Stellen Sie sich einmal ein Gericht vor, welches nun die Frage entscheiden soll, wie hoch die Entschädigung für diese Steuer⸗ freiheit zu bemessen, so muß das Gericht sich zuvörderst sagen: von einer Kapitalisirung der momentan gezahlten Steuer zu dem landesüblichen Zinsfuße kann unmöglich die Rede sein; denn da die Steuer, die die Herren zu zahlen haben, schwankt nach ihren Vermögensverhältnissen, deren Entwicklung wir ja garnicht übersehen können, so kann der Staat unmöglich verpflichtet sein, eine dauernde gleichbleibende Rente oder ein danach bemessenes Kapital gegenüber einer im Werth schwankenden Steuerbefreiung zu geben. Folglich muß das Gericht nun anfangen, genau wie Sie, meine Herren, hier abzuschätzen — da eine bloße Kapitalisirung nach dem landes⸗ üblichen Zinse unmöglich ist —, und da fehlt den Gerichten, wie ich behaupte, jede irgendwie haltbare Unterlage. Es bliebe nichts übrig: 8 müßte ein Sachverständiger gehört werden, der soll nur den dauern⸗ en Schaden, den der Berechtigte unter den möglicherweise auch noch schwankenden Steuern des Staats und unter schwankenden Ver⸗ mögensverhältnissen für immer erleidet, äquivalisiren. Welcher Sach⸗ verständige würde darauf wohl antworten können? Freilich, die Sach⸗ verständigen können schließlich alles beantworten, wenigstens in der Praxis (Heiterkeit); sie wissen Dinge, die sie eigentlich nicht wissen, weil man ihnen sagt, sie müßten es wissen. (GHeiterkeit.) Was würde die Folge sein? Diese Fragen sind Thatfragen, sie kommen nicht an das Reichsgericht, sie können dort garnicht ent⸗ schieden werden. In dem einen Landgerichtsbezirk, wo ein Richter⸗ collegium mit ganz klugen Sachverständigen ist (Heiterkeit), wird die Sache so, in dem anderen Landgerichtsbezirk wird sie ganz anders entschieden werden. Glauben Sie, daß Sie damit Befriedigung her⸗ vorrufen, daß eine solche ungleiche Behandlung, die hier ganz zweifellos
lichen Act, mit dem wir es in dem vorliegenden Falle zu thun haben? Nach allen diesen Gründen, und ich will noch hinzufügen: im eigenen Interesse der Entschädigungsberechtigten (sehr richtig!) — das möchte ich dringend befürworten — bitte ich Sie, den Antrag abzulehnen. Ich bin überzeugt, der Antrag bringt das Gesetz zum Scheitern. Die Staatsregierung kann diesen Antrag so, wie er liegt, nicht annehmen. Wenn einmal auf den Rechtsweg hingewiesen wird, so wird man darauf gedrängt, man mag wollen oder nicht, die ganze Rechtsfrage auch wegen der Existenz und des Umfanges des Rechtes vor die Gerichte zu bringen. Dieser Gegenstand ist schon genug als Agitationsmittel benutzt worden. Alle Parteien des Abgeordnetenhauses haben sich auf dieses Gesetz geeinigt. Dort ist die Sache auch als eine Art Compromiß angesehen worden. Einige wollten einen höheren Multiplicator, andere einen geringeren; andere wollten die einzelnen Rechtsfragen prüfen. Schließ⸗ lich hat man sich geeinigt: wir wollen durchschlagen und den Vergleich, der gewissermaßen in diesem Gesetz enthalten ist, acceptiren.
Wenn nun das Gesetz scheitert, in welche weiteren Schwierigkeiten kommen wir und kommen die Standesherren selbst? Wir haben die Absicht doch wohl alle, die Steuerreform in der Weise weiter zu führen, daß wir die Grund⸗ und Gebäudesteuer hoffentlich ganz, jedenfalls zum theil überweisen. Aus welchem Grunde überweisen wir die Grund⸗ und Gebäudesteuer? Weil wir die Doppel⸗ besteuerung gegenüber der Einkommensteuer beseitigen wollen! Werden wir nicht im nächsten Jahre oder in diesem Herbste, wenn die Steuerfreiheit bestehen bleibt, sofort vor die Frage kommen: Trifft denn dieser Grund zu für diejenigen Besitzer, die ganz frei sind von der Personalsteuer? Man wird fragen können, wie kommen wir dazu, auch diesen Herrschaften gegenüber, da bei ihnen ja der eigentliche Grund wegfällt, die Grund⸗ und Gebäudesteuer zu überweisen? Oder nehmen Sie an, diese Steuerreform scheitert, dann muß die Ein⸗ kommensteuer selbst reducirt werden. Dann würden wir heut die Herren als zu 4 % besteuert ansehen, und nachher würde die Ein⸗ kommensteuer reducirt werden, das Kapital würde aber als dauernde Entschädigung fixirt. Das wäre wieder eine neue Unzuträglichkeit. Politische Rücksichten, eigene Interessen und allgemeine Staats⸗ interessen führen dazu, dieses Gesetz zum Abschluß zu bringen, und ich glaube, gerade das Herrenhaus ist berufen, in dieser, wie ich zugebe, schwierigen, mehr oder minder arbiträren Bemessung der Entschädigung nach Billigkeit der Staatsregierung zu helfen. (Bravo!)
Graf von der Schulenburg⸗Beetzendorf: Diese Be⸗ stimmung des Gesetzentwurfs sei nur zu stande gekommen unter Ver⸗ sicherung des Finanz⸗Ministers, daß mit den zur Zeit außerhalb dieses Gesetzes stehenden Herren über ihre Anrechte speciell werde verhandelt werden. Es sei überhaupt sehr bedenklich, in ein allgemeines Gesetz eine solche provisorische Bestimmung bhineinzulegen. Diese Ver⸗ handlungen seien auch nicht in der Weise geführt worden, um einen wirklich fruchtbaren Abschluß herbeizuführen. Jedenfalls hätten die Betheiligten das Gefühl, daß die Verhandlungen mit ihnen un⸗ verrichteter Sache abgebrochen seien und eben durchgeführt werden sollten durch den Erlaß dieses Gesetzes. Er freue sich, daß der Finanz⸗Minister an das Ediet von 1815 als das maßgebende erinnert habe. Dies sei nur der Ausdruck des Königs von Preußen, daß er den Herren, die in seinem Lande der Souveränetät entkleidet worden seien, diese habe erhalten wollen, insofern, als sie diese Steuerfreiheit genießen sollten. So lange diese mediatisirten Fürsten dem Schutz des Fürsten unterstellt gewesen seien, in dessen Gebiet ihr Besitz gelegen habe, hätten sie das Gefühl gehabt, daß ihr Fürst⸗ liches Recht nach Fürstlichem Recht beurtheilt und gehandhabt werde. Daß diese Stellung viel schwieriger geworden sei, nachdem man aus dem absoluten Staat in den constitutionellen getreten sei, liege wohl auf der Hand. Wenn der Landtag aber die Hand dazu bieten sollte, dieses Fürstliche Recht nicht durch Verhandlungen zum Austrag zu bringen, sondern einfach zu brechen, vermöge er nicht die Verantwortung auf sich zu nehmen, den Herren, die davon betroffen würden, gegen ihren Willen ein solches Gesetz zu octroyiren. Er würde deshalb das Haus bitten, das Gesetz abzulehnen; es empfehle sich aber wohl, da damit nichts auszurichten sei, die Annahme des gestellten Amendements Solemacher, daß die Betreffenden die Entscheidung des Gerichts anriefen, wenn sie erpropriirt würden. Man treffe in diesem Gesetzentwurf auch noch viele Widersprüche in den rechtlichen Begründungen und auch große Lücken. Wie stehe es z. B. mit den Rechten der jüngeren Mit⸗ glieder der betreffenden Häuser, die steuerfrei gewesen seien und jetzt steuerpflichtig würden? Hätten sie einen Regreßanspruch an den Chef ihres Hauses bezüglich der 13 ⅛ fachen Entschädigung oder nicht? Viele von den Fürsten zögen es vor, ihren Anspruch durch die Ge⸗ richte entschieden zu sehen, als sich diesem Gesetz zu unterwerfen.
Der Antrag des Freiherrn von Solemacher wird gegen 15 bis 20 Stimmen abgelehnt, das Gesetz im ganzen gegen dieselbe Minderheit angenommen.
Bezüglich der Resolution empfiehlt der Reeferent Prof. Dernburg deren Annahme. Es sei eine F der Billigkeit, daß wohlerworbene Rechte nur entzogen werden könnten gegen Ents⸗ ädigung. Auch vom Rechtsstandpunkt aus sei es das Richtige, daß eine derartige Entschädigung den Be⸗ treffenden nachträglich bewilligt werde.
Ober⸗Bürgermeister Becker: Er halte es nicht für richtig, wenn man jetzt die Regierung veranlassen wolle, diese Frage noch einmal zu prüfen. Man müsse sich auf den Boden der vollendeten That⸗ sache stellen, und da er persönlich diese Ansprüche als nicht mehr rechtigt anerkennen könne, so könne er der Resolution nicht zu⸗ timmen.
Die Resolution wird mit einer geringen Mehrheit, die erst durch Zählung festgestellt wird, ange nom men.
Die Petition des Schriftstellers Dr. Fischer in Berlin um Wiedergewährung einer bei Umgestaltung des Königlichen literarischen Bureaus im Jahre 1882 vom Herrn Minister des Innern ihm widerruflich gewährten, jedoch kürzlich entzogenen jährlichen Remunexation wird durch Uebergang zur Tages⸗ ordnung erledigt. 8
Schluß 3 ¾¼ Uhr. Nächste Sitzung Dienstag, wenn die Commission mit dem Gesetz, betreffend die Kleinbahnen, bis dahin fertig ist
8 1“ Haus der Abgeordneten. 77. Sitzung vom Sonnabend, 18. Juni.
Ueber die unveränderte Annahme des Gesetzes über die Militäranwärter in der ihm vom Herrenhaus gegebenen Fassung sowie über den Beschluß, die Berathung über das
esetz wegen des Diensteinkommens der Lehrer an den nichtstaatlichen öffentlichen höheren Schulen von der Tagesordnung abzusetzen, ist bereits in der Sonnabend⸗ Nummer kurz berichtet worden. Zum Schluß der Sitzung wurden Petitionen berathen.
Eine Reihe von Petitionen wird als zur Erörterung im Plenum nicht geeignet erachtet.
Ueber die Petition des Gerichtsvollziehers Krings zu Meinersen, Provinz Hannover, wegen Gewährung von Alterszulagen an die Gerichtsvollzieher, der Vexse und der Eintheilung der Bezirke für dieselben, wird zur Tagesordnung übergegangen.
Die Petition von Gerichts⸗Aectuaren des Ober⸗Landesgerichts⸗ bezirks Breslau, wegen der Einkommens⸗ und Anstellungs⸗ verhältnisse der Gerichts⸗Actuare, beantragt die Justizcom⸗ mission der Regierung dahin zur Berücksichtigung zu überweisen, daß eine thunlichst baldige Verbesserung der Lage der Actuare entsprechend der schon im vorigen Jahre geäußerten Absicht der Regierung angestrebt werde und namentlich in dem nächsten Etat bereits höhere Mittel zur Ver⸗ von Stellen der ständigen Diätare und der etatsmäßigen Bureaubeamten eingestellt würden, im übrigen zur Tagesordnung überzugehen.
Abg. von Buch (cons.) beantragt einfachen Uebergang zur Tagesordnung, wogegen Abg. Avenarius (nl.) den Commissions⸗ beschluß empfiehlt.
Der Commissionsantrag wird angenommen. 1
Die Einwohner von Haintchen petitioniren um Abtrennung der Gemeinden Haintchen und Hasselbach vom Bezirke des Amts⸗ gerichts in Usingen. Die Justizcommission beantragt einstimmig Uebergang zur ö“
Abg. Dr. Lieber (Centr.) befürwortet einen Antrag auf Ueberweisung zur Berücksichtigung und wird darin von den Abgg. Beckmann (cons.) und Cahensly (Centr.) unterstützt.
Der Antrag Lieber wird fast einstimmig angenommen.
Die Stadtverordneten⸗Versammlung zu Merseburg fühlt sich durch eine Verfügung des Regierungs⸗Präsidenten von Diest an den net beleidigt, worin dieser ausspricht, daß die Gründe eines von ihr gefaßten Beschlusses in einer Sparkassengelder⸗ Angelegenheit den Ernst und den Eifer vermissen ließen, der zur Durchführung einer solchen, für die brotlose und beschäftigung⸗ “ reisende und heimische Bevölkerung so überaus segens⸗ reichen Maßregel (sc. der Errichtung einer Herberge zur Heimath in Merseburg) allerdings unerläßlich erscheine, und weiter sagt, daß die Verwendung von Sparkassenüberschüssen zu anderen Zwecken nicht eher werde genehmigt werden, als bis in Merseburg eine Herberge zur Heimath errichtet sei. Am Schluß der Verfügung wird der Magistrat angewiesen, hiervon der Stadtverordneten⸗Versammlung Kenntniß zu geben.
Gegen diese Verfügung wandte sich die Versammlung ohne Mitwirkung des Magstrats beschwerend an den Minister des Innern. Der Ober⸗Präsident hat die Beschwerde vom Minister zur weiteren
Veranlassung erhalten, die Ertheilung eines Bescheides aber abgelehnt, weil der Magistrat bei der Einreichung nicht mitgewirkt ha e; der Regierungs⸗Präsident habe übrigens jede Absicht der Beleidigung in Abrede gestellt. 3 .
Auf erneute Beschwerde an den Minister hat dieser erklärt, daß die Remedur, soweit sie sich auf die Beleidigung beziehe, bereits er⸗ folgt sei, die Stadtverordneten⸗Versammlung außerdem aber zur selb⸗ ständigen Beschwerdeführung nicht berechtigt sei. Hiergegen hat die Merseburger Versammlung sich petitionirend an beide Häuser des Landtags gewendet mit dem Antrage, ihr selbständiges Beschwerde⸗ recht anzuerkennen und den Minister zu ersuchen, der Versammlung einen sachlichen Bescheid auf die Beschwerde zu ertheilen.
Die Gemeindecommission hat in Uebereinstimmung mit dem Be⸗ schluß des Herrenhauses den Uebergang zur Tagesordnung beschlossen unter Adoptirung der in dem letzten Bescheide des Ministers ent⸗ haltenen Ausführungen.
Abg. Dr. Meyer (dfr.) findet, daß den Petenten mit diesem Beschlusse nicht ihr volles Recht werde; es würde sich wohl besser empfohlen haben, wenn die Worte des Regierungs⸗Präsidenten in dem erwähnten Bescheide vom Minister ausdrücklich mißbilligt worden wären. Aus diesem Grunde beantragt Redner die Ueberweisung der Petition an die Regierung mit dem Ersuchen, die genannte Ver⸗ fügung nach Form und Inhalt nochmals einer Prüfung zu unterziehen.
Abg. Schlabitz (freicons.): Auch seine Freunde sähen in dem Vorgehen des Regierungs⸗Präsidenten von Diest einen ganz unberech⸗ tigten und inbehemrerlbe Eingriff in die garantirten Rechte der Selbstverwaltung. Sie würden in der Erwartung, daß die Petenten damit zufriedengestellt seien, für die motivirte Tagesordnung stimmen.
Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Nöll bittet, es bei dem An⸗ trage der Commission bewenden zu lassen. Der persönliche Theil habe ja durch die Erklärung des Regierungs⸗Präsidenten, wie sie der Ober⸗Präsident dem Magistrat mitgetheilt habe, den 5 Theil seiner Schärfe verloren. In der Beschwerde über den Re⸗ gierungs⸗Präsidenten finde sich ein Ausdruck des Urtheils über diesen, der ohne weiteres geeignet sei, die Beleidigungen compensirt erscheinen zu lassen. Was die Versagung der Genehmigung zu weiteren Ver⸗ wendungen der Sparkassenüberschüsse betreffe, so sei der Regierungs⸗ Fkücdent darauf aufmerksam gemacht worden, daß er das aus eigener
achtvollkommenheit gar nicht dürfe.
Abg. Rickert (dfr.): Wenn die Sache so gehandhabt werden solle, wie sie vom Minister gehandhabt worden sei, wo solle denn die Neigung für die Selbstverwaltung herkommen? Der Schutz des Ministers sei der Stadtverordneten⸗Versammlung nicht ge⸗ währt worden. Er würde es unerhört finden, die Compensations⸗ theorie des Commissars gelten zu lassen. Das Minimum dessen, was das Haus annehmen könne, sei der Antrag Meyer.
Abg. Dr. Frser ezg (nl.): Auch seine Freunde seien in der Mehrheit der Ansicht, daß der Stadtverordneten⸗Versammlung zu I eine größere Genugthuung zu geben sei, als sie bisher erhalten habe. Heber formell noch materiell sei der Regierungs⸗ Präsident zu seinem Verfahren beecn. gewesen; die Freude an der Selbstverwaltung müsse dadurch aufs bedenklichste geschwächt werden. Hier ständen wichtigere Interessen auf dem Spiele, als das bloße formelle Recht.
Abg. Graf zu Limburg⸗Stirum (cons.) hält den Antrag Meyer für gegenstandlos, well der Minister ja das Schreiben des Regierungs⸗Präsidenten schon geprüft habe.
.
Abg. Dr. Meyer (ofr.) bestreitet dies; das Schreiben sei nur
nach der persönlichen Seite hin auf seinen Inhalt angesehen worden.
Der Antrag Meyer wird angenommen.
Ueber die Petition des Vermesungsruüsrs a. D. Antel in Görlitz um Erhöhung seiner Pension, sowie über die Petition des Bürgermeisters Schneider und Genossen in Massenheim, worin
beantragt wird, das verkäufliche Holz aus fiskalischen Forsten im Walde
zu versteigern und den Erstehern aus dem Kleinbauernstande das Kaufgeld zu stunden, geht das Haus zur Tagesordnung über.
Die Petition des pensionirten Eisenbahnbremsers Wolff und Genossen in Breslau um Erhöhung der Pension der infolge von
Körperbeschädigungen dienstunfähig gewordenen Beamten, beantragt
die Petitionscommission der Staatsregierung als Material für die Re⸗ vision der einschlagenden Geseßgebung zu überweisen. Ueber die Petition von Bruns und Genossen zu Kroppen⸗
stedt, um Abänderung des Normalrescripts vom 3. März 1778, wegen Theilung und Nutzung der dortigen Reiterhufen beantragt die
WI“ die Petition der Regierung zur Erwägung zu über⸗ weisen. Das Haus tritt dem Commissionsvorschlage ohne Debatte bei. Durch Uebergang zur Tagesordnun Petition des Weichenssellals Rosenberg in ttensen um Fest⸗ setzung seines Gehaltes nach seiner
rojects für das daselbst zu erbauende Geschäftshaus für das Eisenbahn⸗ Betriebsamt; beides auf Antrag der Budgetcommission.
Auf Antrag der Unterrichtscommission wird auch über die
Petition des ö Zieting in Schönwalde, wegen der Schulabgaben der Besitzer von Privatgrundstücken im forst⸗ fiscalischen Gutsbezirte Czersk zur Tagesordnung über⸗ gegangen.
Dasselbe beantragt die Petitionscommission bezüglich der Petition
des Steuer⸗Aufsehers Montag in Hannover, der verlangt, daß ihm aus den Ueberschüssen der Uniformirungskasse der Steuer⸗ und Grenzaufseher in Hannover der Betrag herausgezahlt werde, der den von ihm zu dieser Kasse eingezogenen Beiträgen entspricht.
Abg. Dr. Sattler (nl.) kann nicht begreifen, wie man dem
F nicht einmal einen Billigkeitsanspruch zuerkennen wolle, und
eantragt Ueberweisung zur Erwägung.
Abg. Czwalina (dfr.) tritt diesem Antrage bei, während Abg. Lehmann (Centr.) den Uebergang zur Tagesordnung empfiehlt, der in der Commission mit allen gegen zwei Stimmen angenommen sei.
Abg. Lückhoff (fkeicons.) ist für den Antrag Sattler, da die in
der Kasse wesentlich durch die zu hoch bemessenen Beiträge entstandenen
Ersparnisse doch zweifellos den Beamten gehörten, von denen die Beiträge eingezogen seien, diesen Beamten also doch ein Billigkeits⸗ anspruch unter allen Umständen zustehe.
Nachdem noch wiederholt vom Regierungscommissar der Uebergang zur Tagesordnung empfohlen ist, tritt
Abg. Dr. Sattler (nl.) nochmals für seinen Antrag ein. Die Regierung behaupte lediglich, daß es sich hier um eine Staats⸗ kasse handle; sonst wisse Niemand etwas davon.
vereinigen. Auch Abg. Schmidt⸗Warburg (Centr.) hält die Annahme des Antrags Sattler für angezeigt.
Der Regierungscommissar bestreitet, daß eine Veranlassung dazu Die Regierung sei bereit, die Uebelstände, welche sich bei der Kasse herausgestellt hätten, abzustellen. Ein Statut habe die Kasse nicht nöthig, sie sei von der Verwaltung ins Leben gerufen, um den Beamten für einen bestimmten Preis Uniformen zu liefern, s Einen Zwang auf die Beamten, dieser Kasse beizutreten, übe die gegenwärtige Regierung
vorliege.
und habe sich als segensreich erwiesen.
allerdings nicht aus.
Der Antrag Sattler, die Petition der Regierung zur Erwägung
zu überweisen, wird schließlich angenommen. Damit ist die Tagesordnung erschöpft. Schluß 2 ½ Uhr.
Statistik und Volkswirthschaft.
Die deutsche überseeische Auswanderung über deutsche Häfen, Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam stellt sich nach den Ermittelungen des Kaiserlichen Statistischen Amts in
Mai 1892 und im gleichen Zeitraum des Vorjahres folgendermaßen:
Es wurden befördert im Mai
1 1892 1891
9 034 andere deutsche Häfen (Stettin) 329. deutsche Häfen zusammen . 14 416 L.SZ 2 520 NVI111““ Amftetdaun 99 8 8 Ueberhaupt. 17 455 13 875
Aus deutschen Häfen wurden im Mai d. J. neben den vor
enannten 14 416 deutschen Auswanderern noch 26 859 Angehörige
remder Staaten befördert. Davon gingen über Bremen 12 247, Hamburg 14 330, Stettin 282. .
Instructionscurse über Arb wohlfahrtspflege. Die „Wohlfahrts⸗Correspondenz“ veröffentlicht folgende Mitth lung . “ der Centralstelle, Geheimen Regierungs⸗
Raths Post: In den letzten Jahren sind in verschiedenen Prov nzen der Mon⸗
archie Instructionscurse auf dem Gebiete der Inneren Mission,
Wohlthätigkeits⸗ und Wohlfahrtspflege für Geistliche und Verwal⸗ tungsbeamte veranstaltet worden. 1 Zeitr etwa vierzehn Tagen mit Vorträgen, Discussion und Ausflügen zur Kenntnißnahme musterhafter Veranstaltuugen ausgefüllt.
Der Herr Minister für Handel und Gewerbe hat für die angehenden
Gewerbe⸗Aufsichtsbeamten eine ähnliche Einrichtung ge⸗ troffen; die Beamten werden nach und nach auf je vier Wochen hierher nach Berlin berufen, um ihnen Vorträge über Volkswirth⸗ schaftslehre, gewerbliche Gesetzgebung, Gesundheits⸗ und Wohlfahrts⸗ pflege in Verbindung mit praktischen Uebungen und Ausflügen halten zu lassen. ie Aufsichtsbeamten äußerten sich, so oft dazu Gelegenheit war, dahin, daß es höchst wünschenswerth wäre und ihre Wirksamkeit wesentlich erleichtern würde, wenn auch den jüngeren Fabrikanten, den sübrikantensähnen und Fabrikbeamten die Möglichkeit gewährt würde, ich in ähnlicher Weise unterrichten zu lassen. “ Die Nützlichkeit eines solchen Unternehmens muß ich aus meiner Erfahrung als früherer Docent an der Technischen Hochschule in Hannover bestätigen. In meiner damaligen Stellung habe ich bereits rivatim solche Kurse in allerdings bescheidenem Umfange veranstaltet. Vier Söhne von Fabrikanten haben mich bereits einmal auf einer Studienreise durch Holland, Belgien, Frankreich und die Schweiz und waren überrascht von der Ausbeute, die sie dabei emacht. “ 8 Unser Vorstand hat die Angelegenheit in seiner letzten Sitzung. berathen und ist zu dem Beschluß gelangt, einen Versuch in der ge⸗ dachten Richtung zu unternehmen. Vielleicht dürfte sich empfehlen⸗ einen Zeitraum von zwei Wochen zu wählen, in diesem zwei Gegen⸗ stände (z. B. die Wohnungsfrage und die Frage der Lüftung, Heizung und Beleuchtung der Arbeitsräume) z derart abzuhandeln, daß den Theilnehmern von heraae Seite eine Reihe von Vorträgen gehalten würde, an we⸗ ch⸗ sich dann Discussionen zu knüpfen hätten. Die theoretischen Betra 2 tungen wären fernerhin durch Demonstrationen, Ausflüge u. s. w.
beschlossen, gleicham als Vorcursus im Laufe des
Bedürfnisse einigermaßen kennen. 2 1 1 von hervorragenden Wohlfahrts⸗Einrichtungen wird aber der Wunsch, etwas Nheres, Eingehenderes über das, was in der Welt überhaupt
wird erledigt die
in esammtdienstzeit, sowie die etition der Vertretung der Stadt Hagen um Abänderung des
erster Linie die Eisenbahnen, denen sich dann Omnibus, Droschken und die Themse⸗Dampfboote anschließen. Den besonderen örtlichen Verhältnissen entsprechend, wie sie auf die, Aus⸗ bildung des Hafen⸗ und Dockverkehrs und des Schiffsverkehrs ober⸗ halb des Hafens ihren Einfluß ausgeübt haben, haben sich für den Güterverkehr die nach London führenden Bahnlinien in dem Stadt⸗ innern, namentlich ost⸗, nord⸗ und nordostwärts der City und an den Docks stark verdichtet. Oberhalb des eigentlichen Hafens entsenden
Umschlageverkehrs zufällt, bezirke keine sehr große. Die Vertheilung der
ien Die Kasse habe nicht einmal ein Statut. Einfacher Uebergang zur Tagesordnung lasse sich mit dem pflichtmäßigen Beruf des Abgeordnetenhauses nicht
Dabei wurde ein Zeitraum von
einstimmung mit den oberirdis
und zwar
Auf das Hygiene⸗Museum und eine Anzahl hiesiger Firmen Pemsesfeelücnen mit Sicherheit gerechnet werden.
für einen solchen Cursus, für den Gedanken über⸗ haupt, Sinn und Meinung zu erwecken, hat der Vorstand Sommers eine kleine Instructionsreise im Rhein land zu veranstalten. In wenigen Tagen lassen sich die sehenswerthesten Einrich⸗ tungen (in Essen, Gladbach, Neviges, Köln u. s. w.) be⸗ suchen, ja das wohlfahrtsclassische Delft ist erreichbar. Ich habe eine solche Reise vor mehreren Jahren mit meinen Zuhörern an der
Technischen Hochschule von Hannover aus gemacht und dabei den
Eindruck gewonnen, daß die Anregung eine ganz vorzügliche war. 3 Bei angehenden Fabrikanten darf ein noch weitergehender Erfolg
erwartet werden, da dieselben ja bereits aus eigener Anschauung die
Durch unmittelbare Vorführung
auf diesem Gebiete geleistet worden ist, zu erfahren, vielleicht noch
lebendiger werden.
Die Anzahl der Theilnehmer dürfte keine zu große sein. Daher werden diejenigen, welche Neigung haben, an einer sechs⸗ bis acht⸗
tägigen Excursion im Herbst (Anfang Oktober) theilzunehmen, ersucht, dies dem Unterzeichneten (Geheimen Regierungs⸗Rath Post) bald mit⸗ zutheilen.
Der Verkehr Londons. (Vgl. I in Nr. 140 des „R.⸗ u. St.⸗A.“.) 188
Zur Bewältigung des riesenhaften Verkehrs Londons dienen in Straßenbahnen,
ie Bahnen zur Abnahme oder Entgegennahme von Schiffsgut zahl⸗ eiche Abzweigungen nach den Ufern der Themse. Diese Anschlüsse
liegen vorwiegend auf dem südlichen Ufer des Flusses, und müssen
aher die großen nördlichen Bahnen, denen der Haupttheil dieses 1— die Themse überschreiten, sie erstrecken ber auch ihren Verkehr weit in die südlichen Stadttheile hinein.
Die Stationsanlagen für den Güterverkehr sind meist gruppenweise
zusammengedrängt und ist die Zahl solcher zusammengefaßten Stations⸗ irke ke 1 Güter auf die ein⸗ elnen Stadtbezirke und Verbrauchsstellen, die Ansammlung in der
Stadt und die Abführung nach den Bahnhöfen fällt, abgesehen von dem Verkehr unmittelbar am Wasser, den Straßenfuhrwerken zu, die oft, namentlich nach dem Westend und den außenliegenden Stadt⸗
theilen, recht bedeutende Wege zurückzulegen haben. Der
Personenverkehr ist in der Hauptmasse nach der City und dem Westend gerichtet. j
und die Docks. Verkehr im Innern und dem Vorortsverkehr. Die Geleisanlagen für den ersteren und Bahnkörper liegend, doch stets scharf von einander getrennt. Die Zahl der Ferngeleise ist verhältnißmäßig gering gegen die der Vor⸗ ortgeleise, ihr Lauf stadt gerichtet.
Erst in zweiter Linie folgen die Industriebezirke Zu unterscheiden ist dabei der Fernverkehr von dem
den letzteren sind, obwohl häufig auf demselben
ist ausnahmslos strahlenförmig zur Innen⸗ Die sämmtlichen von London aus in das Land ehenden Stammbahnen endigen rings an den Grenzen von Westend nd City und sind zum theil, je nach der Lage der Ver⸗ hältnisse, an beide Stadtheile mit getrennten Zweigen an⸗
geschlossen; die Bahnhöfe sind dabei so dicht als möglich an diese Verkehrsviertel heran⸗ und in einzelnen Fällen auch
um ein Geringes
n sie hineingeschoben. Von den südlichen Bahnen hat die South⸗
Eastern nicht weniger als drei solcher Endpunkte, die im allgemeinen von jedem Zuge in fortlaufender Folge angefahren werden. Die
ondon⸗Brighton and Southcoast und die London⸗Chatham⸗Dover
sind gleichfalls je an City und Westend angeschlossen, doch so, daß auf besonderen
Vorstadtstationen die London
nach London fahrenden
fahrenden aus City⸗ und Westendtheilen zusammengesetzt werden. Für die Bewohner weiter außen liegenden Vororte sind, um Verbindung
it den Fernzügen der Stammbahnen zu gewinnen, weiter hinaus⸗
üge gespalten, die von
geschobene besondere Knotenstationen als Sammel⸗ und Vertheilungs⸗
3
punkte eingerichtet. Als ein Mangel ist es zu bezeichnen, daß in London nur wenige Verbindungsstrecken vorhanden sind, welche die
imittelbare Durchführung von Fernzügen ermöglichen. Die ö der vorhandenen Verbindungen ist die Westlondonbahn, welche die westlichen Bahnen mit den Continentalbahnen ver⸗ einigt. Eine nordsüdliche Durchgangslinie verbindet die London⸗ Chatham⸗Dover mit der Midland und Great⸗Northern, eine dritte ist unter Benutzung des alten Themsetunnels hergestellt worden. Der Verkehr im Innern der Stadt und mit den Vororten wird durch zwei große Gruppen vermittelt, einmal durch das Unter⸗ grundsystem, das wiederum in die innere Ringbahn und die er⸗ weiterten Linien zu zerlegen ist, und dann durch das oberirdische System. Die Untergrundbahn ist eine fast durchweg in Tunneln und nur hier und da zwischen hohen Futtermauern geführte, 21 km lange, in westlicher Richtung langgestreckte, geschlossene Bahnschleife, die sich etwa den Umgrenzungen von City und Westend anlegt. Mit ihr stehen die gleichfalls unterirdisch geführten erweiterten Linien in engstem Zusammenhange, die, von der Midland und der Great⸗Northern herabkommend, die innere Ringbahn erreichen, dieser in einem aralleltunnel eine Strecke folgen und dann unter ihr von deren Nordseite auf die Südseite übergehen, wo dann eine Verbindung mit der London⸗Chatham⸗Dover⸗Bahn hergestellt wird. An diese eng zusam⸗ menhängende Gruppe von Tunnelstrecken der inneren Ringbahn und der erweiterten Linien schließt sich ein mannigfach verzweigtes Netz von oberirdisch geführten Vorortlinien unmittelbar an, auf denen un⸗ zählige hin⸗ und hergehende, im übrigen auf die verschiedenste Weise mit einander verschmolzene vIeG eingerichtet sind. Von dieser Gruppe ist eine zweite Betriebsgruppe streng zu unterscheiden, bei der die Hauptbahnstationen, allerdings unter thunlichst scharfer Trennung von den Anlagen des Fernverkehrs, mitbenutzt werden. Diese Betriebe ziehen sich zunächst an den Stammlinien entlang, verlassen diese aber später, um sich selbständig weiter zu bewegen, und de ähnlich wie die der ersten Gruppe. Was die Verzweigung des Vorortbahnnetzes anlangt, so
zeigt dieses nach Norden, Westen und Süden die größte Entwickelung.
Eine besondere Verdichtung ist bei vielbesuchten Anlagen, wie bei dem
Krystallpalast, wahrzunehmen, und auch die beiden Ufer der Themse
nach Westen zu sind mit einem engmaschigen Schienennetz überzogen. Zur Vermittelung des Verkehrs zwischen der City und den süd⸗
lich der Themse belegenen stark bevölkerten Stadtbezirken dient ferner eine unterirdische elektrische Bahn, die am 4. November 1890 eröffnet
wurde. Eine zweite unterirdische elektrische Bahn, die Centrallondon⸗
bahn, mit deren Bau in diesem Jahre begonnen worden ist, wird eine directe Verbindung der City mit dem Westend herstellen und unter der langen Flucht der Hauptstraßen hingehen, die sich von Cheapside bis U bridge Road hinziehen.
. Die Straßenbahnen kommen in London für den Verkehr der Innenstadt nicht in Betracht, sie endigen vielmehr, in gewisser Ueber⸗
mündenden Eisenbahnen, im Umfange dieses Gebiets. Auch werden Pferdebahnen in Anbetracht des großen Verkehrs auf den Themsebrücken nicht geduldet. Das Netz der Straßenbahnen macht daher einen unfertigen Eindruck. Von den
zehn Straßenbahngesellschaften kommen vier auf das linke, sechs auf das rechte Ufer der Themse, und sie vermitteln, mit Aus⸗ nahme des Nordwestens und Westens, die Verbindung von Außen⸗ Fondon mit der Citv. Nur eine von diesen Gesellschaften hat den Locomotivbetrieb eingerichtet, in neuester Zeit beginnt man aber, die
elektrische Betriebsweise näher ins Auge zu fassen, und zwar, da ober⸗ irdische Leitungen nicht gestattet sind, entweder mit unterirdischer Leitun oder mit Accumulatoren.
Mehr als in irgend einer anderen Stadt hat sich in London das Omnibuswesen entwickelt, und ist der innerstädtische Personenverkehr vorwiegend auf die strahlenförmig von der City nach allen Richtungen hinausgehenden Omnibuslinien angewiesen. Wie bedeutend dieser Verkehr ist, ergiebt sich daraus, daß 1887 von London Bridge 19, von Cheapside 20, von Oxford Street 15 und vom Strand 14 Linien ausgingen und an diesen allerdings sehr verkehrsreichen Punkten die Zahl der an Wochentagen verkehrenden Omnibus bez. 3398, 3008, 2346 und 1710 betrug. Neben den Omnibus ver⸗ kehren in London zahlreiche Droschken und Miethswagen, deren Anzahl sich annähernd nach der Zahl der ertheilten Erlaubnißscheine ermessen läßt. Einen solchen besaßen am 31. Dezember 1886: 14 852 Führer von Droschken und Miethswagen und 4853 Führer von Landkutschen (stage carriages).
Einen hervorragenden Antheil an dem täglichen Personenverkehr der an der Themse belegenen Stadttheile und Vororte, wie auch an dem Ausflugsverkehr nimmt auch die örtliche Themseschiffahrt. Die Boote verkehren von Londonbridge, dem Hauptausgangspunkte strom⸗ Süt. bis Richmond und Hampton Court, stromabwärts bis Ipswich un rwich.
Den Umfang des Personenverkehrs in London festzustellen, ist nur annähernd möglich, da es an genauen statistischen Angaben darüber fehlt, doch läßt sich annehmen, daß die Bahnen im Gebiete der Hauptstadt jährlich 200 Millionen, die sämmtlichen Straßenbahnen 150 Millionen, die beiden größten Omnibusgesellschaften 120 bis 130 Millionen Menschen befördern. Dazu kommen noch die Droschken und Dampfboote mit wenigstens 30 Millionen Fahrgästen, sodaß der gesammte Personenverkehr jährlich auf wenigstens 500 Millionen Menschen zu veranschlagen sein dürfte. Der 1 Verkehr in der City allein gestaltete sich nach einer im Jahre 1891 vorgenommenen Zählung wie folgt: Es kamen innerhalb 24 Stunden zur City von Londonbridge 107 421 Fußgänger und 14 367 Fuhrwerke, von Holborn Bars 82 367 Fußgänger und 9069 Fuhrwerke, von Temple Bar 81 672 Fußgänger und 6172 Füe von Blackfriersbridge 69 888 Fuß⸗ gänger und 8287 Fuhrwerke, von Aldgate ö 67 940 Fuß⸗ gänger und 6268 Fuhrwerke, von Bishopsgatestreet 49 635 Fußgänger und 4400 Fuhrwerke, von Finsbury Parlament 48 905 Fußgänger und G“ und Farrindon Road 42 036 Fußgänger und 4160 Fuhrwerke.
Zur Arbeiterbewegung. 8 8
Die Bemühungen der Socialdemokraten, die Frauen für ihre Bewegung zu gewinnen, sind bisher nicht von großen Erfolgen begleitet gewesen. Der „Vorwärts“ theilt in seiner letzten Nummer mit, daß in Mannheim ein,‚Verein socialistischer Frauen und Mädchen der Stadt Mannheim und Umgegend“ gegründet worden sei, der beceits gegen 200 Mitglieder zähle. Das Statut be⸗ stimmt an erster Stelle:
Die Frauen und Mädchen der Stadt Mannheim und Umgegend bilden zur Vertretung ihrer Interessen einen Verein, der sich der socialdemokratischen Partei Deutschlands anschließt, um in Gemein⸗ mit dieser ihre wirthschaftliche und politische Freiheit zu er⸗ angen.
Aus Brandenburg a. H. theilt ein Telegramm des „H. T. B.“ mit, der dortige Männer⸗Turn⸗Verein habe einen Congreß der brandenburgischen Turner auf den 26. Juni nach Brandenburg einberufen, auf dem ein Arbeiter⸗ Turnerbund der Mark Brandenburg gegründet werden soll. Ueber Arbeitseinstellungen und Ausstände liegen folgende neuere Mittheilungen vor: Die Strikecommission der Rix dorfer Weber und Spule⸗ rinnen theilt im „Vorwärts“ mit, daß der Ausstand beendigt ist, und berichtet: Es haben am Mittwoch noch Verhandlungen zwischen Meistern und Gesellen stattgefunden mit dem Ergebniß, daß alle Meister die Forderungen bewilligt haben. Der Tarif wurde bis auf einige kleine Abänderungen anerkannt. Da während des Ausstandes mehrere Fremde eingestellt wurden, so befinden sich noch 25 Weber und 12 Spulerinnen außer Arbeit.
In Stolberg (Rheinland) haben nach demselben Blatt vierzig Glasarbeiter der Firma Jordan, weil ihnen eine Lohnerhöhung verweigert wurde, die Arbeit niedergelegt. — In Mannheim ist die Aussperrung der Former in der Flink'schen Fabrik beendet worden, nachdem eine den Arbeitgeber und die Arbeiter befriedigende Einigung erzielt worden ist; aus Mangel an Arbeit bleiben aber vorläufig 27 Leute beschäftigungslos.
In Moslesfehn haben, wie das „Nordd. Volksbl.“ berichtet,
sämmtliche Arbeiter der Torfstreu⸗Fabrik von Gebr. Meyer & Co., etwa vierzig Mann einschließlich des Aufsehers, die Arbeit Raedärgelegt, sie hatten sich geweigert, die Arbeitsordnung zu unter⸗ schreiben. Aus Reichenberg i. B. wird der „Köln. Ztg.“ telegraphirt: Wegen befürchteter Streitigkeiten unter den ausständigen Glas⸗ arbeitern in Dessendorf und Grünwald ist Gendarmerie zur Verstärkung ins Ausstandgebiet entsendet worden. Der Ausstand der Glasperlenarbeiter dauert unverändert fort.
Handel und Gewerbe.
Nach einem dem italienischen Parlament vorgelegten Gesetzentwurf soll die in Art. 8 des Gesetzes vom 14. Juli 1891 vorläufig bis zum 30. Juni d. J. auf 12,50 Proc. fest⸗ gesetzte Tara für die zwei Blechkisten mit Mineral⸗Oel ent⸗ haltenden Holzkisten noch ferner bis zum 31. Dezember 1893 in Kraft bleiben.
Der neue schwedische Zolltarif ist in der am 11. Juni ausgegebenen Nr. 34 der schwedischen Gesetz⸗ Sammlung publicirt worden und wird mit dem 21. Juni
in Kraft treten. 3
Tägliche Wagengestellung 185 Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 18. d. M. gestellt 9957, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen. In E““ sind am 17. d. M. gestellt 3609, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen. 8
v Zwangs⸗Versteigerungen.
Beim Königlichen Amtsgericht II Berlin stand am 17. Juni das im Grundbuche von Marzahn Band 2 Nr. 55 ein⸗ getragene, der Frau J. A. Böttcher gehörige und zu Marzahn be⸗ dene Grundstück theilungshalber zur Versteigerung. Für das Meist⸗ ge ot von 9000 ℳ wurde der Rieselwärter Wilhelm Dupont zu Ahrensfelde Ersteher.
Berliner Wollmarkt. 18. Juni, Abends. Im offenen Markte sind von den angemeldeten etwa 18 000 Ctrn. gegenwärtig un⸗ gefähr 14 000 Ctr. eingelagert, doch treffen fortgesetzt neue Zufuhren ein, wobei zu berücksichtigen ist, daß viele Wollen unangemeldet ein⸗ ehen, andere aber, die nach ihrer Anmeldung bereits Käufer gefunden “ ausbleiben. Man erwartet aber, daß der Beginn des offi⸗ ciellen Marktes am 20. d. M. das im vorigen Jahre zugeführte Quantum um das Doppelte übertreffen wird. Von bekannten Producenten⸗ wollen sind unter anderen bisher zugeführt: Alt⸗Prochnow, Liebenow, Schulzendorf, Groß⸗Polzin, Neudörfchen, Parnow, Herzfelde, Eick⸗
stedt, Liebenberg, Häsen, Leppin, Klockow, Tornam, Giesen, Kletzke und Alt⸗Negensheim. — Auf den Stadtlägern bleibt ruhige Haltung. Von den bisher nur in mäßiger Anzahl eingetroffenen Fabrikanten sollen einige Posten besserer Tuch⸗ und Stoffwollen zu Preisen ange⸗ kauft worden sein, welche die vor ungefähr vier Wochen gezahlten um einige Mark überstiegen.
Berliner Wollmarkt, 20. Juni Mittags. Die Einlieferungen zum offenen Markte stellten sich bei dem heute Morgen 6 Uhr erfolgten officiellen Beginn auf 17 728 Ctr. gegen 9604 Ctr. in 1891, 12 676 Ctr. in 1890, 16 920 Ctr. in 1889, 23 305 Ctr. in 1888, 20 981 Ctr. in 1887 und 14 804 Ctr. in 1886. Der Besuch von Fabrikanten, Händlern und Kämmern war anfänglich ohne jede Bedeutung,
esserte sich aber von 8 ½ Uhr ab erheblich, ohne daß es jedoch bis zum
Schluß des Berichts zu nennenswerthen Umsätzen gekommen wäre; es dürften knapp 2000 Ctr. bis dahin den Besitzer gewechselt haben, da zwischen Forderungen und Geboten sich ganz wesentliche Differenzen herausstellten. Inhaber waren geneigt, zu einem Preisabschlage von 7,10, auch wohl 12 ℳ, während Reflectanten, wenn sie sich üherbaupt zu Geboten verstanden, 15, 18, 20, 23 ℳ und darüber wenmncher als im Vorjahre anlegen wollten. Soweit die bisherigen Abschlüsse einen Ueberblick über den Werthabschlag ermöglichten, darf man ihn auf 6 bis 20 ℳ je nach Beschaffenheit der Wollen beziffern. So sind bezahlt worden: 108 ℳ zu 120 ℳ, 126 ℳ zu 144 ℳ, 135 ℳ zu 147 ℳ, 139 ℳ zu 145 ℳ, 142,50 ℳ gegen 153 ℳ, 157 ℳ gegen 163 ℳ; Ausnahmen finden ja immer statt, so wurde ein größerer Posten Posenscher langhaariger Wollen, die im vorigen Jahre 150 ℳ brachten, zu 130 ℳ begeben, während andererseits zwei Posten Prignitzer Wollen angeblich 146 ℳ gegen 148 ℳ in 1891 erzielten, mithin nur 2 ℳ weniger ergaben. Es gewinnt den Anschein, als würde auf dem nunmehr etablirten Werthabschlag sich im Laufe des Nachmittags ein lebhafterer Verkehr entwickeln. — Bei der unsicheren Lage im offenen Markte ist es auf den Stadtlägern, die ja auch zahlreich besucht waren, überhaupt zu Abschlüssen nicht gekommen, doch erwartet man auch hier noch im Laufe des Nachmittaͤgs lebhaftere Thätigkeit.
Berlin, 18. Juni. (Wochenbericht für Stärke, Stärkefabrikate und Hülsen früchte von Marx Sabersky.) Ia. Kartoffelmehl 35 — 35 ½ ℳ, lIa. Kartoffelstärke 35 — 35 ½ ℳ, IIa. Kartoffelstärke und Mehl 33 — 34 ℳ, feuchte Kartoffel⸗ stärke loco und Parität Berlin — ℳ, Fabriken bei Frankfurt a. O. zahlen frei Fabrik — ℳ, gelber Syrup 38 ½ — 39 ½ ℳ, Capillair⸗Syrup 40 ½ — 41 ℳ, Capillair „Export 42 — 42 ½ ℳ, Kartoffelzucker gelber 39 ½ —940 ℳ, do. Capillair 41 — 41 ½ ℳ, Rum⸗Couleur 50 — 51 ℳ, Bier⸗Couleur 49 — 50 ℳ, Dertrin, gelb und weiß, la. 41 — 42 ℳ, do. secunda 37 — 39 ℳ, Weizenstärke (kleinst.) 36 — 38 ℳ, Weizenstärke (großst.) 44 — 45 ℳ, Hallesche und Schlesische 44 — 45 ℳ, Reisstärke (Strahlen) 46 bis 47 ℳ, do. (Stücken) 43 — 44 ℳ, Mais⸗Stärke 35 — 36 ℳ, Schabe⸗ stärke 32 — 33 ℳ, Victoria⸗Erbsen 22 — 26 ℳ Kocherbsen 22 — 25 ℳ grüne Erbsen 22 — 26 ℳ, Futtererbsen 15 ½ — 16 ½ ℳ, Leinsaat 22 — 25 ℳ, Linsen, große 34 — 46 ℳ, do. mittel 20 — 34 ℳ, do. kleine 16 — 20 ℳ, Gelber Senf 20 — 34 ℳ, Kümmel 40 — 44 ℳ Buchweizen 17 ½ — 18 ½ ℳ, Mais loco 13 — 13 ½ ℳ, Pferdebohnen 16 ½ bis 18 ℳ, inländische weiße Bohnen 16 — 18 ℳ, weiße Flachbohnen 20 — 23 ℳ, ungarische Bohnen 16 — 17 ℳ, galizische und russische Bohnen 14 — 16 ℳ, Wicken 15 — 16 ℳ, Hanfkörner 21 ½ — 22 ½ ℳ, Leinkuchen 17 — 17 ½ ℳ, Weizenschale 10 ½ —- 11 ℳ, Roggenkleie 11 bis 11 ½ ℳ, Rapskuchen 13 — 14 ℳ, Mohn, blauer 54 — 60 ℳ, do. Feißer 60 — 70 ℳ, Hirse, weiße 21 — 24 ℳ Alles per 100 kg ab Bahn bei Partien von mindestens 10 000 kg.
— In der am Sonnabend in Halle a. S. abgehaltenen Ge⸗ neralversammlung der Actiengesellschaft A. Riebeck'sche Montan werke waren 20 Ackionäre anwesend, welche 2536 Stimmen vertraten. Die vorgelegte Bilanz sowie die Gewinn⸗ und Verlust⸗ rechnung für das abgelaufene Geschäftsjahr nebst dem Bericht des Vorstandes und des Aufsichtsrathes wurden genehmigt und, dem An⸗ trage der Verwaltungsorgane entsprechend, die Vertheilung einer Dividende von 15 % beschlossen. Dem Vorstande und Aufsichtsrathe wurde Entlastung ertheilt und der infolge Ausloosung nach § 14 der Gellschaftssatzungen ausscheidende Bank⸗Director Michelet wieder⸗ gewählt. Nach den Mittheilungen des Vorstandes sind die Aus⸗ sichten für das laufende Geschäftsjahr im allgemeinen zufriedenstellend, wenn auch einzelne Artikel der Theeraufarbeitung in ihren Erträg⸗ nissen gegen das Vorjahr zurückbleiben werden.
Königsberg i. Pr., 18. Juni. (W. T. B.) Wollmarkt. Schleppend, Preise 15 — 20 ℳ billiger.
Leipzig, 18. Juni. (W. T. B.) andel. La Plata. Grundmuster B. per Juni 3,87 ½ ℳ, per Juli ,87 ½ ℳ, per August 3,90 ℳ. per September 3,90 ℳ, per Oktober 92 ½ ℳ, per November 3,95 ℳ, per Dezember 3,95 ℳ, ver Januar ,97 ½ ℳ ver Februar 3,97 ½ ℳ, per März 4,00 ℳ, per April 4,00 ℳ Umsatz 60 000 kg.
Wien, 20. Juni. (W. T. B.) Bei den 298- km langen Localbahnen der Oesterreichischen Local⸗Eisenbahn⸗Gesell⸗ schaft, die schon im Vorjahre im Betriebe waren, betrugen die pro⸗ visorisch ermittelten Einnahmen im Monat Mai d. J. 137 671 Fl. und in der Zeit vom 1. Januar bis Ende Mai 1892 680 283 Fl., während die definitiven Einnahmen in der gleichen Periode des Vorjahres 142 081 bezw. 759 409 Fl. betragen haben. Die pro⸗ visorisch ermittelten, oben nicht inbegriffenen Einnahmen der 36 km langen Theilstrecke Budweis —Gojau der Localbahn Budweis — Salnau betrugen in der Zeit vom 1. Januar bis Ende Mai 1892 32 583 Fl.
b London, 18. Juni. (W. T. B.) Wollauction. Preise behauptet bei lebhafter Betheiligung.
An der Küste 2 Weizenladungen angeboten.
— 20. Juni. (W. T. B.) Die Getreidezufuhren betrugen in der Woche vom 11. bis 17. Juni: Engl. Weizen 2347, fremder 56 377, engl. Gerste 777, fremde 1350, engl. Malzgerste 25 440, fremde —, engl. Hafer 263, fremder 40 642 Orts., engl. Mehl 18 214, fremdes 25 736 Sack. .
Paris, 18. Juni. (W. T. B.) Dem Vernehmen nach wird die Verwaltung des „Crédit foncier“ den Actionären in der nächsten Versammlung Anträge unterbreiten, betreffend die Conversion von 250 Millionen Franken ihrer ältesten Obligationen, welche für Dar⸗ lehen an die Gemeinden, die zu einem höheren Satze als 4,10 % verzinst wurden, ausgegeben sind. Die Conversion soll eine facultative sein. Der „Crédit foncier“ würde für diese Operation 23 Millionen, die den Reserven entnommen werden sollen, verwenden. Die Operation soll später weiter fortgeführt werden, damit die von den Gemeinden gezahlten Zinsen den Satz von 4 % nicht überschreiten.
Lissabon, 18. Juni. (W. T. B.) Serpa Pimentel erklärte in einer Versammlung von politischen Freunden, es sei die Pflicht aller, die Entschließung der Regierung bezüglich des Ueberein⸗ kommens mit den ausländischen Inhabern portugie⸗ lilcher Papiere zu unterstützen, indem man dem Uebereinkommen die Zustimmung versage. 8
St. Gallen, 19. Juni. (W. T. B.) Bei den Vereinigten Schweizer Bahnen im Mai d. J. die Einnahmern 672 000 Fr., die Ausgaben 396 800 Fr. 1
New⸗York, 18. Juni. (W. T. B.) Die Börse war anfangs stetig, schwächte sich jedoch im weiteren Verlaufe theilweise etwas ab Der Schluß war sehr fest. Der Umsatz der Actien betrug 62 000 Stück. Der Silbervorrath wird auf 2 100 000 Unzen geschätzt. Silberverkäufe fanden nicht statt.
Weizen schwächte sich nach Eröffnung etwas ab, später erholt auf Platzspeculationen. Schluß stetig. — Mais schwankend den ganzen Tag, je nachdem die Hausse⸗ oder Baissepartei die Führung übernahm. Schluß träge.
Der Werth der in der vergangenen Woche eingeführten Waaren betrug 9 254 337 Dollars, gegen 11 670 118 Dollars in der Vorwoche, davon für Stoffe 1 923 059 Dollars gegen 1 597 551 Dollars in der Vorwoche.
Chicago, 18. Juni. (W. T. B.)
Kammzug⸗Termin⸗
h 3 3 3
Weizen schloß fest auf