1892 / 62 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 11 Mar 1892 18:00:01 GMT) scan diff

g vorgängige Kündigung zur Rückzah⸗ slung berechtigt sein soll. An Stelle des dritten Satzes des § 457 wurde bestimmt, daß die Kündigungsfrist vier Wochen, bei einem die Summe von dreihundert Mark übersteigenden Darlehen drei Monate betragen soll. Zu einer längeren Erörterung gab die bei Gelegenheit der Berathung des § 457 von einer Seite angeregte Frage Anlaß, ob auch im Falle der Feststellung eines von dem Darlehensschuldner einzuhaltenden Tilgungsplans der Schuldner gleichwohl nach § 231 Abs. 2 in Verbindung mit § 457 im Zweifel berechtigt sei, das Darlehen unter Beobachtung der im § 457 bestimmten Kündigungsfrist zurückzuzahlen. Ein Antrag, diese Frage ausdruͤcklich im bejahenden Sinne zu entscheiden, fand ebenso⸗ wenig Anklang wie der Antrag, ausdrücklich das Gegen⸗ theil zu bestimmen. Es herrschte aber Einvernehmen, daß der Schuldner, soweit er nach § 231 Abs. 2 vor der Fälligkeit zur Rückzahlung befugt ist, doch die im § 457 festgesetzte Kündigungsfrist zu beobachten habe. Gegen den S 458 erhob sich kein Widerspruch. Der von einer Seite beantragte Zusatz, die Vorschrift des § 458 auch auf den Fall auszudehnen, wenn die den Rückerstattungsanspruch gefährdende Vermögenslage des anderen Theils, ohne daß der Versprechende es wußte, schon zur Zeit der Schließung des Vertrags bestand und der andere Theil annehmen mußte, daß der Versprechende bei Kenntniß der Sachlage das Versprechen nicht abgeben würde, wurde nach eingehender Erörterung ab⸗ gelehnt, desgleichen der eventuelle Antrag, dem Versprechenden das Rücktrittsrecht im Zweifel auch dann zu ge⸗ währen, wenn eine vor Schließung des Vertrags eingetretene wesentliche, den Rückerstattungsanspruch gefährdende Verschlech⸗ terung der Vermögensverhälinisse des anderen Theils dem Versprechenden ohne sein Verschulden nicht bekannt ge⸗ worden war. 1 Von den Vorschriften über den Kauf (§S 459 bis 501) wurden noch die §§ 459 bis 463 erledigt. Dieselben fanden mit Ausnahme des die Bestimmung des Kaufpreises behan⸗ delnden § 460, der gestrichen wurde, im wesentlichen Zustim⸗ mung. Ein Antrag, den § 459 Abs. 2 insoweit abzulehnen, als dieser dem Käufer die Verpflichtung zur Abnahme der gekauften Sache auferlegt, wurde abgelehnt. Der S 462 erhielt den Zusatz, daß, wenn die Urkunde noch einen anderen Inhalt hat, als denjenigen, welcher sich auf den Be⸗ weis des Rechts an dem Kaufgegenstande bezieht, der Verkäufer nur zur Ertheilung eines beglaubigten Auszuges verpflichtet ist. Zu einer lebhaften Discussion führte die Frage, mit welchem Zeitpunkt im Falle des Verkaufs eines Grundstücks die Gefahr auf den Käufer übergehen solle 463 Abs. 2). Während nach dem Entwurf auch in diesem Falle die Zeit der Uebergabe und nur dann, wenn die Ein⸗ tragung des Eigenthumsübergangs in das Grundbuch vor der Uebergabe erfolgt ist, die Zeit der Eintragung entscheidet, war von einer Seite vorgeschlagen, nur den Zeitpunkt der Eintragung entscheiden zu lassen, von anderer Seite, den mit der Uebergabe verbundenen Gefahrübergang als nicht erfolgt zu behandeln, wenn der Verkäufer mit der Erwirkung der Ein⸗ tragung in Verzug komme. Die Mehrheit entschied sich jedoch unter Ablehnung der Anträge für den Standpunkt des Entwurfs.

Schuldner ohne

Auf wiederholte Anregung aus den betheiligten Geschäfts⸗ kreisen hat der Finanz⸗Minister mittels Rundschreibens an die Provinzial⸗Steuer⸗Directoren bestimmt, daß Gewerbe⸗ treibende, welche in verschiedenen Hebebezirken gelegene Brennereien, Branntweinprivatlager oder Branntweinreinigungsanstalten besitzen, die von ihnen für an diesen Orten zum freien Verkehre abgefertigten Brannt⸗ wein zu entrichtenden Abgabenbeträge auch dann mittels Branntweinversendungsscheins II auf das Amt ihres Wohn⸗ ortes zur Erhebung überweisen dürfen, wenn eine Versendung des Branntweins dorthin nicht erfolgt. Die in dem Ver⸗ sendungsschein amtlich zu vermerkende Zahlungsfrist ist in solchen Fällen thunlichst kurz zu bemessen.

An Stelle des in den Ruhestand versetzten Senats⸗P identen des Kammergerichts, Wirklichen Geheimen O Justiz⸗Raths Delius ist der Senats⸗Präsident bei dem kammergericht Groschuff zum Mitglied des Disciplinarhofs ür

8 für die nicht richterlichen Beamten ernannt worden

Stettin, 10. März. Die heutige Sitzung des Pro⸗ vinzial⸗Landtags wurde um 11 Uhr eröffnet. Es wurde zunächst die Wahl des Vorsitzenden des Provinzial⸗Ausschusses an Stelle des verstorbenen Rittergutsbesitzers Mühlenbeck⸗ Gr. Wachlin vorgenommen. Gewählt wurde der bisherige stellvertretende Vorsitzende Landrath und Landschafts⸗Director von Holtz⸗Alt⸗Marrin. Als neuer Stellvertreter des Vorsitzenden wurde gewählt der Ritterguts⸗ besitzer, Justiz⸗Rath von Vahl in Greifswald. Die Ge⸗ wählten nahmen die Wahl an. Es wurde sodann die Aus⸗ dehnung des Abschnitts 3 des Gesetzes vom 2. März 1850, betreffend die Regulirung der gutsherrlichen und bäuerlichen Verhältnisse, auf Neu⸗Vorpommern und Rügen, über die der Provinzial⸗Landtag eine gutachtliche Aeußerung abzugeben von der Königlichen Staatsregierung berufen ist, berathen. Der Referent und der Correferent schlugen vor, der Provinzial⸗ Landtag solle folgende Aeußerung abgeben: 3

„Da die Voraussetzungen, welche zum Ausschlusse von Neu⸗ Vorpommern und Rügen aus dem Geltungsbereiche des Gesetzes vom 2. März 1850 Abschnitt III Veranlassung gegeben haben, nicht zu⸗ treffen, ist es geboten, daß den Betheiligten durch legislatives Vor⸗ gehen im Sinne der Gesetzesvorlage vom Jahre 1860 die Möglichkeit gegeben wird, die Frage, ob auf sie die Vorschriften des obigen Gesetzes Anwendung finden, zum rechtlichen Austrage zu bringen.“

Im Gegensatz hierzu beantragte Herr Kreisrichter a. D. von Köller⸗Karow:

„An dem Beschlusse des 14. Provinzial⸗Landtags von Pommern vom 29. August 1861 dahin festzuhalten, daß weder ein Bedürfniß zur Regulirung der etwa noch vorhandenen Rusticalstellen in Neu⸗ Vorpommern, noch ein rechtlicher Anspruch der Stelleninhaber auf nachträgliche Regulirung anzuerkennen ist.“

Ferner beantragte der Justiz⸗Rath Langemack aus Stralsund die Abgabe folgender Aeußerung:

Für die Einführung des III. Abschnitts des gedachten Gesetzes in Neu⸗Vorpommern und Rügen sei gegenwärtig ein Bedürfniß nicht mehr vorhanden.“

Der Antrag des Referenten und des Correferenten wurde mit großer Mehrheit angenommen. Die Anträge aus Inter⸗ essentenkreisen bez. des Provinzial⸗Ausschusses wegen Bewilligung von Beihilfen zum Bau von Tertiär⸗Eisenbahnen a. im Greifswalder Kreise, b. von Stolp nach Raths⸗Damnitz, bis zu der Baukosten, mit der Maßgabe, daß der Kreis⸗Com⸗ munalverband als Träger der Bau⸗ und Betriebslasten auf⸗ trete, und daß die Provinz an den Erträgen und der Ver⸗ waltung theilnehme, wurden angenommen. Der Antrag des Abgeordneten Pehlemann: bei dem Minister der öffentlichen Arbeiten dahin vorstellig zu werden, daß die Richtungslinie der Eisenbahn Kallies Wulkow nicht über Reetz, sondern in der Richtung Gabbert —Gr. Silber geführt werden möge, wurde einstimmig angenommen. Das vom Provinzial⸗Ausschuß vorgelegte Reglement zur Ausführung des Gesetzes vom 11. Juli 1891 über die Armenfürsorge für pflegebedürftige Geistes⸗ kranke, Taubstumme u. s. w., wurde angenommen. Zur Ausführung dieses Beschlusses sollen 345 000 den Cura⸗ torien der Anstalten Kückenmühle und Tabor zur Erweiterung der Anstalten als ein mit 3 Proc. verzinsliches Darlehn ge⸗ währt werden, unter der Verpflichtung, die ihnen vom Land⸗ armenverbande zugewiesenen Idioten und Epileptischen nach Maßgabe des mit den Anstalten abzuschließenden Vertrages aufzunehmen.

Es wurden die verschiedenen Etats festgestellt. Der König⸗ liche Commissarius, Ober⸗Präsident und Staats⸗Minister von Puttkamer sprach sodann der Versammlung den Dank der Königlichen Staatsregierung für die Hingabe, mit welcher sie die Geschäfte und Vorlagen erledigt habe, aus und schloß den Landtag.

Schleswig, 10. März. Heute Mittag 12 Uhr wurde der 26. Schleswig⸗Holsteinische Provinzial⸗Landtag durch den Wirklichen Geheimen Rath und Ober⸗Präsidenten von Steinmann mit folgenden Worten geschlossen:

Hochgeehrte Herren!

Die Ihnen für die Tagung des 26. Schleswig⸗Holsteinischen Provinzial Landtags gestellten Aufgaben haben nach zwölftägiger Arbeit in sieben Plenar⸗ und in einer Reihe von Ausschußsitzungen in befriedigendster Weise ihre Erledigung gefunden.

Zu dem Gesetzentwurf wegen Einführung der Landgemeinde⸗ ordnung vom 3. Juli v. J. in die hiesige Provinz haben Sie das von der Staatsregierung erhoffte zustimmende Gutachten mit großer Mehrheit abgegeben und dadurch von neuem den Beweis geliefert, wie verständnißvoll und eingehend Sie die Verhältnisse der Heimath würdigen und wie sehr Sie sich mit der Staatsregierung in dem Wunsche eins wissen, den Anschluß derselben an das Rechts⸗ und Verfassungsleben des großen Vaterlandes bei voller Wahrung be⸗ rechtigter provinzieller Besonderheiten auf allen Gebieten zu fördern.

Die Mittel zur Fortführung des Provinzial⸗Haushalts und die von Ihrem Ausschusse gewünschten Vollmachten für eine zweckmäßige Lösung der neuen, der Provinz gestellten Aufgaben auf dem Gebiete der Armenpflege sind von Ihnen bereitwilligst bewilligt worden. Auch für manche sonstige Zweige unseres provinziellen Lebens, ins⸗ besondere für die Pflege der Kunst und des Kunstgewerbes, versprechen die von Ihnen gefaßten Beschlüsse reiche Frucht.

Namens der Staatsregierung spreche ich Ihnen den Dank und die Anerkennung für Ihre hingebungsvolle Thätigkeit aus und schließe nunmehr im Namen Seiner Majestät des Kaisers und Königs den 26. Provinzial⸗Landtag.

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Nach einem sodann von dem Vorsitzenden, Klosterpropst Grafen von Reventlou⸗Preetz auf Seine Majestät den Kaiser und König ausgebrachten, begeistert aufgenom⸗ menen dreimaligen Hoch trennte sich die Versammlung.

Der 26. Provinzial⸗Landtag hat sieben Plenarsitzungen abgehalten. Von der Königlichen Staatsregierung waren dem Landtage zwei Vorlagen zugegangen, darunter der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Einführung der Landgemeindeordnung für die sieben östlichen Provinzen der Monarchie, vom 3. Juli 1891 in der Provinz Schleswig⸗Holstein, zur Abgabe einer gut⸗ achtlichen Erklärung. Um der niedergesetzten Commission von fünfzehn Mitgliedern die eingehende Vorprüfung dieser Vorlage zu ermöglichen, sind die Plenarsitzungen vom 3. bis 7. d. M. einschließlich ausgesetzt gewesen. Der Provinzial⸗Landtag hat mit allen gegen zwei Stimmen beschlossen, die gutachtliche Erklärung dahin abzugeben: der Königlichen Staatsregierung die Erhebung des Entwurfs zum Gesetze unter Berücksichtigung weniger un⸗ wesentlicher Aenderungen zu empfehlen. Der von einem Ab⸗ geordneten bei der Vorberathung eingebrachte Antrag wegen Aussetzung des Termins der Emanirung der neuen Land⸗ gemeindeordnung vom 1. April 1893 auf den 1. April 1895 war schon in der Vorberathung wieder zurückgezogen worden.

Von dem Provinzialausschuß sind 14 Berichte und An⸗ träge an den Landtag gelangt, darunter der Antrag auf Niedersetzung einer Provinzialcommission behufs Förderung wissenschaftlicher, künstlerischer oder kunstgewerblicher Be⸗ strebungen, der genehmigt wurde.

Von Abgeordneten ist nur ein selbständiger Antrag gestellt worden.

Außer dem oben erwähnten waren zwei Ausschüsse nieder⸗ gesetzt: ein solcher zur Prüfung der stattgehabten beiden Ersatz⸗ wahlen für den Provinzial⸗Landtag, ein anderer zur Vor⸗ prüfung der bei dem Provinzial⸗Landtage eingegangenen Petitionen.

Endlich haben die Neuwahl schusses.

mehrere Wahlen stattgefunden, darunter der Hälfte der Mitglieder des Provinzialaus⸗

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Sachsen. Dresden, 10. März. In der heutigen Sitzung der Ersten Kammer gelangte, wie das „Dr. J.“ berichtet, zu⸗ nächst ein Königliches Decret zur Verlesung, worin der Schluß des gegenwärtigen Landtags auf den 31. März angesetzt wird. Die fuͤr den Bau der Eisenbahnen Olbernhau— Neuhausen, Pirna Dohma—Großcotta und Reichenbach Mylau ver⸗ langten Gelder wurden nach längerer Debatte bewilligt. In der Zweiten Kammer gelangte der Justiz⸗ Etat zur Berathung. Die Finanzdeputation A bean⸗ tragte, die Zuschußbeträge für sämmtliche in Frage stehenden Kapitel der Vorlage gemäß festzustellen, jedoch unter wesent⸗ licher Erhöhung der Einnahmen wie Ausgaben bei Kap. 40. (Untergerichte ꝛc.), bedingt durch Erhöhung der vorgeschlagenen Besoldungen für die Landgerichts⸗Directoren und Vermehrung von verschiedenen Beamtenklassen, die sich nachträglich als nothwendig herausgestellt haben. Die allgemeine Debatte bewegte sich um den Fall Schmidt (angebliche Nicht⸗ beachtung des Artikels 31 der Reichsverfassung durch das Landgericht Chemnitz), die Einrichtung der dienstaufsicht⸗ führenden Amtsrichter, die Entschädigung unschuldig Ver⸗ urtheilter und die Aufstellung einer Hypothekenstatistik. Die erste Angelegenheit wurde als durch die Entscheidung des Reichsgerichts erledigt anerkannt, die zweite ist für Sachsen bereits gesetzlich geregelt, die Hypothekenstatistik ist zur

baldigen Veröffentlichung reif. gung unschuldig Verurtheilter wurde die von früh Landtagen dem Justiz⸗Ministerium ertheilte Ermächti 2. 8 aus Kap. 41 Mittel zu diesem Zwecke zu verwenden ug. neuert; ein Antrag des Abg. Stolle (Gesau), diese Ermäck⸗ tigung auch auf Fälle unschuldig erlittener Untersuchungsh f auszudehnen, wurde, obwohl Redner aller Parteien sich vrn lich damit einverstanden erklärt hatten, daß auch für unschuldi erlittene Untersuchungshaft Entschädigung gewährt werde, 8 33 gegen 25 Stimmen abgelehnt. Ein von der Deputation b der Staatsregierung vereinbarter Gesetzentwurf, durch welche der Gehaltssatz, bis zu welchem die Richter der zweiten Ge haltsklasse nach dem Dienstalter aufrücken, von 5400 auf 6000 erhöht wird, fand die Zustimmung der Kammer Zum Schluß bewilligte die Kammer die durch Nachtrags⸗Etat eingebrachte Forderung von 667 000 zur Erwerbung Bauplätzen für Neubauten und für Erweiterungen von Ge⸗ richtsgebäuden. 8 8 Karlsruhe, 10. März. Die Zweite Kammer be⸗ schäftigte sich gestern mit dem Berichte der Commission über die Weinbauschutzfrage und nahm der „Karlsr. Ztg.“ zufolge nach längerer Debatte deren Anträge mit großer Mehrheit an; diese lauten: es wolle die Großherzogliche Regierung 1) einen Gesetzentwurf vorlegen demzufolge nach Mißjahren im Weinbau auf Antrag der Gemeinden den Beschädigten die Staatssteuer aus Rebgeländen ganz oder theilweise rückersetzt werden kann, 2) im Staats⸗ budget Mittel einstellen, daß vom Staate oder mit Staats⸗ unterstützung in allen Rebbezirken des Landes Rebschulen an⸗ gelegt werden, 3) einen Gesetzentwurf vorlegen, welcher für den Fall der Totalerneuerung eines Rebstückes Befreiung v der Grundsteuer auf die Dauer von fünf Jahren vorsieht. Hessen. Darmstadt, 11. März. Die Besserung in dem Be⸗ finden Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs, die sich gestern früh bemerkbar gemacht hatte, dauert fort. Das gestern Mittag ausgegebene Bulletin, das von dem Professor Kußmaul mit unterzeichnet ist, lautet: „Bei Seiner König⸗ lichen Hoheit dem Großherzog ist eine geringe Besserung des Bewußtseins, der Athmung und des Schluckens unverkennbar. Im übrigen ist der Zustand unverändert.“ Nach dem um 6 Uhr Abends ausgegebenen Bulletin war in dem Befinden Seiner Königlichen Hoheit eine wesentliche Aenderung nicht eingetreten. Von heute früh wird gemeldet, daß der Großherzog eine ruhige Nacht gehabt habe und daß die Abnahme der Trübung des Be⸗ wußtseins wie der Beschwerden beim Schlucken andauere. Das seit dem zweiten Tage der Erkrankung eingetretene Athmungsphänomen bestehe indessen noch fort, zeitweise mit Athmungspausen bis zu 30 Secunden. Athmungsnoth sei mit dieser Krankheitserscheinung nicht verbunden. Braunschweig. Braunschweig, 10. März. Nach mehrwöchiger Pause trat heute der braunschweigische Landtag wieder zu einer Sitzung zusammen und erledigte, wie die „Magd. Ztg.“ be⸗ richtet, einige unbedeutende Vorlagen. Hamburg. Hamburg, 9. März. Die neue Bürgerschaft, in welche durch die im Februar vorgenommenen Wahlen 28 neue Mitglieder gewählt worden sind, trat, wie der „Magd. Ztg.“ mitgetheilt wird, am 5. d. M. zu einer Sondersitzung zusammen, um die vorläufigen Vorstandswahlen vorzunehmen. Nachdem der Alters⸗Präsident M. L. Meyersberg den Vorsitz übernommen hatte, wurde als einstweiliger Vorsitzender der Land⸗ gerichts⸗Director Dr. Otto Mönkeberg mit allen gegen eine Stimme wiedergewählt und sodann die Wahl von zwei provisorischen Schriftführern vorgenommen. Alsdann wurde ein Wahlprüfungs⸗Ausschuß von 10 Personen gewählt und damit die erste Sitzung der neuen Bürgerschaft geschlossen.

Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 10. März. in seiner gestrigen Sitzung nach einer langen Debatte den Gesetzentwurf über das Notariat im wesentlichen nach den Commissionsbeschlüssen in zweiter Lesung an. Nur der von der Commission eingeschaltete § 13a (die Notare sind befugt, ihr Amt im ganzen Lande auszuüben) wurde abgelehnt, und statt dessen folgender § 13a angenommen: „Die Notare sind befugt, ihr Amt im benachbarten Amtsgerichtsbezirk aus⸗ zuüben“. Der Gesetzentwurf über die Beurkundung des Personenstandes wurde ebenfalls in zweiter Lesung ge⸗ nehmigt. b

Oesterreich⸗Ungarn.

Wie dem „Frdbl.“ aus Prag gemeldet wird, hat am 7. d. M. im Bureau des Oberst⸗Landmarschalls Fürsten Lobkowitz eine Besprechung von Vertretern jener Parteien stattgefunden, welche die Wiener Punctationen genehmigt haben. Die Einladungen zu dieser Besprechung waren von dem gegenwärtigen Führer des conservativen Großgrundbesitzer⸗ clubs Fürsten Alfred Windischgrätz ergangen. Wie ver⸗ lautet, gingen die Ansichten bezüglich der formalen Behandlung der Ausgleichsvorlagen dahin, daß diese einer eigenen Commission zuzuweisen seien. In dieser würden die deutschen Mitglieder Gelegenheit haben, ihre Anschauungen über das Vorgehen der anderen Theilnehmer am Ausgleiche zum Ausdruck zu bringen, und auch der Statthalter dürfte dort die Erklärung der Regierung in der Ausgleichs⸗ frage abgeben. 3

Das ungarische Unterhaus setzte gestern die Adreß⸗ debatte fort. Der Minister⸗Präsident Graf Szaparny erklärte, die vorgestrige Rede des Grafen Apponyi mache den Eindruck, als sei die Nationalpartei aus den Wahlen siegreich hervorgegangen, während die Thatsachen das Gegentheil be⸗ wiesen. Das Wahlergebniß zeige, daß die große Mehrheit im Lande für die Erhaltung der Basis des Ausgleichs von 1867 und für die Wahlreform entschieden habe. Die Nation habe die Leitung der Geschäfte wieder in die Hände der Regierung gegeben. Die Regierung werde ihre Pflicht erfüllen. Das Bündniß Ungarns mit Oesterreich sei beiden Theilen ersprieß⸗ lich. Ein Unterschied in der politischen Mission beider Staaten bestehe nicht. Die materiellen und wirthschaftlichen Interessen möchten Ungarn auf den Orient verweisen, die ganze Ver⸗ gangenheit spreche jedoch für ein Zusammengehen mit dem Westen. Die Rede des Minister⸗Präͤsidenten wurde mit leb⸗ haftem Beifall aufgenommen.

Bezüg lich der Entschäͤbi

Der Landesausschuß nahm

Ueber die weiteren Verhandlungen der beiden Valuta⸗ Enquéte⸗Commissionen liegen nachstehende Berichte des P. T. B.“ vorn. . 8— 11 8 „†en der gestrigen Sitzung der österreichischen Commission, m der der Finanz⸗Minister Dr. Steinbach wieder den Vorsitz führte, in dchen sich sämmtliche Mitglieder für die Goldwährung aus. Mrector Zgorski und der Präses der Anglobank Elbogen waten für die Beseitigung der Staats⸗Kassenscheine ein, letterer aber für das Silbercourant. Betreffend die Münz⸗ eöheit srrachen sich alle Mitglieder für die Continuität aus, enrski für den Halbgulden aus socialen Gründen. Der Wreraldirector der Länderbank Hahn und der Generaldirector der Kordbahn Jeitteles sprachen sich ebenfalls für die Goldwä hrung Arn Letzterer betonte die Wichtigkeit der Valutaregelung für das xöbn. namentlich mit Rücksicht auf den Verband der deutschen Eisenbahnen. Hinsichtlich der Werthrelation empfahl Hahn den entsprechenden Tagescurs, Jeitteles befürwortete die arbi⸗ träre Lösung der Frage durch die Gesetzgebung. Als Münz⸗ einbeit befürwortete Hahn den Halbgulden, Jeitteles den

den.

Gulhen der ungarischen Commission wurden gestern noch acht Erverten vernommen und dann die Enquete durch den Finanz⸗Minister Dr. Wekerle mit einer Ansprache geschlossen. Der Minister dankte darin den Mitgliedern der Commission für ihre höchst schätzbare, die Realisirung des angestrebten Werkes wesentlich fördernde Arbeit und hob als erfreuliches Moment die Uebereinstimmung bezüglich der wichtiasten Punkte hervor. Die Enquste habe sich ein⸗ hellig für die Goldwährung und für die möglichste Anlehnung des Werthverhältnisses an das bestehende, ohne ein entsprechendes Forrectiv auszuschließen sowie dafür ausgesprochen, daß die Annahme

Eisenbahnwen en,

der Hälfte des Guldens als Münzeinheit die größten Vorzüge habe, und endlich, daß an den Verkauf von Silber nicht zu denken sei. Bezüglich der Rolle, welche dem Silber zuzuweisen sei und bezüglich der Zulässigkeit der Ausgabe von Staatspapiergeld gingen die Mei⸗ nungen zwar auseinander, kamen jedoch darin überein, daß die Be⸗ dürjnise des Geldverkehrs bei Beträgen unter zehn Gulden österreichischer Währung mit Silber oder anderen Geldzeichen zu decken seiein. Die Enquête habe einstimmig die Beschaffung und die Erhaltung des Goldes für keine unüberwindbare Schwierigkeit ge⸗ halten. Schließlich sprach der Minister die zuversichtliche Hoffnung aus, die gepflogenen Berathungen würden einen praktischen Abschluß in der Legislative finden. Die Ansprache fand sehr lebhaften Beifall. Der frühere Finanz⸗Minister Szell dankte namens der Commission em Minister für seine Worte.

Großbritannien und Irland.

In der gestrigen Unterhaussitzung gab der Präsident des Handelsamts Hicks⸗Beach, dem „W. T. B.“ zufolge, die Erklärung ab: Die Regierung lege die Verträge mit Belgien und Deutschland dahin aus, daß die Vortheile, de England aus dem Vertragsverhältniß als meistbegünstigte Nation ziehe, sich auf alle britischen Colonien und Besitzungen erstrecen und daß die reducirten Tarife und Transiterleichte⸗ rungen, die jüngst von Belgien und Deutschland zugestanden wurden, auf Grund der Verträge jener beiden Länder mit England auch den britischen Colonien und Besitzungen zu gute kommen. Eine Zeitungsnachricht habe jüügst ge⸗ meldet, daß die deutsche Regierung dieser Ansicht ent⸗ sprechend verfahre, die englische Regierung haben jedoch keine officielle Information über diesen Punkt.

Die am 8. d. M. in Quebec (Canada) vorgenommenen Wahlen für die Legislatur der Provinz haben nach einem Kabeltelegramm des „R. B.“ aus Montreal für die liberale Partei die größte Niederlage ergeben, welche sie je bei einer canadischen Wahl erlitten hat. Den letzten Ausweisen zufolge waren in die 73 Mitglieder zählende Legislatur 52 Conservative, 17 Anhänger Mr. Mercier’s und 4 unabhängige Abgeordnete ge⸗ wählt worden. Gegen Mr. Mercier und andere Mitglieder des letzten Cabinets, welche durch die neuerlichen Enthüllungen bloßgestellt worden sind, wird, wie es in dem Telegramm weiter heißt, der General⸗Anwalt Verhaftsbefehle erlassen, und die Legislatur werde ihrerseits sofort nach dem Zusammentritt Schritte ergreifen, um Mr. Mercier aus der Kammer aus⸗ zuweisen.

Frankreich.

Der Präsident Carnot hat gestern, wie „W. T. B.“ be⸗ richtet, ein Decret unterzeichnet, wodurch die anläßlich des letten Strikes verurtheilten Droschkenkutscher begnadigt werden. Der Senat begann gestern die Berathung der Vorlage üͤber die Einrichtung der Universitäten, welche in Paris und einigen Provinzialstädten gegründet werden sollen.

In der Deputirtenkammer legte der Minister⸗Präsident Loubet den Budgetentwurf für 1893 vor. Der Depu⸗ tirte Reinach beantragte, daß ein Ministerium für die Colonien geschaffen werde, und verlangte für diesen Antrag die Dringlichkeit. Der Minister⸗Präsident erklärte, das Cabinet werde die von dem Ministerium Tirard befolgte Colonialpolitik fortsetzen und den Antrag Reinach prüfen, welcher einer ernsten Erwägung bedürfe. Die beantragte Dringlichkeit des Antrags Reinach wurde abgelehnt. Der von dem Deputirten Dreyfus gestellte Antrag, wonach der 22. September d. J. als 100 jähriger Gedenktag der Revolution gefeiert werden soll, wurde angenommen.

Der General⸗Procurator de Beaurepaire hat eine Verleumdungsklage gegen das Journal „Intran⸗ sigeant“ angestrengt. Der Grund hierfür ist ein von dem Blatte veröffentlichter Artikel, in welchem de Beaurepaire der Rechtsverweigerung beschuldigt wird.

Italien.

der Deputirtenkammer wurde gestern bei der Weiterberathung des richtiggestellten Budgets und zwar bei dem Etat des Justiz⸗Ministeriums von der Opposition eine Tagesordnung eingebracht, welche die Einstellung ge⸗ wisser, aus der Anwendung des Gesetzes über die Reduction 838 Präturen herrührenden Beträge in das Budget behufs Verbesserung der Verhältnisse des Richterstandes verlangt. Der Deputirte Zanardelli unterstützte diese Tagesordnung. Der Justiz⸗Minister vertheidigte dagegen die in dem Etat seines Ministeriums vorgenommenen Ersparnisse, welche mit dem erwähnten Gesetze nichts zu schaffen hätten. Pon der Kammer wurde schließlich der Etat des Justiz⸗ Ministeriums in der Fassung der Regierungsvorlage mit sehr großer Majorität genehmigt und die Tagesordnung der Oppo⸗ sition abgelehnt. In parlamentarischen Kreisen nimmt man der „Pol. Corr.“ zufolge an, daß die Berathung des berich⸗ iigten Budgets bis Ende der Woche dauern werde, sodaß die Abstimmung über die Vertrauensfrage noch am Sonnabend erfol⸗ gen dürfte; möglicherweise werde man aber dazu erst am nächsten Dienstag gelangen. Die Meinung überwiege, daß das Cabinet eine ansehnliche Mehrheit finden und die Volks⸗ vertretung der Politik, welche die Gesundung der italienischen Finanzen um jeden Preis anstrebt, ihre vorbehaltlose Zustim⸗ mung ertheilen 1

Spanien.

Der Senat hat in seiner gestrigen Sitzung das Han⸗ dels⸗Uebereinkommen mit den Vereinigten Staaten b““ v111A1A“;

Der König hat gestern, laut Meldung des „W. T. B.) aus Lissabon, den neuernannten deutschen Gesandten Grafen * empfangen, welcher sein Beglaubigungsschreiben über⸗ reichte.

8 B 2

D.

Luxemburg.

Wie die „Lrb. Ztg.“ vernimmt, beabsichtigt der Groß⸗ herzog, vorausgesetzt, daß die Witterung günstiger wird, in zwei oder drei Wochen nach Schloß Walferdingen zu kommen.

. Serbien.

In der gestrigen Sitzung der Skupschtina erklärte, wie „W. T. B.“ berichtet, in Beantwortung der Interpellation des Abg. Katics wegen Nichtsanctionirung der Abänderung der Geschäftsordnung anläßlich der Rehabilitirung Dragisa Stanojevics', der zu einer Freiheitsstrafe verurtheilt worden war, der Minister des Innern Gjaja: er habe seine Entlassung genommen, weil die Regentschaft eine bestimmte Antwort verweigert habe, obwohl die Angelegenheit von ihm dreimal urgirt worden sei.

In Abgeordnetenkreisen ist man der Ansicht, die unerwartete Demission Gjaja's dürfte eine Verzögerung in der Umbildung des Cabinets herbeiführen. Dem Ver⸗ nehmen nach begegnet die Reconstruction des Cabinets Schwierig⸗ keiten bei der Regentschaft.

Der ehemalige Metropolit Theodosius ist gestorben.

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Montenegro.

Der General⸗Gouverneur von Albanien Abdul Kerim Pascha ist laut Meldung des „W. T. B.“ gestern von dem Fürsten officiell empfangen worden und erhielt den Groß⸗ cordon des Danilo⸗Ordens. Abends fand zu Ehren des

[⸗Gouverneurs ein großes Diner statt.

Amerika. Zu E es deutschen Gesandter von Holleben fand gestern, wie dem „W. T. B.“ aus Washington ge⸗

meldet wird, bei dem Präsidenten Harrison ein Diner statt.

Afrika.

Ein Telegramm des „Standard“ aus Sansibar von gestern meldet: Gerüchtweise verlaute von dem Zusammen⸗ stoß einer Abtheilung Spahis der britischen Ostafrikanischen Gesellschaft mit Eingeborenen in Witu, wobei die indischen Truppen durch den an Zahl überlegenen Feind eine schwere Niederlage erlitten und die Eingeborenen ein Maxim⸗ geschütz erobert hätten.

Parlamentarische Nachrichten

Beiden Häusern des Landtags ist eine Denk⸗ schrift über den Kanal von Dortmund nach den Ems⸗ häfen zugegangen.

Die Budgetcommission des Hauses der Abgeord⸗ neten beantragt beim Plenum, von den einmaligen und außer⸗ ordentlichen Ausgaben des Ministeriums der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten für das Jahr vom 1. April 1892/93.

a. Kap. 14 Tit. 3 in folgender Fassung zu bewilligen:

Einmaliger Zuschuß von zehn Millionen zum Neubau des Domes in Berlin und einer Gruft für das preu⸗ ßische Königshaus, 1. Rate = 300 000 ,

b. folgenden Resolutionen die Zustimmung zu ertheilen:

I. Das Haus der Abgeordneten erklärt, daß die Bewilligung des Tit. 3 Kap. 14 der einmaligen Ausgaben des Etats des Ministeriums der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten in der Voraussetzung erfolgt, daß weitere Anforderungen aus Staatsmitteln, außer den im Etat für 1892/93 enthaltenen, für Zwecke des Dombaues in Berlin nicht ge⸗ stellt werden.

II. Das Haus der Abgeordneten nimmt Kenntniß von der Er⸗ klärung der Königlichen Staatsregierung, daß der Bau von einer der Königlichen Hausverwaltung untergeordneten Stelle als Bauherr übernommen wird.

In der Volksschulgesetzcommission des Haufes der Abgeordneten wurde heute die Berathung bei § 60 der Vorlage fortgesetzt. Die §§ 60 bis 64 handeln von der Kreis⸗Schul⸗ behörde, deren Einrichtung, Zuständigkeit und Geschäftskreis. In § 64 beantragt Abg. Freiherr von Huene (Centr.), den zweiten Absatz zu streichen, welcher lautet: „Dem Landrath liegt hauptsächlich die Erledi⸗ gung der äußern Angelegenheiten und die Besorgung der Bureaugeschäfte ob, dem Schulaufsichtsbeamten die Ueberwachung des inneren Dienst⸗ betriebes der Volksschulen“. Der Antragsteller führte aus, daß es sich empfehle, die bezüglichen Bestimmungen der Instruction des Ministers zu überlassen. Die Freiconservativen, Na⸗ tionalliberalen und Freisinnigen beantragten dagegen, dem § 64 folgenden dritten Absatz anzufügen: „Im Falle einer etwaigen Meinungsverschiedenheit zwischen den beiden Mitglie⸗ dern der Kreis⸗Schulbehörde entscheidet der Regierungs⸗Präsident.“ Nach längerer Debatte, an welcher sich die Abgg. Bartels (cons.), Dr. Enneccerus (nl.), Hansen (freicons.), Graf zu Limburg⸗ Stirum (cons.), Rickert (dfr.) und Freiherr von Zedlitz (freicons.) betheiligten, wurden die §§ 60 bis 62 mit unwesentlichen redactionellen Aenderungen angenommen. Bei § 64 wurde nach dem Vorschlag des Abg. Freiherrn von Huene Abs. 2 gestrichen und der von den drei Parteien neu beantragte Abs. 3 angenommen. In § 63 wurde sodann, einem Antrage des Abg. Dr. Enneccerus (nl.) entsprechend, der erste Satz folgendermaßen gefaßt: „Zur Beschluß⸗ fassung der Kreis⸗Schulbehörde ist erforderlich, daß der Landrath, der Kreis⸗Schulinspector und mindestens drei nicht ständige Mitglieder anwesend sind.“ (Bei Schluß des Blattes dauerte die Berathung fort.)

Kunst und Wissenschat.

Der Bergwerksingenieur Rolland hat, wie der „Wes. Z.“ mitgetheilt wird, der Akademie der Wissenschaften in Paris ein höchst bedeutsames Memorandum über das Vorkommen unter⸗ irdischer Wasser in der Sahara überreicht. Der Verfasser hat ganz speciell die Gegend zwischen dem Mzab und El⸗Goleah unter⸗ sucht. Auf Wunsch der Einwohner bezeichnet er die Stellen, wo die Brunnenschächte angelegt werden sollen, um mit Sicherheit das nöthige Wasser zu erhalten. Gegenwärtig bereitet Herr Rolland eine ergänzende Arbeit über El⸗Goleah und den Süden, also jene Gegend vor, in die sehr bald eine französische Colonne vorrücken wird. In der Wüste werden diese artesischen Brunnen wie die Wunder des Moses angestaunt und die Wüstenstämme sind angesichts solcher Wohlthaten leicht geneigt, sich der französischen Herrschaft zu unter⸗

werfen.

Der italienische Unterrichts⸗Minister hat den an⸗- gekündigten „Gesetzentwurf über die Erhaltung der Denkmäler von künstlerischem und geschichtlichem Werth“ nunmehr fertiggestellt. Der „Köln. Ztg.“ wird über den Inhalt der Vorlage aus Rom be⸗ richtet: Auf die Ausfuhr von Kunstwerken soll eine Abgabe von 15 % des Werthes gelegt werden, durch welche einestheils die Ent fremdung von Kunstwerken erschwert, anderntheils ein Fonds geschaffen werden soll, aus welchem künstlerische Erwerbung für den Staat gemacht werden können. In diesen Fon fließen auch die Eintrittsgelder der staatlichen Museen die Gebühren für photographische Vervielfältigung, die Erträg aus dem Verkauf von Stichen der Königlichen calco graphischen Anstalt und anderer Kunstwerke, sowie die Strafgelde wegen Zuwiderhandlungen gegen das neue Gesetz. Diese können von 50 bis zu 10 000 Lire steigen, gegebenenfalls kann au Beschlagnahme von Kunstwerken als Strafe erfolgen. Das Gesetz beseitigt das absolute Ausfuhrverbot auf Kunstdenkmäler und erkenn grundsätzlich das Recht des Privateigenthümers an, in jedem Falle seinen Kunstbesitz zu veräußern. Dem Staat wird jedoch ein Vor kaufsrecht eingeräumt und ihm die Befugniß beigelegt, die Ausfuhr bestimmter Kunstwerke für einen Zeitraum von fünf Jahren zu ver bieten. Diese Frist soll im gegebenen Falle dazu dienen, dem Staate die Erwerbung des betreffenden Gegenskandes zu ermöglichen. D Regierung stellt unter Zuziehung Sachverständiger ein Verzeichniß de jenigen Kunstwerke im Königreich Italien auf, welche als werthvoll Denkmäler im Sinne des Gesetzes zu betrachten sind. Ausgrabungs funde können ohne Erlaubniß der Regierung nicht veräußert werden auch bei ihnen genießt der Staat ein Vorkaufsrecht und eine Frist von acht Monaten, um gegebenenfalls vom Parlament di Bewilligung der zum Ankauf erforderlichen Summe zu erlangen Mit diesem neuen Gesetz würde das Edict Pacca abgeschafft werden auf die sideicommissarischen Galerien bezieht sich das Gesetz nicht, deo die Verhältnisse derselben durch das jüngst genehmig jalgesetz

vo9 „. „— geregelt sind.

Land⸗ und Forstwirthschaft. Stand der Saaten.

Im Regierungsbezirk Marienwerder hat das langandauernd milde Herbstwetter eine vollständige und gründliche Durchführung de Bestellungsarbeiten sowie auch eine sehr ausgiebige Förderung de Vorarbeiten für die kommende Frühjahrsbestellung ermöglicht. 1 anfänglich noch etwas schwachen Wintersaaten haben sich später gekräftigt, und ihr Stand kann gegenwärtig als ein recht guter bezeichne werden; sie haben bisher weder durch Kälte noch da der gefallen Schnee niemals lange liegen blieb durch Fäulniß gelitten. Der Weidegang des Viehs konnte sehr lange fortgesetzt und hierdurck eine nicht unbeträchtliche Ersparniß an Futtervorräthen erzielt werde

Aus dem Regierungsbezirk Oppeln wird berichtet: Die durch verspätete Ernte hinausgeschobenen landwirthschaftlichen Erdarbeiten un Meliorationen konnten noch bis Weihnachten fortgesetzt, und die Vor bereitungen für die Frühjahrsbestellung sowie die Herbstbestellung mit bestem Erfolg zu Ende geführt werden. Auch die Entwickelung der Saaten ist durch die milde Witterung so sehr begünstig worden, daß sie hinreichend gekräftigt waren, als im Janua eine längere Periode strengeren Frostes eintrat, dem die jungen Pflanz um so besser Widerstand geleistet haben, als sie mit einer hinreichenden Schneedecke versehen waren. Diese Schneedecke ist allerdings das Ende Januar eingetretene Thauwetter verschwunden, allein gleich⸗ zeitig mit dem später wieder auftretenden anfangs sehr milden Fros hat eine neue Decke die Saaten geschützt, sodaß in dieser Hinsig kein Grund zu Befürchtungen vorhanden ist. 1

Meliorationswesen.

Um das landwirthschaftliche Meliorationswesen, dessen Fort entwickelung vielfach aus Mangel an geecigneten technischen Kräften zurückgeblieben ist, rascher und wirksamer zu fördern, haben mehrere Kreisverwaltungen des Regierungsbezirks Marienwerder die Heran⸗ ziehung von Meliorationstechnikern (Wiesenbaumeistern), welche durch Zuschüsse aus Kreiscommunalmitteln zur Ansiedelung in Westpreußen bewogen werden sollen, in Aussicht genommen.

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Washington, 10. März. (W. T. B.) Dem Märzbericht des Ackerbau⸗Bureaus zufolge beträgt die im Besitz der Land⸗ wirthe befindliche Weizenmenge 171 Millionen Bushels, das heißt mehr als ein Viertel der Gesammternte. Der Gesammtbetrag der in Händen der Landwirthe befindlichen Maismenge wird auf 860 Millionen Bufhels, das heißt 42 % der Ernte geschätzt.

Verkehrs⸗-⸗Anstalten.

er Abgang der nächsten Post von Queenstown Japan und China über Vancouver ist vom 24. auf den 20. März vorgerückt worden.

Laut Telegramm aus Venlo, Bahnhof, ist die eng⸗ lische Post über Vlissingen ab London 9,20 Vorm. vom 10. d. M. ausgeblieben. Grund: Schneesturm im Kanal.

Bremen, 10. März. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd.

Der Schnelldampfer „Trave“ hat auf der Rückreise von New⸗York heute Morgen Lizard passirt. Der Schnelldampfer „Elbe“ ist gestern Nachmittag in New⸗York angekommen. **ꝗ9—11. März. (W. T. B.) Der Postdampfer „Gera', vom La Plata kommend, ist am 10. März, Vormittags, in Antwerpen an⸗ gekommen. Der Postdampfer „Graf Bismarck“ hat am 10. März, Vormittags, die Reise von Oporto nach Lissabon fortgesetzt.

Hamburg, 10. März. (W. T. B.) Hamburg⸗Ame⸗ rikanische Packetfahrt⸗Actiengesellschaft. Der Schnell⸗ dampfer „Augusta Victoria“ ist, von Hamburg kommend, heute Mittag in Smyrna eingetroffen.

11. März. (W. T. B.) Der Postdampfer „Scandia“ ist, von New⸗York kommend, heute Morgen auf der Elbe eingetroffen.

London, 10. März. (W. T. B.) Die Castle⸗Dampfer „Doune⸗Castle“ und „Grantully Castle“ sind gestern auf der Heimreise von Capetown abgegangen.

Jagd.

Aus dem Regierungsbezirk Oppeln wird geschrieben: Die Jagd hat durch den harten Winter 1890/91 derartig gelitten, daß besonders die Hasenjagden von vielen Jagdbesitzern in diesem Winter gänzlich eingestellt wurden. Bei andern ist das Erträgniß um die Hälfte bis drei Viertel und mehr geringer gewesen als sonst. Nur im Kreise Kosel sind auch in diesem Jahre gute Resultate zu verzeichnen ge⸗ wesen. Fasanen, Reh⸗ und Ro thwild scheinen weniger ge itten zu haben. Jedenfalls sind bei der großen Schonung, die den Jagden in diesem Jahre zu theil geworden ist, für die nächste Jagdzeit gute Resultate zu erwarten.

8 Mannigfaltiges.

Nach Allerhöchster Bestimmung Ihrer Majestät der Kaiserin und Königin findet die diesjährige Generalversammlung des Vaterländischen Frauen⸗Vereins am Dienstag, 5. April d. J., Vormittags 11 Uhr, in der Sing⸗Akademie statt. Die Vereinsmitglieder sind dazu eingeladen. Zur Legitimation beim Ein⸗ gange dient die Quittung über den gezahlten Vereinsbeitrag.

Am Sterbetage des Hochseligen Kaisers Wilhelm I. wurde die „Hohenzollern⸗Galerie’ von zwei Krieger⸗ und Arbeiter⸗

G somw ogßr 9 I 0 NMoes l vereinen, sowie von mehreren Schulen besucht. In der Vorhalle war das Standbild Wilhelm's I. mit feierlicher Trauerdecoration aus⸗ gestattet. v“ 3 .