es sich hier um eine Frage
Realschule, Gymnasiums zu erreichen? Ich glaube also, da kann ich ein Ent⸗ gegenkommen nicht in Aussicht stellen.
daß gerade in dem
haben, gestatte ich mir zunächst, die beiden Fragen zu beantworten, welche der letzte Herr Vorredner direct an mich gerichtet hat. Er fragte: soll die Einrichtung eines gemeinsamen Unterbaues wie in Frankfurt a. M. eine Abfindung sein für diejenige Richtung der Re⸗ formbestrebungen, welche die sogenannte Einheitsschule auf ihre Fahne geschrieben hat, oder soll es ein Versuch sein von weiterer Aus⸗ dehnung mit dem Ziel einer praktischen Realisirung, wenn er sich be⸗ währt? So habe ich ihn verstanden.
Meine Herren, ich kann nur mit Entschiedenheit hervorheben, daß die letztere Alternative zutrifft. Es hat mir ganz fern gelegen, zu denken, auf einem immerhin doch sehr schwerwiegenden Gebiet einen Versuch zuzulassen, der mehr oder weniger decorativer Natur
wäre. Aber ich muß auch hervorheben, meine Herren, daß die erste
Anregung zu diesem Versuch aus einem städtischen Gemeinwesen und
aus Kreisen hervorgegangen ist, die sowohl communale wie schul⸗ technische Interessen nach jeder Richtung hin bisher vertreten haben und zugleich sachverständig sind, und daß schon aus diesem einfachen Grunde jeder Gedanke abgewiesen werden muß, als könnte niederen Ranges handeln. Nein, meine Herren, ich bin der Meinung, es handelt sich bei diesem Versuch in Frankfurt a. M., zu dem
sich in dankenswerther Weise eine große Commune mit großen Mitteln
und tüchtigen Kräften hergegeben hat, um die Lösung einer praktischen Frage allerersten Ranges, (hört, hört!) und ich bekenne, daß nach
meiner Auffassung, wenn dieser Versuch gelingt, er auch praktisch ver⸗
werthet werden muß in der Entwickelung unseres höheren Schul⸗ wesens. Sollte er mißlingen, nun, dann würde immer noch das An⸗
erkennung verdienen, daß eine Commune sich herbeigelassen hat, einen solchen Versuch in dankenswerther Weise zu machen.
Meine Herren, ich gehe aber auch noch weiter. Ich will es
meinerseits gar nicht ablehnen, daß, wo geeigneten Orts geeignete Anträge von anderen Communen nach dieser Richtung an mich heran⸗ treten, ich mich ihnen gegenüber durchaus entgegenkommend und wohl⸗ wollend verhalten werde. Ich will es auch nicht ablehnen, geeigneten Orts mit staatlichen Anstalten einzelne ähnliche Versuche zu machen, (Beifall)
aber, meine Herren, immer unter einer Voraussetzung, daß unzweifel⸗ haft nachgewiesen wird, daß an dem betreffenden Orte nicht ein Ex⸗
periment auf Kosten der Eltern gemacht wird; das ist ein sehr wich⸗
tiger Punkt, meine Herren, denn die Voraussetzung für diese Versuche
ist ein Schülermaterial ganz constanter Art, welches nicht darauf angewiesen ist, heute in diese Schule, morgen in jene oder an einen anderen Ort zu gehen. — Ich glaube, die Unterrichtsverwaltung würde
eine schwere Pflichtversäumniß begehen, wenn sie den Anträgen dort nachkäme, wo solche Voraussetzungen nicht bestehen, und es freut mich, daß ich annehmen kann, damit auf Ihrer Aller Einverständniß rechnen zu dürfen.
Meine Herren, es tritt nun die zweite Frage an mich heran: ob
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es nicht möglich wäre, den Realgymnasial⸗Abtheilungen dieser Ver⸗ suchsanstalt und eventuell späterer ähnlicher Anstalten die gleiche Be⸗ rechtigung wie den Gymnasial⸗Abtheilungen zu gewähren. Diese
Frage muß ich verneinen. Meine Herren, der ganze Versuch würde
den wesentlichsten Theil seines Werthes verlieren, wenn man für die parallel laufenden Gymnasial⸗ und Realabtheilungen plötzlich gleiche Berechtigungen construirte. So lange das Berechtigungswesen, wie
es jetzt besteht, noch entscheidend ist für viele Eltern, ihre Kinder der einen oder anderen Anstalt anzuvertrauen, so lange halte ich es für ganz unmöglich, am Endziel dieses Versuchs beiden Parallelabtheilungen die Gleichberechtigung zu verleihen; damit würde die Unterlage für die Trennung der Anstalten überhaupt wegfallen und so zugleich das
wirksamste Mittel, um die Frage zu lösen: Ist es mit
einem gemeinsamen Unterbau und einer späteren Gabelung
möglich, die drei verschiedenen Ziele der lateinlosen Ober⸗ des Realgymnasiums und des humanistischen
Ich schließe hieran gleich eine kurze Erörterung bezüglich der Frage des Berechtigungswesens überhaupt. Der Herr Abg. Graf hat
hervorgehoben, daß ja die Lösung des Berechtigungswesens, wie sie nun geschehen sei, im allgemeinen befriedige, specielle Wünsche seien
selbstverständlich übrig geblieben, und er hoffe, auf diesem Wege werde sich eine gesunde Entwicklung der Schule erreichen lassen. Aber er hat auch angedeutet — und niemandem ist das besser bekannt als mir — Vertreter der realistischen Richtung die jetzige Ordnung des Berechtigungswesens die Keime zu dem Wunsch gelegt hat, daß man einen Schritt weiter gehe und den
Realanstalten bezüglich des Besuchs der Hochschule völlig gleiche Be⸗ rechtigung beilege. Der Herr Abg. Graf hat gesagt — ich habe ihn
wenigstens so verstanden —, er würde ein Eingehen auf diesen Wunsch lebhaft bedauern; denn damit wäre der Charakter und die Bedeutung unserer jetzigen Hochschule nicht mehr aufrecht zu erhalten.
Meine Herren, wäre das der Fall, so würde ich ihm unbedingt beistimmen: Aber es scheint mir doch mindestens der Erwägung werth, ob es nicht später einmal möglich wäre — ich nehmeV selbst⸗
verständlich keinen irgend nahen Zielpunkt in Aussicht — der Frage⸗
näher zu treten und eben diese Erwägung nicht voll⸗ ständig mit einem kategorischen Nein schon jetzt abzuschneiden. Meine Herren, wir müssen uns klar werden, die Schul⸗ frage ist viel weniger eine technische als eine sociale Frage, und eine ganze Reihe von Ordnungen auf dem Gebiete des Schulwesens würde sich von selbst finden und würde mit einer viel
größeren Sicherheit und Zuverlässigkeit in Bezug auf ihre Wirkung
sich lösen lassen, wenn man es ermöglichte, sich loszumachen von dem Gedanken, daß für die Erreichung bestimmter staatlicher Stellungen — darauf kommt es schließlich hinaus — eine gewisse Form der Vor⸗ bildung das absolut Nothwendige wäre und umgekehrt eine andere
Form absolut davon ausschlösse. Ich meine, die Frage ist doch noch nicht für immer entschieden, ob wirklich das abschließende Examen
eines humanistischen Gymnasiums unter allen Umständen die alleinige Anwartschaft für die Berechtigung der Zulassung zu gewissen Studien und gewissen Berufszweigen geben soll. Ich verkenne die Schwierigkeit nicht, ich verkenne auch nicht, daß wir keine Zustände schaffen dürfen, wo etwa den Universitätslehrern gegen⸗ über ein Mischmasch von gänzlich verschieden vorgebildeten Leuten sitzt, die seine Vorlesungen nicht verstehen, ja, seiner Einwirkung gegenüber sich vielleicht sogar ablehnend verhalten würden. Das ist mir völlig klar, aber es ist mir nicht so klar, ob es nicht möglich wäre, auch das unbedingt nothwendige Maß von Verständniß für den einzelnen Fall bei den Studenten vielleicht nach einem oder zwei Semestern auf eine
andere Weise festzustellen, als das jetzt lediglich durch das Abiturium einer bestimmten Anstalt geschieht. Meine Herren, ich bitte, mich nicht mißzuverstehen; ich will keine neue Beunruhigung in die Sache hineinbringen, und ich werde keinen Schritt thun nach dieser Richtung hin, der nicht auf seine Consequenz hin im weitesten Maße allseitig eingehend geprüft und erörtert worden wäre. Aber das wollte ich mir gestatten heute hier hervorzuheben: die Entscheidung über die endgültige Entwickelung unseres Unterrichtswesens auf den höheren Schulen knüpft sich nicht an die Frage, ob Ober⸗Realschule oder Real⸗ gymnasium oder humanistisches Gymnasium, sondern die Entscheidung liegt auf einem anderen Gebiete, das ich mir gestattet habe eben zu bezeichnen. Gelänge es, die schwere Frage in einem anderen Sinne zu lösen, dann müssen Sie sich, meine Herren, doch auch vergegen⸗ wärtigen, wie viel leichter es sein würde, die Forderung zu erfüllen, die ja von allen Seiten bezüglich der Schulreform in der Presse und in diesem hohen Hause im vorigen Jahre an unser Ohr gedrungen ist: Gebt uns Freiheit der Bewegung und gebt uns eine angemessene Be⸗ rücksichtigung gewisser lokaler, gewisser individueller Verhältnisse bei Lehrern und Schülern! Meine Herren, die Erfüllung dieser an sich unzweifelhaft berechtigten Forderung findet eine oft unübersteigliche Schranke in der Frage: wie werden die Endzeugnisse der verschiedenen Anstalten geschätzt?
Meine Herren, ein zweiter Punkt, den ich bitte mit ein paar Worten berühren zu dürfen, betrifft das sogenannte Zwischenexamen. Von allen Neuerungen der Prüfungsordnungen ist, glaube ich, keine so entschieden und mit einem solchen Gewicht von Gründen an⸗ gegriffen worden wie diese und trotz dessen glaube ich, mit Unrecht, und zwar aus folgendem Grunde. Wer auf dem Standpunkt steht,⸗ daß er unsere ganze höhere Schulbildung, besonders auf Gymnasien, nur aus dem Gesichtspunkte einer Vorbereitung für die Uuiversität betrachtet, und zwar einer Vorbereitung wesentlich für das Universitäts⸗ studium — ich will einmal sagen: der früheren, der alten Art — man nennt es ja auch vielfach das der reinen Geisteswissenschaft — wer, sage ich, unser höheres Schulwesen nur aus diesem Gesichts⸗ punkte betrachtet, der hat, glaube ich, entschieden Recht, wenn er sich als Gegner unserer ganzen Reform überhaupt bekennt, und wenn er vor allen Dingen gegen das Secunda⸗Examen in der ent⸗ schiedensten Weise Front macht. Denn das ist nicht zu leugnen, daß der letzte Abschluß der Entwickelung bei einem Schüler, welcher in einer ganz lediglich nach diesem Ziele hin gerichteten Stufenfolge ununterbrochen geführt wird, vielleicht ein besserer, vielleicht ein leichter erreichbarer sein wird, als wenn man unsere höheren Schulen, wie das jetzt der Fall ist, in zwei Stufen zerlegt, in eine Unterstufe und in eine Oberstufe: in eine Unterstufe, die in viel höherem Maße eine erste abgeschlossene formale Bildung vermitteln soll, und in eine Oberstufe, die gewissermaßen aus dem in der Unterstufe Erworbenen die weitere Entwickelung in einem immerhin schon höheren Sinne, als dies sonst der Fall ist, zu geben berufen ist. Indessen, meine Herren, unser höheres Schulwesen am Ende des 19. Jahrhunderts und unter der Entwickelung, wie sie unser Volks⸗ leben genommen hat, ist gar nicht mehr zu betrachten aus dem Ge⸗ sichtspunkt, daß es lediglich die Aufgabe habe, Abiturienten für die Universitäten zu bilden. (Sehr richtig!) Es würde nach meiner Auffassung eine schwere Versündigung sein an den breiten gebildeten Schichten unseres Volks, an den großen Schichten, welche ihren späteren Lebensberuf auf gewerblichem Gebiete haben, wenn man diesen gegenüber eine so einseitige Construction noch ferner festhalten wollte. Deswegen muß nicht das sogenannte Einjährig⸗Freiwilligenexamen, deswegen muß das Secunda⸗Examen eingelegt werden, weil es allein den Abschluß bietet und allein dem aus der Untersecunda einer neunstufigen Anstalt Abgehenden auch in der Welt die gleiche Be⸗ rechtigung giebt, wie dem von einer höheren Bürgerschule Abgehenden. (Zuruf.) — Es wird mir zugerufen: Das ist total falsch. (Heiterkeit.) Ich erwarte den Gegenbeweis; vorläufig muß ich bei meiner Auf⸗ fassung stehen bleiben. Es ist wohl doch ganz charakteristisch, daß, nachdem die neuen Lehrpläne thatsächlich veröffentlicht sind und nachdem nun die große Zahl sehr sachverständiger Leute, welche über sie zu urtheilen berufen und berechtigt sind, sich mit dem genau bekannt gemacht hat, was die Regierung will, die Beurtheilung im ganzen eine sehr viel sach⸗ lichere und vor allen Dingen auch bezüglich des Zwischenexamens eine sehr viel günstigere geworden ist. Mit dieser meiner Auffassung be⸗ finde ich mich, glaube ich, jetzt in ganz ausgezeichneter pädagogischer Gesellschaft. Ich kann für meine Ansicht über diese Dinge eine ganze Reihe der hervorragendsten Schulmänner, der hervorragendsten National⸗ ökonomen und Volkswirthe anführen.
Meine Herren, es ist dann die Frage der Realgymnasien im all⸗ gemeinen nochmals angeschnitten worden. Wie ich schon die Ehre hatte, im vorigen Jahre an dieser Stelle auszuführen, besteht nicht die Absicht, die Realgymnasien mit einem Schlage über den Haufen zu werfen, besteht nicht die Absicht, sie überhaupt über den Haufen zu werfen. Sie sollen jetzt nach ihrer Gleichstellung mit den Ober⸗Realschulen zeigen, ob sie eine berechtigte und fundamentale Einrichtung unseres Schulwesens sind. Aber gerade aus diesem Gesichtspunkt heraus — und deswegen erwähne ich es hier — habe ich zu meinem Bedauern den Wünschen bedeutender und von mir hoch geachteter Männer entgegentreten müssen, welche die Beibehaltung des Lateinunterrichts im bis⸗ herigen Umfang an den Realgymnasien entweder ganz oder in einer weiteren Ausdehnung, als dies bisher der Fall ist, fordern, und welche zu verstehen gaben, daß die durch die neuen Lehrpläne hervorgerufene Beschränkung eigentlich auf einem Umwege dasselbe erreiche, was eine sofortige Auflösung der Realgymnasien mit einer größeren Offenheit und kürzer gethan haben würde. Nein, meine Herren, so liegt die Sache nicht. Mir liegt jeder Gedanke fern, auf diesem Wege etwas zu erreichen, was mir vielleicht öffentlich unbeqhuem wäre. Aber das muß ich sagen: die Forderung, die die Herren stellten, ist unmöglich vereinbar mit dem realistischen Charakter der Realgymnasien überhaupt. Wollte man das Latein in dem Umfange beibehalten, wie es von diesen Herren gefordert wurde, so müßten, wenn man Ueberbürdung verhüten und die anderen unerläßlichen Forderungen der Vorbildung berücksichtigen wollte, so müßten, sage ich, naturgemäß diejenigen Fächer eine ganz erhebliche Beschränkung erfahren, die dem Realgymnasium selbst überhaupt seinen specifischen Charakter geben. Die Forderung wäre also nichts weiter gewesen, als eine Anerkennung der Einheitsschule, aber selbstverständlich einer anderen Einheitsschule, wie sie Herr von Schenckendorff will. Ich glaube deswegen, daß ich recht gethan habe, mich diesen Forderungen entgegenzustellen, wenn ich auch in einzelnen
kleinen Punkten sehr gern Abweichungen von den Lehrplänen ge⸗ billigt habe.
Nun, meine Herren, noch eins. Beide Redner haben dem Wunsche Ausdruck gegeben, daß man zunächst jetzt eine Ruhepause in der Ent⸗
—
wicklung eintreten lassen, sich in die neue Ordnung einleben und sehen möchte, wie die höhere Schule praktisch auf Grund dieser neuen Lehr⸗ pläne sich entwickelt. Ich kann meinerseits nur mit Freuden mich diesem Wunsche anschließen und ebenso wie die Herren hoffen, daß wir einer guten und gedeihlichen, aber nicht einer abgeschlossenen Zukunft entgegengehen. (Bravo!)
Abg. Dr. Kropatscheck (cons.) stimmt dem Minister bei, daß das Latein auf den Realgymnasien beschränkt werden müsse, wenn der realistische Charakter der Anstalten überhaupt noch gewahrt werden solle. Das Zwischeneramen sei nothwendig, um die Befähigung für den einjährigen Dienst nachzuweisen; ein solches Examen bestehe auch schon in anderen Staaten. Allen Besuchern der verschiedenen An⸗ stalten die Universität zu öffnen, habe doch seine Schwierigkeiten; man sage allerdings, wer nicht Latein und Griechisch gelernt habe, werde keine Collegien besuchen, die diese Kenntniß erforderten. Vielleicht forderten aber solche Besucher nachher — und mit einem gewissen inneren Rechte — daß die Collegien ihrem Verständniß an⸗ gepaßt würden. Denn ein einheitlicher Unterrichtsbetrieb sei an den Universitäten nothwendig und dieser erfordere eine einheitliche Vorbildung. In den unteren Klassen könne man noch nicht ent⸗ scheiden, ob ein Knabe befähigt sei, die Lateinschule durchzumachen; jedenfalls würden auch meistens die Eltern lieber ihre Kinder auf die Lateinschule schicken, auch wenn es ihnen an der nöthigen Begabung fehle. Daß die Einheitsschule den Zuzug zur Universität vermindere, habe sich in Norwegen nicht herausgestellt. Daß ein Versuch gemacht werde in einer Stadt, die sich selbst dazu erboten habe, wolle er nicht mißbilligen; aber davor möchte er warnen, solche Versuche an vielen Stellen zu machen; zu solchen Experimenten seien unsere höheren Schulen doch zu gut. Jetzt müsse der Schulverwaltung Zeit gelassen werden, die Reformen, die erst auf dem Papier ständen, auch in Wirklichkeit durchzuführen; die Schul⸗
2 4 2 7 5 2 NM . 2 9 1 reformer, die in der Presse das große Wort führten, sollten nicht so störend eingreifen. Dem Minister müsse gedankt werden für die so schnelle Erledigung der ihm gestellten Aufgabe. 8
Abg. Schmelzer inl.): Er sei weder in der Schulconferenz, noch im Siebenerausschuß gewesen. Die Lehrpläne verdienten den größten Dank, wenn sie auch zuerst eine gewisse Beunruhigung hervor⸗ gerufen hätten. Die Hauptarbeit werde mehr in die Schule verlegt; den Lehrern werde die Arbeit erschwert, aber es werde ihnen auch die Möglichkeit gewährt, an der Erziehung der Schüler eingreifend mit⸗ zuwirken. Die Schüler, die mit dem Einjährigenzeugniß die Schule verließen, seien nicht immer der Ballast der Schule, sondern oft be⸗ fähigte Schüler, die dies nur aus Familienverhältnissen thäten. Wenn die Schulräthe dem Zwischenexamen nicht beizuwohnen brauchten, dann werde eine Neuerung eigentlich nicht herbeigeführt; solche Ver⸗ setzungsexamina beständen jetzt schon vielfach. q
Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Stauder: Die Absicht des Ministers sei es, in den meisten Fällen den Director als Staats⸗ commissarius zu bestellen; schon die Ueberlastung der Schulräthe würde es hindern, daß sie regelmäßig an dem Examen theilnähmen.
Abg. Köhler (Centr.): Mit der Ausdehnung des Deutschen könne man einverstanden sein, ebenso mit der Verlegung des Beginns
16 2,22 . 1“ . — . mn . . des französischen Unterrichts in die Ouarta und mit der Möglichkeit, daß die Schüler der höheren Klassen das Englische lernten. Man müsse allerdings fragen, ob bei der beschränkten Stundenzahl für Latein das Ziel ohne Ueberbürdung der Schüler zu erreichen sein werde. Die humanistischen Gymnasien könnten zufrieden sein über die schonende Art, mit der sie behandelt seien: aber sie wünschten mit Recht jetzt eine längere Ruhepause.
Auf eine Anfrage des Abg. Klose (Centr.) erklärt der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Graf von Zedlitz:
Ich kann die Anfrage des Herrn Abgeordneten kurz beantworten. Es ist zuzugeben, daß die Turnhalle in einem durchaus un⸗ genügenden Zustande ist. Das ist auch seitens der Unter⸗ richtsverwaltung vor mehreren Jahren anerkannt worden. Der Grund, weshalb diesem Uebelstande bisher keine Abhilfe gegeben ist, lag darin, daß Fiskus und Stadtgemeinde über die Frage der Unterhaltung des Baues verschiedener Meinung sind. Im Jahre 1836 nämlich hat ein Uebereinkommen zwischen diesen beiden über die Bau⸗ lichkeiten des Gymnasiums stattgefunden, wonach die Stadt unter ge⸗ wissen Bedingungen verpflichtet ist, bestimmte Baulichkeiten zu errichten. Die Staatsregierung hat bisher auf dem Standpunkt gestanden, die Turnhalle gehöre zu diesen Banlichkeiten. Neuerdings sind Zweifel an der Richtigkeit dieser Auffassung entstanden; ich habe mich infolge dessen mit dem Herrn Finanz⸗Minister in’s Benehmen gesetzt, und er hat mir in den letzten Tagen erklärt, daß er bereit sei, eine noch⸗ malige Regelung dieser Angelegenheit in wohlwollender Weise in Er⸗ wägung zu nehmen. Ich kann also dem Herrn Abgeordneten die baldige Eröffnung derartiger Verhandlungen in Aussicht stellen.
Abg. Grimm⸗Frankfurt (nl.): Es müsse eine gewisse Sicher⸗ heit geschaffen werden, daß der Schulrath möglichst selten oder nie⸗ mals dem Zwischenexamen beiwohne, denn sonst erhalte dies eine Bedeutung, die von Pädagogen als bedenklich betrachtet werde. Redner spricht seine Befriedigung darüber aus, daß das Ministerium den Versuch mit dem gemeinsamen Unterbau gestattet habe. In Conferenzen und im Parlament werde man sich über solche Fragen nicht einigen können, das könne nur auf dem Boden der praktischen Erfahrungen geschehen.
Damit schließt die Debatte; der Titel wird genehmigt.
Um 4 Uhr wird die weitere Berathung vertagt.
Statistik und Volkswirthschaft.
Deutscher Landwirthschaftsrath.
In der gestrigen Sitzung erklärte bei der Berathung des Antrags
auf Abänderung des Gesetzes über den Unterstützungswohnsitz der Staatssecretär Dr. von Boetticher, wie die „N. A. Z.“ mit⸗ theilt, daß sowohl die preußische Staatsregierung wie die Reichsregie⸗ rung bemüht seien, eine Aenderung des Gesetzes gemäß den politischen und wirthschaftlichen Verhältnissen herbeizuführen, daß sie aber über⸗ einstimmend der Meinung seien, das Princip des Gesetzes müsse auf⸗ recht erhalten werden. Der Bundesrath gebe sich der Hoffnung hin, daß es ihm gelingen werde, durch ein paar Paragraphen eine Correctur des Gesetzes zu erreichen. Der Entwurf befinde sich schon im Druck. Betreffs des Erwerbes und des Verlustes des Unterstützungswohnsitzes sei weder das 16. noch das 21., sondern das 18. Lebensjahr gewählt worden. Der Bundesrath habe sich dabei von der Erwägung leiten lassen, daß in weiten Kreisen der Arbeiter⸗ bevölkerung und zwar sowohl bei dem männlichen als auch bei dem weiblichen Geschlecht eine gewisse wirthschaftliche Selbständigkeit be⸗ ginne. Im § 28 sei die Erstattungspflicht bei eintretender Ver⸗ jährung enthalten. In dem § 29 seien auch die forst⸗ und landwirth⸗ schaftlichen Arbeiter aufgenommen, und endlich sei die Pflicht der Aufent⸗ haltsgemeinde zur armenrechtlichen Unterstützung von 6 auf 13 Wochen ausgedehnt worden. Auch bezüglich der Beweislast sei Erleichterung getroffen, und endlich sei eine Bestimmung in das Gesetz aufgenommen worden, wonach Derjenige, der seine Angehörigen ohne Unterstützung verläßt, event. in eine angemessene Polizeistrafe genommen wird. Welches Schicksal das Gesetz haben werde, lasse sich heute noch nicht sagen, es werde zweifellos im Reichstage heftige Kämpfe veranlassen⸗
Es sei aber jedenfalls anzunehmen, daß alle Parteien von dem Gedanken geleitet sein werden, den Nothstand in unserem Vaterlande 8 eEglesüc wurde der gestern mitgetheilte Theil des von Below'schen Antrags zurückgezogen und der zweite Theil in folgender Fass enommen:
Fassungas gesetz vom 6. Juni 1870 ist dahin abzuändern, daß 1) der Erwerb und Verlust des Unterstützungswohnsitzes bereits mit er⸗ olgtem 21. Lebensjahr zu beginnen hat; 2) a. im § 17 das Wort sböslich“ vor „verlassen“ wegfällt; b. wenn in den Fällen der §§ 17 ind 19, Abs. 2, einer Ehefrau bezw. einer Ehefrau und den ihr folgenden Kindern von dem Armenverband des selbständig erworbenen Unterstützungswohnsitzes Unterstützung gewährt wird, dadurch der Lauf der in den §§ 10 und 22 bezeichneten zweijährigen Erwerbs⸗ und Verlustfrist nicht gehemmt wird; 3) § 29 des Gesetzes dahin abgeändert wird: a. Außer Lehrlingen, Gesellen, Dienstboten sind auch sämmtliche Lohnarbeiter, welche in ständiger Arbeit stehen, hier zu vermerken. Träger der Unterstützungspflicht ist im letzteren Falle der Armenverband des Aufenthaltsortes; b. die Pflicht der Aufenthaltsgemeinde zur armenrechtlichen Unterstützung ist von 6 Wochen auf 13 Wochen auszudehnen; 2. die im Absatz a. bezeichnete Verpflichtung der Aufenthaltsgemeinde besteht auch nach Lösung des Dienst⸗ oder Arbeitsverhältnisses fort, wenn die Lösung vor Ablauf der gesetzlichen oder vertragsmäßigen Dauer des Verhältnisses erfolgt ist, und seitdem bis zum Eintritt des Unterstützungsbedürfnisses (Unterstützungsfalles) noch nicht sechs Wochen verstrichen sind; d. in §34 anstatt der sechsmonatlichen eine dreizehnwöchentliche Frist ge⸗
11
setzt wird.“
3 *
Zur Arbeiterbewegung. —
Aus Leipzig wird der „Voss. Ztg.“ vom gestrigen Tage be⸗ richtet, daß der Ober⸗Bürgermeister George einer Abordnung Arbeitsloser die Zusicherung sofortiger Abhilfe gegeben habe. Mehrere Hundert, zunächst nur Familienväter, sollen bereits heute Be⸗ schäftigung erhalten. Verschiedene städtische Arbeiten sollen schleunigst vergeben werden. Außerdem ist ein Ausschuß zur Unter⸗ stützung Arbeitsloser in der Bildung begriffen. 8
In Halle haben nach einer Mittheilung des „D. B. H.“ die
städtischen Behörden eine außerordentliche Bewilligung von 10 000 ℳ zur Vertheilung von Brot und Speisemarken unter die Nothleidenden beschlossen.
Die Thüringische Socialdemokratie hat, wie der
värts“ berichtet, einen „Thüringer Arbeiter⸗Sänger⸗ * gegründet, dessen Vorstand in Erf
Der Arbeiterausstand in der Fabrik Marin⸗Astruc in
hl (Elsaß) kann nach demselben Blatt als beendet betrachte
rden, nachdem mehr als zwei Drittel der Ausständigen die Arbeit rieder aufgenommen haben, als die Fabrikleitung bekannt machte, daß, wer jetzt nicht wieder an seinen Arbeitsplatz zurückkehre, für immer entlassen sei. Hier in Berlin fand vorgestern wieder eine Anarchisten⸗ Versammlung im Saale der Norddeutschen Brauerei statt, in der auch unabhängige Socialdemokraten“ das Wort nahmen. Nach dem Bericht der „Voss. Ztg.“ wurden bestimmte Beschlüsse in der Ver⸗ sammlung nicht gefaßt. — In Weißensee bei Berlin sprach der socialdemokratische Reichstags⸗Abgeordnete Bebel vorgestern über Parlamentarismus. Die Opposition war stark vertreten, zum theil auch aus Berlin, und kam fast ausschließlich zum Worte. Bebel wurde heftig angegriffen und erklärte u. a.: Niemandem falle es ein, unter „Lumpenproletariat“ die arbeitslosen oder zerlumpten Arbeiter zu verstehen. Gemeint seien die Gesinnungslumpen, die sich nie an etwas Anderem betheiligt hätten als an Radau und kandal und für Alles zu haben wären. Die Versammlung stellte Herm Bebel schließlich ein Vertrauensvotum aus.
Aus Wien theilt ein Wolff'sches Telegramm mit, daß die von den Hilfscomités für die Arbeitslosen veranstalteten Brotverthei⸗ lungen an die Arbeitslosen golizeilich untersagt worden sind, da sie zu Vorgängen geführt haben, durch welche die öffentliche Ruhe und Ordnung gestört und die körperliche Sicherheit von Per⸗ sonen gefährdet wurde, sowie weil für diese Art der Vertheilung von Lebensmitteln kein Bedürfniß vorhanden sei. Bei der gestrigen Ver⸗ theilung wurden, wie schon an früheren Tagen, mehrere Personen ohnmächtig.
„Ein Prager Telegramm des „D. B. H.“ meldet vom gestrigen Tage: Die Arbeiter des dem Baron von Erlanger gehörigen Bergwerks in Schatzlar lärmten wegen einer zehnprocentigen Lohnverminderung. Der Director des Werkes mußte sich durch einen Sprung aus dem Fenster vor den erregten Arbeitern retten. Die Gendarmerie war genöthigt, mit gefälltem Bajonett vorzugehen.
Wie die Londoner „Allg. Corr.“ berichtet, wurde das Ergebniß der Abstimmung der Kohlenbergleute von Durham, ob sie sich an dem Strike betheiligen wollen oder nicht, am Montag bekannt; 40 000 von 55 000 abgegebenen Stimmen waren für einen Ausstand. Statutengemäß muß noch eine Abstimmung vorgenommen werden. Streitigkeiten zwischen den Schuhfabrikanten und
beitern in Leicester sind auf gütlichem Wege ausgeglichen
rden, und 3000 Mann haben am Montag die Arbeit wieder auf⸗ genommen. Die Einbuße der Ausständigen an Löhnen beträgt insgesammt zwischen 4000 und 5000 Pfd. Sterl. 1500 Arbeiter empfingen keine Strikegelder. Kleinliche Streitigkeiten waren die Ursache des Ausstandes.
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furt seinen Sitz hat.
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r 7
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln. vfflnenza 8 berichtet Nr. 10 der „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheits⸗ amts“ in Folgendem: „Soweit aus dem Auslande directe Mittheilungen über die Influenza vorliegen, lauten diese fast ausnahmslos günstiger als in der Vorwoche, dagegen erhöhte sich in mehreren Städten die Zahl der Todesfälle an acuten Erkrankungen der Athmungsorgane und auch die Vesammtsterblichkeit. So z. B. war dies in Brünn (St. 44,6 gegen 2 35,9 auf je 1000 Einwohner, A. 15:11) der Fall. In Wien var zwar die Gesammtsterblichkeit mit 29,9: 29,0 %0 etwas beträcht⸗ licher als in der Vorwoche, aber die Erkrankungen an Influenza be⸗ irugen nur 44 zu 118 (A. 186:193). Eine ähnliche Verminde⸗ rung zeigten die Erkrankungen an Influenza in Prag mit 62:81 (1 Todesfall: 2). In Kopenhagen ging die Zahl der Erkrankungen an Influenza von 163 in der Vorwoche auf 160, in Stockholm von 50 auf 38 herunter, aber in beiden Städten stieg die Sterblichkeit an dieser Krankheit auf 10:4 und 12:11 Todesfälle (A. 33: 27 und 25:24). In London gelangten 61 Todesfälle an Influenza: 79 zur Anzeige, doch sei bemerkt, daß die Gesammtsterblichkeit in allen Berichtsstädten des Inselreiches anstieg, in London von 20,7 auf 22,4, in Dublin von 37,4 auf 39,5, in Liverpool von 25,1 auf 29,6 %0 u. . w. In Amsterdam wurden 10 Todesfälle an Influenza: 13 in der Vorwoche, in Paris 8:15, in New⸗York 24:38 beobachtet. „ Im Deutschen Reich wurden im Reg.⸗Bez. Düsseldorf 12 Todesfälle und 749 Erkrankungen an Influenza: 22 und 857 ge⸗ meldet. „Wie in diesem Bezirke so lauten fast überall die Mitthei⸗ lungen über die Seuche günstiger, Todesfälle an derselben wurden fast nur noch vereinzelt beobachtet. Eine Zunahme der Gesammtsterblich⸗
keit und der Todesfälle an ak. Erkr. der Athmungsorgane ist für die
nachstehenden Orte hervorzuheben: Remscheid (St. 35,6: 33,1 %0, Mannh 5 3), Mainz (St. 32,4: 22 5 0%, A. 12: 13), Eanmneim (St. 22,1 : 12,9 %o, A. 10 : 6), Nürnberg „St. 34,0:26,5 %, A. nur 15:23), Erkr. an Infl. (320: 400), Pürzburg (St. 22,3: 18,2 %, A. 10:4), Cassel (St. 19,4: 15,2 %0, 1 St. 2071 Gera (St. 36,5: 27,7 %, A. §: 6)‧ Charlottenburg A. 10.277 :13,6 %0, A. 72) Braunschweig (St. 27,5: 21,1 %0, A 2J. h. Kiel (St. 29,2: 19,5 %, A. 8: 5), Lübeck (St. 22,8: 15,7 %,
4). Ferner sei erwähnt, daß in Frankfurt a. O. 15 Erkr. an
8 2 2 1 28
Infl.: 19, in Magdeburg und Dresden 4 und 6 Todesfälle gegen je 5 in der Vorwoche vorkamen.
— Nach einem Urtheil des Ober⸗Landesgerichts zu Breslau finden die Bestimmungen im § 367 Nr. 3 des Strafgesetzbuchs, nach welchen Uebertretungen der Kaiserlichen Verordnung vom 27. Januar 1890, betreffend den Verkehr mit Arzneimitteln, zu bestrafen sind, auf Thierheilmittel keine Anwendung.
— Nach einer Mittheilung im „Oest. Sanitätswesen“ haben die von den öffentlichen Blättern gebrachten übereinstimmenden Nach⸗ richten über Nothstand in ausgedehnten Gebieten Rußlands und infolge dessen aufgetretene Infectionskrankheiten das österreichische Ministerium des Innern veranlaßt, an die politischen Landesbehörden in Galizien und in der Bukowina Weisungen zu erlassen, um der Gefahr für den Gesundheitszustand der Bevölkerung rechtzeitig zu begegnen. Zu diesem Zwecke wurde ihnen empfohlen, jene sanitaͤts⸗ polizeilichen Maßnahmen ins Auge zu fassen und vorzubereiten, welche geeignet sind, die rascheste Entdeckuüng etwa eingeschleppter In⸗ fectionskrankheiten zu sichern und deren Verbreitung in wirk⸗ samer Weise hintanzuhalten, daher insbesondere wegen rechtzeitiger Eruirung der ersten Erkrankungsfälle an gefährlichen Infectionskrank⸗ heiten in den Bezirken, wegen Bereitung von Isolirlocalitäten und wirksamer Desinfectionsmittel, wegen Sorge für ärztliche Hilfe und entsprechende Krankenpflege das erforderliche zu veranlassen, endlich zur Sicherung eines im Falle einer Epidemie⸗Einschleppung allent⸗ halben gleichmäßigen und sachgemäßen Vorgehens sowie wegen Be⸗ seitigung sanitärer Uebelstände, welche die Verbreitung von Epidemien begünstigen, nach Einholung der Aeußerung und Anträge des Landes⸗ Sanitätsraths mit aller Beschleunigung mit den entsprechenden Ver⸗ fügungen vorzugehen.
8 Auf amtlichem Wege eingegangene Nachrichten aus Odessa der Stadt herrschende Rückfallsfieber einen epidemischen Charakter an⸗ genommen hat. Die Anzahl der Kranken betrug in 2 Krankenhäusern am 3. Februar 702. Die Epidemie soll einen gelinden Verlauf zeigen und eine Sterblichkeit von etwa 9 bis 10 % der Befallenen auf⸗ weisen. In der Berichtswoche kamen daselbst 9 Todesfälle vor.
— Niederländisch⸗Indien. Nachrichten vom 20. Januar d. J. zufolge herrschte während des 4. Viertels 1891 in beinahe allen Theilen des Archipels die Cholera in heftigem Maße. Bei Abgang
8 Berichts war die Seuche in einigen Gegenden noch nicht er⸗
Handel und Gewerbe.
In der Reichsbank fand heute Vormittag 11 ½ Uhr die ordentliche diesjährige Generalversammlung der An⸗ theilseigner unter Vorsitz des Präsidenten Dr. Koch statt. Der Vorsitzende begann, auf den gedruckten, jedem Anwesenden eingehändigten Jahresbericht (s. unten) ver⸗ weisend, mit einem Rückblick auf die Thätigkeit der Reichs⸗ bank während des Jahres 1891 unter Hervorhebung der wesentlichsten Momente und erklärte den Betrag der Dividende. Sodann wurden die nach dem Alter ihres Eintritts ausscheidenden Mitglieder des Central⸗Ausschusses, Geheimen Commercien⸗Räthe von Hansemann und von Bleich⸗ röder, Kaufmann R. von Hardt und Commercien⸗Rath E. Mendelssohn⸗Bartholdy wiedergewählt, und an Stelle des verstorbenen Bankdirectors Rauers in Hamburg Bankdirector Schinkel daselbst, des freiwillig ausgeschiedenen Stadtraths Sarre hier der Bankdirector Rudolf Koch hier zu Mitgliedern, endlich an Stelle des verstorbenen Geheimen Commercien⸗ Raths Meyer Cohn hier der Banquier Wolde in Bremen zum Stellvertreter von Mitgliedern des Central⸗Ausschusses mit absoluter Stimmenmehrheit neu gewählt.
Aus dem Verwaltungsbericht der Reichsbank für das Jahr 1891 seien folgende Angaben mitgetheilt:
Der Gesammtumsatz der Reichsbank betrug im Jahre 1891 109 933 249 000 ℳ, gegen das Vorjahr von 108 595 412 9900 ℳ mehr 1 337 836 100 ℳ Der Bankzinsfuß berechnet sich im Durch⸗ schnitt des Jahres 1891 auf 3,776 % für Wechsel und auf 4,276 % bezw. 4,776 % für Lombard⸗Darlehen. An Banknoten sind durchschnittlich 971 666 000 ℳ in Umlauf und mit 91,99 % durch Metall gedeckt gewesen. Im Giroverkehr hat der Umsatz rund 81 013 Millionen und einschließlich der Ein⸗ und Aus⸗ zahlungen für Rechnung des Reichs und der Bundesstaaten 85 223 Millionen Mark betragen. Am Jahresschluß beliefen sich die Gut⸗ haben der Girokunden auf rund 257 961 000 ℳ Der Reserve⸗ fonds ist um 997 090,56 ℳ gestiegen und hat nunmehr die gesetz⸗ liche Höhe von 30 Millionen Mark erreicht. Die Grundstücke hatten am 31. Dezember 1891 einen Buchwerth von 22 261 500 ℳ An Wechseln wurden gekauft oder zur Einziehung übernommen 3 350 688 Stück über 5 531 265 753,34 ℳ Außerdem sind für Rech⸗ nung der Girokunden 427 799 Platzwechsel über 912 465 600,80 ℳ eingezogen. Von den am 31. Dezember 1891 im Bestande gewesenen inländischen Wechseln waren fällig: binnen 15 Tagen 212 833 700 ℳ, binnen 16 bis 30 Tagen 106 362 600 ℳ, binnen 31 bis 60 Tagen 153 348 300 ℳ und binnen 61 bis 90 Tagen 85 636 100 ℳ, zusammen 558 180 700 ℳ An Lombarddarlehen wurden ertheilt 1 208 140 100 %ℳ und blieben am Schlusse des Jahres 1891 aus⸗ geliehen 138 612 900 ℳ Die Wechsel⸗ und Lombard⸗Anlage hat durchschnittlich 624 809 000 ℳ betragen. An Zahlungsan⸗ weisungen wurden 5640 Stück über 79 423 668,58 ℳ ertheilt. Im Comptoir für Werthpapiere waren Ende 1891 220 869 Depots im Nennwerthe von 2 356 612 5339 ℳ in 3920 verschiedenen Effecten⸗Gattungen niedergelegt. An Zinsen und anderen Nutzungen sind von verwahrten Werthpapieren im Laufe des Jahres 87 807 297,82 ℳ eingegangen. Der Gesammtgewinn hat für das Jahr 1891 betragen 28 428 698,790 ℳ Davon gehen ab: 1) die Verwaltungskosten mit 7 805 772,9 ℳ; 2) die Ausgaben für Anfertigung von Banknoten von 91 380,00 ℳ: 3) die an den preußischen Staat zufolge § 6 des Vertrags vom 17./18. Mai 1875 zu leistende Zahlung von 1 865 730 ℳ, zusammen 9 762 882,59 ℳ. Es bleibt daher ein Keingewinn von 18 665 816,20 ℳ; von diesem erhalten: die Antheilseigner 3 ½ % von 120 000 000 ℳ 4 200 000 ℳ, der Reservefonds 997 090,56 ℳ, zusammen 5 197 090,56 ℳ: vom Ueberreste sind zu zahlen: der Reichskasse 3 000 000 ℳ und 5 601 544,24 ℳ, zusammen 8 601 544,23 ℳ, den Antheilseignern 3 000 000 ℳ und 1 867 181,41 ℳ, zusammen 4 867 181,41 ℳ Dem Gewinn der Antheilseigner von 4 867 181,41 ℳ treten hinzu die am Schluß des Jahres 1890 unvertheilt gebliebenen 2682,42 ℳ, sind zusammen 4 869 863,83 ℳ, wovon auf jeden Bankantheil von 3000 ℳ als Restdividende 121,50 ℳ, mithin auf sämmtliche 40 000 Antheile 4 860 000 ℳ entfallen und 9863,83 ℳ der späteren Berechnung vor⸗ behalten bleiben. Hiernach erhalten die Antheilseigner für das Jahr 1891 auf jeden Antheil von 3000 ℳ zu der bereits empfangenen Dividende von 1056 ℳ noch 121,50 ℳ Restdividende, zusammen 226,50 ℳ, mithin einen Ertrag von 7,55 %.
Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks 1 an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 8. d. M. gestellt 9791, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen. In Oberschlesien sind am 7. d. M. gestellt 3425, nicht zeitig gestellt keine Wagen.
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ZIZwangs⸗Versteigerungen. “
Beim Königlichen Amtsgericht I Berlin standen am 8. März 1892 die nachverzeichneten Grundstücke zur Versteigerung: Grimmstraße 42, dem Kaufmann W. G. Grimm gehörig; Nutzungs⸗
werth 12 680 ℳ; Mindestgebot 126 000 ℳ; für das Meistgebot von
vom 3. Februar / 22. Januar d. J. melden, daß das seit Monaten in
177 702 ℳ wurde der Director R. Fregin zu Steglitz Ersteher. — Franseckistraße 6, den Kaufleuten A. Busch & A. Rudelius gehöri Nutzungswerth 18 210 ℳ; Mindestgebot 318 345 ℳ; für das Meist⸗ gebot von 318 400 ℳ wurde die Handelsgesellschaft Blumberg & Schreiber, Friedrichstraße 5, Ersteherin.
Beim Königlichen Amtsgericht II Berlin stand am 7. März 1892 das Grundstück des Zimmermeisters A. Gericke zu Schöneberg, Golzstraße 33 belegen, zur Versteigerung: Nutzungs⸗ werth 16 600 ℳ; Ersteher wurde der Kaufmann Paul Lindenau zu Berlin, Potsdamerstraße 119, für das Meistgebot von 225 000 ℳ
— Vom Berliner Pfandbrief⸗Institut sind bis ultimo Februar 1892 16 962 000 ℳ 3 ½ %, 21 297 300 ℳ 4 %, 45 456 300 ℳ 4 ½ % und 9 672 300 ℳ 5 %, zusammen 93 387 900 ℳ Pfandbriefe ausgegeben worden, wovon noch 15 499 500 ℳ 3 ½ %, 14 222 700 ℳ 4 %, 16 142 400 ℳ 4 ½ % und 2 943 600 ℳ 5 %, zu⸗ sammen 48 808 200 ℳ Pfandbriefe von den Grundstückseigenthümern zu verzinsen sind. Zugesichert, aber noch nicht abgehoben, sind 457 800 ℳ 8 — Der Verwaltungsrath der Privatbank zu Gotha hat beschlossen, nach Rückstellung von 15 000 ℳ, der am 11. April d. J. stattfindenden Generalversammlung der Actionäre die Vertheilung einer Dividende von 5 ½ % für das Geschäftsjahr 1891 vorzuschlagen.
Leipzig, 8. März. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. ver März 3,37 ½ ℳ, per April 3,40 ℳ, per Mai 3,40 ℳ, per Juni 3,42 ½ ℳ, per Juli 3,45 ℳ, per August 3,47 ½ ℳ, per September 3,50 ℳ, per Okto⸗ ber 3,52 ½ ℳ, per November 3,52 ½ ℳ, per Dezember 3,52 ½ ℳ, per Januar 3,52 ½ ℳ, per Februar 3,52 ½ ℳ Umsatz 15 000 kg.
Manchester, 8. März. (W. T. B.) 12r Water Taylor 5 ½, 30r Water Taylor 7 ½, 20r Water Leigh 6 ½, 30r Water Clayton 6 ¾, 32r Mock Brooke 6 %, 40r Mayoll 6 ⅞, 40r Medio Wilkinson 7 ⅞, 32r Warpcops Lees 6 ½., 36r Warpcops Rowland 7 ½, 40r Double Weston 8, 60r Double courante Qualität 11 ⅛, 32“ 116 vards 16 % 16 grey Printers aus 32r/46r 146. Ruhig.
New⸗York, 8. März. (W. T. B.) Die Börse eröffnete durchweg sehr unregelmäßig, später kam eine schwache Tendenz zum Durchbruch, welche bis zum Schlusse andauerte und zu Cursermäßi⸗ gungen führte. Der Umsatz der Actien betrug 374 000 Stück. Der Silbervorrath wird auf 3 600 000 Unzen geschätzt. Silber⸗ verkäufe fanden nicht statt. .
250 000 Dollars Gold sind zur Verschiffung nach Europa für morgen bestellt worden.
Weizen⸗Verschiffungen der letzten Woche von den atlantischen Häfen der Vereinigten Staaten nach Groß⸗ britannien 77 000, do. nach Frankreich 76 000, do. nach anderen Häfen des Continents 130 000, do. von Californien und Oregon nach Großbritannien 26 000, do. nach anderen Häfen des Conti⸗ nents 10 000 Orts. b
Der Werth der in der vergangenen Woche ausgeführten Producte betrug 7 230 530 Doll. gegen 8 255 011 Doll. in der Vorwoche.
Verdingungen im Auslande. China.
1. April. Verwaltung der nord⸗chinesischen Eisenbahn, Tier
Lieferung von 5500 Tonnen Stahlschienen, 420 Tonnen La
62 Tonnen Laschen⸗Bolzen und 135 Tonnen Klammern. Rumänien.
11. April. Direction der rumänischen Eisenbahnen, Section P. Bukarest: Erbauung eines Tunnels bei Epureni: Erd⸗ und Mauer⸗ arbeiten auf der Eisenbahnstrecke Doronoc — Jassy. Voranschlag: 2 798 165 Fr.
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tsin: chen,
Schweden.
17. März, 2 Uhr. Königliche Telegraphenverwaltung Stockholm:
Lieferung von Telegraphenmaterial. 8 Serbien.
22. März (neuen Stils). Direction der Taback⸗ und Salz⸗ monopolverwaltung, Belgrad:
Lieferung von: 600 Ries veilchenblauem Papier 450/580 mm, je 1000 Bogen 17 kg schwer;
2590 Ries Rosapapier, Format 450 zu 580 mm, je 1000 Bogen 17 kg schwer; .
350 Ries röthlichem Papier, Format 680 zu 680 mm, je 1000 Bogen 32 kg schwer;
820 Ries Papier, weiß für Banderole, Format 510 zu 750 mm, je 1000 Bogen 26 kg schwer;
35 Ries weißem satinirten Papier für Mundstücke, Format 520 zu 600 mm, je 1000 Bogen 35 kg schwer; 8
40 Ries weißem nicht satinirten Papier für Mundstücke, Format 520 zu 600 mm, je 1000 Bogen 32 kg schwer; 8
3 Ries Papier, weiß satinirt, zum Zusammenwickeln von
1“ Format 500 zu 600 mm, je 1000 Bogen 40 kg schwer;
2000 kg Carton, dunkelgelb, Format 68 zu 80 cm, je 80 Bogen 20 kg schwer;
2900 kg Carton, hellblau, Format 68 zu 80 cm, je 80 Bogen 20 kg schwer;
28 000 kg Carton, weiß, Format 71 zu 91 cm, je 80 Bogen 25 kg schwer;
1500 kg dickes Papier, gelb satinirt, Format 68 zu 80 cm, je 80 Bogen 20 kg schwer;
900 kg Carton, weiß, Format 71 zu 91 cm, je 40 Bogen 25 kg schwer;
1000 kg Carton, weiß, Format 71 zu 91 cm, je 60 Bogen 25 kg schwer;
1 200 000 Blätter Papier, gewachst, Format 210 zu 120 mm;
22 900 000 Blätter Pergament⸗Imitation, Format 110 zu 160 mm, je 1000 Blatt 1 kg schwer; 3
4200 Bogen Pergament;
50 Ries Cigarrenpapier in Bogen von 76 zu 51 cm;
1 700 000 Blättchen Cigarettenpapier mit goldenen Krönchen;
900 000 8 A EEEba.
4 700 000 8 8 „ farbigen 8
30 Stück Cigarettenpapier in Heftchen von 27,5 mm.
Caution für Serben 10 %, für Ausländer 20 % des Sub missionsbetrages.
Näheres an Ort und Stelle.
Verkehrs⸗Anstalten.
Bremen, 9. März. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd Der Reichs⸗Postdampfer „Bayern“ ist am 8. März Mittags in Port Said angekommen und hat nach Uebergabe der ostasiatischen Post an den nach Brindisi bestimmten Reichs⸗Postdampfer „Danzig die Reise nach Genua fortgesetzt. Der Reichs⸗Postdampfer „Danzig ist am 8. März Nachmittags mit der ostasiatischen Post vom Reichs Postdampfer „Bayern“ von Port Said nach Brindisi abgegangen Der Schnelldampfer „Werra' hat am 8. März Nachmittags di Reise von Gibraltar nach Genua fortgesetzt. Der Schnelldampfe „Aller“, von New⸗York kommend, ist am 8. März Vormittags auf der Weser angekommen.
Hamburg, 9. März. (W. T. B.) Hamburg⸗Ame rikanische Packetfahrt⸗Actiengesellschaft. Der Post dampfer „Scandia“ hat, von New⸗York kommend, heute frül 2 Uhr Lizard passirt. Der Postdampfer „Saxonia“ hat, von New⸗York kommend, heute früh 8 Uhr Lizard passirt'
London, 8. März. (W. T. B.) Der Union⸗Dampfe „Dane“ ist auf der Ausreise heute in Southampton an gekommen. 8