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Der Kaiser hat, wie „W. T. B.“ meldet, in Berück⸗ sichtigung der durch das Zusammenströmen großer Menschen⸗ mengen in sanitärer Beziehung entstehenden Gefahr die Reise nach Lemberg vorläufig aufgegeben und wird am 1. September in Schönbrunn eintreffen.
Die Generalversammlung des rumänischen Volks⸗ bildungsvereins ist am Sonnabend in Hermannstadt im Beisein des Erzbischofs von Siebenbürgen, Miron Roman, durch den Präsidenten Baritz mit einer Ansprache eröffnet worden, die keine politischen Anspielungen enthielt.
Frankreich.
Die Regierungsblätter bestätigen, daß davon die Rede sei, die großen Manöver infolge der Cholera⸗Epidemie abzubestellen. Ein endgültiger Entschluß hierüber sollte dem „W. T. B.“ zufolge in einem auf gestern anberaumten Ministerrath getroffen werden. Außer von der Cholera sind mehrere Regimenter von Dysenterie und anderen Krank⸗ heiten heimgesucht, die nachdrückliche Maßregeln erfordern.
Einer Depesche des „Temps“ aus Portonovo zufolge bemächtigte sich Oberst Dodds am 24. d. M. der Ortschaft Katagou und marschirt gegenwärtig den Uemefluß aufwärts. Der im dichten Gebüsch im Hinterhalt liegende Feind wurde vertrieben. Die Wege sind offen. Einige Soldaten wurden verwundet. Haltung und Gesundheitszustand der Truppen sind vorzüglich.
Rußland und Polen.
Der Kaiser empfing am Sonnabend den Finanz⸗Minister Wyschnegradski und den Verweser des Verkehrs⸗ Ministeriums Witte in längerer Audienz. Wie das „Wolff sche Bureau“ aus St. Petersburg vernimmt, ist die beabsichtigte Abzweigung mehrerer Departements des Finanz⸗ Ministeriums von dem letzteren und ihre Zutheilung zu dem Verkehrs⸗Ministerium auf große Schwierigkeiten gestoßen und die endgültige Entscheidung über diese Frage sowie die damit zusammenhängende Personalfrage daher zunächst noch ver⸗ schoben worden. “ 3 “
Ueber den afghanischen Zwischenfall ist, wie dem⸗ selben Bureau zufolge aus gut unterrichteten Kreisen in St. Petersburg verlautet, der russische Botschafter in London mit dem Staatssecretär des Auswärtigen Lord Rosebery in einen Meinungsaustausch eingetreten, der, wie man russischerseits erwartet, zu einer befriedigenden Aufklärung führen dürfte.
Der Minister des Auswärtigen von Giers ist mit Ge⸗ mahlin, Tochter und Sohn Constantin am Sonnabend ins Ausland abgereist.
Italien.
König Humbert ist am gestrigen Sonntag zur Ent⸗ hüllung der Denkmäler für den König Viktor Emanuel und den Prinzen Amadeus, Herzog von Aosta, in Livorno eingetroffen und von der dortigen Bevölkerung enthusiastisch begrüßt worden.
Portugal. “
Die legislativen Wahlen sind laut Meldung aus Lissabon auf den 6. November angesetzt.
Belgien.
Der belgische Kriegs-Minister hat, nach einer Mit⸗ theilung des „D. B. H.“ aus Brüssel, die Aufhebung der Manöver angeordnet. Auch die zum 1. September erlassene Ordre zur Einberufung von Reservisten wurde wieder auf⸗ gehoben.
Serbien.
Die „Politische Correspondenz“ veröffentlicht das Pro⸗
gramm des neuen serbischen Cabinets bezüglich der äußeren Politik. Danach würde das Cabinet nach Außen seine ganz besondere Aufmerksamkeit und Fürsorge darauf richten, die freundschaftlichen Beziehungen zu allen Staaten zu erhalten und zu entwickeln, sowie sein Verhalten so ein⸗ zurichten suchen, daß die Neutralität, die Staatsinteressen und die Würde Serbiens bestens gewahrt blieben. Das Cabinet werde sich bestreben, Serbien das werthvolle Wohl⸗ wollen aller fremden Mächte zu gewinnen und zu erhalten und ganz besonders zu der benachbarten österreichisch⸗ungarischen Monarchie, an die Serbien durch mannigfache wirthschaftliche und handelspolitische Bande gebunden sei, regelmäßige und sich fort und fort bessernde Beziehungen aufrechtzuhalten und zu ichern. n Wie der „Köln. Ztg.“ gemeldet wird, hätte die Regierung beschlossen, den österreichischen und deutschen Handels⸗ vertrag unter Ablehnung jedwelcher Verantwortlichkeit anzu⸗ nehmen und in der Skupschtina dafür einzutreten.
„
Bulgarien. Die Landesausstellung in Philippopel ist am
Sonnabend Vormittag vom Prinzen Ferdinand eröffnet
worden. Die Minister und sämmtliche Konsuln, ausgenommen der französische, wohnten der Feierlichkeit bei. Auf die Er⸗ öffnungsrede des Finanz⸗Ministers, welcher für die Mit⸗ wirkung der befreundeten Nationen dankte, erwiderte der Prinz mit einem Hinweis auf die Aera des Fortschritts, die von der Ausstellung ihren Ausgangspunkt nehmen werde. Um 11 Uhr fand sodann ein Fruͤhstuͤck von 500 Ge⸗ decken statt. Die Ausstellung macht einen glänzenden Eindruck. Der ottomanische Commissar für die Ausstellung Djemal Bey ist gestern in Philippopel eingetroffen und wurde am Bahnhofe von der gesammten Ausstellungscommission begrüßt und feierlich in die Stadt geleitet.
“ 8 ““ Ein Telegramm des „Reuter'schen Bureaus“ aus Monte⸗ video vom 27. d. M. meldet: Die Kammer habe die zwischen der Regierung von Uruguay und einem Syndicat fran⸗ zösischer Banquiers abgeschlossene 5 proc. Anleihe im Betrage von 5 Millionen Piaster genehmigt.
Asien.
Die Antwort der indischen Regierung auf den Bericht des Emirs von Afghanistan (vergl. die Nrn. 200 und 201 d. Bl.) giebt, wie man dem „R. B.“ aus Simla meldet, dem Wunsche Ausdruck, es werde nach der Beendigung des Aufstandes der Hazara⸗Stämme möglich sein, das Datum für die Abreise der britischen Mission nach Afghanistan festzusezen. Ferner werde in der Antwort auf die durch die
afghanischen Agenten an der Grenze hervorgerufenen
Unruhen hingewiesen und deren sofortige Entlassung ver⸗ langt. — Die „Times“ erfährt aus Kalkutta, es gehe dort das Gerücht, daß die Heerführer des Emirs von Afghanistan von den Hazaras geschlagen worden seien.
Parlamentarische Nachrichten.
Amtliches Wahlresultat der am 23. d. M. im 2. Wahlbezirk des Regierungsbezirks Liegnitz stattgehabten Reichstags⸗Ersatzwahl wurden insgesammt 13 975 Stim⸗ men abgegeben. Davon entfielen auf den Rittergutsbesitzer von Klitzing⸗Zauche (cons.) 6794 und auf den Buchdruckerei⸗ besitzer Dr. Müller in Glogau 5591 Stimmen. Es ist eine Stichwahl erforderlich, welche laut amtlicher Bekanntmachung auf den 2. September angesetzt ist. “
Statistik und Volkswirthschaft.
Naturalverpflegungsstation. Vor einiger Zeit hat die Eröffnung einer Herberge zur Heimath,
verbunden mit Naturalverpflegungsstation, in Stade stattgefunden.
Die Station hat in der kurzen Zeit ihres Bestehens schon den Erfolg gehabt, daß sich die Zahl der bei dem dortigen Magistrat Unter⸗ stützung suchenden Handwerksburschen und Reisenden erheblich ge⸗ mindert hat.
Zur Arbeiterbewegung.
An der Spitze der gestrigen Nummer des socialdemokra⸗ tischen Centralorgans „Vorwärts“ wird der diesjährige social⸗ demokratische Parteitag vom Parteivorstand nach Berlin zum 16. Oktober einberufen. Nach der vorläufigen Tagesordnung werden am ersten Verhandlungstage nur die Formalitäten er⸗ ledigt, während den Parteitag weiterhin folgende Gegenstände beschäftigen werden: 3
1) Geschäftsbericht des Parteivorstandes, Berichterstatter: Richard Fischer; 2) Bericht der Controleure durch August Kaden; 3) Bericht über die parlamentarische Thätigkeit der Reichstagsfraction, Bericht⸗ erstatter: Paul Singer; 4) die Maifeier 1893, Berichterstatter: Albin Gerisch; 5) der internationale Arbeitercongreß in Zürich, Berichterstatter: Ferdinand Ewald; 6) das Genossenschaftswesen, der Boycott und die Control⸗Schutzmarke, Berichterstatter: J. Auer; 7) die wirthschaftliche Krise und ihre Folge: der all⸗ gemeine Nothstand, Berichterstatter: W. Liebknecht; 8) der Anti⸗ semitismus und die Socialdemokratie, Berichterstatter: A. Bebel; 9) Berathung von Anträgen, die bei den voraufgehenden Punkten der Tagesordnung nicht bereits ihre Erledigung gefunden haben; 10) Wahl der Parteileitung und Bestimmung des Orts, wo sie ihren Sitz zu nehmen hat.
In Stettin faßte, wie die „Ostsee⸗Ztg.“ berichtet, die Tischler⸗ und Stuhlmacher⸗Innung in ihrer General⸗ versammlung am 26. d. M. folgenden Beschluß zur Lohn⸗ bewegung der Tischlergesellen: Nachdem über einzelne Werk⸗ stätten der Innungsmitglieder von den Gesellen die Localsperre ver⸗ hängt ist, verpflichten sich sämmtliche Meister der Tischler⸗ und Stuhlmacher⸗Innung zu Stettin solidarisch, vom 3. September d. J. ab ihre Werkstätten zu schließen.
Ueber den Bergarbeiterausstand in Flénu (vgl. Nr. 202 d. Bl.) wird der „Köln. Ztg.“ aus Brüssel geschrieben: In Flénu ist am Donnerstag ein Bergarbeiterausstand infolge mehrfacher Be⸗ strafungen von Arbeitern ausgebrochen. 150 Mann weigerten sich, einzufahren. Am Freitag ist die Zahl der Ausständigen auf 600 angewachsen; die ganzen Belegschaften der Gruben 12, 20 und 25 fehlten bei der Einfahrt am Nachmittag. Diese plötzliche Ausdeh⸗ nung wird dem Umstande zugeschrieben, daß die Arbeiter durch den Ausstand eine eben erfolgte Lohnherabsetzung rückgängig machen zu können glauben. Indessen befürchtet man eine weitere Zunahme des Ausstandes. .
Wie die Londoner „Allg. Corr.“ berichtet, wird John Bur⸗ nett, der Arbeitsberichterstatter des Ministeriums, das englische Handelsamt und der Secretär Geoffrey Drage die Königliche Commission zur Untersuchung der Arbeitsverhältnisse Englands auf dem bevorstehenden Gewerkvereins⸗Congreß in Glasgow vertreten.
Aus Bern - Tage: Der seit dem 25. August hier tagende internationale Buchdruckercongreß, auf dem die meisten Länder Europas ver⸗ treten sind, beschloß die Errichtung einer ständigen Centralstelle in Bern, die bei Ausständen eine Steuer ausschreiben und eine tägliche Unterstützung bis zwei Francs pro Mann bewilligen kann.
Pariser Telegramme des „Wolff'schen Bureaus“ berichten, daß vom 28. September bis zum 4. Oktober in Ricamarie (Departe⸗ ment Loire) ein nationaler Bergarbeiter⸗Congreß stattfinden wird. — Nach einer Meldung aus Albi hat der dortige Arbeiter⸗ Bezirkscongreß beschlossen, in den allgemeinen Ausstand einzu⸗ treten, wenn die Forderungen der Bergarbeiter in Carmaur nicht innerhalb vierzehn Tagen bewilligt würden.
meldet ein Wolff'sches Telegramm vom gestrigen
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Cholera. Ueber die Sitzung der außerordentlichen Cholera⸗Com⸗
mission, welche am Sonnabend im Reichsamt des Innern
stattgefunden hat, ist oben (unter „Berlin“) berichtet worden, worauf wir hier an dieser Stelle verweisen.
Dem Kaiserlichen Gesundheitsamt wird amtlich gemeldet, daß in Hamburg am 27.August 128 Erkrankungen und 55 Todesfälle, am 28. August 415 Erkrankungen mit 162 Todesfällen an Cholera sich ercigneten.
In Altona zählte man am 27. August 22 Erkrankungen mit 11 Todesfällen, am 28. August (von Mittag bis Mitter⸗ nacht) 17 bezw. 9, in Kielam 27. August 1 bezw. 1, sonst im Regierungsbezirk Schleswig: Els dorf 1 bezw. 1, Eklmshorn1 bezw. 1, Bla nkenese 1 Erkrankung, Hemme am 28. August 1; im Regierungsbezirk Lüneburg: Harburg am 27. August 2 bezw. 1, in Altenwerder mehrere Erkrankungen mit 3 Todesfällen, in Ehestorf 1 Erkrankung, in Oelsen 1 Erkrankung. In Lauenburg kamen am 28. August 4 Er⸗ krankungen, 1 Todesfall vor, in Schwarzenbeck 1 bezw. 1. In Perver, Regierungsbezirk Magdeburg, Kreis Salzwedel, erkrankte am 28. August 1 Person; in Berlin starb eine Frau an demselben Tage. Im Großherzogthum Oldenburg starben am 28. August zu Delmenhorst 2, im Großherzog⸗ thum Mecklenburg⸗Strelitz starb am 28. August in Priegert eine Person. In allen diesen Fällen scheint es sich um Ein⸗ schleppung aus Hamburg zu handeln.
Bei einer in Berlin aus Hamburg angekommenen, in das städtische Krankenhaus in Moabit übergeführten Frau Frohnert ist durch bacteriologische Untersuchung Erkrankung an asiatischer Cholera festgestellt worden.
Die Direction der Feuerwehr in Berlin hat sich bereit erklärt, bei Eintritt einer Cholera⸗Epidemie in zwei ihrer Depots Räume zur Stationirung von Krankenwagen zur Verfügung zu stellen
— Im städtischen Oßdach ist Fürsorge getroffen, daß alle die⸗ jenigen Familien dort Unterkunft finden können, welche b. Er⸗ krankung eines Familienmitgliedes an der Cholera ihre Wohnung behufs deren Desinfection verlassen müssen und die zur Zeit ein an⸗ deres Unterkommen sich nicht selbst beschaffen können. — Den Mit⸗ gliedern der städtischen Deputation für die öffentliche Gesundheits⸗ pflege ist zur Kenntniß gegeben, daß sie im Falle der Noth sofort per Telegraph zu einer Sitzung berufen werden würden.
Von außerhalb liegen ferner folgende Mittheilungen vor⸗ In Hamburg sind am Freitag, 26. August, 416 Personen an der Cholera erkrankt und 150 Personen gestorben. Am Sonnabend, 27. August, wurden bis Mittags 12 Uhr 128 Personen als erkrankt und 55 als gestorben gemeldet. Der Straßenverkehr ist, wie „W. T. B.“ berichtet, erheblich stiller geworden. In allen Kirchen haben am gestrigen Sonntage aus Anlaß der die Stadt heimsuchenden Evidemie Bittgebete stattgefunden. Am Sonnabend wurden aus einigen Häusern sämmtliche Mitglieder einer Familie nach den Lazarethen verbracht. Zum Transport der Leichen, wozu die vorhandenen Leichen⸗ wagen nicht ausreichten, werden jetzt auch große Möbelwagen benutzt. In der Stadt bilden sich zahlreiche Hilfsvereine, von denen zur Zeichnung von Geldbeiträgen aufgefordert wird. Die Krankheit scheint sich von der Hafengegend mehr nach dem Innern der Stadt und nach dem Landgebiet zu verpflanzen, während am Hafen eine Ab⸗ nahme der Seuche bemerkbar ist. egierungs⸗Rath Dr. Rahts vom Kaiserlichen Gesundheitsamt ist nach Berlin zurückgekehrt. In zwanzig Turnhallen der Stadt und der Vorstädte sind Desinfectionsapparat aufgestellt zur unentgeltlichen Desinfection von Kleidern und Betten. Daselbst werden auch Mittel zur Desinfection von Wohnungen gratis verabfolgt. Die Bahnhöfe sind von Abreisenden überfüllt. Am gestrigen Sonntage crhielten Ver⸗ nügungsreisende nach Harburg weder auf der Eisenbahn noch auf mpfschiffen Fahrbillets. Die unterelbische Eisenbahn hatte sämmt⸗ liche Sonntags⸗Sonderzüge vom Fahrplan abgesetzt. Die Hamburger Bürgerschaft ist auf heute zu einer Extrafitzung einberufen um einen dringlichen Antrag des Senats auf Bewilligung von Geldmitteln für außerordentliche Maßregeln zur Bekämpfung der Cholera zu berathen. Die Polizei hat alle Lustbarkeiten, an denen eine größere Menschen⸗ menge theilnimmt, sowie Versammlungen verboten; bei Beerdigungen
ist es dem Leichengefolge nicht gestattet, das Haus, in dem die Leiche liegt, zu betreten. Die Schulen sind geschlossen.
In Harburg wurden am Sonnabend 2 Erkrankungen an Cholera constatirt: bei einem Arbeiter und einem Handwerksburschen, welche aus Hamburg “ sind. Beide wurden im Kranken⸗ hause aufs strengste isolirt.
In Altona sind vom Freitag zum Sonnabend 32 Personen an der Cholera erkrankt und 15 gestorben. Tanzmusiken waren dort wie in Hamburg gestern untersagt. In Altona sind die Schulen noch nicht geschlossen, aber fast leer.
In Wandsbeck sind am Sonnabend 7 Erkrankungen und 4 Sterbefälle, in dem benachbarten Hinschenfelde 2 Erkrankungen und 1 Todesfall an asiatischer Cholera vorgekommen. Die Schulen in Wandsbeck wurden geschlossen. In Hinschenfelde wird eine Baracke erbaut.
G In Kiel wurden der Polizeibehörde bis Sonnabend Mittag 4 Cholerafälle, sämmtlich aus einer Hamburger Familie, gemeldet; hiervon starben eine Frau und ein Kind.
In Bremen sind bis heute, Montag, 13 choleraverdächtige Personen in das Lazareth eingeliefert worden. Bei acht von ihnen wurde die asiatische Cholera festgestellt. Einer davon ist bereits gestorben. In den übrigen Fällen ist die Untersuchung noch nicht beendigt.
Wie „D. B. H.“ aus Oldenburg meldet, ist in Delmen⸗ horst eine aus Hamburg dort eingetroffene Frau an Cholera er⸗ krankt, nachdem ihr Kind vorher daran gestorben war.
In Halle a. S. sind, wie unter dem heutigen Datum gemeldet
wird, in die Isolirbaracke der Königlichen Universitätsklinik zwei choleraverdächtige Kranke eingeliefert worden, darunter ein aus Hamburg zugereister. In Antwerpen stellte die Medizinal⸗Commission 21 Erkran⸗ kungen und 9 Todesfälle an Cholera fest. Bisher sind nur Matrosen und Schiffsleute davon ergriffen. Die Commission be⸗ hauptet, die Krankheit sei durch das Schiff „St. Paul“ aus Havre eingeschleppt.
In Paris sind dem „Gaulois“ zufolge am Sonntag etwa 20 Cholerakranke in die Pariser Krankenhäuser eingeliefert worden. Dr. Peter erklärte auf ein an ihn gerichtetes Interview, die asiatische Cholera sowohl wie die Cholera nostras seien gleichzeitig in Paris aufgetreten und kämen daselbst gleichzeitig vor. Die Epidemie sei in einem Asyl in Nanterre entstanden.
In Havre sind am Sonnabend 45, am Sonntag 71 Personen unter choleraartigen Erscheinungen erkrankt. Davon sind am Sonn⸗ abend 18, gestern 25 Personen gestorben. Die Temperatur hat sich merklich abgekühlt.
In Le Mans sind bis heute 3 Cholerafälle gemeldet worden.
Wie aus St. Petersburg, 28. August, gemeldet wird, ist nach amtlicher Mittheilung die Cholera nunmehr auch im Gouverne⸗ ment Lublin aufgetreten; es erkrankten daselbst bis zum 26. d. M. 14 Personen, 7 starben. Am 26. d. M. erkrankten bezw. starben in den Gouvernements Samara 1120 bezw. 521, Saratow 330 bezw⸗ 121 Personen, im Dongebiet erkrankten am 26. und 27. d. M. 823 und starben 556 Personen. In Kronstadt sind am 25 d. M. keine Erkrankungen und keine Todesfälle infolge von Cholera mehr vor⸗ gekommen.
Aus London, 29. August, meldet „W. T. B.“: Die Frau, welche in dem Stadtviertel Lambeth am Freitag von der asiatischen Cholera befallen sein sollte, leidet in Wirklichkeit an einer anderen Krankheit. — Von dem vor Gravesend in Quaran⸗ täne liegenden Hamburger Dampfer „Gemma' ist ein weiterer Cholerakranker ausgeschifft worden. — In Glasgow wurde bei zwei von Hamburg kommenden kranken Auswanderern in einem Hotel garni die Cholera con⸗ statirt; sie wurden ins Hospital geschafft, während die anderen Aus⸗ wanderer der Beobachtung unterstellt wurden. — Nachrichten aus Middleborough zufolge ist dort ein englischer Matrose von einem aus Hamburg angekommenen Dampfer an der Cholera gestorben.
Ueber Choleragefahr und Absperrungsmaßregeln wird berichtet:
In Braunschweig ist wegen der Choleragefahr das Sedanfest verboten worden.
Die Badeverwaltung von Heiligendamm hat beschlossen, von Hamburg, Altona und anderen von der Cholera inficirten Orten ankommende Fremde nicht aufzuͤnehmen.
Wie „W. T. B.“ aus Westerland (Sylt) meldet, werden auf Anordnung der Behörde sämmtliche dort landenden Reisenden auf ihren Gesundheitszustand untersucht. Zugleich ist eine Gesundheits⸗ commission ernannt worden, welche die sorgfältigste Handhabung aller
28
sanitären Vorschriften überwacht. 1 Kopenhagen, 28. August. Nach amtlicher Feststellung ist bis heute Abend 9 Uhr kein Fall von asiatischer Cholera hier vorgekommen Vormittags wurde ein verdächtiger Kranker in das Epidemie⸗Hospital eingebracht; die Untersuchung constatirte aber, daß es sich nur um Cholerine handelte. 1 1 Wien, 28. August. Der „Wiener Zeitung“ zufolge hat die Regierung die Einfuhr und Durchfuhr von Hadern, alten Kleidern, altem Tauwerk, gebrauchter Leibwäsche, gebrauchtem Bett⸗ zeug, ferner von frischem Obst, Gemüse, Fischen, ausgenommen in Blechbüchsen, und rohen Thierproducten aus Hamburg und Altona verboten. Die Statthalterei von Böhmen und die Landes⸗ regierung von Schlesien sind von dem Minister des Innern ermächtigt, bei Annäherung der Cholera an die österreichische Grenie
isenbahn⸗Grenzstationen mit directem Anschluß an
Deutschland, sodann auch in den Grenzstationen ohne Schienen⸗
anschlutz an Deutschland ärztliche Revisionsstationen für
Reisende und Gepäck zu errichten und eventuell die Reisenden auf den Grenzübergangsstraßen strenge zu überwachen.
Rom, 27. August. Durch eine heute veröffentlichte Verordnung
wird die Einfuhr von Lumpen, gebrauchten Kleidern und Bett⸗
zeug, soweit sie für den Handel bestimmt sind, aus Rußland, der g9
europäischen Türkei, Frankreich und Deutschland verboten. „Athen, 27. August. Für Herkünfte aus Hamburg ist eine elftägige Ouarantäne ab 24. d. M. angeordnet.
St. Petersburg, 28. August. Der „Regierungsbote“ erklärt auf Grund sorgfältiger amtlicher Erhebungen das Gerücht von einer mit dem Namen „Jara“ bezeichneten, in Persien aufgetretenen pest⸗ artigen Krankheit für unbegründet. 1“
8 1b Frankreich. 8 1
Alle aus deutschen Häfen ankommenden Schiffe unterliegen bis nach vollständiger Desinfection einer Quarantäne.
Spanien.
Zufolge einer in der „Gaceta de Madrid“ vom 24. August 1892 veröffentlichten Verordnung der Königlich spanischen Regierung sind egen Provenienzen aus Hamburg Quarantäne⸗Maßregeln angeordnet
worden. Bulgarien.
Die fünftägige Quarantäne gegen die von der russischen Küste des Schwarzen Meeres, und zwar von Kertsch bis zur rumänischen Küste, eintreffenden Schiffe ist auf zehn Tage verlängert worden.
Schweden.
Die Königlich schwedische Regierung hat die deutschen Häfen an den Küsten der Nordsee, sowie die Häfen an den Küsten der Ostsee zwischen der dänischen Grenze und der Provinz Pommern für von der Cholera angesteckt erklärt. Schiffe, die von den gedachten Häfen kommen, werden gemäß der Königlichen Verfügung vom 5. August 1892 einer Beobochtung von 48 Stunden unterworfen.
Norwegen.
Durch Verordnung des Königlich norwegischen Justiz⸗ und Polizei⸗
evartements vom 19. August 1892 ist die Einfuhr von gebrauchter
Wäsche, Kleidungsstücken und Betten, Lappen und Lumpen, von ge⸗
brauchter Watte, sowie von Haaren und Flock⸗(Kratz⸗)Wolle aus
Rußland und Finland verboten worden. Wäsche und Kleidungsstücke,
welche als Passagiergut mitgenommen werden, unterliegen dieser Be⸗ stimmung nicht.
Gemäaß Verordnung der norwegischen Regierung werden sämmt⸗ liche deutsche Häfen als von Cholera verseucht angesehen. Gleichzeitig ist die Einfuhr von gebrauchter Wäsche, gebrauchten Kleidungsstücken und Betten, Lappen, Lumpen, gebrauchter Watte, sowie von Haaren und Flockwolle von dort her verboten worden.
Cypern.
Der Ober⸗Commissar von Cypern hat Folgendes angeordnet:
1) Alle von der Küste Syriens zwischen Beyrut und Jaffa (aus⸗ schließlich dieser beiden Häfen) ankommenden Schiffe werden, sofern sie nicht in einem Zwischenhafen mindestens zehn volle Tage Quaran⸗ täne abgehalten haben und mit einem reinen Gesundheitszeugniß ver⸗ sehen sind, nur im Hafen von Larnaka zugelassen, in allen anderen Häfen Cyperns aber zurückgewiesen.
2) In Larnaka unterliegen die bezeichneten Schiffe einer Quaran⸗ täne von mindestens zehn vollen Tagen. Passagiere, denen die Landung von derartigen Schiffen erlaubt wird, sind als in Quarantäne be⸗ findlich zu landen und haben wenigstens zehn volle Tage nach dem Verlassen des Schiffes in Quarantäne zu verbleiben. Passagiergepäck und Waaren sind als unter Quarantäne stehend zu landen und auf Gefahr und Kosten des Eigenthümers oder Empfängers zu des⸗ inficiren. Lumpen sind zurückzuweisen.
Handel und Gewerbe.
Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 27. d. M. gestellt 9826, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen. In Oberschlesien sind am 26. d. M. gestellt 4068, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.
Berlin, 27. August. (Wochenbericht über Stärkefabrikate und Hülsenfrüchte von Max Saber Ia. Kartoffelmehl 32 ½ — 33 ½ ℳ, la. Kartoffelstärke 32 ½ — 33 ½⸗ IIa. Kartoffelstärke und ⸗Mehl 30 ℳ, feuchte Kartoffel⸗ stärke loco und Parität Berlin — ℳ, Fabriken bei Frankfurt ag. O. zahlen frei Fabrik — ℳ, gelber Syrup 38 — 39 ℳ, Capillair⸗Syrup 39 — 40 ℳ, Capillair⸗Export 40 — 41 ℳ, Kartoffelzucker gelber 38 — 39 ℳ, do. Capillair 40 — 41 ℳ, Rum⸗Couleur 50 — 51 ℳ, Bier⸗Couleur 48 — 49 ℳ, Dertrin, gelb und weiß, la. 40 — 41 ℳ, do. secunda 35 — 37 ℳ,
eizenstärke (kleinst.) 36 — 38 ℳ, Weizenstärke (großst.) 45 — 46 ℳ, Hallesche und Schlesische 45 — 46 ℳ, Reisstärke (Strahlen) 46 bis 47 ℳ, do. (Stücken) 43 — 44 ℳ, Mais⸗Stärke 32 — 33 ℳ, Schabe⸗ stärke 30 — 32 ℳ, Victoria⸗Erbsen 20 — 23 ℳ, Kocherbsen 19 — 23 ℳ, grüne Erbsen 19 — 23 ℳ, Futtererbsen 15 — 16 ℳ, Leinsaat 22 — 24 ℳ, Linsen, große 30 — 44 ℳ, do. mittel 22 — 30 ℳ, do. kleine 18 — 22 ℳ, Gelber Senf 24 — 36 ℳ, Kümmel 40 — 44 ℳ Buchweizen 17 ½ — 18 ½ ℳ, Mais loco 13 — 13 ½ ℳ, Pferdebohnen 16 ½ bis 18 ℳ, inländische weiße Bohnen 19 — 21 ℳ, weiße Flachbohnen 22 — 25 ℳ, ungarische Bohnen 16 —18 ℳ, galizische und russische Bohnen 14 — 16 ℳ, Wicken 15 — 16 ℳ, Hanfkörner 20 — 21 ℳ. Leinkuchen 16 ½ — 17 ½ ℳ, Weizenschale 10 — 10 ½ ℳ, Roggenkleie 10 ½ bis ,11 ℳ, Rapskuchen 13 ½ — 14 ½ ℳ, Mohn, blauer 58 — 64 ℳ, do. weißer 64 — 70 ℳ, Hirse, weiße 21 — 24 ℳ Alles per 100 kg ab Bahn bei Partien von mindestens 10 000 kg.
— Das Geestemünder Holzgeschäft ist noch immer in raschem Anwachsen begriffen. Nach den erfolgten Abschlüssen werden im laufenden Jahre ca. 70 000 bis 75 000 fm Holz eingeführt werden gegen 53 400 fm im Vorjahre und 47 700 fm im Jahre 1890. Bei einer so bedeutenden Einfuhr erweisen sich die vorhandenen Lager⸗ plätze als unzulänglich.
Leipzig, 27. August. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. per September 3,75 ℳ, per Oktober 3,77 ½ ℳ, per November 3,80 ℳ, per Dezember 3,80 ℳ, per Januar 3,82 ½ ℳ, per Februar 3,82 ½ ℳ. per März 3,85 ℳ, per April 3,87 ½ ℳ, per Mai 3,90 ℳ, per Juni 3,90 ℳ, per Juli 3,90 ℳ Umsatz 100 000 kg. —
„Wien, 28. August. (W. T. B.) Heute hat hier die consti⸗ tuirende Versammlung der Commission für den internationalen Saatenmarkt stattgefunden. Zum Präsidenten wurde Wilhelm Naschauer, zu Vice⸗Präsidenten wurden von der Wyngaert und Bren⸗ ninger (München) gewählt.
London, 27. August. (W. T. B.) An der Küste 1 Weizen⸗ ladung angeboten.
— 29. August. (W. T. B.) Die Getreidezufuhren be⸗ trugen in der Woche vom 20. bis 26. August: Engl. Weizen 2861, fremder 30 838, engl. Gerste 553, fremde 15 396, engl. Malzgerste 18 187, fremde —, engl. Hafer 323, fremder 102 274 Orts., engl. Mehl 16 793, fremdes 44 734 Sack.
St. Petersburg, 27. August. Der Umtausch der alten 25⸗Rubel⸗Scheine sowie auch anderer Creditbillete gegenwärtigen Musters gegen neue Creditbillete zum Werthe von 25 Rubeln beginnt, wie die „St. Pet. Ztg.“ mittheilt, in der Staatsbank am 1. September und in ihren Comptoirs in Archangel, Warschau, Jeka⸗ terinburg, Kiew, Moskau, Odessa, Riga, Rostow am Don und Char⸗ kow am 13. September d. J. Der „Regierungs⸗Bote“ giebt in
8 Nummer vom (14.) 26. August eine Beschreibung der neuen Scheine. Antwerpen, 27. August. (W. T. B.) Kämmlings⸗ Auction belebt, schöne Australische unverändert, kleine erfuhren 5, La Plata 10 Cent. Abschlag. 8 New⸗York, 27. August. (W. T. B.) Die Börse eröffnete fest und schloß nach theilweiser Reaction sehr fest. Der Umsatz der Actien betrug 67000 Stück. Der Silbervorrath wird auf 1 950 000 Unzen geschätzt. Die Silberverkäufe betrugen 20 000 Unzen. —Weizen anfangs fest, blieb fest den ganzen Tag auf ausländische Depeschen. — Mais anfangs behauptet, dann nachgebend und flau auf großes Angebot. Schluß stetig.
Der Werth der in der vergangenen Woche eingefi Waaren betrug 9 306 590 Dollars gegen 11 765 877 Do der Vorwoche, davon für Stoffe 2 688 792 Dollars gegen 2 Dollars in der Vorwoche.
Chicago, 27. August. (W. T. B.) Weizen anfangs be⸗ hauptet, später befestigt auf Käufe der Haussiers. Schluß fest. —
Mais anfangs ruhig, später flau auf günstiges Wetter. Schluß stetig.
Verkehrs⸗Anstalten.
Bremen, 28. August. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer. „Fulda“ hat am 26. August Abends die Reise von Gibraltar n New⸗York fortgesetzt. Der Postdampfer „Graf Bismarck“, von Brasilien kommend, hat am 26. August Nachmittags Quessant passirt. Der Postdampfer „Kronprinz Friedrich Wilhelm“ ist am 25. August von Buenos⸗Aires nach Europa in See gegangen. Der Reichs⸗Postdampfer „Hohen⸗ zollern“, nach Australien bestimmt, ist am 26. August Nachmittags in Aden angekommen. 8
Hamburg, 27. August. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd.
Der Postdampfer „Gellert“ ist, von Hamburg kommend, heute früh und der Postdampfer „Russia“ heute Mittag in New⸗York eingetroffen. “ August. (W. T. B) Der Schnelldampfer „Augusta Victoria“ ist, von Hamburg kommend, gestern Nachmittag in New⸗York angekommen. Der Postdampfer „Borussia“ hat, von New⸗York kommend, gestern Nachmittag Lizard passirt.
Triest, 27. August. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Thalia“ ist heute Nachmittag hier eingetroffen.
— London, 27. Auguft. (W. T. B.) Der Castle⸗Dampfer
„Doune Castle“ hat gestern auf der Ausreise und der Castle⸗ Dampfer „Pembroke Castle“ auf der Heimreise die Cana⸗ rischen Inseln passirt. . 8
Theater und Mufik.
Residenz⸗Theater.
Gestern Abend wurde des jüngeren Dumas Schauspiel „Denise“ als Eröffnungsvorstellung nach den Ferien gegeben. Das Schausviel ist durch die Unterbrechung der Aufführungen zwar älter, aber seine Moral nicht verständlicher geworden. Nichtsdestoweniger hat die äußerlich vortrefflich ausgestattete und inscenirte Vorstellung bei dem vollen Hause einmüthig Anklang gefunden, was um so weniger Wunder nehmen kann, als die Darstellung durchschnittlich, besonders auch im Gesammteindruck, eine gute war, und
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die heikle Rolle der Denise von Fräulein Rosa Bertens so zart wie möglich und in der Krisis der Handlung mit einem Aufwand von Leidenschaft und einer Feinheit der Auffassung gespielt wurde, die auch für eine würdigere Person ausgereicht hätten. Den Inhalt der Handlung braucht man nicht in das Gedächtniß zurück⸗ zurufen; es genügt, daran zu erinnern, daß Dumas hier noch mehr als in anderen Stücken mit scharfen, aber sieglosen Geisteswaffen das Unsittliche in sein Gegentheil zu verkehren und zu idealisiren bestrebt ist. — Neben der Titelheldin hat Herr Siegmund Lautenburg in der Rolle des grundehrlichen Brissot sich darstellerisch am meisten hervorgethan; tüchtig wirkte auch Herr Rudolf Rittner als Graf André, während Olga Görner als des Grafen Schwester bei ihrem ersten Erscheinen nicht den rechten Ton traf, aber in der Schluß⸗ scene glücklich die Rolle des Friedensengels zur Wirkung brachte. Fräulein Kathi Fischer als Frau von Thauzette stellte die im Charakter abstoßende Person maßvoll und mit Geschick dar. Dem Verführer Fernand, den Herr Reusch auf die Bühne stellte, fehlte beinahe alles Verführerische. Herr Pagay und Fräulein Friedland brachten ihre Evisodenrollen drastisch zur Wirkung.
Im Königlichen Schauspielhause spielt Hr. Arndt am
Mittwoch zum ersten Male in Shakespeare's klassischem Lustspiel „Was ihr wollt“ den Junker Tobias von Rülp; die übrige Besetzung ist die bekannte, nämlich: Herzog: Herr Ludwig, Sebastian: Herr Hertzer, Junker Christoph: Herr Vollmer, Narr: Herr Purschian, Olivia: Fräulein Tondeur, Viola: Frau von Hochenburger, Kammer⸗ mädchen: Frau Conrad, und Malvolio: Herr Grube. In der Vorstellung von „Cosl fan tutte“ am Mittwoch im Königlichen Opernhause sind die Damen Leisinger, Rothauser und Dietrich, die Herren Schmidt, Philipp und Krolop beschäftigt. In der Aufführung des „Lohengrin“ am Donnerstag wird Frau Sucher zum ersten Mal die Partie der Ortrud zur Darstellung bringen. Die anderen Rollen sind durch Fräulein Hiedler, die Herren Mödlinger, Rothmühl, Bulß und Fränkel vertreten.
In dem Kleist'schen Schauspiel „Prinz Friedrich von Homburg“, der Eröffnungs⸗Vorstellung des Deutschen Theaters, welche am nächsten Donnerstag, 1. September, stattfindet, wird Josef Kainz die Titelrolle und Teresina Geßner die Prinzessin Natalie spielen.
Im Kroll'schen Theater verabschiedet sich morgen Signorina Prevosti als „Violetta“ und mit dieser Künstlerin zugleich auch die Herren Alma und Luria in den Partien von „Germont Vater und Sohn“. Am Donnerstag erscheint Signor d'Andrade zum ersten Male in diesem Sommer auf der Bühne des Kroll’'schen Theaters in einer seiner hervorragendsten Partien und zwar als „Don Juan“.
Die Welt in Bild und Tanz' ist der Titel des am Er⸗ öffnungstage im Ronacher⸗Theater Unter den Linden zur Auf⸗ führung gelangenden phantastischen Ausstattungsballets, dessen Autor, der Ballet⸗Ober⸗Regisseur der Wiener Hofoper, Herr Haßreiter, hier eingetroffen ist, um unverweilt die Oberleitung der im vollen Gange befindlichen Proben zu übernehmen. Sämmtliche Ensembles und pompösen Aufzüge, bei welchen 300 Personen beschäftigt sind, sind bereits complet. Auch die Proben zu der ebenfalls für den Eröffnungsabend bestimmten Operette „Daphne“ von Ferron leitet der Autor selbst. Bei dieser sowie bei dem darin vor⸗ kommenden Ballet, einen „Prunkzug der Diana“ darstellend, wirken insgesammt 110 Personen mit.
Die Leitung der nächstwinterlichen Berliner Philharmo⸗ nischen Concerte ist nunmehr definitiv wie folgt festgestellt: Das erste und dritte Concert wird Dr. Hans Richter, das zweite, vierte und fünfte Herr Raphael Maszkowski, die übrigen fünf Dr. Hans von Bülow dirigiren. Den bisherigen Abonnenten werden ihre vor⸗ jährigen Plätze bis zum 30. September reservirt. Abonnements⸗ Erneuerungen und Anmeldungen werden fortdauernd in der Concert⸗ Direction Hermann Wolff, W. Am Carlsbad 19, sowie in der Hofmusikakienhandlung von Bote u. Bock, Leipzigerstraße 37, entgegen⸗ veern Mannigfaltiges.
Am Sonnabend Mittag wurde im Königlichen Opernhause die hundertjährige Jubelfeier der Begründung der Privat⸗ theater⸗Gesellschaft k. Urania“, bei der eine reiche Zahl bedeutender und berühmter Bühnenkünstler ihre Laufbahn begonnen hat, festlich begangen. Die Gesellschaft „Urania“ hat seit ihrem Be⸗ stehen nicht nur in ihrem Kreise die dramatische Kunst sorgsam ge⸗ pflegt, sondern auch in weiten Kreisen der Berliner Bürgerschaft das Interesse geweckt und gefördert. Die vorgestrige Feier wurde
durch ein Festspiel O. F. Gensichen's ersffnet, das in poetischer Rede und rede die Geschichte und Schicksale der Urania von dem großen Hintergrunde der ernsten Völkergeschichte als eine culturelle Einzelheit sich abhebend, an der Seele der Hörer vorüberziehen ließ. Den Schluß des Festspiels bildete ein lebendes Bild aus Kotzebue’s „Menschenhaß und e“, jenem Theaterstück, mit dem gerade vor 100 Jahren die Gesellschaft „Urania“ ihre Wirksamkeit begann. Als Seine Majestät der Kaiser in die mittlere Prosceniumsloge eintrat, wurde Allerhöchstderselbe durch einen von einem Vorstandsmitglied der Urania ausgebrachten Hochruf begrüßt
in den das Publikum begeistert einstimmte und stehend das „Heil dir im Siegerkranz“ sang, welches das Orchester begleitete. — Die Festvorstellung brachte nunmehr eine Reihe von einzelnen Scenen aus klassischen Dramen, in welchen ehemalige Mitglieder der Urania
die inzwischen zu berühmten Künstlern ausgereift sind ihre Meisterschaft in ihrem Wirkenskreise aufs neue bethätigen und damit gewiß großes Interesse bei den Hörern und Zuschauern erwecken konnten; aber ein echter Kunstgenuß, wirfliches Behagen konnte aus Fragmenten nicht hervorgehen, obgleich Bühnenkorv⸗
phäen die Interpreten waren. Den Anfang machte eine Learscene
in der Herr Kahle als Lear mit Fräulein Lindner als Cordelia zusammenwirkte. Es folgten dann Scenen aus „Minna von
Barnhelm“, in welchen Friedrich Haase seinen unvergleichlichen
Riccaut aufs neue verkörperte und Fräulein Golmick als Franziska und Fräulein Tondeur als Minna das Scenenbild vortrefflich voll⸗
endeten. In der großen Eboliscene aus „Don Carlos“ spielte Herr Matkowsky die Titelrolle, während Fräulein Ulrich
vom Hoftheater in Dresden die Eboli schaufpielerisch sieghaft gab
Goethe kam alsdann in einigen Faustscenen zu Worte, in welchen Herr Arndt den Faust, Herr Ernst Possart den Mephisto und Herr Hertzer den Schüler künstlerisch vollendet darstellten. Den Be⸗ schluß machte die Hollunderbusch⸗Scene aus Kleist’s „Käthchen von Heilbronn“; hier wirkte Herr Matkowsky mit Fräulein Kramm poetisch zusammen. Ein kurzer von Fräulein Lindner gesprochener Exilog beendete die Feier. 8
Bürgermeister Zelle ist nach Berlin zurückgekehrt und hat seine 19 ¼½
amtlichen Geschäfte wieder übernommen.
s Ergebniß des Abschlusses der Stadt⸗Hauptkasse rlin für das Rechnungsjahr 1. April 1891/92 hat sich als so günstig wie das des Vorjahres herausgestellt, da der gegen die Ansätze des Stadthaushalts⸗Etats erzielte Ueberschuß für das Rechnungsjahr 1. April 1891/92 sich auf 3 040 758,95 ℳ beziffert, mithin gegen den des Vorjahres, welcher 5565 893,14 ℳ betragen hat, um 2525 134,19 ℳ niedriger ist. Der Ueberschuß wird wie folgt nach⸗ gewiesen: Ausweislich des Jahresabschlusses der Stadt⸗-⸗Hauptkasse hat die Gesammt⸗Einnahme, unter Hinzurechnung des am Schluß des Etatsjahres 1. April 1890/91 verbliebenen Bestandes von 10 825 000,63 ℳ, 95 296 095,28 ℳ betragen, die Gesammt⸗ ausgabe einschließlich des verwendeten Ueberschusses aus dem Rech⸗ nungsjahre 1. April 1890/91 dagegen 87 002 215,03 ℳ, sodaß ult. März 1892, also am Schluß des Jahres 1. April 1891/92, ein Be⸗ stand von 8 293 880,25 ℳ verblieben jst. Von diesem Bestande ist der Betrag, um welchen die Ausgabereste von 14 119 971,94 ℳ die Einnahmereste von 8 866 850,64 ℳ übersteigen, also in Höhe von 5 253 121,30 ℳ, zur Deckung der Mehrausgabereste zu reserviren, sodaß für das Rechnungsjahr 1. April 1891/92, wie oben angegeben, ein Ueberschuß von 3 040 758,95 ℳ verbleibt. Der Ueberschuß setzt sich wie folgt, zusammen. Gegen die Etatsansätze haben Mehr⸗Ueberschüsse geliefert, bezw. Minder⸗Zuschuß erfordert: I. Kämmereiverwaltung 44 748,74 ℳ, II. Verwaltung der städtischen Werke 1 125 912,97 ℳ, III. Steuerverwaltung 1 012 705,18. ℳ, IV. Kapital⸗ und Schuldenverwaltung 402 781,84 ℳ, V. Unterrichts⸗ verwaltung 157 460,42 ℳ, VI. Einrichtungen für die öffentliche Krankenpflege, Einrichtung für die öffentliche Gesundheitspflege und Heimstätten für Genesende 121 301,28 ℳ, VII. Park⸗ und Gartenverwaltung 47 004,75 ℳ, VIII. Verwaltungskosten 81 720,71 ℳ, IX. Städtische Straßenbeleuchtung, Straßen⸗ reinigung und Besprengung 107 557,78 ℳ X. Verschiedene Einnahmen und Ausgaben 403 436,59 ℳ, macht zusammen 3 504 630,26. ℳ Dagegen haben Mehr⸗Zuschuß beansprucht: I. Armenwesen 227 474,70 ℳ, II. Bauverwaltung 141 769,10 ℳ, III. Polizeiverwaltung 94 627,51 ℳ Nach Anrechnung dieses Mehr⸗Zuschusses von zusammen 463 871,31 ℳ auf obigen Mehr⸗Ueberschuß bezw. Minder⸗Zuschuß verbleiben als Ueberschuß wie angegeben 3 040 758,95 ℳ 8
Jury der großen bPienenwirthschaftlichen Aus⸗ stellung hat gestern Nachmittag das Resultat ihrer Berathungen kundgege en. Es haben erhalten die beiden großen Ehrenpreise Lehrer König⸗Niederschönhausen für seine allgemeinen Verdienste um die Aus⸗ stellung und Herm. Sprockhoff⸗Neuhardenberg für den besten Schleuder⸗ honig. Mit silbernen Medaillen wurden ausgezeichnet Hufner Wilhelm Leps⸗Marzahn und Mühlenbesitzer Müller⸗Hoppenrade für Bienen⸗ völker, Kaufmann Windpfennig⸗Fredersdorf für Geräthe, sowie Kauf⸗ mann Liebnitzkv⸗Görlsdorf, Harttung u. Söhne⸗Frankfurt a. O., Gärtner Behrendt⸗Wilhelmsbruch, Kaufmann Stäge⸗Berlin und Bienenzüchter Puls⸗Frohnsdorf für Producte. Der große Geldpreis wurde dem Schneidermeister Manger⸗Jüterbog für Producte zu⸗ gesprochen. Außerdem kamen 17 bronzene Medaillen, 2 Geld⸗ Preise à 206 .15 0a 10 . 23 à 5 1 25 Diplome zur Vertheilung.
Brand in Bromberg wird der Post“ von dort unter dem 25. August berichtet: Das große, fast die Hälfte einer Seite des Theaterplatzes einnehmende Höôtel Roval hierselbst ist in der vergangenen Nacht ein Raub der Flammen geworden. Gegen 2 Uhr Morgens ertönten die Alarmsignale und kurze Zeit darauf sahen die aus dem Schlafe auf⸗ geschreckten Einwohner schon Wolken von Funken durch die Luft ziehen. Sieben Familien, Hotelgäste und Bedienstete waren im tiefsten Schlafe von dem wüthenden Element überrascht worden. as Schreien der arg Gefährdeten war herzzerreißend. Mit Leitern, Stricken und Rettungssäcken gelang es jedoch, Alle zu retten. Mit bewundernswerthem Muth nahmen an dem Rettungs⸗ werk auch einige Bürger theil, welche unter eigener Lebensgefahr manche, die schon verloren schienen, aus den Flammen hervorholten. Leider hat sich auch ein schwerer Unglücksfall zugetragen. An einem Fenster des dritten Stockwerks erschien Hilfe rufend der Geschäfts⸗ reisende Deutsch aus Breslau, der in seiner Angst nicht abwartete, bis auch ihm Hilfe gebracht wurde. Er sprang aus dem Fenster auf die Straße, wo er zunächst auf einen Rollwagen stürzte und dann mit zerschmetterten Gliedern auf das Pflaster fiel. An seinem Aufkommen wird gezweifelt.
Rybnik (Oberschlesien), 25. August. Die Auffindung von Silbererz bei Knurow im Rphniker Kreise erregt bedeutendes Aufsehen. Die von der Bergbehörde veranstalteten Bohrversuche wurden, nachdem Kohle und Salz erschlossen waren, zum Zweck wissenschaftlicher Erforschung der Gesteinsschichten tiefer geführt. Bei dieser Gelegenheit merkte, wie der „Köln. Ztg.“ geschrieben wird, der aufsichtführende Bohrmeister, daß der Bohrer auf ganz eigen⸗ ehe. Gestein gekommen sei. Als dieses zutage gefördert wurde, fand sich reichlich Silbererz vor. Die weitere Bohrun und chemische Untersuchung ergab, daß man auf eine Silberader gestoßen war. Die Ausbeutung wird eifrig betrieben werden, zumal das Silbererz sehr hochprocentig ist.
Ztg.“ berichtet, in Wiesbaden die 21. Wanderversammlung des Deutschen Photographenvereins, zu der mehrere hundert Theilnehmer erschienen waren. Nach dem Jahresbericht ist die Mit⸗ gliederzahl auf 751 gestiegen. An die erste Sitzung schloß sich die
Eröffnung der schönen und reich beschickten Ausstellung in den Sälen des Casinos, wo sich die Vertreter der Staats⸗ und städtischen
Bromberg. Ueber den kurz schon gemeldeten Hotel⸗
Wiesbaden. Vom 24. bis 26. August tagte, wie die „Köln.
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