Königlich sächsischer Bevollmächtigter zum Bundesrath Gesandter
Dr. Graf von Hohenthal: Der Vorredner habe gesagt, daß insofern eine Verl⸗ 8* des sächsischen Vereinsgesetzes vorliege, als der Zu⸗ sammenschluß der Kriegervereine von den Behörden gestattet oder ihm kein Hinderniß in den Weg gelegt worden sei. Das sei nicht richtig. Das sächsische Vereinsgesetz unterscheide nicht zwischen politischen und nichtpolitischen Vereinen, sondern zwischen Vereinen, die sich mit “ Angelegenheiten, und solchen, die sich nicht mit öffent⸗ lichen Angelegenheiten befaßten. Die sächsische Regierung habe die Kriegervereine als solche, die sich mit öffentlichen Angelegenheiten befaßten, unter das Vereinsgesetz gestellt. — 8
Die Wahlen der Abgg. Grumbt und Zangemeister werden für gültig erklärt. 8 — ““
Schluß 5 ½ Uhr.
Haus der Abgeordneten.
35. Sitzung vom Freitag, 18. März. Der Sitzung wohnen der Minister des Innern Herr⸗ furth, der Justiz⸗Minister Dr. von Schelling, der Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch, der Minister für Landwirthschaft ꝛec. von Heyden, der Finanz⸗ Minister Dr. Miquel und der Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen bei. .
Auf der Tagesordnung steht die dritte B des Staatshaushalts⸗Etats für 1892/93.
In der Generaldiscussion erklärt 8
Abg. Rickert (dfr.): Die gegenwärtigen Verhältnisse in unserem
Vaterlande enthielten zwar eine sehr starke Aufforderung, einen Blick auf die gesammte Finanzlage zu werfen. Er nehme aber heute davon Abstand, weil das Haus in der That dem Herrenhause die Rücksicht schuldig sei, daß der Etat möglichst schnell an dasselbe gelange. Er hoffe, er werde beim Volksschulgesetz hinreichend Gelegenheit haben, die gesammte innere Lage zu erörtern. Den düsteren Schilderungen, welche über unsere Finanzlage in der letzten Zeit in der Presse entworfen seien, würde er keinen Werth beilegen, wenn nicht selbst in hervorragenden Blättern die Vermuthung verbreitet wäre, daß diese Mittheilungen aus dem Finanz⸗Ministerium oder vom Minister persönlich ausgingen. Er persönlich habe gar keine Zweifel, daß dies unrichtig sei. Es werde behauptet, daß der Höhepunkt der “ Bewegung in Bezug auf die Finanzen noch keineswegs
erreicht sei; es werde ferner mitgetheilt, daß der Fehlbetrag, der im
laufenden Etat auf 24 Millionen veranschlagt worden sei, im nächsten Etatsjahr vielleicht 100 Millionen betragen werde, namentlich infolge des Rückganges der Eisenbahneinnahmen. Ihm fehle jede Grundlage, auf welcher diese Vermuthung aufgebaut sei; er möchte jedoch wissen, was an dieser scheinbar officiösen Nachricht Wahres sei. Vielleicht
könne ihm der Finanz⸗Minister heute bereits Auskunft geben, wie sich die Eisenbahneinnahmen gestalteten, und ferner, ob der Minister im Besitz auch nur einiger Zahlen über die Erträge aus der neuen Einkommensteuer sei.
Finanz⸗Minister Dr. Miquel:
Meine Herren! Ich werde die Fragen des Abg. Rickert, sowei mir dies im Augenblick möglich ist, beantworten. Was die Nachricht, wie sich die vermuthliche Finanzlage im nächstfolgenden Etatsjahre gestalten wird, betrifft, die der Herr Abgeordnete erwähnt hat, so kann ich auf das bestimmteste versichern, daß dieselbe weder einen officiellen noch irgend einen officiösen Charakter hat. Ich glaube, er hat dabei als Quelle wesentlich im Auge die „Berliner Politischen Nachrichten“, und ich kann versichern, daß die „Berliner Politischen Nachrichten“ irgend welche officiösen Nachrichten aus dem Finanz⸗Ministerium nicht bekommen haben, auch nicht diese und ähnliche bekommen haben. Daraus ergiebt sich von selbst schon, daß diese Bemerkungen in den Blättern lediglich Anschauungen der betreffenden Correspondenten sind, für welche ja natürlich kein Minister verantwortlich sein kann.
Was die Sache selbst betrifft, so sind wir ja eben im Begriff, den Etat für 1892/93 abzuschließen. Er wird allerdings, wie die Herren ja genügend wissen, in seinem schließlichen Ergebniß vorzugs⸗ weise, wie stets, von den Ergebnissen der Eisenbahnverwaltung ab⸗ hängen. Wie dieselben sich namentlich in den Einnahmen gestalten werden, kann gegenwärtig niemand bestimmt überseben. Dabei ist aber wohl in Berücksichtigung zu ziehen, daß selbst, wenn wir einer rückläufigen Bewegung in der Industrie entgegen gehen sollten, dies keineswegs in demselben Verhältniß auf die Größe des Verkehrs ein⸗ wirkt. Im Gegentheil, wir haben in Zeitpunkten, wo es der Industrie schlecht ging, wo die Preise sehr niedrig waren, eine Steigerung der Production und eine Erweiterung der Dimensionen, auf welche der Absatz sich ausdehnte, erlebt. Man wird also einigermaßen mit Sicher⸗ heit aus der gegenwärtigen allgemeinen Lage, die ja nicht sehr glänzend ist, eine rückläufige Bewegung der Einnahmen der Eisenbahnen nicht bestimmt ableiten können. Daß die Ausgaben in diesem Jahre er⸗ heblich höher veranschlagt sind, das haben Sachkenner in diesem Hause ja anerkannt, sie haben gemeint, zum ersten Mal in dem letzten Jahre seien die Ausgaben der Wirklichkeit entsprechend etatisirt. Also diese schwarzen Schilderungen und Befürchtungen werden diesseits keines⸗ wegs getheilt.
Meine Herren, wenn der Herr Abgeordnete nun weiter gefragt hat, ob ich Mittheilungen machen könne über das Ergebniß der Ein⸗ kommensteuerveranlagung, so bin ich zu meinem Bedauern nicht in der Lage, ein Gesammtbild in dieser Beziehung über das Gesammt⸗ ergebniß zu geben. Es sind die Behörden angewiesen, bis zum 20. März überschläglich das vorläufige Ergebniß vorbehaltlich der Beanstandungen, der Reclamationen, der Berufungen mitzutheilen. Diese Mittheilungen sind eben noch nicht eingegangen, ich fürchte auch, daß die Behörden nicht in der Lage sein werden, den ihnen gesetzten
ermin bis zum 20. d. M. streng inne zu halten. Es hat sich doch herausgestellt, daß die erste Veranlagung nach diesem neuen Steuer⸗ system so große Schwierigkeiten hervorgerufen hat, und die Behörden und Commissionen derart in Anspruch genommen sind, daß es ihnen nicht möglich sein wird, auf einige Tage rechtzeitig dieser Verfügung nachzukommen. Einige Nachrichten, die ich in den Zeitungen gelesen habe, sind irrig, und ich glaube, es hat kein Interesse, sie im einzelnen zu berichtigen. Das will ich nur sagen, wenn ich mir jetzt eine Mei⸗ nung in diesem Augenblick bilden soll über das Ergebniß der Ein⸗ kommensteuerveranlagung, so wird es nicht viel abweichen von jenen Vermuthungen, die ich schon bei Berathung des Gesetzes dem Herrn Abg. Richter gegenüber ausgesprochen habe. Ich will mir deswegen aber gar nicht eine besondere Prophetenqualität beilegen; aber es hat sich zufällig so gestaltet, daß ich glaube, wir werden annähernd auf diesen Betrag kommen, etwas darüber oder darunter, wie ich ihn schon damals als möglich bezeichnet habe.
Damit schließt die Generaldiscussion. In der Special⸗
iscussion werden die meisten Special⸗Etats ohne Debatte ge⸗
rathung
nehmigt. Eeügkent Beim Etat der Forst verwaltung erklärt
Abg. von Benda (nl.): Ihm seien vielfach Klagen über gen langsamen Fortgang der Aufforstung von Oedländereien zugegan⸗ den, er richte deshalb eine Anfrage nach dem Stande dieser An⸗ gelegenheit an den Minister. 1
Minister für Landwirthschaft ꝛec. von Heyden:
Der Herr Abg. von Benda hat bemerkt, daß ihm Klagen darüber zugegangen seien, daß mit der Aufforstung der staatlichen Oedlände⸗ reien nicht in dem Maße vorgegangen werde, wie es vom Standpunkt einer kräftigen Förderung dieser Angelegenheit erwünscht sei und hat von mir eine Auskunft darüber verlangt, ob die ihm zugegangenen Klagen begründet seien. Ich muß gestehen, daß ich mich in einiger Verlegenheit bei der Beantwortung dieser Frage befinde, weil ich die einzelnen Klagefälle nicht kenne und somit auf die gestellte Frage keine Antwort geben kann. Es wird ihm aber vielleicht genügen, wenn ich den gegenwärtigen Stand der Oedländerei⸗Aufforstung mittheile.
Vergleicht man das Jahr 1. Oktober 1891 mit dem Jahr 1881, so hat sich innerhalb dieser 10 Jahre der Besitz der Staats⸗Forstver⸗ waltung an unaufgeforsteten Oedländereien um 9720 ha vermehrt. Im ganzen befinden sich zur Zeit im Besitz der Staats⸗Forstverwal⸗ tung 29 870 ha, welche der Aufforstung noch bedürfen. Innerhalb dieses zehnjährigen Zeitraums sind zur Aufforstung angekauft 41 645 ha und aufgeforstet 34 623 ha. Also die Aufforstung der Oedländereien hat mit den Ankäufen nicht völlig gleichen Schritt halten können. Daraus ergiebt sich, daß zur Zeit diejenigen Fonds, welche in dem Etat zum Ankauf von Oedländereien bestimmt sind, in der Haupt⸗ sache zu Culturzwecken mit verwendet werden müssen, um die Auf⸗ forstung so kräftig wie möglich befördern zu können. Es unterliegt daher, wie ich bei früheren Gelegenheiten mir anzuführen erlaubt habe, keinem Zweifel, daß die Staats⸗Forstverwaltung vermehrte Mittel für diese Zwecke nur dankend annehmen kann. Ich habe bereits früher angedeutet, daß ich meinerseits mit derartigen Wünschen an den Herrn Finanz⸗Minister herantreten würde, und ich kann nur wiederholen und wünschen, daß die gesammte Finanzlage gestatten möge, daß im nächsten Jahre eine den Wünschen des Hrn. Abg. von Benda entsprechende höhere Summe im Etat erscheinen kann.
Meine Herren, da ich einmal veranlaßt bin, das Wort zu nehmen, möchte ich noch einen anderen Punkt berühren. Denjenigen Herren, welche sich für die preußische Staats⸗Forstverwaltung und speciell für die Forst⸗Akademie in Münden interessiren, ist bekannt, daß im vorigen Jahre ein Wechsel in der Leitung dieser Forst⸗ Akademie stattgefunden hat. Als ich mich dazu entschlossen habe, diesen Wechsel eintreten zu lassen, bin ich mir darüber klar gewesen, daß derselbe Anfechtungen begegnen würde. In geringem Maße sind ja auch Beurtheilungen und abfällige Kritiken in der Presse mir zu Gesicht gekommen; ich habe bisher über dieselben fortgehen können, zumal ich mich nicht wohl in der Presse in eine Discussion von Maß⸗ nahmen der Executive einlassen kann.
Heute in dieser Angelegenheit das Wort zu ergreifen, veranlaßt mich ein anonymer Artikel, welcher in den in München erscheinenden forstlichen Blättern im Februarheft enthalten ist. Dieser Artikel be⸗ spricht diese Angelegenheit, indem er zwei Mittheilungen voraus⸗ schickt, welche in den letzten Monaten in der „Kölnischen Zeitung“ erschienen sind; dann fährt er fort, indem er in eine selbständige
Würdigung des Wechsels in der Leitung der Forst⸗Akademie zu Münden
eintritt: Diese Veröffentlichungen der „Kölnischen Zeitung“ geben dem vor⸗ urtheilsfreien preußischen Fachmanne allerhand zu denken. Wir möchten die neue Ordensauszeichnung des Herrn Dr. Danckelmann geradezu als einen Beleg dafür ansehen, daß von Seiten des Herrn Ober⸗Landforstmeisters Donner gewünscht wird, die freie wissen⸗ schaftliche Forschung aus dem Forstwesen fernzuhalten.
Meine Herren, es ist mir vollständig unverständlich, wie man einen Allerhöchsten Gnadenact, der dem Herrn Dr. Dankelmann zu theil geworden ist, mit einer derartigen Unterstellung verbinden kann. Am liebsten würde ich den ganzen Artikel verlesen, um ihn Ihrer Kritik zu unterbreiten; dazu ist er aber zu lang.
Der Artikel enthält in den Schlußsätzen dann noch folgende auf den Anfang zurückgreifende Bemerkungen:
Der Fall Borggreve — d. h. also der von mir veranlaßte Wechsel
in der Leitung der Forst⸗Akademie Münden — ist ein Attentat auf
die Freiheit der forstwissenschaftlichen Forschung in Preußen. Zu diesem Resultat gelangt der Artikelschreiber, indem er den eingangs genannten Herrn Ober⸗Landforstmeister Donner wiederholt citirt durch folgende Darstellung: der frühere Leiter der Akademie Münden ist stets in der Wissenschaft thätig gewesen und befindet sich mit seinen Forschungen auf einem von der Staats⸗Forstverwaltung nicht überall getheilten Standpunkt; auch der Herr Ober⸗Landforstmeister Donner sei schriftstellerisch thätig gewesen. Der Herr Borggreve habe die schriftstellerischen Leistungen des Herrn Ober⸗Landforstmeisters Donner einer abfälligen Kritik unterzogen. Hieraus habe sich eine Mißstimmung des Herrn Ober⸗Landforstmeisters Donner gegen den Akademie⸗Director in Münden, Herrn Professor Borggreve entwickelt.
Es wird fortgefahren, indem man in bekannter Art, wenn man eine Niederträchtigkeit aussprechen will, den Sachverhalt dahingestellt sein läßt:
Wie weit dann das Verhältniß Donner’s zu seinem ehemaligen Lehrling und Assistenten Weise — dem jetzigen Akademie⸗Director — mitgewirkt haben könnte, wollen wir vorläufig unerörtert lassen, ebenso eine Vergleichung u. s. w. Es wird dann weiter ausgeführt: Der Herr Ober⸗Forstmeister Donner habe den Umstand, daß ich zu der Zeit, als die Entscheidung über diese Frage an mich herantrat, noch nicht lange im Amt gewesen sei und noch keine ausreichende Personenkenntniß gehabt habe, — benutzt, um unter falscher Darstellung der Verhältnisse, indem er einen an sich bedeutungslosen Vorfall an der Akademie zum Vorwand nahm, mir die Anordnung des Wechsels in der Leitung der Akademie gleich⸗ sam abzuringen.
Das vorgeführte Gesammtbild stellt sich somit folgendermaßen:
Der leitende Forstbeamte im Ministerium Herr Ober⸗Landforst⸗ meister Donner will die freie wissenschaftliche Forschung an der Akademie unterdrücken, weil sie seiner Auffassung entgegen ist und weil ihn der Director Borggreve beleidigt hat. Um gleichzeitig einen seiner Günstlinge in die Stellung des Akademie⸗Directors zu bringen, benutzt er einen nebensächlichen Vorfall, um mich bei meiner ungenügenden Kenntniß der Personen und Sachen zu einem Wechsel in der Leitung der Akademie zu bestimmen.
Eine Erörterung knüpft sich nur an folgende
Meine Herren, ich würde glauben, der Ehre des Hern Landforstmeisters Donner zu nahe zu treten, wenn ich eine weitere Kritik oder Besprechung dieser eigenthümlichen Darsteg. in den forstlichen Blättern eintreten wollte.
Ich habe meinerseits nur zu erklären, daß die volle Verantworte
des von mir veranlaßten Wechsels in der Leitung der Akademie Muünze mich allein trifft und daß diese Entschließung absolut nichts 8 8 hat mit der wissenschaftlichen Thätigkeit des früheren Directorz 8 vermag nicht einzusehen, welcher Grund für die preußische Shaat Forstverwaltung vorliegen sollte, der wissenschaftlichen Forschung z, Bereich der Forstwirthschaft irgendwie entgegenzutreten, da jeder * schritt auf diesem Gebiete ihren wirthschaftlichen Ergebnissen ragend zu gute kommen muß. — Ich bedaure, daß ich genöthi gewesen bin, diese Erklärung abgeben zu müssen. Auf eine Se Beurtheilung dieser anonymen schmachvollen Angriffe auf den 2 Ober⸗Landforstmeister Donner gehe ich meinerseits nicht ein. (Bravo
Abg. v. Schalscha (Centr.) empfiehlt dringend die Beschlenn⸗ gung der Aufforstung von Oedländereien und bezeichnet es als nah wendig, durch besondere Vorschriften die Aufforstung von Os. ländereien durch Private zu fördern. In der Provinz Posen hinderte z. B. die Taxvorschriften der Landschaft die Aufforstung, weil Far⸗ boden niedriger taxirt werde, als das geringwerthigste Ackerlant an 2g. vr Gerlich (reanf⸗ sEliest sich diesen Ausführunge
und empfiehlt, st des Privatmalbes zu “ “ Denasttag
Minister für Landwirthschaft ꝛc. von Heyden:
Wenn ich die beiden Herren Vorredner richtig verstanden habe so geht ihre Hauptbeschwerde dahin, daß an der Hand der jetzt 8 stehenden Gesetzgebung ein Privatwaldbesitzer nicht gehindert werden könne, seinen Wald zu verwüsten und neues Oedland zu schaffen. Meine Herren, ich glaube, die Consequenz würde sein, daß wir ein Gesetz ins Auge fassen müssen, das überhaupt die freie Disposition des Privatwaldbesitzers über seine Forsten so beschränkt, wie es in anderen Ländern — wenn ich nicht irre, in Mecklenburg oder Oester⸗ reich — der Fall ist. Meinestheils habe ich bisher einen derartiger Schritt nicht ins Auge gefaßt und habe auch Vorarbeiten zu einer der⸗ artigen Gesetzgebung nicht veranlaßt, weil ich mich noch nicht über⸗ zeugt habe, daß zu einem derartigen Eingriff in das Privateigenthum ein genügender Grund vorliegt, und ohne eine absolute Nöthigung glaube ich, sich auch die gesetzgebenden Körperschaften schwerlich dau verstehen würden, einen derartigen Schritt in das Privateigenthun zu machen.
Die andere Beschwerde des Herrn von Schalscha, daß lediglich den kleinen Rusticalen Aufforstungsprämien zur Aufforstung von Oe⸗ ländereien gegeben werden, und daß ein gleiches gegenüber großen Be⸗ sitzern nicht stattfindet, ist an sich richtig. Mit Rücksicht auf die zur Disposition stehenden geringen Fonds ist keine Möglichkeit gegeben, größeren Besitzern derartige Aufforstungsprämien zu geben. Von Gebiet der Melioration betrachtet, würde es auch nicht so sehr den Staate zukommen wie den Provinzialverbänden, hier helfend än⸗ zutreten. Ich glaube, daß auf diesem Gebiete die Provinzialverbände noch eine große Thätigkeit entwickeln können. Im übrigen glaube ich nicht, daß ich mit dem Gedanken, für größere Besitzer erhebliche Auf⸗ forstungsprämien zu erlangen, auf ein großes Entgegenkommen bei dem Herrn Finanz⸗Minister zu rechnen haben würde.
Bezüglich der Abänderung der Taxprincipien der Landschaft in Posen, welche ferner von Seiten des Herrn von Schalscha angeregt ist, muß ich dahin gestellt sein lassen, ob die Anführungen, die er gemacht hat, in allen Theilen richtig sind. Mir ist nicht bekannt, ch eitens meines Herrn Vorgängers infolge der angeblich früher gegebenen Anregung in der Richtung derselben Schritte geschehen sind. Ich glaube auch heute, wie bei den früheren Anregungen des Hern den Schalscha, abwarten zu sollen, ob die Nächstbetheiligten — das ist de Posensche Landschaft — Veranlassung nehmen werden, ihrerseits anf eine Revision der Taxprincipien Bedacht zu nehmen. Octroyiren kan ich den Herren so etwas nicht, sondern die Herren müssen selbst be⸗ schließen, was in ihrem Interesse liegt.
Abg. Auffafsung des Abg. von Schalscha von den Vorschriften der Posener Landschaft.
Abg. Knebel (nl.) hält die Eingriffe der Gesetzgebung zmr Erhaltung der Schutzwaldung für nöthig, im übrigen aber müsse Wald ebenso wie jedes andere Privateigenthum unbehelligt bleiben.
Abg. Mooren (Centr.) empfieht, bei der Ablösung von Fors⸗ servituten weniger fiscalisch zu verfahren.
Bei dem Etat der directen Steuern fragt .
Abg. Dr. Sattler (nl.), wann der Gesetzentwurf über die Entschädigung der Standesherren für die Aufhebung der Steuerfreibet dem Hause zugehen werde. 8
Finanz⸗Minister Dr. Miquel: Ich kann die Frage dahin beantworten, daß ich hoffe, den Gese⸗ entwurf in den nächsten Tagen dem hohen Hause vorlegen zu können
Beim Etat der Berg⸗, Hütten⸗ und Salinen⸗ verwaltung führt
Abg. Letocha (Centr.) entgegen den Bemerkungen verschiedener Redner bei der zweiten Lesung aus, daß durch die Steigerung da Kohlenpreise die Eisenindustrie in Oberschlesien sehr erheblich ge⸗ schädigt sei, namentlich auch, weil die Zollermäßigung gegen Heste⸗ reich üh eine Steigerung der österreichischen Concurrenz hervorgeruer habe. Redner empfiehlt dann eine bessere Wasserversorgung für Ober⸗ schlecten. da die Wasserverhältnisse durch den Bergbau sehr ver⸗ schlechtert seien. 1u 3
Abg. Szmulg (Centr.) schließt sich diesen Ausführungen un⸗ Es seien zahlreiche Arbeiter entlassen worden. Man spreche auch 198 der Entlassung der polnischen Arbeiter im Westen, die dann nan ihrer Heimath zurückkehren würden. Die Regierung solle daraug e dacht sein, daß nicht ein Nothstand entstehe. Es herrsche in Ober⸗ schlesien nicht nur Wassermangel, sondern geradezu Wassernoth. 85 Regierung als Besitzerin der Königs⸗ und Königin Luisengrube habe die erste Veranlassung zu helfen, da durch den Kohlenbergbau 5 Bewohnern das Wasser entzogen werde. Schließlich empfieble Redner eine Aufbesserung der Lage der Knappschaftsinvaliden.
e für Handel und Gewerbe Freiherr von Ber lepsch:
Meine Herren! Von den Ausführungen des Herrn Vorredner⸗ soweit sie die Wasserverhältnisse in Oberschlesien betreffen, kann 8 eigentlich nur das für richtig anerkennen, daß in der That der Zustand, in dem sich der dortige Industriebezirk in Bezug auf das Vorhanden sein von brauchbarem Wasser befindet, nicht unbedenklich ist, und daß es die Aufgabe der Staatsregierung ist, nach Kräften darauf hinm⸗ wirken, diesem Zustande ein Ende zu machen. Für unrichtig aber 8 ich seine Ausführungen erklären, wenn er behauptet, daß eine v⸗ pflichtung der Königlichen Staatsregierung dafür vorliegt, 1 schlesischen Industriebezirken aus und 1
von Tiedemann⸗Bomst (freicons.) widerspricht da
1680 ℳ gestanden; es ist keine Preiserhöhung eingetreten.
1 oß * — Kohlenpreise geholfen werden
sser uzuführen. Das liegt in diesen Fällen ebenso wenig vor, wie 2 8. Verpflichtung des Fiscus construiren kann, anderen großen nan die cntten das Wasser zuzuführen. Diese Verpflichtung ist nur ründet, wo eine Wasserentziehung durch die fiscalischen Gruben b eE hat. Dieser Fall liegt höchstens für Zabrze und für brncewi von Königshütte vor; der ganze übrige Industriebezirk ist cin Königlichen Gruben überhaupt nicht berührt, und die meisten Fälle, die der Herr Vorredner angeführt hat, fallen in die Kategorie der⸗ migen Ortschaften, denen der Fiscus das Wasser nicht entzieht. Da⸗ 8 vehärt insbesondere der Fall, den er speciell erwähnt hat, wo einer See gegenüber gesagt sein soll, nachdem sie sich beschwerte, daß se zu wenig Wasser bekäme: sie würde, wenn sie den vorgelegten Vertrag nicht annähme, auch das bisherige Wasserquantum nicht be⸗ Falten können. Dieser Gemeinde gegenüber eristirt eine Verpflichtung des Fiscus, ihr Wasser zu verschaffen, nicht, der Fiscus giebt ihr völlig miwillig das Wasser ab. ““ Ich erkenne sehr gern an, daß es die Aufgabe der Bergwerks⸗ verwaltung ist, nach Möglichkeit, ohne daß ihr unverhältnißmäßige Kosten dadurch entstehen, den nothleidenden Gemeinden Wasser zuzu⸗ ühren; eine Verpflichtnng existirt aber nur da, wo eine Wasserent⸗ jehung stattgefunden hat. b ** Nun hat der Herr Vorredner gemeint, daß ein Bohrloch, welches sehr erhebliches Wasser giebt und dem Herzog von Ujest gehört, ge⸗ wissermaßen mit Beschlag für die fiscalische Wasserversorgung belegt sei. Meine Herren, auch das ist unrichtig. Es ist allerdings von dem Ober⸗Bergamt in Breslau eine Verordnung erlassen, wonach ein so⸗ wnannter Schutzbezirk für dieses Bohrloch etablirt worden ist. Es können augenblicklich Bergarbeiten dort nicht vorgenommen werden, die zur Folge haben könnten, daß der Wasserzufluß aus diesem Bohr⸗ loch aufhört. Der Grund dieser Anordnung liegt aber keineswegs im Fscalischen Interesse, sondern er liegt ausschließlich im Interesse des ganzen oberschlesischen Industriebezirks, wobei der Fiscus allerdings acch betheiligt ist. Wäre bei der Wasserversorgungsfrage der Fiscus allein betheiligt, würde er nicht den Weg der Wasserversorgung aus dem hier in Frage stehenden Bohrloch wählen, sondern er würde sich sein Wasser aus der Friedrichsgrube bei Tarnowitz holen, wo er es in ausreichendem Maße für seine Zwecke bekommen würde, und würde des Bezuges vollständig sicher sein. Er würde also die Unanehmlich⸗ ziten nicht haben, die daraus erwachsen, daß man aus einer in fremdem Besitz befindlichen Stelle Wasser entnimmt. Für seine Interessen rürde der Wasserbezug aus der Friedrichsgrube bei Tarnowitz jeden⸗ alls zweckmäßiger, sachlicher und einfacher sein, wie der Bezug aus dem Bohrloch bei Sawada im Gleiwitzer Kreise. Es ist ganz außer Zweifel, daß hier nur ein allgemeines, öffentliches Interesse, das der Wasserversorgung des oberschlesischen Industriebezirks, die Grundlage ür die Anordnung des Ober⸗Bergamts Breslau gewesen ist. 8 Der Herr Vorredner ist nun der Meinung, daß man einerseits fremden Besitz aus fiscalischem Interesse störe, — was ich bereits zu widerlegen versucht habe —, daß aber andererseits absolut in dieser Frage nichts geschehe. Es haben vor ganz kurzer Zeit in Breslau commissarische Verhandlungen stattgefunden, die, wie ich hoffe, die Ausführung der Wasserversorgung für den oberschlesischen Industrie⸗ bezick oder doch denjenigen Theil desselben, der ganz besonders drin⸗ gend derselben bedarf, vorwärts bringen werden. Es hat eine Ver⸗ ständigung der betheiligten Behörden stattgefunden, und es ist jetzt zu wünschen, daß auch die betheiligten Gemeinden und Kreise den auf sie entfallenden Kostenantheil für ihre Wasserversorgung übernehmen
werden, der nicht sehr erheblich ist. Wenn das stattfinden wird, wird
der Ausführung dieser Wasserversorgung nichts mehr im Wege stehen.
Das Project ist vollständig ausgearbeitet und liegt der Staatsregierung fertig vor. Ich muß also bestreiten, daß seitens der Königlichen Staatsregierung in dieser Beziehung nichts geschehen ist.
Was nun die Frage der Ermäßigung der Kohlenpreise anlangt,
die von beiden Vorrednern gestreift worden ist, so gestatte ich mir noch⸗
mals, das kurz zu wiederholen, was ich bereits in der zweiten Lesung gesagt habe, daß der Fiscus sich an einer Preistreiberei nicht betheiligt hat, und die Anführung, daß ein Steigern der Kohlenpreise auf fisca⸗
licchen oberschlesischen Kohlengruben in der letzten Zeit stattgefunden
abe, ist nicht zutreffend. Ich bin in der Lage, Ihnen für die beiden
Gruben die betreffenden Preise mitzutheilen und zwar für alle Sorten
— der Kürze wegen greife ich einige derselben heraus — ich bin aber bereit, jedem der Herren das Verzeichniß zur Einsicht vorzulegen. — Bei den Stückkohlen der Königl. Luisengrube hat seit dem Februar 1890 eine Preissteigerung nicht stattgefunden. Es findet alljährlich eine Preissteigerung statt für den Winterbedarf: der steht immer höher wie der Sommerbedarf; es ist das aber eine allgemeine Erscheinung, die naturgemäß auch 1890 und 1891 stattgefunden hat. Die Kohlen⸗ preise standen in beiden Jahren für Stückkohlen im Sommer auf 850 ℳ, im Winter auf 9 ℳ, und die meisten Preise für dieses Jahr gehen über diese Preise nicht hinaus. Bei der Würfelkohle liegt es tbenso. Die Förderkohle hat vom Februar 1890 bis heute immer auf Dasselbe vifft für die Kleinkohle zu; sie hat auf 6 ℳ gestanden seit dem Februar 1890. Meine Herren, ich möchte Sie nicht ermüden; es trifft diese selbe Behauptung für alle Kohlensorten der beiden in Frage stehenden fiscalischen Gruben zu; seit Anfang des Jahres 1890 hat eine Preissteigerung in keiner Weise stattgefunden.
Nun sind die Herren der Meinung gewesen — das möchte ich wenigstens aus ihren Anführungen schließen —, daß der Fiscus mit einer Preisherabsetzung vorgehen müsse, wenn die Industrie derartig nothleidend sei, wie das der Fall sei. Ich erkenne an, wenn wirklich eine Industrie so nothleidend ist, daß ihr nur durch Erniedrigung der 1 kann, daß dann in der That für die fiscalische Verwaltung eine Ursache vorliegt, die Preise zu erniedrigen, wenn sie zu der Ueberzeugung kommt, daß durch diese Preisherab⸗ sezung der Industrie der Nutzen zu Theil wird, den sie davon er⸗ wartet.
Mieiinee Herren, gestatten Sie mir, einen Fall vorzuführen von einem Werke, welches besonders lebhaft auf Ermäßigung der Kohlen⸗ preise drängt, und zwar schon seit längerer Zeit. Das erste Anliegen n uns im Frühjahr 1891 von diesem betreffenden Eisenwerk ge⸗ 1 wurde verlangt, daß eine Preisermäßigung der Haupt, ü8 8 8 dieses Eisenwerks, der Griesflammkohle, 2. ℳ sich für 88 vorgenommen werden sollte. Die Preise von; wil en Kohle sind unserer Auffassung nach nicht hoch. Ich bereitz j g2 daß der Tagespreis für dieselbe 4 ℳ beträgt und daß 3,20 ’. eege des Vertrags diesem Werk eine Ermäßigung auf
zugestanden worden ist, während für große Abnehmer, die
8
Kohlen im Betrage von 50 000 t und mehr beziehen, nur 3,60 ℳ concedirt worden war. Es war also pro Tonne ein Preis von 40 ℳ auf Grund besonderer Verhältnisse für dieses Eisenwerk concedirt worden. Wenn wir nun der Forderung auf eine weitere Preis⸗ ermäßigung — sie richtet sich jetzt dahin, daß pro Centner 2 Pf. ermäßigt werde — nachgeben, so würde das auf ein halbes Jahr, auf welche Dauer die Verträge in der Regel abgeschlossen werden, einen Gewinn für dieses Werk ergeben von 13 500 ℳ Nun frage ich, meine Herren: gegenüber einem großen Eisenwerke, welches in den vorhergehenden Betriebsjahren 18, 14 und 10 % Dividende gegeben hat — was spielt denn einem solchen gegenüber eine Preis⸗ ermäßigung, die sich in einem halben Jahre auf 13 500 ℳ beläuft, für eine Rolle?
Ich bitte ferner zu berücksichtigen oder sich danach zu erkundigen, was denn an Generalkosten bei einem solchen großen Eisenwerk ver⸗ braucht werden, ob denn da nicht eine Ermäßigung möglich ist, bevor man verlangt, daß der Verkaufspreis für die Kohlen erniedrigt wird. Ich will hier keine Zahlen nennen, aber nach meiner bestimmten Ueber⸗ zeugung steht das fest, daß die Erträge, die man durch eine Ermäßigung der Generalunkosten, durch eine Ermäßigung der Tantiémen gewinnen könnte, sehr viel erheblicher sind, als der Gewinn, der gemacht wird, wenn der Fiskus mit einer Preisermäßigung der Kohlen von 2 ₰ pro Centner vorgeht. Meine Herren, das sind doch Dinge, die wir uns überlegen müssen. Wenn ich die Ueberzeugung habe, daß ich durch eine Preisermäßigung, die mich nicht zwingt, unter die Selbstkosten zu gehen, wirklich ein Werk erhalten kann, dann bin ich auch heute noch dazu bereit. So lange ich diese Ueberzeugung aber nicht habe, so lange ich annehmen muß, daß durch eine solche Preisreduction sich nur eine Verschiebung aus der Tasche des Fiskus in die Tasche der Actionäre eines Eisenwerks vollzieht, so lange kann ich wirklich nicht zu der geforderten Preisermäßigung mich entschließen. Denn ich bitte zu berücksichtigen: wir können doch nicht auf die Dauer nur einem Werke gegenüber eine Preisermäßigung eintreten lassen; wenn wir einmal mit Preisermäßigungen vorgehen, so ergiebt das eine Preis⸗ reduction für sämmtliche Kohlensorten und Kohlenwerke, und wenn wir eine Preisreduction von 2 ₰ pro Centner im Durchschnitt nach⸗ geben, so ergiebt das einen Jahresausfall von ungefähr 700 000 ℳ Das sind doch auch Dinge, die einigermaßen in Erwägung zu ziehen sind. Aber ich wiederhole: ich bin bereit, sobald ich wirklich die Ueber⸗ zeugung habe, daß durch eine Preisermäßigung die Lebensfähigkeit der Eisenindustrie erhalten bleibt, durch eine Preisermäßigung, die nicht unter die Selbstkosten steht, die mich nicht zwingt, die Löhne unserer fiscalischen Arbeiter zu erniedrigen, bin ich bereit, darauf einzugehen, und wenn solche Anträge kommen, werden sie immer daraufhin ge⸗ prüft werden.
Aber, meine Herren, das muß ich doch auf der andern Seite festhalten: wir sind nicht in der Lage, solange wir solche großen Be⸗ triebe führen, uns für die Preisgestaltung an etwas Anderes zu halten als an die Marktlage. Gehen wir einmal von dieser Basis ab, so kommen wir in ein System von Schwankungen und Ungerechtigkeiten, das wir gar nicht verantworten können. Wir müssen dann jedes ein⸗ zelne Werk auf seine Einnahme, auf seine Tantièmen, auf seine Divi⸗ denden, auf die Löhne, auf das Gehalt seiner Directoren hin unter⸗ suchen und müssen uns fragen: ist die Lage dieses einzelnen Werkes wirklich so gestaltet, daß wir mit unseren Preisen heruntergehen müssen? Sowie ich das Einem gebe, kommen sie Alle, dann kommt nicht bloß die Eisenindustrie: es kommt die Zuckerindustrie, es kommen alle andern Kohlen consumirenden Industrien und verlangen, daß ihnen der Preisnachlaß nicht abgeschlagen werde, der anderen gegeben ist. Wir beginnen mit der geforderten Preisermäßigung einen all⸗ gemeinen Preissturz auf den oberschlesischen Gruben. Aber, wie gesagt, ich würde auch das nicht scheuen, aber ich verlange, daß mir der Be⸗ weis geführt wird, daß ich wirklich den Nutzen damit leiste, den die Eisenwerke davon erhoffen, und diese Ueberzeugung habe ich nicht. Ich bin bereit, von der Marktlage, die mir die Regel sein muß, ab⸗ zugehen, wenn ich die Eisenindustrie in ihrer Leistungsfähigkeit dadurch erhalte. Dabei muß ich die Einschränkung machen, daß wir nicht versuchen dürfen, die Produetion der Eisenindustrie auf der Höhe zu erhalten, die sie in den günstigsten Jahren hat; das ist eine Zu⸗ muthung, die ganz ungesund ist, denn wir würden dazu beitragen, die Ueberproduction ständig zu vermehren. (Bravo!)
Abg. Dasbach (Centr.) befürwortet die Aufrechterhaltung und die Erhöhung der Löhne der Bergarbeiter im Saarbrücker Bezirk. Auch die Leute solle man bedenken, welche im Dienst der Bergwerke invalide geworden seien. Die Beschwerden der Arbeiter über die Nicht⸗ berechnung der geförderten Kohlen, welche unrein seien, hätten immer noch nicht aufgehört.
Abg. Szmula (Centr): Nicht bloß für die Eisenindustrie, sondern für die gesammte Industrie wolle seine Partei, eine Er⸗ mäßigung der Kohlenpreise herbeiführen; denn alle Industrien litten unter den hohen Preisen. Redner geht dann noch einmal auf die Frage der Wasserversorgung ein und bedauert, daß das Bohrloch von Sawada beschlagnahmt sei, trotzdem man darauf habe verzichten wollen. Redner bittet ferner um Auskunft, was zur Aufrechterhaltung der Sittlichkeit in den Schlafhäusern für Bergleute geschehen sei.
Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch:
Der Herr Vorredner hat bemerkt, daß er doch nicht recht ver⸗ stehe, warum, wenn das Bohrloch bei Zawada als Wasserquelle für die Versorgung Oberschlesiens aufgegeben sei, man dann die Beschlag⸗ nahme desselben aufrecht erhält. Es ist mir nicht in den Sinn ge⸗ kommen, zu sagen, daß dieses Bohrloch aufgegeben sei. Im Gegen⸗ theil, ich habe ausdrücklich ausgeführt, daß, wenn es sich nur um die Versorgung der fiscalischen Gruben handle, wir auf dieses Bohrloch verzichten und anderswo Wasser holen würden. Da es sich nicht um die Versorgung der fiscalischen Gruben, sondern um die Ver⸗ sorgung des oberschlesischen Judustriebezirks handle, müßten wir das Bohrloch festhalten. Ich habe also gerade das Gegentheil gesagt von dem, was der Herr Vorredner mir imputirt, und damit fällt auch ein großer Theil seiner Ausführungen.
Er ist wirklich über manche Dinge nicht recht informirt. Er hat z. B. behauptet, daß die Stadt Gleiwitz verzichtet habe, eine Wasserleitung aus dem Brunnen von Zawada herzustellen, sie wolle sich aus der Clodnitz versorgen. Das ist durchaus nicht der Fall. Die Stadt will gar nicht darauf verzichten, sie hat heute noch die Intention, sich mit ihrem Wasser aus dem Bohrloch zu versorgen, sie will sich nur nicht an die allgemeine Wasserleitung anschließen, sondern eine eigene anlegen. Auf seine Ausführungen, betreffend die Verhältnisse in den Schlafhäusern in Oberschlesien, bin ich zu meinem Bedauern augenblicklich nicht in der Lage, zu antworten. Ich glaube, er hat
sich überhaupt nicht an das Bergwerks⸗Ministerium gewendet, ich weiß auch gar nicht, ob es sich um fiscalische Schlafhäuser handelt, oder um private. Ich bin nicht in der Lage, auf seine Bemerkungen ein⸗ zugehen.
Nun möchte ich mir noch gestatten, auf die Ausführungen des Herrn Abg. Dasbach Einiges zu erwidern. Der Herr Abgeordnet hat die Hoffnung ausgesprochen, daß es möglich sein werde, die Löhne auf den Saarbrücker Gruben auf ihrer jetzigen Höhe zu erhalten, und daß nur in der äußersten Nothlage davon seitens der Verwaltung ab gegangen wird. Er hat den Wunsch ausgesprochen, daß die wohl wollenden Intentionen, die seitens meiner Person für die Bergleut hier ausgesprochen sind, auch weiter an die Localbehörden gegeben werden. Daß diese wohlwollenden Intentionen von der Central behörde auffdie Localbehörden sich übertragen, ist außer jedem Zweifel Ich muß aber bestreiten, daß dazu eine Anordnung nöthig ist. Nach meiner genauen Kenntniß der Verhältnisse sind die Saarbrücker Berg behörden gegenüber ihren Arbeitern genau von denselben wohlwollenden Intentionen erfüllt wie die Centralverwaltung. Daß sie nicht alle Wünsche befriedigen können, ist selbstverständlich, daß sie unter Umständen auch Strenge walten lassen müssen, das, meine Herren liegt allerdings der localen Verwaltung viel mehr ob wie der Central verwaltung. Solange sie das zulässige Maß nicht überschreitet, solang sie nicht Dinge thut, die unrecht sind, kann ich sie darum nicht tadeln und ich möchte an den Herrn Abgeordneten die Bitte richten, in jeden einzelnen Falle doch genau zu untersuchen, ob er wirklich in der Lag ist, der localen Verwaltung eine Vernachlässigung der wohlwollenden Intentionen vorwerfen zu können. Meine Herren, ich meine, es ist alle Veranlassung, die Autorität der localen Verwaltungen, die einen außerordentlich schweren Stand augenblicklich haben, mit allen Mitteln zu stützen (sehr richtig!), und dazu gehört, daß man ihnen Vertrauen entgegenbringt und daß man in den Fällen, wo hin und wieder einmal vorbeigegriffen ist — daß das geschehen kann, be streite ich nicht — die Beschwerdeführer zunächst darauf verweist, an diejenige Behörde sich zu wenden, die ihnen am nächsten steht. Im übrigen steht mein Ministerium jeder berechtigten Beschwerde offen. Es wird jede Beschwerde auf ihre Richtigkeit untersucht. Aber das muß ich erklären: bevor nicht die Localbehörden gesprochen haben, werde ich meinerseits mich niemals auf die Entscheidung einer Beschwerde seitens der Bergleute einlassen können. Ich habe mir gestattet, diesen Grundsatz den Bergleuten mittheilen zu lassen; er ist Ihnen bekannt, und ich kann nur sagen, daß in der letzten Zeit auch seitens der Berg⸗ leute immer nach diesem Grundsatz verfahren worden ist. Es ist eine directe Beschwerde an mich nur in ganz vereinzelten Fällen gekommen, wesentlich nur dann, wenn es sich um große Fragen der Gesetzgebung und um allgemeine Verhältnisse der dortigen Bergarbeiter gehandelt hat. Auf diese heute einzugehen, ist meines Erachtens nicht angezeigt. Wir werden ja Gelegenheit haben, wenn wir die Novelle zum Berg⸗ gesetz, die dem hohen Hause in den nächsten Tagen zugehen wird, berathen, über sie uns des Näheren zu unterhalten. b hat der Herr Abgeordnete bemerkt, zelnen Fällen Lohnreductionen stattgefunden hätten, die vielleicht noch nicht nothwendig gewesen wären. Meine Herren, ich bin heute nicht in der Lage, zu beurtheilen, ob die Behauptung zutreffend ist; aber Eines möchte ich doch erwähnen: es ist ein allseitig von den Bergleuten geäußerter Wunsch, daß die Löhne in den Saarbrücker Gruben möglichst gleichmäßig gestaltet werden möchten. Es war das einer der ersten Punkte, die sie bei dem großen Ausstand des Jahres 1889 vorgebracht haben. Diesem Wunsche ent⸗ gegen sind, wie mir bekannt, an einzelnen Stellen heute die Löhne erheblich höher als an anderen, und wenn versucht wird, dort auf das Niveau zurückzukommen, was im übrigen für die Löhne unserer Grubenarbeiter in Saarbrücken gilt, so kann ich darin an sich noch kein Unrecht sehen. Es wäre nur dann ein Unrecht, wenn das allge⸗ meine Lohnniveau in Saarbrücken ein solches wäre, daß es für die Bergarbeiter unzureichend ist. Nun hat der Herr Abgeordnete selbst schon anerkannt, daß die Löhne zur Zeit nicht unbefriedigende genannt werden können. Ich bin der Meinung, sie können sehr befriedigende genannt werden. (Sehr richtig!) Ich habe bereits erklärt: ich halte sie nicht für zu hoch. Ich bin der Meinung, daß ein Bergmann im allgemeinen einen höheren Lohn bean⸗ spruchen kann, wie andere Industriearbeiter. Kaum eine andere Be⸗ schäftigung ist mit so vielen Gefahren verknüpft wie der Bergbau. Sie rechtfertigen es durchaus, daß im allgemeinen sein Lohnniveau höher steht, wie das eines anderen industriellen Arbeiters. Nun, meine Herren, sind zur Beurtheilung der Frage, wie die Lohn⸗ verhältnisse liegen, selbstverständlich nur die allgemeinen Durch⸗ schnittsgahlen maßgebend; und da stellt sich die Sache in Saarbrücken folgendermaßen. Im Jahre 1888 betrug das Jahresdurchschnittsverdienst eines Hauers oder Schleppers, also eines unterirdisch beschäftigten Bergarbeiters 885 ℳ, das Jahresarbeitsver⸗ dienst eines sonst unterirdisch beschäftigten Arbeiters 785 ℳ, und das der über Tage beschäftigten Arbeiter einschließlich der jugendlichen und weiblichen 711 ℳ Im Jahre 1889 stellen sich die drei Zahlen auf 976, 879, 798. Im Jahre 1890 stellen sie sich auf 1180 (hört! hört!), 1013, 906, und im Jahre 1891 auf 1212 (hört! hört!), in der zweiten Kategorie auf 1018 und in der dritten auf 908 ℳ
Meine Herren, ich wiederhole, meiner Ueberzeugung nach sind das reichliche Löhne, ich halte sie aber nicht für zu hoch mit Rücksicht auf die besonderen Gefahren, denen die Bergarbeiter beim Betriebe unter⸗ liegen. Aber das, glaube ich, wird gesagt werden können, daß die fiscalische Verwaltung ihrer Verpflichtung, die Löhne der Arbeiter so günstig zu gestalten als möglich, auch im vollsten Maße nach⸗ gekommen ist.
Der Herr Vorredner hat darauf hingewiesen, daß eine Reihe von Knappschaftsinvaliden, wenn ich ihn recht verstanden habe, zwar in dankenswerther Weise noch auf den Gruben Beschäftigung fänden, daß es aber vielleicht angezeigt sei, ihre Löhne, die sich jetzt auf 2,90 bis 3 ℳ beliefen, zu erhöhen. Meine Herren, dieser Schichtlohn ist an und für sich doch nicht gering, wenn ich bedenke, daß ich einen Arbeiter vor mir habe, der nicht mehr voll leistungsfähig ist, er wird auch nicht unter Tage beschäftigt, also das Moment der außer⸗ ordentlichen Gefahr fällt fort. Ein invalider Arbeiter, der täglich 2,90 — 3,00 ℳ bezieht, befindet sich nicht in einer schlechten Situation; denn außer diesem nicht niedrigen Schichtlohn bezieht er noch die Knappschaftspension. Ich bin jetzt nicht in der Lage, die Zahlen zu prüfen, wenn aber das Material, welches der Herr Vorredner selbst anführt, richtig ist, so möchte ich der Meinung sein, es liegt keine Veranlassung für die Bergwerks⸗
Nun daß in ein⸗
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