1892 / 171 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 22 Jul 1892 18:00:01 GMT) scan diff

Der Präsident der Justizpruͤfungscommission Dr. Stölzel ist nach 8 Nordsee in Urlaub abgereist. Die Prüfungs⸗

termine bei der Justizprüfungscommission bleiben bis zum

dem Landrath des Kreises Siegen zur Hilfeleistung in

sind, nach einer Meldung des

21. September d. J. ausgesetzt. 1“

1“ 8

Der neuernannte Regierungs⸗Assessor Rademacher 8. en

landräthlichen Geschäften zugetheilt worden.

Cassel, 21. Juli. Die Prinzen August Wilhelm, Oskar und Joachim, Söhne Ihrer Kaiserlichen Majestäten, W. T. B.“, mit Ihrer Durch⸗ laucht der Prinzessin Amalie zu Schleswig⸗Holstein

heute Nachmittag hier eingetroffen und haben sich von der emon Wilhelmshöhe alsbald nach dem dortigen Schlosse be⸗

geben.

Königlichen Hoheiten der

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach.

Weimar, 21. Juli. Den vom Großherzoglichen Hof⸗ allamt ergangenen Mittheilungen zufolge werden Ihre Großherzog und die Groß⸗

herzogin am 5. und 6. Oktober die Deputationen aus

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dem Großherzogthum empfangen, welche anläßlich des goldenen Ehejubiläums den Höchsten Herrschaften Glückwünsche

8 11“

darzubringen beabsichtigen.

Oesterreich⸗Ungarn.

Das Abgeordnetenhaus hat sich gestern nach Vor⸗ nahme der Wahlen für die Delegationen vertagt.

Die Abgrenzungscommission des Ober⸗Landes⸗

gerichts hielt vorgestern in Prag in Anwesenheit der deutschen

und Professor Schlesinger Ober⸗Landesgerichts⸗ Commission sprach Bezirksgerichts in

Vertrauensmänner Dr. Schmeykal Sitzung ab, in welcher der Präsident den Vorsitz führte. Die sich gegen die Errichtung eines Kolleschowitz aus; dagegen wurde die der deutschen Gemeinden Wetzlau und Swojetin aus dem Bezirk Rakonitz und deren Zuweisung an den Saatzer Bezirk unter gewissen Voraussetzungen befürwortet. Desgleichen wurde die Ausscheidung der czechischen Gemeinden Opoeno und Imling aus dem Bezirk Postelberg und deren Zuweisung zum Bezirk Laun befürwortet. Die Ausscheidung der deutschen Ge⸗ meinde Raney aus dem Bezirk Laun und ihre Huweisung zum Bezirk Postelberg wurde abgelehnt. Das Ansuchen der Ge⸗ meinde Scheles um Errichtung eines Bezirksgerichts wurde einstimmig abgelehnt. Die Petitionen in Betreff der Er⸗ richtung von Bezirksgerichten in Kreibitz, Mseno und Rozmital wurden, als nicht in den Rahmen der nationalen Bezirks⸗ abgrenzungen fallend, von der Commission abschlägig beschieden.

Großbritannien und Irland.

Ueber die voraussichtliche Gestaltung der Parteiverhältnisse und Bündnisse in dem neuen Parlament stellen Londoner Blätter bereits allerlei Betrachtungen an. Wenn sich, so etwa führen sie aus, die 268 Conservativen und 46 liberalen Unionisten den 9 Parnelliten zugesellen, so würden ihnen gegenüberstehen: 271 Gladstonianer, 4 Arbeiter⸗Abgeordnete und 72 Anti⸗Parnelliten. Die collective Partei der Liberalen

wie man diese im Gegensatz zu den Unionisten nennt, die Separatisten, würden dann nur eine Mehrheit von 24 Stimmen haben. Stimmen dagegen die vier Arbeiter⸗Abgeordneten mit den Unionisten und die Parnelliten mit den Gladstonianern, so haben die Separatisten eine Mehrheit von 34 Stimmen. Gehen schließlich die Par⸗ nelliten und Arbeiter⸗Abgeordneten mit den Unionisten, so schrumpft die Mehrheit der Separatisten auf sechzehn zusammen. Man ersehe aus diesen Zahlen, daß die Gladstonianer im nächsten Parlament den größten Pflichteifer werden ent⸗ falten müssen, um vor Ueberrumpelungen geschützt zu sein. Uebrigens haben sich die Gladstonianer, wie man der „Köln. Ztg.“ aus London berichtet, bereits, wenn auch widerwillig, mit der Thatsache abgefunden, daß die Eröffnung des Parlaments durch Lord Salisbury geschehen soll. Sie fürchten nämlich, daß, falls die Regierung bei der Adreßdebatte über ein Amendement der neuen Mehrheit in Betreff Home Rule eine Niederlage erlitte, eine abermalige Auflösung des Parlaments stattfinden müßte. Daher taucht schon der Vorschlag auf, die Home Rule⸗Frage vorläufig überhaupt in den Hintergrund treten zu lassen und zunächst bei der Adreß⸗ debatte keinen Home Rule⸗Antrag, sondern einen solchen auf Aufhebung des Balfour'schen Zwangsgesetzes zu stellen.

Die conservative Londoner „Morningpost“ empfiehlt dem

Cabinet Salisbury, der Königin in dem Falle, daß ein

Mitßtrauensvotum gegen das Cabinet beschlossen werden sollte,

die Vertagung des Parlaments bis zur ordentlichen Session 1893 vorzuschlagen.

Gladstone ist nach seinem achttägigen Aufenthalt in Braemar am Mittwoch nach Hawarden Castle zurückgekehrt. Vor seiner Abreise von Braemar hielt er noch eine Ansprache an Vertreter verschiedener liberaler Vereine, in deren Verlaufe er sagte: Die trische Frage sei die Hauptfrage; solange nicht ein erfolgreicher Versuch zur Lösung derselben gemacht sei, könne der parlamentarische Apparat nicht befriedigend arbeiten. Die liberale Mehr⸗ heit im neuen Unterhause sei nicht groß, aber man dürfe nicht verzagen. Er habe in 25 gesessen und in fünf Volksvertretungen liberale Regierungen gesehen, die mit einer kleineren Mehrheit als der gegenwärtigen neuen viele gute Werke verrichtet hätten. Schließlich fragte Gladstone, ob

die liberalen Unionisten, da es nicht länger nöthig sei, eine

Homerule⸗feindliche Regierung zu stützen, im neuen Parlament ferner mit den Tories stimmen würden. Glücklicherweise sei die liberale Sache nicht abhängig von den liberalen Unionisten.

Die britische Kanalflotte soll am Mittwoch und Donnerstag mobilisirt werden. Ueber das Programm der Flottenübungen verlautet, daß das mobilisirte Geschwader zehn Tage hindurch, vom Freitag an, strategische Be⸗ wegungen ausführen werde. Dann soll das Verthei⸗ digungsgeschwader getheilt werden; der eine Theil werde nach Norden, der andere nach Süden segeln. Hierauf werde die Kriegserklärung erfolgen. Der Feind werde dabei versuchen, die Vereinigung der Vertheidigungsflotte zu ver⸗ hindern. Am Dienstag erste Schiff, der Benbow“,

in Chatham für die Uebungen mobilisirt. Die Marinesoldaten werden der Chatham⸗Division und die Matrosen den im Hafen liegenden Aufnahmeschiffen entnommen.

8 Frankreich.

Der Präsident Carnot hat sich gestern Nachmittag nach Fontainebleau begeben, um dort einen mehrwöchigen Aufenthalt zu nehmen. . .

Der „Temps“ veröffentlicht eine Zuschrift des schwei⸗ zerischen Gesandten Dr. Lardy, worin dieser erklärt, die Regierungen Frankreichs und der Schweiz hätten bereits vor mehreren Tagen hinsichtlich der Gestaltung der Handels⸗ beziehungen ein Uebereinkommen dahin getroffen, im Wege der einheimischen Gesetzgebung vorzugehen. Der auf beiden Seiten vorhandene gute Wille lasse auf die Ueber⸗ windung der sonst noch beshbe Schwierigkeiten hoffen.

Der Deputirte Deloncle setzte den Finanz⸗Minister davon in Kenntniß, daß er in der Herbstsession die Einführung einer Velocipedsteuer in Höhe von 10 Frcs. zu beantragen be⸗ absichtige.

Mehrere Pariser Blätter hatten die Nachricht von der Verhaftung der Anarchisten Dubois und Parmentier ge⸗ bracht und daran die Mittheilung geknüpft, die Polizei sei im Besitz der Beweise dafür, daß die Anarchisten geplant hatten, am Nationalfest den Justizpalast, die Börse und das Palais Bourbon in die Luft zu sprengen. Zwei der Rädelsführer, die obengenannten Dubois und Parmentier, seien verhaftet, den übrigen Theilnehmern des Complots sei es infolge von Indiscretionen ermöglicht worden zu fliehen. Dem depehs hat die Polizei⸗Präfectur erklärt, die Nachricht von er Verhaftung der beiden Anarchisten sei zwar richtig, von der Entdeckung keine Rede.

eines anarchistischen Complots sei jedoch Portugal.

Wie „W. T. B.“ aus Lissabon erfährt, solle die Pairs⸗ kammer demnächst zu einer außerordentlichen Sitzung einberufen werden, um über den der Unterschlagung von Werthpapieren bezichtigten früheren Präsidenten des Banco Lusitano, Mendoza Cortez, abzuurtheilen. 8

Schweiz.

Zu den Handelsvertrags⸗Verhandlungen mit Frankreich (s. d.) bringt der Berner „Bund“ folgende Mit⸗ theilung:

„Die Schwierigkeit, welche in den Unterhandlungen zwischen den beiden Staaten entscheidend werden soll, betrifft weder den Vertrag über literarisches und künstlerisches Eigenthum, noch den Tarif der freien Zone, wie einige Blätter melden, sondern die Form des neuen Abkommens. Da man die klassische Form des Ver⸗ trags verlassen will, um Frankreich die Möglichkeit zu geben, auf autonomem Wege die entsprechenden Ermäßigungen auf dem Tarif eintreten zu lassen, verlangt die Schweiz Garantien, daß diese Reductionen, ähnlich wie bei einem Vertrage, auch als Ganzes betrachtet und aufrecht erhalten werden. Hier muß Frankreich noch weiter entgegenkommen, d. h. sichernde Zusagen machen. Der Bundesrath hielt in dieser Angelegenheit am Mittwoch eine Extra⸗ sitzung, in welcher er für jede Eventualität Beschlüsse faßte. Die Hoffnung auf eine Verständigung ist noch nicht ganz aufgegeben. Kuchannet kehrt in die Ferien zurück. Scheitern die Unterhandlungen, was sich bis zum 24. d. M. spätestens entscheiden muß (laut Beschluß der Bundesversammlung), so wäre die Bundesversammlung auf den 1. August spätestens einzuberufen.“ . .“

Die Frist, innerhalb deren Portugal bei dem Schieds⸗ gerichtüber die Delagoa⸗Frageseine Klagebeantwortung auf die Klageschriften von Großbritannien und Nord⸗ Amerika einzureichen hat, ist den „Basl. Nachr.“ zufolge auf ein Gesuch, das der Rechtsbeistand der beklagten Partei (Portugal), Alt⸗Stände⸗Rath Sahli, Fürsprech in Bern, am 6. Juli bei dem Präsidenten des Schiedsgerichts, Bundes⸗ gerichts⸗Präsidenten Bläsi, stellte, bis auf Ende November 1892 verlängert worden.

Serbien. Der Minister⸗Präsident Pasic hat sich zum Kurgebrauch nach Arandjelovac begeben.

Schweden und Norwegen.

„Dem norwegischen Storthing ist ein von 3 Mit⸗ gliedern der Linken, 3 Mitgliedern der Rechten und 3 Mit⸗ gliedern der Moderaten unterzeichneter Antrag zugegangen, worin eine Abänderung des Grundgesetzes in der Weise vorgeschlagen wird, daß dem Könige das Recht zu⸗ stehen soll, das Storthing aufzulösen und Neuwahlen aus⸗ zuschreiben. ““

8 Amerika.

Der Staatssecretär General Foster hat nach einem Kabeltelegramm aus Washington bekannt gemacht, daß ein für beide Theile befriedigendes Abkommen zwischen den Vereinigten Staaten und Chile über den Schadenersatz erzielt worden ist, welchen Chile wegen des seiner Zeit viel besprochenen Angriffs auf die Matrosen des Ver.⸗St.⸗Kriegsschiffs „Baltimore“ in Valparaiso zu zahlen hat. Die chilenische Regierung hat sich danach erboten, 75 000 Doll. in Gold zu zahlen, welche unter den Familien der bei der Rauferei getödteten Seeleute und den verwundeten Matrosen vertheilt werden sollen.

Auch das Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten hat am 19. d. M. den Senatsbeschluß, wonach die Chicagoer Weltausstellung an Sonntagen geschlossen bleiben soll, formell genehmigt Dagegen verwarf das Haus den Beschluß des Senats, 5 000 000 Doll. zu Denkmünzen im Werth eines halben Dollars auszuprägen.

Afrika. Eine Meldung des „Reuter’'schen Bureaus“ aus Tanger vom 21. Juli bestätigt in allen Stücken die Nachricht von dem Ab⸗ bruch der Handelsvertrags⸗Verhandlungen zwischen dem Sultan von Marokko und dem außerordentlichen Gesandten Sir Euan Smith, sowie die Abreise der britischen Gesandtschaft aus Fez. Nach unablässigen Verzöge⸗ rungen und wiederholtem Bruch der Versprechungen seitens des Sultans habe, so heißt es in dem Telegramm, die Ge⸗ sandtschaft Fez am 12. Juli verlassen. Smith habe sechs Meilen von Fez entfernt ein Lager bezogen; dorthin seien zwei Abgesandte des Sultans gekommen, und in derselben Nacht sei der modificirte Vertrag aufgesetzt worden, welcher am anderen Tage unterzeichnet werden sollte. Am 13. d. habe indessen der Sultan die seinen Vertretern ertheilten Vollmachten wieder zurückgezogen und die beiden wichtigsten Artikel des Vertrages gestrichen, auf welche Smith die von ihm gemachten ss gegründet

die ym n Concessionen g hatte. Smith habe sich geweigert, den verstümmelten

Vertrag zu unterzeichnen und sei sofort nach Rabat auf⸗ gebrochen, wo man die Gesandtschaft heute (22. Juli) erwarte. Die üblichen Geschenke seien zwischen dem Gesandten und dem Sultan nicht ausgetauscht worden. Eine Meldung der „Times“ aus Tanger bringt ähnliche Mittheilungen und fügt hinzu: man erkläre sich das Verhalten des Sultans aus inzwischen von Tanger eingegangenen Meldungen. Danach⸗ treffe eine französische Gesandtschaft Vorbereitungen, um im September nach Fez zu gehen und bor⸗ über einen Handelsvertrag mit Frankreich zu verhandeln, dem zwar andere, aber doch den Smith'schen Propositionen ähnliche Lo zu Grunde gelegt werden sollten. Durch dem Auswärtigen Amt in London zugegangene Briefe des Gesandten Sir Euan Smith wird der Inhalt der dem „Reuter'schen Bureau“ am Montag zuge⸗ gangenen Depeschen (vgl. Nr. 168 d. Bl.) durchweg bestätigt. Inzwischen haben nach weiteren Meldungen des genannten Bureaus vom gestrigen Tage aus Tanger die Feintseligkeiten zwischen den marokkanischen Truppen und den Angheras begonnen. Von den Insurgenten sind drei Dörfer in der Nähe von Tanger niedergebrannt worden.

Die heutigen Londoner Morgenblätter veröffentlichen noch folgende weiteren Einzelheiten über die Vorgänge, welche sich während der Verhandlungen des Gesandten Smith mit dem Sultan von Marokko zutrugen:

Danach wurde von Smith, als am 6. Juli eine tumultuarische Bewegung gegen die Gesandtschaft ausgebrochen war, dem Sultan mitgetheilt, daß, falls etwa die Mitglieder der Gesandtschaft angegriffen und ermordet werden sollten, binnen Monatsfrist eine neue Gesandt⸗ schaft in Fez eintreffen würde, daß es sich dann aber darum handeln würde, ob es fortan überhaupt noch einen Sultan gäbe. Nachdem hierauf der Wortlaut des Vertrages festgestellt gewesen sei, habe der Sultan dem Gesandten eine von ihm unterzeichnete Abschrift gesandt. Smith habe indessen bemerkt, daß in der Abschrift die hauptsächlichsten Artikel der getroffenen Vereinbarung fortgelassen worden seien, und deshalb das Schriftstück zerrissen. Ferner habe der Sultan dem Gesandten eine Summe von 30 000 Pfd. Sterl. geboten; diese sei jedoch von demselben mit Entrüstung zurückgewiesen worden. Endlich habe der Sultan die Abreise der Gesandtscheft zu hindern gesucht und die der letzteren gehörenden Pferde fortnehmen lassen. Als darauf ein englischer Offizier sich angeschickt habe, nach Tanger abzugehen, um eine bewaffnete Escorte aus Gibraltar herbeizurufen, seien die Pferde wieder zurückgegeben worden.

Nr. 29 der Veröffentlichungen des Kaiserlichen Ge⸗ sundheitsamts vom 20. Juli hat folgenden Inhalt: Gesundheits⸗ stand. Mittheilungen über Volkskrankheiten, insbesondere Cholera. Sterbefälle in deutschen Städten mit 40000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Berliner Krankenhäusern. Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Land⸗ bezirken. Gesundheitswesen in Norwegen 1889. Desgl. in französischen Städten 1890. Ansteckende Krankheiten in Rußland 1891. Witterung. Grundwasserstand und Bodenwärme in Berlin und München, Juni. Zeitweilige Maß⸗ regeln gegen Volkskrankheiten. (Oesterreich⸗Ungarn, Italien, Groß⸗ britannien, Schweden, Rußland, Rnmänien, Serbien, Bulgarien, Montenegro, Türkei, Griechenland, Spanien, Portuagal, Uruguay.) Thierseuchen in Oesterreich 1892, I. Vierteljahr. Desgl. in Serbien. Desgl. in den Niederlanden. Veterinärpolizeiliche Maßregeln. (Preuß. Reg.⸗Bez. Gumbinnen. Frankreich. Schweden.) Gesetzgebung u. s. w. (Preußen.) Apothekenvermehrungen. (Reg.⸗Bez. Oppeln.) Hebammen⸗Aspirantinnen. Hebammen. (Reg.⸗Bez. Düsseldorf.) Fleischbeschau. (Bayern.) Beamten⸗ gehälter. (Oesterreich.) Thermometer. Cholera. (Groß⸗ britannien.) Fabriken und Werkstätten. (Belgien.) Mehl, Brot ꝛc. (Niederlande.) Vieh⸗Ein⸗ und Durchfuhr. Vermischtes. (Baden.) Schlachthäuser. (Sachsen⸗Weimar.) Fleischschau. (Rußland.) Hygienische Ausstellung. Beilage. Gerichtliche Ent⸗ scheidungen zum Nahrungsmittelgesetz (Butter).

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Daß ein reines, unklagbares Differenzgeschäft nicht nur dann vorliegt, wenn nach der ausdrücklich erklärten Absicht der Con⸗ trahenten effective Lieferung und Abnahme auf beiden Seiten aus⸗ geschlossen, Gegenstand der Forderung und Schuld nur die Differenz sein soll, sondern auch dann, wenn aus dem ganzen Sachverhalt die stillschweigende Vereinbarung des Ausschlusses effectiver Lieferung und Abnahme hervorgeht, ist vom Reichsgericht, I. Civilsenat, durch Urtheil vom 30. Januar und 20. Februar 1892, und vom II. Civil⸗ senat, durch Urtheil vom 11. März 1892, in Uebereinstimmung mit seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden worden.

Statistik und Volkswirthschaft.

Mangel an Landarbeitern.

Auch im Regierungsbezirk Hildesheim wird über Mangel an tüchtigen Landarbeitern geklagt, trotzdem die Lage derselben im allge⸗ meinen günstig ist; erst in neuerer Zeit sollen sich in den größeren Städten des Bezirks beschäftigungslos gewordene Arbeiter wieder mehrfach der Landwirthschaft zuwenden.

Zur Arbekterere

Der Boycott, den die socialdemokratischen Arbeiter Berlins über die Berliner Unionsbrauerei verhängt hatten (vgl. Nr. 167 d. Bl.), ist, wie der Ausschuß der Berliner Strike⸗Controlcommission im „Vorwärts“ mittheilt, aufgehoben worden, nachdem die Brauerei die von den Arbeitern geforderte Erklärung wegen des Coalitionsrechts ab⸗ gegeben und das Zugeständniß gemacht hat, daß ein ent⸗ lassener Brauer wieder in seine Stellung eintreten kann.

In Leipzig beschäftigte sich eine Versammlung von Conditorgehilfen am Mittwoch mit der Organisations⸗ frage. Die „Lpz. Ztg.“ berichtet über die E1“

Nach einem Vortrage über „den Werth der gewerkscha tlichen Organisation“ verhandelte die Versammlung in der Haupt⸗ sache darüber, ob die Hirsch⸗Duncker'schen Gewerkvereine oder die socialdemokratischen Gewerkschaftsorganisationen den Arbeitern die meisten Vortheile böten. Zu letzteren zählt sich auch der Verband der Conditorgehilfen Deutschlands (Sitz Hamburg), dessen Mitglieder mit ihrem socialdemokratischen Anhange in de vergestrigen Versammlung die Mehrheit über die Hirsch⸗Duncker⸗ Gewerkvereinler bildeten. Dies hatte zur Folge, daß die von 100 Per⸗ sonen besuchte Versammlung eine Resolukion dahin gehend annahm, daß der Verband der Conditorgehilfen als die einzig richtige Organr⸗ sation anzuerkennen sei.

Aus Rotterdam wird der „Köln. Ztg.“ geschrieben: Eine Versammlung der Schiffbauarbeiter⸗ 9 einigung „De Nederlandsche Vlag“ besprach dieser Tage ver⸗ schiedene Uebelstände, die eine angemessene Löhnung erschweren. Der Vorsitzende behauptete in einer Rede, daß n Angestellten, Schiffscapitäne u. s w. untereinander allerle Praktiken ausübten, die den Arbeitern

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unter dem 19. d. M⸗ Ver⸗

gereichen. S. 4 8 . bt, Der Firma W. Müller u. Co. wurde ein Vorwurf daraus gemac, daß sie Bootarbeiter gegen einen festen Wochenlohn von 20 bis 25⸗ anwerbe;

zum Nachtheil

die Versammlung beschloß, der Firma ihre Mißbilligung

darüber kundzugeben, mit dem Bemerken, daß diejenigen Arbeiter, die unter diesen Umständen einträten, von ihren Genossen geächtet würden. 3 8 8 Ueber Arbeitseinstellungen und Ausstände liegen solgende Mittheilungen vor:

Aus Hanau wird der „Köln. Ztg.“ geschrieben: In der hiesigen Hofbrauerei von G. Ph. Nicolay ist seit Mittwoch ein Aus⸗ stand der Brauer ausgebrochen. Ursache ist die Ablehnung einer For⸗ derung auf Lohnerhöhung. Der „Vorwärts“ giebt als Grund des Aus⸗ stands an, die Brauerei habe ihren bisherigen Obermälzer entlassen, weil er Vorsitzender des Brauervereins sei. Die Brauergehilfen hätten seine Wiedereinstellung verlangt und da das verweigert wurde, stellten 23 von ihnen die Arbeit ein.

Aus Kottbus schreibt man der Berliner „Volksztg.“ unter dem 21. Juli: Der Ausstand der Former in der Knackstedt'schen Eisengießerei ist zu Ungunsten der Strikenden beendet worden.

In Loele (Schweiz) sind einer Meldung des „Vorwärts“ zu⸗ folge die Tischler und Zimmerleute ausständig; sie fordern 45 Centimes Minimallohn pro Stunde und den Zehnstundentag.

Zu den Vorgängen in Homestead wird der „Voss. Ztg.“ aus Pittsburg vom 19. d. M. gemeldet: Die ausständigen Arbeiter der Carnegie'schen wollen alle Rechtsmittel aufbieten, um die Freisprechung ihrer wegen Mordes angeklagten Collegen zu er⸗ reichen. Sie haben den General Benjamin F. Butler, früheren Gouver⸗ neur von Massachusetts, und den früheren Gouverneur von Ohio, Hoodley, als Anwälte verpflichtet Der Gouverneur des Staats Pennsylvanien Pattison weilt gegenwärtig in Homestead, um die dort liegenden Milizen zu besichtigen. Einige Truppenabtheilungen haben 5 den Heimmarsch angetreten.

Kunst und Wissenschaft.

Ueber die „Werther⸗Ausstellung“ im Goethe hause zu Frankfurt a. M., welche, wie schon gemeldet, am 16. d. M eröffnet worden ist, entnehmen wir einem Bericht der „Frkf. Ztg.“ Folgendes: Die berühmte, der ganzen gebildeten Welt bekannte Liebesgeschichte, die vor 120 Jahren (im Sommer 1772) sich ab⸗ spielte, wird hier in Actenstücken und Reliquien veranschaulicht. Am 25. Mai 1772 hatte sich Goethe, der junge Frankfurter Advocat, in die Matrikel des Reichs⸗Kammergerichts zu Wetzlar eingeschrieben; am 9. Juli lernte er Charlotte Buff kennen; am 10. September verließ er blutenden Herzens die Geliebte; am 30. Oktober endete Karl Wil⸗ helm Jerusalem sein unbefriedigtes Dasein durch einen „tödtlichen Schuß“ und im September 1774 erschien in Leipzig das Buch „Die Leiden des jungen Werthers“. Es gab sofort Anlaß zu einer außer⸗ ordentlichen Erregung, ja zu dem berüchtigten „Wertherfieber“, dem in der Literatur und in der Culturgeschichte ein eigener, sehr wichtiger Abschnitt für alle Zeit eingeräumt ist. Die reichhaltigste Sammlung der zu dieser Geschichte gehörigen Actenstücke und Reliquien besitzt Herr Ober⸗Hofmeister von Donop zu Weimar; mit dankenswerther Freundlichkeit hat er sie zur Ausstellung hergegeben. Zur Ergänzung Haben viele sehr werthvolle Stücke aus dem Archir und der Bibliothek des Freien Deutschen Hochstifts gedient. Diese in vielen Beziehungen hochinteressante Ausstellung enthält Autographen, Bildnisse und Schattenrisse der Personen, die in der Liebesgeschichte eine Rolle spielen. Daran reihen sich Ansichten von Wetzlar und der Umgegend. Den Schluß bildet die Dichtung in den alten Ausgaben, Nach⸗ drucken und Uebersetzungen nebst einer nahezu vollständigen Samm⸗ lung der Wertheriaden und einer Reihe von Illustrationen. Die Ausstellung ist von“ Herrn Dr. O. Heuer, dem Secretär des Freien Hochstifts, mit großem Geschick und anerkennenswerthem Fleiß arrangirt. Ein sorgfältig zusammengestellter Katalog im Stil des vorigen Jahrhunderts erleichtert die Beschauung, und eine kurze Ein⸗ leitung giebt die hauptsächlichsten Daten der „Werther⸗Periode“. Die Ausstellung soll bis zum Oktober geöffnet bleiben.

Der französische Transportdampfer „Manche“, unter dem Befehl des Capitäns Bienaimé, an dessen Bord sich der Professor Pouchet, Herr Rabot, der bereits zahlreiche Reisen in Nord⸗Europa unternommen, und der österreichische Marine⸗Offizier Gratzl, der die österreichische Expedition im Jahre 1882 mitgemacht und sich damals 14 Monate in Jan⸗Mayen aufgehalten hat, befinden, ist nach einer Meldung des „Temps“ am 20. d. M. von Leith nach Jan⸗Mayen in See gegangen. Der Dampfer wird von dort zu⸗ nächst nach Tromsö zurückkehren und dann nach Spitzbergen weiter gehen. Sollten die Eisverhältnisse eine Landung in Jan⸗Mayen nicht gestatten, so wird die Reise von dort direct nach Spitzbergen fortgesetzt werden. Zweck der Expedition ist neben magnetischen Beobachtungen namentlich der, in Jan⸗Mayen den Zustand der dort im Jahr 1882 durüsgel Fee Provisionen zu untersuchen. In Spitzbergen, wo neben Beobachtungen auch Sammlungen der dortigen Fauna und Fossilien veranstaltet werden sollen, werden nur die an der Westküste belegenen Fjorde, der Bell⸗Sund, der Isfford, Croß⸗Bay, Kings⸗Bay und Madeleine⸗Bay angelaufen werden.

In Kopenhagen ist am 18. d. M. die vierte nordische Philologenversammlung eröffnet worden. Es haben sich dazu 185 Theilnehmer: 114 aus Dänemark, 38 aus Schweden, 25 aus Norwegen, 4 aus Finnland und 4 ausländische, angemeldet. Unter den ausländischen Theilnehmern besinden sich nach der „Frkf. Ztg.“ Professor Passy aus Paris, Dr. Morgenstern aus Leipzig und Pro⸗ fessor Rambeau aus Hamburg. Die erste nordische Philologenver⸗ sammlung wurde im Jahre 1876 in Stockholm, die letzte vor sechs Jahren in Christiania gehalten.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Oesterreich⸗Ungarn. Die Seebehörde zu Triest hat gegen Provenienzen aus rumäni⸗ schen Häfen an der Donau und am Schwarzen Meer strenge ärzt⸗ liche Untersuchung angeordnet. Rußland.

Nachdem durch Erlaß des Kaiserlich russischen Ministers des Innern der Hafen von Batum als choleraverdächtig erklärt worden st, wurde eine drei⸗ bezw. sechstägige (je nachdem ein Arzt an Bord ist oder nicht) Observation der Provenienzen von dort in Odessa angeordnet.

Türkei.

Wegen Ausbruchs der Cholera in Taganrog hat der internationale Gesundheitsrath zu Konstantinopel 10 Tage Quarantäne gegen die russische Küste von Kertsch bis Suchumkale und fünf Tage gegen Odessa verfügt.

Egypten.

Der internationale Quarantänerath zu Alexandrien hat am 2. Juli 1892 beschlossen, gegen Ankünfte von der russischen Küste des Schwarzen Meeres zwischen Batum und Suchumkale, diese beiden Häfen einschließlich, das zur Verhütung der Cholera⸗Ein⸗ schleppung bestimmte Reglement in Kraft zu setzen, dagegen Ankünfte von allen übrigen Hafenplätzen des Schwarzen Meeres einer ärzt⸗ lichen Besichtigung zu unterwerfen .

da Einem ferneren Beschlusse des Quarantäneraths gemäß ist am 29. Juni 1892 gegenüber den arabischen Hafenplätzen des Rothen Meeres das für die Zeit der Rückkehr der Mekka⸗Pilger naßgebende Reglement in Wirksamkeit getreten.

St. Petersburg, 21. Juli. Am 19. Juli sind, wie „W. T B.“ meldet, in Astrachan 198 Cholera⸗Erkrankungen und 57 Todesfälle vorgekommen; in Kasan 4 Erkrankungen und 3 Todes⸗ fälle, Bestand an Kranken daselbst 14; in Samara 88 Erkran⸗ ungen und 43 Todesfälle, Bestand 166 Kranke; in Woronesch Todesfall; in Saratow am 18. Juli 99 Erkrankungen und 43 Todes⸗ älle, am 19. Juli 119 Erkrankungen und 57 Todesfälle. Am 18. Jüli ind ferner vorgekommen: in Zarizyn 89 Erkrankungen und 54 Todes⸗ äͤlle, Bestand 85 Kranke, in Rostow 84 Erkrankungen und 31 Todes⸗

fälle, in Taganrog 3 Erkrankungen und 2 Todesfälle und in Asow

6 Erkrankungen und 22 Todesfälle.

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Heute Vormittag 10 Uhr hielt der Central⸗Ausschuß der Reichsbank seine Monatssitzung im Reichsbankgebäude. Aus dem Vortrage des Vorsitzenden, Präsidenten des Reichsbank⸗Directoriums Dr. Koch ist hervorzuheben, daß die Anlagen, wie gewöhnlich im Juli, stetig ge⸗ fallen sind, indessen noch immer die der Jahre 1887 bis 1890 nicht unerheblich übersteigen, während der Metallvorrath von 988 Millionen ungefähr dem von 1888 gleichkommt, aber höher ist als in den Jahren 1891, 90, 89 und 87. Das Gold hat sich seit Anfang dieses Jahres um etwa 40 Millionen vermehrt; nur im Jahre 1888 war der Goldvorrath größer. Trotz ungünstiger Wechselcurse kommt Gold aus Amerika herein. Die Geldflüssigkeit dauert fort. Die Privatgelder (Giro⸗Guthaben) sind in den letzten Tagen um mehr als 35 Millionen gestiegen. Der Bestand an fremden Geldern überhaupt ist wesentlich höher als in den letzten fünf Jahren. Die Banknoten sind mit 30 Millionen überdeckt. In den letzten Tagen hat die Ueberdeckung noch er⸗ hebliche Fortschritte gemacht. Eine Zinsfußänderung eintreten zu lassen, liegt kein Grund vor. An den Vortrag knüpfte sich keine Discussion. Zur Beleihung im Lombardverkehr wurden noch zugelassen: Anhaltische Land⸗ rentenbriefe und Chemnitzer 3 ½ procentige Stadt⸗Obligationen.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 21. d. M. gestellt 10 483, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen. In Oberschlesien sind am 20. d. M. gestellt 3602, nicht rechtzeitig gestellt 17 Wagen infolge einer Geleissperrung.

Von Saling's Börsen⸗Papieren“, die seit einer Reihe von Jahren, in einen Band zusammengefaßt, unter dem Titel „Saling's Börsen⸗Jahrbuch“ erscheinen, liegt die 16. für das Jahr 1892/93 bestimmte Auflage vor. Es ist an dieser Stelle bei jeder neuen Auflage auf die Vorzüge dieses werthvollen Nachschlage⸗ buchs für Banquiers und Kapitalisten hingewiesen worden, das in der sorgfältigen Bearbeitung des bekannten Statistikers W. L. Hertslet seinen Zweck aufs vollkommenste erfüllt. Wer als Kaufmann oder auch nur durch seinen Besitz genöthigt ist, durch Einkauf oder Ver⸗ kauf von Werthpapieren irgend welcher Art unmittelbar oder mittel⸗ bar an der Fondsbörse Geschäfte abzuwickeln, wird ein Handbuch, das, wie „Saling's Börsen⸗Jahrbuch“ über alle an der Börse werktägigen Werthpapiere und Wechsel jede für den Käufer oder Verkäufer nöthige oder wünschenswerthe Auskunft gewährt, nicht wohl entbehren können. „Saling's Börsen⸗Jahrbuch“ enthält nicht nur alle an der Berliner Börse gehandelten Effecten, sondern berücksichtigt auch die wichtigsten Papiere, die an anderen Börsen gehandelt werden. Das Werk ist wie gewöhnlich inhaltlich bis in die jüngste Zeit fortgeführt und wieder durch Besprechung der inzwischen neu an die Börse gekommenen Papiere erweitert. Auch in diesem Jahre wird den Käufern des Hauptwerks im Herbst ein Ergänzungsheft nach⸗ geliefert, welches, wie schon sein Name sagt, den Inhalt durch Mit⸗ theilung der weiteren Entwickelungen und Vorkommnisse, die für die Beurtheilung der einzelnen Papiere von Bedeutung sind, ergänzt und vervollständigt. .

Vom ob erschlesischen Eisen⸗und Metallmarkt berichtet die „Schl. Ztg.“: Die Mattigkeit im oberschlesischen Eisengeschäft hat in 8 Woche eher zugenommen, und da vorläufig wenig Aus⸗ sicht auf baldige Aufbesserung der mißlichen Lage, in welcher sich die meisten Werke befinden, vorhanden ist, so gab dies zur weiteren Ein⸗ schränkung der Roheisenproduction Veranlassung. Die Zufuhr an Koks und Erzen ist bei dem verminderten Betriebe eine schwächere und dementsprechend auch die Erzförderung im Revier geringer. In Alteisen ist die Anhäufung von Beständen be⸗ deutend. Im Walzeisengeschäft ist die Lage fast unverändert geblieben. Der Eingang an Specificationen hat sich nicht gehoben; die Aufträge kommen sofort zur Erledigung. Wenige größere Werke ausgenommen, die sich ihres Qualitätseisens wegen einer Bevorzugung erfreuen, mangelt es den meisten an Aufträgen. Die bisher noch bei fast sämmtlichen Werken vorhandene ziemlich starke Nachfrage nach Handels⸗ und Baueisen fängt nunmehr auch an nach⸗ zulassen, und wird infolge dessen ein Theil der Production auf Lager gebracht. In Blechen ist das Geschäft dasselbe geblieben, und bei den Stahlwerken hat sich die Lage in keiner Weise günstiger gestaltet. Der Geschäftsgang der Eisengießereien ist mit nur wenigen Ausnahmen sehr schwach. Röhrenwalzwerke, Draht⸗ und Nägelwerke klagen, obwohl stärker beschäftigt, über den durch gedrückte Preise sehr geminderten’ Verdienst. Maschinen⸗ und Kesselfabriken sind leidlich, Reparaturwerkstätten gut beschäftigt. Im Zink⸗ geschäft hat sich nichts geändert.

Börse zu Düsseldorf. (Amtlicher Preisbericht vom 21. Juli 1892.) Der Kohlenversand hat im Vergleich zu den ersten Tagen des Monats wieder zugenommen. Auf dem Eisen⸗ markt hält die regere Nachfrage an. (Berechnung in Mark für 1000 kg und, wo nicht anders bemerkt, ab Werk.) Kohlen und Koks. 1) Gas⸗ und Flammkohlen: Gaskohle für Leuchtgasbereitung 11,50 12, Generatorkohle 10,50 11, Gasflammförderkohle 9,50 10; 2) Fettkohlen: Förderkohle 8,50, beste melirte Kohle 9,50, Kokskohle 6,50 7; 3) Magere Kohlen: Förderkohle 8— 8,50, melirte Kohle 9 9,50, Nußkohle Korn II (Anthracit) 18,00 20,00; 4) Koks: Gießereikoks 14,50 15, Hochofenkoks 12, Nußkoks gebrochen 15,50 17; 5) Briquets 11,00 13,00. Erze: 1) Rohspath 7,50 8,50, 2) Gerösteter Spatheisenstein 10,50 12,50, 3) Somorrostro f. o. b. Rotterdam —, 4) Nassauischer Roth⸗ eisenstein mit ca. 50 % Eisen 8,50 9,20, 5) Rasenerze franco —. Roheisen: 1) Spiegeleisen Ia 10 12 % Mangan 55, 2) Weißstrah⸗ liges Qualitäts⸗Puddelroheisen: rhein.⸗westf. Marken 51—52, Sieger⸗ länder 48 49, 3) Stahleisen 52 53, 4) Engl. Bessemereisen ab Verschiffungshafen —,—, 5) Spanisches Bessemereisen Marke Mudela cif. Rotterdam —,—, 6) Deutsches do. —,—, 7) Thomaseisen franco Verbrauchsstelle 50, 8) Puddeleisen (Luxemburger Qualität) 38,80, 9) Engl. Roheisen Nr. III ab Ruhrort 61 62, 10) Luxemburger Gießereieisen Nr. III 48 —50, 11) Deutsches Gießereieisen Nr. 1 65, 12) do. Nr. II —, 13) do. Nr. III 57, 14) do. Hämatit 66, 15) Spanisches Hämatit Marke Mudela l. Rotterdam —. Stabeisen: Gewöhnliches Stabeisen 115 117,50. Bleche: 1) Ge⸗ wöhnliche Bleche 145, 2) Kesselbleche 160, 3) Feinbleche 135 145.— Draht.: 1) Eisenwalzdraht —, 2) Stahlwalzdraht —.

Die nächste Börsenversammlung zu Essen findet am 25. Juli 1892 im „Berliner Hof“ statt.

Wien, 21. Juli. (W. T. B.) Die „Wiener Abendpost“ schreibt: In der Angelegenheit der finanziellen Auseinandersetzung mit der Prag⸗Duxer und der Dux⸗Bodenbacher Bahn sind nach⸗ stehende Vergleichsanträge festgestellt: Das Stammactien⸗Kapital der Prag⸗Duxer Bahn wird um ein Drittel, somit von 8 100 000 auf 5 400 000 Fl. reducirt, derart, daß jede Actie auf 100 Fl. nominal abgestempelt wird. Die Einlösungsrente der Prag⸗Duxer⸗ Bahn wird 88 festgestellt, daß nach Abzug einer zehnprocentigen Ein⸗ kommensteuer auf jede Actie eine Dividende von 4 Fl. entfällt. Die Dux⸗Bodenbacher Bahn bezahlt ratenweise die restliche Inpestitions⸗ summe per 3 Millionen Gulden ohne Berücksichtigung der aus dem Erträgnisse von 1891 auf 1892 zu bestimmenden Dotation. Die Einssfungerente beträgt 1 710 000 Fl.; das Aectiencapital wird auf ein Viertel, somit von 8 211 000 Fl. auf 2 052 950 Fl. reducirt. Der Gesellschaft wird gestattet, Obligationen auszugeben, die den Actionären auf Grund des abgestempelten Actienkapitals hinausgegeben werden sollen. Diesen Mittheilungen fügt das „Fremdenblatt“ noch folgende Punkte hinzu: Jede Actie der Prag⸗Duxer Bahn werde nach

Inkrafttreten des Vergleichs eine mit 100 Gulden rückzahlbare viecr⸗ procentige Obligation darstellen. Die Dux⸗Bodenbacher Bahn habe auf Grund der Einlösungsrente die Erlaubniß zur Emission von rund 26 Millionen Gulden 30 %iger, binnen 69 Jahren, d. i. bis zum Ablauf der Concessionsdauer, zu amortisirender Obligationen erhalten. Ueber ihre Verwendung zu Gunsten der Actionäre soll in der bevor⸗ stehenden Generalversammlung Beschluß gefaßt werden. Die aus den vorjährigen Erträgnissen zu entnehmende Dotation des Erneuerungs⸗ in Höhe von 143 000 Fl. würde jetzt den Actionären zu gute ommen.

Das „Fremdenblatt“ berichtet ferner, daß sich heute in Pest die „Holzindustrie⸗Actiengesellschaft Leopold von Popper“ mit einem volleingezahlten Actienkapital von 3 200 000 Fl. constituirt hat. Der Zweck der Gesellschaft ist die Erwerbung der großen Holz⸗ industrieanlagen der Firma Leopold von Popper in Ungarn und

Galizien.⸗ ’. (W. T. B.) An der Küste 4 Weizen⸗

London, 21. Juli. ladungen angeboten.

Bradford, 21. Juli. (W. T. B.) Wolle in einigen Sorten besserer Begehr. Lincoln⸗Wolle gedrückt, in Kreuzzuchten mehr Ge⸗ schäft. Mohair⸗Wolle und Alpacea ruhig. Garne belebt zu abe⸗ friedigenden Preisen. In Stoffen größere Erzeugung für Amerika

zu niedrigen Preisen.

Verkehrs⸗Anstalten.

Bremen, 21. Juli. (W. T. B.) Norddeutscher⸗Llond. Der Schnelldampfer „Elbe“, von New⸗York kommend, ist am 19. Juli Abends auf der Weser angekommen. Der Schnell⸗ dampfer „Spree“, am 12. Juli von New⸗York abgegangen, ist am 19. Juli 9 Uhr Abends in Southampton angekommen und hat 11 Uhr Abends die Reise nach Bremen fortgesetzt; derselbe überbringt 464 Passagiere und volle Ladung. Der Post⸗ dampfer „Leipzig“, nach Brasilien bestimmt, ist am 20. Juli Morgens in Oporto angekommen. Der Schnelldampfer „Havel“, am 12. Julr von Bremen und am 13. Juli von Southampton abgegangen, ist am 20. Juli Morgens in New⸗ Vork angekommen. Der Schnelldampfer „Fulda“ ist am 20 Juli Vorm. von Genua via Gibraltar nach New⸗York abgegangen. Der Schnelldampfer „Saale“, nach New⸗York bestimmt, hat am 20. Juli Vorm. Dover passirt. Der Postdampfer „Weser“ ist am 20. Juli von Bahia nach Europa in See gegangen. Der G“ „Berlin“, vom La Plata kommend, hat am 20. Juli

achm. St. Vincent passirt.

22. Juli. (W. T. B.) Der Schnelldampfer „Saale“, nach New⸗York bestimmt, hat am 21. Juli Morgens Lizard passirt. Der Schnelldampfer „Spree“, von New⸗York kommend, ist am 21. Juli Morgens auf der Weser angekommen. Der Schnelldampfer „Saale“ hat am 20. Juli Nachm. die Reise von Southampton nach New⸗York fortgesetzt. Der Postdampfer „Leipzig“ hat gm 20. Juli Abends die Reise von Ovorto nach Lissabon fortgesetzt. Der Postdampfer „Karlsruhe“, am 7. Juli von Bremen abgegangen, ist am 20. Juli Nachm. in Baltimore angekommen. Der Reichs⸗Post⸗ dampfer „Habsburg“, von Australien kommend, ist am 20. Juli Nachm. in Suez angekommen. Der Reichs⸗Postdampfer „Danzig“ ist am 21. Juli Morgens mit der für Australien bestimmten Post von Brindisi nach Port Said abgegangen. Der Postdampfer „Darmstadt“, am 9. Juli von Bremen ⸗abgegangen, ist am 21. Juli Morgens in New⸗York angekommen. Der Reichs⸗Post⸗ dampfer „Bayern“ ist am 21. Juli Mittags in Antwerpen

angekommen.

Hamburg, 21. Juli. (W. T. B.) Hamburg⸗Ameri⸗ kanische Packetfahrt⸗Actiengesellschaft. Der Schrell⸗ dampfer „Normannia“ ist heute Morgen in Hurstceastle ein⸗ getroffen.

London, 21. Juli. (W. T. B.) Der Union⸗Dampfer „Scot' ist auf der Heimreise gestern von Capetown abgegangen.

Paris, 21. Juli. (W. T. B.) Der Binnenschiffahrts⸗ Co ngreß; an dem die Delegirten von sechzehn Staaten theilnehmen, ist heute Nachmittag hier im Industriepalast unter dem Vorsitz des Arbeits⸗Ministers Viette eröffnet worden. Der Minister be⸗ grüßte die zahlreich erschienenen Delegirten namens der Regierung mit einer Ansprache, auf die einer der deutschen und einer der englischen Delegirten erwiderte. Der Congreß beschloß hierauf die Bildung von vier verschiedenen Comités für die Berathungsgegenstände.

Theater und Musik.

Im Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Theater wird morgen noch „Die Fledermaus“, in der nächsten Woche „Der Zigeunerbaron“ aufgeführt. Im Concertpark ist morgen wieder großes Parkfest.

Das Gastspiel des Tenoristen Heinrich Bötel im Kroll'schen Theater wird, entgegen den früheren Bestimmungen, nicht schon mit Beginn der nächsten Woche sein Ende finden, sondern noch um drei weitere Abende verlängert werden. Am Sonntag singt der Künstler die Partie des Masaniello in der Oper „Die Stumme von Portici“. Die Fenella wird von Frl. Huchthausen dargestellt; ferner wirken in der Oper mit: Fräulein von Pessic (Prinzessin), Herr Alma (Alphonso), Herr Riechmann (Pietro), Herr Grosser (Borella). Fräulein Louise Heymann, die morgen als Rosine im „Barbier von Sevilla“ auftritt, singt als Einlagen: „Variationen“ von Proch und „Couplets du Mysoli“ aus der Oper „La Perle du Brésil“ von Felicien David.

Im Sommergarten des Belle⸗Alliance⸗Theaters findet morgen das vierte große Sommernachtsfest statt.

Die Eröffnung der diesjährigen Festspiele in Bayreuth er⸗ folgte laut Meldung des „W. T. B.“ gestern bei ausverkauftem Festspielhause mit einer Aufführung des „Parsifal“. Von den Dar⸗ stellern ragten in erster Reihe hervor: van Dyck in der Titelrolle, Greng in der Rolle des Gurnemanz. Plank spielte den Klingsor, Kaschmann, bisher der italienischen Opern⸗ bühne angehörig, sang den Amfortas; Fräulein Meilhac glänzte in der Rolle der Kundry. Geradezu vollendet waren der Vortrag der Chöre der Gralsritter und die Leistung des von dem Hofkapellmeister Levi aus München dirigirten Orchesters. Die Vorstellung schloß unter lang anhaltenden Beifallskundgebungen.

Mannigfaltiges.

Im „Militär⸗Wochenblatt“ wird eine Proposition für einen Distanzritt von Wien nach Berlin bezw. Berlin nach Wien veröffentlicht. Die Betheiligung an dem Distanzritt ist offen für active Offiziere der deutschen und österreich⸗ungarischen Armeen, zu reiten ohne Gewichtsausgleichung auf Pferden aller Länder im Besitze solcher Offiziere. Von Seiner Majestät dem Kaiser von Oesterreich ist für den siegenden Reiter der deutschen Armee, von Seiner Majestät dem Deutschen Kaiser für den siegenden Reiter der österreichisch⸗ungarischen Armee je ein Ehrenpreis ausgesetzt. Es erhalten ferner dasjenige Pferd, das den Weg in der kürzesten Zeit zurücklegt, 20 000 ℳ, das zweite Pferd 10 000 ℳ, das dritte Pferd 6000 ℳ, das vierte Pferd 4500 ℳ, das fünfte Pferd 3500 ℳ, das sechstte Pferd 2500 ℳ, das siebente Pferd 1500 Die Einzahlungen erhalten zu weiteren Preisen Verwendung, so daß mindestens das zehnte Pferd noch einen Preis erhält. Außer diesen Preisen erhält je ein Pferd von den von Berlin, wie von den von Wien startenden Pferden, das sich nach Beendigung des Rittes in der besten Condition befindet, noch einen Geldpreis, der sich nach der Höhe der eingegangenen Gelder richtet. Nur Pferde, die zur Zurücklegung des Weges nicht mehr als 24 Stunden über die Zeit, deren der Sieger dazu bedurfte, gebraucht haben, sind zu dieser Con⸗ currenz zugelassen. Bei todtem Rennen werden die Geldpreise ge⸗ theilt, über die Zuwendung des Ehrenpreises entscheidet das Loos. Der Ritt geht von Berlin nach Wien bezw. von Wien nach Berlin; die Wahl des Weges bleibt den Reitern überlassen. Die Reiter haben den Weg auf dem genannten Pferde reitend oder es