F
““ Die Kammer der Abge⸗
München, 23. März. ordneten setzte heute die Berathung des Post⸗Etats fort. Der Abg. Sartorius regte der „Köln. Ztg.“ zufolge an, daß die bayerische Post außerbayerische Postwerthzeichen umtauschen und mit anderen Verwaltungen verrechnen möge. Der Staats⸗ Minister Freiherr von Crailsheim bemerkte, die Frage sei schon oft erörtert worden. Die Handelskammern hätten sich dagegen ausgesprochen, weil die Verwendung von Marken an Zahlungsstatt ein Unfug sei: für kleinere Beträge könnten Reichsgebuͤhren⸗ und Stempelmarken verwendet werden.
Der Petitions⸗Ausschuß der Kammer der Ab⸗ geordneten hat gegen die Stimme des Abg. Kuby eine Pe⸗ tition von 23 Städten der Pfalz abgelehnt, ein achtes Volks⸗ schuljahr obligatorisch einzufuͤhren unter Wegfall der Sonntags⸗ schule und Christenlehre. Der Cultus⸗Minister Dr. von Müller hob hervor, ein dreizehnjähriges Kind sei in der Landwirthschaft schon recht brauchbar, Bayern treibe aber vor⸗ wiegend Landwirthschaft. Den Städten das Privilegium eines obligatorischen achten Schuljahres einzuräumen, gehe nicht an. Die Volksschule dürfe den Gemeinden allein nicht in die Hände gelegt werden; Christenlehre ohne Sonntagsschule sei undenkbar. .
Sachsen. 1 “
Dresden, 23. März. Die Erste Kammer stimmte, wie das „Dr. J.“ berichtet, in ihrer heutigen Sitzung ohne Debatte dem Gesetzentwurfe bei, der, als Folge der bereits be⸗ schlossenen Aufbesserung der Gehalte der Staatsdiener, auch die Pensionen der Civil⸗Staatsdiener und ihrer hinterlassenen Wittwen und Waisen angemessen erhöht. Bei schon bezogenen Pensionen tritt die Erhöhung vom 1. Januar 1892 an in Kraft. Sodann trat die Kammer auch dem Gesetzentwurf bei, der die Pensionen für Geistliche und Lehrer und deren Hinterlassene erhöht. Auch diese Erhöhungen neten, wenn die Pension schon am 1. Januar 1892 bezogen wurde, mit diesem Tage in Kraft. Sodann bewilligte sie die Kapitel des Staats⸗ haushalts⸗Etats über die Wartegelder und Pensionen und die Erhöhung der Bewilligungen an Militärinvalide und deren An⸗ gehörige aus der Zeit vor dem Kriege 1870/71. Die Zweite Kammer ertheilte dem Berg⸗, Hütten⸗ und Müunz⸗Etat nach der Regierungsvorlage ihre Genehmi⸗ gung. Ueber die Frage, ob der Freiberger Bergbau auch in der Zukunft fortzuerhalten sei, entspann sich eine längere Debatte, in deren Verlauf sämmtliche Redner sich für den Fortbestand aussprachen, insbesondere mit Rücksicht auf die fiscalischen Hütten, deren Fortbestand durch das Aufgeben des Bergbaues in Frage gestellt werden würde. Schließlich ge⸗
nehmigte die Kammer den Gesetzentwurf uüͤber die Dienst⸗ verhältnisse der Ortsgerichtspersonen mit einigen Abweichungen von den Beschlüssen der Ersten Kammer.
Karlsruhe, 23. März. Bei Seiner Königlichen Hoheit em Großherzog sind, nach der „Karlsr. Ztg.“, die Bronchitis⸗ Erscheinungen unverändert, das Fieber hat abgenommen. Die etzte Hälfte der vorigen Nacht war verhältnißmäßig ruhig.
Die Zweite Kammer trat gestern in die Berathung des Berichts der Budgetcommission über das Budget der Eisenbahn⸗ Betriebsverwaltung, der Bodensee⸗Dampfschiffahrtsverwaltung ind über den Antheil am Reinertrag der Main⸗Neckar⸗Eisen⸗ ahn für die Jahre 1892/93 ein. Nach längerer Debatte wurde die Weiterberathung auf morgen vertagt.
Mecklenburg⸗Schwerin. 8 “
Schwerin, 23. März. Seine Königliche Hoheit der Groß⸗ herzog, dessen Befinden fortgesetzt ein befriedigendes ist, be⸗ bsichtigt, wie den „Meckl. Nachr.“ aus Cannes gemeldet wird, einen kurzen Aufenthalt in Algier zu nehmen.
Reuß ä. L. — Greiz, 23. März. Ihre Durchlaucht die Prinzessin Marie zu Hsenburg ist gestern Abend zum Besuch am Fürstlichen Hofe hierselbst eingetroffen
Lübeck. “ 16“ Lübheck, 22. März. In der heute abgehaltenen Sitzung der Bürgerschaft wurde nach dem „Hamb. Corresp.“ zunächst die Abrechnung für 1891 vorgelegt und sodann zur Wahl eines Mitgliedes des Bürgerausschusses geschritten. Vom Senatscommissar wurde mitgetheilt, daß das Elbe⸗Trave⸗ Kanal⸗Project jetzt fertig gestellt sei und man die Höhe der Kosten annähernd übersehen könne. Der Senat werde dem am Dezember des Vorjahres an ihn gerichteten ein⸗ stimmigen Ersuchen der Bürgerschaft, eine gemeinsame Com⸗ mission zu berufen, um angesichts der in nächster Zeit an den Staat herantretenden erheblichen Kapitalaufwendungen für Verkehrszwecke, insbesondere für den Bau des Elbe⸗Trave⸗ Kanals, über die zur Erhaltung des Gleichgewichts zwischen den Einnahmen und Ausgaben des Staats geeigneten Maß⸗ nahmen zu berathen, Folge geben. Die sodann zur Berathung stehenden Senatsanträge wurden angenommen, u. A. die Nach⸗ bewilligung von 128 000 ℳ für den Museumsbau. Der Antrag auf Revision des Unterrichtsgesetzes vom 20. Oktober 1885 nach der Richtung, daß den Landgemeinden Erleichterung der Schullasten gewährt werde, wurde trotz des Widerspruchs des Vorsitzenden der Ober⸗Schulbehörde zum Beschluß erhoben. .
Elsaß⸗Lothringen.
Straßburg, 23. März. Die sämmtlichen Landes⸗ behörden Elsaß⸗Lothringens, einschließlich der Lehrer an den öffentlichen Schulen, sind durch einen Ministerialerlaß 21. d. Mts. angewiesen worden, vom 1. April dieses Jahres an, soweit nicht gesetzliche Vorschriften eine andere Zeitbestimmung nothwendig machen, sich nach der mittel⸗ europäischen Zeit zu richten.
1—
Oesterreich⸗Ungarn. Zu den Handelsvertrags⸗Verhandlungen zwischen
Oesterreich⸗Ungarn und Serbien bemerkt die „Wien. Ztg“, daß die erste Lesung des neuen Zolltarifs in der nächsten Sitzung der Delegirten zum Abschluß gelangen dürfte, worauf zur Berathung der Veterinär⸗Convention übergegangen werden soll. Aus Belgrad wird gemeldet, daß die Verständi⸗ gung über die Veterinär⸗Convention größere Schwierigkeiten
geschlagen worden.
darbieten werde, als die Verhandlungen über den Zolltarif; man hege aber in serbischen Regierungskreisen nichtsdestoweniger die Hoffnung, daß auch in diesem Punkt ein befriedigendes Einvernehmen zu stande kommen werde.
Im ungarischen Unterhause wurde vorgestern die Adreßdebatte geschlossen. Gestern begann die Schlußberathung, bei der nur der Referent und die Antragsteller der einzelnen Adreßentwürfe zum Wort gelangten. Hierbei kam es zu einem peinlichen Zwischenfall. Der Abg. Karl Eötvös von der Unabhängigkeitspartei hatte als Einreicher des Adreßentwurfs seiner Partei das Schlußwort. Er sagte dabei, der verstorbene Graf Julius Andrassy, der kurz vor seinem Tode bei der Berathung über das Wehrgesetz im Ausschusse des Oberhauses den Ausgleich mit Oesterreich als un⸗ wandelbar bezeichnete, habe damals entweder durch seine Krankheit an seinem Urtheilsvermögen gelitten, oder er habe der Militärpartei einen Gefallen thun wollen. Der Vice⸗ Präsident des Abgeordnetenhauses, Graf Theodor Andrassy, der älteste Sohn des verstorbenen Grafen Julius Andrassy, ging sogleich auf Eötvös mit einer protestirenden Bemerkung zu und sandte ihm nachher zwei Abgeordnete als seine Zeugen. Der Abg. Eötvös hat dem Grafen Theodor Andrassy eben⸗ falls seine Zeugen genannt. Man glaubt jedoch allgemein an eine friedliche Beilegung der Differenzen.
Großbritannien und Irland.
Die Königin Viktoria fand bei ihrer Ankunft in Hyeéres, wie man der „Köln. Ztg.“ aus Paris meldet, ein Begrüßungstelegramm des Präsidenten Carnot vor, auf das Ihre Majestät mit folgender Depesche dankte:
Bei meiner Ankunft fand ich Ihr liebenswürdiges Telegramm vor und danke Ihnen aufrichtig. Ich bin sehr zufrieden, daß ich wieder in der schoönen Provence weile, wo ich jedesmal mit so großer Güte aufgenommen wurde und wo ich sicherlich die Ruhe finden werde, die mir nach so grausamen Prüfungen nothwendig ist. Be⸗ sonders angenehm berührt war ich von der Art, wie man meine große Trauer während der 24 Stunden achtete, die ich in Cherbourg zubrachte.
Die Königin hat, wie die „Daily News“ wissen will, vor Antritt ihrer Reise nach Hyéres ihre Zufriedenheit mit den ihr unterbreiteten Entwürfen zu den neuen Münzen zu erkennen gegeben. Der Schatzkanzler dürfte daher in Kürze dem Unterhause davon Mittheilung machen.
Im Unterhause stand gestern die Bill, welche die Ein⸗ führung des achtstündigen Arbeitstages in den Berg⸗ werken beantragt, zur Berathung. Chamberlain befür⸗ wortete die Bill: von dem Staatssecretär des Innern Matthews wurde sie jedoch, laut Meldung des „W. T. B.“, aus verschiedenen Gründen bekämpft, zunächst weil ein allge⸗ meines Verlangen für die Bill nicht vorliege, ferner weil die auf die Bill gesetzten Erwartungen auf Täuschung beruhten; auch sei sie wirthschaftlich ungesund. Die zweite Lesung der Bill wurde schließlich mit 272 gegen 160 Stimmen ab⸗ gelehnt.
Eine Depesche des „R. B.“ aus Rom meldet die Er⸗ nennung des Bischofs von Salford Dr. Vaughan zum Erzbischof von Westminster an Stelle des verstorbenen Cardinals Manning.
eber den im Lushailande in Indien ausgebrochenen Aufstand erfährt die „Times“ nachstehende weiteren Einzel⸗ heiten:
Die Eingeborenen ließen eine aus 84 Mann bestehende britische Erpedition ungehindert in ein Dorf einziehen, überfielen sie dann aber
ötzlich und zündeten die Häuser ringsum an. Die Hitze war so daß die Engländer fürchteten, ihre Munition könne sich ent⸗
Der Kampf dauerte den ganzen Tag. Der Aufstand ist weit ausgedehnt und eine mühselige langwierige Expedition ist erforderlich, um die Ruhe wiederherzustellen.
Frankrei
Der Senat hat nach der „Köln. Ztg.“ in seiner vor⸗ gestrigen Sitzung die Vorlage übek die Ausübung des ärzt⸗ lichen Berufs in erster Lesung angenommen. Der Gesetzent⸗ wurf über die Arbeit von Frauen und Kindern in Fabriken wurde für dringlich erklärt. Die Deputirtenkammer nahm mit 306 gegen 144 Stimmen einen Nachtragscredit von 12 Millionen Francs für Tongking an und beschloß nach längerer Berathung, in die Specialdebatte über den Antrag Bovier⸗Lapierre einzutreten.
Die Bestimmungen für die Alpenmanöver beim XIV. und XV. Armee⸗Corps verfügen, daß 13 Alpenbataillone einen dreimonatigen Aufenthalt in den Hochthälern nehmen, Ee dessen sie an verschiedenen Manovern theilzunehmen gaben.
16 Bataillone der Subdivisions⸗Regimenter beider Armee⸗Corps beziehen auf die Dauer von drei Wochen Alpen und haben für diese Zeit
Ortsunterkunft in den ihre Reservisten einzuberufen. Weitere 13 Bataillone sollen in der Umgebung der Befestigungen von Nizza und Lyon Kriegsmärsche ausführen und werden dazu die Bataillone der Regional⸗Regimenter von Briançon, Modane und Tournon (Lyon) herangezogen. Ebenso ist für 4 Schwadronen von jedem Cavallerie⸗Regiment sowie für die 7 Gebirgsbatterien beider Armee⸗Corps ein dreiwöchiger Aufenthalt im Hochgebirge vorgesehen. Die Herbstmanöver werden sich dann auf die Manöver der 27. und 30. Division gegeneinander beschränken, während die 28. und 29. Division nur Brigade⸗Manöver abzuhalten haben.
Der Polizei⸗Präfect von Paris hat, dem „W. T. B.“ zufolge, sämmtlichen französischen Behörden die telegraphische Weisung ertheilt, den Urheber der Explosion am Boule⸗ vard St. Germain, Färbereigehilfen Rarachol zu ver⸗ haften. Das „Journal des Débats“ meldet, die Polizei hätte eine Gruppe von Anarchisten entdeckt, die beschlossen hätten, bei ihrem Vorgehen sich des Giftes zu bedienen. Drei Personen seien bereits verhaftet. Die von denselben her⸗ gestellten Producte seien zur Untersuchung in ein Laboratorium gesandt worden.
Ein Telegramm aus St. Louis am Senegal meldet, Oberst Humbert habe am 11. März bei Fabolo und bei Diassoka zwei neue Erfolge über die Leute Samory's er⸗ fochten. Der Gegner habe die Colonne auf dem Rückmarsche von Bissandugu nach Sammakoro angegriffen, sei aber zurück⸗
zunden.
Italien.
In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer richtete Imbriani eine Anfrage an die Regierung, wie diese sich zu der öffentlichen Kundgebung des Grafen Taverna zu verhalten gedenke, die in einem an das Comité für die Errichtung des Victor⸗Emanuel⸗Denkmals in Pavia sandten Briefe über die Betheiligung Cavour’'s und der gemäßigten Partei an der Einigung Italiens zu erkennen sei. Der Erste
Präsident der Kammer erklärte, wie man dem „W. T B⸗* berichtet, diese Anfrage für inopportun, da es nicht angeh⸗ Handlungen von Barern oder Senatoren zum Ge mnaebe der Controle der Kammer zu machen. Auf den — Imbriani's, Graf Taverna sei nach einer Erklärun 8 Minister⸗Präsidenten Marchese di Rudini zum Botschaß
designirt, erwiderte der Präsident, eine Designation sei Fnns keine officielle Ernennung. Herr di Rudini stimmte der uch sicht des Präsidenten bei und erklärte, die Anfrage nicht es worten zu können. Imbriani bemerkte hierauf, er werde heine Frage wiederholen, wenn Taverna s Ernennung zum Bor schafter erfolgt sein werde. Eine weitere Interpellation des⸗ selben Abgeordneten bezog sich auf einen Artikel der „Neuen Freien Presse“ über die Anwendun der Weinzollclausel des Handelsvertrages zwischen Oesterreich⸗Ungarn und Italien gegenüber Oesterreich⸗ Ungarn. Der Minister⸗Präsident lehnte zunächst die Beant⸗ wortung der Interpellation ab; als Imbriani aber auf seins. Anfrage beharrte, erklärte Herr di Rudini: Oesterreich⸗ Ungarn werde die Clausel dem Vertrage entsprechend anwenden sobald der italienische Zollsatz zur Geltung gelangt sei. 8
In dem Anarchistenprozeß gegen Cipriani und Ge⸗ nossen wegen Theilnahme an den Unruhen am 1. Mai hat der Staatsanwalt nunmehr gestern sein Plaidoyer beendet Bei sechs Angeklagten wurde die Anklage zurückgenommen, gegen alle anderen beantragte der Staatsanwalt verschiedene Strafen, gegen den deutschen Studenten Körner 18 Monate Einschließung. 6
Schweiz.
Der Vorstand des Schweizerischen landwirth⸗ schaftlichen Vereins hat an den Bundesrath und die Bundesversammlung eine Eingabe bezüglich der Handels⸗ beziehungen der Schweiz zu Frankreich gerichtet, in welcher es nach einer telegraphischen Mittheilung des „Wolffschen Bureaus“ aus Bern heißt: Das gegenwärtige Provisorium Frankreich gegenüber könne unmöglich auf die Dauer be⸗ stehen; im ganzen Lande mache sich eine tiefgehende Mißstimmung geltend. Wenn Frankreich nicht ganz er⸗ hebliche Concessionen, namentlich in Bezug auf Käse, Butter, Fleisch, Vieh und Holz machen wolle, so sei ein Zollkampf vorzuziehen. In diesem Falle möge der Bundesrath durch Erhöhung des schweizerischen Generaltarifs die Einfuhr aus Frankreich zu Gunsten derjenigen Länder, welche der Schweiz entgegengekommen sind, erschweren, eventuell unmöglich machen.
Rumänien.
Der Senat hat mit 72 gegen 2 Stimmen den Adreß⸗ entwurf angenommen, nachdem der Minister⸗Präsident Catargiu und der Justiz⸗Minister Marghiloman die Anklagen wegen Einmischung in die Wahlen widerlegt hatten.
Die Regierung hat heute der Kammer eine Credit⸗ vorlage in Höhe von 29 Millionen Lei für den Bau des Centralbahnhofs sowie von Eisenbahnwerkstätten in Bukarest gemacht.
Serbien. Die Skupschtina nahm, wie „W. T. B.“ berichtet, in ihrer gestrigen Sitzung eine Tagesordnung an, worin der Minister⸗Präsident Pasics von der Beantwortung der Inter⸗ bvellation entbunden wird, die der Deputirte Masics wegen des angeblich von Pasics im serbisch⸗bulgarischen Kriege von 1885 begangenen Hochverraths eingebracht hatte. Diesem Beschlusse war eine äußerst lebhafte Debatte vorangegangen, in der einzelne Redner sich zu gröblichen Beschimpfungen ver⸗ stiegen. Der Minister des Auswärtigen Gjorgjevics beant⸗ wortete sodann eine Interpellation wegen des Metropoliten Michael, bezeichnete diese als eine bedauerliche Verleumdun und verlangte den Uebergang zur Tagesordnung, der g- lebhafter Debatte mit allen gegen vier Stimmen angenommen wurde. Bulgarien.
In dem Prozeß gegen Luboemsky wegen Spionag und Bestechung wurde laut Meldung des „W. T. B.“ der Angeklagte mit Rücksicht darauf, daß er Ausländer ist und das Land sich gegenwärtig nicht im Kriegszustand befindet, von der Anklage der Spionage freigesprochen, dagegen wegen versuchter Bestechung unter erschwerenden Umständen zu acht⸗ jährigem Gefängniß und 20 000 Fr. Geldbuße verurtheilt. Der Angeklagte hatte behauptet, daß die Informationen, die er sich zu verschaffen gesucht hatte, für Oesterreich⸗Ungarn be⸗ stimmt gewesen seien. Der Secretär des österreichisch⸗ ungarischen General⸗Konsuls constatirte jedoch, daß ihm einer solchen Bestimmung der Informationen Luboemskys nichts bekannt sei.
Schweden und Norwegen.
Der schwedische Reichstag verhandelte gestern über den Antrag der Regierung: Die Zahl der Mitglieder der Ersten Kammer auf 150 und diejenige der Mitglieder der Zweiten Kammer auf 225 festzusetzen. Die Erste Kammer nahm, laut Meldung des „W. T. B.“ aus Stockholm, den Vorschlag der Regierung mit 84 gegen 43 Stimmen an; die Zweite Kammer genehmigte zunächst nur den ersten Para⸗ graphen über die Mitgliederzahl der Ersten Kammer und zwar mit 121 gegen 96 Stimmen, lehnte aber in einer Abendsitzung mit 116 gegen 100 Stimmen den Paragraphen der Regierungs⸗ vorlage, durch welchen die Mitgliederzahl der Zweiten Kammer auf 225 festgesetzt wird, ab.
Amerika. Der letzte Schriftwechsel zwischen dem Marquis
von Salisbury und dem Präsidenten Harrison in der Beringsmeerfrage ist gestern dem Senat der Ver⸗ einigten Staaten unterbreitet worden. Dem „W. T. . wird darüber aus Washington berichtet: In der Note Lord Salisbury's wird die Weigerung der englischen Regierung, den bisherigen modus vivendi zu erneuern, aufrechterhalten und eine Reihe von Gegenvorschlägen gemacht. Die Erwiderung des Präsidenten Harrison ist in lebhaftem Tone gehalten; der Prã⸗ sident erklärt darin, wenn die großbritannische Regierung darauf bestehe, den Maßregeln zum Schutze des Robbenfanges ihre Mitwirkung bis nach der Austragung der Frage dur ein Schiedsgericht zu versagen, so werde er sich genöthigt sehen, die bestehenden Gesetze zur Anwendung zu bringen und den Robbenfang im Beringsmeer nöthigenfalls gewaltsam zu ver⸗ hindern. Nach kurzer geheimer Berathung beschloß der Senat, die Noten dem Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten zu überweisen.
Parlamentarische Nachrichten. In der heutigen (202.) Sitzung des Reichstags, der Ztaatssecretäre Dr. von Boetticher und Freiherr Maltzahn beiwohnten, stand unächst die zweite des Gesetzentwurfs, betreffend den Verkehr mit
inholtigen und weinähnlichen Getränken, auf der Tagesordnung. 1 . dageznverandert genehmigt wurden die §§ 1 und 2, der § 3 nit einer vom Abg. Dr. Witt e (dfr.) “ Aenderung, nach welcher technisch reiner Stärkezucker den Zuckerarten bei⸗ gefügt wird, deren Zusatz gestattet werden soll.
Director des Kaiserlichen Gesundheitsamts Köhler hatte
en die Zulassung des reinen Stärkezuckers zu erinnern, daß Be Fabrikation in Deutschland nicht in ausgedehntem Um⸗ ange betrieben, also die Gefahr des Bezuges der Waare aus Amerika eintreten würde ohne Gewähr für ihre völlige
Reinheit.
84 lautet:
SAls Verfälschung des Weins im Sinne des Nahrungsmittel⸗ fetzes ist insbesondere anzusehen die Herstellung von Wein unter zerwendung 1) eines Aufgusses von Zuckerwasser auf ganz oder
Feilweise ausgepreßte Trauben; 2) eines Aufgusses von Zuckerwasser
ui Weinhefe; 3) von Rosinen, Korinthen, Saccharin oder anderen als en in § 3 Nr. 4 bezeichneten Süßstoffen; 4) von Säuren oder zurehaltigen Körpern oder von Bouquetstoffen; 5) von Gummi der anderen Körpern, durch welche der Extractgehalt erhöht wird,
doch unbeschadet der Bestimmungen zu § 3 Nr. 1 und 4.
Die unter Anwendung eines der vorbezeichneten Verfahren her⸗ estellten Getränke dürfen nur unter einer ihre Beschaffenheit er⸗ ennbar machenden oder einer anderweiten, sie vom Wein unter⸗ beidenden Bezeichnung (Tresterwein, Hefewein, Rosinenwein,
Kunstwein oder dergl.) feilgehalten oder verkauft werden. Der loße Zusatz von Rosinen zu Most oder Wein gilt nicht als Ver⸗ ilschung bei Herstellung von solchen Weinen, welche als Dessert⸗
Süd⸗, Süß⸗) Weine ausländischen Ursprungs in den Verkehr kommen.
Abg. Gröber (Centr.) beantragt folgende Fassung des Abs. 2: „Die unter Anwendung eines der bezeichneten Ver⸗ fahren hergestellten Getränke dürfen nur unter einer das Verfahren oder die Beschaffenheit erkennbar machenden und sich von Weine unterscheidenden Bezeichnung“ ꝛc.
Abg. Dr. Bürklin (nl.) will in § 4 Abs. 1 als Nr. 6 einschalten: „6) von Wasser und Sprit (Mouillage)“; in Abs. 2 will er hinter Getränke einschalten: „oder Mischungen zerselben mit Weinen“. Er führte aus, daß die früher sehr im Schwange befindlich gewesene Mouillage durchaus unter die Heclarationspflicht gestellt werden müsse, da man sonst gegen die Grundtendenz des Gesetzes verstoße, den Verschnitt von Wein mit Wein und nicht den Verschnitt von Wein mit Wasser zu begünstigen.
Die Abstimmung über den Antrag Bürklin ergiebt, daß das Haus nicht beschlußfähig ist (80 für, 101 gegen den Antrag). Die Sitzung wurde aufgehoben und um 21 ½ Uhr wieder eröffnet. (Schluß des Blattes.)
— In der heutigen (5.) Sitzung des Herrenhauses, der der Vice⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums Dr. von Boetticher, der Minister des Innern Herrfurth, der Justiz Minister Dr. von Schelling, der Finanz⸗Minister Dr. Miquel und der Minister für Landwirthschaft ꝛc. von Heyden beiwohnten, wurden zunächst auf Vorschlag des Wirklichen Geheimen Raths von Kleist⸗Retzom in die Matrikelcommission die bisherigen Mitglieder Dr. Dernburg, Prinz zu Hohenlohe⸗Ingelfingen, von Vinterfeldt⸗Menkin, Graf Zieten⸗Schwerin durch Zuruf wiedergewählt, ebenso in die Staatsschuldencommission ie Herren von Klützow, von Pfuel und der Kammer⸗ gerichts⸗Präsident Drenkmann gewählt.
Der Bericht über die Ausführung des 86 des Gesetzes vom 9. Mai 1899, betreffend den weiteren Erwerb von Privateisenbahnen für den Staat, wurde auf Antrag der Eisenbahncommission durch Kenntniß⸗ nahme für erledigt erklärt. Darauf folgte der Gesetzentwurf, betreffend die Kosten Königlicher Polizeiverwaltungen in Stadt⸗ gemeinden.
Bei Schluß des Blattes befürwortete der Berichterstatter der Commission für communale Angelegenheiten, Ober⸗Bürger⸗ meister Struckmann, die unveränderte Annahme des Gesetz⸗ entwurfs.
— In der heutigen (41.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, der der Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch beiwohnte, stand als erster Gegen⸗ tand auf der Tagesordnung die zweite Berathung des Gesetzentwurfs zur Ergänzung der Gesetze, be⸗ treffend das Ruhegehalt der emeritirten Geist⸗ lichen vom 15. März 1880 und betreffend die Fürsorge für die Wittwen und Waisen der Geistlichen der evangelischen Landeskirche in den neun älteren Provinzen der Monarchie vom 15. Juli 1889.
Der Gesetzentwurf wurde mit dem Antrage des Abg. Korsch (conf.): „Der Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Ge⸗ setes wird durch Königliche Verordnung bestimmt“, ange⸗ nommen.
Es folgte die dritte Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Sterbe⸗ und Gnadenzeit bei Pfarr⸗ stellen, sowie die kirchliche Aufsicht über die Ver⸗ mögensverwaltung der Kirchengemeinden inner⸗ halb der evangelischen Landeskirche der älteren Provinzen der Monarchie.
Nach einer Erklärung des Abg. Dr. Langerhans (dfr.), daß die Freisinnigen gegen die Vorlage stimmen würden, rrfolgte die Annahme.
Dearauf trat das Haus in die erste und zweite rathung des Gesetzentwurfs, betreffend die
ation der Vorschriften § 72 Abs. 1 des Einkon teuergesetzes vom 24. Juni 1891 und § 51 Abs.
Bewerbesteuergesetzes von demselben Tage, ein. ꝙDie Abgg. von Jagow (cons.) und Dr. Gerlich 2 hielten die Vorlage nicht für ausreichend und mpfahlen deshalb die Ueberweisung an eine Commission von
itgliedern.
Das Haus beschloß demgemäß. 8 Den vierten Gegenstand der Tagesordnung bildete die Nerathung der Rechnungen der Kasse der Ober⸗ ehneskammer für das Jahr vom 1. April
Ber
ard) wurde über die Rechnungen Decharge ertheilt.
der Rechnungscommission (Referent Abg. 8 8
Als letzter Gegenstand der Tagesordnung stand schließlich
zur Verhandlung die erste Berathung des Gesetz⸗ entwurfs, betreffend die Abänderung einzelner Bestimmungen des Allgemeinen Berggesetzes vom 24. Juni 1865. Die Abgg. Dr. Schultz⸗Bochum (nl.) und Dr. Ritter (freicons.) vertraten die Ansicht, daß die Vorlage hauptsächlich die Interessen der Arbeiter wahre, während sie die der Arbeit⸗ geber zu wenig berücksichtige.
Die Abgg. Stötzel (Centr.), Dasbach (Centr.), Letocha (Centr.) und Eberty (dfr.) dagegen meinten, daß durch die Vorlage die Arbeiter bezüglich ihrer Rechte nur auf eine Stufe mit den anderen gewerblichen Arbeitern gestellt würden.
Der Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch erklärte seine Bereitwilligkeit, in der Commission Aenderungen in einzelnen Punkten eintreten zu lassen. Die Bestimmungen der Gewerbeordnung müßten seiner Meinung nach analoge Anwendung auf die Bergarbeiter finden, eine venfich die auch der Staatsrath vertreten habe. (Schluß des Blattes.)
— In der Budgetocommission des Reichstags wurde heute die Nachtragsforderung von 2 Millionen Mark zu den Kosten der Betheiligung des Reichs an der Welt⸗ ausstellung in Chicago berathen und einstimmig be⸗ willigt, nachdem Geheimer Regierungs⸗Rath Wermuth mitgetheilt, daß die anfängliche Zurückhaltung der deutschen Gewerbetreibenden einem noch wachsenden Interesse Platz gemacht habe. Es sei jetzt anzunehmen, daß nahezu sämmt⸗ liche wichtigeren Gewerbszweige durch hervorragende Leistungen vertreten sein würden.
— Amtliches Wahlresultat der am 19. d. in Mecklen⸗ burg⸗Strelitz vorgenommenen Reichstags⸗Ersatzwahl. Abgegeben wurden im ganzen 17 408 St. Hiervon erhielt Graf Hermann von Schwerin⸗Wolfshagen (deutsch⸗ conservativ) 8281 St., Gutspächter Conrad Wilbrandt⸗ Pisede (deutsch⸗freisinnig) 6525 St., Dr. Franz Lüttgenau in Berlin (Socialdemokrat) 2597 St. Es ist somit eine Stich⸗ wahl zwischen dem Grafen von Schwerin und dem Guts⸗ besitzer Wilbrandt erforderlich.
— Die Wahlprüfungscommission des Reichstags beantragt in einem zweiten Bericht, die Wahl des Abg. von Reden (nl.) im 9. hannoverschen Wahlkreise, über deren Gültigkeit in den Sitzungen des Reichstags vom 3. und 4. Dezember 1890 die Abstimmung bis zum Eingang weiterer Ermittelungen ausgesetzt war, nunmehr für gültig zu erklären. 8
— Dem Hause der Abgeordneten ist der Gesetz⸗ entwurf, betreffend die Aufhebung der Befreiung von ordentlichen Personalsteuern gegen Entschädigung (der ehemals Reichsunmittelbaren)., zugegangen. Die Steuerfreiheit soll danach am 1. April 1892 aufhören: die Entschädigung soll den 131⁄ͤfachen Betrag der für 1892/93 veranlagten Einkommensteuer betragen.
— Die XII. Commission des Hauses der Abgeordneten zur Vorberathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Auf⸗ hebung der durch die Verordnung vom 2. März 1868 ver⸗ hängten Beschlagnahme des Vermögens des Königs Georg, besteht aus folgenden Abgeordneten: Brandenburg, Vor⸗ sitzender, Simon von Zastrow, Stellvertreter des Vorsitzenden, Dr. Heve, Schriftführer, Dr. Beckmann, Schriftführer, von Bockelberg, von Buch, Graf von Kanitz, von Rauchhaupt, Krah, von Tzschoppe, Freiherr von Zedlitz und Neukirch, Dr. Friedberg, Dr. Krause, Dr. Sattler, Tannen, vonder Acht, Bödiker, Dr. Brüel, Cahensly, Im Walle und Richter.
Nr. 12 der Veröffentlichungen des Kaiserlichen Ge⸗ sundheitsamts vom 22. März hat folgenden Inhalt: Gesund⸗ heitsstand. Mittheilungen über Volkskrankheiten, insb. Influenza. — Sterbefälle in deutschen Städten mit 40 000 und mehr Ein⸗ wohnern. — Desgl. in größeren Städten des Auslandes. — Erkran⸗ kungen in Berliner Krankenhäusern. — Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. — Gesundheitsverhältnisse des österreichisch⸗ ungarischen Heeres 1891, 2. Halbjahr. — Witterung. — Zeitweilige Maßregeln gegen Volkskrankheiten. (Oesterreich, Niederlande, Egypten.) — Thierseuchen in Norwegen 1891, 4. Vierteljahr. — Desgl. in den Niederlanden. — Rinderpest in der Türkei. — Veterinär⸗polizeiliche Maßregeln. (Oesterreich, Großbritannien, Belgien.) — Gesetzgebung u. s. w. (Deutsches Reich.) Be⸗ förderung fäulnißfähiger thierischer Abfälle auf Eisenbahnen. — (Preußen.) Tuberkulose. — Influenza. — Aerztliche Obergutachten in Angelegenheiten der Berufsgenossenschaften. — Apotheken⸗Verlegungen. — (Reg.⸗Bez. Cassel.) Thierhaarfabriken. — (Sachsen.) Studirende der Zahnheilkunde. — (Elsaß⸗Lothringen. Unter⸗Elsaß.) Straßen⸗ reinlichkeit. — (Niederösterreich.) Trachom. — (Frankreich.) Schweine⸗ fleisch⸗Zoll. — (Belgien.) Viehbeförderung. — (Spanien. Cuba.) Kunstwein. — Rechtsprechung. (Badisches Verwaltungsgericht.) O — Viehseuchen. —
85
Oeffentliche Gesundheit. — Nahrungsmittel ꝛc. Verhandlungen von gesetzgebenden Körperschaften, Vereinen, Con⸗ gressen u. s. w. (Deutsches Reich.) Verkehr mit Wein ꝛc. — Aenderung des Krankenkassengesetzes. Dritte Berathung. — Beschlüsse des deutschen Landwirthschaftsraths. — (Preußen.) Apothekenwesen. — Ankündigung von Geheimmitteln. — Vermischtes. (Frankfurt a. O.) Städtisches Schlachthaus.
Nr. 5 des Archivs für Post und Telegraphie (Beiheft zum Amtsblatt des Reichs⸗Postamts, herausgegeben im Auftrage des Reichs⸗Postamts) hat folgenden Inhalt: I. ctenstücke und Aufsätze: Fernsprechberbindung London— Paris. — Die Entwickelung des Post⸗, Telegraphen⸗ und Fernsprechwesens im Ober⸗Postdirectionsbezirk Leipzig in zehn Jahren (1880 bis 1890). (Schluß.) — Der kur⸗ fürstlich sächsische Geograph Mag. A. F. Zürner: zugleich ein Beitrag zur Geschichte des Landkartenwesens. II. Kleine Mittheilungen: Der Fernsprecher in England. — Die Telegraphie in Guatemala im Jahre 1890. — Französische Posthalterei in Mainz. — Elektrische Erscheinungen in der Luft und ihre, wahrscheinlichen Ursachen. III. Literatur des Verkehrswesens: Die Post im Auslande. Eine Darstellung der Posteinrichtungen des Auslandes 85 amtlichen Suellen bearbeitet von Otto Sieblist, Kaiserlicher Postinspector, Ge⸗ heimer expedirender Secretär im Reichs⸗Postamt. Verlag von Julius Springer.
Berlin.
Kunst und Wissenschaft. 8
In der Sitzung des Elektrotechnischen Vereins am
22. März hielt der Ober⸗Ingenieur Herr von Dolivo⸗Dobro⸗ wolsky einen Vortrag, worin der Redner erklärte, wie man durch rationelle Anordnung und Dimensionirung der Transformatoren für Wechselstrom bezw. Drehstrom deren Wirkungsgrad erhöhen kann. Es wurde durch Consumcurven des Stromes für verschiedene Tages⸗ und IJahreszeiten nachgewiesen, daß bei Trans⸗ formatoren der „durchschnittliche’ Wirkungsgrad eine wesentlich wichtigere Rolle als der „marximale“ spielt, sodaß unter Um⸗
ständen durch Zulassung größerer Verluste bei die tagtäglichen Verluste kleiner gemacht werden können. Redner illustrirte seine Schlüsse durch Daten von Verhältnißzahlen bei Trans⸗ formatoren, welche er in der emeinen Elektricitäts⸗Gesellschaft construirt hat und welche einen durchschnittlichen jährlichen Wirkungs⸗ rad von über 90 % erreichen. — Herr Ingenieur H. Görges er⸗ äuterte im Anschluß an diesen Vortrag eine Methode, das Minimum der Magnetisirungskosten der Transformatoren in jedem gegebenen Falle rechnerisch zu bestimmen, wobei man entweder von einem be⸗ stimmten marimalen Spannungsverlust ausgehen oder auch diesen wieder mit Hilfe der Minimalrechnung bestimmen könne. — In dem darauf folgenden Vortrage „Ueber die Ausgiebigkeit der Ankerwickelungen bei Gleichstrom, Wechselstrom und Drehstrom“ zeigte Herr Görges, daß ein Anker bei derselben Geschwindigkeit und in demselben magnetischen Felde für die verschiedenen Stromarten verschieden große Arbeit liefere. Er liefere im allgemeinen die ge⸗ ringste Arbeit, wenn er gewöhnlichen Wechselstrom erzeuge, wie man auch die Wickelung anordnen möge; dagegen habe er bei Drehstrom und Gleichstrom annähernd dieselbe Ausgiebigkeit, und in bestimmten Fällen arbeite er bei Drehstrom sogar günstiger als bei Gleichstrom. Die nächste Sitzung des Vereins findet am 5. April statt.
† Im nächsten Monat wird in Schulte 8 Salon eine Früh⸗ jahrs⸗Ausstellung stattfinden, zu deren Beschickung sich elf Ber⸗ liner Künstler vereinigt haben. Diese „Vereinigung der Elf⸗ besteht aus J. Alberts, Hans Hermann, von W. Leistikow, Max Liebermann, Mosson, Mül wellv, Schnars⸗Alquist, F. Skarbina, F. Stahl un Hugo Vogel, fast durchweg Vertretern der modernen Richtung de Hellmalerei.
178% In Mainz gedenkt man im Herbst dieses Jahres eine Aus stellung für kirchliche Kunst zu veranstalten, die am 1. Se tember eröffnet werden soll.
†½% Der Burlington Fine⸗Arts Club in anstaltet in diesem Frühjahr eine Ausstellung v und niederländischen Gemälden des XV. hunderts aus Privatbesitz, die bei dem Reich lischen Sammlungen einen erlesenen Genuß verspricht.
— Aus Alsbach bei Zwingenberg wird der Tod des Schrift⸗ stellers Ernst Pasagué gemeldet. Pasqué, der ein Alter von 71 Jahren erreichte und früher Schauspieler am Darmstädter Hof⸗ thecter war, hat seit mehr als vier Decennien zahlreiche Romane, Erzählungen, Opernterte u. s. w. veröffentlicht. Auch Schriften über Musik⸗ und Theatergeschichte sind von ihm erschienen.
— Der am 2. Januar im Alter von 90 Jahren in Greenwich verstorbene Königliche Astronom Sir George Biddell Airy hat der „A. C.“ zufolge die Königin Victoria und kommen zu Erben aller seiner Büchsr, Manuscripte, Photo⸗ graphien und wissenschaftlichen Instrumente eingesetzt, welche nach Meinung der Testamentsvollstrecker für die Sternwarten von Green wich und Cambridge von Nutzen sein können.
Zum Director des neuen schweizerischen Lande Museums ist, der „Koln. Ztg.“ zufolge, Herr Heinrich Angs aus Regensberg im Canton Zürich vom Bundesrath ernannt worden.
— Im Feuilleton der deutschen „St. Petersburger Ztg.“ hat Herr Friedrich Steinchen soeben eine Reihe von Artikeln ver⸗ zfentlicht, worin er nachzuweisen sucht, daß er die im Jahre 1508 von Raphael für einige Edelleute in Siena gemalte, völlig verschollene „Madonna da Siena“ in St. Petersburg bei einem Antiquitäten⸗ händler aufgefunden habe.
— Ueber römische Funde in der Umgebung von Frankfurt a. M. wird der „Berl. phil. Wochenschr.“ Folgendes geschrieben: In der Gemarkung Nied bei Höchst, 7 km westlich von Frankfurt, waren am Ufer der Nidda unmittelbar vor ihrer Einmündung in den Main bereits am Anfang des Jahrhunderts zahlreiche Ziegelstempel von vier Legionen gefunden worden, die damals Veranlassung zu der An⸗ nahme eines Kastells boten, in dem man das viel gesuchte munimentum Traiani“ zu erkennen glaubte. Später kam man davon ab; in den letzten Jahren aber wurde durch Georg Wolff am Mainknie bei Hanau (Kesselstadt) ein großes Standlager als Endpunkt der ersten dauernden Besetzung des Mainlandes aufgefunden und gleichzeitig auch auf dem Frankfurter Domhügel deutliche Spuren einer militäri⸗ schen Niederlassung aufgedeckt, deren frühzeitige Anlage durch die Stempel der vierzehnten Legion bewiesen wurde. Dadurch erhielten auch die Nieder Funde eine neue Bedeutung, und es wurden neue Nach⸗ grabungen veranstaltet. Es wurden wichtige Anhaltspunkte für die Ausdehnung und Orientirung der Gesammtanlage gefunden und fest⸗ gestellt, daß die dicht südlich von der heutigen Chaussee zwischen der Stadt Höchst und dem Fel
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Dorf Nied das Feld des letzteren als erhöhter Damm durchziehende „alte Frank⸗ furt⸗Mainzer
Straße“ in ihrer Richtung der rechtsrheinischen Römerstraße entspricht. Unter ihr fand sich der römische Weg mit deutlich erkennbarem Profil vor, beglaubigt durch die in seinem Graben liegenden zahlreichen Ziegel mit Stempeln der vierzehnten Legion, die auch sonst in den tiefsten Schuttschichten gefunden wurden. In dieser Straße liegen alle bisher aufgedeckten Mauerfluchten, die zum Theil weit von ihr entfernt sind, senkrecht und parallel, wodurch für die Fortsetzung der Grabungen eine wichtige Grundlage gewonnen ist. Ganz besondere Aufmerksamkeit erregte die Aufdeckung eines vorzüglich erhaltenen Ziegelofens mit reichlichen Mengen von ihm verarbeiteten Materials, der durch Größe und Bauart sich von allen isher in Heddernheim und an anderen rechtsrheinischen Römerplätzen gefun⸗ denen Anlagen unterscheidet. Im Zusammenhange mit diesen Ar⸗ beiten wurde 3 km nordöstlich von Nied, bei Rödelheim, 2,80 m unter dem Niveau der Niedwiesen, in ehemals sumpfigem Gelände, ein mit großer Verschwendung von Eichenholz kunstvoll her⸗ gestellter Pfahlweg aufgedeckt, dessen römischer Ursprung sowohl durch seine Richtung von und nach römischen Trümmerstätten, als durch ausdrückliche Funde bestätigt wird. Dieser Fund dürfte, ab⸗ gesehen von dem Nachweis der Straße, von Bedeutung sein für die Frage nach der Construction wirklicher römischer „pontes longi“. — Am 17. März wurde nach dem „Hann. Cour.“ von Mr. enning in Bristol ein neuer, schwacher Komet im Sternbilde des „Cepheus' entdeckt.
— Die Akademie der Wissenschaften zu Paris hat, dem „Journ. d. Déb.“ zufolge, in ihrer Sitzung vom 21. d. M. den Agriculturchemiker Professor Hellriegel in Halle mit 32 Stimmen zu ihrem correspondirenden Mitglied gewählt. Sein Wettbewerber Winegradski in St. Petersburg erhielt drei Stimmen.
— Der bekannte Pariser Bronzegießer und Kunsthändler Barbedienne ist, wie man der „Frkf. Ztg.“ schreibt, am 21. d. M. gestorben. Er gründete seine Bronzegießerei im Jahre 1838 im Verein mit einem Mechaniker Collas, der ein Verfahren für die mathematische Verkleinerung von Bildhauerwerken erfunden hatte. Nachdem er mit einer sehr sorgfältigen und künstlerischen Wiedergabe der antiken Kunst⸗ werke begonnen und es in der Färbung der Bronze zu bedeutenden Verbesserungen gebracht hatte, ging er zur Vervielfältigung der neueren Schöpfungen über, und auf diesem Felde haben ihm die fran⸗ zösischen Bildhauer großen Dank zu zollen.
— Wie der Correspondent der „Dailv News“ in Athen be⸗ richtet, haben die Ausgrabungen am Piräus unlängst einen interessanten Fund, eine Probe altrömischer Mosaik, zu Tage gefördert. Das Ganze bildet ein Viereck, in dessen Mitte sich ein rundes Medaillon von zwei Fuß im Durchmesser befindet. Dieses Medaillon stellt ein beflügeltes und von Schlangen umringeltes Medusa⸗Antlitz dar. Der Kopf ist in edlem Stil gehalten; die Details und Licht⸗ und Schatteneffecte sind mittels verschiedenfarbigen Marmors, von welchem mindestens neun verschiedene Sorten benutzt sind, in bewunderungswürdiger Weise ausgeführt
Berkehrs⸗Anstalten. 1 8.
Bremen, 23. März. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer „Aller“ ist heute Morgen in New⸗York an⸗ gekommen. Der Dampfer „Sachsen“ ist gestern Vormittag in Shanghai eingetroffen.