1892 / 116 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 17 May 1892 18:00:01 GMT) scan diff

8 sammen. An der Versammlungssitzung nahmen gegen 500 1 Personen theil. Berathen wurde über das Heimstättengesetz. Am Nachmittag besuchte Prinz Ludwig die vierte unterfrän⸗ kische Kreis⸗Thierschau und nahm die Preisvertheilung vor.

Baden.

Karlsruhe, 16. Mai. Ihre Hoheit die Kronprinzessin von Schweden und orwegen wird nach der „Karlsr. Ztg.“ Ende des Monats hier eintreffen, um sodann mit Ihren Königlichen Hoheiten dem Großherzog und der Großherzogin einen längeren Aufenthalt in Baden⸗Baden zu nehmen. 2

Ihre Königliche Hoheit die verwittwete Fürstin von ohenzollern ist zu längerem Aufenthalt auf ihrer Be⸗ sitzung Umkirch bei Freiburg eingetroffen. 8

Hessen. Darmstadt, 16. Mai. Die Zweite Kammer ist nach der „Köln. Ztg.“ auf den 24. d. M. einberufen worden.

Mecklenburg⸗Schwerin.

Schwerin, 16. Mai. Seine Königliche Hoheit der Großherzog hat, wie die „Meckl. Nachr.“ melden, am 15. d. M. Cannes verlassen und sich nach Aix⸗les⸗bains in Savoyen zu einem acht⸗ bis vierzehntä igen Aufenthalt begeben. Ihre Kaiserliche Hoheit die Gro erzogin traf Sonnabend, den 14. d. M., Abends in Schwerin ein und hat sich gestern Nachmittag nach Berlin begeben, um von dort die Reise nach St. Petersburg fortzusetzen.

Braunschweig. Blankenburg, 16. Mai. Seine Königliche Hoheit der Prinz Albrecht von Preußen, Regent des Herzogthums Braunschweig, begab sich am 16. d. M. vom Schlosse Blanken⸗ burg nach Heiligenstadt zur Einweihung des dortigen Johan⸗ niter⸗Krankenhauses. Abends erfolgte die Ruückkehr

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.

Coburg, 16. Mai. Der gemeinschaftliche Land⸗ tag für die Herzogthümer Coburg und Gotha trat heute hier zusammen. Der Staats⸗Minister Strenge erklärte, wie die „Cob. Ztg.“ berichtet, nach Eröffnung der Sitzung, daß Seine Hoheit der Herzog ihm den Auftrag ertheilt habe, dem gemeinschaftlichen Landtag seinen freundlichen Dank zugleich im Namen Ihrer Hoheit der Herzogin auszusprechen für die überaus freundlichen Worte, die vom gemeinschaftlichen Landtag den höchsten Herrschaften an ihrem goldenen Hochzeitsjubiläum dargebracht worden seien. Seine Hoheit habe seine Be⸗ friedigung über die treue Gesinnung ausgesprochen, die in der Widmung kundgegeben worden sei, und lasse dem gemeinschaft⸗ lichen Landtag auch dafür noch besonders danken.

Anhalt. Dessau, 16. Mai. Der heutige „A. St.⸗A.“ meldet amtlich, daß Seine Hoheit der Herzog den Staats⸗Minister, Wirklichen Geheimen Rath von Krosigk auf dessen Ansuchen aus dem Staatsdienst entlassen und den bisherigen Polizei⸗ Präsidenten von Koseritz in Potsdam zum Staats⸗Minister und Wirklichen Geheimen Rath ernannt hat

Lübeck 8 .

Lübeck, 16. Mai. Der König von Dänemark unternahm Mittags einen Ausflug nach Hamburg und gedachte Abends hierher zurückzukehren. Morgen geht dem „W. T. B.“ zufolge der „Danebrog“ nach Travemünde ab, um die Herzogin von Cumberland an Bord zu nehmen. Abends erfolgt die Rückkehr des „Danebrog“ nach Kopenhagen.

1 Deutsche Colonien.

Der Kaiserliche Gouverneur von Deutsch⸗Ostafrika hat in einem von dem „Deutschen Colonialblatt“ veröoffent⸗ lichten Runderlaß die Vorsteher der verschiedenen Stationen im Innern angewiesen, jede Gelegenheit wahrzunehmen, um den Führern der durchziehenden Karawanen zur strengsten Pflicht zu machen, daß sie sich jeglichen Regierungs⸗ actes, sowie überhaupt jeder politischen Einmischung zu ent⸗ halten und darauf zu beschränken haben, in friedlicher, die Pläne und Absichten der Kaiserlichen Regierung nicht durch⸗

Weise dem Ziel ihrer Reise entgegen⸗

Nur im Falle wirklicher Nothwehr sollen

Recht haben, von den Waffen Gebrauch

z „Tribut“ zu fordern und Lebensmittel zu „requi⸗

riren“, wird streng untersagt. Lebensmittel sollen gekauft

werden und, damit auf beiden Seiten keine Uebervortheilung

stattfindet, die an der Karawanenstraße wohnenden Eingeborenen

angewiesen werden, Lebensmittel herbeizuschaffen oder bereit

u halten nach ein⸗ für allemal mit den Dorfältesten verein⸗

barten Preisen. Ebenso wird den Häuptlingen verboten, im

Schutzgebiet Durchzugsgeld, den „Hongo“, zu erheben. Der Schluß der Verfügung lautet:

„Auf den wichtigsten, zur Zeit schon mit genügenden Militär⸗ tationen besetzten Karawanenstraßen, wie Bagamovo, Mpwapwa, Ugogo, Tabora, Bukoba., erscheint dies Verfahren bereits jetzt durchführbar; n Gegenden, wo eine militärische Besetzung bisher noch garnicht oder och nur in sehr weitläufiger Weise möglich war, wird den Führern der Expeditionen bis auf weiteres nach wie vor ein größeres Maß von Selbständigkeit einzuräumen sein. Es ist aber darauf zu achten,

daß auch hierbei möglichst nach den oben angegebenen Gesichtspunkten erfahren wird.“

Oesterreich⸗Ungarn.

Die Kaiserin besichtigte gestern, wie „W. T. B.“ aus Wien berichtet, die internationale Musik⸗ und Theaterausstellung, wo Allerhöchstderselben der Präsident des deutschen Reichs⸗ ausschusses Müller und der Vertreter des Berliner Instru⸗ menten⸗Museums Fleischer vorgestellt wurden. Besonders ein⸗ gehend nahm die Kaiserin die Details des Weimarischen Theaters in Augenschein. Die Kaiserin bemerkte bei dieser Gelegenheit, daß der Großherzog von Sachsen⸗Weimar zum Besuche der Ausstellung bald nach Wien kommen werde.

In parlamentarischen Kreisen verlautet, der ehemalige Finanz⸗Minister Dr. von Dunajewski habe sich im Polen⸗ club für die Goldwährung und die Nothwendigkeit der Valutaregulirung ausgesprochen. Wenn der Finanz⸗ Minister Dr. Steinbach befriedigende Aufklärungen über die Günstigkeit des Moments und den sicheren Erfolg der Valuta⸗ action ertheile, könne man ruhig für die Valutavorlagen stimmen.

„Köln. Ztg.“

Der Zungceche Gregr hat vor kurzem wegen der Er⸗ richtung des Wekelsdorfer Landgerichts zu pass ivem Wider⸗ stand gegen die Regierung aufgefordert. Infolge dieser An⸗ regun hat nun die Gemeindevertretung von Grazdiowitz dem dortigen Steueramt angezeigt, daß sie vom 1. Juni ab aufhören werde, die Steuern für den Staat einzuziehen. Andere Gemeinden werden den „Narod. List.“ zufolge diesem Beispiel folgen. 3

Die heutige „Wiener Zeitung“ veröffentlicht die Er⸗ des Landespräses der Bukowina zum Vice⸗ Präsidenten des Obersten Rechnungshofes.

Der aus dem ungarischen Insurrectionskriege von 1848/49 bekannte General Georg Klapka ist, wie „W. T. B.“ aus Budapest meldet, heute gestorben.

Klapka war am 7. April 1820 in Temesvar geboren und trat 1842 in die österreichische Armee ein, nahm aber bereits 1848 seinen Abschied. Nach Ausbruch der Insurrection stellte er sich der unga⸗ rischen Regierung zur Verfügung. Er commandirte eine Zeit lang das vierte ungarische Corps und nahm mit diesem an der Schlacht von Izsaßeg theil, wo er den Sieg der Ungarn entschied. „Während des Mai 1849 war er ungarischer Kriegs⸗Minister und das Commando von Komorn, welche Festung er bis zum 27. September 1849 hielt, wo ihm eine ehrenvolle Capitulation gewährt wurde. Klapka lebte dann in England, Italien und der Schweiz und unternahm es, im deutsch⸗österreichischen Kriege von 1866 in Oberschlesien eine unga⸗ rische Legion zu bilden; doch war der Friede bereits geschlossen, bevor diese in Thätigkeit treten konnte. 1867 amnestirt, kehrte Klapka nach Ungarn zurück, wo er noch im nämlichen Jahre in Illava zum Mit⸗ glied des Reichstags gewählt wurde. Seitdem ist Klapka vorzugs⸗ weise bei der Gründung gewerblicher Unternehmungen betheiligt ge⸗

übernahm später

wesen.

Großbritannien und Irland. Die englische Kanalflotte wird sich, wie man der aus London meldet, Ende des Monats in Portsmouth sammeln und dann nach Norwegen segeln, um an den Festlichkeiten zur Begehung der goldenen Hochzeit des Königs und der Königin von Dänemark theilzunehmen.

Die Londoner Polizei ist, wie das „Hirsch'sche Bureau“ meldet, davon benachrichtigt worden, daß die Anarchisten Anschläge gegen das Unterhaus planen, und hat daher umfassende Vorsichtsmaßregeln getroffen. Zahlreiche Geheim⸗ polizisten überwachen die Land⸗ und die Themseseite des Parlaments⸗Palastes; niemand darf ohne Legitimationspapiere die äußeren Zugänge betreten und selbst die mit einer Legi⸗ timation versehenen Eintretenden müssen sich noch einer Visitation unterwerfen. Ausgenommen si in Parlaments⸗ mitglieder und Regierungsbeamte.

Frankreich.

Die Kammern treten heute wieder zusammen. Schon in den ersten Tagen werden, wie der „Nat.⸗Ztg.“ geschrieben wird, die Radicalen eine Interpellation über die päpstliche Encyklika einbringen, um auf diese Weise das Ministerium zu einer Kundgebung über seine Stellung zur kirchlichen Frage zu veranlassen. Uebrigens scheinen die Führer der Katholiken entschlossen zu sein, die Opposition gegen die in der Encyklika ausgesprochenen Wünsche des Papstes aufzugeben. Wenigstens haben der Senator Chesnelong, der Deputirte Graf de Mun, die Herren Keller, Veuillot u. s. w., die an der Spitze der „Union de la France Chrétienne“ standen, ihr Amt nieder⸗ gelegt und die Auflösung dieser Gesellschaft proclamirt, die unter dem Patronat des Cardinal⸗Erzbischofs von Paris den Sammelpunkt der klerikalen Opposition gegen die Republik bildete. 1

Rußland und Polen.

Das bereits erwähnte Gesetz wegen Verschärfung der Strafen für den Verrath von Staats eheimnissen ist am Sonnabend veröffentlicht worden. Dieselbe Nummer der Gesetzsammlung verkündigt die Errichtung des Postens eines Adjuncten für den General⸗Gouverneur des Amur⸗ gebiets. 1

Ueber eine neue russische Expedition nach Mittel⸗ asien, welche die Aufgabe hat, die geeignetsten Verkehrs⸗ wege von Rußland dorthin zu erforschen, entnimmt die „St. Pet. Ztg.“ einem russischen Blatte folgende Mittheilungen:

In diesen Tagen fuhren durch Moskau die Mitglieder der Expe⸗ dition zur Ermittelung neuer Wege nach Mittel⸗Asien. Diese Expedition ist organisirt worden, um die Kirgisensteppe, das Plateau von Ustj⸗Urt und den Fluß Amu⸗Darja behufs Entscheidung der Frage zu untersuchen, ob es möglich ist, eine Eisenbahn von ÜUralsk bis zum Amu⸗Darja zu bauen und auf solche Weise mittels eines directen Weges das Stromgebiet des Amu⸗ Darja mit den Mittelpunkten der russischen Industrie zu verbinden. Ausge⸗ rüstet ist die Expedition auf Kosten der Südostbahnen, sie hat die Aufgabe, möglichst ausführliche Nachrichten über das Gebiet zwischen dem Aralsee und dem Kaspischen Meere und zwischen den Flüssen Ural und Amu⸗Darja zu sammeln, namentlich aber in Bezug auf einen eventuellen Eisenbahnbau und die Organisation einer regelmäßigen Communication auf dem Amu⸗Darja ꝛc. Die Expedition hat drei ibtheilungen von welchem jede ihre besondere Aufgabe zu erfüllen hat. Die Hauptaufgabe besteht darin, die Bedingungen und die Beschaffenheit des Erdbodens und des Wassers in den erwähnten Gegenden festzustellen und überhaupt geographische und geologische Daten über dieses noch gänzlich unerforschte Gebiet zu sammeln, von welchen man noch nicht einmal genügende Karten besitzt, endlich aber auch Nachforschungen nach Naphthaquellen anzustellen u. s. w. An der Spitze dieser Abtheilung steht der ältere Geolog des St. Petersburger geologischen Comités, S. N. Nikitin mit einem anderen Geologen, einem Behllten einem Topographen ꝛc. Die zweite Abtheilung wird von S. A. Schtschepotjew geleitet und hat die Aufgabe, Daten über die Bevölkerung dieser Gegenden und die ökonomischen Verhältnisse derselben, über den Handel, die In⸗ dustrie ꝛc. zu sammeln. Die dritte Abtheilung endlich, an deren Spitze der Ingenieur der Wegecommunicationen L. A. Stuckenberg steht, hat ihre eit und Kräfte ausschließlich dem Amu⸗Darja, seinem Fahrwasser und seiner Strömung zu widme

Italien. 8 Der Minister des Auswärtigen in dem neuen Ca⸗ binet Giolitti hat, wie „W. T. B.“ meldet, sogleich nach Uebernahme der Geschäfte an sämmtliche Mitglieder des diplo⸗ matischen Corps in Rom ein Cirkular gerichtet, in welchem Herr Brin sagt: Er lege Werth auf den Ausdruck des lebhaften und aufrichtigen Wunsches, daß die Bande, welche Italien mit jedem officiell dort vertretenen Lande verknüpften, sich immer enger gestalten möchten. Gleichzeitig hat der neue Minister auch an die Vertreter Italiens im Auslande ein Rundschreiben versandt, in welchem er erklärt, die bisherige Friedenspolitik der italienischen Regie⸗ rung auch ferner fortsetzen zu wollen. Wie weiter gemeldet wird, scheint der Minister die Geschäfte seines Ressorts vor der Hand selbständig ohne die Hilfe eines Unter⸗Staatssecretärs führen zu wollen, da von der Ernennung eines solchen bisher nichts verlautet.

. Ueber die gegenwärtige 1 schatzes giebt die „Agenzia Stefani“ nachstehende Auskunft Aus einer Aufstellung, welche der frühere Schatz⸗Minif dem Minister⸗Präsidenten Giolitti am Montag überreich sich, daß die Staatskasse nach Bereitstellung ins⸗ zahlungen für die im Auslande untergebrachten Rentenkitres bis zum 30. Juni, der anticipirten Zinszahlungen für die im Inlande placirten Rententitres, sowie nach theilweiser Bereitstellung der Mittel zur Deckung der Zinszahlungen an die aus ländischen Inhaber italienischer Rente im Sktober d. J. und Januar nächsten Jahres, immer noch einen Bestand von 40 Millionen in Gold und 102 Millionen in disponiblen Schatzfonds aufweist, sodaß der Staatsschatz noch über nahezu 150 Millionen verfügt. . Ueber die Beamtenlaufbahn des Minister⸗Präsidenten Giolitti entnehmen wir einer römischen Correspondenz des „Hann. Cour.“ folgende Einzelheiten:

Der Minister⸗Präsident Giovanni Giolitti ist nächst Cavour der jüngste Minister⸗Präsident, den das Königreich Italien bisher gehabt

hat. Er wurde am 27. Oktober 1842 zu Mondovi in der

piemontesischen Provinz Cuneo als Sohn eines Gerichtssecretärs ge⸗ boren. 1864 erwarb er bereits die juristische Doctorwürde und trat schon stell⸗ Sella ver⸗ aus dem Justizdienst in die Verwaltung über⸗

in die Beamtenlaufbahn ein, und 1866 war er vertretender Staatsanwalt. Der Finanz⸗Minister anlaßte ihn, treten. Depretis 1876 die Leitung des italienischen

inisteriums übernahm, war Eiolitti General⸗Director des Steme. Depretis verlieh ihm zuerst den Posten eines General⸗ 8

wesens. secretärs der Ober⸗Rechnungskammer und ernannte ihn 1882 zum Staatsrath. In demselben Jahre wurde Giolitti auch zum Abgeord⸗ neten für Cuneo gewählt. Bald machte er sich in der Kammer als Mitglied des Budgetausschusses bemerkbar, sodaß ihn Crispi am 4 März 1889 an Perazzi's Stelle zum Schatz⸗Minister wählte. Als dann sein College, der Finanz⸗Minister Seismit Doda, zurücktrat, übernahm Giolitti am 19. November 1890 auch die Leitung der Finanzverwaltung im Nebenamte, jedoch nur auf wenige Tage, denn am 9. Dezember nahm er wegen eines Zer⸗ würfnisses mit dem Arbeits⸗Minister Finali wieder seine Entlassung. Den Nachfolger Crispi's, den Marchese di Rudini, hat er zu wieder⸗ holten Malen in der Kammer unterstützt; als er aber sah, daß dessen Stellung unhaltbar geworden, war er es, der durch seine Kritik an der Finanzpolitik seines Vorgängers dessen Sturz herbeiführte. Den Eintritt in das bereits wankende Ministerium di Rudini hatte er abgelehnt. Schweiz.

Die polizeilichen Nachforschungen betreffs der in die Schweiz geflüchteten ausländischen Anarchisten haben nach einer Berner Drahtmeldung des „W. T. B.“ ergeben, daß zur Vornahme von Ausweisungen kein Anlaß vorhanden ist.

Griechenland.

Das Ergebniß der Wahlen scheint ein Sieg der An hänger Trikupis' zu sein. Man erinnert sich, daß bisher Delyannis die Majorität in der Kammer hatte, daß dieser aber am 1. März direct vom König wegen Meinungs⸗ verschiedenheiten über die Lösung der finanziellen Krisis zum Rücktritt gezwungen wurde. An seiner Statt wurde, da Trikupis ablehnte, der Kammer⸗Präsident Konstantopulos zum Minister⸗Präsidenten ernannt. Eine Partei stand hinter diesem nicht; die Politiker Griechenlands theilen sich vielmehr vornehmlich in Anhänger der beiden einander gegen⸗ überstehenden Staatsmänner Trikupis und Delyannis. Am 25. März wurde die Kammer aufgelöst und die Neuwahlen auf den 15. Mai ausgeschrieben. Bei den Wahlen handelte es sich nun darum, ob die Kammer dieselbe Majorität, die nach dem Rücktritt Delyannis' diesem noch ein Vertrauens⸗ votum gegeben hatte, erhalten werde, oder ob Tri⸗ kupis wieder ans Ruder kommen, oder ob sich eine hinreichend starke Regierungspartei für Konstantopulos bilden werde, für welche das Cabinet ein rein wirthschaftliches Programm aufgestellt hatte; Candidatens wurden indeß von der Regierung nicht aufgestellt. Da diesmal auch die Zahl der zu wählenden Abgeordneten eine erheblich größere war statt 150 waren infolge Vermehrung der Bevölkerung über 200 zu wählen —, so war das Interesse der einzelnen . an dem Ausfall der Wahlen ein sehr großes: es machte sich dies auch in ver⸗ Reibereien der sich gegenüberstehenden Parteien geltend.

Nach den bisherigen Nachrichten hat, wie gesagt, Tri⸗ kupis den Sieg davongetragen; die Regierungspartei hat einen geringen Erfolg gehabt, die Partei Delyannis aber, welche bisher in der Majorität war, ist geschlagen. Bisher sind etwa 160 Trikupisten gewählt worden, mithin haben sie bereits mehr als die absolute Majorität. Wie der,Nat.⸗Ztg.“gemeldet wird, haben die Trikupisten in allen geistigen und wirthschaftlichen Centren, in Attika, Thessalien, Achaia, Korinth, Messenien, Syra, Zante und Cephalonia gesiegt und die Stammsitze der Gegner erobert; die ehemaligen, zum Cabinet Delyannis ge⸗ hörigen Minister Comonduros, Zaimis, Gerokostopulos und Deligeorgis haben kein Mandat erhalten. Von der gegen⸗ wärtigen Regierungspartei sind nach den bisherigen Meldungen nur fünf Anhänger gewählt worden.

Dem soeben erschienenen Jahresbericht der britischen ostafrikanischen Gesellschaft entnimmt der Londoner „Observer“ folgende Angaben über die Entwickelung dieses colonialen Unternehmens und seine Zukanft:

Infolge des mit Deutschland und Italien getroffenen Abkommens beträgt das Gebiet der Gesellschaft jetzt 750 000 englische Quadrat⸗ meilen. Es ist somit dreimal so groß wie Frankreich. Der Küsten⸗ saum hat 400 englische Meilen Länge. Der Sultan von Sansibar hat die Rechte, welche er der Gesellschaft zuerst auf 50 Jahre verliehen hatte, jetzt zu ewigen gemacht und die wichtigen Häfen Lamu und Kismapu abgetreten. Der 1 und die Häuptlinge von Uganda haben der Gesellschaft mittels ertrags ge⸗ wisse Rechte und die Controle über die finanziellen und auswärtigen Angelegenheiten dieses Königreichs eingeräumt. Das Verhältniß ist dem ähnlich, welches zu den Herrschern der Staaten der malayischen Halbinsel und auf Borneo besteht. Die Directoren erklären in dem Bericht, daß im allgemeinen ein Gefühl der Sicherheit im ganzen Gebiet der Gesellschaft bestehe. Die Stämme, welche 300 englische Meilen landeinwärts wohnen, kommen jetzt an die Küste nach Mombasa, während sie vor drei Jahren, aus Furcht, von den Sklavenhändlern abge⸗ fangen zu werden, sich nicht getrauten, auch nur ihre Dörfer zu verlassen. Die Directoren meinen, es werde die Zeit kommen, wo Afrika für die Bevölkerung Indiens das sein werde, was Amerika und die britischen Colonien für England und das übrige Europa ge⸗ wesen. Die Gesellschaft habe schon viel zur Unterdrückung des Sklaven handels gethan; Tausende seien aus der Knechtschaft erlöst worden, und im Gesammtgebiet der ostafrikanischen Gesellschaft dürfen gemäß den Bestim mungen der Brüsseler Conferenz keine Spirituosen eingeführt und verkauft werden. Die Directoren äußern schließlich die Ansicht, daß das britische Reich die Pflicht hätte, die Ost⸗Afrikas zu fördern, insbesondere durch den Bau einer Eisenbahn nach dem Victoria⸗See.

age des italienischen Staats⸗

(Oesterrei

Puarlamentarische Nachrichten. 1 8 Im 6. Hildesheimer Landtags⸗Wahlkreise (Göttingen, n. ist an Stelle des verstorbenen Professors Dr. ithof der Rechtsanwalt Dr. jur. H. Eckels in Göttingen (natlib.) mit 242 Stimmen zum Mitgliede des Hauses der Abgeordneten gewählt worden.

Die Wahlprüfungscommission des Hauses der Abgeordneten hat heute ihren früheren Beschluß bestäti st und die Wahl des Abg. Dr. Grimm (nl.), Vertreters für den 11. Wiesbadener Wahlkreis (Stadtkreis Frankfurt a. M.), die zu abermaliger Prüfung an die Commission zurückverwiesen war, wiederum mit 8 gegen 4 Stimmen für ungültig erklärt.

Nr. 19 der Veröffentlichungen des Kaiserlichen Ge⸗ sundheitsamts vom 11. Mai hat folgenden Inhalt: Personal⸗ nachricht. Gesundheitsstand. Mittheilungen über Volkskrank⸗ heiten. Sterbefälle in deutschen Städten mit 40 000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Er⸗ krankungen in Berliner Krankenhäusern. Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. Infectionskrankheiten in Baden, . burg, Moskau 1891. Gesundheitsstand und Sterbefälle im März. Gesundheitswesen im Regierungsbezirk Königsberg 1886/88. Witterung. Zeitweilige Volkskrankheiten.

Malta, Niederlande, Na and.) Thierseuchen in Dänemark, 4. Vierteljahr. Veterinärpolizeiliche Maß⸗ regeln. (Sachsen, Frankreich, Schweden, Rumänien.) Gesetz⸗ gebung u. s. w. (Deutsches Reich.) Unfallverhütungsvor⸗ schriften der See⸗Berufsgenossenschaft. (Preußen. Reg.⸗Bez. Koblenz.) Privat⸗Irrenanstalten. (Bayern.) Zugochsen⸗Einfuhr. (Sachsen.) Trichinenkrankheit. (Oesterreich.) Thierseuchen.

(Belgien.) Färben von Nahrungsmitteln. (Schluß.) Ver⸗ mischtes. (Preußen. Berlin.) Getrocknete Morcheln und Cham⸗ pi 8s. (Hamburg.) Chemisches Staatslaboratorium 1890. henkliste. Sterbefälle in deutschen Orten mit 15 000 und mehr Einwohnern, März. Desgl. in größeren Orten des Auslandes. Beilage. Gerichtliche Entscheidungen zum Nahrungsmittelgesetz. (Ver⸗ dorbenes Fleisch, insbesondere faules, schimmliges oder mit Maden bedecktes Fleisch.)

Kunst und Wissenschaft.

In der Maisitzung der Historischen Gesellschaft sprach Dr. Hintze im Anschluß an eine demnächst zur Veröffentlichung ge⸗ angende Publication der „Acta Borussica“ über das Thema: Friedrich der Große und die ““ Seidenindu⸗ trie“. Dem Berichte der „Nat.⸗Ztg.“ hierüber entnehmen wir Ausgehend von der hervorragenden Bedeutung, die Luxusindustrien auf einer früheren wirthschgft⸗ ichen Entwickelungsstufe und insbesondere auch in dem ge. werbesystem des Mercantilismus einnahmen, wies der Vor⸗ tragende durch Vergleichung mit den Bestrebungen anderer Länder nach, daß es sich bei der Einführung der Seiden⸗ ndustrie in Preußen im 17. und 18. Jahrhundert nicht um ein ver⸗ inzeltes wirthschaftspolitisches Experiment, sondern um die Betheili⸗ gung an einer mächtigen und allgemeinen Kulturbewegung gehandelt habe. Die Röfugiés waren nicht die Urheber, sondern die Werkzeuge dieser gewerbepolitischen Bestrebungen, die von ihnen begründete Industrie kam nicht über schwache Anfänge hinaus. Erst Friedrich der Große hat, hauptsächlich in der Zeit von 1746 bis 1756, durch Herbeiziehung fremder Arbeiter und durch vielfältige Aufmunterung und Unterstützung von Unternehmern eine bedeutende Industrie eschaffen, welche 1756 in Berlin und Potsdam bereits 1000 Stühle beschäftigte. Nachdem dann eine schwere und gefährliche Krisis, die im Gefolge des siebenjährigen Krieges und im Zusammenhang mit einer allgemeinen Handelsstockung in den Jahren 1763— 67 herrschte, dank dem energischen und hilfsbereiten Ein⸗ treten der Regierung glücklich überwunden war, nahm das Gewerbe in den siebziger Jahren einen lebhaften Aufschwung, sodaß am Ende der Regierungszeit Friedrich's des Großen in der Kurmark 2935 Stühle thätig waren, die ein Jahresproduct von 2,2 Millionen Thaler an Werth lieferten. In den neunziger Jahren hat sich der Betrieb zeitweis sogar bis auf 4500 Stühle gehoben, die für 3 Millionen Thaler fabricirten. Im Verfolg dieser Entwickelung kamen die Beförderungsmaßregeln der Regierung, Vorschüsse, Boni⸗ ficationen, Schutzzölle und Einfuhrverbote, Zwang gegen die Kauf⸗ leute, Einrichtung eines Seidenmagazins u. s. w. zur Sprache. Der Vortrag wandte sich dann zu einer Skizzirung der inneren Structur des Betriebes in seiner technisch⸗ökonomischen und rechtlich⸗ socialen Bedingtheit. Die eigenthümliche, in der Hauptsa⸗ hausindustrielle, aber theilweis schon im Ueber⸗ gang zum Fabriksystem begriffene Form der Unternehmung wurde charakterisirt, die Grundsätze der Gewerbepolizei, wie sie in dem Reglement von 1766 codificirt worden sind, beleuchtet und namentlich auch auf die socialpolitische arbeiterfreundliche Haltung der Regierung in den Fragen der Arbeiterentlassung und der Lohnhöhe hingewiesen. Der Vortragende führte endlich aus, wie durch den schroffen Systemwechsel seit 1807 die noch eines starken Zollschutzes bedürftige Industrie, die jetzt dem Auslande gegenüber nur unvollkommen esschützt und der Concurrenz von efeld im Gegensatz zu der rüheren Zeit ganz preisgegeben wurde, in die größte Gefahr gerieth, wie sie aber trotzdem sich noch bis in die sechziger Jahre hinein aufrecht erhielt und mit 2 3000 Stühlen arbeitete, bis mit dem Durchdringen der freihändlerischen Grundsätze im Zollverein (1865) ihr Schicksal entschieden war. Er schloß mit dem Hinweis darauf, daß auch so die Bemühungen Friedrich's des Großen nicht umsonst gewesen seien, daß die Seidenindustrie im 18. Jahrhundert vor⸗ nehmlich das Mittel gewesen sei, einen leistungsfähigen Kapitalisten⸗ und Arbeiterstand in Preußen heranzuziehen und damit die Grundlage für die gewerbliche Entwickelung der Zukunft zu legen.

Der Verein für deutsches Kunstgewerbe veranstaltet morgen Abend 8 ½ Uhr, im großen Saale des Architekten⸗ hauses einen Fachabend für Kunstschlosserei. Es werden zum ersten Male Schmiedearbeiten aus Mannesmannrohr ausge⸗ stellt werden, mit dessen Bearbeitung Berliner und Münchener Meister neuerdings überraschende Resultate erzielt haben. Eine Reihe neuer getriebener Arbeiten wird die Kunstschlosserei von Ed. Puls ausstellen. Um auch das Interesse an den technischen, Feinarbeiten der Schlosserei in weitere Kreise zu tragen, wird eine Sammlung neuer Schloß constructionen von verschiedenen Firmen zur Vorlegnng kommen. Außerdem werden die 54 Arbeiten der letzten Vereinsconcurrenz (Entwurf zu einem Grabkreuz aus Schmiedeeisen) im Saale aus⸗ gestellt sein. Gäste aus Fachkreisen sind willkommen.

Die von der Com enius⸗Gesellschaft angeregte Jahr⸗ hundertfeier für den berühmten Vorkämpfer einer naturgemäßen Volkserziehung hat aller Orten regste Theilnahme gefunden. Um die aus diesem Anlaß entstandene Literatur nicht verloren gehen zu lassen, beabsichtigt die Gesellschaft, die betreffenden Druckschriften zu sammeln. Die Sammlung der Festspiele, Prologe, Fest⸗ edichte u. s. w., von welchen eine Auswahl erausgegeben werden soll, hat Herr Gewerbeschul⸗ Director J. F. Ahrens in Kiel übernommen, und es wäre erwünscht, wenn die Verfasser ihm ihre Gedichte, gleichviel in welcher Sprache sie erschienen sind, zugänglich machen wollten. Ein Ver⸗ zeichniß der im Druck erschienenen Vorträge, Abhandlungen u. s. w. soll in den „Monatsheften der Comenius⸗Gesellschaft“ ver⸗ öffentlicht werden und es wird gebeten, Abzüge davon an R. Voigt⸗ länder's Verlag in Leipzig⸗Gohlis zu senden. Die Heleeanenstelung soll einen Theil der Uebersicht bilden, welche die Monatshefte über

demnächst

den Gesammtverlauf der Jahrhundertfeier in den ver⸗ schiedenen Ländern bringen werden.

Ueber einen interessanten vorhistorischen Gräberfund wird dem Berner „Bund“ aus Cornaux im Schweizer Kanton Neuenburg geschrieben: Zwischen Cornaux und Cressier liegt eine Kiesgrube, die schon seit mehreren Jahren von der Ei enbahn⸗Gesell⸗ chaft Jura⸗Simplon ausgebeutet wird. Dieses Frühjahr stießen die Arbeiter auf einige Skelette ohne Beigaben (ungefähr zehn an der

D, die unregelmäßig auf der Geröllschicht lagen und von einer

) em hohen Erdschicht bedeckt waren. Steinplatten verschiedener Größe befanden sich neben den Knochenresten, die so mürbe und defect waren, daß von Schädeln nichts erhalten werden konnte. Am 7. d. M. wurden zwei weitere Skelette bloßgelegt und diesesmal mit Beigaben.

eine trug an jedem Vorderarm zwei schön verzierte bronzene Armbänder und das zweite an jedem Arm ein Armband, das eine⸗ aus Bronze, das andere aus Lingnit oder Horn. In dem Schutt wurde außerdem eine kleine Schale aus gebranntem Thon gefunden. Man nimmt an, daß die Gräber der Bronzezeit 2281 * und möglicherweise mit den Pfahlbauten aus der Bronzezeit bei der Zihl⸗ brücke im Neuenburger See in Verbindung stehen.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. .““ An der Ruhr sind am 16. d. M. gestellt 10 098, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.

Zwangsversteigerungen. ö“

Beim Königlichen Amtsgericht I Be lin stand am

16. Mai das Grundstück des Baumeisters Julius Hennicke, am

Platz 17, Königgrätzerstraße 132 und Voßstraße 20 belegen,

zur Versteigerung; e e h 82 440 ℳ; Mindestgebot 3000 ℳ;

für das Meistgebot von 2150 000 wurde der Kaufmann Her⸗

mann Gumpel, Unter den Linden 45, Ersteher. An Hypotheken

fielen circa 190 500 aus. Vertagt wurde das Verfahren der

Zwangsversteigerung betreffend das Grundstück Oranienstraße 97 a., der falliten Commanditgesellschaft Hugo Loewy zu Berlin gehörig.

Die „Rhein.⸗Westf. Ztg.“ berichtet vom rheinisch⸗west⸗ fälischen Eisen⸗ und Stahlmarkt: Auf dem rheinisch⸗west⸗ fälischen Eisenmarkt hat sich die Stimmung in der vorigen Woche nicht wesentlich geändert. Nur in einzelnen Geschäftszweigen wird etwas flotter gekauft; in anderen scheinen die Käufer noch nicht die Ansicht zu haben, daß man auf dem niedrigsten Niveau angekommen sei, da sie mit ihren Aufträgen immer noch zurückhalten. Er ze haben im allgemeinen ihren bisherigen Standpunkt beibehalten. Im Sieger⸗ lande findet die beschränkte Förderung ziemlich guten Absatz, und die Preise haben sich in letzter Zeit gefeskigt. Da 8 jetzt noch immer dem Bergbau viele Kräfte durch die Feldarbeit entzogen werden, so ist Aussicht vorhanden, daß die jetzigen Preise sich noch weiter behaupten und vielleicht auch etwas anziehen werden. In Luxemburg⸗Loth⸗ ringer Minette ist der Absatz schwach bei unregelmäßigen Preisen⸗ In spanischen Erzen ist das Geschäft vorläufig still und die Preise zeigen weichende Tendenz. Auf dem Roheisenmarkt hat sich das Geschäft in seinen bisherigen Grenzen gehalten. Der Absatz ist im all⸗ emeinen zwar nicht bedeutend, jedoch ziemlich regelmäßig, und da die

rzeugung eine eingeschränkte ist, so nehmen die Lagervorräthe um keine nennenswerthen Posten zu. Spiegeleisen wird im Sieger⸗ lande augenblicklich für größere, im dritten Vierteljahre lieferbare Posten lebhaft gefragt. Doch ist von einem Anziehen der Preise vor⸗ läufig noch keine Rede. Der Absatz in Puddelroheisen ist leid⸗ lich; Thomaseisen geht ziemlich gut, während Gießereiroh⸗ eisen noch viel zu wünschen übrig läßt. Die gebuchten Aufträge reichen durchschnittlich, die wenigen Hochöfen ausgenommen, welche Specialmarken erzeugen, für etwa zwei bis fünf Wochen. Auf dem Walzeisenmarkt hat sich die Physiognomie des Ge⸗ schäfts nicht wesentlich verändert. Die Stabeisenwalz⸗ werke sind ungleich beschäftigt, und das Arbeitsbedürfniß einiger Walzwerke übt einen fortwährenden Druck auf die Preise aus. Bauträger finden flotten Absatz zu niedrigen und gedrückten Preisen. In Bandeisen ist die augenblickliche Marktlage gegen die Vorwoche unverändert. Die Preise sind zwar fest, aber durchaus unlohnend. In Grobblechen ist das Geschäft recht lebhaft, leider klagen jedoch alle Werke ohne Ausnahme über die unlohnenden und gedrückten Prüise Für Feinbleche laufen die Aufträge entschieden in größerer

ahl ein, und bei der verminderten Erzeugung suchen die Werke die

reise etwas höher zu halten; die Bestrebungen nach dieser Richtung sind vereinzelt auch schon von Erfolg gewesen. Walzdraht, ge⸗ Bp. Drähte und Drahtstifte sind im wesentlichen unverändert. Nieten finden nur zu äußerst gedrückten Preisen Absatz. Die Eisengießereien und Maschinen fabriken sind nach wie vor ungünstig und ungleichmäßig beschäftigt.

In der gestrigen Generalversammlung der Tarnowitzer Actiengesellschaft für Bergbau und Eisenhüttenbetrieb beschloß man die Ausgabe neuer 6 % Prioritäts⸗Actien in Höhe von 2 100 000 ℳ, wobei die alten Stamm⸗Prioritäten in gleichem Be⸗ trage zum Curse von 66 % in Zahlung gegeben werden können. Die Verwaltung theilte mit, daß, nachdem die Tarnowitzer Hochofenanlage an die oberschlesische Eisenindustrie auf fünf Jahre verpachtet sei, der Gesammtgewinn des braunschweigischen Schrottwalzwerkes den Actionären vollständig ver⸗ bleibt; dies Unternehmen erzielte seit seinem Uebergange an die Tar⸗ nowitzer Gesellschaft laut Rechnungsnachweis der Direction vom 1. Oktober 1889 bis 31. Dezember 1891 (2 ¼ Jahre) einen Gewinn von 412 225 ℳ, davon im letzten Halbjahr vom 1. Juli bis 31. De⸗ zember 1891 allein 79 479 Die eingehenden Baarmittel sollen zur Ablösung von Hrpotheken und Verstärkung der Betriebsmittel des Braunschweiger Werkes dienen.

Nach der von der Direction der A. Riebeck'schen Montanwerthe vorgelegten Bilanz und der Gewinn⸗ und Verlust⸗ Rechnung pro 1891/92 beträgt der Bruttogewinn nach Abrechnung der Geschäftskosten 2 485 437 (gegen 2 161 717 im Vorjahre). Für Abschreibungen sollen verwandt werden 631 498 (gegen 575 984 für den gesetzlichen Reservefonds 92 696 (gegen 79 286 ℳ). Es wurde beschlossen, der Generalversammlung die Ver⸗ theilung einer Dividende von 15 % (wie im Vorjahre) vorzuschlagen, und den Rest mit 193 179 auf neue Rechnung vorzutragen. Die Generalversammlung findet am 18. Juni d. J. in Halle a. S. statt.

In der vorgestrigen Generalversammlung der Actiengesell⸗ schaft für Bergbau⸗, Blei⸗ und Zinkfabrikation zu Stolberg und in Westfalen wurde die Vertheilung einer Divi⸗ dende von 7 % für die privilegirten Actien und von 2 % für die Stammactien beschlossen. Der Rückauf der privilegirten Actien er⸗ folgt wie bisher nicht über pari. Vertreten waren 6942 privilegirte und 1148 Stammactien mit zusammen 638 Stimmen.

Aus Hamburg wird der Tod des Mitinhabers der Rheder⸗ firma Robert M. Sloman, Carl Alphons Broedermann gemeldet, der gestern infolge eines Herzleidens gestorben ist.

Frankfurt a. M., 16. Mai. (W. T. B.) Ein Bank⸗ beamter beim Hause Rothschild Namens Gerloff, ein Vetter des festgenommenen Kassirers Jäger, wurde dem Vernehmen nach am Sonnabend unter dem Verdacht der Mitwissenschaft an den Unter⸗ schlagungen Jäger's verhaftet. Leipzig, 16. Maij. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ del. La Plata. Grundmuster B. per Mai 3,82 ½ ℳ, per Juni

ℳ, per Juli 3,82 ½ ℳ, per August 3,85 ℳ, per September

h 3,82 ½ 3. 8 per Oktober 3,87 ½ ℳ, per November 3,87 ½ ℳ, per Dezember

87 ½ ℳ, per Januar 3,90 ℳ, ver Februar 3,90 ℳ, per März 3,90 ℳ, per April 3,92 ½ Umsatz 15 000 kg.

Wien, 16. Mai. (W. T. B.) Der Verwaltungsrath der Oesterreichischen Staatsbahn⸗ Gesellschaft beschloß, 250 000 Fl. für die Domänen zu reserviren und das Conto für die Erneuerung des Oberbaues und der Schienen in Höhe von 991 428 Fl. sowie das Conto für die Couponbogen⸗Erneuerung in Höhe von

88

5 * 31 398 Fl. gänzlich abzuschreiben. 123 639 Fl. sollen auf neue Rech⸗ nung vorgetragen werden.

Ausweis der Südbahn in der Woche vom 6. bis 12. Mai 693 243 Fl., Mindereinnahme 78 659 Fl.

London, 16. Mai. (W. T. B.) An der Küste 17 Weizen⸗ ladungen angeboten.

17. Mai. (W. T. B.) Der „Times“ zufolge hätte Persien mit der Imperial⸗Bank of Persia die 2 edingungen einer Anleihe von 500 000 Pfund Sterling vereinbart, die zur Zahlung einer Entschädigung an die englische Taback⸗Gesellschaft in Persien dienen solle. Die Anleihe solle auf dem Londoner Markt aufgelegt werden und in 40 Jahren rückzahlbar sein. Als Garantie sollten die Zölle des füdlichen Persien und des persischen Golfes dienen. Die „Times“ spricht in ihrem Leitartikel die große Befriedigung aus, daß das Geld nicht von Rußland hergeliehen werde.

Glasgow, 16. Mai. (W. T. B.) Die Verschiffungen von Roheisen gen in der vorigen Woche 6652 Tons gegen 6407 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres.

Bradford, 16. Mai. (W. T. B.) Wolle ruhig, weichend, die jüngste Preisbesserung ging wieder verloren. 8.¶Garne ruhig, Stoffe ruhig. Viele Webstühle stehen still. 8

Sofia, 16. Mai. (W. T. B.) Wie die „Agence balcanique“ meldet, erklärte der Präsident des „Conseil de la Dette Eublique“, Caillard, im Laufe der Sitzungen der Kaiserlichen Specialcommission zur Berathung der Convertirungsvorlage wiederholt, daß eine Convertirung nur mit Züstimmung der Bon⸗ holders und in völliger Uebereinstimmung mit dem Hachersean. Decret erfolgen könne, und auch erst dann, wenn ein befriedigendes Arrangement mit den Inhabern der türkischen Loose erzielt sei

Theater und Musik.

Im Berliner Theater wird Ludwig Barnay am Donnerstag als Othello auftreten. Agnes Sorma (Desdemona), Nuscha Butze (Emilia) und Ludwig Stahl [Jago) sind die Vertreter der übrigen Hauptrollen des Dramas.

„„Herr Albert Eckert hat seine Beziehungen zum Berliner Theater gelöst, um vom 1. September d. J. ab in den Verband des Lessing⸗Theaters einzutreten, wo er nicht nur als Schauspieler und Regisseur thätig sein, sondern gleichzeitig auch das Amt eines Directions⸗Stellvertreters übernehmen wird.

Im Belle⸗Alliance⸗Theater wird morgen und am Donnerstag Abend Herr Stuart Cumberland nach der Theater⸗ vorstellung eine Sitzung über Gedankenlesen halten. Der Beginn des Theaters wo die Operette „Der Günstling“ zum 14. Male in Scene geht ist für diese beiden Tage ausnahmsweise auf 7 Uhr festgesetzt.

Der bekannte Violinvirtuose Johann Kruse geht als erster Concertmeister nach Bremen, jedoch wird er seine hiesthen Kammer⸗

musikabende auch im kommenden Winter fortsetzen.

Das Niederrheinische Musikfest, welches vom 5. bis 7. Juni unter Professor Wüllner's Leitung in Köln stattfindet, soll die werth⸗ vollsten Schöpfungen der Tonkunst des 19. Jahrhunderts zu Gehör bringen. Der erste Tag ist den deutschen Componisten, der zweite Tag italienischen und französischen Werken gewidmet; der letzte Tag wird nach altem Brauch den Solisten überlassen. Als solche sind Fräulein Huhn (Alt), Fräulein Leisinger (Sopran) und Fräulein Malten (Sopran), sowie die Herren Birrenkoven (Tenor), Perron (Bariton)

und Pablo de Sarasate eingeladen worden.

Mannigfaltiges.

Nachdem die alle fünf Jahre wiederkehrende Abschätzung der städtischen Liegenschaftemn durch die städtische Grundeigenthums⸗Depu⸗ tation bewirkt worden ist, hat der Magistrat das Grund⸗ und Lagerbuch für das Etatsjahr 1890/91 berichtigt und der Stadt⸗ verordneten⸗Versammlung zur Kenntnißnahme vorgelegt. Danach betrugen am 1. April 1891 die Activa des Kämmerei⸗ Vermögens 467 352 581 ℳ, darunter 316 719 451 Grundbesitz. Da am 1. April 1890 das Kämmereivermögen auf 414 305 959 ermittelt war, hat für 1890/91 eine Steigerung um 53 046 621 stattgefunden, die hauptsächlich durch die erhöhten Werthe des Grundbesitzes herbeigeführt worden ist. Die Passiva haben sich egenüber dem Vorjahre um 33 575 351 ℳ, darunter 30 334 200 Obligationsschulden, vermehrt und stellten sich Ende März 1891 auf 236 444 979 ℳ; demnach ergiebt sich für 1890/91 ein Kämmerei⸗ vermögensbestand von 230 907 602

von der Hude hier, Wichmann⸗ 5 ¼ Uhr verstorben.

. Der General⸗Lieutenant z. straße 6 wohnhaft, ist heute fr

D üh

Der diesjährige große Cursus für Lehrer zur Ausbildung in Jugend⸗ und Volksspielen wurde gestern in Gegenwart des Geheimen Regierungs⸗Raths Dr. Köpke im Hörsaale der Turnlehrer⸗ Bildungsanstalt mit einer Ansprache des Professors Dr. Angerstein und einem Vortrage über die Bedeutung der Bewegungsspiele feierlich eröffnet. An dem Cursus nehmen 54 Herren theil, 18 aus Berlin, 35 aus allen Theilen des Reichs, 1 aus Oesterreich. Der Cursus wird sechs Tage umfassen. Am Vormittag werden auf dem Hippo⸗ drom im Thiergarten und bei anhaltend schlechtem Wetter in der Militär.Exercirhalle in der Karlstraße Lauf⸗ und Wurfspiele geübt, am Nachmittag werden hiesige Spielplätze besucht und dort dem Spiel von Gemeinde⸗ und höheren Schulen beigewohnt; an drei Abenden der Woche werden Vorträge gehalten über Spielplätze und Spiel⸗ geräthe, über Schlagballspiele und über die Methode des Spielens; für Donnerstag ist eine Turnfahrt geplant und am Sonntag wird 5 einer Einladung des Aademischen Turnvereins nach S önholz folgen.

Der norwegische Gelehrte Sophus Tromholt hielt gestern Abend einen Vortrag in der Urania über „Das Nordlicht“, worin er zunächst geschichtlich feststellte, daß erst in neuerer Zeit das Nordlicht von der Kissenschaft entdeckt sei, und zwar im Jahre 1621 durch einen französischen ee Zu allen Zeiten, selbst im grauen Alterthum sei es zwar beobachtet, immer jedoch nur als Gegenstand der Phantasie und des Aberglaubens angesehen worden. Nach eigenen Beobachtungen schilderte der Vortragende sodann unter Vorführung zahlreicher Abbildungen ein kleineres und ein größeres Nord⸗ licht und ging dabei näher auf die große Mannigfaltigkeit in der Form und Farbe des Nordlichtes ein. Der Form nach unterscheidet man bei dieser Erscheinung: den Nordlichtbogen, das Nordlichtband, den Nordlichtring, die Nordlichtstrahlen und die Nordlichtkrone. Bogen und Band sind dieselbe Erscheinung, sie sind nur verschieden durch den Standpunkt des Beobachters; die häufigste Form ist die der Strahlen, die prachtvollste die der Krone, deren Schönheit, wie der Redner sagte, kein Wort zu schildern, kein Pinsel wiederzugeben ver⸗ möchte. Nordlichtband und Nordlichtbogen bilden immer einen für den Beobachter stets unvollständig bleibenden Ring, dessen Centrum in der magnetischen Erdachse liegt. Die Nordlichtstrahlen laufen parallel zu einander, wenn sie auch der großen Entfernung wegen zusammenzukommen scheinen, sie stehen nahezu senkrecht zur Erdober⸗ fläche, nur ein wenig geneigt, entsprechend der magnetischen Inclination, also im südlichen Skandinavien etwa 70 Grad, im hohen Norden fast senkrecht, während weiter füdlich der Winkel kleiner wird. Die Grund⸗ farbe des Nordlichts ist weiß mit einem grünlichen Schimmer, die Strahlen spielen am unteren Ende häufig auch ins Rothe, manchmal aber ist das ganze Nordlicht feuerroth. Die Licht⸗ stärke wird sehr übertrieben, wenn behauptet wird, man könne aus dem Nordlicht Nutzen ziehen zu Beleuchtungszwecken. Für gewöhn⸗ lich leuchtet es sehr schwach, nur in einzelnen ugenblicken erstrahlt es in höherem Glanz und hat dann eine größere Lichtstärke. Im all⸗ gemeinen kommt das Nordlicht, oder richtiger Polarlicht, da seine Verbreitung auf der südlichen Halbkugel als Südlicht genau dieselbe