten⸗Versammlung habe die Kosten für die neue Einrich⸗ tung abgelehnt. Die Regierung scheine dabei stehen zu bleiben, und am 1. April bereits solle diese Trennung durchgeführt werden. Es sei geradezu ein unerhörter Gewaltact, wenn gegen den Willen der Eltern eine Regierung so ohne weiteres hineinfahre und die jüdischen Kinder hinausweisen wolle. Welchen Kampf und Streit könne man noch er⸗ leben da, wo jetzt friedlich die Confessionen sich mit einander vertrügen und mit einander lebten. Schon die zarte Jugend werde in diesen widerlichen Kampf hineingezogen, und er sei überzeugt, daß das Vater⸗ land Schaden nehmen werde. In einer Beziehung habe die neue Volksschulvorlage genützt. Sie habe die Gewissen in weiten Kreisen wachgerufen, sie habe Männer und Frauen an die Pflichten erinnert, welche sie als Staatsbürger hätten, darüber zu wachen, daß der Jugend kein Schaden geschehe. Seine Partei werde bis zum letzten Augenblick ihre Pflicht erfüllen und alle Krart daran setzen, daß dieses Gesetz nicht in die Gesetz⸗Sammlung übergehe.

Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Graf von Zedlitz: 1

Meine Herren! Auf die Ausführungen des ersten Herrn redners zur Etatsdebatte speziell einzugehen, bin ich leider stande, weil ich ihn nur bruchstückweise verstanden habe. Ich mir deshalb vorbehalten, seine Rede im Stenogramm zu lesen und sie eventuell später zu beantworten, namentlich mit Bezug auf die Fragen, die er an mich gerichtet hat. Ich bin dazu heute, wie ich wiederholt, wegen der nicht genügenden Kenntniß des Zusammenhangs seiner Rede außer stande. Was den Herrn Abg. Rickert betrifft, so danke ich ihm zunächst für die Hervorhebung der erheblichen Leistungen, welche die preußische Unterrichts⸗ verwaltung in Uebereinstimmung mit der Finanzverwaltung für das Schulwesen des preußischen Staats in den letzten Jahrzehnten auf⸗ gewendet hat. Thatsächlich und in diesem Punkte möchte ich die Ausführungen des Herrn Abg. Rickert ergänzen haben schon im Jahre 1886 die Leistungen des preußischen Staats, der preußischen Bevölke⸗ rung für die Volksschule pro Kopf der Bevölkerung 5,32 oder 5,33 betragen, sind also sehr erheblich über diejenige Zahl hinausgegangen, die in der Zusammenstellung, welche, wie ich glaube, von einem engli⸗ schen Konsular⸗Agenten herrührt, angegeben ist. Sodann hat der Herr Abg. Rickert eine Reihe von Bemerkungen zum Etat gemacht, die in sechs Fragen gipfeln. Ich bin in der Lage, alle sechs Fragen bis auf eine sofort zu beantworten und werde es auch sehr gern thun; bitte aber, mir zunächst zu gestatten, bezüglich der allgemeinen Bemerkungen des Herrn Vorredners auch meinerseits einige allgemeine Bemerkungen vorausschicken zu dürfen. Meine Herren, ich bin durchaus mit dem Herrn Abg. Rickert darin einverstanden und ich glaube, die Unterrichtsverwaltung ist stets dieser Auffassung gewesen, daß die Lehrer in ihrer Gesammtheit oder als einzelne nicht in ihren staatsbürgerlichen Rechten in irgend einer Weise beschränkt werden dürfen. Es liegt mir pöllig fern, nach dieser Richtung hin selbst etwas anderes zu thun oder auch nur den mir unterstellten Behörden zu gestatten. Andererseits muß ich die Be⸗ merkungen des Herrn Abg. Rickert über meine Stellung zur Sache aber doch insofern einschränken, als ich meinerseits darauf zu halten verpflichtet bin und auch annehme, daß die nachgeordneten Be⸗ hörden dies sind: daß nämlich die Lehrer sich stets bewußt bleiben, daß sie auch Beamte, Staatsbeamte sind, und daß sie also diejenigen Beschränkungen bei ihrem Auftreten und bei ihren Meinungs⸗

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der Unterrichts⸗Minister die Volksschullesebücher ver⸗

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nzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

1892.

stehenden Rechten sich aufzuerlegen haben, welche jeder Staatsbeamte, jeder, der freiwillig die Pflicht und auch die Ehre übernimmt, dem König und dem Vaterlande zu dienen, sich aufzuerlegen nach meiner Ueberzeugung ganz zweifellos verpflichtet ist. (Beifall rechts.)

Nun komme ich auf die speciellen Angelegenheiten; und da schicke ich wiederum eine allgemeine Bemerkung voraus; die geht dahin, daß ich solche Cirkularverfügungen, solche generellen Anweisungen, die sich an was zufälligerweise in der Luft liegt, oder auch an einen concreten Fall anknüpfen, meinerseits persönlich für etwas wenig zweckmäßiges halte; man trifft meistens nicht die concrete Sache, man schießt entweder über das Ziel hinaus, oder man bleibt zurück; man verletzt leicht da, wo eine Ver⸗ letzung nicht angebracht ist. Also ich gebe zu, solche allgemeinen Verfügungen sind nach meiner Auffassung unpraktisch. Ich stehe viel⸗ mehr vielleicht mag diese Auffassung aus meiner militärischen Erzie⸗ hung erwachsen sein auf dem Standpunkt, daß jeder Beamte selbst wissen muß, was er unter eigener Verantwortlichkeit zu thun hat, und wenn er diese Grenze überschreitet, daß man dann mit der äußersten Schärfe zufaßt, und keinen Beamten darüber in Zweifel läßt, daß, wenn er etwas thut, was unzulässig ist, er mit den gesetzlichen Disciplinarmitteln scharf angefaßt wird. Aber so allgemeine Admonitionen sind meistens unwirksam und bringen eine gewisse unbequeme Situation hervor. Mir ist es lieber, ich lerne diejenigen Leute kennen, die entschiedene Gegner sind. Wenn sie ihre Gegnerschaft in der gehörigen Form zur Geltung bringen, gut, das ist ihr Recht; wenn sie es nicht thun, nun dann weiß man, was man mit ihnen anzufangen hat.

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—. vsg e

Meine Herren, nun zu den einzelnen Fragen! Danziger Ver⸗ fügung datirt aus einer Zeit, die vor meinem Amtsantritt liegt, ist aber während meiner Thätigkeit zur Regelung gelangt. Sie wurde ursprünglich damit begründet, daß sich im Danziger Be⸗ zirk nach vielfachen Beobachtungen unter der Lehrerschaft, vielleicht beeinflußt durch Verhältnisse, die ihr selbst nicht immer, zum Theil auch nicht zur Last fallen, eine starke Neigung geltend gemacht hat, die richterlichen Instanzen, den Staatsanwalt, mit einer Menge von Dingen zu befassen, die viel besser entweder im Disciplinar⸗ oder im Beschwerdewege oder auch durch eine freundschaftliche Auseinandersetzung mit den Betheiligten hätten geordnet werden können. Sie werden mir zugeben, meine Herren, das ist ein sehr heikles Gebiet. Ein Lehrer, der innerhalb seines Dienstkreises gegen Persönlichkeiten mit dem Staatsanwalt vor⸗ geht, etwa eine Verbalinjurie bin, der compromittirt damit nicht nur leicht seine persönliche Stellung ich sage leicht, es kann Fälle geben, wo es durchaus correct und richtig ist —, sondern er trägt auch in die Gemeinde, die zum Frieden und zur Ordnung anzuhalten er doch berufen und verpflichtet ist, ein Element des Streites und Zankes hinein, was im höchsten Grade bedenklich ist. Wenn eine Regierung derartige Bemerkungen macht, so ist sie nach meiner Auffassung ver⸗ pflichtet, diesen Dingen näher zu treten, sie zu prüfen und danach auf die Lehrer einzuwirken, ich meine wieder, nicht in dem Rahmen einer allgemeinen Verfügung, sondern in anderen Formen, die ja den Aufsichtsbehörden genügend zur Disposition stehen. Also ist die Thatsache richtig, was behauptet wird, was ich aber selbstverständlich juristisch nicht beweisen kann, wovon ich aber annehmen muß, daß es richtig ist, so war der Gedankengang, die Lehrer von einer der⸗ artigen Inanspruchnahme des Staatsanwalts bei Lappalien zurückzuhalten, durchaus berechtigt. In der Verfügung selbst hat die Regierung meiner Auffassung nach fehlgegriffen, fehlgegriffen namentlich insofern, als sie selbst im einzelnen prüfen und, wenn nach ihrer Meinung die Prüfung die Inanspruchnahme des Staatsanwalts nicht rechtfertigte, dem Lehrer verbieten soll, das seinerseits zu thun. Das allgemeine Verbot ist ein Eingriff in die persönlichen Rechte, den ich nicht billige. Dies ist der Regierung in Danzig ausgesprochen worden, die Sache ist damit erledigt. Auf den Wortlaut der nun angeblich neu erfolgten Verfügung einzugehen, wie der Herr Abgeordnete andeutete, bin ich nicht in der Lage; denn ich kenne den Wortlaut der neuen Verfügung nicht; ich habe bis jetzt aber keine Beschwerde über die Sache be⸗ kommen und nehme an, daß diese Frage zur allseitigen Befriedigung ihre Erledigung gefunden hat.

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Die Frage 2 betrifft eine Circularverfügung der Regierung in Arnsberg gegen die Preßthätigkeit der Lehrerschaft. Meine Herren, diese Verfügung, kann ich bemerken, steht in gar keinem inneren Zu⸗ sammenhange mit dem Schulgesetz ist auch viel älter und hat mit der jetzigen, unsere Bevölkerung und die Häuser des Landtags be⸗ schäftigenden Frage absolut nichts zu thun. Auch hier liegt wieder eine Beobachtung zu Grunde, die Sie zweifellos sämmtlich in ihren Thatsachen nicht billigen werden. Es ist nachgewiesen aus eigenen Zugeständnissen, aus einer Reihe von Facten, die auf andere Weise zur Kenntniß der Aufsichtsbehörde gekommen sind, daß eine sehr er⸗ hebliche Zahl von Lehrern in einer Mitwirkung bei der Presse, und zwar einer vollkommen gewerbsmäßigen und geordneten Mitwirkung bei der Presse, eine ihrer Aufgaben gesehen hat. Es istzdas soweit gegangen, daß ein Lehrer z. B. Chefredacteur einer Zeitung gewesen ist es mag wohl nicht gerade die Kölnische gewesen sein (Heiterkeit) —, aber immerhin einer Zeitung. Nun bin ich wieder der Meinung: die Be⸗ gründung der Verfügung, auch wenn letztere jenem unzweifelhaft doch nicht zulässigen ausgedehnten Preßwesen was ja unabhängig von der Frage beurtheilt werden kann, ob die Preßthätigkeit gegen oder für die Regierung gerichtet ist entgegentritt, durch Bezug

nahme auf die Bestimmungen über nebenamtliche Thätigkeiten ist ein Fehlgriff; die Regierung hat das auch anerkannt

in der Berichterstattung an mich hat sie hervorgehoben, daß sie sich darin vergriffen hätte, die Sache ist reparirt. Aber die Absicht der Regierung, die Lehrerschaft vor einer ercentrischen und immerhin doch auch agitatorischen Theilnahme an unserer öffentlichen Bewegung

und an der Preßthätigkeit zu warnen und sie darauf aufmerksam zu machen, daß sie sich dadurch in eine gewisse Ge

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äußerungen, bei der Mitwirkung an den ihnen verfassungsmäßig zu⸗

fährdung, namentlich auch eine Gefährdung ihres eigentlichen Haupt⸗