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Abgereist:
Seine Excellenz der General⸗Feldmarschall Graf von Blumenthal, General⸗Inspecteur der vierten Armee⸗In⸗ spection und Chef des Reitenden Feldjäger⸗Corps, mit längerem Urlaub nach Italien. 1““
ichtamtliches.
Deutsches Reich. 8 b Preußen. Berlin, 21. März. Seine Majestät der Kaiser und König hörten estern in Hubertusstock den Vortrag des Reichskanzlers, heute
enjenigen des Chefs des Civilcabinets und hatten darauf eine euang mit dem Staatssecretär des Reichs⸗Marineamts.
Seine Kaiserliche Hoheit der Großfürst Sergius von Rußland trifft heute Nachmittag 5 Uhr 37 Minuten auf dem Bahnhof Friedrichstraße ein und nimmt im Palais Ihrer Majestät der Kaiserin Friedrich Wohnung.
1 8 9
Dem Bundesrath ist der Entwurf eines Gesetzes, be⸗ treffend die Vergütung des Cacaozolls bei der Ausfuhr von Cacaowaaren, zugegangen.
S
Die vom Bundesrath in der Sitzung vom 3. März be⸗ schlossene, im „Centralblatt für das Deutsche Reich“ veröffent⸗ lichte Aenderung und Ergänzung der Ausführungsbestimmun⸗ gen und Dienstvorschriften zum Reichsgesetze vom 20. Juli 1879, betreffend die Statistik des Waarenverkehrs des deutschen Zollgebies mit dem Auslande, hat dem Reichs⸗ Eisenbahnamt Anlaß gegeben, in einer Verfügung vom 18. d. M. die Eisenbahnverwaltungen noch auf einige andere Bestimmungen hinzuweisen, die bei Handhabung der gegen⸗ wärtigen Vorschriften zu Mißverständnissen und Unzutrüglich⸗ keiten sowohl bei den Eisenbahnen als auch im Handelsstande geführt haben. Wir entnehmen der Verfügung Folgendes:
1) Das Gesetz vom 20. Juli 1879 bezieht sich ausschließlich auf Waaren, welche über die Grenzen des deutschen Zollgebiets ein⸗, aus⸗ oder durchgeführt oder aus dem Zollgebiet durch das Ausland nach dem Zollgebiet versandt werden. Die Bestimmung im § 6 des Gesetzes berechtigt daher die Eisenbahnverwaltung zur Anforderung von Ausfuhr⸗Anmeldescheinen nur dann, wenn die im Frachtbriefe angegebene Bestimmungsstation im Zollauslande, wozu auch die deutschen Freihafengebiete und die deutschen Zollausschüsse gehören, gelegen ist, nicht aber, wenn die Bestimmungsstation im Zollinlande liegt und das Gut nur zu dem Zwecke im Frachtbriefe als zur Ausfuhr be⸗ stimmt gekennzeichnet ist, um der für Ausfuhrgüter in den Tarifen etwa vorgesehenen Frachtermäßigung theilhaftig zu werden.
Für die Eisenbahnverwaltung ist ausschließlich der im Frachtbriefe angegebene Bestimmungsort maßgebend, wie sich auch aus der Fesseung im § 21 der Ausführungsbestimmungen ergiebt, nach der eine Uebereinstimmung des im Anmeldescheine angegebenen Herkunfts⸗ und Bestimmungslandes mit dem Ab⸗ senß e⸗ und Bestimmungsorte des Frachtbriefes nicht erforder⸗ ich ist.
2) Die Freibezirke Bremen und Brake sind nur Freilager
Zollgebiet und gelten somit nicht als Zollausland. Es er⸗ giebt sich hieraus, daß bei Sendungen
a. aus dem Zollinlande nach den Freibezirken Ausfuhr⸗
Anmeldescheine, b. aus den Freibezirken nach dem Zollinlande Einfuhr⸗ Anmeldescheine nicht erforderlich, c. aus dem Zollauslande nach den Freibezirken Anmeldescheine für die Einfuhr nach dem Muster 2a, d. aus den Freibezirken nach dem Zollauslande Anmeldescheine für die Ausfuhr nach dem Muster 2b, in beiden Fällen somit nicht Anmeldescheine für die Durchfuhr, Muster 2 c, zu verwenden sind, falls die Anmeldung nicht etwa durch in vorgeschriebener Weise ergänzte Zolldeclarationen oder sonstige Zollbegleitpapiere zu erfolgen hat.
3) Durch die Bestimmung im Absatz 4 des § 7 der Aus⸗ führungsbestimmungen ist zwar nachgelassen, daß zu den Er⸗ klärungen, die von Spediteuren den von ihnen abzugebenden Ausfuhranmeldescheinen anzufügen sind, Formulare nach dem Muster 2b benutzt werden können, zugleich aber auch an⸗ geordnet, daß, falls dies geschieht, in der Ueberschrift dieses Formulars das Wort „Anmeldeschein“ zu durchstreichen und
durch das Wort „Erklärung“ zu ersetzen ist.
Diese Anordnung ist nicht immer befolgt worden, weshalb es sich zur Vermeidung der daraus entstehenden Unzuträg⸗ lichkeiten empfiehlt, die Güterabfertigungsstellen auf sie auf⸗ merksam zu machen mit der Weisung, der Vorschrift nicht ent⸗ sprechende Erklärungen durch den Absender richtig stellen zu lassen oder, falls dies verweigert wird, solche zurückzuweisen.
Derartige Erklärungen unterliegen nicht der statistischen Gebühr und sind daher auch nicht, wie bisher vielfach ge⸗ schehen, mit den für Ausfuhr⸗Anmeldescheine vorgeschriebenen Stempelmarken zu versehen.
4) Die Erläuterung auf der Rückseite der Formulare ist abgeändert, jedoch dürfen die bisherigen Formulare noch bis 5 892 benutzt werden. 8
1.“
Die Berathungen über die landwirthschaftliche
Statistik, welche unter dem Vorsitz des Directors des Kaiser⸗
lichen Statistischen Amts in einer Conferenz landwirthschaft⸗ licher und statistischer Fachmänner vom 14. bis 17. d. M. statt⸗ gefunden haben und an welche sich am 18. und 19. eine Be⸗ sprechung von Vertretern deutscher statistischer Centralstellen über die technische Durchführung der empfohlenen Maßregeln anschloß, haben zu einer Reihe von Vorschlägen geführt, deren Annahme eine wesentliche Förderung der landwirthschaftlichen Statistik des Reichs bedeuten würde, namentlich in 28 Sinne, daß ihre Ergebnisse mehr als bisher für die Zwecke der Ver⸗ waltung und für andere praktische Interessen nutzbar gemacht werden könnten. 38 .“ —
G
Ausweislich der in der Zweiten Beilage abgedruckten Entscheidungen und Bescheide hat das Reichs⸗Versiche⸗ rungsamt u. a. entschieden, daß es zur Wahrung der Rechtsmittelfristen in Alters⸗ und Invaliditätsstreitig⸗ keiten ausreicht, wenn die Rechtsmittelerklärung, sei sie von der Partei selbst oder von einer Person vollzogen, deren Befugniß zur Vollziehung später ausreichend festgestellt wird, innerhalb der Frist an die angerufene Stelle gelangt.
Die Grundsätze, welche in Betreff der Zulässigkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen Ver⸗ säumung einer Nothfrist auf Grund erheblicher Hinderungs⸗ gründe für das Gebiet der Unfallversicherung zur Anwendung gelangt sind, gelten im allgemeinen auch für das Verfahren in Alters⸗ und Invaliditätsstreitigkeiten.
Ein Arbeiter, der zwar bei dem Inkrafttreten des In⸗ validitäts⸗ und Altersversicherungsgesetzes bereits siebzig alt, aber bis zum 8. Juni 1891 beschäftigungslos war, hat erst von letzterem Zeitpunkt ab Anspruch auf Altersrente.
Zu dem Begriffe eines Arbeitsverhältnisses im Sinne der §§ 119 und 158 des Invaliditäts⸗ und Alters⸗ versicherungsgesetzes gehört eine gewisse Ständigkeit, sodaß es wenigstens für die Zeit seiner Dauer die Arbeitskraft des Ver⸗ sicherten voll in Anspruch nimmt. Die Unterbrechung eines derartigen Arbeitsverhältnisses ist nicht nur dann als Be⸗ schäftigungszeit anzurechnen, wenn jenes Verhältniß demnächst mit demselben Arbeitgeber thatsächlich fortgesetzt wird, sondern auch dann, wenn bei der einstweiligen Einstellung der Arbeit zwar die spätere Wiederaufnahme derselben beabsichtigt war, diese Absicht aber aus äußeren Gründen nicht ausgeführt worden ist.
Ein Gemeindehirt in Elsaß⸗Lothringen ist als alters⸗ rentenberechtigter Arbeiter der Gemeinde angesprochen worden.
Eine Person, welche gegen Gewährung freier Wohnung und einer bestimmten Baarvergütung die Verpflegung von Ortsarmen vertragsmäßig übernommen hatte, ist nicht als versicherungspflichtige Arbeiterin der betreffenden Ortsbehörde angesehen worden.
Die Verlegung des Betriebes aus dem Gebiete einer Section in das Gebiet einer anderen Section derselben Be⸗ rufsgenossenschaft ist nicht als eine Betriebseinstellung anzu⸗ sehen, welche den Anspruch der Berufsgenossenschaft auf Zahlung einer Caution begründet.
Der Betrieb einer Luftbahn (Drahtseilbahn) in einem Vergnügungslocale hat der Straßenbahn⸗Berufsgenossenschaft anzugehören.
Die Pflege und mter aera der Eisenbahn⸗ dämme und Böschungen einschließlich der Grasnutzung durch Graskäufer sind als Bestandtheil des Eisenbahnunter⸗ nehmens zu behandeln, wenn die bezüglichen Arbeiten von dem Unternehmer des Eisenbahnbetriebes (dem Graskäufer) ausgeführt werden.
Die Grasnutzung auf einem Festungsgelände, ins⸗ besondere auf Festungswällen bildet in der Regel einen Be⸗ standtheil des gesammten Betriebes der betreffenden Heeres⸗ verwaltung, nicht einen bei der landwirthschaftlichen Berufs⸗ genossenschaft versicherten Betrieb.
Seine Königliche Hoheit der Erbgroßherzog Friedrich von Baden, General⸗Major und Commandeur der 4. Garde⸗ ““ hat sich mit kurzem Urlaub nach Baden begeben.
Seeine Hoheit der Erbprinz von Sachsen⸗Meiningen, General⸗Lieutenant und Commandeur der 2. Garde⸗Infanterie⸗ Division, ist von Urlaub hierher zurückgekehrt.
Der Kaiserliche Gesandte am Königlich rumänischen Hofe von Bülow hat einen ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub angetreten. Während seiner Abwesenheit fungirt der Legations⸗ Secretär Prinz von Lichnowsky als Geschäftsträger.
Der Königlich schwedisch⸗norwegische Gesandte am hiesigen Allerhöchsten Hofe von Lagerheim ist vom Urlaub nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.
Die Referendare in der Justizverwaltung von Elsaß⸗ Lothringen von Fisenne, Muths und Kornmann sind auf Grund der bestandenen Staatsprüfung zu Gerichts⸗ Assessoren ernannt worden.
1 g “ 1u“
Bayern.
München, 20. März. Ihre Majestät die Königin von Württem berg traf, wie „W. T. B.“ meldet, heute Abend 6 ³¾ Uhr auf der Durchreise von Toelz nach Stuttgart hier ein und wurde am Bahnhofe von Ihren Königlichen Hoheiten dem Prinz⸗Regenten und der Prinzessin Adelgunde be grüßt. Zu gleicher Zeit reiste Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Luxemburg über Stuttgart nach Luxemburg weiter.
Baden.
Karlsruhe, 20. März. Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin begab sich heute mit Seiner Königlichen Hoheit dem Erbgroßherzog, der heute früh aus Berlin hier eintraf, nach Donaueschingen zur Beisetzungsfeier für den Fürsten von Fürstenberg. Seine Königliche Hoheit der Großherzog hat infolge einer Erkältung die Betheiligung an der Feier aufgeben müssen.
Ueber den Zonentarif hat die Großherzogliche Regierung nach der „Bad. Corr.“ in der Budgetcommission folgende Erklärung abgegeben:
Bei den Verhandlungen über die Reform der Personen⸗ tarife hätten sich sämmtliche Vertreter der deutschen Staatsbahn⸗ Verwaltungen dagegen ablehnend verhalten. Die Badische Ver⸗ waltung habe deshalb keine Veranlassung gehabt, dieser Frage für sich allein näher zu treten, und zwar um so weniger, als eine Ver⸗ gleichung der ungarischen und österreichischen Zonentarife mit den badischen Taxen ergeben habe, daß mit den ersteren keineswegs eine allgemeine Verbilligung eintreten würde, indem die badischen Rückfahrttaren für nähere Ent⸗ fernungen, also für den wichtigsten Theil des internen Verkehrs viel⸗ fach billiger seien als die ungarischen und österreichischen. Was die Erfahrungen anbelange, die in Oesterreich⸗Ungarn mit dem Zonentarif gemacht worden seien, so sei nur be⸗ kannt, daß er eine Erhöhung des Verkehrs und der Roh⸗ einnahme zur Folge gehabt habe. Das finanzielle Ergebniß kenne dagegen die Großherzogliche Regierung nicht, da über die durch Einführung des Zonentarifs erwachsenen Mehrausgaben (Beschaffung
von Fahrmaterial und Betriebskosten) amtliche Mittheilungen von den ungarischen und österreichischen Bahnverwaltungen bis jetzt nicht zu erlangen gewesen seien. In Betreff der Zunahme des Verkehrz müsse aber berücksichtigt werden, daß in Ungarn wie auch in Oesterreich die Verkehrsverhältnisse lange nicht so entwickelt, seien wie bei unz Die Verkehrsdichtigkeit sei in den Jahren 1882/88 auf der badischen Staatsbahn ungefähr doppelt so stark, als auf der ungarischen, und ungefähr dreimal so stark, als auf der öster⸗ reichischen Staatsbahn gewesen. Wenn daher die Einführung des Zonentarifs in diesen Ländern eine Hebung des wenig dichten Verkehrs bewirkt habe, so lasse sich hieraus nicht 8 Schluß ziehen, daß das Gleiche auch bei uns eintreten werde. 8
Die Budgetcommission nahm der Erklärung der Regierun Fseser den Standpunkt ein, daß jedenfalls von einer Einführung des Zonentarifs bei uns zur Zeit keine Rede sein könne. Diese Frage sei offenbar noch nicht spruchreif, und es dürfte unter allen Umständen außer Zweifel sein, daß die badische Eisenbahnverwaltung auf diesem Gebiet nicht einseitig vorgehen könne. Auch zu einer Herabsetzung der Personentarife wolle die Budgetcommission die Großherzogliche Regierung nicht drängen.
Hessen.
Darmstadt, 20. März. Ihre Majestät die Kaiserin Friedrich hat nach der „Darmst. Ztg.“ gestern Nachmittag mit Ihrer Königlichen Hoheit der 2 rinzessin Marga⸗ rethe die Rückreise nach Berlin angetreten. Auch die übrigen zu den Beisetzungsfeierlichkeiten eingetroffenen Fürstlichkeiten haben Darmstadt wieder verlassen.
Der Domkapitular Thoms in Mainz ist heute im Dom an einem Schlaganfall gestorben.
8 Mecklenburg⸗Schwerin.
Schwersin, 20. März. Der Geburtstag Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs wurde gestern im ganzen Lande festlich begangen. In Schwerin fand den „Meckl. Nachr.“ zufolge am Morgen großes Wecken und Mittags Parade statt. Nachmittags war große Tafel im Großherzoglichen Schlosse. Die Stadt war festlich geschmückt.
Oesterreich⸗Ungarn.
Der Reichs⸗Kriegs⸗Minister Freiherr von Bauer hat am Sonnabend einen mehrwöchigen Urlaub angetreten und sich zunächst nach Gries bei Bozen begeben.
Die nächste Sitzung der böhmischen Ausgleichs⸗ commission, bei welcher der Statthalter namens der Regierung eine Erklärung abgeben nes findet, nach der „Presse“, am Donnerstag nach der Landtagssitzung statt.
In der vorgestrigen Sitzung des ungarischen Unter⸗ hauses brachte der Abg. Neumann eine Interpellation an den Finanz⸗Minister ein wegen der Vereinbarung zwischen Oesterreich⸗Ungarn und Deutschland über die Vereinsthaler und der hierbei maßgebenden Grundsätze. Der Interpellant wünschte zu wissen, ob dafür gesorgt sei, daß Deutschland die in seinem Bestte verbliebenen Thaler nicht vor der Durchführung der Valutaregulirung verwerthen, ob Ungarn hieraus Schaden er⸗ wachsen und ob der Finanz⸗Minister dem Hause eine darauf bezüg⸗ liche Vorlage unterbreiten werde. Bei der hierauf fortgesetzten Adreßdebatte kam der Abg. Julius Horväth (National⸗ partei) auf die Wahlmißbräuche zu sprechen und gestand, daß solche auch auf Seite der Opposition vorhanden seien. Redner kritisirte sodann die Politik des Minister⸗Prä⸗ sidenten und erklärte sich für den Adreßantrag des Abg. Grafen Apponyi. Der Minister⸗Präsident Graf Szapary wies die Anschuldigung zurück, als ob er seine Richtung ge⸗ ändert habe. Möge er auch viele Fehler begangen haben, diesen einen werde ihm niemand zum Vorwurf machen können, denn er befolge ein und dieselbe Politik, welcher er seit dreißig Jahren nicht aus Consequenz, sondern deshalb huldige, weil er sie als im Interesse des Vaterlandes gelegen betrachte. Was den Vorwurf betreffe, daß er vor dem Kaiserlichen Willen sich beuge, so könne er nur erklären, daß in Ungarn ein Kaiserlicher Wille nicht existire. Ungarn habe einen König, und er glaube, es werde weder der Dialektik des Abg. Hor⸗ väth, noch der seines Rathgebers gelingen, einen Gegensatz zwischen dem Willen des ungarischen Königs und der ungarischen Nation herbeizuführen. (Stürmische Zustim⸗ mung.) Er kenne die wohlwollende Gesinnung des Abg. Horväth, er habe Gelegenheit gehabt, sich daran zu gewöhnen, und störe seine Wege nicht, aber er behalte sich auch vor, seinen Weg zu gehen und sich damit zu begnügen, daß die Mehrheit der Nation sein Vorgehen billige. (Anhaltende leb⸗ hafte Zustimmung rechts.) Nach einigen persönlichen Be⸗ merkungen der Abgg. Horväth und Abränyi wurde die Fortsetzung der Debatte auf Montag vertagt.
Großbritannien und Irland.
Die Königin Victoria ist mit dem Prinzen und der Prinzessin von Battenberg am Sonnabend über Portsmouth und Cherbourg nach Hyéres in Südfrankreich abgereist.
Das Parlament war am Donnerstag Abend der Schauplatz einer tumultuösen Scene, die von dem Deputirten Labouchere veranlaßt wurde. Der Genannte erhob sich nach dem Bericht der „A. C.“ im Verlauf der Verhandlung plöͤt⸗ lich von seinem Sitz und richtete unter den Beifallsrufen der Linken und den lauten Protesten der Conservativen die An⸗ frage an die Regierung, wann sie das Parlament aufäu⸗ lösen gedenke. Er verlange zu wissen, ob die Regierung die Auflösung jetzt oder im Herbst vornehmen werde. Nur, wenn Mr. Balfour eine unumwundene Antwort gäbe, würde er seinen Antrag zurückziehen. In seiner Erwiderung ging Mr. Balfour zuerst auf die Art und Weise seiner Leitung des Unterhauses ein, welche Mr. Labouchere kritisirt hatte. „Es ist dies“, so erklärte er, „nicht das erste Amt, welches ich unter der Krone bekleide. Ich weiß sehr wohl, daß meine Feinde mir eine Reputation angedichtet haben, wie ich sie nicht verdiene. Sie greifen mich jetzt wieder an. „ würde indeß thöricht sein, wollte ich mich gegen ein Ver⸗ fahren wehren, das mir so außerordentlich zu statten gekom⸗ men ist““ Was die Auflösung anbetreffe, so wisse Mr. Labou⸗ chere darüber gerade so viel wie er: „Ich sehe keinen Grund’“, sagte Mr. Balfour wörtlich, „weshalb wir unser Programm nicht ausführen oder weshalb wir unsere gemeinnützige Thaͤ⸗ tigkeit verkürzen sollten.“ Die Rede erfuhr arge Unterbrechungen seitens der irischen Abgeordneten John O'Connor und O Kelly, 8. den Leiter des Unterhauses fortwährend durch Zurmfe störten. 1
1 Frankreich.
Bei dem am Sonnabend in Paris .3 wr. Anarchisten Henri Dupont wurden, wie der „Magdb. Ztg.“ un maldet wird, ein vollständiger Organisationsplan der
narchi 4 b ne.
isten, sowie verschiedene Chemikalien gefunden. Feaene Untersuchung ergab Anhaltspunkte dafür, daß pupont Mitwisser der Explosion am Boulevard Saint Germain ist. Der „Köln. Ztg.“ zufolge hat der Minister des Innern die Präfecten in einem Rundschreiben ange⸗ wiesen, das Gesetz und die Verordnungen über die Verfertigung und Aufbewahrung von Spreng⸗ sooffen streng durchzuführen. 1 In der Deputirtenkammer kam vorgestern der bereits zweimal abgelehnte Antrag Bovier⸗Lapierre, die Arbeit⸗ eber, die ihren Arbeitern die Theilnahme an den Syndicaten verböten, zu bestrafen, abermals zur Verhandlung. Der Deputirte Leygues beantragte dazu, auch die Ar⸗ beiter zu bestrafen, die mit dem Syndicatsgesetz Mißbrauch trieben. Der Deputirte Barthon sprach für den Ausschuß⸗ bericht, der Justiz⸗Minister Ricard für den Antrag Lengues. Schließlich wurde die Berathung auf heute vertagt.
Das Marine⸗Ministerium hat jetzt endgültig die Zu⸗ ammensetzung der Reserve⸗Mittelmeerflotte festgesetzt. Sie wird aus sieben großen Panzerschiffen, vier Kreuzern, einem Kreuzer⸗Torpedoschiff, einem Aviso⸗Torpedoschiff, einem Plänkler⸗Torpedoschiff und drei Torpedoschiffen für die hohe See bestehen. Das fliegende Geschwader des Atlanti⸗ schen Oceans wird aus zwei Kreuzern, einer Holzfregatte und einem Aviso zusammengestellt.
Rußland und Polen.
der König von Rumänien hat dem Nothstands⸗ comité, dessen Vorsitzender der Großfürst⸗Thronfolger ist, einen Beitrag von 10000 Fr. überwiesen.
In Libau wurde am Sonnabend Abend zu Ehren der Amerikaner vom Bord des Dampfer „In⸗ diana“ (der, wie in Nr. 67 d. Bl. mitgetheilt, mit Lebens⸗ mitteln für die Nothstandsdistricte dort eingetroffen ist) ein Festmahl veranstaltet. Der amerikanische General⸗Konsul Crawford erklärte dabei, dem „W. T. B.“ zufolge, in iiner Ansprache: Alles, was Amerika für Rußland gethan habe, trete weit hinter den Dienst zurück, den Rußland vor dreißig Jahren Amerika erwiesen, als es seine Flotte entsandt habe, um den Vereinigten Staaten bei der Aufrechterhaltung ihrer Unabhängigkeit Unterstützung zu bringen und verhindern zu helfen, daß denselben einer der schönsten Sterne aus ihrer Nationalflagge geraubt werde. Der Delegirte des Nothstands⸗ comites Graf Bobrinsky dankte dem General⸗Konsul für seine Worte und brachte ein Hoch auf Philadelphia und die Vereinigten Staaten aus. 1
Die directen Steuern haben, dem „W. T. B.“ zufolge, im Jahre 1891 einen Ertrag von 104 270 274 Rbl. ergeben, während der Voranschlag 133 789 482 Rbl. annahm.
Italien.
In der gestrigen Sitzung der Kammer richtete der Depu⸗ tirte Prinetti die Anfrage an die Regierung: ob das Gerücht sich bestätige, daß der Investitur⸗Ferman für den Khedive von Egypten Abbas Pascha noch die Juris⸗
diction in Massovah umfasse, und welche Vorbehalte im entsprechenden Falle die italienische Regierung zu machen beab⸗ sichtige. Der Minister⸗Präsident Marchese di Rudini er⸗ widerte nach dem „W. T. B.“: er kenne den Ferman noch nicht und sei daher nicht im stande, sich darüber zu äußern. Prinetti nahm die Antwort des Minister⸗Präsidenten zur Kenntniß und empfahl der Regierung Wachsamkeit. Alsdann begann die Kammer die Berathung der Eisenbahnvorlage.
Wie die „Agenzia Stefani“ aus Massovah berichtet, wurde der italienische Capitän Bettini, als er Molasenagi verließ, von Briganten überfallen und getödtet. Vierzig Mann Hilfstruppen griffen darauf die Briganten an, tödteten einen ihrer Führer und zerstreuten die übrigen.
Spanien. v.““
In Madrid sollen, wie das Wolff'sche Bureau von dor vernimmt, vorläufige Besprechungen über den Abschluß eines neuen französisch⸗spanischen Handelsvertrags ein⸗ geleitet worden sein. ö1““
Schweiz.
Die freisinnigen bernischen Mitglieder der Bundesversammlung haben, wie dem „W. T. B.“ aus Bern gemeldet wird, beschlossen, aus der radikal⸗demo⸗ kratischen Gruppe auszuscheiden, womit letztere gesprengt ist.
Bei der Nationalrathswahl in Zürich wurde, wie man der „Magdw. Ztg.“ meldet, trotz großer Anstrengungen der Gegner der Cberale Candidat Oberst Meister mit 10 337 Stimmen gewählt gegen den Socialdemokraten Bezirksanwalt Lang, der 5599 Stimmen erhielt, und den Demokraten Dr. Amsler, auf den 3558 Stimmen fielen.
Belgien. vX““ Anläßlich der bevorstehenden Maifeier der S ocialisten hat die Regierung beschlossen, zur Verstärkung der Garnison von Brüssel die Altersklasse 1888 der Miliz und für die Garnisonen in der Provinz die Altersklassen
1888 und 1889 zum 28. April einzuberufen. . 8 Aus Lüttich wird von einem neuen D ynamit⸗ Attentat berichtet. Die darüber vorliegende Depesche des
Wolff'schen Bureaus meldet: In der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag entdeckte eine Polizei⸗Patrouille an dem Haufe des Polizei⸗Chefs Mignon eine Flasche, welche eine Dynamitcartouche zu enthalten schien. Der ünder war in Brand gesteckt worden, aber infolge des engen Halses der Flasche erloschen. Letztere wurde einem Artillerie⸗Offizier zur
Feststellung ihres Inhalts übergeben. Dem Vorsitzenden des Schwurgerichtshofes Renson, beccher über die Dynamit⸗Affaire von Ougrée zu verhandeln atte, ist, wie der Meldung hinzugefügt wird, ein neuer Drohbrief zugegangen.
hreren Brüsseler Blättern zufolge wurden am Freitag, wie man der „Madb. Ztg.“ meldet, im Parlamentsgebä ude in der Nähe des Sitzungssaales der Abgeordneten drei Dynamitbomben gefunden: die Untersuchung ist eingeleitet.
8 Serbien. Ir eeeisen. die der Regentschaft nahestehen, verlautet
bg8 T. B.“ zufolge bestimmt, daß letztere die Sanction des von der Skupschtina beschlossenen Gesetzentwurfs
über die Declaration des Königs Milan von gewissen,
* istischen Partei, zahlreiche Briefe be. *
18“
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bei der zweiten Lesung vorzunehmenden Aenderungen des Gesetzentwurfes abhängig zu machen gedente.
Die Skupschtina nahm in ihrer vorgestrigen Sitzung neun Artikel des Gesetzentwurfs über die Geschworenen⸗ Erigt in der Specialdebatte an. Das Gesetz bestimmt, daß über Raubmorde, gefährliche Diebstähle und Brandlegung in Zukunft Schwurgerichtshöfe, welche aus drei Richtern, zwei Dorf⸗ und zwei Stadtbewohnern zusammengesetzt sind, zu entscheiden haben werden.
Schweden und Norwegen.
Dem Reichstag ist nunmehr die Vorlage über die Post⸗ verbindung Trelleborg-—Saßnitz zugegangen. Es wird u. A. darin ein leihweiser Beitrag fuͤr die Malmö⸗Trelleborger Eisenbahn, welche die Beförderung von Post und Passagieren auf der Strecke Malmö— Trelleborg besorgen soll, gefordert. Die genannte Eisenbahnstrecke soll umgebaut werden, daß die Züge mit einer Geschwindigkeit von 60 km in der Stunde laufen können.
Seitens des Generalstabs und des zur Ausarbeitung einer neuen Heerordnung eingesetzten Comités war die Ein⸗ führung einer Wehrsteuer für die vom Militärdienst Be⸗ freiten vorgeschlagen worden. Die zur Begutachtung dieser Frage aufgeforderten maßgebenden Faktoren können indeß eine solche Steuer nicht befürworten, da man glaubt, daß die aus der Einführung der Wehrsteuer sich ergebende Einnahme von 1 Million Kr. zu geringe Vortheile biete neben den Schwierig⸗ keiten, die bei gerechter Vertheilung der Steuer entstehen.
8 Afien.
Aus Birma wird dem „R. B.“ über Rangun vom 17. März berichtet, daß die von Haka und dem Fort White entsandten Colonnen englischer Truppen den Hauptort des mächtigen Stammes der Fashou Falam besetzt haben. Falam soll befestigt werden und von jetzt ab den Mittelpunkt der Verwaltung fuͤr die von den Chin⸗Stämmen bewohnten Districte bilden. 1“ 8
Ueber einen in der portugiesischen ostafrikanischen Colonie ausgebrochenen Negeraufstand wird dem „Reuter'schen Bureau“ aus Mozambique vom 19. März berichtet: Eingegangene Nachrichten aus Quilimane besagen, sechstausend Neger, welche sich an den Ufern des Quilimaneflusses gesammelt hätten, bedrohten die Stadt mit einem Angriff. Sämmtliche Einwohner der letzteren seien durch die portugiesischen Behörden, welche jeden Augenblick des Angriffs gewärtig seien, mit Waffen ver⸗ sehen worden. Der Gouverneur Lopez Andrade, der sich zur Zeit in Quilimane befindet, leite die zur Vertheidigung der Stadt erforderlichen Maßnahmen. Auf Anordnung des Gouverneurs sollte das Kanonenboot „Liberal“ am gestrigen Sonntag mit hundert portugiesischen Soldaten an Bord nach dem Quilimane abgehen.
Parlamentarische Nachrichten. 18
In der heutigen (199.) Sitzung des Reichstags, welcher die Staatssecretäre Dr. von Boetticher, Freiherr von Marschall und Dr. Bosse beiwohnten, stand als erster Gegenstand auf der Tagesordnung der Gesetzentwurf, betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, zur dritten Berathung, der in der zweiten en bloc ange⸗ nommen war.
Die von den Abgg. von Strombeck (Centr.) und Broemel (dfr.) angedeuteten Bedenken wurden heute wieder ausgesprochen, indem der Abg. Broemel (dfr.) erklärte: Das Haus sei über die Materie noch so ungenügend unterrichtet, daß er die Vorlage von der heutigen Tagesordnung abzusetzen beantrage, und der Abg. von Strombeck (Centr.) kündigte an, sich mit einigen Freunden wegen der nicht ge⸗ hobenen Bedenken der Abstimmung enthalten zu müssen.
Der Staatssecretär Dr. Bosse und der Commissar im Reichs⸗Justizamt Geheimer Regierungs⸗Rath Dr. Hoffmann wiesen diese Bedenken zurück. Die Abgg. Dr. Hammacher (nl., Dr. Bamberger (dfr.) und Schenck (bfr.) traten ihnen ebenfalls entgegen, der Abg. Dr. Bamberger mit dem Hinweis darauf, daß die beste Kritik der Vorlage ihre An⸗ nahme und die wahre Probe ihres Werths die Erfahrung sei, wie das Gesetz arbeiten werde.
Schließlich zog der Abg. Broemel seinen Antrag zurück, und der Gesetzentwurf wurde auch in dritter Berathung auf Antrag des Abg. Dr. von Bennigsen en bloc angenommen.
Alsdann stand der Gesetzentwurf, betreffend die Unter⸗ stützung von Familien der zu Friedensübungen einberufenen Mannschaften, zur zweiten Berathung.
Die Commission hat ihn in einer Weise gestaltet, daß der Staatssecretär Dr. von Boetticher der finanziellen Folgen wegen die Zustimmung des Bundesraths 88 iesen Veränderungen nicht zusagen konnte. (Schluß des Blattes.)
— In der heutigen (38.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Finanz⸗Minister Dr. Miquel und der Minister für Landwirthschaft ꝛc. von Heyden bei⸗ wohnten, stand auf der Tagesordnung als erster Gegenstand die erste und zweite Berathung des Gesetzentwurfs zur Ergänzung der Gesetze, betreffend das Ruhe⸗ gehalt der emeritirten Geistlichen vom 15. März 1880 und betreffend die Fürsorge für die Wittwen und Waisen der Geistlichen der evangelischen Landes⸗ kirche in den neun älteren Provinzen der Monarchie vom 15. Juli 1889.
In der ersten Berathung wünschte Abg. Dr. Brüel (Centr.) eine ähnliche Vorlage auch für die neueren Landes⸗ theile.
Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Hegel erwiderte, daß sich die entgegenstehenden Schwierigkeiten bisher nicht hätten überwinden lassen. 1
Abg. Korsch (cons.) empfahl die Vorlage und wünschte, die zweite Berathung sofort im Plenum vorzunehmen.
Abg. Richter (dfr.) beantragte die Vertagung der Bera⸗ thung bis zur Erledigung der Ministerkrisis. 1
Im Anschluß hieran entspann sich eine längere Geschofts⸗ ordnuͤngsdebatte, in welcher die Abgg. Richter (dfr.), Rickert (dfr.), von Eynerninl.), von Kardorff (freicons.) und Hobrecht (nl.) für die Vertagung, die Abgg. Graf zu Limburg⸗Stirum (cons.), Dr. Freiherr von Heereman
2 „.*
(Centr.), Korsch (cons.), Simon von Zastrow (cons.) Freiherr von Huene (Centr.) dagegen sprachen.
Der Finanz⸗Minister Dr. Miqauel erklärte, daß die Ver⸗ zögerung der Ferathung der Regierung unangenehm sein würde. Die Minister blieben solange im Amte, bis sie ihre Entlassung erhalten hätten. Die Anwesenheit des Cultus⸗ Ministers sei nicht geradezu erforderlich und auch nicht ver⸗ langt worden. 1
Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Hegel erklärte, daß ein gom Abg. Korsch für die zweite Lesung in Aussicht ge⸗ stellter Antrag, das Inkrafttreten des Gesetzes nicht zum 1. April festzusetzen, sondern Königlicher Verordnung zu überlassen, der Regierung erwünscht sei. . —
Der Antrag des Abg. Richter (dfr.), die Berathung zu vertagen, wurde abgelehnt, desgleichen ein weiterer. Antrag des Abg. Richter (dfr.), die Anwesenheit des Ministers der geistlichen u. s. w. Angelegenheiten zu verlangen.
Da der zur ersten Berathung noch gemeldete Abg. Bachem (Centr.) auf das Wort verzichtete, war die erste Be⸗ rathung hiermit erledigt. 8
Darauf wurde auf Antrag des Abg. Rickert (bfr.) die zweite Berathung von der Tagesordnung abgesetzt.
Es folgte die erste Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Aufhebung der durch die Verordnung vom 2. März 1868 verhängten Beschlagnahme des Vermögens des Königs Georg. “
Abg. Richter (bfr.) erklärte sich namens der deutschfrei⸗ sinnigen Partei mit dem Princip der Vorlage einverstanden, aber nicht mit der Form, daß nur der Regierung eine Vollmacht zur Aufhebung der Beschlagnahme gegeben werden solle. Redner beantragte die Ueberweisung der Vorlage an eine Commission, um in dieser Auskunft von der Re⸗
ierung zu erhalten, ob und welche Verbindlich⸗ eiten etwa auf den Revenuen des Welfenfonds lasteten, die mit der Aufhebung der Beschlagnahme nicht aufhörten, und um die Form der Vorlage dahin zu ändern, daß der Landtag der Aufhebung der Beschlagnahme zustimmen müsse.
Der Finanz⸗Minister Dr. Miquel erklärte, daß die Vor⸗ lage aus der hochherzigen Initiative Seiner Majestät des Kaisers hervorgegangen sei, welcher den Zeitpunkt zur Auf⸗ hebung der Beschlagnahme für gekommen erachtet habe und der Provinz Hannover einen Beweis seines Ver⸗ trauens habe geben wollen. Sobald einige geschäftliche Hindernisse beseitigt seien, werde die Aufhebung der Beschlag⸗ nahme durch Königliche Verordnung erfolgen. Ueber die Ver⸗ wendung der Gelder im einzelnen könne in der Commission keine Auskunft gegeben werden, da die Regierung zur Rech⸗ nungslegung nicht verpflichtet sei. Er bitte deshalb um An⸗ nahmender Vorlage ohne commissarische Berathung. 8
Abg. Dr. Freiherr von Heereman (Centr) sprach für bt Ferihh⸗ und hielt eine commissarische Berathung nicht für nöthig. 1
„cg. Dr. Krause (nl.) erklärte sich gleichfalls für die Vorlage, wünschte aber Commissionsberathung. 8.
Der Finanz⸗Minister Dr. Miquel trat nochmals für eine Ablehnung der Commissionsberathung ein und bemerkte, daß die Haleferung des Kapitals durch das Gesetz aus⸗ geschlossen sei. “
Abg. Graf zu q“”“ (cor) war für eine Commissionsberathung, um die Frage zu prüfen, ob die Be⸗ schlagnahme nicht besser durch Gesetz aufgehoben werden solle.
Die Abgg. von Tzschoppe (freicons.) und Dr. Sattler (nl.) sprachen für die Vorlage.
Abg. Dr. Brüel (Centr.) erklärte, sich an der Debatte nicht betheiligen zu wollen.
An der weiteren Debatte betheiligten sich wiederholt der Abg. Richter (dfr.) und der Finanz⸗Minister Dr. Miquel.
Darauf wurde die Vorlage einer Commission von 21 Mit⸗ gliedern überwiesen. . 3
Es folgte die erste Berathung des Gesetzentwurfs, be⸗ treffend die Sterbe⸗ und Gnadenzeit bei Pfarr⸗ stellen, sowie die kirchliche Aufsicht über die Ver⸗ mögensverwaltung der Kirchengemeinden innerhalb der evangelischen Landeskirche der älteren Provinzen der Monarchie.
Die Abgg. Richter (dfr.) und von Eynern (nl.) be antragten die Absetzung dieses Gegenstandes von der Tages ordnung. b des Antrag wurde abgelehnt, und der Abg. Richter(dfr.) erklärte infolge dessen, daß seine Partei sich an der Berathung nicht betheiligen werde.
Nach einer kurzen Erklärung des Abg. Bachem (Centr.), daß das Centrum sich an der Berathung dieses Gesetzes für die evangelische Kirche nicht betheiligen, sondern nur abstimmen werde, war die erste Berathung beendet.
Ein Antrag des Abg. von Eynern (nl.), die zweite Be⸗ rathung abzusetzen, wurde abgelehnt und die Vorlage in zweiter Lesung ohne Debatte angenommen.
Die Rechnung der Kasse der Ober⸗Rechnungs⸗ kam mer für 1890/91 wurde der Rechnungscommission über⸗ wiesen.
Schluß 1 ½ Uhr.
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— Die bisherigen Meldungen über das Ergebniß der am 19. d. M. in Mecklenburg⸗Strelitz vorgenommenen Reichstags⸗Ersatzwahl lassen dem „W. T. B.“ zufolge eine Stichwahl zwischen dem conservativen Candidaten Grafen Schwerin⸗Wolfshagen und dem deutschfreisinnigen Candidaten Wilbrandt⸗Pisede wahrscheinlich erscheinen.
Kunst und Wissenschaft.
Der neu ernannte Professor der Mathematik an unserer Berliner Universität Dr. Schwarz wird seine Vorlesungen bereits mit dem Beginn des Sommer⸗Semesters eröffnen. Er liest privatim über Variationsrechnung (4 mal 12 bis 1) und über Minimalflächen (2 mal 11 bis 1) sowie öffentlich über Maxima und Minima in elementar geometrischer Behand⸗
lungsweise (2 mal 5 bis 6). 5*
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Im Anschluß an die Notiz in Nr. 3 des „Reichs⸗ und
Staats⸗Anzeigers“ vom 5. Januar d. J. über die elektrische
Ausstellung in Moskau geht uns die Mittheilung zu, daß
die officielle Eröffnung dieser Ausstellung erst am
1./13. Juni d. J. stattfinden und dementsprechend der Schluß hinausgeschoben werden wird. E“