1892 / 84 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 06 Apr 1892 18:00:01 GMT) scan diff

daß auch künftig „Kinder von 13 Jahren anstandslos im schwarzen Staube der Kohlenhalden und im Qualm der Grubenhöfe beschäftigt werden können, sogar volle 6 Stunden den Tag lang“ und daß „im Jahre 1890 es in Preußen nach den amtlichen Berichten der Bergbehörden 329 solcher armen Wesen waren, deren kindliche Kraft für einen Hungerpfennig derartig ausgesogen wurde.“ Nach den „Amt⸗ lichen Mittheilungen“ aus den Jahresberichten der Fabrik⸗ aufsichtsbeamten (Jahrgang 1890 S. 44) sind im Jahre 1890 im ganzen 329 Kinder im Alter von 12 bis 14 Jahren auf den Bergwerken, Salinen und Aufbereitungsanstalten Preußens beschäftigt gewesen, und zwar: auf 214 Steinkohlenbergwerken . . . . .. 1

109 Braunkohlenbergwerken . . . . . . . 21

328 Erzbergwerken und Aufbereitungsanstalten 307

8 (Die Angabe der Zahl 31 bei den Braunkohlenbergwerken

beruht, wie die in den amtlichen Mittheilungen vorgenommene

Vergleichung mit der Zahl aus dem Jahre 1889 ergiebt, auf

einem Druckfehler.) G

Auf Steinkohlenbergwerken ist also im Jahre 1890 in

reußen thatsächlich ein Kind beschäftigt gewesen.

Die 21 auf Braunkohlenbergwerken beschäftigten Kinder sind sämmtlich über Tage zu leichten Verrichtungen, wie Botengängen, Reinigen der Zechenhäuser und Förderwagen, Schmieren der letzteren und Aufsetzen von Preßsteinen ver⸗ wendet worden.

G Auf den Tagesanlagen der Erzbergwerke und deren Auf⸗

bereitungsanstalten bietet sich allerdings reichlichere Gelegen⸗

heit zur Beschäftigung von Kindern. Sie besteht in Aus⸗ klauben von Gestein im Freien oder sehr einfachen und leichten Hantirungen in gut gelüfteten und temperirten Wäsche⸗ räumen. Für die Angehörigen der betreffenden Kinder würde der Ausschluß der letzteren von dieser mit keinerlei Nachtheilen verbundenen Verdienstgelegenheit die empfindlichsten Wirkungen haben. Uebrigens haben die meisten dieser verhältnißmäßig wenigen auf Berg⸗ werken und deren Nebenanlagen thätigen Kinder bisher schon

im Alter von 13 bis 14 Jahren gestanden, und vom 1. April

d. J. ab ist die schaftigung von Kindern unter 13 Jahren

auch auf Bergwerken überhaupt nicht mehr, von Kindern über

13 Jahren nur dann zulässig, wenn sie nicht mehr zum Besuche

der Volksschule verpflichtet sind (§. 135 Abs. 1, § 154a der

Gewerbeordnungs⸗Novelle). b 2

Nicht minder bedürfen die Erörterungen des „Vorwärts“

ber die vom Bundesrath erlassenen, den Bergbau betreffenden Borschriften einer Richtigstellung. Die „Bestimmungen über die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter auf Steinkohlenberg⸗ werken“ (Bekanntmachung des Stellvertreters des Reichs⸗ kanzlers vom 17. März 1892 R.⸗G.⸗Bl. S. 327) wiederholen zunächst die früheren seit dem. Jahre 1881 geltenden Be⸗ stimmungen, durch deren Inhalt eine Beschäftigung jugend⸗ licher Arbeiter auf solchen Steinkohlenbergwerken, deren Be⸗ trieb auf eine doppelte tägliche Arbeitsschicht eingerichtet ist und auf denen deshalb die erste Schicht 5 ½ Uhr Morgens beginnen, die zweite über 8 ½ Uhr Abends hinaus dauern

muß, überhaupt erst ermöglicht worden ist. 3

Wenn der Artikel im „Vorwärts“ in der Beschränkung der Arbeitszeit auf acht Stunden mit einer Stunde Pause keinen Vortheil gegenüber der gesetzlichen zehnstündigen Arbeits⸗ zeit mit zwei Stunden Pause erblicken will, so dürfte er mit dieser Auffassung wohl allein dastehen. Die neue Vorschrift, daß am Tage vor Sonn⸗ und Festtagen (nicht an Sonn⸗ tagen, wie der „Vorwärts“ behauptet) die erste Schicht um 4 Uhr Morgens beginnen, am naächsten Werktage die zweite Schicht um 12 Uhr Abends schließen darf, hat ausschließlich das Interesse der Arbeiter im Auge. In einigen Bergwerksbezirken sind

Urbeiter beschäftigt, welche meilenweit von den Betriebsstellen ntfernt wohnen, deshalb in der Woche sich in Schlafhäusern ufhalten und nur über die Sonn⸗ und Feiertage ihre An⸗ gehörigen aufzusuchen vermögen. Um solchen Personen an Sonnabenden und den Tagen vor Festtagen die möglichst he Abreise und am folgenden Werktage die Benutzung der isenbahn am Morgen zu ermöglichen, muß an den beiden Tagen eine Verschiebung der Schichtzeit erfolgen.

Wenn schließlich ausgeführt wird, daß durch die Bestim⸗ aungen des Bundesraths über die Beschäftigung von Arbei⸗ erinnen auf Steinkohlenbergwerken, Zink⸗ und Bleierzberg⸗

werken und auf Kokereien im Regierungsbezirk Oppeln bis

zum Jahre 1902 das Verbot der Nachtarbeit, der elfstündige

Maximalarbeitstag und die verlängerte Mittagspause der Gewerbeordnungs⸗Novelle außer Anwendung bleiben sollen, so inden diese Behauptungen durch die inzwischen veröffentlichten Bestimmungen (Bekanntmachung des Stellvertreters des Reichs⸗

kanzlers vom 24. März 1892, R.⸗G.⸗Bl. S. 331) ihre Ein⸗ chränkung. Die Nachtarbeit ist unter einer Reihe von Cautelen (Ausschluß von Zuwachs, zehnstündige Arbeitszeit 1. a. m.) im eigensten Interesse der Arbeiterinnen, die mehr⸗ ach in diesem Sinne Vorstellungen an die zuständigen Be⸗ örden gerichtet haben, bis 1897 zugelassen. Bis 1902 werden ür Arbeiterinnen über 18 Jahren die Pausen, von denen eine

mindestens eine halbe Stunde betragen muß, auf zu⸗ sammen eine Stunde bestimmt, sofern die Gesammt⸗ beschäftigung 10 Stunden beträgt, und es wird außerdem aus em nämlichen Grunde, der für die analogen Vorschriften, etreffend die jugendlichen Arbeiter auf Steinkohlenbergwerken, naßgebend gewesen ist, bei doppelter täglicher Arbeitsschicht bis

1902 eine Ausnahme von den Vorschriften der Gewerbe⸗

ordnung über Beginn und Ende der Urbeitszeit weiblicher

Personen gestattet. 8

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8 Durch Allerhöchste Ordre vom 13. Oktober v. J. ist an⸗ geordnet worden, daß die Winter⸗Ausbildung der Schiffsjungen in Friedrichsort für die Folge in Fort⸗ fall kommen soll. Diese Aenderung tritt zuerst für die im April d. J. eintretenden Schiffsjungen in Kraft, welche dem⸗ gemäß zwei Jahre hintereinander auf S. M. S. „Nixe“ ein⸗ geschifft bleiben. 1 Während für die Schiffsjungen⸗Jahrgänge 1890 und 1891 bis zu ihrer Einstellung in die Matrosen⸗Divisionen die bis⸗ erigen Bestimmungen noch in dog.. bleiben, werden etztere für die von jetzt ab eintretenden chiffsjungen in allen denjenigen Punkten aufgehoben, welche mit obiger zweijähriger Einschiffung nicht im Einklang stehen.

Das „Marine⸗Verordnungsblatt“ veröffentlicht fol⸗ ende Mittheilungen über Schiffsbewegungen (Datum vor

dem Orte bedeutet Ankunft daselbst, nach dem Orte Abgang von dort): 8 . 8 S. M. Av. „Blitz“ Kiel. (Poststation: Kiel.) S. M. S. „Blücher“ Kiel. (Poststation: Kiel.) S. M. Pafbrag. „Bremse Wilhelmshaven. ( e Wilhelmshaven.) S. M. Pfhrzg. „Brummer“ Wilhelmshaven. (Poststation: Wi helmshaven.) S. M. Krzr. B2se. 17./2. Auckland. 1./4. Rundreise durch die deutschen Schutzgebiete. (Poststation: Apia.) S. M. Av. „Greif Kiel. (Poststation: Kiel.) S. M. Ksrzr. „Habicht 272 Capstadt 15.3. 29./3. St. Paul de Loanda 3./4. Togo. (Poststation: Kamerun.) S. M. Frg. „Hay“ Wilhelms⸗ haven. (Poststation: Wilhelmshaven.) S. M. acht „Hohenzollern Kiel. (Poststation: Kiel.) S. M. Knbt. „Hyäne 20./2. Bonny 20./2. Kamerun. (Poststation: bis 5./4. Kamerun, vom 6./4. ab Kapstadt.) S. M. Knbt. „Iltis“ 9/3. Amoy 16./3. 29,3. Shanghai. (Poststation: Hongkong.) S. M. Fhrg. „Loreley Kon⸗ stantinopel. (Poststation: Lec he. S. M. S. „Mars⸗ Wilhelmshaven. (Poststation: Wilhelmshaven.) S. M. Krzr. „Möwe 21./2. Bombay 17./3.— Sansibar. (Poststation: Sansibar.) S. M. S. „Moltke“ 10./3. La Guayra 15./3. Aux Cayes (Haiti). 27./3. Port au Prince (Haiti) 2./4. Kingston (Jamaica). (Post⸗ station: bis 8./4. Havanna, dann Norfolk [(Virginien].) S. M. Fhrzg. „Nachtigal“ Kamerun. (Poststation: Kamerun.) S. M. Förg. „Otter“ Kiel. (Poststation: Kiel.) S. M. Transport⸗ dmpfr. „Pelikan“ Kiel. (Poststation: Kiel.) S. M. Minense ulschiff „Rhein“ Kiel. (Poststation: Kiel.) S. M. Krzr. „Schwalbe Dar⸗es⸗Salam. (Poststation: Sansibar.) S. „M. PFefhrzg. „Siegfried“ Wilhelmshaven. (Poststation: Wilhelmshaven.) S. M. Krzr. „Sperber“ 3./3. Sydney. (Poststation: Apia.) S. M. Knbt. „Wolf“ 11./3. Chinkiang 15./3. 18./3. Shanghai. (Poststation: Hongkong.) Kreuzer⸗Geschwader: S. M. S. „Leipzig“ (Flaggschiff), S. M. S. „Alexandrine“, S. M. S. „Sophie 21./2. beClcag 12./3. 15./3. Port Elisabeth 17./3. 22./3. Delagoa Bai 24./3. 29./3. Mozambique 2./4. Dar⸗es⸗Salam. (Poststation: a. für „Leipzig“ und „Alexandrine“: Colombo (Ceylon), b. für „Sophie“: Sansibar.) Manöverflotte: S. M. S. „Baden“ (Flaggschiff), S. M. S. „Bayern“ Kiel. (Poststation: Kiel.) S. M. S. Senburg⸗ Wilhelmshaven 17./3. 20./3. Kiel. (Post⸗ station: Kiel.) Uebungs⸗Geschwader: S. M. S. „Friebric Carl“ (Flaggschiff), S. M. S. „Deutschland“, S. M. S. „Friedrich der Große“, S. M. S. „Kronprinz“, S. M. Av. „Wacht“ 11./3. Kiel 14./3. 17,/3. Kiel 21./3. 25./3. Kiel 28./3. 29. 3. Kiel. (Poststation: Kiel.) S. M. S. „Prinzeß Wilhelm“ 13./3. Christian⸗ sand 17./3. 20./3. Neufahrwasser 23./3. 24,/3. Kiel. (Post⸗ station: Kiel.) 88 1 8

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Hannover, 5. April. Die Grundsteinlegung für die neue am Goetheplatz zu erbauende Garnisonkirche fand, wie der „Hann. Cour.“ berichtet, heute Vormittag bei herrlich⸗ stem Wetter und überaus zahlreicher Betheiligung der Bevölke⸗ rungstatt. Die gesammte Geistlichkeit, das Offiziercorps, die Spitzen der Fwi⸗ und Militärbehörden nahmen an der Feier theil, die Truppentheile waren durch Deputationen vertreten. Die Festrede hielt Militär⸗Oberpfarrer Dr. Rocholl, der Ober⸗Präsi⸗ dent Dr. von Bennigsen verlas die Grundsteinlegungs⸗ Urkunde. Bei der Vermauerung derselben in den Grundstein that der commandirende General des X. Armee⸗Corps, General der Infanterie Bronsart von Schellendorff die ersten Hammerschläge, ihm folgten der Ober⸗Präsident Dr. von Bennigsen, die Geistlichkeit, der Regierungs⸗Präsident Graf von Bismarck, die Vertreter der Stadt und höhere Beamte.

Paderborn, 5. April. Der Domcapitular Meyer, bei der letzten bischöflichen Vacanz Capitularvicar, ist, wie „W. T. B.“ meldet, heute Mittag 12 Uhr an der Lungen⸗ entzündung gestorben.

Baden.

Karlsruhe, 5. April. Die Erste Kammer hat sich über die Concessionsertheilung für eine elektrotechnische Anlage bei Rheinfelden in ihrer Sitzung vom vorigen Sonnabend in einem anderen Sinne ausgesprochen als die Zweite Kammer, indem sie es wohl der Erwägung werth hielt, daß die Regierung prüfe, ob es zweckmäßig sei, in einem Gesetz allgemeine Grundsätze über die elektrotechnische Benützung der Gewässer aufzustellen; dagegen vermochte sie dem Wunsche nicht beizustimmen, daß die Regierung genöthigt werden solle, bis zur Erlassung eines solchen Gesetzes keine derartigen Concessionen mehr zu ertheilen. Dadurch würden ihr nur, unter Umständen im Widerspruch mit dem öffentlichen Interesse und möglicherweise zu Gunsten einer fremden Wettbewerbung, die Hände gebunden. Die Zweite Kammer trat gestern in die Berathung des Gesetzes über den Elementarunterricht ein. Der Entwurf fan auf allen Seiten des Hauses eine günstige Aufnahme. 11““ ö

Dessau, 5. April. Wie „W. T. B.“ meldet, soll der Polizei⸗Präsident von Koseritz in Potsdam an Stelle des aus Amte ausscheidenden Staats⸗Ministers von Krosigk zum Staats⸗Minister ernannt werden.

Oesterreich⸗Ungarn.

Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin von Luxemburg sind nach dem „Prag. Abdbl.“ gestern in Wien eingetroffen.

In der gestrigen Sitzung des böhmischen Landtags motivirten nach den (estern unter den nach Schluß der Redaction eingelaufenen Depeschen mitgetheilten) Erklärungen des Abg. Schmeykal die Abgg. Fehee und Kwiszala die Haltung der Altezechen in der Ausgleichs⸗ frage und sprachen die Hoffnung aus, daß die Zeit eine günstige Wirkung auf das Zustandekommen eines allseitig befriedigen⸗ den Ausgleichs ausüben werde. Der jungezechische Abgeordnete Julius Gregr erklärte, die Hauptaufgabe der Czechen sei die Bekämpfung des centralistischen Systems. Der Abg. Graf Palffy wies die Angriffe gegen den Großgrundbesitz zurück, der loyal gehandelt habe, dagegen sei es den Deutschen zum Vorwurf zu machen, daß sie sich an der Ausstellung, welche für den Ausgleich hätte fruchtbar sein können, nicht betheiligt hätten; er wünsche, daß die Unterbrechung, welche die Aus⸗ gleichsbestrebungen erlitten, dazu beitragen möge, die Ge⸗ müther zu besänftigen und eine Verständigung herbeizuführen.

Der dalmatinische Landtag ist nach Erledigung der für die Session bestimmten Arbeiten geschlossen worden.

Das ungarische Unterhaus setzte gestern die Budget⸗ debatte fort. Bei dem Titel „Gemeinsame Auslagen“ kam der

Minister⸗Präsident Graf Szapary auf den Dreibund und ie milit ischen Erfordernisse zu sprechen Zunächst

erwähnte er einer Aeußerung des Abg. Beöthy, wonach die russischen Truppenconcentrirungen an der polnischen Grenze weder für Oesterreich⸗Ungarn noch für Deutsch⸗ land einen bedrohlichen Charakter hätten. Graf Szapar erklärte, ganz Europa werde diese Aeußerung gewi freudig begrüßen, ein Kriegs⸗Minister könne sich aber nicht auf Broschüren berufen, sondern müsse auch andere Factoren als Grundlage für seine Maßnahmen berück⸗ sichtigen. Der Memiserr träs ent wies sodann die Behauptung zurück, daß der Finanz⸗Minister allein den übermäßigen Forde⸗ rungen des Kriegs⸗Ministers entgegengetreten sei; dem gemein⸗ schaftlichen Vor 88 des gesammten ungarischen Cabinets und der zsterreich chen Regierung sei es gelungen, das Er⸗ herabzusetzen.é Graf Szapary widerlegte ferner en Vorwurf des Abg. Bolgar, welcher ein bestimmtes Pro⸗ gramm bei dem Kriegs⸗Minister vermißte. Die Regierung, er⸗ klärte Graf Szapary, sei bestrebt, die Erhaltung der Sicher⸗ heit des Landes mit dessen Finanzlage in Einklang zu 8 en, wiewohl die größte Gewähr fuͤr den europäischen Frie en zweifellos in den Bündnissen der Monarchie mit ihren Allüirten liege. Es dürfe nicht vergessen werden, daß der Ein⸗ fluß Oesterreich⸗Ungarns seinen Alliirten gegenüber in dem Maße zunehme, wie es den Aufgaben zu entsprechen vermöge, welche den Zweck der Bündnisse bildeten. (Lebhafter Beifall.) Vor allem aber müsse man die Existenz des Vaterlandes nicht den Verbündeten anvertrauen, sondern in erster Reihe der eigenen Kraft, aus welcher man alle im Interesse des Vater⸗ landes nothwendigen Verfügungen treffen müsse. (Lebhafter Beifall.) Der Titel wurde sodann angenommen.

Nach den bereits Allerhöchsten Orts genehmigten Bestim⸗ mungen über die diesjährigen Waffenübungen finden Manöver nach vorhergegangenen Concentrirungs⸗

anövern und Uebungen in der Cavallerie⸗Truppen⸗Division bei dem X. und XI. Corps (Mittel⸗ und Ost⸗Galizien und Bukowina), Corps⸗Manöver mit Gegenseitigkeit nach vorangegangenen Concentrirungs⸗Manövern beim IV. (Budapest) und XIII. Corps (Agram) statt; bei ersterem sind Uebungen in der Cavallerie⸗ Truppen⸗Division, bei letzterem in der Cavallerie⸗Brigade in Aussicht genommen. Einzweitägiges Schluß⸗Manöver wird beim IX. (Josefstadt) und ein gleichlanges Schluß⸗ Manöver, Division gegen Division, beim I. (Krakau), VI. (Kaschau) und VII. Corps (Temesvar) abgehalten werden; vorangehen denselben Concentrirungs⸗Manöver und erventuell Uebungen in der Cavrvallerie⸗Brigade. Das II. (Wien), III. (Graz), V. (Preßburg), VIII. (Prag), XII. (Hermann⸗ stadt) und XIV. Corps (Innsbruck) halten Uebungen in der Infanterie⸗Truppen⸗Division, eventuell in der Cavallerie⸗ Brigade ab. Beim XV. Corps (Serajevo) finden ein Schluß⸗ Manöver und Uebungen in der Infanterie⸗Truppen⸗Division, beim Militär⸗Commando in Zara Uebungen mit vereinigten Waffen statt. Beim X. und XI. Corps gehen den großen Manövern viertägige Uebungen in der Cavallerie⸗Truppen⸗ Division, beim IV. Corps nur eventuell solche Uebungen

voran. Bei Przemysl findet in der ersten Hälfte des Monats

August ein sechstägiges Festungs⸗Manöver statt. Größere Brückenschläge werden durch das 1. und 5. Pionier⸗ Bataillon bei Preßburg, größere Nothbrückenbau⸗ Uebungen durch das 2. Pionier⸗Bataillon bei Linz aus⸗ gefüͤhrt, während das Eisenbahn⸗ und Telegraphen⸗Regiment ei den Manövern des X. Corps Uebungen mit den Feld⸗ bahnen und außerdem Uebungen mit Feldtelegraphen vornimmt. 11“ Großbritannien und Irland.

Der Staatssecretär des Innern Matthews gab nach einem Wolff'schen Telegramm in der gestrigen Unterhaus⸗ sitzung die Erklärung ab: Ihm sei keine Nachricht zugegangen, daß Frankreich die Mitglieder von Verbrechegasse. ausgewiesen habe oder sie auszuweisen beabsichtige. Sollte jedoch eine derartige Action irgendwie wahrscheinlich werden und diplomatische Vorstellungen zu deren Verhinderung un⸗ wirksam sein, so würde die Regierung nicht zögern, weitere etwa erforderliche Maßregeln beim Parlament nachzusuchen.

Ueber den, wie schon gestern gemeldet, nunmehr beendigten Stafforder Prozeß gegen die sechs Anarchisten von Walsall melden die englischen Blätter noch folgendes Nähere:

Nachdem am Sonnabend der Vertheidiger seine Rede gehalten, ergriff am Montag Morgen der General⸗Staatsanwalt das Wort zum Schluß⸗Plaidoyer. Er hob hervor, es sei nicht nöthig, daß jeder der Angeklagten im Nesis von Höllenmaschinen befunden worden, sobald ein Complott bewiesen sei. Werthvolles Beweismaterial sei der vom September 1891 datirte Brief des Cailes. Es heißt darin: „Wir wollen uns mit Chemie beschäftigen. Laßt uns sofort Bomben, Dynamit und andere Sprengstoffe aus⸗ legen, welche wirksamer sind als Kanonen und Barrikaden, um den jetzigen Zuständen ein Ende zu bereiten.“ Dann beschrieb der General⸗ Staatsanwalt, was bei jedem der Angeklagten gefunden worden. Die Jury habe zu entscheiden, inwieweit die Angeklagten ein Complott geschmiedet hätten zur Herstellung eines Apparats, um eine Explosion ins Werk zu setzen. Der Richter erklärte darauf in seinem Resumé, daß die Ansichten der Angeklagten allein nicht strafbar seien. Jeder könne Ansichten haben, welche er wolle, so lange er nicht die öffentliche Sicherheit gefährde. Die Acte, unter welche die Anklage falle, wolle Explosionen, die Leben und Eigen⸗ thum in Gefahr bringen, verhindern. Aufgabe der Jury sei es, fest⸗ zustellen, ob die Angeklagten ein Complott geschmiedet hätten zur 8 tellung eines Apparats zur Herbeiführung einer Explosion im Sinne der Parlamentsacte. Die Jury zog sich hierauf um Uhr zurück; um 3 ½ Uhr gab sie ihren Wahrspruch ab. Charles, Deakin, Cailes und Battola wurden für schuldig befunden, Westley und Ditchfield dagegen freigesprochen. Deakin wurde der Gnade des Richters empfohlen. Richter Hawkins verurtheilte darauf Charles, Cailes und Battola zu zehnjähriger und Deakin zu fünfjähriger Zuchthausstrafe. In der Motivfrung seines Urtheils bemerkte der Richter, er habe die Verurtheilten nicht zu bestrafen, weil sie Anarchisten seien, sondern weil sie ein Complott geschmiedet hätten, um Bomben zur Zerstörung von Leben und Eigenthum anzufertigen oder anfertigen zu lassen. Er hege nicht den mindesten Zweifel, daß sie sich dieses Verbrechens schuldig gemacht hätten. Die Zeichnung der Bombe sei von Battola gemacht; dieser habe die Anweisungen darauf geschrieben, welche den drei Anderen zur Richtschnur dienen sollten. Es sei ganz gleichgültig, ob die Bomben in Rußland oder sonstwo hätten benutzt werden sollen. Solche Grausamkeit und Bosheit ver⸗ diene eine exempl Strafe, damit ihre Wi 1

verhütet werde. Ffrankreich. v Der Cardinal⸗Erzbischof von Paris Ricard hat nunmehr am vergangenen Sonntag in den Kirchen einen Hirtenbrief verlesen lassen, in dem er die letzte päpstliche Encyklica, die bekanntlich semn Anschluß an die Republik räth, der Beachtung der Katholiken empfiehlt. In dem Schriftstück heißt es der „Fr. C.“ zufolge: Indem Leo XIII. uns empfiehlt, die Trennung zwischen Kirche nicht hervorzurufer det dings die

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. is die er über die wahren Bedingungen unseres religiösen und besitzt. Als Frankreich nach den revolutionären Stürmen die Ruhe und die Beständigkeit wiederzufinden suchte, wandten sich seine Staatsmänner der irche zu. Eine grausame Erfahrung war gemacht worden und der Minister Portalis faßte sie in die Worte zusammen: „Wenn es keine Religion mehr 1* wird, dann jebt es auch kein Vaterland und keine Gesellschaft mehr für die denschen, die nur die Kraft haben werden, die wiedererlangte Frei⸗ heit zu mißbrauchen.“ Liegt nicht eine ergreifende Wahrheit in diesem Worte eines Staatsmanns, die deutlicher als je heute angesichts der Leidenschaften hervortritt, die unchristliche Serten zu entfesseln suchen Der gleiche Minister sagte im Jahre . Ganz Fmankttich ruft die Religion zur Unterstützung der Moral und der Gesellschaft herbei.“ So müssen sich die Katholiken uf die Autorität des heiligen Stuhls verlassen, dessen Sache es ist, 8i se großen Fragen zu behandeln, und der es immer verstehen wird, 88. Eristenzbedingungen eines Volks mit der heiligen

1— en E. ines die verschiedeperenigen, auf welche die Kirche ein unveräußerliches

echt hat. 3 88 8 einer Wiederholung solcher unliebsamen Auftritte, wie sie sich kürzlich in Paris und Nancy ereignet haben, vor⸗ zubeugen, hat der Minister der Culte und der Justiz die Bischöfe mehrerer Provinzialdiözesen 88 keine Dis⸗ cussionen mit den Socialisten in Gotteshäusern ferner mehr gestatten zu wollen. .8 1 Hinsichtlich der gegen Dahomey zu ergreifenden Maß⸗ regeln hat die Regierung, wie „W. T. B.“ meldet, den Be⸗ schluß gefaßt, sefen die nöthigen Truppen aus dem Senegal⸗ ebiet heranzuziehen; Kotonu und Porto⸗Novo sollen ge⸗ halten werden. Zwei Kreuzer erhielten Befehl, nach Wyddah zu gehen. In der morgenden Sitzung der Kammer sollen im Anschluß an die Besprechungen über die Colonialpolitik Ergänzungseredite verlangt werden. Eine officielle Depesche aus Porto⸗Novo meldet, daß 6000 Dahomeer 4 Stunden von Porto⸗Novo stehen und nur Verstärkungen abwarten, um anzugreifen. Der König von Dahomey habe einen herausfordernden Brief an den Gouverneur des süd⸗ lichen Ufers geschickt. Eine weitere officielle Depesche vom Senegal erwähnt das Gerücht von der Niedermetzelung der Mission des Capitäns Menard durch Samory⸗ Leute.

Zwischen Fränkreic und England soll, wie es heißt, ein vollständiges Einvernehmen über das Fortbestehen des modus vivendi in Neufundland während der laufenden Campagne erzielt worden sein.

Die indirecten Staatseinnahmen im Monat März überstiegen den Voranschlag um 2 600 000 Fr. und die Einnahmen im März 1891 um 7 600 000 Fr. Die Zoll⸗ einnahmen blieben hinter dem Voranschlag um 1 ½ Millionen Francs zurück.

Rußland und Polen.

Der Präsident des Minister⸗Comitées Bunge, der von seiner Krankheit wiederhergestellt ist, wird, wie das „W. T. B.“ aus St. Petersburg erfährt, einen bis zum Herbst dauernden Urlaub zu einer Reise nach dem Auslande nehmen.

Der bisherige Director der Petersburg⸗Warschauer Eisen⸗ bahn Ssumarokow ist zum interimistischen Director des Eisenbahn⸗Departements im Verkehrs⸗Ministerium er⸗ nannt worden.

Italien.

In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer er⸗ widerte dem „W. T. B.“ zufolge der Minister⸗Präsident Marchese di Rudini auf eine Anfrage des Abg. Imbriani: Es sei richtig, daß dem Grafen Taverna die italienische Bot⸗ schaft in Berlin übertragen sei. Imbriani sprach hierauf unter öfteren Unterbrechungen sein Bedauern über diese Maßregel aus, da Taverna nicht Italien, son⸗ dern nur die gemäßigte Partei Italiens vertreten werde, welche er als den einzigen Factor Italiens bezeichnet habe. Im weiteren Verlaufe der Sitzung genehmigte die Kammer mit 141 gegen 73 Stimmen den Ges entwur über die Erhebung der directen Steuern, eine von den finanziellen Maßregeln, die seiner Zeit von der Regierung an⸗ gekündigt wurden. Alsdann vertagte sich die Deputirten⸗ kammer bis zum 4. Mai.

Der Senat hat in seiner gestrigen Sitzung das rectifi⸗ cirte Budget für 1891/92 sowie das Gesetz über die Ausgabe Schatzbons mit langer Sicht ohne Debatte ge⸗ ehmigt.

„Aus Verona wird das Ableben des Commandeurs des V. Armee⸗Corps, General⸗Lieutenants Pianell gemeldet.

Der Unterrichts⸗ und Kunst⸗Minister Villari hat der „Frkf. Ztg.“ zufolge zwei Beamte nach Paris gesandt, um

wegen der dorthin gebrachten Bilder der Galerie Sciarra

das gerichtliche Verfahren einzuleiten.

Spanien.

Infolge des in der spanischen Hauptstadt entdeckten Dynamit⸗Complots (s. d. 8n. 8 B1) haben gestern im Lokale des dortigen Anarchistenclubs Haussuchungen stattgefunden, wobei zahlreiche compromittirende Schriftstücke mit Beschlag belegt und gegen 12 Personen verhaftet wurden. Auch aus Barcelona werden neue Verhaftungen von Anarchisten gemeldet. Nach einem Telegramm von 9. TX. B.* befinden sich sämmtliche den Behörden bekannte Änarchisten in Sevilla, Cadix, Badajoz, Granada und den Kuͤsten⸗ städten bereits hinter Schloß und Riegel. Unter der Bevölke⸗ nung herrscht hües Fhe eine fosch Panik, daß viele ihre

er in den Stä bass

vörien necher ten verlassen und Wohnungen in den . Die zahlreichen Dynamit⸗Anschläge der Anarchi Heigens schon vor einiger Zeit im 8 nat zur Ehehen 88 8 Nach einer Correspondenz der „Köln. Ztg.“ aus ee fragte in der spanischen Ersten Kammer Graf Canga⸗ S 88 er Regierung an, welche Maßregeln sie zu er⸗ 8 278 Se 8 greifen des Anarchismus ntgegen zu t , rderte ein Ausnahmegese 8 gehe rohen Verbrechen, wie es in Sbm 90 12 b 5 ge 8 en Körperschaften vorliege. Es müsse alles aufgeboten werden um die h.e zu entdecken. Im Namen der Partei stimmte Montero Rios den Ausführungen des Grafen bei E ü. Lui ein Vorgehen der Regierung 1 2 genheit unterstützen würden. Für 5 brechen seien auch neue Str fbestimmungen Fancsaeüe ver⸗ Justiz⸗Minister erklärte seinerseits, daß er die Vorlage eines Entwurfs, der das Strafgesetzbuch in diesem Punkte erweitern würde, beschleunige, und daß außerdem vom Ober⸗Staatsanwalt ein Rundschreiben für die Unter⸗ behörden vorbereitet werde, worin sie Weisung erhielten, die

1—

Dynamitverbrecher ohne Rücksichten irgendwelcher Art zur Verantwortung zu ziehen. b— 8 Schweiz. Die Einspruchsfrist gegen das Bundesgesetz über die Er⸗ richtung einer „eid Inössischen Werthschiszten⸗Verwar⸗ tung“ ist am 29. März unbenutzt abgelaufen; der Bundesrath wird das Gesetz daher unverzüglich in Kraft erklären. Gemäß diesem Gesetz wird für die Verwaltung und die Aufbewahrung der Werthtitel aus den Anlagen der eidgenössischen Staats⸗ elder und der Specialfonds, sowie für die Aufbewahrung von EEE“ aller Art unter der obigen Bezeichnung ein beson⸗ derer Verwaltungszweig geschaffen, welcher dem Finanz⸗ Departement unterstellt ist.

Im Großen Rath des Cantons Bern haben, laut Meldung des „W. T. B.“, 103 Mitglieder den Antrag ein⸗ gebracht, daß die Regierung über die Wahrung der auf die Eisen bahnen bezüglichen Interessen des Cantons Bern Bericht erstatten möge.

Belgien.

In der ganzen belgischen Provinz Lüttich herrscht in⸗ folge des (in der gestrigen Nr. d. Bl. unter riüch gerrschäne berichteten) Diebstahls von 200 Dynamitpatronen, welche 25 kg Dynamit enthalten, aus dem Dynamitlager zu Baneux die größte Aufregung, um so mehr, als die Polizei⸗ 8 in Lüttich nach einem Telegramm der „Mgdb. Ztg.“ erfahren hat, daß eine jüngst dort abgehaltene geheime Anarchistenversammlung für den 1. Mai eine Reihe von Dynamitanschlägen beschlossen habe. Die Dynamitdiebe sind bisher unbekannt geblieben, obgleich die Polizei schon zahlreiche Haussuchungen in dem dortigen Bezirk vorgenommen hat. In der Stadt Nivelles ist gegen den dortigen Staatsanwalt ein Dynamitanschlag verübt worden.

Die Wahlbewegung ist, obwohl man die Auflösung des Parlaments erst in den letzten Tagen des laufenden Monats erwartete, im ganzen Lande schon jetzt in vollstem Gange. Die Parteien sind sich, wie man dem „Hann. Cour.“ schreibt, der außerordentlichen Bedeutung bewußt, die dem bevorstehenden Wahlkampfe innewohnt, und rüsten sich daher mit allen Kräften zu der großen Entscheidungsschlacht, die am 14. Juni geschlagen werden wird. Zum ersten Male seit einem halben Jahrhundert treten alle Wahlbezirke des Landes gleich⸗ zeitig an die Urne. Die Kammern werden in Belgien alle zwei Jahre zur Hälfte erneuert; diesmal muß das Parlament aufgelöst und eine Neuwahl für sämmtliche Mandate an⸗ geordnet werden. Dazu kommt noch, daß das neugewählte Parlament nicht bloß die Befugnisse einer gewöhnlichen Kammer, sondern auch die einer constituirenden Versammlung besitzen wird, der die Aufgabe zufällt, dem belgischen Staat eine neue Verfassungsgrundlage zu geben.

Rumänien.

Der Senat hat gestern, wie „W. T. B.“ berichtet, mit allen gegen eine Stimme das von der Kammer votirte Gesetz über die Festsetzung eines Preises für die an Bauern zu ver⸗ äußernden Staatsdomänen angenommen. Die Deputirten⸗ kammer begann die Generaldebatte über das Budget.

Serbien.

Die Skupschtina nahm in ihrer Festrigen Sitzung den Gesetzentwurf über die ausländischen Assecuranzgesellschaften an. Danach sind die Gesellschaften verpflichtet, von dem Gesammtbetrage der in Serbien abgeschlossenen Versicherungen den fünften Theil als Caution zu hinterlegen, und müssen außerdem in Belgrad ein eigenes Haus besitzen. Die Skupschtina ging dann zu einer geheimen Sitzung über, in der dem „W. T. B.“ zufolge der Minister⸗Präsident Pasies die Interpellation über die Verwendung der Anleihe von 10 Millionen zu militärischen Zwecken beantwortete.

Amerika.

Ueber die Insurrection in Venezuela (vgl. die gestr. Nr. d. Bl.) wird dem „New York Herald“ aus Caracas unter dem 3. April noch Folgendes berichtet:

Die Regierungstruppen unter General Rodriguez sind bei Ortiz geschlagen worden. Dort stießen sie auf die Insurgenten, welche sich auf dem Marsch nach dem Orinoco befanden, um dem Wiser des Aufstandes Crespo Verstärkungen zuzuführen.

der Verlust war auf beiden Seiten groß. Die Auf⸗ ständischen haben auch das Kanonenboot „Nueve di Julio“ erbeutet. Sie wachsen stetig an Zahl. Von Zamaras kommt ihnen General Balista mit 1000 Mann zu Hilfe. Der Congreß hat den Vorschlag des Präsidenten Dr. Palacio, sein Amt niederzulegen, so⸗ bald sein Nachfolger erwählt und die centralisirte Regierungsform proclamirt worden sei, verworfen. Darauf hat der Präsident den Söngreß aufgelöst und mehrere Senatoren und Deputirte verhaften assen.

Auch aus Peru erhält die „A. C.“ über New⸗York, vom 3. April, Nachrichten über einen drohenden neuen Bürgerkrieg. Sie lauten:

Aus Jaquique wird depeschirt, daß für den früheren Präsidenten von Peru, Sesor Pierola daselbst große Mengen Waffen und Munition eintreffen und er Soldaten anwirbt, um sich mittels einer Revolution wieder an die Spitze der Regierung zu stellen. Von Tacna ist eine Regierungstruppen aufgebrochen, um die Rebellen auseinanderzutreiben.

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen (13.) Sitzung des Herrenhanses, der der Finanz⸗Minister Dr. Miquel beiwohnte, wurde zu⸗ nächst eine Aenderung der Geschäftsordnung dahin vorgenommen, daß eine wiederholte Schlußberathung stattfinden muß auf Antrag von mindestens 20 Milgliedern. Ein Antrag des Grafen Brühl, wonach der Antrag auf wiederholte Schlußberathung schriftlich gestellt werden soll, wurde vom Grafen von der Schulenburg⸗Beetzendorf unterstützt, aber von dem Grafen von Klinckowstroem und dem Minister des Königlichen Hauses von Wedell bekämpft und schließlich abgelehnt.

Darauf begann bei Schluß des Blattes die 11“ des Gesetzentwurfs, betreffend die Aufhebung der dur Verordnung vom 2. März 1868 verhängten Be⸗

schlagnahme des Vermögens des Königs Georg.

In der heutigen (48.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, der der Minister des Innern Herrfurth, der Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten von Heyden und der Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen beiwohnten, wurde in erster und zweiter Berathung

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der Vertrag zwischen Preußen und Bremen 19 Erweiterung des bremischen Staatsgebiets nördlich

genommen.

betreffend Abänderung wegepolizeilicher Vorschriften für die Provinz Schleswig⸗Holstein, mit Aus⸗ nahme des Herzogthums Lauenburg, nach kurzer Debatte zwischen dem Abg. Hansen (freicons.) und dem⸗ Regierungs⸗Rath Just angenommen.

Es folgte die erste Berathung des Gesetzentwurfs, be⸗ treffend die Besetzung der Subaltern⸗ und Unter⸗ beamtenstellen in der Verwaltung der Communal v erbände mit Militäranwärtern.

„Abg. Schröder (Pole) erklärte sich gegen das Gesetz, weil die Militäranwärter nicht die für den Communaldienst hathig⸗ Erfahrung und Kenntniß der localen Verhältnisse ätten.

Abg. Barth (dfr.) erklärte, daß seine Partei principielle Bedenken gegen die Vorlage nicht habe, aber fe Bedenken gegen einzelne Punkte. Redner legte seine Bedenken im Einzelnen dar und bg uerte schließlich, daß die Frage der Pensionirung der im Communaldienst angestellten Militär⸗ anwärter in diesem Gesetz nicht geordnet .2.

Der Minister des Innern Herrfurth widerlegte die Be⸗ denken des Vorredners und bemerkte, daß die Regelung der Pensionsfrage nicht in dieses Gesetz gehöre, daß aber schon com⸗ missarische Verhandlungen darüber stattfänden und in der nächsten Reichstagssession ein entsprechender Gesetzentwurf werde vorgelegt werden können.

Abg. Dr. Freiherr von Heereman (Ceutr.) hielt es für wünschenswerth, daß die im Communaldienst anzustellenden Mili⸗ täranwärter aus der Gegend ihres Wirkungskreises stammten und die localen Verhältnisse und Bedürfnisse genauer kennten. Redner beantragte die Ueberweisung der Vorlage an eine Commission von 21 Mitgliedern. 3 Abg. Eberhard (cons.) und Abg. Eberty (dfr.) sprachen sich für die Vorlage und für die Ueberweisung an eine Com⸗ mission aus; der letztere regte die Ueberweisung an die um 7 Mitglieder zu verstärkende Gemeindecommission an.

Abg. Wallbrecht (nl.) sprach für die Annahme der Vor⸗ lage ohne Commissionsberathung.

Der Gesetzentwurf wurde darauf einer besonderen Com⸗ mission von 21 Mitgliedern überwiesen.

Schluß gegen 1 ½ Uhr. Nächste Sitzung 11 Uhr.

neten trat heute in die zweite Lesung ein. Zu den Beschlüssen erster Lesung lag eine Reihe von Compromißanträgen vor, über die sich die Vertreter der beiden conservativen und der national⸗ liberalen p

„Die Arbeitsordnung muß Bestimmungen enthalten über die zur Festsetzung des Schichtlohnes und zum Abschluß sowie zur Abnahme des Gedinges ermächtigten Personen; über den Zeitpunkt, bis zu welchem nach der Arbeit gegen Ge⸗ dingelohn das Gedinge abgeschlossen sein muß; über die Beurkundung oder Bekanntmachung des abgeschlossenen Gedinges, und über die Voraussetzungen, unter welchen der Bergwerksbesitzer oder der Arbeiter eine Veränderung oder Aufhebung des Gedinges zu verlangen berechtigt ist“. Der in erster Lesung auf Antrag des Abg. Hitze (Centr.) angenommene § 80 cc, welcher lautet: „Die Berechnung und Auszahlung der Löhne muß mindestens monatlich erfolgen und mindestens alle 14 Tage eine Abschlags⸗ zahlung stattfinden“, wurde heute gestrichen. In § 80 k wurde die Bestimmung: „Wenn nicht jedes einzelne Fördergefäß abgewogen wird, so müssen auf einer und derselben Grube die Fördergefaße gleiche Form und gleichen Rauminhalt besitzen’, auf Grund der Compromißanträge ebenfalls gestrichen. Mehrere zu § 87 Ertcüdangesculen, vom Abg. Dr. Ritter (freicons.) ge⸗ tellte Anträge wurden in Folge entgegenkommender Er⸗ klärungen des Ministers für Handel und Gewerbe Freiherrn von Berlepsch zurückgezogen. In Art. W erhielt § 197 Abs. 1 des Allgemeinen Berggesetzes nach dem Compromißantrag folgenden Zu⸗ satz: „Für solche Betriebe, in welchen durch übermäßige Dauer der täglichen Arbeitszeit die Gesundheit der Arbeiter gefährdet wird, können die Ober⸗Bergämter Dauer, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der zu gewährenden Pausen vorschreiben und die zur Durchführung dieser Vorschriften erforderlichen Anordnungen erlassen.“ Art. VII schlägt zu § 202 folgenden Zusatz vor: „Wenn der Berg⸗ werksbesitzer einer auf Grund des § 197 ergangenen Polizeiverordnung zuwiderhandelt, kann der Revierbeamte bis zur Herstellung des der Ver⸗ ordnung oder der Verfügung entsprechenden Zustandes die Einstellung des Betriebes, soweit derselbe durch die Verordnung oder Verfügung ge⸗ troffen wird, anordnen, falls dessen Fortsetzung erhebliche Nachtheile oder Gefahren herbeizuführen geeignet sein würde.“ Dieser Artikel wurde gestrichen. In Art. VIII wurde in § 208 die Bestimmung estrichen, daß die Strafe von 300 ℳ, event. Haft, auch eintreten foll wenn der Betrieb auf Grund des § 202 von der Berg⸗ behörde eingestellt wird. In Art. IX. wurde bestimmt, daß das Gesetz erst am 1. Januar 1893 (statt 1. Juli 1892) in Kraft treten soll. Die Ober⸗Bergämter sollen ermächtigt werden, den Berg⸗ werksbesitzern auf Antra angemessene Fristen, längstens bis 1. Juli 1893 Cant 1. Januar 1893), behufs Herstellung der zur Durchfüh⸗ rung des § 80 k erforderlichen Einrichtungen zu gewähren. Das ganze Gesetz wurde sodann gegen die Stimmen des Cen⸗ krums und der Deutschfreisinnigen angenommen. Als⸗ dann wurde auch eine vom Abg. Engels (freicons.) vorgeschlagene Resolution angenommen, die Ausdehnung der Berg⸗ polizei auf den Eisenerzbergbau Schlesiens und den Salzbergbau Hannovers in Erwägung zu ziehen. Zum Berichterstatter für das Plenum wurde der Abg. Dr. Sch TT1b

Dadurch, daß ein Kaufmann in den letzten Tagen vor der Konkurseröffnung ein bis dahin nicht geführtes Hauptbuch eingerichtet hat oder hat einrichten lassen und darin die zum Aus⸗ weise der Führung von Handelsbüchern erforderlichen Eintragungen gemacht hat, kann er sich, nach einem Urtheil des Reichs erichts, III. Strafsenats, vom 10. Dezember 1891, von seiner Geserichte hehen Bankerutts infolge der unterlassenen Führung von Handels⸗

büchern nicht befreien.

Bei der Feuerversicherung ist die Ausfüllung des Frage⸗ bogens Seitens des Versicherungsnehmers in der Meise, da 8 scch als Eigenthümer der versicherten Sachen bezeichnet, wue, e; ein Theil dieser Sachen seiner Ehefrau gehört, nach einem Urtheil des

weiteres als eine wahrheitswidrige,

den Schadens f Declaration zu erachten. 8r b

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von Bremerhaven vom 14. März 1892 ohne Debatte an⸗

In erster und zweiter Berathung wurde der Gesetzentwurf,

Die Berggesetzcommission des Hauses der Abgeord⸗

. Partei verständigt hatten. Nach diesen Anträgen erhielt in Art. I § 80 b Abs. 2 heute folgende Fassung:

Reichsgerichts, I. Civilsenats, vom 16. Januar 1892, nicht ohne