1892 / 158 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 07 Jul 1892 18:00:01 GMT) scan diff

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Regulativs sind vom Bundesrath Bestimmungen über die ollamtliche Abfertigung der zur unmittelbaren Hurchfuhr durch das deutsche mit der Eisenbahn bestimmten -e. ecten beschlossen und durch den Reichskanzler in Nr. 27 des „Centralblatts für das Deutsche Reich“ mittels Bekanntmachung vom 30. Juni veröffentlicht worden. Diese treten am 15. Juli überall da in Kraft, wo nicht für einzelne Durchgangsstrecken weitergehende Erleichterungen, z. B. unter zollamtlichem Verschluß laufende Durchgangs⸗Gepäck⸗ wagen, oder abweichende vertragsmäßige Einrichtungen bestehen. Sie sind bestimmt, die mit Fahrkarten von Ausland zu Ausland versehenen Reisenden thunlichst für die Hanae Dauer der Reise von der Sorge um ihr Gepäck zu befreien und insbesondere von ihnen die Unbequemlichkeiten fern zu halten, die ihnen aus der zollamtlichen Behandlung des Gepäcks an der deutschen Zollgrenze auch dann erwuchsen, wenn das Gepäck eisenbahnseitig von Ausland zu Ausland im Durchgange durch Deutschland eingeschrieben war. Das Reichs⸗Eisenbahnamt hat bei Mittheilung der neuen Bestim⸗ mungen der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß die zollamtlich gewährten Erleichterungen auf den Reiseverkehr fördernd ein⸗ wirken und daß die Eisenbahnverwaltungen im eigenen sowie im Interesse der Reisenden es sich angelegen sein lassen werden, sie durch alsbaldige Verständigung mit den be⸗ theiligten in⸗ und ausländischen Verwaltungen schon für die gegenwärtige Reisezeit nutzbar zu machen.

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Der Kaiserliche Botschafter am italienischen Hofe Graf zu Solms, welcher sich während des Besuches Ihrer Majestäten des Königs und der Königin von Italien am

Ullerhöchsten Hofe hierher begeben hatte, ist nach Rom zurück⸗ gekehrt und hat die Geschäͤfte der Botschaft wieder über⸗

S. M. Yacht „Kaiseradler“, Commandant Capitän ir See von Arnim, und S. M. Panzerfahrzeug „Sieg⸗ „Commandant Corvetten⸗Capitän Gruner, sind am

6. d. M. in Bodö (Norwegen) eingetroffen und am selben Tage nach Digermulen in See gegangen.

S. M. Kreuzer⸗Corvette „Sophie“, Commandant Corvetten⸗Capitän Kirchhoff, ist am 6. Juli cr. in Port Said eingetroffen und beabsichtigt, am 7. dess. Mts. die Heim⸗ reise fortzusetzen.

S. M. Kbt. „Wolf“, Commandant Corvetten⸗Capitän Hellhoff, ist am 6. Juli in Shanghai eingetroffen und beabsichtigt, am 14. desselben Monats nach Chefoo in See zu gehen

München, 6. Juli. Seine Majestät der Kaiser von Oesterreich ist heute Abend von Tegernsee über Holzkirchen und Rosenheim nach Ischl abgereist.

Die Ernennung Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Arnulf zum Commandeur des I. Bayerischen Armee⸗Corps ist dem „W. T. B.“ zufolge heute Nachmittag von Seiner Königlichen Hoheit dem Prinz⸗Regenten unterzeichnet worden.

Sachsen.

Dresden, 6. Juli. Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzen Georg, Johann Georg und Max sowie die Prinzessin Mathilde sind heute von Tegernsee hierher zurückgekehrt.

Württemberg.

Stuttgart, 6. Juli. Zur Feier der Thronbesteigung Ihrer Majestäten des Königs Wilhelm und der Königin Charlotte veranstaltete die Stadt Stuttgart gestern Abend im hiesigen Stadtgarten ein großes Fest, das von Ihren Majestäten durch deren Gegenwart ausgezeichnet wurde. Aller⸗ höchstdieselben trafen, wie der „Schw. Merk.“ berichtet, gegen 7 ½ Uhr am Stadtgarten ein und wurden beim Eingang von einer Abordnung der bürgerlichen Collegien, dem Stellvertreter des Ober⸗Bürgermeisters, Gemeinderath Dr. von Göz und dem Obmann des Bürgerausschusses, Rechtsanwalt Karl Schott an der Spitze, sowie den Gattinnen der beiden letzteren empfangen. Am Eingang zum Garten der Restauration wurden Ihre Majestäten von dem Gemeinderath und dem Bürgerausschuß erwartet. Nach deren Begrüßung verfügten sich Allerhöchst⸗ dieselben auf die Terrasse und nahmen hier an einem von der Stadt gegebenen Abendessen theil. Gegen dessen Schluß brachte der Stellvertreter des Ober⸗Bürgermeisters einen Toast auf Seine Majestät den König und der Bürgerausschuß⸗Obmann einen solchen auf Ihre Majestät die Königin aus, worauf der König mit warmen Worten dankte und ein Hoch auf seine Vaterstadt Stuttgart ausbrachte, deren Wohl und Gedeihen ihm stets besonders am Herzen liege. Nach 10 Uhr ver⸗ ließen Ihre Majestäten, von der Deputation bis zum Wagen geleitet, unter den Hochrufen der dichtgedrängten Menge den

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Garten und kehrten sodann nach Marienwahl zurück.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 6. Juli. Seine Königliche Hoheit der Groß⸗ herzog trifft heute in Wilhelmsthal bei Eisenach ein, woselbst Ihre Königliche Hoheit die Großherzogin, aus den Niederlanden zurückkehrend, gegen den 15. d. M. erwartet wird. Zur Feier der goldenen Hochzeit des Großherzog⸗ lichen Paares sind, wie die „Th. C.“ vernimmt, Mit⸗ glieder des preußischen, sächsischen, württembergischen Königs⸗ hauses, des russischen Kaiserhauses und des niederländischen Königshauses angemeldet. Am 9. Oktober findet der aus dieser Veranlassung vom Lande dem Herrscherpaar zu Ehren veranstaltete Huldigungs⸗Festzug statt. Die Vorbereitungen dazu werden mit throgem Eifer betrieben. Auf Anregung der hiesigen Künstlerschaft und des hiesigen Gewerbevereins haben sich alle Vereine, die Innungen, die Landwirthschaft, Handel und Industrie, die Krieger⸗ und Turnvereine des Landes zur Her⸗ stellung dieses Zuges vereinigt, der sich in vier Haupt⸗ abtheilungen gliedern und bedeutsame Abschnitte aus der Geschichte des weimarischen Fürstenhauses und der Oranier Wartburg⸗Zeit, Sängerkrieg, Reformation, Gründung der

In Ergänzung der Vorschriften des Eisenbahn⸗Zoll⸗

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Universität Jena, erncherh von Weimar, Wilhelm von Ora⸗ 1

nien, die niederländische Kunst, Karl August⸗ und Goethe⸗ eit, neue Zeit zur Darstellung bringen wird. Der Festzug, der zahlreiche Wagen⸗ und Reitergruppen umfaßt, verspricht sich zu einer prächtigen patriotischen Kundgebung zu gestalten. 1.

8 8 8 Oesterreich⸗Ungarn.

Das Abgeordnetenhaus nahm gestern einen Antrag des Grafen Stürgkh auf Gewährung eines Credits von 8 Millionen Gulden für die Erfordernisse der Universitäten in allen Lesungen an. Der Unterrichts⸗Minister Freiherr von Gautsch hatte sich unter gewissen Vorbehalten mit der Art der Verwendung der Gelder einverstanden erklärt.

Die Valuta⸗Vorlagen sind für Montag auf die Tagesordnung des ungarischen Unterhauses gesetzt. 1 8

Großbritannien und Irland.

Meber die Ergebnisse der Parlamentswahlen iegen heute folgende weitere Mittheilungen vor: Bis heute früh waren 123 Conservative, 19 Unionisten, 97 Gladstonianer ge⸗ wählt. Die Conservativen haben bis jetzt 10, die Unionisten 4 und die Gladstonianer 29 Sitze gewonnen. In West⸗Edin⸗ burg errangen die Unionisten einen Sitz von den Gladstonianern; in Central⸗, Süd⸗ und Ost⸗Edinburg wurden die Gladstonianer wiedergewählt. Der Erste Lord des Schatzes Balfour wurde in Manchester mit 5147 gegen 4749 Stimmen, der General⸗Postmeister Fergusson in Manchester mit 4239 egen 4129 Stimmen gewählt. Burns (Arbeiterpartei) wurde in Battersea gewählt. Der Staatssecretär des Innern Matthews und der Führer der liberalen Unionisten Chamberlain sind beide in Birmingham gewählt worden, ersterer mit einer Mehrheit von 2209, letzterer mit einer Mehrheit von 4417 Stimmen. Der bekannte Anwalt Russel und der General⸗ Procurator Clarke wurden wiedergewählt. Der Unionist Arnold Forster siegte in Belfast über den Anti⸗Parnelliten Serton, einen der Führer der irischen Nationalpartei. In Finsbury (London) wurde der Indier Naoroyi (liberal) mit einer Mehrheit von 3 Stimmen gewählt. Die be⸗ deutungsvollste Wahl am Montag war der Sieg des Arbeiter⸗Candidaten James Keir Hardie von Süd⸗ West Ham (London) über den conservativen Candidaten Major George E. Banes. Hardie erhielt 5268 Stimmen, Banes nur 4036; die Mehrheit des Ersteren beträgt somit 1232. Dagegen sind die Londoner Arbeiterführer Ben Tillett und H. H. Cham⸗ pion, beide am Montag bei den Wahlen unterlegen. Cham⸗ pion, das Haupt der Londoner Socialisten, war in Aberdeen als Candidat aufgetreten; seine Gegner waren der Gladstonianer Staatsrechts⸗Professor Bryce und der liberale Unionist Me Cullagh; Bryce erhielt 3513 Stimmen, Me Cullagh 1768, Champion nur 991. Der Candidat der Londoner Dock⸗ arbeiter Tillett hatte sich in Bradford aufstellen lassen, konnte aber dort ebenfalls nicht durchdringen. Der Radicale Illing⸗ worth vereinigte 3306 Stimmen auf sich, der Conservative Flower 3053; Tillett bekam nur 2749 Stimmen

Die Deputirtenkammer begann gestern die Berathung des Gesetzentwurfs wegen Erneuerung des Privilegiums der Bank von Frankreich. Der Finanz Minister Rou⸗ vier trat für den Gesetzentwurf ein und wies auf die Dienste hin, welche die Bank dem Staate und dem Handel leiste, so⸗ wie auf die Unterstützung, die sie der nationalen Vertheidi⸗ gung im Falle eines Krieges gewähren werde. Die General⸗ debatte wurde darauf geschlossen.

Ein Telegramm aus Portonovo meldet, Oberst Dodd habe am 5. d. M. mit 2 Kanonenbooten einige Dörfer der Dahomeer bombardirt und das Dorf Gome ange⸗ griffen, man halte jedoch einen Angriff zu Lande vor dem Eintreffen von Truppenverstärkungen für unausführbar.

Schweiz. 8

Der Große Rath des Cantons Genf hat, wie der „Frkf. Ztg.“ gemeldet wird, nach beinahe zweijähriger Dis⸗ cussion den Gesetzentwurf wegen Einführung des pro⸗ portionalen Wahlsystems gestern genehmigt.

Die schon erwähnte neue Verfassung für den Canton Tessin macht die Zahl der Vertreter von der Zahl der niedergelassenen Tessiner und schweizer Bürger abhängig. Aus⸗ länder und Tessiner im Auslande fallen für die Berechnung der Vertreterzahl außer Betracht. Die Tessiner im Auslande erlangen das Stimmrecht wieder, wenn sie zwanzig Tage that⸗ sächlich im Canton gewohnt haben. Die Wahlen in den Großen Rath geschehen alle vier Jahre nach dem Proportionalsystem am ersten Sonntag des März. Die Festsetzung der Wahlkreise ist dem Gesetz überlassen. Das Volk erhält das Recht der Initiative, das Recht, die Regierung zu wählen und abzu⸗ berufen, die Wahl der Richter erster Instanz und des Präsi⸗ denten der Anklagekammersowie der Ständeräthe, ferner das facul⸗ tative Referendum in Finanzangelegenheiten. Der Entwurf soll am ersten Sonntag des Oktober zur Volksabstimmung gelangen.

Belgien. Der König von Rumänien stattete, laut Meldung aus Brüssel, gestern Mittag dem Könige der Belgier einen längeren Besuch ab, welchen Seine Majestät Nachmittags erwiderte. Am Abend fand im Königlichen Palais ein Diner zu Ehren des Königs von Rumänien statt.

Serbien.

Der König Alexander wird auf seiner Reise nach Ems (siehe die gestrige Nummer des „R.⸗ u. St.⸗A.“) dem „W. T. B.“ zufolge von einem Minister und zwei Adjutanten begleitet sein.

Bulgarien.

In dem gestern fortgesetzten Verhör der Angeklagten im

Prozeß Beltschew sagte Velikow aus, er habe zu An⸗

fang März von dem Project Zankow's Kenntniß erlangt. Molow sagte aus, er beschäftige sich jetzt nicht mit Politik und gehöre keiner Partei an; er habe Karawelow aufgesucht, um über den in der Nähe von Karawelow's Hause began⸗ genen Mord Beltschew's Näheres zu erfahren; er sei Minister gewesen, sei wohlhabend und führe ein unabhängiges Leben. Karastrjanow sagte aus, er habe mit den bulgarischen Emigranten in Serbien keinerlei

politische

Frage erörtert. Die Aussagen dieses Angeklagten wichen von denjenigen Velikow's ab, der auch angegeben hatte, daß er von den serbischen Behörden in Nisch wegen der Propaganda unter der serbischen Bevölkerung verfolgt worden sei. Nach Wieder⸗

aufnahme der Sitzung, die unterbrochen worden war, wurde das Verhör der Angeklagten mit der Vernehmung Nojarow s und Milkowss beendigt. Heute findet das Zeugenverhör statt.

Schweden und Norwegen. 3

Das norwegische Storthing hat gestern Abend nach zweitägiger Debatte, in welcher die von den Moderaten und der Nechten beantragten Tagesordnungen mit 99 gegen 15 bezw. 70 gegen 44 Stimmen 1 2 wurden, mit 65 gegen 49 Stimmen den Antrag der Linken angenommen, an den König eine Adresse zu richten, deren Inhalt im wesentlichen mit derjenigen übereinstimmt, die das Präsidium des Storthings 30. Juni d n König überreicht hat. (S. Nr. 155 d. Bl.),

8 Amerika.

Dem General⸗Konsul der Republik Venezuela in Paris ist eine Depesche aus Caracas zugegangen, nach welcher der Führer der Aufständischen, General CTrespo von den Generalen Nendoza und Managas bei Ocumitos vollständig geschlagen worden und entflohen wäre.

Asien.

Nach einer Meldung des „Reuter'schen Bureaus“ aus⸗ Simla vom 6. d. M. sind infolge der Erhebung des 3c nilchen Stammes Kuki⸗Khel unter Amin Khan⸗ 300 Mann Verstärkungen nebst zwei Kanonen nach Jamrood abgegangen.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Die eigenmächtige Veränderung des Zeitdatums auf einer

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stempelpflichtigen Urkunde, in der Absicht, um der Stempelstrafe

wegen verspäteter Stempelverwendung zu entgehen, ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, III. Strafsenats, vom 11. April 1892, als einfache Urkundenfälschung aus § 267 des Str.⸗G.⸗B., nicht aber als gualificirte Urkundenfälschung (in gewinnsüchtiger oder schädigender Absicht) aus § 268 Str.⸗G.⸗B. zu bestrafen.

Der Beginn der durch das neue Actiengesetz eingeführten

fünfjährigen Verjährung für Schadensersatzansprüche gegen

Vorstandsmitglieder von Actiengesellschaften wegen Verletzung ihrer

Obliegenheiten (Art. 241 H.⸗G.⸗B.), sowie ihre Unterbrechung und

Beendigung richtet sich, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, III. Civilsenats, vom 12. April 1892, nach den gewöhnlichen bür⸗ gerlichen Gesetzen. So beginnt im Geltungsbereich des ge⸗ meinen Rechts der Lauf dieser fünfjährigen Verjährung gegen Minder jährige erst nach Eintritt der Großjährigkeit. 8 8

Statistik und Volkswirthschaft.

Raiffeisen’'sche Kassenvereine.

Die Hauptversammlung der Raiffeisen schen Kassenvereine wurde gestern in München im Saale des alten Rathhauses durch

den Generalanwalt Raiffeisen junior eröffnet. Der oberbayerische Verbandsanwalt Rammoser aus Bärnau wurde durch Acclamation zum Vorsitzenden gewählt. Der Minister des Innern Frei⸗ herr von Feilitzsch sicherte in seiner Ansprache den Raiffeisen’⸗ schen Kassen seitens der bavyerischen Staatsregierung Sympathie und kräftige Unterstützugg zu. Der Bürgermeister Dr. von Widenmayr begrüßte die Versammlung namens der München. nossenschaft der Raiffeisen'schen Kassen 1033 Vereine umfasse, darunter 282 in Bayern. Pfarrer Kayser legte die gegen die Wucherer gerichteten Bestrebungen der Raiffeisen'schen Vereine dar. Nach Erledigung der Berichte der Einzelverbände und Besprechung gemeinsamer Angelegenheiten wurde als Ort des nächsten Verbands⸗

tags Straßburg gewählt. Sodann wurde die Hauptversammlung

geschlossen. An dem Festmahl, welches Nachmittags stattfand, nahmen der Minister des Innern und der Bürgermeister von Widen⸗ mayr theil.

Nationale Ausstellung in Budapest.

Das Ausstellungscomité des ungarischen La ndesindustrie⸗ Vereins hat, wie „W. T. B.“ aus Budapest berichtet, den Antrag des Grafen Zichy angenommen, in welchem der Wunsch aus⸗ gesprochen wird, spätestens im Jahre 1898 nationale Aus⸗ stellung zu veranstalten. 8

Welt⸗Ausstellung in Chicago.

Die bevorzugte Lage, welche der Deutschen Ausstellung im Mittelpunkt der Haupthalle des Ausstellungsgebäudes für Industrie und verwandte Berufszweige auf der Chicagoer Weltaus⸗ stellung eingeräumt worden ist, hat eine besonders starke Abgabe an Terrain für Haupt⸗ und Nebenwege mit sich geführt. Diese Zugänglich⸗ keit kann der Deutschen Ausstellung zwar nur zum besonderen Vor⸗ theil gereichen, der zugebilligte Raum von 100 000 Qu. Fuß in der Haupthalle wird aber dadurch auf 67 000 Qu.⸗Fuß verringert. Der Reichscommissar hat sich daher an die Großindustrie mit dem Er⸗ suchen gewendet, etwas zusammenzurücken. Es dürfte dies im ganzen und großen um so eher durchführbar sein, als in Chicago abweichend von früheren Ausstellungen keine Platzmiethe bezahlt wird, und deshalb manche Aussteller bis zur äußersten Grenze des Erforderlichen ge⸗ gangen sind. Ein weiteres Mittel zur Platzersparung sind die von dem Reichs⸗Commissar organisirten Collectivausstellungen einzelner Industriezweige, wodurch gleichzeitig der Gesammtüberblick über die Leistungsfähigkeit Deutschlands auf bestimmten Gebieten erleichtert wird. Auch kleinere, unansehnlichere, jedoch praktische und sinnreich erdachte Gegenstände werden dadurch zu ihrem Rechte kommen, und es wird dem Aussteller ermöglicht sein, nur das wirklich Gute vor⸗

zuführen.

Zlur Arbeiterbewegun

In Gün nigfeld fand, wie der „Elbf. Ztg.“ aus Bochum

geschrieben wird, am 4. d. M. eine Versammlung des Berg⸗ arbeiter⸗Verbandes statt, in der entschieden gefordert wurde, die „Bergarbeiter⸗Zeitung“ solle die socialdemokratischen Wege verlassen. Der Delegirte Bauer (Weitmar), ein be⸗ kannter Führer, äußerte, die Bewegung müsse die jetzigen Bahnen verlassen, oder die ganze Organisation werde in kurzer Zeit zu Grunde gehen. Einer Mittheilung der Berliner „Volksztg.“ zufolge wird von den Drechslern eine Statistik über die Lohn⸗ und Arbeitsverhält⸗ nisse im Drechslergewerbe für ganz Deutschland vorbereitet. Auf Grundlage dieser Statistik wollen dann die Drechsler in eine Lohnbewegung eintreten. 88 Aus Stuttgart wird der „Mgdb. Ztg.“ mitgetheilt, daß die dort tagende 7. Hauptversammlung der Centralkrankenkasse des Unterstützungsvereins deutscher Buchdrucker⸗ mit 38 gegen 24 Stimmen folgende Resolution angenommen hat: Mit Rücksicht auf die neue Novelle zum Krankenversicherungsgesetz beschließt die Generalversammlung, die Mitglieder zu ersuchen, auf Grund, des § 48 des Statuts den Antrag auf Auflösung der Kasse zu stellen, damit

Generalanwalt Raiffeisen theilte mit, daß die Ge⸗

durch eine weitere, baldigst einzuberufende Generalversammlung die Auflösung Le2n vr. werden kann. Von der Gründung einer centralen Zuschußkasse wird abgesehen. Die Unterstützung erkrankter Mitglieder übernimmt der Gewerkverein.

ie der „Vorwärts“ berichtet, wird eine socialdemokratische Parteiconferenz für Mecklenburg⸗Strelitz im September oder Oktober gemäß einem Beschlusse der Neubrandenburger Partei⸗ mitglieder abgehalten werden. 2

Ueher Arbeitseinstellungen und Ausstände liegen folgende Mittheilungen vor:

Aus Halle wird der „Mgdb. Ztg.“ geschrieben: Die Maurer und Arbeitsleute beim Redlaneaki fsbnn der Preißnitz haben am Montag die Arbeit niedergelegt, weil ein Arbeiter, der die dort von 5 begleitet gewesene Lohnbewegung geleitet hat, entlassen worden ist.

In Pittsburg in Pennsylvanien und der Umgegend

sind seit dem Ende des vorigen Monats wieder Theilausstände

der Eisenarbeiter eingetreten, die ihren Grund namentlich in Lohnkürzungen haben. Wie nun von dort telegraphisch berichtet wird, ist es zwischen den Ausständigen und der Polizei zu blutigen Zusammenstößen gekommen. Das Wolff'sche Bureau meldet darüber: Am Dienstag Abend kam es in Homestead in Pennsylvanien zu einem Zusammenstoß zwischen den strikenden Schmiede⸗ rbeitern und Polizeischutzbeamten, welche die die Arbeit fort⸗ etzenden Arbeiter beschützen sollten. Man machte von der Feuerwaffe Gebrauch, und es wurden zwölf bis fünfzehn Personen theils schwer, heils leicht verwundet; unter ihnen befanden sich fünf Polizisten. m Mittwoch früh brachen neue Conflicte aus, wobei ünf Strikende getödtet und mehrere Personen verwundet wurden.

Einer späteren Meldung zufolge wird die Zahl der bei den thätlichen

Zusammenstößen in Homestead Getödteten auf zehn, die der Ver⸗ wundeten auf elf angegeben. Die Sicherheitsbeamten waren Mitt⸗ woch früh bei Tagesanbruch in Booten in Homestead an⸗ gekommen und wurden, als sie zu landen versuchten, wiederholt von den Ausständigen angegriffen. Die städtischen Behörden haben den Gouverneur von Pennsylvanien um Verstärkung der Sicherheits⸗ mannschaft ersucht. Den letzten Nachrichten aus Homestead zufolge waren die strikenden Schmiedearbeiter im Begriff, die Schiffe der Polizeimannschaften mit Petroleum zu be⸗ gießen und dann in Brand zu stecken. Die Polizisten be⸗ fanden sich in höchster Gefahr, da sie auch einem Angriffe mit Dynamit ausgesetzt waren, und flüchteten in die unteren Schiffs⸗ räume. Da inzwischen in Homestead 2000 Arbeiter aus Pittsburg zur Verstärkung der Strikenden angekommen waren, mußten sich die Polizisten schließlich ergeben und wurden gefangen genommen.

Kunst und Wissenschaft.

S. Dresden, 6. Juli. Während an der Berliner Kunst⸗Akademie der Dresdner Karl Köpping seit einigen Jahren mit Erfolg wirkt, ist soeben an die Dresdner Kunst⸗Akademie ein gleichfalls be⸗ deutender Berliner Radirer, Ernst Moritz Geyger berufen worden. Geyger ist 1861 in Rixdorf geboren und hat sich an der Berliner Kunst⸗Akademie 1878 1884 zum Maler, seitdem aber, zunächst unter Hans Mever’'s Leitung, zum Radirer ausgebildet und in den letzten Jahren auch als Bild⸗ hauer Hervorragendes geleiste. In Berlin und München hat er auch schon Auszeichnungen erworben. Seine ersten Arbeiten: vier größere Schilderungen aus dem Thierleben ein Löwenpaar im Käfig, Elephanten, der Marabut, eine köstliche Parodie auf die menschliche Afterweisheit und die Affen im Käfig zeichneten sich schon durch wirkungsvolle Charakteristik, trefflichen Humor und tüchtige Technik aus. Das größte Interesse der Kenner wie der Laien aber erregte 1888 eine darwinistische Disputation, darstellend eine Schaar von Affn, die ein in der Wüste ausgesetztes Menschenkind nebst einer Milchflasche und Darwin's Hauptwerk gefunden haben und alsbald in einen gelehrten Streit über Darwin's Lehre gerathen sind, während die Affenfrauen voll mütterlichen Gefühls das Menschenkind alsbald zu pflegen anfangen. Die Schilderung ist so ausdrucksvoll lebendig und voll echten ungesuchten Humors, wie die Technik vollendet und geradezu bewunderungswürdig. Weiter hat Geyger mit gutem Erfolg zwei Landschaften radirt: die Platane am Genfer See bei Montreur und die Aussicht aus seinem Florentiner Atelier auf San Miniato; ebenso zwei große Radirungen von Hirschen, bei denen er sich auf Wunsch des Verlegers eng an Landseer anschloß. In der Wahrheit der Charakteristik, wie in der naturalistischen Wiedergabe der Thiere hat Geyger hierin den berühmten Engländer übertroffen. Seit 1888 hat Geyger auch als Bildhauer, insbesondere durch den Kampf zwischen Löwe und Rhinoceros, Ruf erworben.

Nachdem die Schweizer Bundesversammlung den Antrag des Bundesraths wegen Errichtung eines Neubaues für das eid⸗ genössische Archiv beschlossen hat, werden sich, der „N. Zürch. Ztg.“ zufolge, die Herren Archivar Dr. Kaiser und Director der eidgenössischen Bauten Flückiger nach Deutschland begeben, um die

Archivbauten, welche während der letzten Jahre in verschiedenen

deutschen Städten errichtet wurden, zu besichtigen.

Land⸗ und Forftwirthschaft.

Saatenstand in Bulgarien.

Ueber den Saatenstand in Bulgarien erfahren wir Folgendes: .

Die Saaten hatten den Winter gut überstanden, das Frühjahr war abwechselnd warm und feucht und hat die Pflanzen sich in üppiger Weise entwickeln lassen. Im Monat Juni ist in ganz Bulgarien, mit Ausnahme einzelner Striche am Schwarzen Meer, viel Regen gefallen, der dem Sommergetreide und Mais zu statten kam, bei dem üppig stehenden Winter⸗ Hetreide aber vielfach Lagerung zur Folge gehabt hat. Die Ein⸗ ringung des Rapses dessen Anbau übrigens noch keinen großen Umfang hat soll durch den Regen sehr beeinträchtigt worden sein. Aus einzelnen Gegenden werden ferner Schäden durch Austreten der Gewässer gemeldet; auch Hagelwetter, theilweise von olcher Schwere, daß Schafe und Füllen auf dem Felde erschlagen wurden, sind ziemlich vorgekommen; im Bezirke von Hasköi (dem südöstlichsten Ost⸗ Rumeliens) endlich sind aufgetreten, die indessen weniger über das Getreide, als über die Gemüsegärten und einzelne Handels⸗ gewächse, wie Anis, hergefallen sein sollen. Alle diese Schäden sind indessen auf einzelne Oertlichkeiten beschränkt und vermögen das Gesammtergebniß nicht wesentlich zu beeinträchtigen. Die Ernte⸗ aussichten im allgemeinen, und zwar sowohl für Winter⸗ wie für Fommergetreide, werden in den Berichten der Präfecten fortgesetzt als „gut“, „sehr gut“, „vorzüglich“ bezeichnet. 1 .„Mit dem Schnitt der Gerste ist bereits in der ersten Hälfte des Funi begonnen worden, gegen Ende des Monats auch mit dem des Regens und in einzelnen, besonders warmen Gegenden mit dem des bliglEine Zusammenstellung über die besäete Bodenfläche liegt augen⸗ 1 lich erst für das Wintergetreide vor. Danach sind bestellt worden im Herbst 1891:

mit Weizen: „o eu: Gerste: Hafer: 21092 K üÜüberhaupt 786 001 ha Die entsprechenden Zahlen für die Bestellung im Herbst 1890

lauten: Weizen: 510 867 Roggen: 112 145 Gerste: 110 241 Hafer: 25 381

überhaupt 758 634

Die mit bestandene Gesammtfläche ist sonach in diesem Jahre um mehr als 27 000 ha größer als im vorigen Jahre, welches Resultat lediglich durch die Zunahme des Anbaus von Winter⸗ weizen (+ 41 700 ha) heworgebracht wird, während die anderen drei Getreidearten eine Abnahme von je einigen Tausend Hektaren auf⸗ weisen. Weitergehende Schlüsse sind indessen aus letzterem Umstande nicht zu ziehen, da Herbst⸗ und Frühjahrssaaten sich in Bulgarien mehr, wie etwa in Deutschland, ergänzen. s insbesondere den Roggen betrifft, so wird voraussichtlich der Ausfall bei der Herbst⸗ aussaat durch eine größere I Heenassen mehr als ausgeglichen sein. Letztere dürfte, da die Bestellung von der Witterung beguünstigt war, bei allen Feldfrüchten mindestens die gleiche Ausdehnung haben wie im vorigen Jahre, sodaß, bei dem günstigen Saatenstande, that⸗ sächlich auf ein Ernteergebniß zu rechnen ist, welches das vorigjährige übertrifft.

Ernte⸗Ergebnisse in Algerien.

z ö die diesjährige Ernte in Algerien erfahren wir olgendes:

Ddie noch im April sehr günstigen Ernte⸗Aussichten wurden durch einen viertägigen Sirokko stark herabgemindert, infolge dessen das Getreide nur halb zur Ausbildung gelangte und in ganz Algerien eine beträchtliche Einbuße erlitt. Gerste und Hafer haben sich ziemlich gut gehalten.

Im einzelnen ist die Cerealienernte im Departement Constantine als sehr gut, in den beiden anderen Departements als Mittelernte zu bezeichnen. 11“

Die gesammte Getreideproduction betrug im Jahre 1891:

Blé tendre auf 183 246 ha 1 386 471 quint. métr.

Blé dur 1 069 889 1 739 667

Roggen 425 3 333 8 Gerste 1 426 866 9 235 863 Hafer 43 107 493 784 8 Mais 13 891 101 743

Saatenstand in Bayern.

Nach dem amtlichen Bericht über den Saatenstand stehen die Saaten in ganz Bayern gut. Der Regen im Juni hat die Trocken⸗ heit vom Mai ausgeglichen und der sehr reichlichen ersten Wiefen⸗ ernte nur geringfügig geschadet. Das Wintergetreide, welches sehr gut geblüht hat, ist theilweise kurz an Stroh. Das Sommergetreide ist durchweg aussichtsreich, Kartoffeln, Hülsenfrüchte und Futterpflanzen sind meistens vortrefflich aufgegangen; Taback hat gut gesetzt, Hopfen mittelgut, Obst un⸗ regelmäßig. Die Weinberge versprechen eine gute Qualität. Hoch⸗ wasser, Gewitter und Hagelschläge haben die vortrefflichen Hoffnungen auf die gesammte Ernte nur sehr unbeträchtlich verändert.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗

Maßregeln. 1

8 Egypten.

Der internationale Quarantänerath zu Alexandrien hat am 20. Juni 1892 beschlossen, gegen Ankünfte aus Djibouti (bei Obock) die Quarantäne⸗Maßregeln wiederum in Kraft zu setzen.

1 „Cholera. 11 Auf amtlichem Wege eingegangene Nachrichten vom 21. Juni d. J.

melden, daß die Seuche in Baku in erheblichem Umfang auftritt.

Nach den Angaben der Zeitungen erkrankten daselbst vom 6. bis 12. Juni 164 Personen an der Cholera und 70 starben daran. Die Regierung hat gegen die Verbreitung der Seuche die umfassendsten und strengsten Maßregeln getroffen. Weiteren Nachrichten zufolge stammt die in Türbet i Scheich Djami ausgebrochene aus Herat, woselbst sie im Mai stark herrschte und von wo sie durch afghanische Nomaden verschleppt sei. Die Seuche ergriff viele an der ersten Hälfte der Straße Türbet⸗Mesched gelegene Ortschaften. In dem Hauptorte Djam wurden bei 180 Erkrankungen im Durch⸗ schnitt 60 Todesfälle täglich festgestelt. Am 26. Mai wurden in Mesched 46 Erkrankungen gemeldet. Am 9. Juni trat die Seuche in den Dörfern bei Mesched auf dem Wege nach Nischapur auf; vom 5. bis 11. Juni kamen in Schehzevar 503 Todesfälle zur Kenntniß. Der Leichentransport nach Kerbela soll untersagt werden. In Kalkutta sind in der Zeit vom 15. bis 28. Mai 136 Todesfälle an Cholera vorgekommen.

Das russische Ministerium des Innern hat unter dem 11. Juni d. J. gegen die Verschleppung der Cholera aus Persien Bestimmungen veröffentlicht, von denen die wesentlichsten Punkte die folgenden sind: a. Sobald sich die Cholera in der Nähe der persischen Kaspiküste zeigt, werden den örtlichen russischen Konsuln Aerzte zu⸗ getheilt, denen die sanitäre Controle der nach Rußland gehenden Schiffe obliegt. b. Die Schiffe selbst sind vor ihrer Be⸗ ladung einer Controle zu unterziehen und nöthigenfalls zu des⸗ inficiren, bezw. nach ihrer Ankunft in einem russischen Hafen der Quarantäne zu unterwerfen. c. Die auf den Schiffen erkrankten Personen sind in die Cholera⸗Abtheilungen, welche in allen Häfen eröffnet werden, unterzubringen. d. Passagiere dürfen nur auf solchen Schiffen befördert werden, welche Aerzte an Bord haben. e. In dem Wolga⸗Delta wird eine bacteriologische Controlstation errichtet. f. Desgleichen eine Controlstation in Usun⸗Ada für die mit der Eisenbahn anlangenden Reisenden. g. Ueber die Einfuhr von Wolle, Lumpen, Lebensmittel u. s. w. sind von dem Medizinalrath die nöthigen Bestimmungen zu treffen.

Im Regierungsbezirk Oppeln kamen vom 7. bis 28. Mai d. J. 65 weitere Pockenfälle vor. Davon entfielen auf die Kreise Katto⸗ witz 6 (3 in Rosdzin), Beuthen 24 (8 in Deutsch⸗Piekar, 6 in Königshütte, je 3 in Ober⸗Heiduck und Roßberg) Zabrze 10 (6 in Dorotheendorf), Lublinitz 20 (in Babinitz⸗Psaar), Pleß 5 (3 in Imilien). Neun Personen sind während der drei Wochen an den Pocken verstorben, je zwei in Rosdzin, Kattowitz und Königshütte, je eine in Roß⸗ berg, Anhalt und Zaborze; als genesen kamen 63 Personen in Ab⸗ ang; im Bestand verblieben in den fünf Kreisen Kattowitz, Beuthen, Lublinitz, Pleß und Zabrze 46 Pockenkranke. Von 5 Todesfällen, über welche nähere Nachrichten vorliegen, betrafen 4 ungeimpfte Kinder. Mehrfach wurde beobachtet, daß bei Nichtgeimpften bezw. bei Per⸗ sonen mit fraglichem Impfzustand die Erkrankung eine schwerere war.

Flecktyphus.

In Knoblauchshof bei Loburg im Regierungsbezirk Magde⸗ burg ist unter den sogenannten Sachsengängern aus Russisch⸗Polen die von dort verschleppte Seuche ausgebrochen. Bis Ende Mai d. J. waren 4 Personen (1 Mann und 3 Mädchen) erkrankt. Die Er⸗ krankten wurden unter Verschluß in einem gesonderten Gebäude be⸗ handelt; die gesunden Arbeiter (39) sind in einer entfernt liegenden Schäferei untergebracht bezw. in ihre Heimath zurückgeschickt worden.

Aus dem Sanitätsbericht des oberschlesischen Kunappschaftsvereins für das Jahr 1890. Wie im Vorjahre, so befand sich auch im Jahre 1890 die ober⸗

schlesische Montanindustrie in einer günstigen Lage, besonders war

die Kohlenindustrie in fortschreitender Entwickelung begriffen. Am Jahresschlusse gehörten dem Knappschaftsverein 69 149 auf Vereins⸗ werken beschäftigte Mitglieder, darunter 8628 weibliche, an; hierzu traten noch 5787 Invaliden, welchen der Verein freie ärztliche Be⸗ handlung und Arznei, event. Lazarethverpflegung und Krankengeld gewährt. Der allgemeine Gesundheitszustand war ein günstiger, der Vereinsbezirk blieb von Epidemien verschont, die Verbreitung der Influenza war geringer als in an⸗ deren Theilen des Reichs, und der Charakter der Krankheit ein durchaus günstiger. Erkrankt sind im Laufe des Jahres 14 186 Vereinsmitglieder (und 1541 Invaliden), beim Hüttenbetrieb etwa 47, beim Bergbaubetrieb 18 % der dabei Beschaftigten. Es starben

infolge von Unfällen 53, infolge von Krankheiten 262 Vereins⸗ mitglieder, darunter 74 an Lungenentzündung, 67 an Lungenschwind⸗ sucht, 172 am Typhus. Hinsichtlich der Erkrankungsziffern waren die Monate Januar, Februar und März, wie im Vorjahre, die ungünstigsten, die Monate Juni, September, Oktober, wie im Vorjahre, die günstigsten. Der Gesundheitszustand der auf den Vereinswerken be⸗ schäftigten 8628 weiblichen Arbeiter war ein verhältnißmäßig guter.

Pest, 6. Juli. Die Meldung, daß im Fiumaner Küsten⸗ gebiet Cholerafälle vorgekommen seien, ist nach Mittheilung des „W. T. B.“ bestem Vernehmen nach gänzlich erfunden. In der Quarantäne⸗Anstalt zu Fiume befindet sich nur ein von Batum an⸗ gelangtes Petroleumschiff in siebentägiger Beobachtung.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 6. d. M. gestellt 9609, nicht rechtzeitig⸗ gestellt keine Wagen. 818 „In Oberschlesien sind am 5. d. M. gestellt 3741, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.

Zwangsversteigerungen.

Beim Königlichen Amtsgericht 1 Berlin standenam 5. und 6. Juli die nachverzeichneten Grundstücke zur Versteigerung: Stralsunderstraße 27, dem Kaufmann Herm. Rudzio und dem Maurermeister Leo von Schönholtz gehörig; Nutzungswerth 16 700 ℳ; Mindestgebot 2500 ℳ; für das Meistgebot von 200 000 wurde der Major von Goerne zu Lindenthal bei Hadersleben Er⸗ steher. Swinemünderstraße 52, dem Schlächtermeister Otto Donath und dem Bauunternehmer Oswald Bothe gehörig; Fläche 13,25 a; Mindestgebot 450 ℳ; für das Meistgebot von 210 000 wurde der Kaufmann Adolf Kurth, Hasenhaide 50, Ersteher. Antonstraße 23, dem Zimmermann F. Schmidt gehörig; Fläche 6,03 a; Mindestgebot 310 ℳ; für das Meistgebot von 20700 wurden die Kaufleute Julius Mar goniner und Siegfried Reiche, Oranienburgerstraße 73, Ersteher.

Vom oberschlesischen Steinkohlenmarkt berichte die „Schles. Ztg.“”: Das Kohlengeschäft hat sich im oberschlesischen Revier in den letzten Wochen etwas reger gestaltet. Wenn auch der Absatz noch nicht derartig ist, daß auch die angehäuften Be stände zur Bahnverladung herangezogen werden koͤnnen, so is er immerhin schon soweit gediehen, daß fast auf allen Gruben die frische Förderung Abnahme findet und die Be stände nicht mehr anwachsen. Während die gröberen Kohlensorten hauptsächlich für den Eisenbahnbetrieb entnommen werden, finden die

kleineren Sortimente ihren Absatz zum Fabrik⸗ und Ziegeleibetriebe,

sowie zum Hausbrand. In das Ausland wird verhältnißmäßig nur wenig Kohle verfrachtet, der Hauptabsatz beschränkt sich auf das Inland. Die Preise für den Localverkauf werden von den Gruben verwaltungen noch sestgehalten, während die Händler sich bei regel⸗ mäßigen Entnahmen und größeren Quantitäten zu Preisconcessionen verstehen. Die Cumulativ⸗Preise sind bei Pa.⸗Marken für Stück⸗, Würfel⸗ und Nuß⸗ I. 40 bis 43 ₰, Nuß⸗ II. 35 bis 40 ₰, Klein⸗ und Erbsenkohlen 26 bis 28 ₰, Staub 6 bis 12 pro Ctr. a Grube; geringere Marken sind 3 bis 5 pro Cxtr. billiger. Das Koksgeschäft ist immer noch kein günstiges, da durch Ein⸗ schränkung des Hochofenbetriebs sowie durch die geringere Beschäftigung mehrerer Gießereien auch der Bedarf an Koks geringer geworden ist. Die von den oberschlesischen Kokswerken vor längerer Zeit außer Betrieb gesetzten Koksanlagen haben nach Lage der Sache keine Aus⸗ sicht auf baldige Wiederinbetriebsetzung, da die gegenwärtig betriebenen Anlagen noch immer mehr Koks produsiren, als im hiesigen Revier gebraucht wird. Für Theer und Theerproducte ist vorläufig noch genügende Nachfrage vorhanden.

Leipzig, 6. Juli. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. per Juli 3,75 ℳ, per August 3,75 ℳ, per September 3,77 ½ ℳ, per Oktober 3,80 ℳ, per November 3,80 ℳ, per Dezember 3,80 ℳ, per Januar 3,82 ½ ℳ, ver Februar 3,85 ℳ, per März 3,85 ℳ, per April 3,85 Umsatz 5000 kg.

Wien, 6. Juli. (W. T. B.) „Die Werke, welche dem Cartell der österreichischen Schienenwerke angehörten, nämlich die Alpine Montangesellschaft, die Prager Eisen⸗ industrie⸗Gesellschaft, das Erzherzoglich Albrecht sche Walzwerk in Teschen, das Teplitzer Walzwerk Witkowitz und das Grazer Walzwerk, haben beschlossen, das Ende 1852 ablaufende Cartell auf 5 Jahre, also bis Ende 1897, zu verlängern. Was die Oesterreichische Südbahn betrifft, die bisher dem Cartell ebenfalls angehörte, so wurde es ihr überlassen, dem neuen Cartell beizutreten, jedoch mit der Modification, daß eine bestimmte Frist für die Dauer des Abkommens der Südbahn gegenüber nicht festgesetzt werden soll.

London, 6. Juli. (W. T. B.) Wollauction. Markt besucht, Preise unverändert. Gute Merino und Greasies lebhaft begehrt zu vollen Preisen. Cap⸗ und Natalwollen eine Kleinigkeit unter letzten Auctionspreisen. 8 1“

An der Küste 10 Weizen ladungen angeboten.

New⸗York, 6. Juli. (W. T. B.) Die Börse fest und lebhaft, im Verlaufe sehr matt. Schluß lustlos aber fest. Der Umsatz der Actien betrug 256 000 Stück. Der Silbervor⸗ rath wird auf 2 000 000 Unzen geschätzt. Die Silberverkäufe betrugen 20 000 Unzen. Die Silberankaufe für den Staatsschatz be⸗ trugen 550 000 Unzen zu 87,30 à 87,44.

Weizen durchweg schwach auf günstige Ernteberichte sowie auf bedeutende Ankünfte und schwächere Kabelberichte. Mais ab⸗ geschwächt auf günstigere Ernteberichte.

Weizen⸗Verschiffungen der letzten Woche von den atlantischen Häfen der Vereinigten Staaten nach Groß⸗ britannien 84 000, do. nach Frankreich 10 000, do. nach anderen Häfen des Continents 137 000, do. von Californien und Oregon nach Großbritannien 23 000, do. nach anderen Häfen des Continents Orts.

Chicago, 6. Juli. (W. T. B.) Weizen durchweg fallend auf günstiges Wetter. Mais fallend nach Eröffnung, dann le⸗ hafte Reaction, später wieder fallend.

8 Verkehrs⸗Anstalten.

8 Am Sonntag, 10. Juli d. J., kommt ein Sonderzug zu

ermäßigten Fahrpreisen von Berlin nach Coswig in Anhalt (Park von Wörlitz) und Dessau zur Beförderung. Herselbe fährt um 6,20 Vorm. vom Bahnhof am Avrcanischen bas ab und trifft in Coswig 9,10, in Dessau 9,41 Vorm. ein. ie Rückfahrt ist am 10. Juli d. J. nur mit dem Sonderzuge 10,0 Abends aus Dessau, 10,38 aus Coswige 1,17 Nachts in Berlin, zulässig, dieselbe kann aber auch erst am 11. Juli d. J. mit sämmtlichen Personenzügen angetreten werden. Der letzte am 11. zur Benutzung mit Sonderzugfahrkarten gültige Per⸗ sonenzug von Dessau, welcher in Wittenberg Anschluß nach Berlin hat, fährt von Dessau 6,06 Nachm., von Coswig 6,40 Nachm., ab. Die Benutzung von Schnellzügen ist auch nicht gegen Nach—e von Zuschlagkarten gestattet. Freigepäck wird nicht gewährt. Fahrkarten zu 5 für die II. und 3 für die III. Klasse, für Hin⸗ und Rückfahrt gültig, werden am Sonntag früh von den Bahnhofs⸗Fahr⸗ kartenausgabestellen hier, Ascanischer Platz, und in Gr. Lichterfelde, sowie auch schon vorher im Bureau des Invalidendank, Markgrafen⸗ straße 51 a., verausgabt.

Bremen, 6. Juli. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer „Ems“, von New⸗York kommend „ist am 4. Juli Abends auf der Weser angekommen. Der Postdampfer „Köln“ hat am 5. Juli Morgens die Reise von Lissabon nach Brasilien fortgesetzt. Der Reichs⸗Postdampfer „Oldenburg“ hat am 4. Juli Nachmittags die Reise von Genua nach Port Said

fortgesetzt. Der Reichs⸗Postdampfer „Sachsen“ ist am 4. Juli