könne sich daber
nicht wundern, wenn endlich einmal den Land⸗
wirthen die Geduld ausgehe und sie sagten: „Der Worte sind genug
Ueberweisung der Graf von
Secfel nun ne endl 9
Commission, ohne auf die einzelnen Fragen,
Bedeutung sei, einzugehen. Reichsbank⸗Präsident Dr. Setandpunkt des A
seordnetenhauses der correctere
ich Thaten sehen.“
Er empfehle die tition an die Regierung zur Berücksichtigung.
rühl empfiehlt die Annahme des Antrages der deren jede von großer
Koch: Er glaube ür. daß der
ei, indem es ein⸗
sach über die Petition zur Tagesordnung übergegangen sei. Mehrere Fragen, so die des Bimetallismus, gehörten vor das Forum des ichstags; es liege kein Grund zu einer Forderung an das preußische
Ministerium vor.
Die Vereinigten Staaten von
merika
hätten in
letzter Zeit Einladungen zur Beschickung eines E Hegeen olle. Amerika
lassen, auf welchem die Silberfrage berathen werden befinde sich in großer Verlegenheit.
Das Silber häufe sich in er⸗
schreckender Weise an, während das Gold aus dem Lande gehe. In⸗ folge dessen habe Amerika den Wunsch, diesen Zustand zu ändern. Er glaube, daß der Einladung von den Staaten des lateinischen Münzbundes Folge geleistet werde infolge der großen Silberanhäufung
in diesen Staaten mit Dopp
auch bereit erklärt, den Congreß zu beschicken, er glaube es Zugeständnisse zu machen bereit sein werde.
elwährung.
England habe sich zwar aube aber nicht, daß Um so bedenklicher sei es,
wenn wir die Initiative zu einer Aenderung ergreifen wollten. Bei allen
Sympathien für die nothleidende Landwirthsch unserem Währungszustande kein Grund vor, n unsicheren W Als Leiter einer Behörde, die berufen sei, die Wäh⸗ ß unser Währungszustand seit
zu beschreiten.
rung zu schützen, könne er erklären, da
haft liege gerade in einen unsicheren Weg
Einführung des Münzgesetzes ein durchaus gesunder sei, und in dieser
Gesundung stetig fortschreite.
Silbers als Münzmetall? Zum theil werde es noch als Das Silber sei aber jetzt nicht mehr in der Lage, Beun⸗
benutzt.
Was bedeute die Wiedereinführung des Münzmetall
ruhigung zu erregen, weil es im richtigen Verhältniß zur vermehrten 8
Bevölkerung stehe.
diese gesunden Zustände problematische
schaft einzutauschen, sei doch n darüber seien sich die Herren
icht angebracht. selbst nicht klar.
Unsere Banknote gelte überall als Gold. Vortheile für die Landwirth⸗ Was geschehen solle, Wenn
Gegen
man aber
dahin kommen wolle, auf Grund von Resolutionen von Volksver⸗ sammlungen, wo 2⁄10 von der Sache nichts verständen, das Silber 2 . so würde das zu einer Krisis ohne
freien Ausprägung zuzulassen,
Gleichen führen, die die Landwirthe selbst al Er bitte also, mindestens über diesen Punkt zur Tages⸗
würden. ordnung überzugehen.
als bedenklich erkennen
Graf von Mirbach: Er wünsche eine Zulassung der fremden Arbeiter nur insoweit, als es das Staatsinteresse zulasse. Er wü⸗ auch einen russischen Juden, der ein guter Fischereipächter sei, nicht
zurückweisen.
Er würde
Der Herr Reichsbank⸗Präsident habe gemeint, daß
die Währungsfrage vor den Reichstag gehöre und nur dem kleineren
Theil verständlich sei.
lutadifferenz werde allgemein ve Reichsbank⸗Präsidenten nicht üb
mus sei, aber diese Frage sei viel stärker als der Sie werde sich Bahn bre⸗
Reichsbank⸗Präsidenten. oder nicht; es frage sich nur,
Das müsse er bestreiten. für die Währungsfrage dringe in immer weitere Kr.
rstanden.
Das Verständniß eise ein; die Va⸗ Er nehme es dem Herrn
el, daß er ein Gegner des Bimetallis⸗
ille auch des Herrn cchen, ob er wolle
wann und nach wie viel schweren
Kämpfen und Leiden der Landwirthschaft und der ganzen
die Sache werde entschieden werden.
exemplificire auf England.
roduction
Der Herr Reichsbank⸗Präsident Früher habe man dort allerdings von
der Silberwährung nichts wissen wollen, aber da sei die Misoère der
Landwirthschaft und die Reac hielten sich die
Gegner und Freunde des
tion in
Indien gekommen. Heut⸗ Bimetallismus in
Heute
England mindestens die Wage. Der österreichische Finanz⸗Minister habe erklärt, daß Oesterreich das größte Interesse daran habe, die geplante
Conferenz zu beschicken. Goldausprägung.
Die Petenten wollten unseren Golds
Er sei durchaus kein absoluter Gegner der chatz bewahren,
aber für schwere Krisen eine größere Stärkung haben durch Hinzu⸗
fügung des Silbers.
Fünf Jahre vor seinem Tode habe ihm der
Reichsbank⸗Präsident von Dechend erklärt, daß wir im Kriegs⸗ falle bei dem ersten Kanonenschuß den Zwangscurs haben würden.
Er habe unseren Goldbesitz für vo Ihm (Redner) habe daran gelegen, ein Votum nach der Ri
extrahiren: Es möge die Staatsregierung auch dieser
kommene Aufmerksamkeit schenken 1 wie er glaube, die große Mehrheit dieses
Ober⸗ “ Becke seien mit der
leistungsfähige Landwirthschaft mõ könnten aber unmögli
standen, Gesetzgebung in Angriff Angelegenheit mit der so der Regierung e wünsche. as speziell die seien die
baut. Sie rentirten sich vorzü Bau von Bahnen im Osten dur
wünschten eine Ausdehnung des Begründung,
Die Frage der Tertiärbahnen sei im keinen Beschluß zu fassen. Dasselbe Reichsbank⸗Präsident Dr. Ko
des Bimetallismus, wenn er
Anhänger des Bimetallismus sei. es sei traurig, daß der Silberprei
bloß für die Landwirthschaft, und es sei wünschenswerth, daß
Aber in Krisen bilde das Gol wir unsere Schulden tilgen könnten. Mit Silber und das sei nationales Geld. Er müsse dem Herrn von Dechend erzählt habe, aber er
wir das nicht, bach glauben, was er von
eendenz der Resolution,
Bahnen des Westens
und den
Wünschen, n Hauses theile. (Beifall.)
ollkommen ausreichend
tung zu Frage voll⸗ welche,
r: Seine politischen Freunde und er
Eisenbahnbauten
Staatsmittel. Eisenbahnnetzes im O
Graf
anbe
sten.
dem preußischen Staat eine lichst zu erhalten, durchaus einver⸗ diese zum theil schon von der genommene, zum theil noch sehr streitige Begründung und in
empfehlen, wie es der
allen Einzelheiten
Mirbach treffe, so
von Privatgesellschaften ge⸗ lich und erleichterten dadurch den Auch seine Freunde
Aber die
welche diesem Wunsche beigegeben sei, sei nicht richtig. Fluß und man brauche deshalb elte auch von der Steuerfrage.
85 r sei kein principieller Gegner auch zugebe, daß er kein principieller Er gehe sogar so weit, zu sagen: s so weit zurückgegangen sei, nicht
sondern auch für a e anderen Kreise, sich eine gewisse Stetigkeit entwickele. Netall, womit
d das internationale
Papier könnten
Grafen Mir⸗
würde seinem Amtsvorgänger nicht darin beitreten können, daß wir
im Falle eines Krieges
würden.
gelangten, was er für eins der größten
Silberbewegung in Amerika sei nur in F wisse Parteien in Amerika zufrieden zu werde sich unsere Regierung wahrscheinli auf eine Anhörun
wesentlichen ur komme. Sie werde aus Höfli
Graf Mirbach habe keine be
Versuche in Amerika, das Silber hoch zu
jemals zum Zwangscurse Er habe das Vertrauen, wir nicht z
ißgeschicke halten luß gebracht worden, um ge⸗ An der Conferenz betheiligen, sich aber im ränken, was dort vor⸗
stellen. dessen besch
um
gelangen
Zwangscurse
würde. Die
n hkeit am Congreß theilnehmen, aber er fürchte, es werde aus der Conferenz sehr wenig herauskommen.
stimmten
Der Silberpreis sei jeßt so nie zuvor.
Graf zu Eulen
bach und dem berufenen Vert abzugeben, und er sei auch seh Sache zu verschaffen. Aber
Regierung zur Berücksichtigung überwiese die Regierung die
den Wunsch aus, daß währung untersuchen möge. der Landwirthschaft betone,
lassen müssen, daß diese Frage
der Landwirthschaft beleuchtet und unters der Herr Reichsbank⸗P
daßegen werde auch haben, und er glaube, daß wollenden Dienste sicher sein w
Finanz⸗Minister Dr. Miquel: (Der stenographische Wortlaut der Re⸗
Wir
st uns nicht zugegangen. nachtragen.)
Ober⸗Bürgermeister Struckmann: Anforderung des Grafen Mirbach, daß das
träge en bloc annehmen solle. zur Berücksichtigung zu überw
8 urg⸗Prasse durchaus nicht befugt, in der Discussion zwi
Vorschläge gemacht. Alle bringen, seien fehlgeschlagen.
en: Er für seine Person sei schen dem Grafen Mir⸗
reter der Reichsbank heute ein Urtheil r gern bereit, sich nähere Kenntniß der
er meine,
Denn so werde
man
erde. (Beifall.)
wenn diese
n werde, spre Frage der Doppel⸗ wenn man das Steeense man sich gütigst gefallen auch einmal im Lichte des ucht werde (Zustimmung), räsident nichts einzuwenden dabei seiner loyalen und wohl⸗
85 der
e das Haus
Interesses
de des Finanz⸗Ministers
werden die Rede, wenn möglich, morgen
Die Form, die Anträ eisen, sei zu scharf.
Er sei erstaunt über die Haus diese wichtigen An⸗
r Regierung
Haus könne
die Regierung nicht auffordern, hier fünf bis sechs Entwürfe nach bestimmter Richtung hin einzubringen. Das Haus werde sich aber dem nicht entziehen können, über einzelne Punkte abzustimmen. Er sei überrascht über die Meinung des Berichterstatters, daß für die Landwirthschaft seit Jahren absolut garnichts geschehen sei. Die Staatsregierung sei seit Jahren bemüht, den Wünschen der Land⸗ wirthschaft und ihrer Noth entgegenzukommen. Er erinnere nur an die Kornzölle und an die Berücks igung der Landwirthschaft aus An⸗ laß des Branntweinsteuergesetzes. Die Herren schadeten sich nur durch solche Uebertreibungen. an werde sagen: Wer so übertreibe, werde vielleicht auch noch mehr übertreiben, und man glaube ihm dann gar nichts mehr. 8 Graf von Mirbach: Er freue sich über das Ergebniß der Discussion, daß der Herr Reichsbank⸗Präsident durchaus nicht den schroffen Standpunkt in der Währungsfrage einnehme, der ihm imputirt sei, und er hoffe, daß er vielleicht mit ihm gemeinschaftlich an der Restitution des Silbers mitwirken werde. Er bitte die Staats⸗ regierung und den Herrn Reichsbank⸗Präsidenten, den Standpunkt weiter festzuhalten, den die verbündeten Regierungen bei der letzten Münzconferenz in Paris eingenommen hätten. 1 Minister des Königlichen Hauses von Wedell: Es sei von seiten des Staats manches für die Landwirthschaft geschehen und ver⸗ sucht, aber geholfen sei ihr bis jetzt noch sehr wenig. (Sehr richtig!) Wer die Landwirthschaft in den östlichen Mrdeüngen kenne, wisse, daß es mit ihr von Jahr zu Jahr schlechter geworden sei. (Sehr richtig!) Es sehe dort auf den großen wie auf den kleinen Besitzungen so traurig aus, daß man gar nicht wisse, wie die Dinge ein Ende nehmen sollten. Wenn man über alle die im Antrag Mir⸗ bach enthaltenen Fragen nach einer kurzen Discussion an einem Nach⸗ mittag bei mehr als 20 Grad Hitze in der gewünschten Form einen Beschluß fassen wolle, so schädige man dadurch das Ansehen des
Herrenhauses. (Sehr richtig!) Der Petent wolle nur die Ueberweisung
an die Staatsregierung, habe dafür aber nicht den richtigen Ausdruck gefunden. Er beantrage, den Antrag der Regierung zur Erwägung zu überweisen.
Graf von Mirbach: Mit diesem Vorschlage des Herrn von Wedell sei er völlig einverstanden.
Darauf wird der Commissionsantrag auf Ueberweisung der Petition zur Berücksichtigung abgelehnt, der Antrag von Wedell auf Ueberweisung zur eingehenden Erwägung an⸗ genommen. “
Es folgt der mündliche Bericht der Justizcommission über die Petition des Vorstandes des Deutschen Bundes für Bodenbesitzreform (Fabrikbesitzer Heinrich Freese in Berlin): Bei der Königlichen Staatsregierung den baldigen Erlaß von Bestimmungen zum Schutze der Bauhandwerker, Baulieferanten, ⸗Constructeure und Arbeiter zu erwirken.
Die Commission beantragt, diese Petition der Königlichen Staatsregierung als Material für die Gesetzgebung zu über⸗ weisen.
Geheimer Justiz⸗Rath, Professor Dr. Hinschius bemerkt als Referent: An vielen Orten, namentlich in Berlin, entständen er⸗ hebliche Mißstände dadurch, daß die Baugelder der Neubauten als erste Hypothek auf das Grundstück eingetragen und, wenn das Grund⸗ stück zur Subhastation komme, die orderungen der Bauhandwerker nicht erfüllt würden. Die Petenten hätten sich um Abhilfe an den Justiz⸗Minister gewandt; dieser habe ihnen erklärt, daß ihre Forderungen eine gewisse Berechtigung hätten, und vielleicht empfehle es sich, bei der Berathung des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches diese Angelegenheit zu regeln. Da aber einzelne deutsche Regierungen sich dagegen erklärt hätten, so bleibe nur die Regelung der Materie durch die Particulargesetzgebung. Aber die Justizcommission habe nicht zu der Auffassung gelangen können, daß man hier ein Sppecialgesetz schleunigst geben müsse, sondern sie glaube ihrerseits dem unleugbar vorhandenen Nothstand dadurch genügend Rechnung zu tragen, daß die Petition der Regierung als Material für die Gesetzgebung überwiesen werde.
Geheimer Justiz⸗Rath, Professor Dr. Dern burg: Eine dila⸗ torische Behandlung dieser Frage würde sehr schädlich sein, die Hand der Gesetzgebung müsse schnell eingreifen, man müsse freilich jeder Aenderung des Hypothekenrechts gegenüber vorsichtig sein, aber man müsse auch das reale Leben in Rechnung ziehen. Die Verhältnisse seien jetzt sehr traurig, namentlich in der Hauptstadt. Das sei von schädlicher Wirkung für das ganze Land. Hier trete häufig der Fall ein, daß der Hypothekengläubiger der wahre Bauherr sei und, wenn dem nominellen Bauherrn das Geld ausgehe, die anderen Gläubiger, namentlich die Bauhandwerker, leer ausgingen. Es sei unrichtig zu behaupten, daß diese selbst daran schuld seien, denn sie müßten ihr Gewerbe doch betreiben und könnten sich nicht durch Eintragung ihrer Forderung auf das Grundstück schützen. Unter den jetzigen Ver⸗ hältnissen verlören die Bauhandwerker allen Respect vor dem Besitz und würden schließlich dazu gedrängt, die traurigg Rolle des Stroh⸗ manngrundstücksbesitzers selb zu übernehmen. Sei nun Abhilfe möglich? Allerdings würde durch Bevorzugung der Arbeiter der Credit geschädigt werden, aber das würde nicht sehr schlimm sein, zumal auf anderen Gebieten der Gesetzgebung ähnliches schon der Fall sei, . sei für ländliche Güter auch eine Bevorzugun derjenigen, welche eliorationen angebracht hätten, vorgesehen. Au hier werde man Spoecialgesetze machen müssen, und er empfehle deshalb, die Vorlage der Königlichen Staatsregierung zur Berücksich⸗ tigung zu überweisen.
Ober⸗Bürgermeister Bender: Die geschilderten Verhältnisse beständen nicht nur in Berlin, sondern auch in anderen großen und auch mittleren Städten, aus Breslau z. B. könne er sehr drastische Fälle berichten. Das Vorrecht der Bauhandwerker werde, glaube er, nicht mit dem Hypothekenrecht collidiren, wenn für die Geltendmachung der Rechte der Bauhandwerker eine bestimmte Frist vorgeschrieben werde. Jetzt werde das Wohnungsbedürfniß der ärmeren Leute in den großen Städten nicht durch die reellen Handwerker oder Grund⸗ stücksbesitzer befriedigt, sondern durch Schwindler, die meist in Banden aufträten — darin liege eine große sociale Gefahr, und um dagegen anzukämpfen, empfehle er die Annahme des Antrages des Herrn Dernburg.
Darauf wird der Antrag Dernburg, die Petition der Staatsregierung zur Berücksichtigung zu überweisen, an⸗ genommen. 11 1“
Danach vertagt sich das Haus.
Schluß 4 Uhr. 88 Haus der Abgeordneten.
72. Sitzung vom Dienstag, 31. Mai. Der Sitzung wohnen der Minister des Innern Herrfurth und der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. ““ lsscaft sucht die Ermäch 1
Die Staatsanwaltschaft sucht die ächtigung zur straf⸗ rechtlichen Verfolgung des Berliner „Vorwärts“ wegen Be⸗ leidigung des Abgeordnetenhauses, begangen in einer Notiz dieses Blattes vom 5. Mai: „Aus dem Abgeordnetenhause“, nach. Das Schreiben geht an die Geschäftsordnungs⸗ commission.
Bei der dritten Berathung des Gesetzentwurfs über das Diensteinkommen der Lehrer an den nichtstaatlichen höheren Lehranstalten erklärt in der Generaldiscussion Abg. Lieber daß er gegen das Gesetz, wie es sich in der zweiten Lesung Eteh habe, stimmen müsse. Man könne von dem Gesetze mit Recht sagen: Parturiunt montes, nascetur ridiculus mus. Alles, was dazu beitragen soll einer Ueberlastung durch die Vorschriften dieses sei abgelehnt worden, selbst die bescheidenen
die Commune vor esetzes zu bewahren, Anträge, die einer
solchen Ueberbürdung für die Zukunft vorbeugen oder doch den Ge⸗ meinden einen Anspruch an die Staatsmittel ser den Fall ihrer Lei⸗ stungsunfähigkeit geben sollten. Die unausbleibliche Ueberbürdung der Gemeinden aber sei eine Gefahr in einer Zeit, wo Reichs⸗ und Staatsfinanzen nicht sonderlich günstig ständen, wo die Gemeinden ihre bisherigen Einnahmen gemindert sehen müßten. Denn in reußen sei man jetzt mit der Steuerreform beschäftigt, deren ersten Theil man im vorigen Jahre erlebt habe und deren zweiter Theil, die Reform der Communalsteuer, für das nächste Jahr vom Regierungstisch in bestimmte Aussicht gestellt worden sei. Mitten in dieser Steuerreform ein solches Gesetz zu machen, habe seine schweren Bedenken. Erschwerend falle auch ins Gewicht, daß wir uns mitten im Kampf um die Schulreform befänden, in dem Kampf um die Einheitsschule, lateinlose Realschule auf der einen und um die Erhaltung der alten humanistischen Gymnasien auf der anderen Seite. Zum Schluß noch eins. Er habe in der Sitzung vom 27. Mai den Abg. Dr. Meyer so verstanden, als habe er dem Centrum vorgeworfen, es wolle den „Arbeitern“, den seminaristisch vorgebildeten Lehrern ihren verdienten Lohn vorenthalten, indem es sie nicht Lichenähig mit den akademisch vorgebildeten Lehrern behandeln wolle. Darauf habe er (Redner) wörtlich gesagt: „Die Consequenz einer solthen Lohnbemessung für einen Arbeiter würde schließlich dahin führen, daß man den Portier im Finanz⸗ Ministerium ebenso besolden müsse, wie den Finanz⸗Minister selbst; sie arbeiteten beide an ein und derselben Anstalt“. Zu seiner Be⸗ friedigung habe sich demnächst herausgestellt, daß der Abg. Dr. Meyer etwas ganz Anderes gemeint habe. Damit habe sich die Sache von selbst erledigt. Daraus habe nun die „Kölnische Zeitung“ in ihrem parla⸗ mentarischen Bericht Folgendes gemacht: „Wenn Herr Dr. Meyer die Elementarlehrer mit den akademisch gebildeten Lehrern gleichstellen will, so kommt mir das so vor, wie wenn man einen Portier bei einem Minister dem Minister gleichstellen will.“ Die Folgerung würde die sein, und sie sei sofort in Lehrerkreisen gemacht worden: er habe die seminaristisch gebildeten Lehrer in ihrem Werthe mit den Portiers in den Ministerhotels gleichgestellt. Er habe das dringendste Inter⸗ esse festzustellen, daß er eine viel zu hohe Achtung vor unserem Volksschullehrerstande habe, um einen Vergleich auch nur zu denken, wie ihn die „Kölnische Zeitung“ ihm in den Mund lege. Er wolle bis auf weiteres gern annehmen, daß die parlamentarischen Bericht⸗ erstatter der „Kölnischen Zeitung“ sich nur geirrt, hätten. Läge böser Wille vor, so würde er selbstverständlich eine derartige Bericht⸗ erstattung für eine Niedertracht ersten Ranges erklären müssen. (Sehr wahr!) Er hoffe, daß die „Kölnische Zeitung“ demnächst ihren Irrthum berichtigen werde. Alle Parteien müßten darauf halten, daß die parlamentarische Berichterstattung, der das Haus auf seiner Tribüne Plätze einräume, die Vorgänge in diesem Hause wahrheits⸗ getreu wiedergebe (Beifall.) stehe ja der Berichterstattung in den Redactionen der verschiedenen Blätter bis zur Herabwürdigung der Person des Gegners, bis zur Verleumdung frei. Bringe die Berichterstattung aber die Thats achen nicht wahrheitsgemäß, dann hätten alle Mitglieder des Hauses das allerdringendste Interesse, den Herrn Präsidenten zu bitten, erwägen zu wollen, ob eine unwahre Berichterstattung überhaupt noch eine Vorzugsbehandlung in ihrem Hause verdiene. Geifall.)
Die Abgg. Krah (freicons.) und von Schenckendorff (nl. halten die durch das Gefetz gebotenen Vortheile für so überwiegend daß sie ihm in der Schlußabstimmung zustimmen werden.
Damit schließt die Generaldiscussion.
In der Specialdiscussion zu § 1 wiederholt
Geheimer Ober⸗Finanz⸗Rath Germar im Auftrage des durch die Theilnahme an den Verhandlungen des Herrenhauses an der Anwesenheit im Abgeordnetenhause gehinderten Finanz⸗Ministers no mals die Bedenken der Finanzverwaltung gegen den Beschluß zweiter Lesung, wonach die Gemeinden gezwungen werden sollten, auch fi
die Elementar⸗ und Vorschullehrer die höheren Gehälter der staatlichen
Lehrer gleicher Kategorie zu zahlen, die namentlich in der Mi stimmung zu finden seien, die die höhere Besoldung der Vorschu lehrer in den Kreisen der mit jenen in gleicher Weise vorgebildeten Elementarlehrer erregen werde. Diese Mißstimmung werde schließlich dahin führen, daß die Communen auch den übrigen Volksschul⸗ lehrern Gehaltszulagen gewähren müßten und dadur finanziell nicht unerheblich belastet würden.
Abg. Dr. Arendt (freicons.): Die vom Regierungscommissar vorgebrachten, auch schon in der Commission und bei der zweiten Lesung im Plenum gehörten Einwände halte er nicht für durch⸗ schlagend. Das Haus habe den Wünschen der Regierung nach Möglichkeit Rechnung getragen, um das Gesetz zu stande zu bringen; nur bei diesem Punkt habe es die Commissionsbeschlüsse aufrecht erhalten und er bitte, auch jetzt dabei stehen zu bleiben, damit die Arbeit der Commission nicht als eine ganz überflüssige erscheine.
§1 wird darauf unter Annahme eines lediglich redactionellen
Antrages des Abg. Arendt genehmigt. § 2 lautet: . Der bürgerlichen Gemeinde steht es frei, zu beschließen, daß das Aufrücken der wissenschaftlichen Lehrer im Gehalt statt nach dem System der Dienstalterszulagen nach Maßgabe des für die einzelne Anstalt oder für 1 stellenden Besoldungsetats erfolgt. In diesem Falle ist für jede Stelle eines wissenschaftlichen Lehrers neben dem Wohnungsgeld⸗ zuschusse der Tarifklasse 11I das für einen staatlichen Lehrer dieser Kategorie berechnete Durchschnittsgehalt voll in den Etat einzu⸗ stellen und auf die Gesammtzahl der Stellen innerhalb der Sätze für das Mindest⸗ und das Höchstgehalt in angemessenen Abstufungen zu vertheilen. . Für die Leiter der Anstalten, sowie die Zeichenlehrer und die sonstigen technischen, Elementar⸗ und Vorschullehrer kann die gleiche Ausnahme mit Genehmigung des Unterrichts⸗Ministers zu⸗ gelassen werden, wenn nach seinem Ermessen Einrichtungen Feen sind, welche ein allmähliges Aufrücken der Leiter und
ehrer zum Höchstgehalte in angemessenen Zwischenräumen gestatten.
Die Abgg. von Buch und Dr. Kropatscheck beantragen, dem ersten Absatz dieses Paragraphen die Worte: „Der Be⸗ schluß bedarf der Genehmigung der Ressort⸗Minister“ zuzu⸗ fügen. 8 1.“ Abg. Dr. Kropatscheck (cons.): Er sei im Princip für die all⸗ gemeine gesetzliche Einführung der Alterszulagen; nachdem aber hier auch die allgemeinen Besoldungs⸗Etats als maßgebend eingeführt seien, bitte er, wenigstens den hier beantragten Zusatz anzunehmen. Man schaffe dadurch eine Cautel dagegen, daß Communen, die die Alters⸗ zulagen zu gewähren im stande seien, aus einer übel angebrachten Sparsamkeit davon Abstand nähmen, da die Ressort⸗Minister — worunter hier der Cultus⸗Minister, der Finanz⸗Minister und der Minister des Innern zu verstehen seien — die Genehmigung nur da, wo es nothwendig sei, ertheilen würden. Er sei überzeugt, daß die Regierung gegen den Antrag nichts einzuwenden haben werde, wie denn überhaupt kaum Einwände gegen denselben erhoben werd könnten.
Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Bosse
Meine Herren! Ich bitte Sie, den § 2 mit der von dem Herrn Präsidenten vorhin festgestellten Aenderung in der Fassung der zweiten Lesung anzunehmen, und zwar ohne den Zusatz des Abg. von Buch. Der Antrag sieht ja auf den ersten Blick sehr harmlos aus; er sieht so aus, als wenn er lediglich der Staatsregierung oder den Ressort⸗ Ministern eine Befugniß geben wolle. Es ist etwas Ungewöhnliches, daß sich die Minister gegen die Ertheilung von Befugnissen wehren. Indessen ist es doch nicht ausgeschlossen, daß in dem Antrage wirklich ein Danaergeschenk liegt (sehr richtig! links und im Centrum), denn es wird durch den Antrag die Verantwortung dafür, ob die Nichtgewäh⸗ rung von Alterszulagen genehmigt werden soll oder nicht, nunmehr
lediglich auf die Schultern der Ressort M is
Die Beurtheilung dieser Vorgänge
mehrere Anstalten zusammen aufzu-
davon wird die sein: Werden die Alterszulagen in einer Gemeinde nicht eingeführt, so wird eine endlose Beschwerde der Lehrer an die Minister eintreten; werden sie genehmigt, so tritt ja das bei den Lehrern nicht ein, aber die Ressort⸗Minister werden Schwierigkeiten haben, die finanziellen Verhältnisse des Gemeind ehaushalts festzustellen, und da⸗ durch werden die Verhandlungen erheblich beschwert.
Ich möchte Sie daher bitten: Lehnen Sie den Antrag ab und lassen Sie es bei den Beschlüssen der Gemeinden so, wie Sie es in der zweiten Lesung gemacht haben.
Abg. Dr. Lieber (Centr.): Das Haus habe oft und oft ge⸗ hört, das hier zur Verhandlung stehende Gesetz solle den ewigen und Beschwerden der Lehrer ein Ende machen; durch den ntrag von Buch werde aber gerade ein außerordentlicher Anlaß zu Beschwerden und Petitionen gegeben sein. Darum bitte er, diesen Antrag abzulehnen. . 1
Abg. Frhr. von Zedlitz (freicons.): Er bitte das Haus, dem Antrag von Buch zuzustimmen. Nicht dieser Antrag sei es, der Un⸗ ruhe in die Kreise der Lehrer tragen werde, sondern der § 2 selbst werde diese Folge haben, und der Antrag von Buch würde schließlich nur eine Handhabe bieten, diese Unruhe zu vermindern. Die Function, die dieser Antrag der Regierung beilege, sei ja keine angenehme, aber diese Rücksicht könne nicht ausschlaggebend sein, wenn es sich darum handele, eine Ausnahmemaßregel auf die schlechterdings nothwendigen Grenzen zu beschränken und die Lehrer in potenten Städten vor der aus kleinlichen Gründen beschlossenen Nichtgewährung der Dienst⸗ alterszulagen zu bewahren. 1“ 8
Geheimer Ober⸗Finanz⸗Rath Germar spricht sich aus finanz⸗ technischen Gründen und um den Gemeinden, die die Alterszulagen nicht gewährten, die Verantwortung für diesen Beschluß zu belassen, gegen den Antrag von Buch aus.
Nachdem Abg. Dr. Lieber (Centr.) nochmals den Antrag bekämpft, wird dieser angenommen und mit der Aenderung § 2 genehmigt.
§ 7 gelangt auf Antrag Eberhard redactionell verbesserter Form zur Annahme.
8 „Der Unterrichts⸗Minister ist befugt, bei solchen nichtstaat⸗
ichen höheren Unterrichtsanstalten, für welche staatliche Zuschüsse erfordert werden, das Schulgeld in derselben Höhe, wie bei den staat⸗ lichen Schulen der entsprechenden Art festzusetzen und ebenso den H zu bestimmen, von welchem ab das Schulgeld zur Hebung gelangt.“ 8
Der Rest des Gesetzes wird unverändert nach den Be⸗ schlüssen zweiter Lesung angenommen, ebenso in definitiver Abstimmung das ganze Gesetz. .
Es folgt die dritte Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Besetzung der Subaltern⸗ und Unter⸗ beamtenstellen in der Verwaltung der Communal⸗ verbände mit Militäranwärtern.
In der Generaldebatte bemerkt 1
Abg. Graf zu Limburg⸗Stirum (cons.): Seine politischen Freunde würden für das Gesetz stimmen, vorausgesetzt, daß die Be⸗ schlüsse zweiter Lesung und vor allen Dingen § 1 keine wesentlichen Abänderungen erlitten. Sie hätten Bedenken geäußert, ob die Inter⸗ essen der Militärverwaltung in diesem Gesetze genügend gewahrt seien, und, diese Bedenken seien auch nicht ganz beseitigt. Aber sie seien der Meinung, daß es Sache der Militärverwaltung sein werde, ihre Interessen wahrzunehmen. Die Herren von der andern Seite hätten bewegliche Worte von den Interessen der Armee und von der Nothwendigkeit der Versorgung der Armee mit brauchbaren Unteroffizieren gesprochen. Wenn dem so sei, so müsse vor allen Dingen die Staatsverwaltung damit anfangen, denn sie habe in diesen Dingen viel freiere Hand als die Communen. Von Mangel an Patriotismus, wenn man nicht allen Bestimmungen des Gesetzes zustimme, sei gar keine Rede. Bei der ganzen Sache handele es sich um eine Ausgleichung innerhalb der Communen. Die Opfer, welche die kleinen ländlichen Communen bringen müßten, seien jedoch verhältnißmäßig größer als die der größeren Communen mit orga⸗ nisirten Verwaltungen, weil erstere ihre Sachen oft im Nebenamt machten, ihnen aber große Kosten entstehen würden, wenn sie dafür besondere Stellen für Militäranwärter schaffen müßten.
Minister des Innern Herrfurth:
in folgender,
Meine Herren! Gegenüber den Ausführungen des Herrn Grafen 1
zu Limburg⸗Stirum glaube ich doch den Standpunkt der Staats⸗ regierung noch einmal klarstellen zu sollen.
Vor zehn Jahren sind durch Beschluß des Bundesraths die „Grundsätze“ für die Versorgung von Militäranwärtern im Staats⸗ und Reichsdienst festgestellt worden. — Nach den Bestimmungen dieser Grundsätze wird fortwährend bereits seit zehn Jahren verfahren —
und zwar in der Weise, daß in den Unterbeamtenstellen die Verwendung
von Militäranwärtern ausschließlich, in den Stellen der Subaltern⸗
beamten im Bureaudienst die Verwendung zur Hälfte stattfindet.
Damals ist ausdrücklich in Aussicht genommen, die anderweitigen Be⸗ stimmungen über die Versorgung der Militärinvaliden in den Stadt⸗ gemeinden, den Kreisen und Provinzen entsprechend, zu ändern, und es hat der bisherige Zustand nur provisorisch bis zu der in Aussicht genommenen anderweiten Regelung fortbestanden. Das vorliegende Gesetz soll nun den Zustand entsprechend ändern, soll die Ver⸗ sprechungen anderweiter gesetzlicher Regelung erfüllen und gleichmäßig ebenso wie im Staat und Reich Anordnungen für alle Communen und alle Communalverbände treffen.
Das ist der Standpunkt der Königlichen Staatsregierung und das sind die Gründe, weshalb sie aus Rücksichten des Rechts und der Billigkeit eine gleichmäßige Behandlung sämmtlicher Com⸗ munalverbände vorgeschlagen hat, entsprechend den Vorschriften im Reich und Staat.
Nun wollen die Commissionsbeschlüsse eine Ausnahme machen zu Gunsten von 99 % der Landgemeinden. Es handelt sich hierbei nicht etwa nur um den Ausschluß der kleinen Landgemeinden, sondern es handelt sich auch um den Ausschluß der mittleren Landgemeinden (Hört, hört! links); man will nicht bloß die kleinen Landgemeinden frei lassen, sondern man will nur die wenigen ganz großen Landgemeinden dieser Verpflichtung unterwerfen.
Die Staatsregierung und insbesondere der Herr Kriegs⸗ Minister, der heute durch anderweitige amtliche Pflichten verhindert ist, im Hause zu erscheinen, hat auch ausdrücklich erklärt, daß hierin eine Schädigung der Interessen der Heeresverwaltung liegen wird, und daß dieses Interesse und zwar auch nur in beschränkter Weise in dem Falle gewahrt werden würde, wenn nicht bloß die ganz großen, sondern auch die mittleren Landgemeinden von etwa 2000 Ein⸗ wohnern ab aufwärts zur Versorgung der Militäranwärter mit heran⸗ gezogen würden. Das ist der Grund gewesen, weshalb die Staats⸗ regierung, obwohl sie principaliter auf dem Standpunkt ihrer ersten Vorlage steht, doch erklärt hat, sie würde allenfalls den Antrag des Herrn Abg. von Tzschoppe acceptiren können, sie würde aber nur bei einer Beschränkung auf Landgemeinden mit mehr wie 2000 Seelen in der Lage sein, im Herrenhause die Beschlüsse dieses Hauses zu ver⸗ treten.
Sachlage ist meines Erachtens eine so einfache und
geklärte, daß ein Zweifel über die Bedeutung des Gesetzes und über die Bedeutung der Beschlüsse dieses hohen Hauses hiernach nicht be⸗ stehen kann. Ich kann also nur wiederholen: ich bitte Sie, falls die Wiederherstellung der Regierungsvorlage keine Mehrheit findet, die Beschlüsse zweiter Lesung mit der Maßgabe anzunehmen, daß in § 1, dem Antrage des Herrn Abg. von Tzschoppe entsprechend, die Zahlen⸗ grenze von 3000 auf 2000 herabgesetzt werde.
Abg. von Tzschoppe (freicons.): Da ein Antra „ die Grenz⸗ bestimmung nicht nach Maßgabe der Einwohnerzahl, 82B nach der Steuerfähigkeit der Gemeinden zu treffen, keine Aussicht auf Annahme habe, so wiederhole er seinen eestrigen Antrag, durch den etwa 400 Gemeinden mehr in das Gesetz “ würden.
Abg. Eberty (dfr.): wirklich die Militärverwaltung gefährde, so könnten sich die 99 % der Landgemeinden, die durch das conservatie Amendement aus⸗
enommen würden, ebenfalls nicht der Verpflichtung entziehen,
Opfer zu bringen. Es gebe Communen im Westen und am Rhein,
die noch nicht 2000 Einwohner hätten und von Millionen besitzen⸗ den Weinbauern bewohnt würden. Sie seien viel leistungsfähiger als die Gemeinden im Osten mit 3000 Einwohnern. Dasselbe gelte von den im Dunstkreis großer Städte aufblühenden Landgemeinden. Er beantrage, die Beschränkung auf die Landgemeinden über 3000 Ein⸗ wohner wieder zu streichen.
Abg. Dr. Hammacher (nl.): Auch er sei mit dem größten Theil seiner politischen Freunde nicht in der Lage, dem Antrag von Tzschoppe zuzustimmen. Es handele sich für sie um die principielle Frage, ob die Städte und Landgemeinden gleichmäßig zur Anstellung von Militär⸗ anwärtern verpflichtet werden sollten, und das hielten sie im Interesse der Gerechtigkeit für geboten. Unter den Militäranwärtern be⸗ fänden sich die tüchtigsten Kräfte für die ihnen im Reichs⸗, Staats⸗ und Communaldienst zuzuweisenden Stellen. Seine Freunde würden sowohl gegen den Antrag von Tzschoppe als gegen die Beschlüsse zweiter Lesung stimmen.
Abg. Eberhard beantragt, für den § 1 folgende nur redactionelle Fassung anzunehmen:
§ 1. Die Subaltern⸗ und Unterbeamtenstellen in der Ver⸗ waltung der Communalverbände, jedoch ausschließlich der Forst⸗ verwaltung, sind gemäß der nachstehenden Bestimmungen mit Militäranwärtern zu besetzen. — Militäranwärter im Sinne dieses Gesetzes ist jeder dem preußischen Staat angehörige und aus dem preußischen Reichs⸗Militärcontingente hervorgegangene Inhaber des Civilversorgungsscheins. Die unter preußischer Verwaltung stehenden außerpreußischen Contingente und die Keschäih⸗ Marine sind in dieser Beziehung dem preußischen Contingente glei gestellt.
1 a. Die Subaltern⸗ und Unterbeamtenstellen in denjenigen Landgemeinden und ländlichen Communalverbänden, welche weniger als 3000 Seelen haben, unterliegen den Vorschriften dieses Gesetzes nicht. Es können jedoch bezüglich der Kriegsinvaliden durch König⸗ liche Verordnung, von welcher dem Landtage bei seinem nächsten Zusammentritt Mittheilung zu machen ist, die Subaltern⸗ und Unterbeamtenstellen in diesen Landgemeinden und Communal⸗ verbänden der Vorschrift des § 1 unterworfen werden.
Minister des Innern Herrfurth:
Ich erkenne an, daß dieser Antrag Eberhard lediglich redactio⸗ neller Natur ist, und ich möchte ihn auch für eine redactionelle Ver⸗ besserung halten. Ich glaube aber darauf aufmerksam machen zu dürfen, daß sich in den gedruckten Exemplaren, Nr. 226 der Drucksachen, zwei Fehler befinden. Einmal darf der erste Absatz des § 1 nicht mit einem Colon, sondern muß mit einem Punkt schließen, und zweitens würde der zweite Absatz des § 1 nicht einzurücken, sondern als zweiter Absatz auszurücken sein.
Abg. Dr. Sattler (nl.): Er werde gegen den Antrag stimmen, weil er die Tragweite desselben nicht zu übersehen vermöge. Er bitte, das Amendement von Tzschoppe zuerst zur Abstimmung zu bringen, damit alle diejenigen, die für die Wiederherstellung der Vorlage nach dem Antrage Eberty seien, auch für dieses Amendement stimmen könnten, das den Schaden der Beschlüsse zweiter Lesung wenigstens zu einem Theil wieder gut mache.
In der Abstimmung wird der Antrag von Tzschoppe ver⸗ worfen. § 1 wird, materiell unverändert, nach dem Antrage Eberhard, angenommen. 1
Der Rest des Gesetzes gelangt, nach Ablehnung eines Antrags Ostrop⸗Würmeling, der die Rechnungs⸗ und Kassen⸗ revisoren dem Geltungsbereich des Gesetzes entziehen wollte, unverändert zur Annahme, ebenso das Gesetz im ganzen.
Damit ist die Tagesordnung erschöpft.
Der Präsident von Köller schlägt vor, am Montag, den 13. Juni, 11 Uhr, abzuhalten, nung: Dritte Berathung des Tertiärbahngesetzes. Abg. Dr. Lieber (Centr.) will diesem Vorschlag nicht wider⸗ sprechen, aber nur unter dem Vorbehalt, daß in künftigen Fällen von der bisherigen Gewohnheit, nach Ablauf der Ferien die erste Sitzung in der Woche erst am Dienstag abzuhalten, nicht abgewichen werde. Er bitte aber diejenigen Herren, die Bedenken trügen, am Sonntag zu reisen, bereits am Sonnabend nach Berlin zu kommen. (Große Heiterkeit.)
Präsident von Köller: Gegen den Vorschlag, daß die Herren 1“ reisen sollten, habe er nichts einzuwenden. (Große
eiterkeit.
Abg. Hansen (freicons.) schlägt vor, die nächste Sitzung bereits am 9. Juni abzuhalten. 8
Präsident von Köller: Die Wünsche, wann das Haus nach den Ferien beginnen solle, seien sich diametral entgegengesetzt. Er habe weder dem einen noch dem anderen Theil zu Gefallen seinen Vor⸗ schlag gemacht, sondern er habe gestern mit dem Herrn Präsidenten des Herrenhauses eine ausführliche Besprechung darüber gehalten, wie sich die Arbeiten des Herrenhauses gestalten würden. Er habe von ihm erfahren, daß das Herrenhaus voraussichtlich am 9. oder 10. Juni seine ee wieder beginnen werde und noch mehrere Tage zu thun haben werde, um alle diejenigen Gesetze, die das Haus ihm hinübergegeben habe und heute noch hinübergeben werde, zu erledigen. Würde das Abgeordnetenhaus unter diesen Umständen am 9. Juni anfangen und das Tertiärbahngesetz erledigen, so würde es schließlich in der unangenehmen Lage sein, hier sitzen zu müssen, ohne etwas zu thun zu haben. (Lebhafte Zustimmung.) Beginne es am 13. Juni, 5 werde am 18. oder 20. Juni die Session geschlossen werden önnen. 6
Abg. Hansen (freicons.) zieht seinen Widerspruch zurück. 6
Schluß 12 ½ Uhr. Nächste Sitzung Montag, den 13. Juni, 11 Uhr. Auf der Tagesordnung steht die zweite Berathung des Gesetzentwurfs über die Bahnen unterster Ordnung.
die nächste Sitzung mit der Tagesord⸗
Statistik und Volkswirthschaft.
Die Berliner städtische Armenpflege.
(Vgl. Nr. 123 des „Reichs⸗ und Staats⸗Anzeigers“ vom 25. Mai d. S.)
Was den Kartoffelbau durch Arme betrifft, so betrug im Jahre 1882 das dazu verwendete Land noch 11 506 a, dagegen 1890/91 nur noch 6900 a. Es erklärt sich dies daraus, daß es in manchen Stadtgegenden fast unmöglich geworden ist, vor den Thoren noch Pachtländereien aufzufinden, da der früher der Bestellung zugängliche, in Privatbesitz befindliche Bestand an Acker⸗ parzellen zum großen Theile bebaut worden und zum anderen Theile zum Zwecke der Absteckung von Baustellen ver⸗
Wenn die Fassung der Commission.
ãu und dadurch der Benu 8 Rückgang dieser Art von Unterstützung ist besonders zu bedauern, weil sie die Betheiligten behufs Erreichung eines Gewinnes zu eigener Arbeit veranlaßt, weil diese Arbeit im Freien auf die gesundheitlichen Verhältnisse der betreffenden Personen vielfach recht günsti wirken vermag und weil dadurch die Seßhaftigkeit der in kommen Bevölkerung gefördert wird. 8 3 Den Parzelleninhabern wird das Land in gut gedüngtem Zustande übergeben und die für die Parzelle von je 4 a erforderliche Aussaat von 75 kg unentgeltlich verabreicht, wogegen für Auslagen an Acker⸗ pacht, Verwaltungskosten u. s. w. von denselben für die Parzelle ein Beitrag von 7 ℳ 50 ₰ zu entrichten ist. Die Flächen werden den Theilnehmern am Kartoffelbau durch das Loos zugewiesen; die Be⸗ arbeitung erfolgt nach Anleitung eines besonderen dazu bestellten Aufsehers, dem zu diesem Zwecke im letzten Jahre sieben solcher Flächen als Musterparzellen dienten. Das Ergebniß des Kartoffelbaues im Berichts⸗ jahre 1890/91 ist als eine gute Mittelernte zu bezeichnen, obgleich stellen⸗ weise sich Kartoffelkrankheit zeigte. Es ist im Durchschnitt das Stfache — im Vorjahre das achtfache — der Aussaat geerntet worden. Die Gesammt⸗ ausgaben des “ haben 23 631 ℳ betragen; hierauf sind von den Parzellen⸗Inhabern baar einschließlich des Erlöses von Ernten verlassener Parzellen und eines kleinen Zuschusses aus einem Legatenfonds 12 914 ℳ eingezogen worden, mithin war ein Communal⸗ zuschuß von 10 717 ℳ oder für die Parzelle von 6 ℳ 21 Pf. er⸗ forderlich. Das Unternehmen hat, dem Martini⸗Marktpreise von 3,62 ℳ für das Hektoliter entsprechend, einen Reingewinn von 29 902 ℳ oder für die Parzelle 17,33 ℳ ergeben, mithin für jeden Theilnehmer zuzüglich der 6,21 ℳ zusammen 23 ℳ 54 ₰ für jede Parzelle gegen 21 ℳ 95 ₰ im Jahre 1889/90. Wie in früheren Jahren erfolgte auch im Winter 1890/91 eine Vertheilung von Suppen (fe 1,1 Liter) an Arme durch Ver⸗ mittelung der Direction der Armen⸗Sreisungsanstalt. In den in verschiedenen Stadtgegenden gelegenen 14 Küchen wurden täglich in der Mittagszeit von 12 bis 1 Uhr vom 15. bis 31. Dezember je 3500 Portionen, vom 1. Januar bis 15. März je 6000 Portionen, mithin für den ganzen Zeitraum zusammen 503500 Portionen vertheilt Nach dem Bericht der Direction dieser Wohlthätigkeitsanstalt haben die Gesammtkosten des Unternehmens im Winter 1890/91 für im ganzen 566 010 bereitete Portionen Suppe 69 531 ℳ betragen. Die Kosten werden durch die alljährlich stattfindende Hauscollecte — im Berichtsjahre mit 25 059 ℳ gegen 23 879 ℳ im Vorjahre —, durch die Zinsen des Kapitalvermögens der Anstalt sowie durch Vermächt⸗ nisse und Geschenke einzelner Wohlthäter aufgebracht. Die dadurch
nicht gedeckten Ausgaben werden durch den von der Armen⸗Direction
uschuß bestritten; letztere erwirbt dadurch das Recht, die
ortionen zu bestimmen, welche an von ihr unterstützte s91
ewährten ahl der Arme zu gewähren sind. Dieser Zuschuß betrug im Winter 1890 34 000 ℳ gegen 30 000 ℳ im (gegen 5,9 ₰ im Jahre 1889/90).
Aehnlich wie die Ueberweisung von Kartoffelland nimmt auch
die Gewährung von Bekleidung an arme Confirmanden von Jahr zu Jahr ab. 1883 noch 987 Kinder mit Einse nungskleidung bedacht wurden, er⸗ hielten 1890/91 nur 792 arme b nämlich 285 Knaben und 188 Mädchen zu Ostern und 187 Knaben und 132 Mädchen zu Michaelis 1890 zusammen 472 Röcke, ebensoviel Paare Beinkleider und 320 Kleider. Der Kostenpreis stellte sich für Rock und Beinkleid eines Knaben auf zusammen 18,15 ℳ, für ein Mädchenkleid auf 10 — 10,75 ℳ; die Gesammtkosten aller Kleidungs⸗ stücke haben 1890/91 11 918 ℳ betragen gegen 21 761 ℳ im Jahre 1882. Die Bewilligung geschieht auf mpfehlung der Armencommissionen nach sorgfältiger Prüfung der Bedürftigkeit. Der erhebliche Rückgang mag zum theil eine S größerer Strenge bei dieser Prüfung sein; er beruht aber auch darauf, daß diese Unter⸗ stützung jetzt weniger häufig beantragt wird als früher. Ob letzteres eine Folge des Umstandes ist, daß Confirmationen öfter unterlassen werden als früher, oder ob sonst nicht unterstützte Familienväter diese und ähnliche Naturalunterstützungen vermeiden, um nicht des Wahl⸗ verlustig zu gehen, kann hier nicht mit Sicherheit entschieden werden. . Zur Beschaffung von Brennmaterial haben wie in früheren Jahren die Almosen⸗ und Pflegegeld⸗Empfänger zu Neujahr 1891 noch je 6 ℳ erhalten, zusammen 139 008 ℳ gegen 134 796 ℳ im Vorjahre. Die Mehrausgabe ist durch die größere Jahl der unterstützten Almosengenossen entstanden.
Aus den der Armenverwaltung anheimgefallenen Nachlässen sind im Berichtsjahre an Arme noch allerlei Kleidungs⸗, Waͤschestücke und Hausrath verabfolgt worden, insbesondere 105 große und 80 kleine Betten, dazu große und kleine Bezüge, Laken, Strohsäcke, Bett⸗ stellen, ferner Männer⸗ und Frauenhemden, Tuchröcke, Hosen und Westen, Frauen⸗Ober⸗ und Unterkleider, sowie 2 Krankenwagen.
Großhandelspreise. Nach den vom Kaiserlichen Statistischen Amt veröffentlichten
Notirungen hatten folgende Waaren im April vorigen und dieses
Jahres folgende Pre⸗ April 1 April 1892. 4 199,21 190,04 148,58 100,75 159,00 320,00 66,67 111,25 26,80 29,00 41,22 11,81 20,00,
Schlachtvieh, Rinder Roggenmehl ... Weizenmehl.. Kartoffelspiritus v“*“ wee
Kartoffeln.. 8
“ Das Wirthschaftsjahr 1891. 8
Die Handelskammer von Nordhausen faßt ihr Urtheil über das Ergebniß der wirthschaftlichen Thätigkeit des verflossenen Jahres im allgemeinen dahin zusammen, daß die Industrie unter schwierigen Verhältnissen, hervorgerufen durch Ueberproduction und weichende Preise für ihre Producte, gearbeitet habe. Nachdem sie die Ursachen hiervon dargelegt, bemerkt sie:
„Unter diesen Umständen muß der Entschluß der verbündeten Regierungen, das autonome Schutzzollsystem, welches seit zwölf Jahren nicht nur bei uns, sondern auch in fast allen europäischen Staaten in Wirksamkeit ist, zu ändern und die Initiative zum Abschlusse von Handelsverträgen mit den großen Nachbarstaaten und zwar auf eine möglichst lange Dauer zu ergreifen, als ein wohldurchdachter und für die vaterländische Gewerbsthätigkeit segensvoller bezeichnet werden, zu⸗ mal am 1. Februar d. J. für uns höchst wichtige Meistbegünstigungs⸗ Verträge abliefen. Zwar konnten die Verträge nach der Stimmung im Lande und in den Parlamenten nicht anders als auf der Basis eines
emilderten Schutzzollsystems abgeschlossen und demnach nicht alle ünsche der Interessenten befriedigt werden; indessen ist doch nicht zu
Vorjahre oder für die Portion 6,75 ₰
Während 1882 insgesammt 1164, im Jahre
leugnen, daß wir den Verträgen werthvolle Zugeständnisse verdanken
und der Industrie auf eine lange Reihe von Jahren für ein sehr roßes Gebiet feststehende Verhältnisse geboten sind, welche eine Basis 5272 Berechnung für ihre Production bilden. Und so geben wir gern der Hoffnung Ausdruck, daß der zur Zeit auf Handel und Wandel lastende Druck recht bald einem neuen, guten Erfolg verheißenden Aufschwung Raum lassen werde.“ . —
Stand und Bewegung der Bevölkerung.
„Das Kaiserliche Statistische Amt hat in dem vor kurzem er⸗ schienenen 44. Bande, Neue Folge, der „Statistik des Deutschen
8
Reichs“ ausführliche Nachweise über Stand und Bewegung der Be⸗