1892 / 127 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 31 May 1892 18:00:01 GMT) scan diff

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die Besorgung des Schreibwerks und der damit zusammen⸗ hängenden Dienstverrichtungen obliegt; 2) sämmtliche Stellen, deren Obliegenheiten im wesentlichen in mechanischen Dienst⸗ leistungen ZI 1

Die Abgg. Greiß und Schmidt⸗Warburg wollen die Nr. 1 aus diesem § 2 ausscheiden und die Aufzählung der⸗ jenigen Stellen einreihen, welche nach § 3 nur zur Hälfte mit Militäranwärtern zu besetzen sind.

Nach § 3, der mit zur Debatte gestellt wird, sind min⸗ destens zur Hälsfte mit Militäranwärtern zu besetzen die Stellen der Subalternbeamten im Bureaudienst, jedoch mit Ausnahme 1) derjenigen Stellen, für welche eine besondere wissenschaftliche oder technische Vorbildung erfordert wird, 2) der Stellen derjenigen envorsteher, welche eigene Rech⸗

nung zu legen haben, sowie derjenigen Kassenbeamten, welche Kassengelder haben.

einzunehmen, zu verwahren oder auszugeben

Abg. Schmidt⸗Warburg (Centr.): Auch seine politischen Freunde ständen einmüthig auf dem Grundsatz, daß den Militäranwärtern eine auskömmliche Existenz geschaffen und der Armee ein ausreichender Bestand von Unteroffizieren gesichert werden möge. Es frage sich nur, ob die in der Vorlage vorgeschlagenen Bestimmungen dazu nothwendig seien. Der Regierungscommissar in der Com⸗ mission einige Zahlen angeführt. Es seien von den den Militär⸗ anwärtern vorbehaltenen 7000 ausgeschriebenen Stellen, nur 1700 mit so besetzt worden. Der Grnnd liege darin, daß sich eben nicht mehr eldet hätten. Man könne nun doch nicht ver⸗ langen, W“ mehr Stellen ausgeschrieben würden, wenn sich schon zu den jetzt vorhandenen keine genügende Anzahl melde. Er möchte, daß alle diejenigen Stellen, die sich als werthlos für die Militäranwärter erwiesen hätten, zur freien Concurrenz zugelassen und nicht ausschließlich den Militäranwärtern vorbehalten würden. Das sei vor allen Dingen der Fall bei den Kanzlisten und Lohnschreibern. Zu den Kanzleigehilfenstellen in der Justizverwaltung melde sich fast garkein Militäranwärter; wenn das schon am grünen Holz der Justizverwaltung geschehe, wie solle es dann erst am dürren Holze des Communaldienstes werden? Er hoffe,

82 diese karg dotirten Stellen der freien Concurrenz erhalten bleiben würden.

Minister des Innern Herrfurth:

Meine Herren! Die Königliche Staatsregierung legt einen sehr erheblichen Werth auf das Zustandekommen dieses Gesetzes. Dieses Gesetz ist und das ist, glaube ich, nicht von allen Seiten genügend erkannt worden auch die Erfüllung eines Versprechens, welches bereits vor 10 Jahren gegeben worden ist, als die Grund⸗ sätze für die Besetzung der Subaltern⸗ und Unterbeamtenstellen im Staat und im Reich geregelt wurden. Ausdrücklich ist damals vor⸗ behalten worden, daß nur provisorisch bis „auf weiteres“ die bis⸗ herigen Bestimmungen beibehalten werden sollen. Es ist damals von allen Seiten anerkannt, daß eine gleichmäßige Regelung nach gleichen Grundsätzen für Reich und Staat sowie für die Communal⸗ verbände nothwendig sei. Dieses Versprechen hat die Königliche Staatsregierung durch den vorliegenden Gesetzentwurf erfüllt, und in dieser gleichmäßigen Regelung einerseits für Staat und Reich und andererseits für alle Communalverbände sind alle die Abänderungen begründet, welche dieses Gesetz gegen den bisherigen Zustand zeigt. Darin ist begründet einerseits die Verminderung der Stellen im Subalterndienst, weil man davon ausgehen mußte, daß es nicht gerechtfertigt sei, die Com⸗ munalverbände anders und schlechter zu stellen, wie das Reich und der Staat sich selbst stellen; darin ist aber auch anderer⸗ seits begründet die Ausdehnung der Verpflichtung zur An⸗ stellung von Militärinvaliden auf die Anstellung von Militär⸗ anwärtern und wiederum begründet die Ausdehnung auf alle Communalverbände ohne Unterschied.

Die Sache selbst ist meines Erachtens so ganz zweifellos klar gelegt, daß irgendwie eine Vertagung der Entscheidung sich aus sach⸗ lichen Gründen nicht rechtfertigen läßt, sondern daß höchstens der Wunsch dafür maßgebend sein kann, einer unbequemen Abstimmung zu entgehen. So sehr aber die Staatsregierung ihrerseits darauf Werth legt, das Gesetz zu stande zu bringen, so würde sie doch lieber auf das Gesetz verzichten, als ein Gesetz annehmen, welches den Antrag enthielte, den der Abg. Schmidt (Warburg) gestellt und soeben befürwortet hat. Denn damit wiche sie von dem Grundprincip ab, von dem sie ausgegangen ist: von der Gleichstellung der Communal⸗ verbände mit dem Reich und mit dem Staat. Auch in Staat und Reich sind alle Kanzlistenstellen ohne Ausnahme Millitär⸗ anwärtern vorbehalten, und gerade die Consequenz des Princips dieses Gesetzes führt dahin, hier keine weiteren Ausnahmen zu gestatten.

Dazu kommt, daß auch den sachlichen Ausführungen des Herrn Abg. Schmidt nicht beizutreten ist; denn, meine Herren, ob eine Stelle für einen Militäranwärter begehrenswerth ist oder nicht, bitte, lassen Sie doch darüber den einzelnen Anwärter selbst entscheiden. Wenn er sich für eine Kanzlistenstelle meldet, so ist sie ihm eben begehrenswerth. Also nach dieser Richtung sind die Ein⸗ wände des Herrn Vorredners nicht begründet. Ich möchte weiter⸗ gehen. Er sagt, ich mache einen wesentlichen Unterschied zwischen den Stellen, deren Inhaber zu mechanischen Dienstleistungen bestimmt sind, den Unterbeamten und zwischen den Kanzlistenstellen. Ja, meine Herren, bei dem Stande unserer Volksbildung sind wir doch glücklich so weit gekommen, daß man sagen kann, auch die Functionen der Kanzlisten sind eigentlich mechanische Dienst⸗ leistungen; auch hier ist eine besondere geschäftliche Vor⸗ bildung für die Leute nicht erforderlich. Falls ein Mann als Regimentsschreiber oder als Brigadeschreiber bisher fungirt hat, so ist er eo ipso ohne weitere Vorbildung für diese Stellen voll und gut qualifizirt. Es würde also durch Annahme des Antrages Schmidt⸗ Warburg ein Bruch im Princip dieses Gesetzes entstehen; eine große Zahl von Stellen, welche für Militäranwärter begehrenswerth und erwünscht sind, würde ihnen entzogen, und darum würde die König⸗ liche Staatsregierung nicht in der Lage sein, ein Gesetz anzunehmen, welches die Verpflichtung sämmtlicher Communen in dieser Beziehung auf die Hälfte reducirt.

1 *) will die Ausnahmen von der Vorschrift des eeüsscUecn enes -enn. hätten, und auf sämmtliche Bureaubeamten

Abg. Dr. Würmeling (Centr.) fragt, ob die unentgeltliche oder

geringes Entgelt erfolgende Fnslban, von Kanzlisten von

munalverwaltungen als eine Umgehung KS betrachtet

werden könne, und will in Nr. 2 b des § 3 auch die encontroleure

und Kassen⸗ und R. ngsrevisoren aufgenommen en.

Minister des Innern Herrfurth:

Meine Herren! Zunächst kann ich, Ausbildung vo

Kanzlisten im Communaldienst anlangt, auch hier nur die Erklärung wiederholen, die ich im Herrenhause auf eine Anfrage des Herrn Ober⸗Bürgermeister Struckmann abgegeben habe: Wenn die Aus⸗ bildung von Kanzlisten unentgeltlich oder gegen ein so geringes Einkommen erfolgt, daß dadurch irgendwie eine für einen Militäranwärter geeignete Stelle nicht creirt wird, so werden hierin die Gemeinden oder Communalverbände auch in Zukunft nicht beschränkt.

Was nun den Antrag des Abg. Wuermeling anlangt, so glaube ich, erledigt er sich in Betreff des ersten Punkts, der Gegenbuchführer durch die Fassung des § 3 Abs. 2, ist der Gegenbuchführer der Mit⸗ rendant, empfängt er das Geld mit und hat er über das Geld mit zu quittiren; so gehört er nicht nur zu denjenigen, welche Rechnung zu legen haben, sondern er gehört auch zu denjenigen, die mit der Aufbewahrung und Einnahme der Kassengelder befaßt sind. Anders liegt es in Betreff der Kassen⸗ und Rechnungsrevisoren. Meine Herren, es ist ja überhaupt etwas eigenthümlich, wenn man die auszunehmenden Beamtenkategorien lediglich nach einer äußeren Benennung fixiren will und nicht nach denjenigen Geschäftskreisen, die sie wahrzunehmen haben. Ich glaube, daß ganz richtig im § 3 die Sache dahin firirt ist, daß gesagt ist: „alle Kassenbeamten, welche Kassengelder einzunehmen, zu verwahren oder auszugeben haben“; trifft das auf den betreffenden Mann zu, so mag er heißen, wie er will, er fällt nicht unter die Bestimmung des § 3; hat er aber damit nichts zu thun, so kommt es auf den Titel, den er führt, nicht an⸗ Ich kann deshalb dem Antrage nicht zustimmen, daß diese Kassen⸗ und Rechnungsrevisoren hier ausdrücklich zugefügt werden. Ich glaube aber, der Antrag Wuermeling wird sich aus anderen Gründen erledigen, nämlich nach der Bestimmung des § 8. Diese Stellen, die er im Sinn hat, werden in der Mehrzahl der Fälle nicht ohne weiteres durch Leute besetzt, die überhaupt noch nicht im Communaldienst beschäftigt gewesen sind, sondern es werden in der Regel solche Stellen sein, welche im Wege des Aufrückens erlangt werden, und wenn das der Fall ist, so ist ja durch den § 8 Fürsorge getroffen. Ich möchte deshalb bitten, auch den Zusatzantrag Wuerme⸗ ling abzulehnen.

Abg. Dr. Lieber (Centr.) bedauert, daß der Minister hinsichtlich der Beamten der communalständischen Banken seine Ansicht nicht geäußert habe.

Ninister des Innern Herrfurth:

Meine Herren! Ich kann mich mit diesem Antrage nicht einver⸗ standen erklären. Ich glaube, den berechtigten Gründen, die zu Gunsten desselben vom Herrn Abg. Dr. Lieber ausgeführt worden sind, wird in genügender Weise dadurch Rechnung getragen, daß es sich hier um Stellen handelt, welche nicht ausschließlich, sondern nur zur Hälfte den Militäranwärtern vorbehalten werden, und die Leitung des betreffenden Instituts wird also durch diese Beschränkung auf die Hälfte die genügende Möglichkeit haben, sich auch unter den ihr bekannten besonders befähigten Civilanwärtern das nöthige Material auszusuchen. Aber eine ausschließliche Verwendung von Civilanwärtern für diese Stellen, die zu den besser dotirten Stellen gehören, glaubte ich im Interesse der Heeresverwaltung, im Interesse der gleichen Behandlung sämmtlicher Communalverbände nicht für zu⸗ lässig erachten zu können.

Zwei Eigenschaften kommen in Frage: die Befähigung und die Zuverlässigkeit. Was zunächst die Zuverlässigkeit anlangt, so glaube ich, keinem Widerspruch zu begegnen, wenn ich sage, daß in dieser Beziehung der Militäranwärter, ein Mann, der zwölf Jahre im Heere vorwurfsfrei gedient hat, voraussichtlich dem betreffenden Civilanwärter in keinem Falle nachsteht, in sehr vielen Fällen wohl voranstehen wird.

Was die Befähigung anlangt, so kommt es darauf an: kann, wenn eine besondere Befähigung erforderlich ist für die Besetzung der Stelle, von dem Vorsteher der Nachweis einer solchen gefordert und von dem Millitäranwärter geführt werden? Im übrigen kann ich nicht anerkennen, daß ein Mann von dreißig Jahren nicht mehr im stande sein sollte, sich in den Bureaudienst einer communalstädtischen Verwaltung einzuarbeiten. Auch nach dieser Richtung hin würden, glaube ich, Ausnahmen nicht zu begründen sein. Ich bitte um Ab⸗ lehnung des Amendements.

Abg. Dr. Würmeling (Centr.) hält seinen Antrag nur

bezüglich der Kassen⸗ und Rechnungsrevisoren aufrecht.

§§ 2 und 3 werden unter Ablehnung aller Amendements unverändert nach der Commissionsfassung angenommen.

§ 4 besagt: In welchem Umfang die nicht unter die 2 und 3 fallenden Subaltern⸗ und Unterbeamtenstellen mit Militäranwärtern zu besetzen sind, ist unter Berücksichti⸗ gung der Anforderungen des Dienstes und unter sinn⸗ gemäßer Zugrundelegung der für die Reichs⸗ und Staatsbehörden jeweilig geltenden Verzeichnisse über die den Militäranwärtern vorbehaltenen Stellen zu bestimmen. (Die gesperrten Worte sind Zusatz der Commission.) .“ .1.“

Abg. Eberty (dfr.) beantragt die Streichung des Zusatzes.

Minister des Innern Herrfurth:

Meine Herren! Ich kann in der Abänderung, die die Com⸗ mission getroffen hat, nicht eine materielle, sondern nur eine re⸗ dactionelle Abänderung erkennen; aber ich bin mit dem Herrn Abg. Eberty darin einverstanden, daß sie nicht glücklich ist, und daß die Fassung der Regierungsvorlage den Vorzug verdient. Da sie aber keine materielle Abänderung enthält, würde eventuell die Staats⸗ regierung auch gegen den Commissionsbeschluß nichts einzuwenden haben.

Abg. Schmidt⸗Warburg (Centr.) bittet um Aufrechterhaltung des Commissionsbeschlusses. Man dürfe hier nicht Willkür, sondern müsse feste Grundsätze walten lassen. Er wünsche, daß was in den Motiven stehe, auch im Gesetz ausgedrückt werde.

§ 4 wird in der Commissionsfassung angenommen, des⸗ gleichen nach unerheblicher Debatte die §S 5 13.

Nach § 13a, den die Commission neu eingefügt hat, dürfen die Civilpersonen, welche seit mindestens drei Jahren sich in Stellen befinden, welche nach dem bisherigen Rechte ohne landesherrliche See L Berechtigung zu einer An⸗ stellung nicht übertragen werden können, in diesen Stellen belassen werden. Gehören diese Stellen zu denjenigen, welche nach der Vorlage theilweise den Militäranwärtern vorbehalten sind, so müssen frei werdende den letzteren bis zur llung des ihnen vorbehaltenen Theiles übertragen werden.

Seyffardt (nl.) empfiehlt die Annahme dieses Para⸗ graphen, um ein großes Unrecht von einer Reihe von Beamten ab⸗ zuwenden, die seiner Zeit infolge fahrlässiger Handhabung der Rechte Aufsichtsbehörden in Stellen eingetreten seien, die ihnen t

hätten übertragen werden dürfen, und jetzt aus ihren Stellen Grund dieses Gefebes entfernt werden könnten. f

Abg. ers (cons.) kann nicht einsehen, weshalb diese Uebergangsbestimmung getroffen werden solle. Wolle man eine allgemeine Amnestie für alle zu Unrecht angestellten ten, so könne man sie doch nicht auf diejenigen beschränken, welche schon drei Jahre angestellt seien, sondern müsse sie auf alle Angehöcigen dieser Kategorie ehnen. Der größere Theil der Conservativen werde für die Streichung des § 13a stimmen.

Minister des Innern Herrfurth: 2

Ich für meine Person kann allerdings den Ausführungen

gleichem Sinne stimmen. Man könnte vielleicht das möchte ich ihm einwenden nach einer Richtung hin doch sagen: eine Uebergangs⸗ bestimmung ist nicht ungerechtfertigt aus dem Grunde, weil auch in Betreff der Städte, Kreise und Provinzen das bestehende Gesetz ge⸗ ändert wird durch Ausdehnung der Verpflichtung, nicht bloß Militärinvaliden, sondern auch Militäranwärter anzustellen, und man kann ferner hervorheben, daß, weil jetzt nun der Kreis derjenigen, die für solche Stellen sich melden, erheblich größer sein wird, als wie er gewesen sein würde zur Zeit der Besetzung der Stellen, man im Hin⸗ blick hierauf eine Uebergangsbestimmung mit aufnehmen könnnte. Die Staatsregierung legt ihrerseits auf das Zustandekommen des Gesetzes einen sehr großen Werth. Sie würde lieber das Gesetz ohne den § 13a angenommen sehen, aber sie würde auch gegen den § 13 a ihrerseits keinen entschiedenen Widerspruch erheben, vielmehr für denselben eventuell im Herrenhause eintreten, falls er hier die Majorität finden sollte. Ich bemerke aber, es wird dies der Regie⸗ rung nicht leicht; denn, darin muß ich dem Abg. Hoeppner beitreten, es handelt sich eigentlich um die Legalisirung eines illegalen Vorgehens und das kann die Staatsregierung nur, um den Zweck

mung handelt. Abg. Wallbrecht (nl.) bittet, die Worte „seit mindestens drei Jahren“ zu streichen. 18

Minister des Innern Herrfurth:

Meine Herren! Ich bitte Sie, dem Antrage des Abg. Wallbrecht nicht zuzustimmen, vielmehr die Worte „seit mindestens drei Jahren“ stehen zu lassen. Sie kommen sonst dahin, daß Sie sogar die Com⸗ munalverwaltungen induciren, jetzt rasch noch illegale Hand⸗ lungen vorzunehmen, um sie dann durch das Gesetz legalisiren zu lassen. Ich glaube, dazu liegt eine Veranlassung über⸗ haupt nicht vor. Handelt es sich um eine wirklich besonders be⸗ rücksichtigenswerthe Persönlichkeit, welche vor kürzerer Frist als drei Jahre angestellt ist, so bleibt den betreffenden Communen vor⸗ behalten, den Antrag auf Allerhöchste Verleihung der An⸗ stellungsberechtigung für diesen Mann zu stellen. Generell das vorzuschreiben, dazu kann die Königliche Staatsregierung ihre Zustimmung nicht ertheilen. Mit der redactionellen Abänderung des Antrags Eberhard bin ich einverstanden und habe dagegen keine Ein⸗ wendung zu erheben.

Roeren (Centr.) empfiehlt die unveränderte Annahme

A

Abg. Wallbrecht (nl.) zieht seinen Antrag zurück.

Abg. Schmidt⸗Warburg (ECentr.) will statt „seit mindestens 3 Jahren“ setzen: „seit dem 1. Januar 1892“. 8—

Minister des Innern Herrfurth:

Meine Herren! 8 Ich glaube, der Zeitraum von drei Jahren, welcher im § 13a festgestellt worden, ist schon das Ergebniß eines Compromisses. Denn ursprünglich war die Frist auf längere Zeit,

auf fünf Jahre, in Vorschlag gebracht. Nun würde ich gar kein Be⸗

denken tragen, den Antrag Schmidt zu acceptiren, wenn wirklich der Wortlaut so interpretirt werden könnte, wie ihn der Herr Abg. Schmidt heute interpretirt hat, daß nämlich es ganz in das Belieben der Staatsbehörden gestellt wäre, ob sie die betreffenden Personen in ihren Stellen belassen will oder nicht. Ich glaube, der Sinn des Paragraphen ist aber in der Commissions⸗ berathung ein anderer gewesen. Sie haben aussprechen wollen: die Communalverwaltung kann natürlich die Leute, wenn sie will, aus den Stellen herausbringen, sie darf sie aber darin lassen, ohne daß die Aufsichtsbehörde fordern kann: ihr müßt sie entlassen. Ich glaube, daß, wenn diese den Gemeinden günstige Interpretation angenommen wird, es auch gerechtfertigt ist, einen längeren Termin festzusetzen und zwar mindestens einen Termin von drei Jahren, wie

ihn § 13a vorgeschlagen hat.

§ 13a wird unverändert angenommen, ebenso § 14, wonach das Gesetz am 1. Oktober 1892 in Kraft tritt. Die eingegangenen Petitionen werden der Regierung als Material

überwiesen. ““ 1“ Die Commission hat schließlich folgende Resolution vor⸗ eschlagen: g Die Regierung zu 8 dahin zu wirken, daß den Beamten im Communaldienst bei ihrer sionirung die Militärdienstzeit angerechnet und der auf diese Weise hende Pensionsmehr⸗ betrag aus Reichs⸗ und Staatsmitteln getragen werde. Abg. von Eynern (nl.): Mit den Zielen der Resolution könne man einverstanden sein; es sei nur bedenklich, daß hier ein⸗ seitig eine Anweisung auf die Finanzen des Reichs gegeben werde. Dieses immerhin schwere Bedenken müsse doch auch hier zur Sp gebracht werden. Ob die Finanzverhältnisse des Reichs es er⸗ laubten, solche Anregungen zu geben, sei Sache des Reichs zu be⸗ urtheilen. Er halte dafür, daß das Haus sich mit den Ergebnissen der de-grns zu dem Gesetze selbst begnügen und die Resolution ablehnen so 1 8 cn. onr erlich (Centr.): Da die Regierung eine Erklärung über den Fabalt der Resolution heute ebenso H59 wie in der Commission gegeben habe, so könne er die Resolution heute nicht stimmen, da man nicht einseitig die ng zu neuen Aus⸗ gaben aus Reichsmitteln geben sollte. 8 Abg. Dr. Meyer (dfr.) schließt sich den enfehenen Vorredner an und ersucht gleichtalls um Ablehnung der Resolution. Die Resolution wird abgelehnt.

Schluß 3 ¾ Uhr.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

. . . . 8” gra ver⸗ Ein Spediteur, welcher an einem mit einer Postanstalt sehenen Orte wohnt, von einem anderen Orte mit einer Peftar er- durch einen expressen Boten sich Zeitungen kommen 3 L in seinem Wohnorte an seine Abonnenten vertheilt, verletz Ner einem Urtheil des Reichsgerichts, II. Strafsenats, vom 16. F 1892, dadurch nicht das Postregal. .“

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Herrn Abg. Hoeppner im wesentlichen nur beitreten und werde in

zu erreichen, das Gesetz zu stande zu bringen, und nur mit Rücksicht darauf, daß es sich um eine einmalige Uebergangsbestim⸗

In Bern ist gestern die neue Session der Bundes⸗ versammlung eröffnet worden. Im Nationalrath be⸗ zeichnete der Präsident Lachenal die Situation nach außen

Is unverändert und die internationalen ökonomischen Ver⸗

ältnisse für wenig erfreulich. Der Bundesversammlung ist gleich bei Beginn der Berathungen der bereits erwähnte Antrag des Bundesraths zugegangen, wonach der Ort St. Maurice im Canton Walls befestigt werden soll und für Bau und Armirung inclusive Munition zwei Millionen Francs gefordert werden. Der Antrag ist für dringlich erklärt worden und dadurch dem Referendum entzogen.

1 Rumänien.

Die Deputirtenkammer genehmigte in ihrer Sitzun vom Sonnabend mit großer Majorität den Ieseber an über den Schutz der Fabrikmarken.

Auf eine in der gestrigen Sitzung der Deputirten⸗ kammer gestellte Anfrage wegen der angeblich in Rumänien verfertigten Bomben erklärte der Justiz⸗Minister, die Bomben seien in Rustschuk selbst verfertigt worden, das Complot sei gegen die Türkei gerichtet gewesen. Vier, übrigens nicht hervor⸗ ragend betheiligte Armenier seien ausgewiesen worden. Der Minister kündigte sodann für die nächste Session die Vorlage eines Gesetzentwurfs gegen gemeine Verbrechen, die unter politischem Vorwande verübt würden, an. Die Kammer ge⸗ nehmigte im weiteren Verlauf der Sitzung mit 59 gegen 2 Stimmen die durch die Einfuͤhrung der Goldwährung noth⸗ wendig werdende Abänderung des Uebereinkommens zwischen dem Staat und der Nationalbank.

Nr. 22 des Central⸗Blatts für das Deutsche Reich (herausgegeben im Reichsamt des Innern) vom 27. Mai hat fol⸗ genden Inhalt: Post⸗ und Telegraphenwesen: Weltpostvertrag. Uebereinkommen, betreffend den Austausch von Briefen und Kästchen mit 1“ Uebereinkommen, betreffend den Postanweisungs⸗ dienst. Uebereinkunft, betreffend den Austausch von Postpacketen. Uebereinkommen, betreffend den Postauftragsdienst. Uebereinkommen, betreffend den Postbezug von Zeitungen und Zeitschriften. Handels⸗ und Gewerbewesen: Bekanntmachung, betreffend die Ausfuhr der zur Kategorie der Rebe nicht gehörigen Pflanzinge Konsulatwesen: Todesfall. Polizeiwesen: Ausweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet. Anhang. Militärwesen: Gesammtverzeichniß der zur Ausstellung von Zeugnissen über die Befähigung für den einjährig⸗ freiwilligen Militärdienst berechtigten Lehranstalten.

Ein⸗ und Ausfuhr.

n vier Monaten Januar bis April seinschl.) belief sich die

Einfuhr in das Zollgebiet des Deutschen Reichs auf 86 344 095 Doppel⸗Ctr., gegen 80 409 188 Doppel⸗Ctr. in demselben Zeit⸗ raum des Vorjahres; die Ausfuhr dagegen auf 65 492 179 Doppel⸗ Ctr. gegen 61 536 482 Doppel⸗Ctr. Die Einfuhr hat also um 5 934 188 Doppel⸗Ctr., die Ausfuhr um 3 955 697 Doppel⸗Ctr. zu⸗ genommen. 8

Ein Vergleich der einzelnen Hauptabtheilungen des Zolltarifs für die vier ersten Monate dieses Jahres mit denjenigen der ersten vier Monate des vorigen Jahres läßt sich in umfassender Weise nicht an⸗ stellen, da bis zum Ende des vorigen Jahres nicht alle, sondern nur die wichtigeren Waarenpositionen in den „Statistischen Monatsheften“ publicirt wurden. Dennoch ist ein Vergleich für einzelne möglich.

Die Einfuhr ist zurückgegangen in roher Baumwolle und Baumwollenabfällen Chlorkalk, Farbholzertract, schwefelsaurem Ammoniak, Blauholz, Gerbstoff, Chilesalpeter, Superphosphat, Roh⸗ eisen, schmiedbarem Eisen, Eisenbahnschienen, Eisendraht, Gold⸗, Silber⸗ und Platina⸗Erzen, Jute, Gerste (von 2159 019 auf 1 927 516 Doppel⸗Ctr.), Raps, Futtergewächsen, Spiegelglas, Bett⸗ federn, Holzborke, Gerberlohe, Patronen, Taschenuhren, Lederwaaren, Heringen, Kaffee, Taback, Steinkohlen (von 13 647 718 auf 9 506 963 Doppel⸗Ctr.), Mauersteinen, Schweinen, Spanferkeln, Schafwolle, Zinn.

Die Einfuhr hat sich vermehrt für rohes Blei, künstlichen Kalk, Natron, Schwefel, Brucheisen, natürlichen Kalk⸗ Feldspath, Blei⸗ und Kupfererze, Eisenerze, Schlacken von Erzen, Hanf, Heede,

Beizen (von 1 548 421 Doppel⸗Ctr. auf 4 835 696 Doppel⸗Ctr.), Roggen pon 1 665 301 auf 2 716 488 Dopvel⸗Ctr.), Hafer, Buchweizen, Bohnen, Erbsen, Palmkerne, Mais und Dari (von 1 038 166 auf 3 342 289 Doppel⸗Ctr.), Malz, Kartoffeln (von 306 323 auf 709,010 Doppel⸗Ctr.), Obst (von 33 878 auf 63 948 Doppel⸗Ctr.), Stroh, Gemüse, Rindshäute, Brenn⸗ holz, Bau⸗ und Nutzholz, rohes Kupfer, Bier in Fässern, Wein in Fässern, Fleisch von Vieh, frische Fische, Apfelsinen, Korinthen, Ge⸗ treidemehl, Mühlensabrikate, Reis, Oelkuchen, Schmalz, Petroleum (von 2 334 796 auf 2 528 966 Doppel⸗Ctr.), Steine, Dachschiefer, Braunkohlen, Eier, Kühe, Ochsen, Jungvieh, Zink.

Die Ausfuhr ist zurückgegangen in: roher Baumwolle, Baumwollengewebe, Strumpfwaaren, Spitzen, rohem Blei, Bürsten⸗ binderwaaren, Sprengstoffen, Chlorkalium, schwefelsaurem Kali, Mineralwasser, Chilesalpeter, Kalisalpeter, Brucheisen, Eisenbahnlaschen,

chwellen, Eisenbahnschienen, Eisendraht, geschmiedeten und gewalzten R ohren, Roman⸗Cement, F lachs, Leinsaat, Cichorien, Kartoffeln, Gemüse, Runkelrüben, Schaf⸗ und Ziegenfellen, Brennholz, Möbeln, feinen Holzwaaren, Spielzeug, Herrenhüten, rohem Kupfer, groben Kupfer⸗ maren. feinen Lederwaaren, Lichten, rohem Spiritus in Fässern, Essig, Wein in Fässern, Butter, Fleisch von Vieh, Conditorwaaren, Käse, Kartoffelstärte, Mehl, Salz, Rohzucker (von 2 013 908 auf 1262 886 Doppel⸗Ctr.), Kandis, Rüböl, Cellulose, halbseidenen

aren, Preß⸗ und Torfkohlen, Hüten aus Stroh, Mauersteinen, Dachziegeln, Töpfergeschirr, Schafwolle, Tuch⸗ und Zeugwaaren, Zink.

Die Ausfuhr hat sich vermehrtin: Aetznatron, Chlorkalt, egleinirter Soda, Anilin, Bleiweiß, Knochenmehl, Natron, Salzsäure, Schwefelsäure, Superphosphat, Zinkweiß, Roheisen, schmiedbarem Eisen, verkupfertem Eisendraht, groben Eisenwaaren, Drahtstiften, Erden, Eisenerzen Heede, Gerste, Glaswaaren, Rindshäuten, Bau⸗ und Nutzholz, Böticherwaaren, Hopfen, Maschinen aus Gußeisen, Nähmaschinen, Maschinen aus iedeeisen, Kleidern und Putz⸗ waaren aus Baumwolle, Taschenuhren, tegarn, Seilerwaaaren,

Damast, Bier, Fischen, Palmöl, Packpapier, Schreib⸗ und Druckpapier,

loretseide, seidenen Zeugen, Steinen, Koks, Steinkohlen (von 942 442 auf 33 250 073 Doppel⸗Ctr.), Asphalt, Pech, Theer, Schafvieh, Zinn.

Berlin, Dienstag, den 31. Mai

C1Z131mp“*“ zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeig rt.

1892.

1 1 Auswanderung. Aus dem Regierungsbezirk Hannover schreibt man uns: In den Kreisen Nienburg und Stolzenau hat die Auswanderung wieder zu⸗

amilien verlassen die heimathliche Scholle in der Hoffnung, in den einigten Staaten ein besseres Fortkommen zu finden. Die Nei⸗ ging F-2 Auswandern wird wesentlich begünstigt durch die vielfältigen ‚1 Uangfn zu 8 von 8 2. Berhaltnissen rosige Schilderungen entwerfen. Das Ziel sind haupt⸗ sächlich die mitrrne Nordstaaten Ohio, Illinois, Jowa. 8

Fenten Nicht allein einzelne Personen, sondern auch häufig ganze

Zur Arbeiterbewegung.

In Belgien hat sich unter dem Namen „La mine aux mineurs“ eine Gesellschaft von Bergarbeitern gebildet, die mit einem Kapital von einer Million Francs die drei Gruben der Zeche Belle et Bonne selbst ausbeuten und dabei den Achtstundentag, den Mindestlohn u. s. w. einführen will. Wie dem „Hamb. Corr.“ berichtet wird, hat der Besitzer der Concession Delattre 300 000 Fr., der Bergarbeiterbund des Borinage den Rest gezeichnet. Socialistische corpo⸗ rative Genossenschaften und Arbeiterliguen zeichnen Actien, die auf je 10 Fr. ausgestellt sind. Vom Gewinn sollen die Actionäre 50 Proc., die Beamten und Arbeiter 20 Proc,, eine Hilfskasse 10 Proc. und die Verwalter für Arbeiterstiftungen 20 Proc. erhalten. Zum leitenden Director wurde Herr Delattre auf fünfzehn Jahre gewählt. Ihm zur Seite stehen neun Arbeiterführer als Administratoren, von denen mehrere als Leiter der Bergarbeiterausstände in Borinage bekannt sind. Der Verwaltungsrath soll stets mindestens einen Arbeiter unter seinen Mitgliedern haben. Mit der Förderung wird demnächst begonnen werden.

Aus Palermo meldet ein Telegramm des „H. T. B.“ vom 31. d. M.: Zwischen den Socialdemokraten und den socialistisch⸗ revolutionären Gruppen ist eine Einigung hergestellt worden. Es ist die einer allgemeinen socialistischen Ar⸗ beiterpartei Italiens beschlossen worden.

In einer Versammlung der Müllergesellen wurde wie der „Lpz. Z.“ berichtet wird, am 23. d. M. in Leipzig die Nothwendig⸗ keit eines festeren Zusammenhaltens gegenüber den trostlosen Lohn⸗ und Arbeitsverhältnissen betont. Die tägliche Arbeitszeit soll in Leipzig durchschnittlich 18 Stunden, der dafür bezahlte Stundenlohn 12 betragen. Es sollen aber gelegentlich auch auf 36 Stunden ununterbrochene Arbeit nur 12 Ruhestunden folgen und die Löhne auf 2—4 für die Stunde (bei freier Station) sinken. Die Versamm⸗ lung beschloß auf eine Verkürzung der Arbeitszeit hinzuwirken.

Demselben Blatt wird unter dem 30. d. M. berichtet, daß die seit dem letzten Ausstande unter den Leipziger Buchdrucker⸗ gehilfen herrschende Noth in der letzten Zeit wieder bedenklich gestiegen zu sein scheint. Der Vorsitzende der dortigen Tarifcommission fordert in den Blättern zur Unterstützung der Arbeitslosen auf, deren Zahl nach ihm noch Hunderte betragen und sich immer vergrößern soll. Die „Reform“, das Fachblatt der Leipziger Gehilfen, pflegt all⸗ wöchentlich einen statistischen Ueberblick über die Mitgliederbewegung des „Vereins Leipziger Buchdrucker⸗Gehilfen“ zu bringen. Nach der in der vorletzten oche veröffentlichten Mittheilung hatte dieser Verein allein gegen 230 stellenlose Mitglieder zu unterstützen. In der vorigen Woche ist die übliche Mittheilung ausgeblieben, ein Um⸗ stand, aus dem das genannte Blatt auf eine erhebliche Vermehrung dieser Ziffer schließt.

Ueber Arbeitseinstellungen und Ausstände liegen heute folgende Mittheilungen vor:

—Die Steinnußknopf⸗Polirer der Firma Weyerbusch in Elberfeld legten, wie dem „Vorwärts“ mikgetheilt wird, die Arbeit wegen Lohnherabsetzung nieder.

Aus demselben Grunde legten in der Weberei von Leopold Königsberger, Berlin, Leipzigerstraße 72, am Montag sechs Ar⸗ beiterinnen die Arbeit nieder.

Auch in der Wäschewaaren⸗Fabrik von Suppanschitz in Wien ist wegen Lohnstreitigkeiten ein Strike ausgebrochen.

In Debreczinstriken die Szür⸗(Bauernmäntel⸗) Schneider, nachdem ihre Forderungen von den Meistern abschlägig beschieden wurden.

Aus London wird dem „D. B. H.“ vom gestrigen Tage gemeldet: Die letzte Abstimmung unter den Bergleuten von Durham ergab 33 451 Stimmen für Fortsetzung des Strikes und 4425 für die Lohnverminderung. Grubenbesitzer und Arbeiter sind übereingekommen, die Vermittelung des Bischofs von Durham anzunehmen, der, wie schon mitgetheilt, den Kohlenbergwerksbesitzern gerathen hat, sich mit einer Lohnherabsetzung von 10 % zu begnügen und die Ent⸗ scheidung über die weitere von ihnen geforderte Herabsetzung um 3 ½ % einem schiedsrichterlichen Spruch zu überlassen.

Der Ausstand der Londoner Westend⸗Schneider ist nach einer Meldung der „A. C.“ vom 28. d. M. beigelegt, da ihre For⸗ derung eines Mindestlohnes von 6 Pence für die Stunde genehmigt wurde.

8 Kunst und Wissenschaft.

Der Verein der Berliner Künstler hat an den Magistrat berichtet, daß er nunmehr in der Lage sei, die von der Stadtgemeinde für die internationale Kunstausstellung von 1891 zur Heeee ge⸗ gebenen 100 000 zurückzustellen, da die Einnahmen der Kunst⸗ einen Ueberschuß über die Ausgaben ergeben haben. Der Vorstand bittet jedoch, ihm die bei der Reichsbank deponirte Summe als Zuschuß zu den Kosten eines hier zu erbauenden Künstlerhauses oder permanenten Kunstausstellungsgebäudes zu bewilligen. Der Magistrat hat nach Prüfung der Angelegenheit durch eine Subcommissson bei der Stadtverordneten⸗Versammlung beantragt, sie möge genehmigen: 1) daß das im Depositum der Reichsbank befindliche Kapital von 100 000 an das Depositum des Magistrats zur Asservation zurück⸗ gezahlt werde; 2) daß die Zinsen dieses Kapitals der Stadt bis zur Aushändigung des Kapitals an den Künstlerverein verbleiben; 3) daß, wenn der Verein Berliner Künstler unter Vorlage eines Perhens und Kostenanschlages für den Neubau eines Künstlerhauses den Nachweis geführt hat, daß ihm das Hee ss und die erforderlichen Mittel zum Bau zur Verfügung stehen, ihm diese 100 000 als zinsfreies hypothekarisches Darlehn, eingetragen zur ersten’ Stelle, übergeben werden dürfen. Der Magistrat bemerkt hierzu, daß er eine ihm nach Vorstehendem rechtlich zustehende Kündigung nur eintreten lassen werde: bei Auflösung des Vereins, bei Verkauf des Grundstückes, oder wenn das Gebäude aufhört, seinem Zwecke einer Förderung der Kunst dienstbar zu sein.

Das am 15. Mai in Reutlingen enthüllte Denkmal des Kaisers Wilhelm 1. ist ein Werk des Bildhauers Friedrich Dietrich in Berlin. Der „Schwäb. Mercur“ schreibt darüber: Die Büste, in doppelter ist aus carrarischem Marmor; sie steht auf einem kräftig entwickelten Sockel von polirtem Syenit und stellt die Züge des greisen Heldenkaisers so dar, wie er noch in aller

Beitoenossen Herzen lebt. Der lose übergeworfene Mantel steht halb offen, die Brust zieren die Kette und das Kreuz des Schwarzen

Adler⸗Ordens und zwei weitere hohe Orden. Auf der Vorderseite des Sockels befindet sich das Reliefmedaillon von Kaiser Friedrich, links das des Fürsten Bismarck, rechts das des Grafen Moltke, ebenfalls alle bree besonders die beiden letzteren in scharf ausgeprã harakteristi Auffassung. die Inschrift: Kaiser Wilhelm I., dem Reichs aus Dankbarkeit gewidmet.“

Aus Rinteln wird der M. „Allg. * geschrieben: Unsere alte Weserstadt“ war bekanntlich von 1619 Pis 1809 Sitz einer Universität. Das Gerücht, die letzten Studenten der Universität Rinteln hätten seiner Zeit die verschwundenen Acten der Universität bei deren Eingehen in dem sogenannten „Kränzchen-⸗ heimlich vergraben, hat auf Veranlassung des Landraths, Geheimen Regierungs⸗Raths Kröger die Königliche Regierung zu Cassel bestimmt, für die Durchsuchung des alten Universitätsgartens nach den verschwundenen Acten einen Betrag von 500 auszusetzen. d2 biesige 1“ Linker ist mit der Leitung der Nachgrabungen eauftrag worden.

Wie der „N. A. Z.“ berichtet wird, fanden Arbeiter bei der Pflasterung der Dorfstraße in Raikau bei Pelplin unter einem

ügel zwischen vielen Menschenknochen eine Anzahl vorzüglich er⸗

ltener Münzen aus der Zeit des polnischen Königs Sigismund I. (1506 1548) und des Herzogs Albrecht (1512 1568). Von den polnischen Münzen tragen einige auf der einen Seite die polnische Krone und darunter die Worte: „Sigismund. Prim. Rex. Polonie.*, auf der anderen Seite einen Adler mit der Umschrift „Gross. Comu. Terr. Pruss.“, sowie die Jahreszahl 1531; andere tragen statt der polnischen Krone das Bildniß Sigismund's. Die preußis Münzen tragen auf der einen Seite einen Adler mit einem S auf der Brust und der Umschrift „Alber. D. G. Mar. Brand. Dux. Prus*, auf der anderen Seite das Bildniß Albrecht's mit der Umschrift „Justus. Ex. Fide. Vivit“, sowie die Jahreszahl . Die Wiener Akademie der Wissenschaften wählte in ihrer außerordentlichen S am Sonnabend den italienischen Bot schafter in Wien Grafen Nigra zum correspondirenden Mitgliede der philosophisch⸗historischen Klasse und den Geheimen Rath Dr. A. von Kölliker, Professor der Anatomie in Würzburg, zum Ehrenmitgliede der mathematisch⸗naturwissenschaftlichen Klasse. *

—. Das Pestalozzi⸗Zimmer in Chiavenna von 1587, ausgezeichnet durch stilvolle Behandlung und vorzügliche Erhaltung, ist, wie der „N. Zürch. Z.“ mitgetheilt wird, dieser Tage von rn Director Angst im Auftrage der eidgenössischen Commission der Gott⸗ fried Keller⸗Stiftung erworben worden, um später in dem Landes⸗ Museum zu Zürich aufgestellt zu werden. Die Familie Pestalozzi in Zürich hat aus ihrem Familienfonds einen Beitrag zu diesem Ankauf geleistet.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Stand der Saaten.

Die Wintersaaten sind im Regierungsbezirk Hannover ohne erheblichen Schaden durch den Winter gekommen. Der Roggen steht fast durchweg gut; auch Weizen hat nur vereinzelt umgeackert werden müssen. Die Frühjahrsbestellung hat unter den günstigsten Verhält⸗ nissen vorgenommen werden können. Selbst die Niederungen, welche sonst unter der Nässe zu leiden hatten, haben eine gute Frühjahrs⸗ bestellung gehabt. Auch die Wiesen haben den Winter besser über⸗ standen als im vorigen Jahre. Soweit sich überhaupt jetzt schon ein fällen läßt, wird man deshalb auf eine gute Enth rechnen önnen.

Im Regierungsbezirk Köslin zeigen die Wintersaaten, welche bei ihrer vorgeschrittenen Entwickelung trotz der häufigen Nachtfröste nur wenig gelitten haben, einen üppigen Stand und lassen auf eine gute Ernte hoffen. Die Frühjahrsbestellung konnte gut zu Ende ge⸗ führt werden.

hesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln. Nach einer Meldung des „R. B.“ aus

5.

London, 31. Mai.

Bombay sind während der letzten Woche in Srinagar 1600 Per⸗

sonen an der Cholera gestorben. Unter den Bewohnern herrsche

eine Panik.

8 Handel und Gewerbe.

Seeiitens der spanischen Zollverwaltung leinenes Garn, welches aus meistbegünstigten Ländern nach Spanien eingeführt wurde, nach Spalte II des neuen spa⸗ nischen Zolltarifs vom 31. Dezember d. J., nämlich zum Satze von 45 Peseten per 100 kg für Garn bis Nr. 20 einschließ⸗ lich, und zum Satze von 27,50 Peseten für Garn von Nr. 21 aufwärts, zur Verzollung gezogen worden. Dem Vernehmen nach hat sich jedoch die spanische Regierung neuerdings bereit erklärt, Leinengarn aus meistbegünstigten Ländern bis zum 30. Juni d. J. ohne Unterschied der Nummer Satze von 27,42 Peseten per 100 kg zuzulassen.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. gestellt keine Wagen.

1 Zwangs⸗Versteigerungen. 8 8 Beim Königlichen Amtsgericht 1 Berlin stand am

30. Mai das Grundstück in der Fruchtstraße 30, der Frau

Maurermeister Eleonore Roy, geb. Fischer, hier gehörig, zur Versteigerung; Nutzungswerth 21 200 Mindestgebot 81 650

ür das Meistgebot von 301 000 wurde der Kaufmann Moritz Levin, Schützenstraße 3, Ersteher. Aufgehoben wurde das Ver⸗ fahren in den nachverzeichneten Grundstücken: Köpnickerstr. 70 a und Holzmarktgasse 17, der falliten Commanditgesellschaft in Firma Hugo Loewy zu Berlin gehörig. Pallisadenstraße 64/65 und Koppenstraßen⸗Ecke, dem Gutsbesitzer Hermann Lum⸗ mitzsch zu Schreibersdorf gehörig und die Termine am 13. Juni 1892.

Berlin, 30. Mai. (W. T. B.) Auf die am 28. Mai cr. zur Subscription aufgelegte vierprocentige Norwegische Anleihe im Betrage von 11 250 000 sind im ganzen 174 163 000 ge⸗ zeichnet worden. Da die unzweifelhaften Anleihezwecken dienenden Fiichnungen bei der Zutheilung besonders berücksichtigt werden, so önnen auf die übrigen Zeichnungen nur gans geringe Beträge entfallen. cber E wird den Zeichnern besondere schriftliche Nach richt zugehen.

Vom rheinisch⸗westfälischen Eisen⸗ und Stahl⸗ markte berichtet die „Rhein.⸗Westf. Ztg.“: Das Geschäft hat sich im wesentlichen auf dem Standpunkt der vorigen Woche gehalten obwohl nicgt zu verkennen ist, daß für einzelne Erzeugnisse eine etwas lebhaftere Nachfrage herrscht; auf die Preise hat die augenblickliche Conjunctur bislang keinen Einfluß auszuüben vermocht. Auf unserem Markte haben sich die Erze bisher unverändert erhalten; an einzelnen Gruben des Siegerlandes und im Nassauischen ist der Absatz in so fern ein befriedigender, als die verminderte Förderung verhältnißmäßig

schlank untergebracht wird, doch läßt, unter allgemeinem Gesichtspunkt

Die Rückseite träagt. ründer des Deutschen

g ist bisher

An der Ruhr sind am 30. d. M. gestellt 9414, nicht rechtzeitizg