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önigreich Preußen.
Bei der Veröffentlichung der durch Allerhöchsten Erlaß vom 9. Dezember v. J. bestätigten neuen Statuten der Frankfurter Bank vom 17. März 1891 in der Zweiten Beilage der Nr. 69 des „Reichs⸗ und Staats⸗Anzeigers“ waren die 8S 13 bis 31 ausgefallen. Wir theilen daher die Statuten noch einmal vollständig mit:
1“ 8 Statuten der Frankfurter Bank vom 17. März 1891. 86 1 Genehmigt durch Allerhöchsten Erlaß vom 9. Dezember 1891.
Firma, Sitz und Dauer der Gesellschaft. § 1.
Frankfurter Bank —
ist im Jahre 1854 in Frankfurt a. M. eine Actiengesellschaft errichtet worden. Dieselbe nimmt unter Beibehaltung der seitherigen Firma auf Grund der Beschlüsse der Generalversammlung vom 17. März 1891 an Stelle der seitherigen die nachstehenden Statuten als Grund⸗ gesetz an.
Unter der Firma
Der Sitz und die Verwaltung der Bank sind in Frankfurt a. M. Die Bank kann nach Maßgabe der §§ 42 und 44 Absatz 3 des Reichs⸗ bankgesetzes vom 14. März 1875 Filialen und Agenturen an ander n Orten errichten.
Die Zeitdauer der Bank ist nicht beschränkt.
Die Bank hat sich den Bestimmungen des § 44 (Nr. 1 — 7) des
Reichsbankgesetzes vom 14. März 1875 unterworfen.
Grundkapital, Actien, Actionäre und Bekanntmachungen der Gesellschaft. 8 2
S 2.
Das Grundkapital beträgt 10 000 000 Gulden (= ℳ6 17142857,14), eingetheilt in 20 000 vollbezahlte Actien auf Namen lautend zu je 500 Fl. Die Generalversammlung vom 17. März 1891 hat beschlossen, das Grundkapital auf die Summe von 18 000 000 ℳ zu erhöhen und den Aufsichtsrath beauftragt, neben der hierzu erforderlichen Ausgabe neuer Actien zu 1000 ℳ, auf den Inhaber lautend, die Besitzer der alten 500 Fl. Actien aufzufordern, diese Titel gegen neue Inhaber⸗ Actien zu 1000 ℳ umzutauschen. — 3
Weitere Kapitalerhöhungen können durch die Generalversamm⸗ lung (siehe § 34) beschlossen werden und bedürfen laut § 47 des Reichsbankgesetzes vom 14. März 1875 der Genehmigung der Königlich preußischen Staatsregierung, bezw. des Bundesraths.
In jedem Falle einer Erhöhung des Grundkapitals hat der be⸗ treffende Beschluß gleichzeitig den Mindestbetrag (nicht unter dem Nennwerth) zu bezeichnen, für welchen die neuen Actien ausgegeben werden.
Alle weiteren Bestimmungen über die Modalitäten einer neuen Emission bleiben, sofern nicht gesetzlich oder statutarisch festgesetzt, der
Beschlußfassung des Aufsichtsraths vorbehalten.
§ 6.
Einzahlungen auf die Actien beschließt der Aufsichtsrath. Die Aufforderung dazu hat mindestens dreimal durch Bekanntmachung in den Gesellschaftsblättern zu erfolgen, das dritte Mal wenigstens vier Wochen vor dem für die Einzahlung gesetzten Schlußtermin.
Ein Gesellschafter, welcher den eingeforderten Betrag nicht zur rechten Zeit einzahlt, ist zur Zahlung sechsprocentiger Verzugszinsen verpflichtet. Im übrigen gelten für den Säumnißfall die gesetzlichen Bestimmungen. §. 7.
Die Actien⸗Interimsscheine und die Actien werden von je zwei Mitgliedern des Aufsichtsraths und einem Mitgliede der Direction vollzogen; zwei dieser Unterschriften können per facsimile aufgedruckt werden.
Die Dividendenscheine und Talons tragen die Faesimile⸗Unter⸗ schriften zweier Mitglieder der Direction.
Bis zur Zeit des vollzogenen Umtausches aller Guldenactien gegen Markactien bestehen die jeweilig im Umlauf befindlichen 500 Gulden⸗ actien, welche auf Namen lauten, und die ausgegebenen neuen 1000 Markactien, ausschließlich auf Inhaber lautend, gleichrechtlich im Verhältniß ihres Nominalwerthes nebeneinander.
Die Uebertragungen der alten Actien zu 500 Fl., auf Namen lautend, können durch einfaches Indossament erfolgen. Der Erwerber kann verlangen, daß sein Name in dem Actiengrundbuch bemerkt werde, muß aber dann das auf ihn lautende letzte Indossament vor⸗ zeigen. Die Echtheit der Indossamente zu prüfen ist die Actiengesell⸗ schaft nicht verpflichtet.
Die Erhebung der Dividenden geschieht gegen Auslieferung der darüber ausgestellten, auf den Inhaber lautenden Coupons, welche sammt Talons mit den Actien auf längstens fünfzehn Jahre ausgegeben werden.
Die im Umlauf befindlichen 20 000 Actien zu 500 Fl. sind zur Zeit nur mit fortlaufenden Dividendescheinen, der letzte Nr. 38 pro 1893, versehen, ohne Talons.
Dividenden, welche nicht innerhalb fünf Jahren von der Be⸗ kanntmachung der Fälligkeit an gerechnet, bei der Bank erhoben werden, sind der Gesellschaftskasse verfallen; die darüber ausgestellten Divi⸗ öG sind erloschen und geben keinen Anspruch mehr gegen die Bank.
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§ 9. Jeder Actionär ist durch die Thatsache des Besitzes einer Actie diesem Statut unterworfen. Soweit es sich um die Erfüllung von Verpflichtungen gegen die handelt, ist Frankfurt a. M. der Gerichtsstand für jeden Actionär.
§ 10. Ddie gesetzlichen und statutarischen Bekanntmachungen der Gesell⸗ schaft erfolgen vom Aufsichtsrath bezw. der Direction mittels Ein⸗ g
rückens in den „Deutschen Reichs⸗Anzeiger“, die „Frankfurter Zeitung“, 8 das „Frankfurter Journal“, ““ Einmalige Bekanntmachung genügt, sofern nicht mehrfache durch das Gesetz oder die Statuten vorgeschrieben ist. Die Beifügung von Namensunterschriften ist nicht erforderlich. Würde eines der drei letztgenannten Blätter eingehen oder würden aus anderem Grunde Bekanntmachungen in denselben nicht erfolgen können, so genügt bis zu anderem Beschluß der Generalversamm⸗ lung die Bekanntmachung in den übrigen zugänglichen Gesellschafts⸗ attern.
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Geschäftskreis. g8n
Die Frankfurter Bank ist befugt, nach Maßgabe des Reichsbank⸗ gesetzes vom 14. März 1875, folgende Geschäfte zu betreiben:
1) Gold und Silber in Barren und Münzen zu kaufen und zu verkaufen. -2 Wechsel, welche eine Verfallzeit von höchstens drei Monaten haben, und aus welchen in der Regel drei, mindestens aber zwei als zahlungsfähig bekannte Verpflichtete haften, ferner Schuldverschrei⸗ bungen des Reichs, eines deutschen Staates oder inländischer commu⸗ naler Corporationen, welche nach spätestens drei Monaten mit ihrem Nennwerthe fällig sind, zu discontiren, zu kaufen und zu verkaufen.
3) Zinsbare Darlehen auf nicht länger als drei Monate gegen bewegliche Pfänder zu ertheilen (Lombardverkehr) und zwar:
a. gegen Gold und Silber. gemünzt und ungemünzt;
b. gegen zinstragende oder spätestens nach einem Jahre fällige und auf den Inhaber lautende Schuldverschreibungen des Reichs, eines deutschen Staates oder inländischer communaler Corporation
oder gegen zinstragende auf den Inhaber lautende Schuldverschrei⸗ bungen, deren Zinsen vom Reiche oder von einem Bundesstaate garantirt sind, gegen volleingezahlte Stamm⸗ und Stamm⸗Prioritäts⸗ Actien und Prioritäts⸗Obligationen deutscher Eisenbahngesellschaften, deren Bahnen im Betriebe befindlich sind, sowie gegen Pfandbriefe landschaftlicher, communaler oder anderer unter staatlicher Aufsicht stehender Boden⸗Credit⸗Institute Deutschlands und deutscher Hypo⸗ thekenbanken auf Actien zu höchstens 4 des Curswerthes;
c. gegen zinstragende, auf den Inhaber lautende Schuldver⸗ schreibungen nichtdeutscher Staaten, sowie gegen staatlich garantirte ausländische Eisenbahn⸗Prioritäts⸗Obligationen zu höchstens 50 % des Curswerthes; 8 8 1
d. gegen Wechsel, welche anerkannt solide Verpflichtete aufweisen, mit einem Abschlage von mindestens 5 % ihres Curswerthes;
e. gegen Verpfändung im Inland lagernder Kaufmannswaaren höchstens bis zu 3 ihres Werthes. gt
4) Schuldverschreibungen der vorstehenden, unter Ziffer 3 b be⸗ zeichneten Art zu kaufen und zu verkaufen, wobei jedoch der jeweilige Effectenbestand die Höhe der Hälfte des eingezahlten Grundkapitals und der Reserven nicht überschreiten darf. b 1
5) Für Rechnung von Privatpersonen, Anstalten und Behörden Incassos zu besorgen und nach vorheriger Deckung Zahlung zu leisten und Anweisungen oder Ueberweisungen auf ihre Zweiganstalten oder Correspondenten auszustellen. 2 —
6) Für fremde Rechnung Effecten aller Art, sowie Edelmetalle nach vorheriger Deckung zu kaufen und nach vorheriger Ueberlieferung zu verkaufen.
7) Verzinsliche und unverzinsliche Gelder im Depositengeschäfte und im Giroverkehr anzunehmen.
8) Werthgegenstände in Verwahrung und Verwaltung zu nehmen.
Die näheren Bedingungen des Betriebes dieser unter Ziffer 1—8 aufgeführten Geschäfte werden durch Reglements vom Aufsichtsrath festgestellt. “
Die Erwerbung und Veräußerung von Liegenschaften, ist der Bank nur für die Zwecke ihres Dienstes und auf Grund eines Be⸗ schlusses des Aufsichtsrathes (§ 25) gestattet.
§ 13
Der zur Sicherung oder Realisirung eigener Forderungen erfolgte Ankauf und Wiederverkauf von Gee ecr Waaren oder Werth⸗ papieren anderer Art als der vorbezeichneten ist durch die Be⸗ stimmungen des § 11 Nr. 4 und nicht ausgeschlossen.
Die Bank hat das Recht, Bankscheine, auf den Inhaber lautend, in Stücken von nicht unter hundert Mark auszufertigen und in Umlauf zu setzen. Dieses Recht der Bank erlischt am Schlusse des auf eine Kündigung von Seiten des Bundesraths, der Königlich preußischen Staatsregierung oder der Bank selbst unmittelbar folgenden Kalenderjahres.
Die Gesammt⸗Emission der Banknoten darf den Betrag von 34 285 700 ℳ nicht übersteigen.
Die Annahme der Bankscheine statt baaren Geldes beruht lediglich auf der freien Zustimmung des FöheengseEpfäcsgerg.
§ 15.
Die Bank ist verpflichtet, für den Betrag ihrer im Umlaufe be⸗ findlichen Banknoten jederzeit mindestens ein Drittheil in cursfähigem deutschen Gelde, Reichs⸗Kassenscheinen oder in Gold in Barren oder ausländischen Münzen, das Pfund fein zu 1392 ℳ gerechnet, und den Rest in discontirten Wechseln, welche eine Verfallzeit von höchstens drei Monaten haben und aus welchen in der Regel drei, mindestens aber zwei als zahlungsfähig bekannte Verpflichtete haften, in ihren Kassen als Deckung bereit zu
S
S .
Die Bank ist verpflichtet, an jedem Werktage in ihren gewöhn⸗ lichen Kassastunden ihre Bankscheine auf Verlangen in baarem Gelde einzulösen.
Dieselbe ist ferner verpflichtet, nach Maßgabe des § 44 Nr. 5 des Reichsbankgesetzes, alle deutschen Banknoten, deren Umlauf im gesammten Reichsgebiete gestattet ist, zu ihrem vollen Nennwerthe in Zahlung zu nehmen, so lange die Bank, welche solche Noten ausge⸗ geben hat, ihrer Noten⸗Einlösungspflicht pünktlich nachkommt.
Solche in Zahlung genommene Noten sind nach Vorschrift des § 44 Nr. 5 des Reichsbankgesetzes 14. März 1875 zu behandeln. 1
Der Aufruf und die Einziehung der Noten der Bank oder einer Gattung von Banknoten darf, nach Maßgabe des § 6 des Reichs⸗ bankgesetzes, nur auf Anordnung oder mit Genehmigung des Bundes⸗ raths erfolgen.
Organisation der Bank. § 18.
Die Organe der Gesellschaft sind: 1) der Vorstand (die Direction), 2) der Aufsichtsrath, 1.“ 3) die Generalversammlung der Actionäre. 8 §F 19. 8 ““ Die Direction bildet den Vorstand im Sinne des allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches und besteht aus zwei oder mehreren Personen, welche vom Aufsichtsrath ernannt werden.
Die Directions⸗Mitglieder vollziehen ihre Zeichnungen, indem sie der Firma der Gesellschaft oder der Benennung des Vorstandes ihre Unterschriften beifügen.
Außerdem kann der Aufsichtsrath das Recht der Mitzeichnung der Firma einem oder mehreren Gesellschaftsbeamten übertragen, welche ihrer Zeichnung einen die Procura oder die Vollmacht andeutenden Beisatz beizufügen haben.
Alle die Gesellschaft verpflichtenden Urkunden müssen von zwei Directions⸗Mitgliedern, oder von einem Directions⸗Mitgliede und einem Procuristen oder Handlungsbevollmächtigten unterzeichnet sein.
Der Aufsichtsrath kann jedoch beschließen, daß für abgegrenzte Geschäftszweige auch ein Directions⸗Mitglied, ein Procurist oder ein bevollmächtigter Beamter allein W Bank zeichnen können.
§ 20.
Das Verhältniß der Mitglieder der Direction unter einander, sowie ihr Verhältniß zum Aufsichtsrath, die Geschäftsvertheilung, die Anstellungsbedingungen, Tantièmenbezüge., Cautionsleistungen u. dgl. sind, unbeschadet der Bestimmungen des Art. 231 Abs. 2 des all⸗ gemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches, nach Inhalt der Reglements, der Dienstinstructionen und der Anstellungsbedingungen zu beurtheilen.
Die Dienstentlassung der Directions⸗Mitglieder kann, unbeschadet der Entschädigungsansprüche aus bestehenden Verträgen, nur bei Anwesenheit von drei Viertheilen der Mitglieder des Aufsichtsrathes mit einer Majorität von drei Viertheilen der Anwesenden beschlossen werden.
Soll ein Directions⸗Mitglied im Interesse der Bank an einer anderen gleichartigen Gesellschaft theilnehmen, so kann der Aufsichts⸗ rath die im § 232 des Handelsgesetzbuches dazu erforderliche Genehmi⸗ gung beschließen.
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§ 21.
Die Beamten und Bediensteten der Bank werden auf Vorschlag der Direction durch den Aufsichtsrath angestellt und entlassen. Die Direction kann dieselben jedoch provisorisch anstellen und suspendiren.
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Der Aufsichtsrath besteht aus höchstens zwanzig, mindestens aber neun Mitgliedern, welche von der Generalversammlung durch einfache (relative) Stimmenmehrheit in der Regel auf je fünf Jahre von ordentlicher zu ordentlicher Generalversammlung gewählt werden. Es können auch einzelne Wahlen auf einen kürzeren Zeitraum statt⸗ finden.
Die ausscheidenden Mitglieder sind sofort wieder wählbar.
So lange der Aufsichtsrath aus mehr als neun Mitgliedern be⸗ steht, ist bei Vacanzfällen eine Ergänzungswahl nicht erforderlich; sinkt jedoch die Mitgliederzahl unter neun, so ist innerhalb drei Monaten die Ergänzungswahl zu bewirken.
Mehrere Theilhaber ein und derselben Firma dürfen nicht gleich⸗
sichtsraths sei
Wenigstens Dreiviertel der Mitglieder des Aufsichts 2 in Frankfurt a. M. wohnen. 8 — Faths müsse
Der Aufsichtsrath wählt jährlich unmittelbar nach der G versammlung mit Stimmenmehrheit einen Vorsitzenden Aàe Stellvertreter, die ihren Wohnsitz in Frankfurt a. M. haben 1 em Er hält in der Regel monatlich eine ordentliche Sitzung; eine müssen. ordentliche muß der Vorsitzende berufen, wenn dieses von drei Me⸗ gliedern des Aufsichtsraths, oder von der Direction, oder Königlichen Staatscommissar verlangt wird. 1 dem
Den Sitzungen des Aufsichtsraths haben in der Regel der Rechtz consulent der Bank und der vorsitzende Director oder sein Stellverta 1b mit berathender Stimme beizuwohnen, sofern nicht persönliche Ar gelegenheiten derselben in Frage kommen. 8
Ueber die Verhandlungen des Aufsichtsraths wird ein Protok geführt, welches der jeweilig Vorsitzende und der Rechtsconsulent 8. Bank oder in Vertretung je eines derselben ein Aufsichtsrathsmit lied unterzeichnen. äcr g
§ 24.
Zur Beschlußfähigkeit ist die persönliche Anwesenheit von wenig⸗ stens der Hälfte der im Amte befindlichen Mitglieder des Aufsicht⸗⸗ raths erforderlich. Ist diese Zahl nicht erschienen, so kann in dri⸗ enden Fällen das Votum der Fehlenden schriftlich eingeholt werden Bei Abstimmungen entscheidet einfache Stimmenmehrheit und be⸗ Stimmengleichheit giebt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschl Schriftliche Ausfertigungen werden von dem Vorsitzenden oder gn⸗ Stellvertreter unterzeichnet.
.
Der Aufsichtsrath übt alle im Handelsgesetzbuche ihm über⸗ tragenen Functionen aus und kann für einen Weil dieser Functionen einzelne aus der Zahl seiner Mitglieder delegiren.
Er überwacht die Geschäftsführung der Gesellschaft, prüft die Bilanz und Vorschläge zur Gewinnvertheilung, über die er der General versammlung berichtet. Er erläßt die Betriebs⸗Reglements für die einzelnen Geschäftszweige und die Dienst⸗Instructionen für die Di⸗ rection; er beschließt über den Ankauf der zur Geschäftsführung er forderlichen Grundstücke und Gebäude.
§ 26. Für ihre Amtsverrichtungen beziehen die Mitglieder des Aufsichts⸗ raths Anwesenheitsmarken, deren 1 das Reglement bestimmt
Jedes Mitglied des Aufsichtsraths muß wenigstens sechs Actien zu 1000 ℳ besitzen. Diese sind während der Dauer der Functione des Aufsichtsrathsmitglieds unveräußerlich und werden ohne Dividende⸗ scheine und Talons bei der Bank hinterlegt.
Die ordentliche Generalversammlung findet in den ersten vier Monaten eines jeden Jahres statt.
Außerordentliche Generalversammlungen werden berufen, so oft der Aufsichtsrath bezw. die Direction es für erforderlich erachten Eine solche muß berufen werden, wenn ein oder mehrere Actionäre deren Antheile zusammen mindestens den zwanzigsten Theil des Grundkapitals darstellen, in einer von ihnen unterzeichneten Eingabe unter Angabe des Zweckes und der Gründe, dies verlangen. Fn gleicher Weise haben die Actionäre das Recht, dies zu verlangen, daß Gegenstände zur Beschlußfassung einer Generalversammlung angekün digt werden.
Die ordentlichen wie die außerordentlichen Generalversammlungen sind wenigstens 3 Wochen vor dem Versammlungstag mittels öffent⸗ licher Bekanntmachung zu berufen.
Ueber Gegenstände, deren Verhandlung nicht wenigstens eine Woche vor dem Tag der Generalversammlung durch öffentliche B kanntmachung angekündigt worden ist, können Beschlüsse nicht gefaßt werden, hiervon ist jedoch der Beschluß über den in einer General⸗ versammlung gestellten Antrag auf Berufung einer außerordentlichen Generalversammlung ausgeschlossen.
Zur Stellung von Anträgen und zu Verhandlungen ohne B schlußnahme bedarf es der Ankündigung nicht.
Die Zulässigkeit der Stellung solcher Anträge und der Ver⸗ handlung darüber ist indessen, soweit die Anträge nicht von dem Aufsichtsrathe oder Vorstande ausgehen, davon abhängig, daß die selben mindestens drei Tage vor der Generalversammlung dem Vor sitzenden des Aufsichtsraths schriftlich mitgetheilt worden sind.
Zur Theilnahme an der Generalversammlung sind alle diejenigen verfügungsfähigen Männer berechtigt, welche sich über den Besitz von einer oder mehr Actien ausweisen.
Actionäre, welche in der Generalversammlung ihr Stimmrecht ausüben wollen, müssen ihre Actien ohne Dividendescheine und Talons mindestens drei Tage vorher bei den in der Berufungsbekannt machung zu bestimmenden Stellen bis nach der Generalversammlu hinterlegen gegen Empfangnahme der Legitimationskarten zur Genera versammlung.
Jede Actie gewährt das Actienbeträgen ausgeübt.
Stimmrecht, dasselbe wird nach d
§ 30.
Jeder Actionär kann sich durch einen Bevollmächtigten aus der Zahl der übrigen stimmberechtigten Actionäre kraft öffentlicher ode Privatvollmacht vertreten lassen. 1
Pflegebefohlene und juristische Personen üben das Stimmrecht durch ihre gesetzlichen Vertreter aus. 8
Ueber die Gültigkeit der Vollmachten entscheiden die in der Ver⸗ sammlung anwesenden Mitglieder 6 Aufsichtsrathszs.
Der Vorsitzende des Aufsichtsraths oder dessen Stellvertreter oder wenn beide verhindert sind, ein anderes Mitglied, welches der Auf sichtsrath aus seiner Mitte erwählt, führt den “
Zwei Stimmenzähler werden auf den Vorschlag des Vorsitzenden von den Versammelten ernannt.
Ueber die Verhandlungen wird genommen.
Dasselbe enthält nicht die Discussionen, sondern nur die Resultate der Verhandlungen und wird lediglich von dem Vorsitzenden und den zwei Stimmenzählern unterzeichnet.
Die Generalversammlung beschließt, insoweit die gesetzlichen or statutarischen Vorschriften keine andere Bestimmung treffen, mit ein⸗ facher Stimmenmehrheit.
Die Abstimmung findet bei Wahlen stets schrifrlich statt, anderd Abstimmungen können mündlichstattfinden, wenn kein Widersprucherfolgt
§ 33.
Der ordentlichen Generalversammlung hat die Direction den Jahresbericht und der Aufsichtsrath den Bericht über die Prüfung der Jahresrechnungen, der Bilanz und der Anträge über die Gewinm. vertheilung zu erstatten. Der Jahresbericht der Direction muß nebst der Bilanz, einer Gewinn⸗ und Verlustrechnung und den von den Aufsichtsrathe dazu gemachten Bemerkungen mindestens zwei
2
ein notarielles Protokoll auf
Wochen vor der Versammlung in dem Geschäftslocale der Gesellschaft zur Einsicht der Actionäre aufliegen. ö
Die ordentliche Generalversammlung ertheilt dem Vorstande un⸗ dem Aufsichtsrathe Decharge, beschließt über die Vertheilung des Reingewinnes sowie die Gegenstände der Tagesordnung und nimmt die Wahlen zum Aufsichtsrathe vor.
Zu Beschlüssen über Abänderung der Statuten ist eine Mehrhei von wenigstens drei Viertheilen des in der Generalversammlung e. tretenen Actienkapitals erforderlich. Diese Vorschrift ist bei der Be rufung der Generalversammlung bekannt zu geben. 111“
Die Abänderung bedarf der Genehmigung der Königlich preuße⸗ schen Staatsregierung und bezw. des Bundesraths, wo diese de Reichsbankgesetz vorbehalten ist.
Die Auflösung der Gesellschaft kann nur dann gültig durch eir Generalversammlung beschlossen werden, wenn der darauf gerichne Antrag entweder vom Aufsichtsrath oder von einer Anzahl ver
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lionären gestellt ist, deren Antheile zusammen den zwanzigsten Theil Feiigrundfapitals darstellen. * In dieser Generalversammlung muß mindestens die 15 des veudkapitals vertreten und der Beschluß durch eine Mehrheit von Gr⸗ tens drei Viertheilen des vertretenen Kapitals gefaßt sein. wenigdi se Erfordernisse sind bei der Berufung der Generalversamm⸗ lung bekannt zu geben. 1“
us Bar wegen ungenügender Actienanmeldung die erste General⸗ erjammlung nicht beschlußfähig, so ist auf sechs Wochen später eine büee- Generalversammlung zu berufen, in welcher eine Mehrheit von drei Viertheilen des alsdann vertretenen Grundkapitals über die Auflésung beschließen kann. Diese Befugniß ist bei der Berufung
bekannt zu geben. 8.
Die Beschlüsse der Generalversammlung und die von ihr voll⸗ zogenen Wahlen sind, vorbehaltlich der Bestimmungen des Art. 222 des Handelsgesetzbuches, für alle Actionäre verbindlich, auch für die⸗ jenigen, welche in der Versammlung nicht erschienen sind.
Bilanz, Gewinnvertheilung, Reservefonds. S 21.
Das Geschäftsjahr der Bank ist das Kalenderjahr, mit dessen Ablauf am 31. Dezember die Rechnung geschlossen und die Bilanz gemäß Art. 185a des allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs und 2 8 9 . 92 92 8 8 8 8 3 5 § 8 Abs. 3 und 4 des kX“ wird. 8
Aus dem sich ergebenden Reingewinne wird
¹) den Actionären eine Dividende von 4 ½ % des eingezahlten Grundkapitals berechnet, vorbehaltlich der Vorschrift des Art. 185 b Nr. 1 des allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs;
sodann 4 8
2) von dem Mehrbetrage eine Quote von 20 % dem gesetzlichen
Reservefonds gutgeschrieben, solange derselbe nicht 4 des Grundkapitals beträgt. Diese Quote darf nicht geringer sein als der laut Art. 185 b Nr. 1 des allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs zuralljährlichen Zurücklegung vorgeschriebene Theil des jeweiligen Reingewinnes; 2 ) aus dem alsdann verbleibenden Ueberrest ist die etwaige ver⸗ tragsmäßige Tantième der Direction, wie Gratificationen an die An⸗ gestellten zu bestreiten. Der Rest ist zur Verstärkung der Dividende fär die Actionäre zu verwenden, soweit nicht die Generalversammlung andere Verwendung, wie Dotirung des Pensionsfonds, Errichtung von Specialreserven u. dgl. beschließt.
Der gesetzliche Reservefonds ist zur Deckung eines aus der Bilanz sic ergebenden Verlustes bestimmt. Derselbe soll auf die Höhe von 25 % des jeweils einbezahlten Grundkapitals gebracht und bei In⸗ anspruchnahme wieder dahin ergänzt werden.
Der bei den Actien⸗Emissionen erzielte Gewinn fließt dem gesetz⸗ lichen Reservefonds zu. 8 99.
neber die Reservefonds kann auf Beschluß des Aufsichtsraths gesonderte Rechnung und Verwaltung geführt werden. b
Die Zinsen der Anlagen der Reserven fließen dem allgemeinen Erträgniß zu. 3 Verhältniß der Bank 8 Staatsregierung.
Die Bank steht unter Oberaufsicht des Staates. Die Staats⸗ behörde und der Reichskanzler haben jederzeit das Recht, durch abzu⸗ ordnende Commissäre von dem Geschäftsstande der Bank Auskunft zu erheben und von den Protokollen, Büchern und Rechnungen in den Bureaur der Bank Einsicht zu nehmen, namentlich auch von der Be⸗ felgung des § 15 sich zu ö“
Die Staatsbehörde kann zu jeder Generalversammlung einen
Commissar senden. § 42.
Die jährlichen Rechnungsabschlüsse und Bilanzen sind in einer von der Wirection beglaubigten Ausfertigung der Staatsbehörde ein⸗ zureichen. “
“ § 43. 8 Die Staatsregierung behält sich das Recht vor, von der Frank⸗ zurter Bank auf die Dauer ihres Bestehens ein unverzinsliches Dar⸗ lehen bis zum Belaufe von einer Million Gulden gegen unterpfänd⸗ liche Hinterlegung städtischer 3 ½ procentigen auf den Inhaber aus⸗ gestellten, mit Zinsabschnitten und Zinsanweisung versehenen Schuld⸗ verschreibungen im Nominalwerthe derselben zu entnehmen.
Hat die Staatsregierung von diesem Rechte Gebrauch gemacht, so ist der Bank das von ihr gewährte Darlehen spätestens am Schlusse des Kalenderjahres zurückzuzahlen, in welchem das Recht der Bank zur Ausfertigung und Ausgabe von auf den Inhaber lautenden Bank⸗ scheinen nach Maßgabe des § 14 erlischt.
ASDSDOeutscher Reichstuagg. 202. Sitzung vom Donnerstag, 24. März, 12 Uhr.
Am Tische des Bundesraths die Staatssecretäre Dr. von Boetticher und Freiherr von Maltzahn. 1 8
Zur zweiten Berathung steht der Gesetzentwurf, betreffend den Verkehr mit Wein, weinhaltigen und weinähnlichen Getränken. 8
§ 1 zählt Stoffe auf, welche dem Wein u. s. w. bei oder nach der Herstellung nicht zugemischt werden dürfen: lösliche Aluminiumsalze, Baryumverbindungen, Borsäure, Glycerin, Kermesbeeren, Magnesiumverbindungen, Salicylsäure, unreiner Sprit, unreiner Stärkezucker, Strontiumverbindungen, Theer⸗ farbstoffe.
Abg. Dr. Endemann (nl.): Er möchte nur dem Satze der Motive widersprechen, daß die Salicylsäure eine hervorragend gesund⸗ beitsschädliche Wirkung ausübe. Sie beriefen sich dabei auf französische Gutachten, namentlich auf das der Pariser Akademie. Man dürfe aber nicht übersehen, daß diese deutsche Erfindung gerade in Frankreich von vornherein auch aus persönlicher Mißstimmung auf Abneigung ge⸗ stoßen sei. Die Salicylfäure als Desinfectionsmittel habe doch ihre große Berechtigung, und er finde es nicht richtig, daß die französischen Gutachten in den Motiven mit solcher Weitläufigkeit be⸗ handelt worden seien, während die von Pettenkofer und Lehmann sehr geringe Beachtung gefunden hätten. Dies nur zur Ehrenrettung einer ruhmpollen deutschen Erfindung. 8 ““
Abg. Dr. Witte (dfr.): Die Voranstellung der Strafbestim⸗ mungen in §§ 1 und 2 könnte den Gedanken erwecken, als wenn der deutsche Weinhandel ein derartiger sei, daß er öfter mit dem Straf⸗ richter in Conflict komme. Zur Ehre des deutschen Weinhandels müsse er aber hervorheben, daß er in seinem weitaus größten Theile sich einer ganz außerordentlichen Reellität erfreue. Fast alle genannten Stoffe kämen kaum irgendwie zur Anwendung. Auch er bedauere, daß die Salicylsäure, dieses hervorragende Product deutscher Er⸗
findungskraft, bei dieser Gelegenheit gewissermaßen stigmatisirt werde. Im cigentlichen inneren Weinhandel werde Salicyl kaum irgend Ver⸗ wendung gefunden haben und bei der Ausfuhr wahrscheinlich nur in geringen unschädlichen Mengen. Besonders freue es ihn, daß auch der mreine Stärkezucker künftig von der Weinbereitung ausgeschlossen und seine fernere Benutzung unter die Strafandrohungen des Nahrungs⸗ mittelgesetzes fallen solle. . Director des Kaiserlichen Gesundheitsamts Köhler: Allerdings fänden die im § 1 bezeichneten Stoffe nur ganz ausnahmsweise Ver⸗ wendung, diese Ausnahmen müßten aber verhindert werden. Die Strafbestimmungen seien aus technisch⸗legislativen Gesichtspunkten vorangestellt worden. Man pflege die durchgreifendsten Verbots⸗ bestimmungen an die Spitze zu stellen und die schwächeren folgen zu lassen. Gewiß sei die Entdeckung der Salicylsäure eine ruhmvolle Errungenschaft der deutschen Wissenschaft, man brauche sie aber shalb nicht zur Conservirung von Nahrungs⸗ und Genußmitteln nzusezen, am wenigsten für Wein. Ein gleichgültiges Mittel
für den menschlichen Körper sei sie nicht, das hätten die klinischen Erfahrungen der letzten Jahre gezeigt. Es bringe sehr unangenehme Erscheinungen hervor, wenn größere Mengen in Betracht kämen, und beim Wein würden solche nöthig sein, da die Wirkung der Salicylsäure sich nur auf kurze Zeit erstrecke. Es blieben Rückstände übrig, die sich, da immer wieder neue Mengen Salicylsäurc anzuwenden seien, cumulirten, mithin auch die Wirkungen auf den menschlichen Organismus. Darum müsse das Verbot be⸗ stehen bleiben; der Vorredner habe auch seine Beseitigung nicht be⸗ antragt.
§ 1 wird unverändert angenommen, ebenso § 2, welcher das Verbot des Feilhaltens oder Verkaufs von Wein enthält, denen einer der vorgenannten Stoffe zugesetzt ist, und welcher ferner bestimmt, daß auch Rothwein nicht feilgehalten noch verkauft werden darf, dessen Gehalt an Schwefelsäure in einem Liter Flüssigkeit mehr beträgt, als sich in zwei Gramm neutralen schwefelsauren Kaliums vorfindet. Auf Dessertweine ausländischen Ursprungs soll diese Bestimmung jedoch keine Anwendung finden.
Nach § 3 wird als Verfälschung, des Weins im Sinne des ö“ nicht angesehen: 1) die anerkannte Kellerbehandlung einschließlich der Haltbarmachung des Weins, 2) der Verschnitt von Wein mit Wein, 3) die Entsäuerung mittels reinen gefällten kohlensauren Kalks, 4) der Zusatz von technisch reinem Rohr⸗, Rüben⸗ oder Invertzucker, auch in wässeriger Lösung, jedoch darf durch den Zusatz wässeriger Zuckerlösungen der Gehalt des Weins an Extractstoffen und Mineralbestandtheilen nicht unter die bei ungezuckertem Wein des Weinbaugebiets, dem der Wein nach seiner Bezeichnung entsprechen soll, in der Regel beobachtete Grenze herabgesetzt werden.
Abg. Dr. Witte (dfr.) beantragt, hinter „Invertzucker“ hinzu⸗ zufügen: „Dertrosezucker (technisch reiner Stärkezucker)“. Es unterliege keinem Zweifel, daß der Dertrosezucker in Wahrheit nichts anderes sei, als technisch reiner Stärkezucker. Dieser Zucker sei allerdings bis jetzt in Deutschland nur in sehr geringen Quantitäten hergestellt worden. Doch sei es zweifellos, daß er in größeren Mengen hergestellt werden könne. Früher sei ein solcher Stärkezucker nur in Amerika ge⸗ macht worden, jetzt sei man auch in Deutschland im stande, ihn bis zur äußersten Reinheit herzustellen. Dextrose und Invertzucker seien ganz dasselbe.
Director des Kaiserlichen Gesundheitsamts Köhler: Aus prak⸗ tischen Gründen habe das Gesundheitsamt sich entschlossen, von einer Einfügung, wie sie der Abg. Dr. Witte wünsche, Abstand zu nehmen. Allerdings sei der technisch reine Stärkezucker im Sinne des Vorredners nicht bedenklich. Indessen sei Dextrose und Invertzucker nicht dasselbe. Der Rohr⸗ oder Rübenzucker spalte sich bei der Gährung in Fruchtzucker und Trauben⸗ zucker, in Lävulose und Dertrose. Der Stärkezucker sei bloß ein Bruchtheil der Dextrose, während der Invertzucker die Lävulose mit einschließe. Also wissenschaftlich seien es nicht gleiche Be⸗ griffe. Der Vorredner habe zugegeben, daß es in Deutschland bisber nicht gelungen sei, in großem Maßstabe den technisch reinen Stärkezucker darzustellen. Versuche seien an verschiedenen Stellen gemacht worden, aber nicht im großen. Thatsächlich sei es bisher nur möglich, technisch reinen krystallisirten Zucker aus Amerika zu beziehen, wo derselbe aus Mais gewonnen werde. Deutschland habe also gar kein Interesse, diesem Product überhaupt Vorschub zu leisten, da es selbst andere Zuckerarten genug habe, die allen Bedürf⸗ nissen entsprächen. Der Antrag Witte sei aber direct gefährlich. Unter den deutschen Stärkezuckerarten, die im Sinne des Vorredners technisch unrein seien, seien auch wieder Nuancen vorhanden: es gebe weiße Zucker und weiße Syrupe von seifenartiger Consistenz und dunkle Syrupe, und diese unterschieden sich wieder nach den Angaben der Fabriken als unreine, reine, reinere und reinste. Der Winzer, welchem Stärkezucker von einer deutschen Fabrik angeboten werde, sei gar nicht in der Lage, zu unterscheiden: sei das nun technisch reiner Stärkezucker, wie er im Gesetz vorgeschrieben sei? Er laufe Gefahr, wegen der Verwendung dieser „reinsten“ Producte mit dem Geseß in Conflict zu kommen, und davor müsse man ihn schützen.
Abg. von Grand⸗Ry (Centr.) bittet um eine Erklärung von der “ über den Sinn und die Tragweite des zweiten Satzes der Nr. 4.
Director des Kaiserlichen Gesundheitsamts Köhler: Das Ge⸗ sundheitsamt habe aus praktischen Gründen aus Deutschland im allge⸗ meinen ein Weinbaugebiet gemacht, weil hier nur schrittweise vorge⸗ gangen werden je nachdem die Unterlagen vorlägen. Später werde die Perspeckive erweitert werden. Anderenfalls würde man gleich jetzt die Maximalzahlen in das Gesetz eingesetzt haben und nicht die allgemeine Bestimmung, daß nach Weinbaugebieten eine Fest⸗ fetzung erfolgen solle, sodaß die Zahlen in den Motiven nur als Erläuterung für die zunächst zu thuenden Schritte erschienen.
Abg. Dr. Hultzsch (de.) empfiehlt den Antrag Witte, den auch der Vertreter der verbündeten Regierungen für principiell nicht bedenk⸗ lich erklärt habe.
Abg. Wurm (Soc.): Dieses Nothstandsgesetz komme nur zu stande, weil die letzten Weinjahre so ungünstig gewesen seien. Man habe bereits so viele Concessionen an den schlechten Geschmack der Käufer gemacht, daß man keine Veranlassung habe, ihm noch mehr zu opfern. Er gebe zu, daß die Herstellung technisch reinen Stärke⸗ zuckers möglich sei. Im Handel aber sei derselbe in größeren Mengen nicht zu haben. Die Zuführung von Dextrose zum Wein würde dahin führen, daß alle möglichen Sorten Stärkezucker als technisch rein ver⸗ kauft und verwendet würden, und daß der Schmiererei Thür und Thor geöffnet werde.
Abg. Dr. Bürklin(nl.): Der Abg. Dr. Schaedler habe am Mitt⸗ woch behauptet, die Bestimmungen dieses § 3 würden dahin führen, daß der Weinhändler den Vortheil des Gesetzes haben werde, nicht aber der Winzer. Er (Redner) habe nur sagen wollen, daß zur rationellen Verzuckerung Erfahrung, Kapital und die nöthigen Apparate ge⸗ hörten; wer sich in dem Besitz dieser Dinge nicht befinde, solle die Finger davon lassen, weil er Gefahr laufe, irrationell zu manipuliren und dadurch seine Waare zu verschlechtern. Die Erfahrung habe das gezeigt; viele solcher kleinen Winzer seien auf ihrem manipulirten Wein sitzen geblieben. Der rationell arbeitende Winzer habe gerade den Vortheil von dem Gesetz, denn er dürfe die bisher verbotene Manipulation des Verzuckerns jetzt selbst vornehmen.
Abg. Dr. Witte (dfr.): Die Darstellung des technisch reinen Dextrosezuckers sei wissenschaftlich schon vor 20. Jahren entdeckt worden. Wenn es nicht möglich wäre, diesen Zucker rein herzustellen, so würde er seinen Antrag nicht gestellt haben, denn nichts liege ihm ferner, als der Fälschung Vorschub zu leisten. Es sei nur eine Frage kurzer Zeit, die Dextrose auch in größeren Mengen herzustellen. Uebrigens wolle er seinen Antrag dahin modificiren, daß er den Aus⸗ druck „Dertrose⸗Zucker“ zurückziehe und nur stehen lasse „technisch reinen Stärkezucker.“
Director des Kaiserlichen Gesundheitsamts Köhler: Außer Dobberphul hätten sich noch zwei andere Fabriken mit der Fabrikation dieses Zuckers befaßt. So habe die Rositzer Zuckerfabrik Versuche gemacht, aber später eingestellt. Ferner sei nach dem Sophlet'schen Verfahren in Kyritz ein Versuch gemacht: man habe dort 100 Centner solchen Traubenzuckers hergestellt, dann aber sei auch hier der Betrieb als zu theuer eingestellt worden. Man habe also keine Veranlassung, nur pro futuro eine Bestimmung zu Gunsten eines ausländischen Productes, des amerikanischen, zu machen, welche den deutschen Winzer mit dem Strafgesetzbuch in Confliect bringen könnte.
§ 2 wird mit der vom Abg. Dr. Witte beantragten Modification angenommen. 8
§ 4 lautet:
Als Verfälschung des Weins im Sinne des Nahrungsmittel⸗ gesetzes ist insbesondere anzusehen die Herstellung von Wein unter
Verwendung 1) eines Aufgusses von Zuckerwasser auf ganz oder
theilweise ausgepreßte Trauben; 2) eines Aufgusses von Zuckerwasser auf Weinhefe; 3) von reen Korinthen, Saccharin oder anderen
als den im § 3 Nr. 4 bezeichneten Süßstoffen; 4) von Säuren .
oder säurehaltigen Körpern oder von Bouquetstoffen; 5. von Gummi oder anderen Körpern, durch welche der Extractgehalt 59 wird, jedech unbeschadet der Bestimmungen zu § 3 Nr. 1 un 8
Die unter Anwendung eines der vorbezeichneten Verfahren her⸗ gestellten Getränke dürfen nur unter einer ihre Beschaffenheit er⸗ kennbar machenden oder einer anderweiten, sie von Wein unter⸗ scheidenden Bezeichnung (Tresterwein, Hefewein, Rosinenwein, Kunst⸗ wein oder dergl.) feilgehalten oder verkauft werden.
Der bloße Zusatz von Rosinen zu Most oder Wein gilt nicht als Verfälschung bei Herstellung von solchen Weinen, welche als Dessert⸗ (Süd⸗, Süß⸗) Weine ausländischen Ursprungs in den Ver⸗ kehr kommen.
Abg. Gröber (Centr.) beantragt folgende Fassung des Ab⸗ satzes 2: „Die unter Anwendung eines der bezeichneten Verfahren hergestellten Getränke dürfen nur unter einer das Verfahren oder die Beschaffenheit erkennbar machenden und sich von Wein unter⸗ scheidenden Bezeichnung“ u. s. w. *
Abg. Dr. Bürklin (nl.) will in § 4 Absatz 1 als Nr. 6 einschalten: „6) von Wasser und Sprit (Mouillage)“; in Absatz 2 will er hinter Getränke einschalten: „oder Mischungen derselben mit Weinen“.
Abg. Gröber (Centr.): Der in den Motiven ausgedrückte gesetz⸗ geberische Gedanke, das bei der Herstellung angewandte Verfahren, werde durch den Wortlaut der Vorlage nicht erreicht, denn man brauchte nur irgend eine Bezeichnung, die das Wort „Wein“ nicht enthalte, z. B. „Moselblümchen“ anzuwenden, wenn irgend welche Manipulation vorgenommen sei, und dem Wortlaut des Gesetzes wäre genügt, ohne daß seine Absicht erfüllt wäre. Dem abzuhelfen, habe er seinen Antrag gestellt, um dessen Annahme er bitte.
Abg. Dr. Bürklin (nl.): Sein zweiter Antrag sei rein formaler Natur, aber da nach dem ganzen Zusammenhang des Gesetzes auch die Mischungen mit Wein unter die Declarationspflicht fallen sollten, sei es gut, das auch im Gesetz selbst auszusprechen, zumal in anderen entsprechenden Gesetzen ebenso verfahren sei. Der andere Antrag sei sachlicher Natur und wolle die Mouillage, das Zusetzen von Sprit⸗ wasser zum Wein, unter Declaration stellen. Man unterscheide zwei Arten der Mouillage: Der Wein werde entweder mit einem süd⸗ ländischen verschnitten, und der dadurch zu sehr verstärkte Alkohol⸗ gehalt werde durch Wasserzusatz herabgesetzt, oder zum Bordeaux werde unmittelbar Spritwasser zugesetzt. Die Mouillage werde in der Vorlage gar nicht erwähnt, und das sei um so auffälliger, als durch das jetzt zu schaffende Gesetz die bisherigen Unklarheiten des Nahrungs⸗ mittelgesetzes beseitigt werden sollten, über die Mouillage aber, wie die Motive selbst erklärten, die Rechtsprechung sehr verschiedenartiger Ansicht sei: in dem bekannten Danziger Weinprozeß sei die Mouillage, als den Bedürfnissen Nordostdeutschlands entsprechend, nicht für einen Betrug erklärt worden; in Hannover, Lüneburg und anderen westlichen Orten aber sei das Gegentheil geschehen. Die Mouillage sei in der Vorlage vermuthlich deshalb fortgelassen, weil sie, wie er höre, in jüngster Zeit abgekommen und durch den Verschnitt ausländischer Rothweine mit leichten süddeutschen Weinen ersetzt sei; aber wenn das auch richtig sei, so könne jeden Tag das alte Verfahren wieder aufgenommen
werden, zumal da nach den Handelsverträgen der italienische Wein
sehr leicht hier eingeführt werden könne und dieser sich für die Mouillage wohl eigne. Nachdem die Manipulationen mit inländischen Weinen declarationspflichtig gemacht seien, sehe er nicht ein, warum man die Mouillage, eine Manipulation mit ausländischem Wein, declarationsfrei lassen solle. Die Declarationsfreiheit würde gegen den Sinn des Gesetzes sich richten, wonach der Verschnitt von Wein mit Wein, nicht aber der mit Wasser, zulässig sein solle. Darum bitte er um Annahme seiner Anträge.
Director des Kaiserlichen Gesundheitsamts Köhler: Der zweite, mehr redactionelle Antrag des Abg. Dr. Bürklin dürfte erheblichen Schwierigkeiten kaum begegnen. Was den Antrag, betreffend die Mouillage anlange, so solle das vorliegende Gesetz ja doch nicht die ganze Materie erschöpfend regeln; es sei eine Novelle zum Nahrungsmittelgesetz und solle die hauptsächlich streitigen Fragen ent⸗ scheiden, an deren alsbaldiger Erledigung ein dringendes Interesse vorhanden sei. Die Frage der Mouillage sei eingehend erörtert worden, man habe sie aber in der Vorlage nicht erwähnt, weil man für das Beste gehalten habe, hierbei den gegenwärtigen Zustand be⸗ stehen zu lassen. Daß bei den deutschen Gerichten sich hierüber eine zwiespältige Rechtsprechung herausgestellt habe, sei nicht so zuzugeben; die Verschiedenheit der ÜUrtheile verschwinde bei Betrachtung der näheren Umstände. In Danzig habe man ausdrücklich geurtheilt „unter Berücksichtigung der im Nordosten Deutschlands geltenden Auffassung“, und außerdem hätten die Danziger Weinhändler extra darauf aufmerksam gemacht, daß die den Weinen gegebenen Namen nicht so sehr die Herkunft anzeigten, als vielmehr eine Preismarke bedeuten sollten. Unter diesen Umständen sei es mindestens zweifelhaft, ob es räthlich sei, der Entwickelung, wie sie gegenwärtig im Gange sei, durch eine rigorose Declarationspflicht vorzugreifen. Es sei über diese Frage eine Wandlung im Gange; die Sachverständigen, die sich noch 1883 für die Mouillage ausgesprochen hätten, hätten im vorigen Herbst festgestellt, daß für dieselbe im Verschnitt mit leichten Weinen ein Ersatz gefunden sei, doch sei die Mouillage in mäßigen Grenzen mit einem Zusatz von 5 % — für einige Gegenden nicht zu ent⸗ behren. Wie der Bundesrath sich zum Antrage Bürklin, falls er angenommen würde, stellen dürfte, vermöge er nicht vorher zu sagen, aber die Annahme dieses Antrages würde ausschließlich dem Auslande zu gut kommen. Eine vorsichtig geübte Mouillage könne im Auslande vorgenommen, hier aber nicht nachgewiesen werden, man würde also die ausländischen Händler den Deutschen gegenüber bevorzugen. Mit den Tresterweinen könne dies Verfahren nicht verglichen werden, weil diese auch im Ausland, namentlich in Frankreich schon declara⸗ tionspflichtig seien, so daß der Versuch, aus dem Ausland bezogenen Tresterwein hier ohne Declaration zu verkaufen, leicht durch die Facturen nachgewiesen werden könnte. Da aber für Mouillage in Frankreich keine Declarationspflicht bestehe, bitte er, es hierfür beim alten zu belassen. Möglicherweise werde im Laufe der Jahre die Mouillage überflüssig, dann werde noch Zeit sein, die vom Abg. Dr. Bürklin jetzt gewünschte Bestimmung zu treffen. Was den Antrag Gröber anlange, so dürfte seine Annahme die Sache noch schwieriger estalten. Die Vorlage wolle Tresterweine u. dgl. nur unter einer ihre Beschaffenheit kenntlich kmachenden oder einer andern sie von Wein unterscheidenden Bezeichnung feilhalten lassen, Abg. Gröber wolle das hier alternativ gestellte cumulativ vorschreiben. Die Fassung der Vorlage aber genüge, um die Täuschung des Consumenten zu verhindern; die Cumulation würde bewirken, daß manche Producte, die jetzt unter anderweitigen Bezeichnungen gangbar seien, unter den⸗ felben nicht mehr verkauft werden dürften: Bischof, schwedischer Punsch, Cardinal hätten weder auf die Beschaffenheit, noch auf die Her⸗ stellung Bezug, sie unterschieden sich aber von Wein, und es sei kein Grund vorhanden, diese Bezeichnungen aus der Welt zu schaffen oder ihnen noch Zusätze zu geben, denn jeder wisse, was es sei. Er bitte also, auch den Antrag Gröber abzulehnen.
Abg. Dr. Bamberger (dfr.): Wolle er Kirchthurminteressen vertreten, so müsse er für den Antrag Bürklin eintreten, aber er wolle nicht die Fälle, in denen man einen Theil Deutschlands auf Kosten eines andern bevorzuge, um einen neuen vermehren. Bei den G“ sei die Tendenz gewesen, Deutschland gegen das Ausland zu schützen; aber zu Gunsten Süddeutschlands die Mouillage, die in Danzig einen wichtigen Industriezweig bilde, beseitigen — und dem fkäme die Stellung unter Declarationszwang ziemlich gleich —, das gehe nicht wohl an. Am Dienstag, in der freien Commission, sei von dem Antrag Bürklin noch keine Rede gewesen, derselbe sei erst im letzten Moment hineingeschneit. Er (Redner) sehe keinen Grund deu Süden so zu bevorzugen, und sehe auch nicht ein, warum d Winzer der einzige deutsche Mitbürger sein solle, dem der Reichstag Interesse zuwende; der Danziger Weinhandel dürfe doch auch nicht uͤnterbunden werden. Durch Annahme des Antrages Bürklin würde