1892 / 103 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 30 Apr 1892 18:00:01 GMT) scan diff

schiedenheit bezeichnet, und es habe dazu nicht erst der Enthüllungen

der Abgg. Porsch und Graf Ballestrem in Breslau bedurft. Die Herren auf der Linken wollten die christliche Moral aus der Volksschule erausbringen und eine allgemein menschliche an ihre Stelle setzen. Das führe schließlich zum Sturz des Königthums und müsse im Socialismus enden. Seine Partei wolle, und sei darin vollkommen einig, nicht eine von der Kirche geleitete Schule, sondern nur, daß der Kirche ihre Rechte auf den Religionsunterricht eingeräumt würden. (Beifall im Centrum.) Die Ausdrücke, welche gestern hier gefallen seien, wie Priesterherrschaft der Kirche über die Schule, Hierarchie u. s. w., machten den Eindruck, als ob die Herren von der Linken die Schule als Selbstzweck betrachteten. Seine Partei aber betrachte die Schule als eine Einrichtung, die Verpflichtungen zu erfüllen habe gegen die Eltern der Kinder, gegen die menschliche Gesellschaft, den Staat, aber auch gegen die Kirche, Verpflichtungen gegen die aber doch auch gegen Gott. (Sehr gut! Centrum.) Dieses Dienen der Schule den Eltern, der sellschaft, der Kirche gegenüber werde vollständig vergessen. ie gestrige Rede des Abg. Richter habe seine (des Redners) Partei in vielen Punkten weit mehr befriedigt, als seine bei der ersten Lesung des Schulgesetzes gehaltene, wie er ja auch seine Hauptangriffe nicht gegen das Centrum, sondern ein paar Häuser weiter gerichtet habe. Der Abg. Richter sage, die Verhältnisse hätten zu einer Reconstruc⸗ tion des ganzen Ministeriums führen müssen; der Abg. Rickert fasse die Sache nicht so tragisch auf und entschuldige die Minister damit, daß sie die Tragweite des Volksschulgesetzes vorher nicht übersehen hätten. Er sei neugierig, ob der Minister Miquel sich dieser Ent⸗ schuldigung anschließen werde. Den Wunsch des Abg. Richter, den Unterrichtsartikel der Verfassung zu beseitigen, könne er nicht theilen, er sei für ihn nach den Artikeln, die im Culturkampf die Grund⸗ lage des Streits gebildet hätten, der wichtigste der ganzen Verfassung, hier seien seine Freunde noch sorgfältigere Hüter der Verfassung, afs die Freunde des Abg. Richter. Dieser Unterrichtsartikel werde die Basis eines noch heftigeren Culturkampfes bilden, und seine Freunde seien gesammelt, sich gegen Angriffe von links und rechts zu vertheidi⸗ gen, ja sogar kampfeslustig genug, angriffsweise gegen links und rechts vorzugehen. (Beifall im Centrum.) Das Schicksal des Unterrichts⸗ gesetzes bedauere er in so fern nicht, als es besser sei, die tief⸗ gehenden Grundsätze, die sich dabei gezeigt hätten, sich aus⸗ gleichen zu lassen, als sie durch einen festen Willen eine Zeit lang niedergehalten zu sehen, damit sie dann als um so gefährlichere Brandfackeln emporloderten. Er komme zu dem Abg. von Kar⸗ dorff. Dessen Meinung, daß das Centrum mit den Conservativen ein festes Bündniß eingegangen sei, sei es auch nur ad hoc, bei Be⸗ handlung des Schulgesetzes, sei unrichtig; aber wäre es auch der Fall, so sei das Centrum darum doch nicht so schlecht, wie der Abg. von Zedlitz es auf dem freiconservativen Parteitag geschildert habe, wo er die Meinung ausgesprochen habe, man müsse gegen die schwarze In⸗ ternationale mehr Vorkehrungen treffen als gegen die rothe; diese Worte erinnerten an die Weißglühhitze des Culturkampfes, und dabei werde der Staat sicherlich ohne die schwarze Internationale rettungs⸗ los der rothen in den Rachen fallen. (Heiterkeit.) Er freue sich mit dem Abg. Richter, daß die Zeichen der Zeit auf eine größere Selbst⸗ ständigkeit der Einzelnen und der Parteien deuteten, und daß die Zeit vorbei sei wo alles nach einem Mann geblickt habe, Alles nach einem Willen geschehen sei, aber diese größere Selbständigkeit der Parteien werde dahin wirken, daß nur zwei große Par⸗ teien bestehen blieben, die Mittelparteien aber von diesen absorbirt würden. Damit sei er mit Herrn von Kardorff fertig. Der Abg. Hobrecht habe gemeint, die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung stehe auf der Seite der Gegner des Volksschulgesetzes; die Univer⸗ sitäten, die sich dagegen erklärt hätten, repräsentirten freilich ein großes Wissen, auch die Städtecollegien, die sich dagegen ausgesprochen hätten, enthielten viel Intelligenz, aber die überwiegende Mehrheit der evangelischen wie der katholischen Bevölkerung sei für das Volks⸗ schulgesetz gewesen. (Widerspruch links.) Was den Cultus⸗Minister anlange, so habe er zu dessen Person volles Vertrauen, würdige auch die höheren staatsmännischen Gesichtspunkte, die ihn bei seiner Stellungnahme zum Schuldotationsgesetz leiteten. Aber wenn er gesagt habe, bis zum Erlaß eines Volksschulgesetzes müsse man sich mit einer sachlichen, unparteiischen Verwaltungspraxis begnügen, so ver⸗ misse er dabei das Epitheton „christlichen“, und wie könne von einer einheitlichen Verwaltungspraxis die Rede sein bei so wechselnden Systemen, wo man in relativ kurzer Zeit so viele und so ver⸗ schieden denkende Minister: Mühler, Falk, Puttkamer, Goßler, Zedlitz, Bosse an sich habe vorübergehen sehen. Gerade um der gesetzlichen Regelung des Volksschulwesens willen sei seine Partei für das Gesetz so lebhaft eingetreten. Die Haltung der Regierung zur Vor⸗ lage erinnere sehr an ein Verhalten derselben vor mehr als vierzig Jahren; damals habe zuerst der Minister Graf Brandenburg gesagt: „Niemals! Niemals! Niemals!“ und nicht lange danach habe ein anderer Minister, von Manteuffel gesagt: „Der Starke tritt einen Schritt zurück!“ Die volksthümliche Ueberlieferung meine, er habe gesagt: „Der Starke weicht muthig zurück.“ So sei auch Graf Caprivi energisch für die Unterrichtsvorlage eingetreten, und dann sei die Regierung, die eine starke Mehrheit hinter sich gehabt habe, einen Schritt zurückgetreten, was um so bedauerlicher sei, als in gegen⸗ wärtiger Zeit nichts nöthiger sei, als die Achtung vor einer starken Regierung. Mehr als das Scheitern der Vorlage bedauere seine Partei den Sturz des charaktervollen Mannes, dessen Beseitigung das eigentliche Ziel der Bewegung gegen die Vorlage gewesen zu sein scheine, des Grafen von Zedlitz. ihm zuerst einen Minister gesehen, der auf seinen Grundsätzen stehe und mit ihnen falle, und der nicht in der Bismarck'schen Gepflogenheit sich weiter fortexereirt habe nach dem Satz: „Man kann's vielleicht auch so!“ Hier habe sich ein schönes Vertrauen zwischen Regierung und Parlament anzubahnen begonnen; damit sei es nun auf lange Zeit vorbei. Graf Eulenburg sage, er habe das Facit ziehen müssen aus einer Rechnung, die er nicht gemacht habe; das sei richtig, aber er habe kein freundliches Wort für die gehabt, mit denen vorher die Regierung diese Rechnung gemacht habe, kein Wort des Ver⸗ trauens, daß es auch in Zukunft der Regierung gelingen werde, mit den Parteien einträchtiglich zusammen zu arbeiten, die für das Volksschulgesetz eingetreten er habe nur gesagt, das Gesetz sei zurückgezogen, weil mit der Linken keine Verständigung darüber habe erzielt werben können. Diese Behandlung der Parteien, die die Re⸗ gierung unterstützten, habe nicht ohne Rüge hingenommen werden können. Nicht der Minister⸗Präsident sei ausgezischt worden, sondern die Ignorirung der Parteien, die hinter der Regierung gestanden hätten. (Beifall im Centrum.) Auf die Rede des Abg. von Huene sei der Minister⸗Präsident gestern gar nicht eingegangen, für ihn habe er nur Einreden, keine Antwort gehabt. Der Minister⸗Präsident habe gesagt, daß man die Trennung nur vorgenommen habe, um den überbürdeten Reichskanzler von einer Last zu befreien. Wie habe es aber mit dem Grafen Zedlitz gestanden? Der Reichskanzler habe doch für den Grafen Zedlitz einen Ersatz gesucht, weil dieser nicht mehr auf seinem Posten habe bleiben wollen. Der Minister⸗ Präsident habe dann gesagt, es gebe Fälle, und sie seien nicht zum ersten Male bei der Boheschnlge eycebung aufgetreten, wo ohne allgemeine Befriedigung ein Gesetz nicht zu erlassen sei. Er könne fragen, ob man früͤher ebenso zart gewesen sei und nur unter Berücksichtigung weiter Kreise des Volkes und ihrer Mitbefriedigung Gesetze erlassen habe. (Sehr gut im Centrum.) Aber er müsse sagen, wer es ehrlich mit der Handhabung unserer Gesetzgebung meine, könne jenen Grundsatz in der Allgemeinheit, wie er ausgesprochen sei, nicht anerkennen. Er könne auch nicht glauben, daß der Minister⸗Präsident seinerseits diesen Standpunkt nun in alle Zukunft bei allen Gesetzesvorlagen fest⸗ halten wolle. Würde er das wollen, so würde seine ganze Minister⸗ Präsidentschaft die Signatur einer außerordentlichen Unfruchtbarkeit 5v1 Er frage den Minister⸗Präsidenten: sei die gesetzliche Schaffung und Gewährleistung einer christlichen Volksschule etwa keine „Grundlage, auf der man leben könne“? Sei man in Wahrheit in dem christlichen Staate Preußen schon so weit gekommen, daß die christliche Volksschule von jener Grundlage, auf der man leben könne, als völlig ausgeschlossen erachtet werden müsse? Gott wolle

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Seit er in Berlin sei, habe er in

vor diesem Schicksal bewahren! Wenn der Minister⸗ räsident die tröstliche Versicherung gegeben habe, die Zurück⸗ ziehung des Volksschulgesetzs sei kein Präjudiz für die Stellung der Regierung in der kirchenpolitischen. Frage, und sie werde ohne Rast, aber auch ohne Hast auf diesem Ge⸗ biete weiterarbeiten, so wolle er (Redner) selbstverständlich nicht an⸗

nehmen, der Minister⸗Präsident habe seinem und des Kultus⸗Ministers Amtsvorgänger vorwerfen wollen, sie hätten an einer ungerechtfertigten Hast zu leiden gehabt. Man könne sogar der Meinung sein, es sei viel zu langsam vorgegangen worden mit dem Erlaß des von der Verfassung vorgesehenen Volksschulgesetzes. Aber er nehme an, daß der Minister⸗Präsident, der ihm als einer der rührigsten und fruchtbarsten Arbeiter als Minister und Oberpräsident bekannt sei, ein größeres Gewicht auf das Wort „ohne Rast’“ legen werde und daß es am Ende doch noch unter seiner Führung zu einer Entscheidung dieser Frage kommen werde, die das Wohl des Vater⸗ landes in dieser schweren Zeit auf die Dauer gewährleiste. (Leb⸗ hafter Beifall im Centrum.)

Präsident des Staats⸗Ministeriums, Staats⸗Minister Graf zu Eulenburg:

Meine Herren! Unter den verschiedensten Verbältnissen ist es mir vergönnt gewesen, mit dem Herrn Redner, der soeben geschlossen hat, zu debattiren. Ich kann nur mein lebhaftes Bedauern aus⸗ „prechen, daß gegen unsere sonstigen Gewohnheiten heute zwei wesent⸗ liche Unterschiede eintraten. Zuerst in äußerlicher Beziehung, daß er mir bei seinen Ausführungen den Rücken zuwendete (Unruhe und Zurufe im Centrum) wollen Sie mir gütigst erlauben, zu vollenden; Sie werden dann sehen, daß Sie gar keine Ursache haben, sich über meine Aeußerungen zu beschweren und daß ich infolge dessen zu meinem lebhaften Bedauern nicht in der Lage gewesen bin, seine Aeußerungen in allen Theilen so zu verstehen, daß ich sicher sein könnte, mit meiner Widerlegung alles zu treffen, was er gesagt hat.

Zweitens aber die andere Aenderung, die mir viel bedauerlicher ist, das ist nämlich, daß ich sagen muß: noch niemals bin ich von dem Herrn Vorredner so ungerecht beurtheilt worden wie heute. Ich werde mich bemühen, Ihnen das so kurz, als es mir irgend mög⸗ lich ist, nachzuweisen. Ich darf es thun, weil diese Auseinander⸗ setzung vollständig zur Sache gehört.

Meine Herren, der Herr Abgeordnete hat mir zunächst vor⸗ geworfen, daß ich in der ersten Erklärung, die ich hier abgegeben habe, nicht irgend ein wohlwollendes Wort für die Parteien ausgesprochen habe, welche sich für das Volksschulgesetz interessirt haben. Ich bitte Sie, sich zu vergegenwärligen, daß meine Aufgabe in dem Augenblicke war, lediglich die thatsächliche Situation klar⸗ zustellen, und daß ich mich infolge dessen irgend einer Aeußerung weder für noch gegen eine Partei zu enthalten hatte und ent⸗ halten habe.

Er ist dann dazu übergegangen, mir vorzuwerfen, daß ich die Vorgänge beim Eintritt der Krisis nicht berücksichtigt habe. Meines Erachtens vollkommen zu Unrecht! Es kann ihm nicht entgangen sein, daß ich in meinen gestrigen Aeußerungen unterschieden habe zwischen dem Anlaß zu den eingetretenen Ereignissen und zwischen den Gründen, welche zu der Einrichtung geführt haben, die in der Situation nothwendig war. Ich habe niemals behauptet, daß der Anlaß zu der Trennung des Amtes des preußischen Minister⸗Präsidenten von dem des Reichskanzlers darin gelegen hätte, daß sich der Herr Graf von Caprivi überbürdet gefühlt hätte. Das ist mir nicht bei⸗ gekommen. Ich habe ausdrücklich gesagt: Der Anlaß zu den Veränderungen hat in Personenfragen gelegen; und ich habe Sie gebeten, die Bedeutung dieser Personenfragen nicht zu unterschätzen. Wenn man aber durch Personenfragen genöthigt ist, anderweitige Einrichtungen zu treffen, dann ist es nöthig, die Gesammtheit der Einrichtungen sich vor Augen zu führen, die Vortheile, welche sie ge⸗ währen, aber auch die Nachtheile, welche dadurch herbeigeführt werden können, sich klarzustellen und sie der Landesvertretung gegenüber klar⸗ zulegen. In diesem Zusammenhange habe ich davon gesprochen, daß die Cumulirung des Amtes des Minister⸗Präsidenten und des Reichskanzlers geeignet wäre, auch die Kraft des stärksten Mannes vorzeitig abzunutzen.

Nun hat der Herr Abgeordnete aber noch andere Töne durch⸗ klingen lassen. Er hat zur Begründung seines Vorwurfs, daß ich nicht irgend etwas in Beziehung auf die Mehrheitsparteien gesagt hätte, die Frage aufgeworfen: Ist es denn soweit bei uns gekommen, daß die christliche Volksschule nicht mehr die Grundlage sein sollte, welche bei uns im Schulwesen herrscht? Ja, meine Herren, ich muß doch die Berechtigung zur Aufstellung dieser Frage auf das äußerste in Zweifel ziehen. (Lebhafter Beifall.) Auf welcher Grundlage bewegt sich denn die Volksschule in Preußen anders als auf der christlichen? Und sind wir, ich in Verbindung mit meinem verehrten Collegen, dem Herrn Cultus⸗Minister Bosse, dem Verdachte auch nur ausgesetzt, daß wir jemals auf eine andere Grundlage treten könnten oder wollten? Nein, meine Herren, das ist künstlich hervorgezogen, um den Satz zu begründen, daß man zu uns kein Vertrauen haben könne. (Sehr richtig! links.) Ich weiß sehr wohl, meine Herren, Vertrauen läßt sich nur erwerben durch Thaten, und insofern müssen wir ab⸗ warten, ob Sie es uns schenken wollen oder nicht. Aber sehr ver⸗ schieden davon ist, ob man von vornherein sagt: das sind Männer, denen man mißtrauen muß in dieser Beziehung, und dazu geben wir keinen Anlaß weder durch unsere Personen, noch auch durch unsere Ver⸗ gangenheit. (Lebhafte Zustimmung.)

Meine Herren, ich will in dieser Beziehung noch ein Wort hin⸗ zufügen. Ich verstehe es, daß die Herren bedauern, daß der Volks⸗ schulgesetzentwurf, wie er lag, zurückgezogen worden ist; ich verstehe es nicht bloß, ich theile dieses Bedauern (Bewegung). Denn ich bin der Meinung, ganz abgesehen von der Frage, ob der Volksschulgesetzent⸗ wurf zu einem Ergebniß geführt haben würde und ich bedauere, bei meiner Ansicht stehen bleiben zu müssen, daß ich nicht glaube, daß es der Fall gewesen sein würde —, daß die weitere Berathung weitaus mehr, als es jetzt der Fall gewesen ist, zu einer Klarstellung der verschiedenen Standpunkte geführt haben, und auf diesem Wege eine bessere Grundlage zur Fortarbeit gewonnen sein würde, als wir sie gegenwärtig haben.

Wie dem aber auch sein mag, meine Herren, ich kann nicht schließen, ohne noch einmal auszusprechen: Das Mißtrauen zu uns, daß wir die Grundlage der christlichen Volksschule sollten verlassen können, das ist unbegründet! (Beifall und anhaltende Bewegung.)

abg. Dr. Friedberg (nl.): Der Abg. Lieber sei mit dem ganzen Rüstzeug seiner schweren Gelehrsamkeit aufgetreten und habe nicht nur eine historische Vorlesung, sondern auch eine Religionsstunde gehalten. Er sei ihm sehr dankbar dafür, obwohl er sagen müsse, daß er daraus nichts Neues gelernt Hale

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Moltke

sei gewiß kein Kirchenvater gewesen, aber der Abg. Lieber sei es auch nicht. Dafür, daß im Lande die Zurückziehung des Volksschulgesetzes als eine Niederlage des Christenthums aufgefaßt worden sei, sei er den Beweis schuldig geblieben. Es sei ein Irrthum, daß die National⸗ liberalen nicht aus sachlichen, sondern nur aus tactischen Gründen die Volksschulvorlage bekämpft hätten, ein Irrthum, den er schon dem Grafen Caprivi gegenüber habe berichtigen müssen. Wenn heute der Graf Ballestrem in derselben Tonart fortfahren sollte, wie er in Breslau angefangen habe, so verspreche er sich eine sehr amüsan

Stunde. Wenn der Graf Ballestrem dort von der Freihe

des kirchlichen Einflusses auf die Schule gesprochen habe, so könne man das paraphrasiren als die Freiheit der Schafe, von den Wölfen gefressen zu werden. Seine Freunde hätten niemals die konfessionslose Schule erstrebt, sondern nur für die Simultanschule, soweit sie bestehe, eine Lanze zu brechen versucht. Gerade in streng katholischen Ländern, wie Belgien, finde man die weiteste

lebens; mit diesem System sei seine Partei immer zufrieden die Angriffe dagegen seien von anderer Seite ausgegangen. Wer in dem Verhalten gegenüber dem Schulgesetz die Majorität der Be⸗ völkerung hinter sich gehabt habe, lasse sich nicht mit mathematischer Genauigkeit nachweisen. Einen Zustand, in dem die Mittelparteien im politischen Leben fehlten, würde auch der Abg. Lieber gewiß nicht

für befriedigend halten. Der Abg. Freiherr von Huene verlange für

sich und seine politischen Freunde Berücksichtigung seitens der Staats⸗ regierung; wenn aber die Staatsregierung betone, daß sie auf andere große Parteien des Landes Rücksicht zu nehmen habe, so finde er das nicht in der Ordnung. Sein eigenes Billigkeitsgefühl müßte ihn davon abhalten. Auch der Abg. Windthorst habe sich bei Gelegenheit der Be⸗ rathung des Goßler'schen Entwurfes energisch gegen eine Majorisirung seiner politischen Freunde ausgesprochen. Auch er bedauere, wie der Minister⸗Präsident, die Zurückziehung des Zedlitz'schen Entwurfs, in⸗ sofern die Aufklärung der Situation dadurch verhindert worden sei. Dem Abg. Stöcker, der von einem künstlichen Sturme gegen das Volksschulgesetz gesprochen habe, sei Graf von Ballestrem in seinen Ausdrücken bedeutend über. In seiner Breslauer Rede nenne dieser als Gegner der Vorlage „ungläubige Professoren, Vertreter des R. dicalismus und Atheismus, Protestantenvereinler, die die Gotthe Christi leugneten, Mitglieder des evangelischen Bundes, welche die christlichen Confessionen auf einander hetzten, so daß die Ungläubigen im Trüben fischten.“ Dazwischen seien die Zwischenrufe Juden, Reformjuden! Von dem verstorbenen Abg. Windthorst habe Graf von Ballestrem bei dieser Gelegenheit in einer Form gesprochen,

die seinem (des Redners) Gefühl durchaus unsympathisch sei. Er

habe gesagt: „Freilich fehlt uns jetzt der große Generalstabschef unseres

den Eindruck, daß es weder himmlischen Generalstabschef Stöcker habe den Gegensatz n Atheismus angewendet. (Ruf: Antichristenthum!) Das sei der Sinn seiner Aeußerung gewesen. Er werde doch die Professoren der theologischen Facultät in Halle, von denen die dortige Petition gegen das Volksschulgesetz ausgegangen sei, nicht als Atheisten be⸗ zeichnen wollen. Die hier erwähnte Petition zu Gunsten des Gesetzes sei von autoritativer geistlicher Seite ausgegangen und nichts Anderes als das Werk einer geschickten Theaterdirection. Gegenüber dem Vorwurf, daß seine (des Redners) Partei Waffen für die Anarchisten liefere, sei es nur eine Decoration nach außen, wenn man von der Möglichkeit einer Verständigung spreche. Der Abg. Stöcker verwahre sich mit großer Lebhaftigkeit gegen den Vorwurf, daß er eine Hierarchie anstrebe; dann solle er doch sagen, was er unter dem „staatlichen Ein⸗ fluß der Kirche“ verstehe. Eine conservative Partei sei für die constitu⸗ tionelle Entwickelung des Landes ebenso nothwendig wie eine liberale. Aber wenn die conservative Partei ihren Einfluß wahren wolle, müsse sie eine gemäßigte sein. Eine conservative Partei, die der Auffassung des Abg. Stöcker über die Nachsuchung der Indem⸗ nität während des Verfassungsconflictes huldige, müsse zu Grunde gehen. Diese Nachsuchung sei nicht bloß eine Pflicht der Politik, sondern auch der Gerechtigkeit, ein Ausfluß des moralischen Bewußtseins gewesen. Ein Schuldotationsgesetz lasse sich wohl machen, wenn es auch seine Schwierigkeiten habe. Vor allen Dingen halte er aber ein Lehrerbesoldungsgesetz für nothwendig. Dem Abg. Richter könne er bezüglich seiner Naeührungen über Art. 26 der Verfassung, der ein allgemeines Schulgesetz fordere, nur beistimmen. Mit dieser Forderung sei keineswegs gesagt, daß ein Spocialgesetz nicht gemacht werden dürfe. Die großen 2öö“ Wendungen des Abg. Lieber von der Mißachtung des Verfassungsrechts seien vollkommen hin⸗ fällig. Seine Partei betrauere es nicht, daß das Schulgesetz

ver einen irdischen, noch ein verfüge. (Heiterkeit.) Der Abg. zwischen Christenthum und

über

seitigt sei, und glaube, daß die Krone gute Rathgeber gehabt habe,

als sie sich entschlossen habe, dem verzehrenden Kampf unter den Par⸗- teien ein Ende zu machen und dem Lande den inneren Frieden wiederzugeben. Er wünsche nur, daß dieser wiederhergestellte Friede von allen Parteien gehalten und geachtet werden möge und daß die Parteien gemeinsam die materiellen Verhältnisse unserer Volksschule nach Möglichkeit förderten. Dann werde erreicht werden, daß das preußische Schulwesen wieder dem aller anderen Staaten voranstehe, wie es zur fridericianischen Zeit der Fall gewesen sei (Beifall links.) Abg. Dr. Porsch (Centr.): Es sei ein Irrthum, den man ge⸗ flissentlich im Lande nähre, daß ein Schuldotationsgesetz sich ausschließlich mit der Verbesserung der Lage der Lehrer befasse. Ein solches Gesetz müsse sich befassen mit allen Aufwendungen für die Schule, mit einer Reihe wesentlicher Bestimmungen über die Be⸗ handlung des kirchlichen Schulvermögens u. s. w., alles Differenz⸗ punkte, die auch hierbei wieder berührt werden müßten. Man könne ein Dotationsgesetz nur machen im Rahmen eines ganzen Volksschulgesetzes. Das schließe ja nicht aus, daß im Wege einer Etatsposition besonders bedrängten Lehrern geholfen werden könne. Er könne es nicht zugeben, daß man seinen Freunden mangelnde Rück⸗ sichtnahme auf die Minoritätsparteien bei der Berathung des Gesetzes vorwerfe. Sie hätten nie, wie die damalige Majorität, bei der Be⸗ rathung des Goßler'schen Gesetzentwurfs Schlußanträge gestellt, sie hätten die Minorität immer ausreden lassen. Wie sie es sich im vorigen Jahre hätten gefallen lassen müssen, wenn der Goßler'sche Ge⸗ setzentwurf per majora gegen sie zu stande gebracht worden wäre, ebenso hätte es sich die diesjährige Minorität beim Zedlitz'schen Gesetzentwurf gefallen lassen müssen. Seine Partei bedauere lebhaft, daß die Regierung zu

Gunsten einer Minorität den Gesetzentwurf habe fallen lassen; dadurch

sei in weiten Kreisen des Volkes die Meinung erweckt worden, daß dies eine Niederlage des Gedankens einer christlich festgelegten Volksschule bedeute. Christenthum und Atheismus lägen mit einander in Streit.

Daß diejenigen, die den Volksschulgesetzentwurf bekämpften, an sich

Atheisten und Anarchisten seien, habe wohl niemand behauptet.

Aber das Eine sei zweifellos richtig, daß die größten Gegensätze unserer

Zeit, die weltbewegenden, die Fragen des Christenthums und des Atheismus seien. Die Auffassung seiner Freunde sei die, daß weite Kreise der verschiedenen Völker über diese Gegensätze noch nicht ausreichend klar seien, daß viele unbewußt die Geschäfte des Atheis mus besorgten, weil sie nicht mehr auf dem unversehrten Boden des Christenthums ständen, sodaß sie schließlich der Socialdemokratie, der Anarchie in die Hände arbeiteten. Er glaube daher, daß die Jahre der Mittelparteien gezählt seien. Voltairianer am Ende des vorigen Jahrhunderts hätten gesagt: Die oberen Zehntausend könnten sich den Luxus des Unglaubens leisten, aber wehe, wenn der Unglaube die unteren Klassen, die großen Massen

Diese Leute seien ungläubig, aber klug gewesen. Jetzt nehm der vierte Stand das Recht des Unglaubens für sich in Anspruch. Die unklare Auffassung in Bezug auf den Atheismus zeigten auch viele Broschüren, die sich gegen den Zedlitz'schen Volksschulgesetzentwurf wendeten; so die Schrift des Pastors Schwalbe⸗Bremen, in der er behaupte, daß die keine Atheisten seien, die an das Gute glaubten, und die des Professors Felix Dahn, der ausdrücklich erklärte, daß er ganz auf religiösem Boden stehe, und der doch in der „Vorgeschichte der germanischen und romanischen Völker“ das Heidenthum höher stelle als das Christen Er behaupte demnach, daß in diesen

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Ausbreitung des Anarchismus. Preußen besitze die christliche Schule als Grundlage seines Staats. gewesen,

ertönt:

Herrgottes auf Erden.“ Allerdings mache das Centrum gegenwärtig

schwierigen Principienkämpfen völlig Klarheit geschaffen werden müsse, damit der Staat keinen Schaden leide. Man spreche immer von Herrschsucht der Kirche, das sei verletzend für seine Partei⸗ Man er⸗ kläre den Antisemitismus für eine Schmach des Jahrhunderts, aber daß man gegen die Priester und die Kirche so vorgehe, verurtheile man nicht. Es werde soviel von einem Bündniß zwischen Centrum und Conservativen gesprochen und so dargestellt, als ob das Centrum die Directive in der Commissionsberathung in die Hand genommen habe; das sei einfach unwahr. Er sei der Ansicht, daß man über den Boden der Majoritätsparteien hinaus zu einer Verständigung hätte kommen können. Alle träten mit seiner Partei dafür ein, daß jedes Kind den Religionsunterricht seines Bekenntnisses erhalte. Aber die Mittel⸗ varteien entschieden sich weder für die confessionelle noch für die con⸗ fessionslose Schule. Ein Theil schwärme principiell für die Simultan⸗ schulen, ein anderer wolle diese nur da, wo sich der Einrichtung von Confessionsschulen wegen zu geringer Betheiligung Schwierigkeiten in den Weg stellten. Hieraus folge, daß die Minorität in dieser Beziehung durchaus nicht homogen sei. Seine Partei sei vom Stand⸗ punkt des Christenthums aus der Meinung, daß ein confessionell christ⸗ licher Religionsunterricht vom Staate gewährleistet werden müsse, und auch vom freiheitlichen Standpunkte aus müsse den Eltern die Garantie gegeben werden, daß ihre Kinder nach ihrer Confession einen correcten Religionsunterricht erhielten. Warum hätte sich also über diese Frage eine Einigung nicht erzielen lassen sollen? In der staatlich organisirten Schule müsse und könne eine Verständigung über den Religionsunterricht herbeigeführt werden. Freilich, er bleibe bei dem stehen, was er in Breslau gesagt habe: der Gesetz⸗ entwurf habe zu viel enthalten, um ihn abzulehnen, zu wenig, um ihn anzunehmen; aber man hätte eben bei einzelnen Paragraphen etwas zusetzen, bei anderen etwas streichen und auf diese Weise etwas Brauchbares erreichen können; sogar über den vielberufenen Paragraphen, der von dem Religionsunterricht der Kinder in einer Religion, der die Eltern nicht angehörten, handele, und der leider nicht mehr zur Verhandlung gekommen sei, würde eine Verständigung haben erzielt werden können. Man verweise auf die Eingaben der Communalbehörden. Erstens hätten sich aber westfälische Communen für den Gesetzentwurf ausgesprochen, und zweitens dürfe man sich nach der Willensmeinung der Communalbehörden nicht zu sehr richten, sonst komme man leicht zu einer Communaltyrannei; gegen die Landräthe habe man noch die Beschwerde beim Regierungs⸗Präsi⸗ denten, gegen diese könne man sich an den Minister wenden, gegen⸗ über der Communaltyrannei aber habe man gar nichts, und in dieser Beziehung habe gerade seine Partei sich schon mehrfach verbrannt, und gebrannt Kind scheue das Feuer. Die Bewegung der Bevölkerung resultire wesentlich daraus, daß die meisten Leute gar nicht den Gesetzentwurf, sondern nur eine Zeitung, die ihre Parteiansichten vertrete, läsen und sich danach ihre Meinung bildeten. Er wolle ja der Presse nicht zu nahe treten, sie müsse bestimmte Parteistandpunkte vertreten, aber wer sich ein richtiges Urtheil bilden wolle, sollte eben mehrere Zeitungen lesen. Hätte man das unter Ausschluß der Oeffentlichkeit berathen und in die Praxis einführen können, so würde niemand eine Veränderung gegen die früheren Zustände bemerkt haben.

Darum bedauere seine Partei eben, daß das Gesetz aus so unbedeuten⸗

den Ursachen habe scheitern müssen und wesentlich aus dem Grunde, weil man sich daran gestoßen habe, daß dies Gesetz vom Centrum und von den Conservativen gemacht sei. Es sei wünschenswerth, daß diese beiden großen Parteien stets zusammenständen und alle anderen Parteien ihnen beiträten, wenn es gelte, die bestehende Ordnung zu vertheidigen gegen diejenigen, welche dagegen ankämpften, und er hoffe, daß eine solche Verständigung zur Vertheidigung unseres Staats⸗ lebens sich werde herbeiführen lassen. (Beifall im Centrum.)

Abg. von Rauchhaupt (cons.): Er habe dem Anfang dieses großen Geisteskampfes von fern zugesehen, aber er sei gestern er⸗ schrocken, daß, als er das Bedauern seiner Freunde darüber aus⸗ gesprochen habe, daß ihnen nicht Zeit gelassen sei, die Gegensätze zu überwinden, dies von jener Seite mit einem Hohngelächter beant⸗ wortet worden sei. Seien die Herren so weit gekommen, daß sie nicht einmal eine Verständigung auf diesem Gebiete wollten? (Un⸗ ruhe links.) Man werde es seinen Fractionsgenossen nicht übel nehmen können, daß, wenn in der Commission ein derartiger Ton angeschlagen worden sei, ihnen die Lust vergangen sei, mit den Herren drüben und auch mit der Seite des Abg. von Kardorff zu ver⸗ handeln. Ihm habe es geschienen, als wenn das schlechte Gewissen über as Bündniß bis zur äußersten Linken dem Abg. von Kardorff seine Worte dictirt habe, und er fürchte, daß seine Worte selbst bei seinen eigenen Parteigenossen nicht den Anklang fänden, an den er glaube. (Zustimmung rechts) Man habe von der Erklärung seiner Partei gesagt, sie sei zu kurz, sie sei inhaltslos. Der Abg. Richter sei so freundlich gewesen, zu sagen, er (Redner) verstände es, seine Gedanken mit den Worten zu verbergen. Man habe jedes Wort der Anerkennung für den Grafen Zedlitz vermißt, und der Abg. Richter habe darin sogar eine gewisse gouvernementale abhängige Stellung gefunden, „was man oben will, wir halten still“. Er könne versichern, man habe die langen Reden des Parlaments im Lande gründlich satt (Lebhafte Zustimmung rechts), und aus kurzen Erklärungen könne man sich am besten orientiren, was eine Partei eigentlich wolle. Was vermisse man in der Erklärung seiner Partei? Sie habe ihre Befürchtung ausgesprochen, daß die Trennung des Reichskanzleramts von dem des preußischen Minister⸗ Präsidenten sich nicht bewähren werde. Sie habe bedauert, daß ihr nicht Zeit gelassen sei, die Gegensätze, die sich gegenüber gestanden hätten, zu überwinden und ein günstiges Resultat herbeizuführen. Diese Erklärung sage doch alles, was seine Partei von ihrem Standpunkt aus sagen könne. (Zustimmung rechts) Sie bedauere, daß ein confessio⸗ nelles Volksschulgesetz nicht zu stande gekommen sei. Das Programm seiner Partei von 1876 gelte auch heute noch. Seine Freunde hielten die confessionell⸗ christliche Volksschule für die Grundlage eines ge⸗ sunden Volks⸗ und Staatslebens. Wenn der Abg. Richter auf sie den Schein werfe, als thäten sie, was man oben wolle, als beugten sie sich vor jedem Hauch von oben, so frage er ihn: seien die Conservativen denn so unselbständig gewesen, als sie die Landgemeinde⸗ ordnung abgelehnt hätten, als sie im Reichstag gegen die Handels⸗ verträge gestimmt hätten, als sie hier das Sperrgesetz der Regierung so umgewandelt hätten, daß sie es hätten annehmen können? Sie wüßten ganz genau, was sie wollten, und sie würden ihre Ueber⸗ zeugung auch gegen die Regierung zum Ausdruck bringen. (Beifall rechts.) Der Abg. von Kardorff scheine sein Bündniß mit der Fort⸗ schrittspartei damit beschönigen zu wollen, daß er den Conservativen vorwerfe, sie hätten ein festes Bündniß mit dem Centrum gemacht. Daß davon keine Rede sei, habe das Centrum bereits gesagt. Aber daß sie sich mit dem Centrum in diesen Fragen mehr verständigen könnten, als mit andern Parteien, sei kein Wunder nach der Haltung, die die Freiconservativen gegen das Volksschulgesetz eingenommen hätten Nach der Erklärung des Centrums sei es wohl möglich gewesen, in den Hauptpunkten, namentlich in den Wünschen der Hallenser Professoren, eine Verständigung herbeizuführen. Ebenso wie seine Partei auf die Stimmung des katholischen Volks Rücksicht nehme, würde es auch umgekehrt geschehen sein, und dann würden die Gegner auch für ein solches Gesetz haben stimmen müssen. Jetzt aber stehe seine vor der unangenehmen Situation, als ob sie gar nicht versucht habe, diese Differenzen auszugleichen. Man habe die Manen des Grafen Moltke gegen sie heraufbeschworen, er meine, es liege nicht im Sinne dieses Schweigers, daß man das, was er in seinem Kämmerlein sich innerlich abgerungen, an die Oeffentlichkeit ziehe. Der Glaube sei nach evangelischem Begriff Gnadensache, und er könne nicht annehmen, daß Graf Moltke nicht zu diesem Glauben durch⸗ gedrungen sei, und daß er nicht mehr verdiene, zu den Conservativen zu gehoren. Er sei fest überzeugt, er würde ebenso für die confessio⸗ nelle Volksschule eingetreten sein, wie diese. Der Abg. von Kardorff glaubte, bei diesem Gesetz noch conservativ gewesen zu sein; er habe die C onservativen als Liberale verschrieen, weil sie die allgemeine Wahl für die Schulvorstände zulassen wollten. Diese allgemeine Wahl bestehe schon jetzt. Seine Freunde hätten ja auch Verbesserungen beantragt. Der Abg. von Kardorff habe gesagt, das Deutsche Reich sei auf der Indemnität aufgebaut worden; nachdem der Abg. Stöcker die In⸗

demnität als einen Fehler bezeichnet habe, habe der Abg. Richter behauptet, daß die Conservativen gegen die Indemnität gestimmt hätten. Das sei nicht wahr. Er habe schon im Hause gesessen, als 1866 das Indemnitätsgesetz berathen worden sei. Nicht die conser⸗ vative Partei habe damals gegen das Indemnitätsgesetz gestimmt, son⸗ dern allein die Fortschrittspartei (Zuruf links: nicht Alle!), vor allem habe der Abg. Wagener eine Rede zur Rechtfertigung des Indemnitäts⸗ esetzes gehalten. Die Conservativen hätten dafür gestimmt, aber die Forschehiter dagegen. Der Abg. Richter habe augh von dem Eid⸗ ruch gesprochen. Davon könne überhaupt keine Rede sein. Die Verfassung gebe dem Herrenhause das Recht, den Etat in toto zu verwerfen, aber sie gebe nicht an, was dann Fschehen solle. Was solle die Staatsregierung demgegenüber thun? Es sei ein hober Act poli⸗ tischer Weisheit des Fürsten Bismarck gewesen, das müsse er gegen den Abg. Stöcker sagen, daß er die Indemnität beantragt habe. Aber das Deutsche Reich beruhe darauf nicht, sondern auf den preußischen Siegen von 1866. Die nationalliberale Partei sei auf die Indemnität gegründet worden. In dieser Weise das Ver⸗ fahren des Fürsten Bismarck zu kritisiren, heute, nachdem man wisse, wie die Dinge zusammenhingen, müsse er als geradezu ver⸗ werflich bezeichnen. (Lebhafter Beifall rechts) Wenn der Abg. Friedberg eine Erklärung gefordert habe, was die Conservativen unter einer Vereinbarung verstanden hätten, so antworte er ihm: sie hätten eine Verständigung gewünscht, die es möglich gemacht haben würde, dieses Gesetz zu stande zu bringen in einer Form, wie sie unseren christlich⸗conservativen Begriffen entspreche. Hätten die anderen Parteien dann mit ihnen gehen wollen, gut; wenn nicht, dann hätten sie es leider ohne sie gemacht. Er halte es nicht für gut, die Gegensätze länger zu schüren. Diese retrospective Politiktreiberei, wie sie sich in der gestrigen Debatte kundgegeben habe, habe nichts Gutes. Das ganze Haus und die Parteien wüschen hier vor dem Lande ihre schmutzige Wäsche. (Oho! links.) Er habe den Eindruck, als ob die ganze Verhandlung über das Volksschulgesetz von vornherein in versöhnlicherem und gemäßigterem Sinne hätte geführt werden können, dann würde man das Gesetz haben zu stande bringen können. Es würde besser gewesen sein, die Parteien hätten sich mit einer so 1“ egnügt, wie die Conservativen. (Lebhafter Beifall rechts.

Abg. Graf Ballestrem (Centr.) geht auf seine Breslauer Rede ein; er habe über die Schule dort nur dasselbe gesagt, was alle Centrumsredner gesagt hätten. Er bleibe dabei, daß nur ungläu⸗ bige Professoren, Protestantenvereinler, Anhänger des evangelischen Bundes, Altkatholiken und Reformjuden gegen das Schulgesetz opponirt hätten. Die Freiheit des kirchlichen Einflusses auf die Schule, auf die Ertheilung des Religionsunterrichts und die allge⸗ meine Erziehung sei eine Forderung, über die sich die Herren von der Linken nicht zu erregen brauchten, das seien nicht allein Bestrebungen des Centrums, sondern aller christlich gesinnten Männer im Hause und im Lande. Der Abg. Friedberg meine, das heiße die Schafe den Wölfen ausliefern, die kleinen Fische den großen Raubfischen. Es genüge, die Gleichstellung der Kirche mit Sklavenhaltern, Wölfen und Raubfischen hier einfach zu erwähnen. (Zuruf links: Mißverständniß.) Niemand werde leugnen, daß es ungläubige Professoren gebe, die den Materialismus und den Atheismus von den Kathedern lehrten, und daß diese Lehren die beste Vorfrucht für die Socialdemo⸗ kratie und den Anarchismus bildeten. Gebe es doch selbst Pastoren, welche die Gottheit Christi leugneten, und die seien doch wohl nicht Freunde einer christlichen Schule. Er habe allerdings den ver⸗ storbenen Dr. Windthorst in Breslau als den verstorbenen Generalstabs⸗ chef unseres Herrgotts in Deutschland bezeichnet; daß dies dem Abg. Dr. Friedberg nicht passe, sei ihm gleichgültig. Für das Centrum und für die Herren, zu denen er in Breslau gesprochen habe, sei der verewigte Windthorst allerdings der Generalstabschef jenes großen Feldherrn gewesen, in dessen Namen und in dessen Auftrag das Centrum den 20 Jahre langen Kampf geführt hätten im Namen Gottes und zu dessen größerer Ehre. Wenn es nun auch diesen Generalstabschef, unseren Führer Windthorst auf das Schmerzlichste vermisse, wenn es ihn besonders jetzt vermisse in diesem Kampfe, der hier eben geführt werde, so könne man doch versichert sein, daß es die Zuversicht nicht fallen lasse. Wenn seine Freunde es auch nicht so gut und so geschickt machten wie Windthorst, so lebe doch der Feld⸗ herr noch, dessen Generalstabschef Windthorst gewesen sei und unter dessen Fahne das Centrum auch weiter kämpfen werde, bis es den Sieg für seine Sache erkämpft haben werde. (Beifall im Centrum.)

Abg. Freiherr von Zedlitz (freicons.): Die Nachsuchung der Indemnität 1866 sei nicht allein einer der schönsten Züge Kaiser Wilhelm's I. und seines großen Berathers, sondern auch ein Act politischer Weisheit gewesen, der den inneren Frieden, die Voraus⸗ setzung des Zusammenschlusses der Stämme Deutschlands, die das Schwert vereint habe, geschaffen habe. Es sei jetzt nicht erwünscht, die Gegensätze der Vergangenheit noch weiter zu verschärfen, man müsse für die Folge thunlichst die einenden Momente suchen und di trennenden in den Hintergrund drängen. Man habe die Sache des Schulgesetzes von vornherein nicht so behandelt, daß auf eine Ver⸗ ständigung zu rechnen gewesen sei, aber seiner Partei könne man eine Schuld daran nicht beimessen. (Widerspruch bei den Conservativen.) Eine ruhigere, objectivere, sachlichere und jeden Gegensatz mehr ver⸗ meidende Rede als die des Abg. Wessel in der ersten Lesung des Schulgesetzes sei noch nie gehalten worden und der Cultus⸗Minister Graf Zedlitz habe selbst anerkannt, daß er (Redner) damals so sach⸗ lich gesprochen habe, daß mit ihm eine Verständigung möglich er⸗ schienen sei. Aber die Reden des conservativen Abg. von Buch und auch die der Regierung hätten von vornherein eine Verständigung un⸗ möglich gemacht. (Sehr richtig! links, Widerspruch bei den Conservativen.) Es sei aber nicht falsch von der Regierung gewesen, die Verhand⸗ lungen über das Schulgesetz abzubrechen. Es habe sich nicht um den Gegensatz zwischen christlicher und nichtchristlicher Schule, zwischen Confessionsschule und confessionsloser Schule gehandelt wer das behauptet, sage nicht die Wahrheit —, sondern darum, ob auf dem Boden der christlichen und confessionellen Schule das Schulrecht so eingerichtet werden solle, daß die Schule unter Gewährung der der Kirche zustehenden Rechte bezüglich des Religionsunterrichts im übrigen als Veranstaltung des Staats fortgeführt werde, oder ob an Stelle dessen ein Zwitterding zwischen Staatsschule und Kirchenschule herbeigeführt werden solle, das den schwersten Rück⸗ schritt auf dem Schulgebiet seit der Zeit Friedrich's des Großen dar⸗ gestellt haben würde (sehr richtig! bei den Freiconservativen), und ob der Hierarchie ein bisher nicht dagewesenes Maß von Einfluß auf die Schule gegeben werden solle, das den Einfluß des Staats auf die Schule zu Ungunsten der Schule geführt haben würde. Es sei zweifelhaft gewesen, ob zwischen dem Standpunkt, der die Schule zur Kirchenschule habe machen wollen, das sei der Standpunkt des Centrums (Widerspruch im Centrum), der in Wirklichkeit die Macht in der Schule in die Hand der Kirche legen wolle, wie Graf Ballestrem die Freiheit des Einflusses der Kirche auf die Schule nenne, und dem Standpunkt, der in der Schule der Kirche gebe, was der Kirche gehöre, aber auch dem Staat, was dem Staat gehöre, eine Brücke geschlagen werden könne. Redner widerlegt sodann einzelne Ausführungen des Abg. Porsch über die städtis Schuldeputationen und den Einfluß der Gemeinden auf die Schulverhältnisse. Die Auffassung der N das Schulgesetz nicht gegen den entschiedenen Widerspruch der Mitte parteien zu machen, sei vollständig gerechtfertigt, denn das würde die ganze politische Stellung dieser Parteien zur Regierung alterirt haben. Würde das Schulgesetz in der Fassung des Entwurfs angenommen worden sein, so würde die Regierung außer dem Centrum und den Conserpativen alle Parteien für die Folge gegen sich gehabt haben. Der nächste Wahlkampf würde unter dem Zeichen des Volksschul⸗ gescher geführt worden sein und die jetzige Mehrheit nicht wieder⸗ ekehrt sein. (Widerspruch im Centrum und bei den Conservativen.)

ie dann kommende Mehrheit würde, wie das Centrum im Cultur⸗ kampf, alle parlamentarischen Machtmittel angewendet haben, um das Schulgesetz wieder zu beseitigen. Es würde eine Aera schwerer dauernder parlamentarischer Kämpfe eingetreten sein, was im Interesse der Staatsverwaltung niemand wünschen könne. Da sei es ein Act der

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Weisheit und nicht der Schwäche gewesen, daß die Regierung die Ver⸗ handlung abgebrochen habe. Graf Zedlitz habe durch seinen Abschied die richtigen Consequenzen gezogen. Die; ortberathung des Schulgesetzes würde die Gegensätze nur verschärft haben. Das Volksschulgesetz habe eine Schutzwehr bilden sollen, das sei aber nicht möglich, wenn man die Schule desorganisire und ihr das staatliche Rückgrat breche. Es sei ein schwerer Fehler gewesen, das Gesetz einzubringen, weil es zur Streitart zwischen den positiven Parteien habe werden müssen und weil die Autorität der Regierung dadurch nicht habe gewinnen können, daß sie jetzt einen Entwurf auf ganz anderer Basis eingebracht habe, als im vorigen Jahre. Auch schon die Einbringung des Goßler'schen Entwurfs sei ein schwerer Fehler gewesen. Es sei ein wesentliches Verdienst der Krone, daß hle diesen Fehler wieder gut gemacht habe. Er würde es bedauern, wenn das Haus bald wieder von Neuem vor diese Kämpfe gestellt werde. Er hoffe, daß sich in nicht langer Zeit die Gemüther wieder beruhigen würden und man wieder Vertrauen zu dem Einfluß der Communen auf dem Schul⸗ gebiet gewinnen werde, und dann könne die Sache weiter gefördert werden. Vorläufig müsse man sich auf dem Wege der Verwaltungs⸗ praxis behelfen; seine Freunde aber würden dem Cultus⸗Minister dankbar sein, wenn er schon im nächsten Jahré die Mittel zur Unterstützung der Schule flüssig machen könne. Sei erst wieder Ruhe über das Land gekommen, würden die Parteien wieder mit der Regie⸗ rung zum Wohle des Vaterlandes wirken können. (Beifall bei den Freiconservativen.) 8

Abg. Motty (Pole): Seine Freunde hätten das Volksschulgesetz mit getheilten Gefühlen aufgenommen. Einerseits seien sie erfreut gewesen über die Betonung des religiösen Moments in der Vorlage, andererseits hätten sie Bedenken gehegt in Bezug auf die Stellung der polnischen Nationalität. Nach den Erklärungen des Cultus⸗Ministers hofften sie, daß er auf administrativem Wege dafür sorgen werde, daß der Unterricht der polnischen Kinder mehr ihren Wünschen ent⸗ sprechend gestaltet werde. Aus der Irreligiosität folge nicht bloß die Socialdemokratie, sondern auch der Anarchismus. Die Raubmörder in Posen seien nicht gewöhnliche Raubmörder, sondern socialistische Raubmörder vom reinsten Wasser gewesen. Die dürfe man seiner Partei nicht in die Schuhe schieben.

Darauf wird ein Antrag auf Schluß der Debatte an⸗ genommen. Es folgt eine Reihe persönlicher Bemerkungen.

Abg. Richter (dfr.): Auf die Frage der Indemnität im Jahre 1866 sei er erst eingegangen, nachdem sie von den Abgg. von Kardorff und Stöcker in die Erörterung gezogen worden sei. Wenn er der conservativen Partei einen Vorwurf wegen ihres Ver⸗ haltens damals gemacht habe, so habe er nicht an ihre Abstimmung zu Gunsten der Indemnität gedacht, sondern an die Absendung einer Deputation der conservativen Partei nach Nikolsburg, um den Fürsten Bismarck zu ersuchen, die beabsichtigte Indemnitätsvorlage nicht einzubringen. Die Fortschrittspartei sei bei der Abstimmung über die Indemnität getheilt gewesen; die sie abgelehnt hätten, hätten es gethan, weil sie die Vorlage nicht für ausreichend gehalten hätten, um den Conflict zu begraben. Seine Ansicht über die Rechts⸗ und Verfassungswidrigkeit des Confliects stütze sich auf die jüngst veröffent⸗ lichten Briefe Roon's. Am 20. September 1862, beim Anbruch des budgetlosen Regiments habe Graf Roon an Perthes geschrieben, daß das Recht der Geldbewilligung seitens der Volksvertretung ein un⸗ zweideutiges sei. Wenn der Abg. von Rauchhaupt rathe, man solle diese Fragen nicht mit solcher Schärfe behandeln, so sollte er erst seinen Collegen Stöcker fester anbinden.

Abg. von Kardorff (freicons.): Er habe nicht die Absicht gehabt, scharf zu werden. Aber die Sprache der conservativen Presse sei derartig, daß man dadurch gereizt werden müsse.

Der Nachtrags⸗Etat wird an die Budgetcommission über⸗ wiesen. .

Schluß 5 ¼ Uhr. Nächste Sitzung Montag 12 Uhr. Auf der Tagesordnung stehen: 1) Erste Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend das Diensteinkommen der Lehrer an den nichtstaatlichen öffentlichen höheren Lehranstalten. 2) Erste Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend rie Ver⸗ legung der Landes⸗Buß⸗ und Bettage.

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Parlamentarische Nachrichten.

Der dem Hause der Abgeordneten zugegangene En wurf eines Gesetzes über das Diensteinkommen der Lehrer an den nichtstaatlichen öffentlichen höheren Schulen lautet:

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§ 1. Die für das Diensteinkommen de schaftlichen Lehrer einschließlich der Hilfsl

r Leiter und der wissen⸗ ehrer an den staatlichen höheren Schulen beim Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden Be⸗ stimmungen finden in gleichem Maße Anwendung bei denjenigen öffent⸗ lichen höheren Schulen, welche von einer bürgerlichen Gemeinde als

eine Veranstaltung derselben unterhalten werden. Dasselbe gilt be⸗ züglich des Diensteinkommens derjenigen an diesen Schulen an⸗ gestellten Zeichenlehrer, welche mindestens vierzehn Zeichenstunden und zehn Stunden anderen Unterrichts in der Woche ertheilen. Die Be⸗ soldung der übrigen technischen, Elementar⸗ und Vorschullehrer ist innerhalb der für die entsprechenden Kategorien von Lehrern an den staat⸗ lichen höheren Schulen bestimmten Grenzen dergestalt festzustellen, daß dieselbe hinter derjenigen der Volksschullehrer in dem betreffenden Orte nicht zurückbleiben darf. Mit derselben Maßgabe ist außerdem jenen Lehrern eine nicht pensionsfähige Zulage von 150 jährlich zu gewähren. Bei der Versetzung des Lehrers an eine Volksschule fällt diese Zulage weg; die hierdurch eintretende Verminderung des Dienst⸗ einkommens wird als eine Verkürzung des Diensteinkommens im Sinne des § 87 des Gesetzes, betreffend die Dienstvergehen der nicht⸗ richterlichen Beamten, vom 21. Juli 1852 (Gesetz⸗Samml. S. 465) nicht angesehen. § 2. Der bürgerlichen Gemeinde steht es frei, zu be⸗ schließen, daß das Aufrücken der wissenschaftlichen Lehrer im Gehalt statt nach dem System der Dienstalterszulagen nach Maßgabe des für die einzelne Anstalt oder für mehrere Anstalten zusammen aufzustellenden Besoldungs⸗Etats erfolgt. In diesem Falle ist für jede Stelle eines wissenschaftlichen Lehrers neben dem Wohnungs⸗ geldzuschusse der Tarifklasse III das für einen staatlichen Lehrer dieser Kategorie berechnete Durchschnittsgehalt voll in den Etat einzustellen und auf die Gesammtzahl der Stellen innerhalb der Sätze für das Mindest⸗ und das Höchstgehalt in angemessenen Abstufungen zu vertheilen. Für die Leiter der Anstalten und die vollbeschäftigten Zeichenlehrer 1 zweiter Absatz) kann die gleiche Ausnahme mit Genehmigung des Unterrichts⸗Ministers zugelassen werden, wenn nach seinem Ermessen Einrichtungen getroffen sind, welche ein allmähliches Aufrücken der Leiter und Lehrer zum Höchstgehalte in angemessenen Zwischenräumen gestatten. § 3. Die bürgerliche Gemeinde ist verpflichtet, die zur Erfüllung der Bestimmungen der §§ 1 und 2 erforderlichen Mittel bereit zu stellen, soweit diese nicht aus den eigenen Einnahmen der Anstalt oder aus anderen dazu bestimmten Fonds gedeckt werden. § 4. Die vorstehenden Bestimmungen der §§ 1 bis 3 kommen auch bei denjenigen öffentlichen höheren Schulen zur Anwendung, welche von anderen Corporationen oder aus eigenem Vermögen oder aus anderen dazu bestimmten 85 zu unterhalten sind. Die Beschlußfassung über die Art des Aufrückens der Lehrer im Gehalt steht der nach den örtlichen Bestimmungen hierzu berufenen Verwaltungsbehörde zu. § 5. Die bürgerlichen Gemein⸗ den und sonstigen Corporationen u. s. w. sind durch die Vorschriften des gegenwärtigen Gesetzes nicht verhindert, das Diensteinkommen der Lehrer an den von ihnen zu unterhaltenden Anstalten in einer für die Lehrer günstigeren als der oben bestimmten Weise zu regeln. § 6. Den Lehrern steht ein Rechtsanspruch auf Bewilligung eines bestimmten Diensteinkommens, insbesondere auf Festste ung eines bestimmten Dienstalters oder auf ein Aufrücken im Gehalt nicht zu.

Die Versagung von Alterszulagen ist nur bei unbefriedigender Dienst⸗

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