Es liegt nunmehr die gesammte Nachweisung der zur Anschreibung gelangten Einnahmen (einschließlich der credi⸗ tirten Beträge) an Zöllen und EEEE1— Verbrauchssteuern, sowie anderer Einnahmen im Deut⸗ b. für das Etatsjahr 1891/92 vor. Hiernach haben ergeben:
g Zölle 406 448 441 ℳ (gegen das Etatsjahr 1890,91 + 17 024 597 ℳ), Tabacksteuer 11 437 240 ℳ (— 505 944 ℳ), 6 337 007 ℳ (— 9785 494 ℳ), Ver⸗
rrauchsabgabe von Zucker 55 999 556 ℳ (+ 1 269 880 ℳ), Salzsteuer 43 582 496 ℳ (+ 604 573 2 Maischbottich⸗ und Branntweinmaterialsteuer 23611 513 ℳ (+ 2567402 ℳ), Verbrauchsabgabe von Branntwein und Zuschlag zu derselben 116 021 307 ℳ (— 7 835 196 ℳ), Brausteuer 25 761 126 ℳ (— 144 723 ℳ), Uebergangsabgabe von Bier 3 411 918 ℳ (+ 61 813 ℳ); Summe 692 610 604 ℳ (+ 3 256 908 ℳ). — Spielkartenstempel 1 324 221 ℳ (+ 48 452 ℳ), Wechsel⸗ stempelsteuer 8175 592 ℳ (+ 356 947 ℳ), Stempelsteuer für a. Werthpapiere 4 583 617 ℳ (— 746 538 ℳ), b. Kauf⸗ und sonstige Anschaffungsgeschäfte 11 021 162 ℳ 8 2434 802 ℳ), c. Loose zu Privatlotterien 1 473 201 ℳ + 922 879 ℳ), Staatslotterien 7 327 267 ℳ (+ 194 619 ℳ), Telegraphen⸗Verwaltung 234 997 962 ℳ
Post⸗ und — eichs⸗Eisenbahn⸗Verwaltung 57 469525 ℳ
(+ 10 275 666 ℳ), (+ 2 799 420 ℳ). 8 Die zur Reichskasse gelangte Ist⸗Einnahme ab⸗ züglich der Ausfuhrvergütungen und Verwaltungskosten be⸗ trägt bei den nachbezeichneten Einnahmen für das Etatsjahr 1891/92: Zölle 378 470 328 ℳ (+ 10 183 352 ℳ), Tabacksteuer 11 481 686 ℳ (+ 438595 ℳ), Zuckermaterialsteuer 9805652 ℳ (+ 3 440 878 ₰ Verbrauchsabgabe von Zucker 55 139 614 ℳ [+ 2 947 877 ℳ), Salzsteuer 42 866 198 ℳ (+ 878 178 ℳ), aischbottich0 und Branntweinmaterialsteuer 19336 321 ℳ + 2 337 255 ℳ), Verbrauchsabgabe von Branntwein und zuschlag zu derselben 99 504 868 ℳ (— 3872 393 ℳ), Brau⸗ steuer und Uebergangsabgabe von Bier 24 772 015 ℳ (— 66 350 ℳ); Summe 641 376 682 ℳ (+ 16 287 392 ℳ). — Spielkartenstempel 1 245 431 ℳ (+ 41 531 ℳ)
Nach der im Reichs⸗Eisenbahnamt aufgestellten Nach⸗ weisung über die im Monat April d. J. auf deutschen Bahnen (ausschließlich der bayerischen) bei den Zügen mit Personenbeförderung vorgekommenen EE“ haben auf 36 größeren Bahnen bezw. Bahnnetzen mit einer Gesammtbetriebslänge von 36 535,54 km von den fahrplanmäßigen Zügen überhaupt sich ver⸗ spätet: 692 Schnellzüge, 1468 Personenzüge und 176 zur Personen⸗ sowie zur Güterbeförderung gleichzeitig dienende üge, zusammen 2336. Von den fahrplanmäßigen Zügen mit Personenbeförderung wurden geleistet: 14 710 361 Zug⸗ kilometer, 281 561 060 Achskilometer gegen 15 136 872 Zug⸗ und 271 427 652 Achskilometer im Vormonat un gegen 13 911 732 Zug⸗ und 268 165 482 Achskilometer in demselben Monat des Vorjahres. Von den Ver⸗ seatmngen wurden 823 durch das Abwarten verspäteter An⸗ chlußzüge veranlaßt, sodaß den aufgeführten Bahnen nur 1513 Verspätungen zur Last fallen, gegen 1608 im Vormonat und 1187 in demselben Monat des Vorjahres. Von den auf eigener Bahn vorgekommenen Verspätungen entfallen auf 1 Million Zugkilometer 103, 1 Million Achskilometer 5, mithin auf 1 Million Zugkilometer 18 = 21 v. H. mehr als im Monat April des Vorjahres und 3 = 3 v. H. weniger als im Vormonat, und auf 1 Million Achskilometer 1 = 25 v. H. mehr als im Monat April des Vorjahres und 1 = 17 v. H. weniger als im Vormonat. Infolge der Verspätungen wurden 1284 An⸗ schlüsse versäumt (gegen 1243 in demselben Monat des Vor⸗ jahres und 1963 im Vormonat). Bei 8 Bahnen sind Zug⸗ verspätungen und bei 11 Bahnen Anschlußversäumnisse nicht vorgekommen. In der Nachweisung sind die Bahnen, auf denen Zugverspätungen vorkamen, nach der Verhältniß⸗ ahl (geometrisches Meineh wischen der Anzahl der von den “ der Personenbeförderung dienenden Zügen auf 1 Million Zugkilometer und der auf 1 Million Achs⸗ kilometer entfallenden eigenen Verspätungen geordnet. Danach nehmen die Kiel⸗Eckernförde⸗Flensburger Bahn, die Bahnen im Bezirke der Königlichen Eisenbahn⸗Direction (links⸗ rheinische, zu Köln und die Hessische Ludwigs⸗Eisenbahn die ungünstigsten Stellen ein. ird die Reihenfolge der Bahnen statt nach der Anzahl der Verspätungen nach der Anzahl der Anschlußversäumnisse bestimmt, so treten die Mecklenburgische Südbahn, die Bahnen im Bezirke der König⸗ lichen Eisenbahn⸗Direction (linksrh.) zu Köln und der König⸗ lichen Eisenbahn⸗Direction zu Frankfurt a. M. an die un⸗ günstigsten Stellen.
1
MNach der im Reichs⸗Eisenbahnamt aufgestellten Nach⸗ weisung der auf deutschen Eisenbahnen — aus⸗ schließlich Bayerns — im Monat April d. J. beim Eisenbahnbetriebe (mit Ausschluß der Werkstätten) vor⸗ gekommenen Unfälle waren im ganzen zu verzeichnen: 6 Entgleisungen und 1 Zusammenstoß auf freier Bahn, 20 Entgleisungen und 11 Zusammenstöße in Stationen und 139 sonstige Unfälle (Ueberfahren von Fuhrwerken, Feuer im Zuge, Keselexplbsionen und andere Ereignisse beim Eisenbahn⸗ betriebe, sofern bei getödtet oder verletzt worden sind). Bei diesen Unfällen sind im ganzen, und zwar größtentheils durch eigenes Verschulden, 150 Personen verunglückt, sowie 45 Eisenbahnfahrzeuge Aclich und 121 unerheblich beschädigt. Von den beförderten Reisenden wurden 1 getödtet und 5 ver⸗ letzt, und zwar entfallen: die Tödtung auf den Verwaltungs⸗ bezirk der Königlichen Eisenbahn⸗Direction zu Berlin, eine Ver⸗ be die Großherzoglich oldenburgischen Staatseisenbahnen, wei Verletzungen auf den Verwaltungsbezirk der Königlichen Eisenbahn⸗Direction zu Elberfeld und je eine Verletzung auf die Verwaltungsbezirke der Königlichen Eisenbahn⸗Directionen u Frankfurt a. und zu Köln (linksrheinisch). Von
ahnbeamten und Arbeitern im Dienst wurden beim eigent⸗ lichen Eisenbahnbetriebe 23 getödtet und 106 verletzt, von fremden Personen (einschließlich der nicht im Dienst befindlichen Bahnbeamten und Arbeiter) 8 getödtet und 7 verletzt. Außer⸗ dem wurden bei Nebenbeschäftigungen 1 Beamter getödtet und 38 Beamte verletzt. Von den sämmtlichen Unfällen beim Eisenbahnbetriebe entfallen auf: A. Staatsbahnen und unter Staatsverwaltung stehende Bahnen (bei zusammen 33 900,92 km Betriebslänge und 889 615 096 ge⸗ förderten Achskilometern) 166 Fälle, davon sind verhältniß⸗
mäßig, d. h. unter Berücksichtigung der geförderten Achs⸗ kilometer und der im Betriebe gewesenen Längen, in den Verwaltungsbezirken der Küniglichen Eisenbahn⸗Directionen zu Köln 2 zu Elberfeld und zu Erfurt die meisten Unfälle vorgekommen. B. ekoatbaßnen (bei zu⸗ sammen 2531,40 km Betriebslänge und 26 905 479 ge⸗ förderten Achskilometern) 11 Fälle, davon sind verhältniß⸗ mäßig auf der 72eene auf der Lübeck⸗Büchener und auf der Hessischen udwigs⸗Eisenbahn die meisten Unfälle
Der Chef der Landgendarmerie, General der Infanterie von Rauch hat sich nach den westlichen Provinzen begeben.
Der Director des Waffen⸗Departements im Kriegs⸗ Ministerium, General⸗Lieutenant Müller ist vom Urlaub hierher zurückgekehrt.
Der Staatssecretär des Reichs⸗Marineamts, Vice⸗Admiral Hollmann ist von Kiel hierher zurückgekehrt. G
Honnef, 9. Juni. Seine Majestät der König von Schweden und Norwegen ist hier eingetroffen und gedenkt bis zum Sonntag hier zu verweilen. Von hier wird sich Seine Majestät zu einem nach Weimar begeben.
esuche des Großherzoglichen Hofes
Baden. v1“ Karlsruhe, 9. Juni. Ihre Majestäten der König und die Königin von Württemberg nahmen heute an dem Familiendejeuner in dem Eroßberzaglichen Palais theil, be⸗ sich sodann nach dem Cadettenhause und von dort nach em Stadtgarten. Nach der Rückkehr der Majestäten in das Schloß fand um 5 Uhr Galatafel statt. Am Abend wohnten die Höchsten Herrschaften der Aufführung im Hoftheater bei. Der bisher mit der Leitung des Ministeriums des Innern betraute Staatsrath Eisenlohr ist der „Bad. Corresp.“ zu⸗ folge zum Präsidenten dieses Ministeriums ernannt worden.
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.
Coburg, 9. Juni. Seine Königliche Hoheit der Fürst von Hohenzollern ist, wie die „Cob. Ztg.“ meldet, in letztverflossener Nacht, Seine Durchlaucht der Prinz Fried⸗ rich von Hohenzollern nebst Gemahlin heute Nachmittag wieder von hier abgereist.
Bremen.
Die Abrechnung über den bremi⸗ schen Staatshaushalt für das Budgetjahr 1891/92 schließt nach der „Wes. Ztg.“ mit einem 8 uß von 559 400 ℳ ab. Veranschlagt war ein Ueberschuß von 178 000 ℳ, wozu noch 50 000 ℳ für eine bewilligte, aber verschobene Ausgabe kommen. Dazu kommen Mehreinnahmen im Betrage von 837 000 ℳ Jedoch sind nachbewilligt an Ausgaben 702 000 ℳ, wovon nur 150 000 ℳ veranschlagt waren. Der Kassenüberschuß beträgt 1 158 000 ℳ, womit der Reservefonds der Ueberschüsse am 1. April 1892 4 345 000 ℳ beträgt. Darauf sind Restverwaltungen angewiesen mit 1 285 000 ℳ
Der jetzt endgültig der Bürgerschaft vom Senat vorgelegte Plan zur Erweiterung des Bremerhavener Kaiser⸗ hafens auf dem abgetretenen preußischen Gebiet berechnet die Kosten i 16 Millionen Mark, nach eingehender Berück⸗ sichtigung der Wünsche Preußens hinsichtlich der Krie⸗ sowie der Bedürfnisse des Norddeutschen Llod.
Deutsche Colonien.
Nach einer Meldung des „Berliner Tageblatt“ aus Sansibar ist die Nachricht von dem Tode Emin Pascha's an die englisch⸗ostafrikanische Küste (Mombasa) gelangt. Eine Bestätigung dieser Nachricht ist bisher noch nicht eingetroffen. Auch dem Londoner Auswärtigen Amt ist keine bestätigende Nachricht zugegangen. Wie das genannte Blatt weiter meldet, befindet sich Dr. Stuhlmann, welcher die Emin⸗ Pascha⸗Expedition begleitet hatte, auf dem Wege von Bukoba über Tabora nach Mpwapwa.
1u1u““ 89
Bremen, 9. Juni.
Desterreich⸗Ungarn. 18
„Gestern Abend fand, wie aus Budapest gemeldet wird, bei Hofe eine Soiree statt, der sämmtliche daselbst wei⸗ lenden Erzherzoge, Erzherzoginnen, die gemeinsamen sowie die österreichischen und die ungarischen Minister, das diplo⸗ matische Corps, die Mitglieder des Parlaments, die Spitzen der Civil⸗ und Militärbehörden, die Hof⸗ und Staats⸗ würdenträger, die Mitglieder des hohen Adels und zahlreiche Damen beiwohnten. Gegen 1500 Personen nahmen an dem glänzend verlaufenen Feste theil. Der Kaiser und König empfing das diplomatische Corps und nahm sodann die Vor⸗ stellung zahlreicher Damen entgegen. Viele von den an⸗ wesenden Persönlichkeiten wurden von Seiner Majestät durch huldvolle Ansprachen ausgezeichnet.
Der Ausschuß des österreichischen Abgeordneten⸗ hauses zur Berathung der Valutavorlage hat gestern die Generaldebatte beendet und mit allen gegen sieben Stimmen beschlossen, in die Einzelberathung einzutreten. Die nächste Sitzung findet Sonnabend statt.
Großbritannienund Irland.
Ueber den Besuch, den Sn Ferdinand von Coburg der Königin Victoria in Balmoral abgestattet hat, meldet der Hofbericht . Der Prinz wurde bei seiner Ankunft am 6. d. 8 tuf der Station Balater von dem Obersten Byng, dem diensthabenden Flügel⸗Adjutanten, empfangen und von einer Compagnie des Regiments Argyll and Sutherland Highlanders mit militärischen Ehren begrüßt. Am Nachmittag machte die Königin mit der Fürstin von Leiningen und Lady Ampthill eine längere Ausfahrt, der sich Prin Ferdinand mit den Prinzessinnen Luise und Beatrice anschloß. Abends bei der Hoftafel war der Prinz der Ehrengast der Monarchin. Die bereits genannten fürstlichen Damen waren wieder zugegen und außerdem waren, neben dem diensthabenden Minister Viscount Cross, Hofrath Fleisch⸗ mann, der Secretär des Prinzen, und Major Markow, sein Adjutant, sowie die Hofchargen hinzugezogen. Auf Wunsch der Königin hat der Prinz, wie die „Times“ mittheilt, seinen Be⸗ such in Balmoral um einen Tag verlängert und ist erst gestern über Edinburg nach London zurückgereist. Bis Ende
der Woche wird er dann noch in 8 der englischen Hauptstadt
verweilen und unter anderm heute einer Einladung des Lord Mayors zum Frühstück im Mansion House folgen.
Die Wahlagitation ist im ganzen Lande in vollem Gange. So hielt Gladstone dieser Tage in Hawarden eine Ansprache an 800 Ausflügler von Lancashire und War⸗ wickshire, in der er sagte: Niemals hätten einer politischen Bewegung ernstere, größere Fragen zu Grunde gelegen als gegenwärtig; nach den Erklärungen von Seite zu urtheilen, dürfte vielleicht die große handelsschlacht⸗ nochmals auszukämpfen sein; niemals hätte es eine größere, heiligere oder hoffnungsvollere Sache — als die, welche bei den bevorstehenden Wahlen ent⸗ chieden werden würde. Vor einer großen Versammlung liberaler Unionisten hat Chamberlain in Birmingham eine Rede gehalten. Er äußerte sich überaus hoffnungsvoll über die Aussichten der Unionistenpartei bei den bevorstehenden Wahlen und verglich Gladstone s Partei mit Verschwendern, die Versprechungen machten, welche sie nicht halten könnten; er beschuldigte Glad⸗ stone, seine Meinungen über die Arbeitergesetzgebung, land⸗ wirthschaftliche Fragen und Besteuerung der Grundrenten ge⸗ ändert und diese auf sein Programm gesetzt zu haben, um Stimmen zu Gunsten seiner irischen Politik zu erlangen. Der Widerstand Ulsters sei durchaus verhängnißvoll für Gladstone’s Homeruleplan, welcher der Anfang anarchistischer Wirren in Irland sein würde. 1“
Frankreich.
In Pariser Blättern wurde vorgestern von einer Unter⸗ redung berichtet, welche der frühere Minister des Aus⸗ wärtigen Flourens vor einigen Tagen mit einem Pariser Ver⸗ treter der „Central News“ gehabt haben soll. Hierbei soll Flourens folgendes erklärt haben: „Bei meinem letzten Besuch in St. Petersburg (vor etwa drei Monaten) hatte ich die Ehre, vom Zaren empfangen zu werden, der mir im Laufe der Unterredung mittheilte, der Großfürst Constantin solle den Präsidenten Carnot während der Feste in Nancy begrüßen. Der Zar beauftragte mich, hiervon dem Präsidenten Carnot amtlich Mit⸗ theilung zu machen.“ Der Kaiser, so fuhr Flourens dem Berichterstatter gegenüber fort, habe dadurch der fran⸗ zösischen Regierung bekunden wollen, daß sein Besuch in Kiel nichts an dem freundschaftlichen Einvernehmen mit Frankreich ändere. Flourens berichtete weiter, er habe diesen Auftrag ausgeführt und begreife deshalb nicht die Ueberraschung, welche das Telegramm des Großfürsten in der Umgebung des Präsidenten in Nancy erregt habe, und daß nicht die zum Empfang des Großfürsten bezüglichen Anordnungen getroffen gewesen seien. Dem gegenüber wird jetzt, wie „W. T. B.“ meldet, halbamtlich erklärt, Flourens sei weder von Seiten Frankreichs noch Rußlands mit irgend welchem Mandat betreffs der Reise des Großfürsten Constantin nach Nanchy betraut worden.
Die Generalacte der in Venedig abgehaltenen inter⸗ nationalen Sanitätsconferenz ist gestern in Paris unterzeichnet worden. Sie enthält nach einem Telegramm des „W. T. B.“ folgende Abänderungen der früheren Vereinbarungen: Die Verpflichtung zur Zurückbehaltung als gesund erkannter Passagiere im Quarantäne⸗Lazareth fällt weg. Die Desinfection und Zurückbehaltung inficirter Schif⸗ wird auf das durchaus Nothwendige beschränkt. Noch größere Er⸗ leichterungen werden den Schiffen, welche Aerzte an Bord haben, gewährt. Oesterreich⸗Ungarn wird den interessirten Mächten die Abänderungen mittheilen.
In einer gestern abgehaltenen Sitzung der royalistischen Rechten der Deputirtenkammer wurde eine Er⸗ klärung angenommen, worin es heißt, die Regierungs⸗ form sei eine Frage, die in Frankreich und von den Franzo en gelöst werden müsse. Der päpstliche Stuhl habe alle Regie⸗ rungen, die in Frankreich einander gefolgt seien, anerkannt, aber indem er mit diesen Regierungen in Unterhandlungen getreten sei, habe er bisher niemals von den Parteigängern der früheren Regierungen das Vergessen ihrer Treue und das Aufgeben ihrer Hoffnungen gefordert. Von den 70 Mit⸗ gliedern der royalistischen Rechten haben sich 40 der Erklärung angeschlossen.
Rußland und Polen.
Nach dem „Regierungsboten“ beabsichtigt der Minister des Innern aus Anlaß der Erfahrungen im letzten Winter möglichst bald zur Revision des Reglements über die Volksverpflegung zu schreiten.
Zur Förderung der Wollenindustrie im Süden des russischen Reichs hat das Finanz⸗Ministerium eine ganze Reihe von Maßregeln getroffen. So wird, wie die „St. Pet. Ztg.“ erfährt, in Zelatkrinosflaw ein Wollenjahrmarkt organisirt, und in Odessa, Jekaterinosssaw und Ssimferopol werden besondere Comités eingesetzt, bei welchen Auskunftbureaus für den Wollenhandel eingerichtet werden sollen.
Die in der letzten Zeit eingelaufenen Nachrichten über das Befinden des zweiten Sohnes des Zaren, des Groß⸗ fürsten Georg, lauten, dem „Hamb. Corr.“ zufolge, ziem⸗ lich günstig. Der junge Großfürst weilt noch immer in Abbas⸗Tuman im Kdukqsue.
Der Emir von Bokhara wird bei seiner bevorstehenden Reise nach Rußland ein Gefolge von mehr als fünfzig Per⸗ fe haben. In der Begleitung des Emirs wird sich auch⸗
ver diplomatische Agent Rußlands in Bokhara, Lessar, be⸗
sinden. “ v11X“”“
Die Berathung über die schwebende Hauptfrage, Regierung sechs oder nur ein Budgetzwölftel (vom 1. Juli ab gerechnet) zu gewähren seien, hat gestern in der Deputirtenkammer ihren Anfang genommen, ist aber noch⸗ nicht beendigt worden. Nachdem die Wortführer der Radicalen
egen das Cabinet und nur für ein Budgetzwölftel gesprochen * nahm der Minister⸗Präsident Giolitti das Wort und erklärte: Das Cabinet werde bei dieser Debatte die Vertrauensfrage nicht stellen, denn es handle sich lediglich um die Vorsorge für die Bedürfnisse der Verwaltung des Staats. Die Kammer werde zweifellos das Budget bewilligen; wenn sie es für sechs Monate bewillige, so könne im November oder Dezember die Berathung beginnen. Wenn aber das Budget nur für einen Monat genehmigt würde, so müßte die Kammer darüber sofort berathen und es im administrativen Wege in einfacher Lesung annehmen. Man könne nicht die Frage der Politik des Cabinets bei dieser Gelegenheit aufwerfen, denn das Cabinet habe vollständig das Budget des früheren Ministeriums übernommen. Die Frage des Cabinets reducire sich also darauf, ob das
hoher
„Frei⸗ vertagt.
Ministerrath wurde die Vorlage über den
et auf sechs Monate oder auf ein Jahr bewilligt Es 1 sich nicht um eine Frage des Ver⸗ trauens, sondern um die Regelung der Staatsver⸗ waltung. Vor diesem hohen Interesse würden, wie er hoffe, alle kleinlichen Fragen verschwinden. Die Linke des Hauses und das Centrum nahmen diese Erklärung mit lebhaftem Beifall auf und von vielen Seiten wurde Giolitti beglück⸗ wünscht. Nachdem noch die Deputirten Demartino (Nico⸗ tera⸗Gruppe) und Bonghi (Rechte) gegen die Regierung ge⸗ sprochen hatten, wurde die weitere Berathung auf heute
Schweden und Norwegen. In einem am Mittwoch in Stockholm abgehaltenen
9 andels⸗ vertrag zwischen Spanien und Norwegen genehmigt. Nach den Bestimmungen dieses Vertrags werden fortan ver⸗ schiedene Arten von Füschen und Fischproducten, sowie ver⸗ schiedene andere Waaren norwegischer Production, wenn sie direct eingeführt werden, dieselbe Vergünstigung genießen, wie die gleichen Waaren einer meistbegünstigten Nation; dagegen werden Spanien einige Zollherabsetzungen zugestanden. Außer⸗ dem soll sich Norwegen verpflichten, eine directe Dampfschiffs⸗ linie zwischen Spanien und Norwegen mit wenigstens 12 Reisen jährlich zu genehmigen.
Amerika.
Aus Buenos Aires vom 9. ds. ist in Paris die Nach⸗ richt eingetroffen, daß jetzt sämmtliche politischen Ge⸗ fangenen wieder in Freiheit gesetzt worden sind.
Asien. Die Mittglieder des japanischen Abgeordneten⸗ hauses sind am 2. Mai in Tokio zusammengetreten und haben die Wahl des Präsidenten und des Vice⸗ Präsidenten vorgenommen. Dabei hat sich, wie man der „Köln. Ztg.“ schreibt, gezeigt, daß die Stärkeverhältnisse der Oppositions⸗ und Regierungsparteien ziemlich gleich sind; den Ausschlag geben die „Unabhängigen“. Das Haus hat ver⸗ fassungsmäßig drei Candidaten für den Präsidentensitz aufzu⸗ stellen, deren einen der Kaiser wählt. Von diesen erhielt Hoshi Toru (Jiyu⸗to) sogleich im ersten Wahlgang eine absolute Mehrheit von 153 Stimmen;: die beiden andern, Kono Hironaka (Jiyu⸗to) und der den Regierungsparteien angehörige Watanabe Koki (bis vor kurzem Gesandter in Wien) brachten es im zweiten Wahlgang auf 151 und 149 Stimmen. Die Wahl zum Vice⸗ Präsidenten vereinigte 156 Stimmen auf Sone Arasuke (Re⸗ gierungspartei) gegen 136 und 132 Stimmen zweier Candi⸗ daten der Fortschriktspartei (Kaishin⸗to). Hoshi Toru und Sone Arasuke haben die Bestätigung des Kaisers erhalten. Der Reichstag ist dann, wie 1. telegraphisch gemeldet,
b
am 6. Mai von dem Kaiser in Person eröffnet worden. AKfrika.
Ueber die Wirren und Kämpfe in Uganda liegen von der englisch⸗ostafrikanischen Gesellschaft noch keine directen Mittheilungen vor. Wohl aber sind Berichte vom August und Dezember vorigen Jahres eingetroffen, welche die Gegensätze, die im Januar d. J. 8 den blutigen Kämpfen führten, er⸗ kennen lassen und über Vorgänge berichten, welche die Schatten der kommenden Ereignisse vorauswerfen. Wir heben nur die Hauptpunkte daraus hervor:
Unter den 13. August 1891 berichtete Capitän Lugard über einen Streit der Protestanten und Katholiken wegen eines Grund⸗ stücks, dessen wegen er den (katholischen) König Mwanga ersucht hatte, am 15. Februar als Schiedsrichter eine Ferkiceiden zu treffen. Diese fiel zu Ungunsten der Protestanten aus, was große Aufregung unter ihnen hervorrief; der Capitän setzte dem König auseinander, daß er das Land in Krieg stürze, da er den Protestanten Gerechtigkeit ver⸗ weigere. Am folgenden Tage war die ganze Umgegend in Waffen, Haufen (protestantischer) Bewaffneter sammelten sich auf Hügeln zur Schlacht. Eindringliche Vorstellungen des Capitäns stellten schließlich die Ruhe wieder her. Infolge dessen erschöpfte sich der König in Danksagungen und erbot sich jetzt, das Grundstück zu theilen. Am Nachmittag kam es aber infolge des Zusammenstoßes Betrunkener von beiden Seiten zu Unordnungen, Schüsse fielen, Hütten wurden verbrannt. Es gelang dem Capitän wieder, Ruhe zu schaffen, aber allgemein hieß es, am Tag werde der Krieg ausbrechen, wenn der Streitfall nicht während der Nacht geschlichtet werde. Dies geschah, nachdem die Häuptlinge sich im Fort versammelt, und wieder war der Krieg abgewendet. Etwa zwei Tage darauf aber kam es zu neuem Tumult, indem einige Protestanten auf ent⸗ legeneren Grundstücken von Katholiken angegriffen wurden. Abermals versammelte der Capitän die Häuptlinge, welche an der Möglichkeit, den Frieden zu erhalten, verzweifelten. Trotzdem gelang es ihm wieder, sie zu beschwichtigen. Täglich kam es nun aber zu Mord und Todtschlag, die Aufregung hielt an und fortwährend wurde der Capitän von Leuten beider Parteien überlaufen, welche klagten, sie seien widerrecht⸗ lich von ihrem Grund und Boden vertrieben worden. Der Capitän schlug nun vor, daß im „Burza“ (Versammlung) zwei Gesetze beschlossen werden sollten, 1) daß kein Häuptling mehr ohne ausdrücklichen Befehl des Burza jemand von seinem Grundbesitz vertreiben dürfe, widrigenfalls er abgesetzt werden solle und 2) daß alle Grundbesitzer ihrem unmittelbar vorgesetzten Häuptling und dieser wieder seinen Vorgesetzten u. s. w. Gehorsam und die vorgeschriebenen Abgaben ohne jede Rücksicht auf Partei oder Confession zu leisten habe. Die Wirkung dieser Gesetze war eine sehr günstige, und es gelang nach und nach die verschiedenen Streitpunkte beizulegen. Gerade zu dieser Zeit kam der französische Bischof und sein See an, und er schrieb dem Capitän Lugard einen Brief, welchen sowohl dieser wie Capitän Williams für äußerst unzutreffend erachteten. Da fie aber annahmen, daß sich dies aus falschen Mittheilun⸗ gen und enügender Kenntniß erkläre, antwortete Lugard in sehr gemäßigtem Ton, ging hin und that den Priestern sein unparteiisches Bemühen für die Erhaltung des Friedens kund. Nach langen Unterredungen gelang es denn auch, die herzlichen Be⸗ ziehungen, welche vor des Bischofs Ankunft bestanden hatten, wieder herzustellen. 8 u“
Weiter berichtet der Capitän wörtlich: „Im März ging ich lang⸗ sam aber erfolgreich in der Grundbesitzfrage weiter vor. Die tatholischen Häuptlinge erwiesen sich jetzt sehr freundlich und gewillt, in allen Fällen sich bei meiner Entscheidung zu beruhigen. Dies war namentlich in einer sehr schwierigen Frage, welche jetzt auftrat, der Fall. Ich war von anfang an für unbeschränkte Glaubensfreiheit aufgetreten. Die Protestanten wünschten nun zu wissen, ob jemand, wenn er seinen Glauben wechsle, seinen Grundbesitz verwirke. Dies war in dem Abkommen zwischen den Parteien damals, als sie die Muha⸗ medaner vertrieben, ausdrücklich festgesett worden, und ich hatte bei Unterzeichnung des Abkommens es gelten zu lassen versprochen, vor⸗ ausgesetzt, daß keine seiner Clauseln mit unserem Vertrag (d. h. mit
em Vertrage, der zwischen der englisch⸗ostafrikanischen Gesellschaft und dem König Mwanga am 26. Dezember 1890 abgeschlossen war; vgl. unten. D. Red.) in Widerspruch stehe. Es schien nun aber daß nur ein sehr kleiner Theil des Volks in katholis
oder protestantisch war. Die weit überwiegende Mehrheit war heid⸗ nisch seblieben, hieß aber katholisch oder protestantisch je nach der onfession des betreffenden Häuptlings. Alle diese wollten nun, so b es, auf ein Mal, wenn sie darum in ihrem Besitzthum nicht ün roht würden, zur Religion des Königs, d. h. der katholischen ertreten. Das wäre ein schwerer Schlag für die Protestanten ge⸗
wesen und hätte sie als politische Partei vernichtet. Die Protestanten
und ihre Missionare wiesen darauf hin, wogegen die Katholiken be⸗ tonten, daß die ee nur meinem eigenen Vorschlage unein⸗ geschränkter Religionsfreiheit entsprechen würde. Dies gab ich im Princip zu, erinnerte sie aber daran, daß gerade sie bei der Unter⸗ zeichnung unseres Vertrages in mich gedrungen waren, das gegen⸗ seitige Abkommen zu respectiren; jetzt, da mir die Pkotestanten Wortbruch vorwerfen, müsse es i sein Bewenden haben. Es wurde daher vereinbart, daß vorläufig, bis die Gesandten von der Küste kämen, jedenfalls aber nicht länger als zwei Jahre, das Abkommen noch in Kraft bleiben solle. Als im März Nachrichten von den Gesandten eintrafen, wuchs meine Autorität bei beiden Parteien, obgleich die Nachrichten der katholischen oder besser gesagt, französischen Partei ungünstig waren; alles wünschte nun, daß wir im Lande bleiben, des Friedens halber. Dies gilt freilich nur von den leitenden Häuptlingen und dem König, welcher allerdings so raschen Sn encawehfem unterworfen ist, daß man oft be⸗ zweifeln möchte, ob er völlig bei Verstand ist. Es ist aber er mit ihm geworden und in dieser Richtung wird er
sich hoffentlich noch weiter entwickeln Es hat guten Eindruck gemacht, daß wir Katholiken und Protestanten, als sie im Kriege (mit den Muhamedanern) waren, Gewehre und lver lieferten. Ausdrücklich schärfte ich den Missionaren, dem önig und den Häuptlingen ein, daß die Missionen ausschließlich auf die Religion Bezug haben, und daß alle weltlichen Angelegenheiten und Streitfragen, wenn vor Europäer gebracht, ausnahmslos nur dem Residenten vorgetragen werden dürfen. Allgemein wurde dem zu⸗ gestimmt. Bischof Tucker gab dann, als er hier war, seine Meinung dahin ab, daß kleinere Angelegenheiten durch ihn selbst in gemein⸗ samer Berathung mit den katholischen Priestern entschieden werden sollten, und ich ging gerne darauf ein, daß er den Versuch machen solle.
In einem Schreiben des englischen Missionars Baskerville vom 4. Dezember 1891 heißt es:
Wir leben auf einem Vulkan; das ganze Land ist in Gährung. Die römischen Katholiken verschulden die Pnfe Verwirrung, indem sie Leute zur Zerstörung von Melondo'’s Ortschaft in Kyagwe ab⸗ sandten. Dieser ist einer unserer angesehensten Feuvptkinge Statt sich zu übereilten Schritten hinreißen zu lassen, ging er na Sehs Williams, ihn um Rath zu fragen, und dieser hieß ihn nach Hause gehen und sein Eigenthum vertheidigen. Hinter ihm her sandte der König (d. h. die katholische Partei) vier Häupt⸗ linge mit dem Auftrage, ihn zu tödten. Williams ging zu dem König und erklärte ihm, wenn er nicht Gegenbefehl sende, so werde er ihn angreifen. Die Protestanten warten nun auf die Wirkung des e. lichen Gegenbefehls. Ist jener Häuptling ermordet worden, so giebt es Krieg, und dieser würde die Vertreibung der katholischen Partei bedeuten, da Williams zu den Protestanten als dem angegriffenen Theil steht. 8
5. Dezember. Der Tag brach sehr unruhig an. Alles sprach von Krieg. Gegen Mittag hörten wir die Kriegstrommeln Mudschari's; er ist Katholik und war bei einer früheren Gelegenheit der Erste beim Losschlagen, freilich, um sich nachher mit Trunkenheit zu ent⸗ schuldigen .. . Einer unserer Häuptlinge ging ruhig seines Wegs, als wir von unserem Garten aus einen katholischen Häuptling vier⸗ mal auf seine Leute schießen sahen. Unsere Leute wurden aufgeregt, aber sie besannen sich doch noch und beschlossen, Capitän Williams' Weisungen abzuwarten. Von Melondo's Schicksal hängt alles ab.
6. Dezember. Wir waren heute sehr erfreut, im Gottesdienst keinen Bewaffneten zu erblicken; aber derselbe mußte der Erregung halber kurz gehalten werden. Morgen geht der Capitän mit einem Mann von jeder der beiden Parteien durch die Straßen, um jedem, der ein Gewehr trägt, dasselbe abzunehmen.
Der Missionar G. L. Pitkington schreibt unter dem 7. Dezember: Zum dritten oder vierten Male haben wir mit knapper Noth den Krieg vermieden. Die Herausforderung kam durchaus von der katho⸗ lischen Seite; wäre es zum Krieg gekommen, hätte Capitän Williams den Protestanten geholfen.
Die hier geschilderten Verhältnisse haben sich nun weiter zu dem Kriege im Januar entwickelt. Ueber die Stellung der englischen Regierung zu den Capitänen Lugard und Williams hat in der gestrigen Londoner Unterhaussitzung der Parlaments⸗Secretär des Auswärtigen Lowther eine Er⸗ klärung abgegeben, in der es heißt: Die Capitäne Lugard und Williams seien der britisch⸗oöstafrikanischen Gesellschaft vom Kriegs⸗Ministerium überlassen worden; Capitän Lugard habe darauf von der Gesellschaft den Auftrag erhalten, die beste Route nach dem Victoria⸗Nyanza aufzufinden. Wegen der Abänderung des Planes e des englisch⸗deutschen Abkommens vom 1. Juli 1890 habe Lugard, als er sich in Dagoreti aufhielt, am 19. Oktober Weisungen er⸗ halten, unverzüglich nach Uganda fr ehen und einen Vertrag mit König Mwanga abzuschließen, wobei ihm auf die Seele gebunden worden sei⸗ dahin zu arbeiten, daß die bestehenden Religionsstreitigkeiten aufhörten und daß allen Confessionen vollkommene Religionsfreiheit gewährt werde; auch müsse er alles aufbieten, um die widerstreitenden Inter⸗ essen zu versöhnen. Diese Weisungen seien ausgeführt und der bekannte Vertrag mit König Mwanga am 26. Dezember 1890 abgeschlossen worden. In diesem Vertrage seien die administra⸗ tiven Befugnisse der Vertreter der Gesellschaft klar definirt und nach diesem Vertrage hätten Lugard und dessen Unter⸗
ebene, die von Williams unterstützt wurden, gehandelt. Der
E Brodrick erklärte, weder der Kriegs⸗Minister noch der Ober⸗Befehlshaber hätten eine Controle über Lugard und Williams und könnten deshalb auch nicht für deren Vor⸗ gehen verantwortlich gemacht werden.
Parlamentarische Nachrichten. 1
Nach dem vom Bureau⸗Director des Hauses der Abgeordneten, Geheimen Regierungs⸗Rath Kleinschmidt aufgestellten Verzeichniß sind zur Zeit im Hause der Abgeordneten noch unerledigt: A. an Regierungsvorlagen die zweite und dritte Berathung des Gesetzentwurfs über die Bahnen unterster Ordnung (die zweite Berathung steht auf der Tagesordnung am 13. d. M.), B. an Anträgen die Herathung des Antrages des g. Dr. Kelch, wegen Vorlegung eines Gesetzentwurfs, betreffend die Errichtung eines Atsgerichts auf Helgoland, C. an Commissionsberichten Be⸗ richte der Geschäftsordnungscommission und eine größere Reihe von Berichten der verschiedenen Fachcommissionen, über Petitionen. — Im 11“* sind noch folgende, demselben vom Abge⸗ ordnetenhause zugegangene Vorlagen unerledigt: 1) Gesetzentwurf, be⸗ treffend die Aufhebung der Befreiung von ordentlichen 2 gegen Entschädigun g. 2) Gesetzentwurf, etreffkend die Einführung der Landgemeindeordnung für die sieben östlichen Provinzen der Monarchie vom 3. Juli 1891 in der Provinz Schleswig⸗ Holstein. 3) Gesetzentwurf, betreffend die Besetzung der Subaltern⸗ und. Unterbeamtenstellen in der Verwaltung der Communalverbände mit Militär⸗ anwärtern. 4) Gesetzentwurf, betreffend das Diensteinkommen der Lehrer an den nichtstaatlichen öffentlichen höheren Schulen. 5) Gesetzentwurf, betreffend die Feststellung eines Nach⸗ trages zum Staatshaushalts⸗Etat für 1892/93 (Herstellung einer Wasserleitung für den oberschlesischen Industriebezirk). 6) Gesetz⸗ entwurf, betreffend die Ablösung der auf Grund des § 46 der Wegeordnung für die Provinz Sachsen seitens des Staats an die genannte Provinz zu zahlenden Rente.
Kunft und Wissenschaft. 8
Der Verein für deutsches Kunstgewerbe veranstaltete am Mittwoch Abend im großen Saale des Architektegfhauses einen Fachabend für Farbendruck, der von den hervorragendsten Firmen beschickt und von dreihundert Personen besucht war. rr Professor E. Döpler d. J. besprach die verschiedenen Verfahren des neuen Farbendrucks und erläuterte die reiche Ausstellung, aus der wir die verschiedenartigen Arbeiten der hiesigen Firmen A. Erüc J. Miesler, H. Riffarth u. Co., O. Troitzsch, E. Wasmuth, E. Wundse u. a., sowie die farbigen Kupferdrucke des Pariser Hauses Boussod, Valadon u. Co. (früher Goupil) besonders hervorheben. Das größte Aufsehen erregten die neuen Versuche in Naturfarbenlichtdruck, Ver⸗ fahren Vogel⸗Ulrich, welche Herr H. Paechter zum ersten Male einem vccheßn⸗ Kreise vorlegte; Herr Professor W. Vogel gab näheren technischen Aufschluß über die langjährigen Arbeiten, welche zu so hoffnungsvollen Ergebnissen geführt haben.
— In dem Artikel: Luther⸗Coder vom Jahre 1530, in Nr. 131 d. Bl., muß es statt 1 Tausend Mark heißen: 10 Tausend Mark. Es war dies der Kaufpreis vor 22 Jahren und ist es auch jetzt. 8*
1 — Die Generalversammlung der Goethe⸗Gesell⸗ schaft in Weimar am 11. d. M. verspricht sehr zahlreich besucht zu werden. Die Zahl der Anmeldungen zum Besuch der Vorstellung im Hoftheater beläuft sich auf ca. 250. Unter Anderen werden erwartet der Wirkliche Geheime Rath Professor Dr. von Helmholtz und der Staats⸗Minister Delbrück. Herr von Helmholtz hält am 11. die Fest⸗ rede über „Goethe's Vorahnen kommender naturwissenschaftlicher Ideen“. Der Vorstand der Goethe⸗Gesellschaft tritt heute bereits zu einer Sitzung zusammen. Am Nachmittag ist er zur Tafel bei den Groß⸗ S“ Herrschaften geladen. 8
m 12. d. M. beginnt in Weimar die Jahresconferenz des Verwaltungsraths der deutschen Schiller⸗Stiftung.
— Der deutsche Anatomen⸗Congreß (vergl. Nr. 132 d. Bl.) in ist laut Meldung des „W. T. B.“ gestern geschlossen worden. . 8
— Eine Expedition zur allseitigen Erforschung des wirth⸗ schaftlichen Lebens der Ssamojeden wird, wie die „St. Pet.
tg.“ mittheilt, von dem russischen Domänen⸗Minister ausgerüstet. ie Arbeitszeit der Expedition ist auf zwei Jahre berechnet. An ihrer Spitze stehen der Cand. hist. nat. Panfilow, Beamter des Domänen⸗ Ministeriums, und der Veterinärarzt Ssnegirew vom Ministerium des Innern. Die Expedition begiebt sich zunächst in die Mesen⸗Tundren.
— In dem kleinen hübschen See von Inkwyl, an der Bahn⸗ linie von Herzogenbuchsee nach Solothurn, befindet sich ein mit Erlen bewachsenes Inselchen, dessen Grund schon oft von Alterthums⸗ forschern durchwühlt wurde. Auf diesem Inselchen befand sich nämlich vor einigen Tausend Jahren eine Pfahlbaustation. Den Beweis für ihr einstiges Vorhandensein lieferten eine Anzahl ur⸗ alter Werkzeuge, die man zu verschiedenen Zeiten bei an⸗ gestellten Nachforschungen aus der Erde hervorgrub. In den letzten Tagen hat auch, so berichtet das „Oltener Tagblatt“, der Alter⸗ thumsfreund Herr Fischer⸗Sigwart, Apotheker in Zofingen die Insel in Gesellschaft des Eigenthümers G Gottfried Roth durchforscht und noch verschiedene interessante Funde gemacht. Ueber deren Ergebniß berichtet in Folgendem das „Zofinger Tagblatt“: Durch einen neu erstellten Kanal vom Inkwyjersee gegen Heimen⸗ hausen und Berken kam der Seespiegel etwas über einen Meter tiefer zu liegen, und da erwies sich der bloßgelegte Inselrand als eine reiche Pfahlbaufundstätte. Die Anlage soll auf eine ur⸗ sprüngliche sogenannte „Floßbaute“ schließen lassen. Gefunden“ wurden eine Anzahl Feuersteininstrumente, rothgebrannte Kieselsteine, schwarzer Töpferton und namentlich ein Töpferofen, Stücke von liegenden Baumstämmen und stehenden Pfählen, eine Menge rother und schwarzer Topfscherben, viele aufgeschlagene Knochen und andere Reste von Hirschen und Schweinen, eine Lanzenspitze, eine Säge, zwei Schaber und Feuersteinsplitter, eine bearbeitete Hirschweihkrone, ein Reibstein, ein fein angeschliffener Kiesel, eine sehr fein gearbeitete, polirte Pfeilspitze aus Hirschgeweih, ein schöner Steinmeißel, ein kleines und ein Serpentinbeil, eine kleine Feuersteinsäge.
— Aus Kopenhagen wird dem „W. T. B.“ berichtet: Nach dem Besuch der Künstler im Thorwaldsen⸗Museum (vergl. die gestrige Nummer d. Bl. nach Schluß d. Red.) fand ihnen zu Ehren im Hotel d'Angleterre ein Diner statt. Der Vice⸗Director der hiesigen Akademie, Kammerherr Waldahl, hieß sie willkommen. Der Director der Berliner Akademie, A. von Werner, dankte und sprach die Hoffnung aus, daß der Besuch den deutschen Künstlern nützlich sein werde. Unter den zahlreich anwesenden Ferlschen Künstlern befanden sich Bissen, Saabye, Niß, Albert Jensen,
ocher.
Land⸗ und Forstwirthschaft.
Ueber den Saatenstand in Belgien erfahren wir Folgendes: G
Die Ernteaussichten sind im allgemeinen sehr günstig. In dem Bezirk von Antwerpen stehen Roggen, Hafer und Kartoffeln, 8 auf hochliegendem Erdboden sehr gut. In den Poldern gedeiht eizen und Gerste weniger gut, doch wird bei warmem Wetter eine Wendung zum Besseren erwartet. In Ostflandern hat sich der Stand während des Monats Mai merklich gebessert: Roggen und Hafer stehen dort gut, Weizen weniger befriedigend. In den übrigen Provinzen ist der Saatenstand überall befriedigend.
Verkehrs⸗Anstalten.
Straßenbahn⸗Gesellschaft. Betriebs⸗ Einnahme: Vom 1. Januar bis 31. Mai 1892 423 713,16 ℳ, — 3196,68 ℳ Vom 1. bis 31. Mai 1892 102 943,45 ℳ
Breslau, 9. Juni. (W. T. B.) Heute ist hierselbst die Elektrische Straßenbahn⸗Gesellschaft mit einem Kapital von 3 150 000 ℳ gegründet worden. Die Actien sind von einer Gruppe erster Breslauer und Berliner Banken und Bankhäuser fest übernommen. Mitglieder des Aufsichtsrathes sind: Geheimer Rath Heymann, Director Lyon von der Breslauer Wechselbank und Stadt⸗ verordneter Wehlau in Breslau, sowie Regierungs⸗Rath Magnus, Banquier Delbrück und Bauinspector Kolle in Berlin.
Bremen, 9. Juni. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer „Havel“, hat am 8. Juni, 2 ¼ Uh. Morgens die Reise von Southampten nach Bremen fort⸗ gesetzt und um 8 Uhr Morgens Dover passirt. Der Schnelldampfer „Elbe“, am 28. Mai von Bremen und am 29. Mai von Southampton abgegangen, ist am 7. Juni 4 Uhr Nachmittags in New⸗York angekommen. Der Post⸗ dampfer „Gera“, von Baltimore kommend, ist am 7. Juni, 11 ¼ Uhr Abends, auf der Weser angekommen. Der Schnell⸗ dampfer „Lahn“ ist am 7. Juni, 7 Uhr Morgens, von New⸗York via Southampton nach der Weser abgegangen. Der Postdampfer „Köln“ hat am 8. Juni, 10 Uhr Vormittags, die Reise von Antwerpen nach Bremen fortge⸗ setzt. Der Postdampfer Karlsruhe“, am 25. Mai von Bremen abgegangen, ist am 8. Juni, 7 Uhr Morgens, in Baltimore angekommen. Der Reichs⸗Postdampfer „Preußen“, von Ost⸗ Asien kommend, ist am 8. Juni, 11 Uhr Vorm., in Antwerpen ange⸗ kommen. Der Schnelldampfer „Trave“ hat am 8. Juni. 3 Uhr Nachm., die Reise von Southampton nach New⸗York fortgesetzt. Der Postdampfer „Hermann’, von New⸗York kommend, hat am 8. Juni, 11 Vorm., Lizard passirt. Der Schnelldampfer „Fulda“, am 28. Mai von New⸗York abgegangen, ist am 8. Juni, 5 Uhr Nachm., in Genua angekommen. er Postdampfer „Kronprinz Friedrich Wilhelm“ ist am 8. Juni von Bahia nach Europa in See gegangen.
— 10. Juni. (W. T. B.) Der Reichs⸗Postdampfer
Kölnische
„Salier“, nach Australien bestimmt, ist am 9. Juni, 3 Uhr Nachm., in Antwerpen angekommen. Der Postdampfer „Frankfurt“*