1892 / 103 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 30 Apr 1892 18:00:01 GMT) scan diff

müsse. Eigenthum, das Frauen gehöre, dürfe deshalb nicht seines legitimen Einflusses in diesem Kampfe beraubt werden. Das Blatt giebt daher der Minorität Recht. Die „Morning Post“ hält die Bill für eine kleine und wohl⸗ umgrenzte Maßregel, der nur imaginäre Schwierigkeiten im Wege gestanden hätten. Der „Daily Telegraph“ t in der Abstimmung des Hauses den sehr vernünftigen Beschluß, die Lösung auf eine passendere Zeit zu verschieben. Die „Daily News’ folgert aus der Verhandlung, daß bei der gegenwärtigen politischen Lage das Aufrollen der Frauenstimmrechtsfrage unzeitgemäß sei. Für die nächsten Wahlen zum Unterhause wollen die englischen Arbeiter eigene Candidaten aufstellen. Der bekannte Arbeiterführer Ben Tillet hat diese Absicht in einer am Sonntag in Bradford gehaltenen Rede offen ausge⸗ sprochen und eine runde Absage an die beiden großen Parteien gerichtet. Beide Parteien, so äußerte er sich nach der „A. C.“, hätten bisher nur;⸗ angball mit den Arbeitern gespielt, jetzt aber wünschten die Arbeiter selbständig an dem Spiel theilzunehmen. Die Arbeiter würden nichts gewinnen, solange sie nicht zu der Erkenntniß kämen, daß der Arbeiter⸗ stand seine eigenen Abgeordneten aufzustellen habe. Wer dem entgegentrete, sollte als Feind der Arbeiter angesehen werden. In einer zweiten Rede, am Abend, richtete Tillet seine Pfeile insbesondere gegen Gladstone.

Die Londoner Polizei hat einer Mittheilung des „Hirsch'schen Bureaus“ zufolge festgestellt, daß der Londoner vereinigte Anarchistenclub fortgesetzt Verbindungen mit den Anarchisten auf dem Kontinent unterhält und daß von London das Losungswort ausgegeben wird. Demselben Bureau wird aus London berichtet:

Der vor dem Pulvermagazin in der Kaserne von Fleetwood

stationirte Wachtposten wurde von zwei Männern angegriffen, welche ihm das Gewehr zu entreißen versuchten und waebeseinkich in das

Pulvermagazin eindringen wollten. Der Soldat mußte schließlich von seiner Schußwaffe Gebrauch machen.

Wie das „Reuter'sche Bureau“ erfährt, wäre die Regie⸗ rung nicht ohne Sorge wegen der Lage Joh nston’'s im

afrikanischen Seengebiet und würde zu dessen Beistand zwei Kanonenboote dahin entsenden.

In Quebec (Canada) hat am 28. d. M. der Prozeß gegen den früheren Premier⸗Minister Mercier und die Unter⸗ beamten Langelier und Pacaud seinen Anfang genommen. Die Anklage lautet auf Aneignung von Geldern der Provinz unter falschem Vorwande.

Frankreich.

Wenn der „Gaulois“ gut unterrichtet ist, so muß man sich auf weitere anarchistische Greuelthaten gefaßt machen. Die Anarchisten wollen die Waffen nicht strecken. Für die Richtigkeit dieser Mittheilung sprechen die zahlreichen Droh⸗ briefe, die sowohl in Paris, wie in Laon, Dijon und Vitry le Français zur Versendung gekommen sind. So erhielten in Paris, wie der „Köln. ig. geschrieben wird, mehrere englische Kaufleute in der e Auber und den an⸗ grenzenden Straßen sowie das Magazin „Prin⸗ temps“ Briefe, worin ihnen angekündigt wird, sie würden „dynamitirt“ werden. Alle diese Häuser

polizeilich bewacht. Auch mehreren Zeitungen

icht vom 30. April Morgens. 8

—820 [88 C—

Stationen. Wind. Wetter.

Zar. auf 0 Gr. in ° Celsius 50 C. =40R.

Temperatur

7 Uhr.

u. d. Meeressp. red. in Millim

2

4 heiter

3 wolkig

3 bedeckt

4 halb bed. 4 bedeckt

4 bedeckt

4 bedeckt still heiter

Montag:

6 G. 9

985G. 8

S8 G 9

7 Uhr.

00 00 0 Æ☛ O02 00⸗—2

b der Unters NNW 2 beiter NNO 3 beiter W. 4 wolkenlos WSW 4 wolkig) NNW 2 wolkig 762 N 1 bedeckt 761 W wolkig

764 NNO wolkig 764 NNW wolkenlos 760 NO bedeckt 762 N heiter 758 NNO Regen ²) 762 NO Regen 763 N bedeckt ³) 757 NW Regen 761 O Regen 763 NO wolkig 753 heiter 753 Regen

¹) Hagelböen. ²) Nachts Regen, Schnee. ³) Gestern Vormittag Regen.

Uebersicht der Witterung.

Das Minimum, welches gestern über der östlichen

Nordsee lagerte, ist nordwärts nach der mittleren

ischen Küste fortgeschritten, während jenseits

sich ein Minimum ausgebildet hat, welches

seinen Wirkungskreis nordwärts bis zu dem deutschen

Küstengebiet ausgedehnt hat; ein barometrisches

Maximum liegt vorm Kanal und scheint sich südost⸗

wärts auszubreiten. Bei an der Kess UFwachen,

meist westlichen, s bis

als Gast.)

Anfang 7 Uhr.

setzung. Grube.

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des Tartüffe.

Mittwo

Am Freita Wiener Gastspi

im Binnenlande s frischen nördlichen und nordöstlichen Winden, ist das Wetter in Deutschland meist kälter, im Nordwesten beiter, in den übrigen Gebietstheilen trübe; vielfach ist Regen gefallen. In Westdeutschland liegt die Temperatur 3 bis 9 Grad unter dem Mittelwerth. iel hatte gestern Morgen Gewitter. In Triest sind 18 mm Regen gefallen. Deutsche Seewarte.

2 ½ Uhr:

öbnigliche Schauspiele. Sonntag: Opern⸗ haus. 110. Vorstellung. Freund Fritz. Lyrische in 3 Acten von P. Mascagni. Text von P.]

Suardon (nach Erckmann und Chatrian), deutsch von M. Kalbeck. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kapellmeister Weingartner. Die Puppenfee. Pantomimisches Ballet⸗Diver⸗ tissement von Haßreiter und Gaul. Musik von J. Bayer. In Scene gesetzt vom Balletmeister Emil Graeb. Dirigent:

Schauspielhaus. 117. Vorstellung. Die Quitzows. Vaterländisches Drama in 4 Aufzügen von Ernst von Wildenbruch. Overnhaus. Ring des Nibelungen. Richard Wagner. 3 Acten. Dirigent: Kapellmeister Sucher. Anfang

Schauspielhaus. tützungs . Presse. Neu einstudirt: Clavigo. Ein Trauerspiel in 5 Aufzügen von Goethe. Ober-Regisseur Max Grube. (Clavigo: Sonnenthal, vom K. K. in Wien, Anfang 7 Uhr. 1

Dienstag: Opernhaus. 112. Boabdil, der letzte Maurenkönig. Moritz Moszkowsky. Text von Carl Wittkowsky. Ballet von E. Graeb. In Secene gesetzt vom Ober⸗ Regisseur Tetzlaff.

Schauspielhaus. Lustspiel in 2 Acten nach der gleichnamigen Novelle von Edmond Abouts, von F. Zell. In Scene gesetzt vom Regisseur bl . 3 Füsichee Kranke. Lustspiel in 3 Aufzügen von

olibre, mit Benutzung der Baudissin'schen Ueber⸗

In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Anfang 7 Uhr.

Deutsches Theater. Sonntag: Zum letzten Male vor dem Wiener Gastspiel: Anfang 7 Uhr.

Montag: Zum letzten Male vor dem Wiener Gastspiel: Don Carlos. 3

Dienstag: Stella. Die Mitschuldigen.

h. Die Stützen der Gesellschaft. Donnerstag: Nathan der Weise. 18 bie letzte Vorstellung vor dem el statt.

Berliner Theater. Sonntag⸗

Kean. Abends 7 ½ Uhr: Nora. Montag: König Richard III. Anfang 7 ½ Uhr. Dienstag: Nora. Die nächste Aufführung von „Ot

Agnes Sorma, Nuscha Butze, Ludw. Barnay, Ludw. tahl findet am Mittwoch statt.

Theater⸗Anzeigen. *

Mamtag: Die Ehre. Dienstag: Die

sind wegen ihrer Haltung gegen die Anarchisten Drohbriefe zugegangen. In Dijon wurde gestern Nacht, wie „W. T. B.“ meldet, auf der zur Mairie führenden Treppe eine mit zwei glimmenden Lunten versehene Bombe vorgefunden. Der Anschlag wurde durch die vorzeitige Detonation zweier durch Lunten verbundener Petarden entdeckt, welche die Bombe zur Explosion bringen sollten. Die Löschung der Lunten gelang noch zur rechten Zeit. Die Verhaftungen und Auswei⸗ sungen von Anarchisten dauern fort. In Nizza wurden fünf italienische Anarchisten ausgewiesen. In Paris sind gestern Abend zwar keine weiteren Verhaftungen vorgenommen worden, den Polizeicommissaren sind jedoch gegen 20 Haftbefehle zu⸗ gegangen, die heute Vormittag ausgegübet werden sollen. Wie verlautet, befürchtet man bei der Polizeipräfectur ein neuerliches Attentat der Anarchisten für heute Abend; andererseits heißt es, die Anarchisten würden der Maifeier Pegenüber eine abwartende Haltung beobachten, um den Socialisten keine Ungelegenheiten zu bereiten. Peler⸗ licherseits wird auf Grund der bisher vorliegenden Er⸗ mittelungen angenommen, daß der morgende Tag ruhig ver⸗ laufen werde. Auch in der Armee scheint man anarchistischen Umtrieben auf die Spur gekommen zu sein. Nach einer Meldung des „W. T. B.“ sind gestern in Marseille zwei Infanteriesoldaten verhaftet worden, die in Ver⸗ dacht stehen, mit Anarchisten Beziehungen unterhalten zu haben. 8 1 Italien. 1“

In Ausführung der bereits gemeldeten Anordnung des

Ministers des Innern sind in Rom in der Nacht zum Freitag und am gestrigen Vormittag weitere zwölf Anarchisten ver⸗ haftet worden, sodaß die Gesammtzahl der bisher Verhafteten 80 beträgt. In Neapel wurden in der vorhergehenden Nacht 72 Anarchisten in Haft genommen. Der in Triest erscheinende „Cittadino“ erfährt über Venedig, daß die Anarchisten das Rathhaus in Tarent in die Luft gesprengt hätten. Einzelheiten darüber fehlen noch. Auch der Vatican hat sich, wie die „Pol. Corr.“ meldet, veranlaßt gesehen, im Hinblick auf den 1. Mai besondere Vorsichtsmaßregeln zur Verhütung etwaiger Ruhe⸗ störungen oder verbrecherischer Anschläge zu ergreifen. Schon seit einiger Zeit ist der Zutritt zu den unterirdischen Räumen der Peterskirche, deren Besuch sonst allen Fremden ohne weiteres gestattet war, nur solchen Personen eingeräumt, die sich mit einer das Visum des Domcapitels tragenden Eintritts⸗ karte ausweisen können. Am 1. Mai selbst werden nur mit einem amtlichen Charakter bekleidete Personen in den Vatican eingelassen werden. Die vaticanischen Museen und die sonstigen Gaherien bleiben an diesem Tage Sonntag geschlossen.

Spanien. In Barcelona sind nach einem Telegramm des Wolff'⸗ schen Bureaus 16 Anarchisten verhaftet worden.

Portugal.

Das amtliche „Diario“ vom gestrigen Tage veröffentlicht ein Decret, wonach die portugiesische Finanzagentur in London aufgehoben wird.

Einer in Lissabon eingetroffenen amtlichen Meldung aus

Wallner-Theater. studirt: Ehrliche Arbeit. in 4 Acten von H. Wilken. und V. Holländer.

Musikdirector Hertel. Anfang

Sonatag:

Anfang 7 Uhr.

111. Vorstellung. Der Bühnenfestspiel von

Zweiter Abend: Siegfried in

Carl Millöcker. In

Scene

Zum Besten fang 7 Uhr.

118. Vorstellung. Berliner

„Kasse des Vereins

esetzt vom

In Scene Adolf

Sonnenthal.

Oper in 3 Acten von 1 komischen Oper.

Anfang 7 ½ Uhr. Dirigent: Kapellmeister Kahl.

119. Vorstellung. Die Büste. Leon Gaudillot.

gesetzt von Emil Lessing.

Kroll'’s Theater. Signorina Luisa Nikita. Sgra. Nikita.) Anfang 7 Uhr.

A. Plaschke. Der ein⸗

Das Urbild dank, Markgrafenstr. 51a.

Montag: Der Freischü Rigoletto.

des Herrn Franz Schwarz. von Windsor.

öffnung der Sommer⸗Saison.

mit Gesan gesetzt vom Director Sternheim. hello“ mit der Residenz):

Brillante Illumination des

roßstadtluft.

Sonntag: Volksstück mit Gesang Musik von R. Bial

Neu bearbeitet und mit neuen

Couplets versehen von L. Herrmann. Anfang 7 ½ Uhr. Montag und folg. Tage: Ehrliche Arbeit.

Friedrich⸗Wilhelmstädtisches Theater. Mit neuer Ausstattung zum 101. Male: Das Sonntagskind. Operette in 3 Acten von Hugo Wittmann und Julius Bauer. Musik von rl ker gesetzt von Julius Fritzsche. Dirigent: Kavpellmeister Federmann. Die Decorationen aus dem Atelier von Falk. Die neuen Costume vom Garderoben⸗Inspector Ventzkyv. An⸗

Montag: Zum 102. Male: Das Sonntags⸗

Residenz⸗-Theater. Direction: Sigmund Lauten⸗ burg. Sonntag: Letztes Auftreten und Abschieds⸗Vor⸗ vorstellung des K. K. Hofburgschauspielers Adolf . 16. Abend. Wahn und Wahnsinn. Schauspiel in 2 Acten von Melesville. Aus der Lustspiel in 1 Act von Murger.

Montag: Der kleine Schwerenöther (Ferdi- nand le noceur). Schwank in 4 Acten von Deutsch von Schönau. In Scene Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag: Fra Diavolo. (Zerline:

illets à 3, 2 und 1,50 ℳ, Entrée à 1 und Abonnementsbillets à Dutzend 9 sind vorher zu haben an der Kasse und bei den Herren Bach, Unter den Linden 46, Lindenberg, Leipzigerstr. 50 a, R. Thomas, Unter den Linden 34, und im Invaliden⸗

)

Belle-Alliance-Theater. Sonntag Er⸗ Entrée 50 ₰. Im Theater: Zum 43. Male: Pechschulze. Posse und Tanz in 3 Acten (6 Bildern) von H. Salingré. Musik von A. Lang. In Scene

Großes Militär⸗Doppel⸗Concert, ausgeführt von dem gesammten Musikcorps des Garde⸗Cürassier⸗Regiments (in Uniform), unter Lei⸗ tung ihres Dirigenten Herrn Ruth, und der Kapelle des Belle⸗Alliance⸗Theaters (40 Mann), unter Lei⸗ tung des Musikmeisters F. R. Richter.

1 1 ganzen Etablissements durch 50 000 Gasflammen.

dem Zambesigebiet zufolge ist die Ruhe dort wieder hergestellt. 8

Wie mehrere Lissaboner Blätter wissen wollen, hätte die Polizei Befehl mr die französische Gesandtschaft und das französische Konsulat zu überwachen, da man Anschläge der Anarchisten gegen diese Gebäude befürchte.

Schweiz.

Der Handelsvertrag mit Italien wird, wie der „Bund“ schreibt, in der schweizerischen Presse verschieden ge⸗ würdigt. Vorwiegend wird er als annehmbar bezeichnet, da er einzelnen Industrien den Absatz ermögliche und dem letzten Vertrag gegenüber einen kleinen Fortschritt darstelle. Für beide Länder aber sei er, und das gelte als entscheidend, der An⸗ wendung der beiderseitigen Generaltarife oder dem Zoll⸗ krieg vorzuziehen. Die Unterhandlungen mit Frank⸗ reich werden in Paris zwischen dem Gesandten Lardy und dem französischen Ministerium weiter geführt.

Laut in Bern eingegangenen Berichten hat, der „Frkf. Ztg.“ zufolge, eine Reihe cantonaler Beamten Droh⸗ driefe erhalten, deren Urheberschaft den Anarchisten zuge⸗ schrieben wird. Dem Präfecten in Lausanne Namens Prin⸗ goud wurde gedroht, sein Haus werde am 1. Mai in die Luft gesprengt werden. In den Canton Tessin sind die aus Italien ausgewiesenen Anarchisten zurückgekehrt; die dortige Polizei ist deshalb verstärkt worden.

Griechenland. Der griechische Justiz⸗Minister Philaretos hat sich, wie man der „Pol. Corr.“ meldet, während der Osterfeiertage nach Thessalien begeben, um aus eigener Wahrnehmung über die Sicherheitsverhältnisse in jener Provinz urtheilen zu können, woselbst immer noch trotz des Zusammenwirkens der Militär⸗ und Civilbehörden Gewaltthaten durch Räuber an der Tagesordnung sind. Der Nomarch von Larissa hat der Regierung telegraphisch die Inkraftsetzung des Special⸗ gesetzes gegen die Räuberei vorgeschlagen, während der dortige Staatsanwalt die Erlaubniß forderte, auf die Räuber Preise aussetzen zu dürfen.

Bulgarien.

Die Untersuchung über die in Rustschuk aufgefundenen Bomben (siehe Nr. 98 des „R.⸗ u. St.⸗Anz.“ vom 25. d. M.) hat die Entdeckung einer umfangreichen, zum armenischer Sprache geführten Correspondenz er⸗ geben, mit deren Uebersetzung man augenblicklich beschäftigt ist.

Nach Schluß der Redaction eingegangene Depeschen.

Köln, 30. April. (W. T. B.) Die Königin von

Schweden ist heute früh 8 ½ Uhr in dem Luftkurort

Honnef eingetroffen.

Luxemburg, 30. April. (W. T. B.) Der Groß⸗ herzog hat Brasseur zum Bürgermeister und Wittenauer und Heintz zu Schöffen der Stadt Luxemburg wiederernannt.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

1“ des Concerts 3 ½ Uhr, Anfang des Theaters

7 ½ Uhr.

In Vorbereitung: Der Günstling. Operette in

8 Acten von Hermann Sternheim. Musik von Carl rau.

sind an der Kasse zu haben.

Adolph Ernst⸗Theater. Sonntag: Zum 15. Male: Fräulein Feldwebel. Gesangsposse in 3 Acten von Ed. Jacobson und W. Mannstädt. Musik von G. Steffens. Adolph Ernst. Anfang 7 ½ Uhr.

Montag und folgende Tage: Fräulein Feld⸗

webel. Der Sommer⸗Garten ist geöffnet.

Thomas-Theater. Alte Jakobstraße Direction: Emil Thomas. Sonntag: 2. Gastspiel von Frau Emma Sebold, Herrn Adolf Brakl und zum 2. Male: Novität! Die Ulanen. Novität! perette in 3 Acten von Hugo Wittmann. M von Carl Weinberger. Regie: Ernst Meißner. Zirigent: Kapellmeister Eduard Weber. Anfang 21

Montag: Die Ulanen.

160- Hohenzollern⸗Galerie am Lehrter Bahnhof. Gr. histor. Rundgemälde 1640 1890.

Gastspiel der

Urania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde. Am Landes⸗Ausstellungs⸗Park Eg Bahnhof). Geöffnet von 12 11 Uör. Täglich Vorstellung im wissenschaftlichen Theater. Näheres die Anschlag⸗

8 8 183 1 22 2 b⸗ 57 7 Dienstag: Gastsviel der Signorina Luisa Nikita. 1ettel. Anfang 7 ½ Ubr

1 (Gilda: Sgra. Nikita. Mittwoch: Gastspiel der Frau Moran⸗Olden und Die lustigen Weiber

Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Marie Krull mit Hrn. Prem. Lieut. Peter Paul von Kameke (Berlin). Geboren: Ein Sohn: Hrn. H. Hrn. Prem.⸗Lieut. Schrötter (Brom⸗ erg). Gestorben: Fr. Oberst Ida vom Berge und rrendorff, geb. von Ploetz (Hannover). Hr. ajor a. D. Helmuth von Weltzien (Schwerin).

Im prachtvollen, glänzenden Sommer⸗Garten (vornehmstes und großartigstes Sommer⸗Etablissement

Redacteur: Dr. H. Klee, Director. Berlin: Verlag der Expedition (Schols).

Acht Beilagen

(einschließlich Börsen⸗Beilage).

Garten⸗

Köpfe der

oßen Theil in

Abonnements⸗Billets à 10 ℳ, 5 und 3

In Scene gesetzt von

Herrn Alfred William vom Carl⸗Theater in Wien. Musik

von Ribbeck

u“

*

Deutschen Reichs⸗Anz

Erste B i1 Sr

Berlin, Sonnabend, den 30. April

Personalveränderungen.

Königlich Preußische Armee.

Offiziere, Portepee⸗Fähnriche ꝛc. Ernennungen, Be⸗ förderungen, Versetzungen c. Im activen Heere. Schlitz, 26. April. Fürst Anton Radziwill, Gen. der Cav., unter Belassung in dem Verhältniß als Gen. Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs, à la suite des 1. Garde⸗Feld⸗Art. Regts.

stellt. 27. April. Herzog Ernst Günther zu Schleswig⸗Holstein, Hoheit, Hauptm. vom Großen General⸗ stabe, zur Dienstleistung bei dem Generalstabe der Garde bis zum Schluß der diesjährigen Herbstübungen, Frhr. v. Brandenstein, Sec. Lt. vom 1. Groß erzogl. Mecklenburg. Drag. Regt. Nr. 17, dom 1. Mai d. J. ab auf sechs Monate zur Dienstleistung bei des Großherzogs von Mecklenburg⸗Schwerin Königlicher Hoheit, com⸗ mandirt. v. Wulffen, Sec. Lt. à la suite des Garde⸗Cür. Regts., in das Garde⸗Cür. Regt. von Seydlitz (Magdeburg.) Nr. 7 ein⸗

rangirt. 3 1 Königlich Bayerische Armee.

Offiziere, Portepee⸗Fähnriche ꝛc. Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im activen Heere. 2. April. Spies, Premier⸗Brigadier der Leib⸗Garde der Hart⸗ schiere, zum Rittm. und Adjutanten bei dieser Leib⸗Garde befördert.

24. April. Dallmer, Major und etatsmäß. Stabsoffizier vom 1. Fuß⸗Art. Regt. vacant Bothmer, in gleicher Eigenschaft zum 2. Fuß⸗Art. Regt. versetzt. Döring, Major und etatsmäß. Stabsoffizier im 2. Fuß⸗Art. Regt., zum Bats. Commandeur in diesem Regt., Ritter v. Mann Edler v. Tiechler, Hauptm. bisher à la suite des 1. Fuß⸗Art. Regts. vacant Bothmer und weiter Art. Offizier vom Platz in Ingolstadt, unter Beförderung zum Major ohne Patent, zum etatsm. Stabsoffizier in diesem Regt.,

hr. v. Waldenfels, Hauptm. und Comp. Chef im 2. Fuß⸗Art. Regt., unter Stellung à la suite dieses Regts., zum zweiten Art. Ofhzier vom Platz in Ingolstadt, Schmidtlein, Hauptm. im 2 Fuß⸗Art. Regt., zum Comp. Chef in diesem Regt., ernannt. Vogl, Hauptm. à la suite des 2. Fuß⸗Art. Regts. und Director der Geche ießerei und Geschoßfabrik, zum Major ohne Patent; die Sec. Lts.: Ge 89 im 5. Chev. Regt. Erzherzog Albrecht von Oesterreich, von Staudt im 2. Ulan. Regt. König, commandirt zur Kriegs⸗Akademie, Frhr. v. Jee im 1. Schweren Reiter⸗Regt. Prinz Karl von Bayern, Frhr. v. Redwitz im 1. Ulan. Regt. Kaiser Wilhelm II. König von Preußen, Paraquin im 5. Chev. Regt. Erzherzog Albrecht von Oesterreich, Klinger im 2. Schweren Reiter⸗ Regt. vacant Kronprinz Erzherzog Rudolph von Oesterreich, Frhr. von u. zu der Tann im 2. Ulan. Kegt. König, Dietrich im 6. Chev. Regt. vacant Großfürst Konstantin Nikolajewitsch, Insp. Offizier an der Kriegsschule, Schonger im 2. Chev. Regt. Taxis, Fürst von Thurn und Taxis, à la suite des 1. Schweren Reiter⸗Regts. Prinz Karl von Bayvern, Freudenberg im 5. Chev. Regt. Erz⸗ herzog Albrecht von Oesterreich, commandirt zur Equitationsanstalt, v. Normann im 2. Ulan. Regt. König commandirt zur Equitations⸗ anstalt, Wenninger im 2. Schweren Reiter⸗Regt, vacant Kronprinz Erzherzog Rudolph von Oesterreich, commandirt zur Cquitationsanstalt, v. Hellingrath, à la suite des 2. Ulan. Regts. König, sämmtlich, soweit dieselben im activen Dienst stehen, zu überzähl. Pr. Lts., Deutsch⸗ mann, Sec. Lt. im 2. Fuß⸗Art. Regt., zum Pr. Lt., Wilhelm Weber, Konrad Weber, Sec. Lts., vom 1. Pion. Bat., im Ingen. Corps, Schnitzler, Sec. Lt. vom Eisenbahn⸗Bat., im Ingen. Corps, zu überzähl. Pr. Lts., befördert. Gerneth, Major und Refe⸗ rent im Kriegs⸗Ministerium, v. Zwehl, Major des Generalstabes, commandirt zum Königl. preuß. Generalstabe, Zerreiß, Major à la suite des Generalstabes, persönlicher Adjutant Sr. Königl. Hoheit des Prinzen Rupprecht von Bayern, Frhr. v. Mauchenheim gen. Bechtolsheim, Major vom Generalstabe der 4. Div., Gemmin⸗ gen Frhr. v. Massenbach, Major vom Generalstabe der 2. Div., Brug, Hauptm. à la suite des Generalstabes, Führer der Luft⸗ schiffer⸗Lehrabtheilung, Sixt, Prem. Lt. im 3. Chev. Regt. vacant Herzog Maximilian, commandirt zur Equitationsanstalt, Frhr.

v. Pfetten⸗Arnbach, Pr. Lt. im 1. Schweren Reiter⸗Regt. Prinz

Karl von Bayern, Finck, Köckert, Pr. Lts. im 1. Fuß⸗Art. Regt. vacant Bothmer, Patente ihrer Charge verliehen.

25. April. Die außeretatsmäß. Sec. Lts. Haushofer, Raila des 1. Feld⸗Art. Regts. Prinz⸗Regent Luitpold, Föttinger, Dietz des 2. Feld⸗Art. Negts⸗ Horn, Graf v. Holnstein aus Bayern, v. Schleich des 3. Feld⸗Art. Regts. Königin⸗Mutter, v. Oelhafen, Jung, Frhr. v. Bibra des 4. Feld⸗Art. Regts. König, Bedall, Maurer, Ris des 5. Feld⸗Art. Regts., Zimmer⸗ S 9 b. 1“ 1 8* 1. Jes Pr vacant

Zothmer, Schmuderer, Sturm des 2. Fuß⸗Art. Regts., Art. Offizieren ernannt. Fuß 85 g8 Durch Verfügung der Inspection des Ingenieur⸗ Corps und der Festungen. Günther, Hauptm. des Ingen. Corps, bei der Fortification Ingolstadt eingetheilt.

Im Beurlaubtenstande. 24. April. Messerer (Würzburg), Pr. Lt. von der Landw. Inf. 1. Aufgebots, zum Hauptm, Leininger (Würzburg), Pr. Lt. vom Landw. Train 1. Aufgebots, zum Rittm., Winter (Regensburg), Clauß (Hof), Weber, Barzen, Brandis (Aschaffenburg), Sec. Lts. in der Landw. Inf. 1. Aufgebots, Reinhard, Wick (Aschaffenburg), Sec. Lts. in der Landw. Inf. 2. Aufgebots, zu Pr. Lts.; die Vice⸗ Feldwebel bezw. Vice⸗Wachtmeister der Reserve: Borchardt (1. München) in der Res. des 1. Inf. Regts. König, Walbe (1. München) in der Res. des 10. Inf. Regts. Prinz Ludwig, Schrader (1. München) in der Res. des 2. Schweren Reiter⸗Regts. vacant Kronprinz Erzherzog Rudolph von Oesterreich, Krauß (1. München), Wolf (Bayreuth), Vice⸗Feldw. in der Landw. Inf. 1. Aufgebots, zu Sec. Lts., befördert. 1 8 Abschiedsbewilligun en. Im activen Heere. 22. April. Frhr. v. u. zu der Tann, Oberst⸗Lt. und Adjutant der Leib⸗Garde der Hartschiere, mit Pension und mit der Erlaubniß zum Tragen der Uniform der Abschied bewilligt.

Im Beurlaubtenstande. 24. April. Roth . Mchen)

uptm. von der Landw. Inf. 1. Aufgebots, Stöhr (I. München),

r. Lt. von der Landw. Inf. 1. Aufgebots, Beiden mit der Erlaubniß zum Tragen der Landw. Uniform, Müller (Zweibrücken), Pr. Lt. von der Landw. Inf. 1. Aufgebots, Weindler (Wasserburg), Scheuermayer, Müller (I. München), Bina, Kuchler, Naue, Lösch (Nürnberg), Pr. Lts. von der Landw. Inf. 2. Auf⸗ gebots, Heberlein (Nürnberg), Pr. Lt. von der Land⸗ wehr⸗Fuß⸗Artillerie 2. Aufgebots, der Abschied bewilligt. Hundt, Weizel (Nürnberg), Pr. Lts. von den Landw. Pionieren 2. Aufgebots, Schech (Würzburg), Pr. Lt. vom Landw. Train 2. Aufgebots, Franck (Rosenheim), Grimm (I. München), Rath, Götz, Raps Regensburg), Wuzel, Stich, Carl, Prößl⸗ Schneller, Gartner, Leinberger, Pöhlmann, Hel ig ürnberg), Hirschauer (Ansbach), Brüderlein (Kissingen), Fraser, Zangl (Würzburg), Lang, Martin (Landau), Sec. b2e von der Landw. Inf. 2. Auf ebots, Klinger (Nürnberg), 6 Lt. von der Landw. Cav. 2. Aufgebots, Gößwein (Nürn⸗ derg,, Grimm (Würzburg), Sec. Lts. von der Landw. Feld⸗Art. ds Aufgebots, Supf (Nürnberg), Gutmann (Würzburg), Sec. ts. vom Landw. Train 2. Aufgebots, der Abschied bemilligt.

8 1

Im Sanitäts⸗Corps. 24. April. Benn (Landau) Assist. Arzt 1. Kl. der Landw. 1. Aufgebots, Dr. Mayr (I. München), Stabsarzt der Landw. 2. Aufgebots, Dr. Fauler (Mindelheim), Dr. Nieberding, Dr. Müller (Würzburg), Assist. Aerzte 1. Kl. der Landw. 2. Aufgebots, der Abschied bewilligt.

Beamte der Militär⸗Verwaltung.

21 April. Müller, Zahlmstr. Aspir. des 5. Inf. Regts. vacant Großherzog Ludwig IV. von Hessen, zum Zahlmstr. im II. Armee⸗Corps ernannt. 8 8

22. April. Martini, Kupferstich⸗Revisor vom Topographischen

Bureau des Generalstabs, in den erbetenen Ruhestand getreten.

24. April. Wein (I. München), Dr. Arnold (Ansbach), Wolff (Würzburg), Ober⸗Apotheker der Landw. 1. Aufgebots, Haus, Kamm (Würzburg), Ober⸗Apotheker der Landw. 2. Auf⸗ gebots, der Abschied bewilligt.

Preußzischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 53. Sitzung vom Freitag, 29. April.

Der Sitzung wohnen der Präsident des Staats⸗Ministe⸗ riums, Staats⸗Minister Graf zu Eulenburg, der Vice⸗ Präsident des Staats⸗Ministeriums, Staats⸗Minister Dr. von Boetticher, der Minister für Landwirthschaft ec. von Heyden und der Minister der geistlichen ꝛc. An⸗ gelegenheiten Dr. Bosse bei.

Auf der Tagesordnung stand die Fortsetzung der ersten Berathung des Gesetzentwurfs wegen Feststellung eines Nachtrags zum Staatshaushalts⸗Etat für das Jahr vom 1. April 1892 /93.

Abg. Dr. Enneccerus (nl.): Auch er glaube, daß ein dauernder

2

Einfluß des Reichs auf die preußischen Verhältnisse bei der Trennung der beiden Aemter des Reichskanzlers und des Minister⸗Präsidenten nicht in der wünschenswerthen Weise gesichert sei, und er glaube des⸗ halb nicht an eine lange Dauer dieser Trennung. Das habe aber selbstverständlich auf die Frage der Bewilligung keinen Einfluß. Das Minister⸗Präsidium sei ein bereits bestehendes Amt. Es sei nur kein Gehalt dafür ausgeworfen, weil es mit dem Reichskanzleramt durch freie Entschließung des Königs verbunden gewesen sei. Der Abg. Stöcker, mit dessen Rede er sich leider etwas ausführlicher beschäf⸗ tigen müsse, habe es einen Fehler genannt, daß nach beendetem Kriege von 1866 die preußische Regierung mit Bewilligung des Königs um Indemnität nachgesucht habe. Von dem eng begrenzten Partei⸗ standpunkt des Abg. Stöcker aus (Lachen rechts), von seinem nicht weit gezogenen politischen Horizont könne man das allerdings für einen Fehler halten. Aber Bismarck und der unvergeßliche König Wilhelm I. hätten sehr wohl erkannt, daß sie den Sieg nicht gegen einen Theil des eigenen Volks, das doch auch den Sieg erstritten gehabt habe, ausnutzen dürften. Bismarck habe die Einigung Nord⸗ deutschlands, dann des gesammten Vaterlandes herbeiführen wollen. Habe er aber diesen Gedanken der Liberalen sich aneignen wollen, so habe er zuvor eine innerliche Einigung mit dieser liberalen Partei suchen müssen. Er habe sie gesucht und gefunden. Um des Nord⸗ deutschen Bundes, um des Deutschen Reichs willen sei die Indemnität nachgesucht worden. Der Abg. Stöcker habe entweder über die trei⸗ benden Gedanken, die zu jenem Schritt gedrängt hätten, keine richtige Vorstellung, oder aber er stelle eine engherzige Parteipolitik höher als das Eintreten für das Vaterland, für den Frieden des Vaterlandes und für das Recht. Mit Unrecht habe er sich für seine Ansicht auf den großen Geschichtsforscher Leopold von Ranke berufen. Dieser Forscher habe sehr wohl eingesehen, daß ein starkes Deutsch⸗ land mit Rücksicht auf einen Krieg mit Frankreich eine Nothwendig⸗ keit gewesen sei. Natürlich sei dem Abg. Stöcker auch die Gegen⸗ wart ein Buch mit sieben Siegeln. Die Proteste der Städte, Uni⸗ versitäten u. s. w. gegen das Volksschulgesetz seien ihm nichts als ein Werk nationalliberaler Theater⸗Directoren. Auch der Brom⸗ berger conservative Wahlverein, der seinen Abgeordneten er⸗ sucht habe, für das Scheitern dieses Gesetzentwurfs einzu⸗ treten, sei ihm wohl nicht mehr. Der Abg. Stöcker schließe von sich auf andere, aber er irre, daß er mit seiner Agitation einen viel stärkeren Sturm der Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf her⸗ vorgerufen habe. (Widerspruch rechts.) Eine Verständigung mit der Rechten sei ganz ausgeschlossen gewesen. Der Abg. Stöcker müsse selbst zugeben, daß der angenommene Antrag Rickert zum § 1, daß die Schule eine Staatsschule sei, nur eine Decoration gewesen sei. Im übrigen hätten die Conservativen überhaupt keine Concessionen ge⸗ macht. Der Cultus⸗Minister habe nicht ausgesprochen, daß in Zukunft eine ähnliche Vorlage gemacht werden solle; er habe aber hinzugefügt, es müsse natürlich jedem Unterrichts⸗Minister der Wunsch nahe liegen, gewisse derartige Fragen gesetzlich zu regeln. Eine neue Vorlage sei weder in Aussicht gestellt, noch vollständig beseitigt für längere Zeit. Er hebe das besonders hervor, weil im Lande der Glaube herrsche, daß mit diesem jetzt errungenen Erfolg die Sache abgemacht sei. Nein, jeder liberale Mann im Lande er rechne dazu in gewissem Sinne auch die Freiconservativen möge bedenken, daß derartige Dinge sich wiederholen könnten, und möge rechtzeitig auf dem Posten sein. Einem Schuldotationsgesetz werde seine Partei mit großer Freude entgegensehen. Leider sei im Augenblick nicht darauf zu rechnen, hoffentlich werde es in der nächsten Session kommen. Der Abg. von Huene habe vorgebeugt, indem er Emeint habe, beim Dotationsgesetz komme gleich wieder die Confessionalität in Betracht. Er müsse dieser Ansicht widersprechen; ein Schuldotationsgesetz sei sehr wohl möglich, ohne den großen prin⸗ cipiellen Fragen näher zu treten. Die höchste Blüthe, zu der Stöcker's Rbetorik, aber auch seine Wahrheitsliebe und sein Gerechtigkeitssinn sich verstiegen hätten, sei die Wiederholung der Caprivi'schen Worte über den Kampf gegen den Atheismus gewesen. Aber er habe diese Worte noch vbrschärft. indem er von Christenthum und Anti⸗ christenthum gesprochen habe. Diese ungeheure Unwahrheit (Wider⸗ spruch rechts) wolle der Abg. Stöcker durch einen einzigen Artikel eines einzigen Blattes beweisen, dessen Inhalt er durch eine nur durch lange Uebung erlangte ungeheure Fingerfertigkeit allen Gegnern des Volksschulgesetzes unterschiebe. Der Grundirrthum Stöcker's bestehe darin, daß er glaube, die Socialdemokratie und der Atheismus könnten nur durch ein streng bekenntnißmäßiges Christenthum bekämpft werden. Aber eine ganze Reihe von Dogmen könnten auch von vielen Menschen nicht geglaubt werden, welche auf dem Boden des Thristenthums ständen. Diese Ueberzeugung reiche auch bis in die conservativen Reihen hinein. Er könne dafür kein besseres Beispiel anführen, als die schönen Worte Moltke's. (Redner verliest eine längere Stelle aus den Schriften Moltke's, deren Anfang lautet: So tritt denn eigentlich die Vernunft in Widerspruch mit manchen ehrwürdigen Ueberlieferungen.) Auch Moltke stehe auf dem freien Boden, den manche von Ihnen sehr gern aus dem Christenthum verbannen möchten. Ein großer Theil des Centrums und auch unserer Se wünsche ein auptsächlich von der Kirche geleitetes Schulwesen. Seine Partei wolle das nicht. Gerade eine Betonung der Dogmen führe eine große Anzahl von Menschen dem Atheismus zu. Auch seine Partei wolle bekenntniß⸗

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eiger und Königlich Preußischen St

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1892.

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mäßige Lehren, aber sie wolle nicht, daß die Bekenntnißmäßigkeit das Alpha und das Omega sei. Sie solle nur das Mittel sein, um die tiefere Religiosität zu erzielen, und seine Partei glaube, daß unser Schulwesen ohne eine Oberherrschaft oder Mitherrschaft der Kirche seesnee⸗ sein werde, diese Aufgabe zu erfüllen. Der 3 Stöcker abe getadelt, daß der Minister⸗Präsident in seiner Rede über die großen hervorgetretenen Gegensätze eine Verständigung als aussichts⸗ los bezeichnet habe. Wenn der Abg. Stöcker eine Verständigung für möglich gehalten habe, so habe er das durch die That nicht gezeigt, ebensowenig der Abg. Huene und das Centrum. Ein Mitglied des Centrums habe in der Commission klar FP die Schule sei nur ein Annexum der Kirche. Angesichts solcher Aeußerungen müsse es bedenklich erscheinen, der Kirche eine Mitherrschaft über die Schule einzuräumen. Nach der Lehre der Kirche sei es die Schule allein, in welcher Religionsunterricht ertheilt werden könne. (Wider⸗ spruch im Centrum.) Der r Graf von Ballestrem habe in Breslau als die Ziele des Centrums bezeichnet die völlige Freiheit der Kirche und die Freiheit der Schule, nämlich die Freiheit des kirchlichen Ein⸗ flusses auf die Schule. (Zustimmung und Widerspruch.) Seine Partei kämpfe auch für die Freiheit der Schule, aber in anderem Sinne. Sie kämpfe für das unerläßliche Maß der Freiheit der Schule zur Erfüllung ihrer großen religiös⸗sittlichen und culturellen Aufgaben und für die ungeschmälerte Erhaltung des Rechts und der Pflicht des Staates zur Erziehung des Volkes. Diesen Kampf werde sie stets aufs neue beginnen, wenn der Versuch einer Knechtung der Schule wieder gemacht werde. (Beifall bei den Nationalliberalen.)

Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Bosse:

Meine Herren! Ich möchte nur um die Erlaubniß bitten in⸗ folge der soeben gehörten Auffassung über meine gestrigen Ausführungen bezüglich der Vorlegung eines Schuldotationsgesetzes, die Ausführungen von gestern ganz kurz ein wenig ergänzen zu dürfen, da ich glaube, daß ich nicht ganz richtig verstanden bin. Ich bin so verstanden worden, als wenn ich der Meinung wäre, daß es absolut unmöglich wäre, ein Schuldotationsgesetz vorzulegen, welches ein rein finanzielles Gepräge trägt. Ich will die Möglichkeit, ein solches Schul⸗ dotationsgesetz vorzulegen, keineswegs bestreiten. Aber, meine Herren, was ich behaupte und gestern ausgeführt habe, ist nur das, daß da⸗ neben die Möglichkeit besteht, daß bei der Discussion eines solchen Gesetzes jeder, der es will, bei jedem Paragraphen die ganze principielle Schulfrage bis zur Simultanschulfrage hin wieder in die Discussion dieses Schuldotationsgesetzes hineinwerfen kann. Und das ist der Grund, weshalb ich meinerseits Werth darauf legen muß, diese Frage nicht nach einer Verwaltung von wenigen Wochen principiell erörtern zu müssen. Bin ich gestern so verstanden worden, als wenn ich die Neigung hätte, principiellen Erörterungen aus dem Wege zu gehen, so bin ich völlig mißverstanden worden. Meine persönliche Neigung geht viel eher dahin, mich offen und ehrlich über das, was ich will, auszusprechen, klare Verhältnisse zu schaffen, und dann auf diesen Principien zu stehen und danach meine Verwaltung einzurichten. Aber, meine Herren, ich würde es auch viel leichter haben, wenn ich in der Lage wäre, jetzt mit einer Gesetzesvorlage vor Sie hinzutreten; dann würde die grundsätzliche Seite der Sache ein⸗ für allemal erörtert, und ich hätte eine vollkommen klare Situation. Jetzt komme ich in die Lage, toto die nach ganz be⸗ stimmten Principien jedesmal meine verantwortungsvollen Entscheidungen treffen zu müssen. Und wenn die Meinung angedeutet worden ist, als wenn dieser Weg der Verwaltung leichter wäre, als der der Ge⸗ setzgebung, so ist das ein Irrthum. Meine Herren, wer gut und rechtschaffen und gewissenhaft verwalten will, der muß sehr genau wissen, was er will, und er muß das, was er weiß, d. h. das, was er für gut und recht hält, auch mit Energie wollen, sonst kann er nicht richtig verwalten. Man kann sich mit einiger Routine vielleicht kurze Zeit über Wasser halten und die Klippen umschiffen, aber auf die Dauer ist das Schiff damit allein und ohne principiell klaren Curs nicht in dem rechten Fahrwasser zu halten. Allein ich bin mir des Ernstes der Sache vollkommen bewußt, und es ist nicht die

ichtige Auffassung meiner gestrigen Darlegung, wenn die Meinung be⸗ steht, daß ich mich um diese Entscheidung herumdrücken wolle. Ich. werde der Entscheidung nicht aus dem Wege gehen. Aber ich werde sie sachlich treffen, sobald sie an mich herantreten wird. Und das ist der Standpunkt, um das gleich mit abzumachen den ich auch der Dissidentenfrage gegenüber einnehme. Ich kann mich un⸗ möglich hinsetzen und die Erlasse meines Herrn Amtsvorgängers daraufhin prüfen, ob ich principiell anderer Meinung bin, sondern die Sachen werden schon ganz von selbst an mich herankommen. Man kann in dieser Frage gewiß zweifelhaft sein, ob der Erlaß nach allen Richtungen hin allen Anforderungen entspricht. Ich habe mich auch sofort mit der Sache befaßt und werde sie, wenn sie im Wege der Verwaltung an mich herantritt, zu erwägen haben und zwar nicht nur für mich allein zu erwägen haben, sondern auch gemeinsam mit dem Herrn Minister, der bei der Entscheidung zugezogen ist. Mehr aber zu thun und jetzt die Sache in die Hand zu nehmen, dazu sehe ich in der That keine Veranlassung. (Bravo!)

Abg. Dr. Lieber (Centr.): Der Abg. Hobrecht habe gestern ausdrücklich versichert, daß auch er und seine politischen Freunde nicht eine Bekämpfung der christlichen Religion beabsichtigten, sondern daß sie auch die Gottesfurcht und Religion zur Grundlage des Volks⸗ schulwesens machen wollten. Um so mehr müsse man erstaunt sein, heute vom Abg. Enneccerus zu hören, daß es viele Dogmen des Christenthums gebe, die von sehr vielen Christen nicht geglaubt würden und nicht geglaubt werden könnten. Wenn man sich dabei auf den Grafen Moltke berufe, so erkenne das Centrum willig an, daß Moltke einer der größten Strategen aller Zeiten und einer der größten Männer unserer Zeit gewesen sei, aber es könne doch nicht zugeben, daß er nun als christlicher Kirchenvater hingestellt werde. (Heiterkeit.) Eine Versöhnung, eine Verständigung mit denen, mit denen solche Gegensäße beständen, sei in der That nicht möglich, und so müßten auch die Folgerungen daraus gezogen werden. Graf Caprivi habe keinem der hier anwesenden Mitglieder Atheismus oder Anti⸗ christenthum värgeworfen; aber der Kampf, den man hier führe, werde nicht allein hier geführt, sondern draußen im Lande, und zwar mit mehr Erregung als hier, und von den Aeußerungen draußen müsse man Rückschlüsse ziehen auf die Stellung der Herren von der linken Seite. Der Fall des Voltsschulgesetzes sei draußen als eine Niederlage des Christenthums gefeiert worden. (Widerspruch linae Er berufe sich zum Be⸗ weise auf einige Artikel der „Allgemeinen Zeitung“. Das Centrum habe seine Ziele und Wege jederzeit mit voller Offenheit und Ent⸗