1892 / 223 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 21 Sep 1892 18:00:01 GMT) scan diff

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Regierungsbezirk Stade: in Stadt Stade sowie in 5 Orten der Kreise Jork, Kehdingen und Stade 5 Er⸗ krankungen, 6 Todesfälle.

Berlin: 5 Erkrankungen, darunter 1 Todesfall (Karsten, Baberski, Gericke, Michaelis mit Kind).

Regierungsbezirk Potsdam: in Stadt Schwedt 1 Todesfall.

Hannover, 20. September. Seine Königliche Hoheit der Erbgroßherzog von Oldenburg ist gestern Nach⸗ mittag hier eingetroffen und im Hotel Royal abgestiegen.

Baden. 8

Karlsruhe, 19. September. Hecute trafen Ihre Kaiser⸗ liche Hoheit die Prinzessin Wilhelm aus Salem, sowie Ihre Hoheiten der Erbprinz und die Erbprinzessin von Anhalt, welche seit einigen Tagen daselbst verweilen, zum

Besuch bei den Großherzoglichen Herrschaften auf Schloß

Mainau ein. Schwarzburg⸗Rudolstadt. 8

Schwarzburg, 20. September. Ihre Durchlaucht die Fürstin wurde gestern Nachmittag von großer Herzschwäche befallen. Seit heute früh 4 Uhr geht es wieder etwas besser, und diese Besserung hielt auch nach dem heute Nachmittag

4 Uhr ausgegebenen Bulletin noch an.

Schaumburg⸗Lippe. 20. September. Der Zustand Se

Durchlaucht des Prinzen Hermann zu Schaumburg⸗ Lippe hat sich nach dem heute aus Kirchdorf eingegangenen Telegramm wenig geändert. Es macht sich eine a mähliche Abnahme der Körperkraft bemerkbar. Das Nahrungsbedürfniß des Kranken ist gering, Puls und Temperatur sind normal. Die Lebensgefahr besteht fort.

Oesterreich⸗Ungarn.

Der Kaiser hat sich gestern Abend 9 Uhr von Wien nach Gödöllö in Ungarn begeben. Die Kaiserin trifft von Interlaken über Salzburg und Wien morgen (22. September) in Gödöllö ein. b

Am Sonntag haben in Wien im Ministerium des Aeußern unter Theilnahme der dort weilenden ungarischen Minister gemeinsame Minister⸗Conferenzenstattgefunden, in denen das den Delegationen zu unterbreitende gemein⸗ same Budget für 1893 endgültig festgestellt wurde. Wie „D. B. H.“ meldet, beläuft sich das Mehrerforderniß im Budget für das Heer auf 5 Millionen Gulden; größere Militär⸗ reformen seien vorläufig nicht beabsichtigt. Weitere Conferenzen betrafen, wie dem „Prag. Abendbl.“ geschrieben wird, die Zollmanipulation bei der Einfuhr italienischer Weine mit Rücksicht auf die bezügliche Clausel im Handelsvertrage mit Italien. Außerdem fanden zwischen den beiderseitigen Finanz⸗ Ministern Dr. Steinbach und Dr. Wekerle Besprechungen statt, welche, wie man annimmt, die mit der Valutaregelung im Zusammenhange stehenden Angelegenheiten zum Gegen⸗ stande hatten. Finanz⸗Minister Wekerle hat bereits die Rück⸗ reise nach Budapest angetreten, während Landesvertheidigungs⸗ Minister FZM. Baron Fejervary noch in Wien geblieben ist.

Der mährische Landtag wurde laut Meldung aus Brünn am Dienstag unter Hochrufen und Slavas auf den Kaiser geschlossen. Im Verlauf der gestrigen letzten Sitzung beantragte der Abg. Huebner: Der Landtag wolle beschließen, die Regierung zu ersuchen, im Interesse des einheimischen Weinbaus bezüglich der Erleichterung der Einfuhr italienischen Weins keine weiteren Jge enbasf zu machen. Ein An⸗ trag auf Erlaß eines Reichs⸗Sanitätsgesetzes wurde angenommen. Hierauf gelangten mehrere Interpellationen zur Beantwortung seitens des Regierungsvertreters, darunter eine Anfrage des Abgeordneten Weber, betreffend den Schutz der Deutschen Nährens hinsichtlich ihrer persönlichen Sicherheit und ihrer wirthschaftlichen Existenz. Der gegen die Proßnitzer Behörden erhobene Vorwurf, sie hätten den Deutschen, welche auch bei der Zusammen⸗ setzung der Wählerlisten geschädigt worden seien, ihren behördlichen Schutz versagt, wurde von dem Regierungs⸗ vertreter durch den Nachweis widerlegt, daß sowohl die Proßnitzer als auch die Wischauer Behörden gegen die dortige Agitation alle gesetzlichen Mittel angewendet hätten. Auch seien sämmtliche Ueberfälle auf Deutsche, welche in einzelnen Orten Mährens vorgekommen seien, der gesetzlichen Strafbehandlung unterzogen worden. Die Regierung werde ihrer Pflicht gemäß beide Nationalitäten des Landes schützen. Der Abgeordnete Baron Hopfen hat sein Mandat zum

mährischen Landtag niedergelegt.

Großbritannien und Irland.

Vie jetzt amtlich angekündigt wird, hat der neue irische

ber⸗Secretär John Morley wegen Ueberhäufung mit

Amtsgeschäften seine geplante Reise nach den übervölkerten Districten West⸗Irlands aufgegeben.

Die Leiche des, wie gemeldet, in Brighton verstorbenen Cardinals Howard wird am nächsten Montag nach Arundel, dem Sitze des Herzogs von Norfolk, gebracht werden, dessen Geschlecht der Verstorbene enttammte. In dem dortigen Mausoleum soll der Cardinal seine letzte Ruhestätte finden.

Die Parnelliten hielten, wie der „Köln. Ztg.“ berichtet wird, am 18. d. M. in Limerick eine Versammlung, deren Vorsitz von dem Parlamentsmitgliede Redmond übernommen wurde. Die Anti⸗Parnelliten O'Brien, Michael Davitt und Dillon waren ferngeblieben, trotzdem sie Einladungen erhalten hatten. Redmond erklärte sie deshalb für Verräther an der guten Sache. Die Partei, erklärte er, werde fortfahren, Amnestieversammlungen im ganzen Lande zu halten, bis Glad⸗ stone die Versicherung gebe, daß die wegen politischer Ver⸗ brechen gefangen gehaltenen Iren freigelassen würden. Die Parnelliten würden kein Homerule⸗Gesetz annehmen, das nicht die Freilassung der politischen Verbrecher einbegreife.

Frankreich.

In einem gestern zu Fontainebleau abgehaltenen Ministerrath ist die Wiedereröffnung der Kammern auf den 18. Oktober festgesetzt worden.

Anläßlich des hundertsten Jahrestages der Kanonade von Valmy fand gestern auf dem Schlachtfelde eine Ge⸗ dächtnißfeier statt, bei welcher ein Denkmal für den damaligen

1 ö;“ ö“ Befehlshaber General Kellermann enthüllt wurde. Bei dieser Gelegenheit hielt der Unterrichts⸗Minister Bourgeois eine An⸗ sprache, worin er die französischen Kämpfer jenes Tages pries und nach dem Bericht des „W. T. B.“ mit den Worten schloß: Frankreich habe die Freiheit und die Achtung der Welt wieder⸗ gewonnen und werde sie zu bewahren wissen; sollte das Vaterland oder die Republik abermals in Gefahr kommen, so würde Frankreich den Heldenthaten von 1792 das Geheimniß des Sieges entnehmen. Der Feier wohnte eine aus der Um⸗ gegend in großer Zahl herzugeströmte Menschenmenge bei.

Zur Feier des hundertsten Jahrestages der Ver⸗ kündigung der ersten Republik wird morgen (22. Sep⸗ tember) in Paris ein Nationalfest veranstaltet, für welches nach der „Köln. Ztg.“ folgendes Programm festgestellt ist:

Das Tagesfest beginnt um 10 Uhr Morgens im Pantheon unter dem Vorsitz des Präsidenten der Republik. Das Innere und Aeußere wird mit Blumen, Trophäen und Fahnen aufs prächtigste ge⸗ schmückt. Eine Bühne für 60 Personen wird am Ende des Domes errichtet, auf welcher Carnot, die Vorstände der beiden Kammern, die Minister und andere hohe Beamte Platz nehmen. Hinter der Bühne befindet sich ein Vorhang, welcher das Orchester (Große 81 und Pariser Stadtsoldaten) und die Chöre (von der Großen Oper und dem Conservatorium) den Blicken der Zuschauer entzieht. Im Raume zwischen der Eingangsthür und der Regierungsbühne befinden sich Bänke und Stühle für 4000 Personen. Bei der Ankunft des Präsidenten spielen die Orchester die Marseillaise auf und die Chöre singen: „Amour sacré de la Patrie“. Drei Reden werden gehalten: die eine von dem Vice⸗Präsidenten des Senats Challemel⸗ Lacour (Präsident Leroyer kann selbst nicht erscheinen), die andere vom Kammer⸗Präsidenten Floquet und die dritte vom Minister⸗Prä⸗ sidenten Loubet. Nach den Reden tragen die ersten Sänger der Oper den „Chant du départ“ vor, dessen Schlußreime von den Chören wiederholt werden. Beim Weggehen des Präsidenten wird die Marseillaise wieder aufgespielt. Während der Feierlichkeit werden auf dem Pantheon⸗Platz und der an denselben stoßenden Rue Soufflot, die aufs prächtigste geschmückt sein werden, mehrere Orchester die Marseillaise und andere Stücke spielen. Sofort nach der Feierlichkeit setzen sich die beiden Festzüge in Bewegung. Der eine zieht vom Eintrachtsplatz aus über die Boulevards des rechten Ufers bis zur Bastille, der andere vom Invalidenplatz über die Boulevards des linken Ufers. Jeder Zug sie sind beide voll⸗ ständig gleich besteht aus 6 Wagen und 2000 costümirten Personen. An der Spitze des Zuges befindet sich eine Abtheilung Reiter in den Uniformen des 18. Jahrhunderts. Ihnen folgt der „Wagen der Vorläufer der Revolution“, ein ungeheueres Parallelogramm, in dessen Mitte zwei Fußgestelle aus geflügelten Genien angebracht sind. Die berühmten Männer der Revolution sind auf vier neben den Fußgestellen herlaufenden Balconen gruppirt: Danton, Robes⸗ pierre u. s. w. werden vorgestellt und auf der Terrasse unter ihnen um den ganzen Wagen werden lebende Bilder aufgeführt: hier eine Scene aus dem „Barbier von Sevilla“, dort ein Bild der „Jeux de l'amour et du hazard“. Auch sieht man Lafayette, der Washington die Hand reicht, wie die auf einer Bahre lagernde Leiche des Ritters von Assas, vor welcher französische Soldaten das Gewehr präsentiren, und andere Bilder. Auf dem Wagen der „Vor⸗ läufer“ allein befinden sich 90 Personen, um ihn marschiren Musi⸗ kanten in der Tracht von Grenadieren von 1789, Choristen in der Jacke des gewöhnlichen Bürgers oder im seidenen Frack des Edel⸗ manns, Träger mit den der Zünfte und der Handwerker. Zwölf am Zaum geführte Pferde ziehen den schweren Wagen. Mit der nämlichen Anzahl von Pferden ist der zweite Wagen bespannt: die Marseillaise. Auf der Spitze desselben steht die Republik mit einem Lorbeerkranz in der Hand. Zu ihren Füßen sind republi⸗ kanische Bürger und Soldaten sowie das Volk in der Jakobiner⸗ straße gruppirt. Die Züge halten auf ihrem Marsch fünf Mal, wobei jeder Wagen die ihm zugewiesene Rolle zu spielen hat. Die Mitwirkenden auf dem Wagen der Marseillaise werden bei jedem Halt die Scene der Anwerbungen unter den Klängen des Na⸗ tionalmarsches darstellen. Hinter der „Marseillaise“ werden die Trommeln gerührt und es erscheinen die Freiwilligen der Republik. Dann kommt die Armee von Valmy. Fußgänger, Cürassiere, Kano⸗ niere mit nackten Füßen und zerlumpten Anzügen umgeben den Wagen. Der höchste Wagen des Zuges ist der „Chant du départ“, ein Triumphbogen; er bedeckt 10—12 qm und hat eine Höhe von 8 m. Zwanzig Pferde ziehen ihn und auf ihm befinden sich 72 Personen, die so gekleidet sind, wie das Volk und die Soldaten von 1794. Eine weitere Gruppe vertritt die Kunst und die Vissenschaften. Dann stellt ein Wagen den Triumph der Republik vor Ihm folgen die Turn⸗ und militärischen Vereine, dann die bürgerlichen Musikbanden. Nach einer Abtheilung von Cürassieren erscheint der letzte Wagen, der der Eintracht, der Arbeit und des Friedens, auf welchem sich Matrosen, Soldaten und Arbeiter brüderlich die Hand reichen. Abordnungen der Infanterie, der Cavallerie, Artillerie, der republikanischen Garde (Pariser Stadtsoldaten) und eine Militär⸗ kapelle schließen den Zug. Des Abends finden viele Privatfestlichkeiten statt und die Stadt Paris wird beleuchtet werden. Die sogenannten großen oder vielmehr alten Boulevards, die von der Madeleine bis nach der Bastille gehen, sollen in prachtpvollem Lichtschmuck erscheinen. Prinz Victor Napoleon hat an die Comités der Anhänger des Plebiscits ein Manifest gerichtet, in welchem er den 22. September als Gedächtnißtag für Napoleon und dessen Nachkommen in Anspruch nimmt, welche

treu dem Princip der Convention von 1792 ihre Macht stets dem Willen des Volks untergeordnet hätten. Schließlich werden die Comités aufgefordert, das Fest des 22. September morgen feierlich zu begehen.

Der französische Gesandte am marokkanischen Hofe in Tanger Graf d’'Aubigny hat am 15. d. M. von dort die Reise nach Fez angetreten.

Der Befehlshaber der französischen Truppen in Dahome Oberst Dodds hat eine aus Dogba vom 19. d. M. datirte Depesche an das Marine⸗Ministerium gerichtet, in welcher es heißt: Die Dahomeer griffen am 19. d. M., Vormittags, in einer Stärke von über 4000 Mann die französischen Truppen an. Die wiederholten Angriffe des Feindes wurden energisch zurück⸗ gewiesen. Er zog sich schließlich zurück und ließ eine große Anzahl Todter, etwa ein Drittel der Mannschaft, auf dem Kampfplatze zurück. Ferner büßten die Dahomeer eine beträchtliche Menge von Schnellfeuergewehren ein. Auf Seiten der Franzosen wurden 4 Mann getödtet und 15 ver⸗ wundet. Unter den letzteren befand sich der Commandant der Fremdenlegion, welcher bald seinen Wunden erlag.

Rußland und Polen.

Zur Anwesenheit des Kaisers und der Kaiserin in Iwangorod gelegentlich der dortigen Manöver entnimmt der „Regierungsbote“ dem „Warsch. Dnew.“ nachträglich, daß nach der Parade am 13. September der Kaiser während des Dejeuners folgende Worte an die Anwesenden richtete: „Ich danke Ihnen, Meine Herren, für alles. Ich bin mit allem sehr zufrieden; die Manöver überhaupt verliefen sehr gut; die Parade ebenfalls; die Parade war herzerfreuend, und Ich bin glücklich zu sehen, in welchem glänzenden Zustande sich Meine Truppen befinden!“ Der Commandirende der Truppen des Warschauer Militärbezirks, General⸗Adjutant Gurko brachte in Erwiderung auf diese Worte Seiner Majestät nachstehenden Toast aus: „Eure Kaiserliche Majestät! Gestatten Sie, daß wir,

die Vertreter Ihrer treuen, Ihnen

grenzenlos er⸗ gebenen und, wie ich wohl versichern darf, helden⸗ müthigen Armee, unsere Pocale auf das Wohl, langes Leben und den Ruhm Eurer Majestät, unsere⸗ Obersten Führers und für unsere Mängel jederzeit Nachsicht habenden väterlichen Chefs leeren!“ Sodann toastete General⸗Adjutant Gurko auf das Wohl Ihrer Majestät der Kaiserin in folgenden Worten: „Auf das Wohl Ihrer Kaiserlichen Majestät, unserer barmherzigen mütterlichen Zarin, welcher die Leiden des russischen Soldaten stets nahe gehen!“ Nach dem Dejeuner umarmte Seine Majestät der Kaiser den General⸗Adjutanten Gurko und dankte ihm nochmals für den glänzenden Zustand des Militärbezirks.

Das Project einer Einkommensteuer ist, laut Meldung des „W. T. B.“ aus St. Petersburg, endgültig aufgegeben. Man glaube, daß der Verweser des Finanz⸗Ministeriums Witte durch Regulirung der bestehenden Steuern ein Budget ohne Deficit für das Jahr 1893 schaffen werde.

Der „Pol. Corr.“ wird aus St. Petersburg berichtet: Die russische Regierung habe dem Obersten Janow befohlen, sich mit seinem Expeditions⸗Corps aus dem Pamir⸗ gebiet zurückzuziehen und wieder in Ferghana in Garnison zu gehen.

Wie ein Tagesbefehl des General⸗Admirals im Marine⸗ ressort bekannt giebt, hat der Kaiser die beiden, in der Neuen Admiralität und auf der Baltischen Werft in St. Petersburg im Bau befindlichen, für die Küstenvertheidigung bestimmten Panzerschiffe „Admiral Ssenjawin“ resp. „Admiral Uschakow“ benannt und sie der Baltischen Flotte zugezählt.

Dieser Tage ist ein neues Gesetz über den Kriegs⸗ zustand publicirt worden. Es enthält verschiedene Abände⸗ rungen und Ergänzungen der früheren Gesetzesbestimmungen über den Modus der Verhängung des Kriegszustandes und der Aufhebung desselben ꝛec. 8

Die „Now. Wr.“ erfährt, daß das Project wegen Umge⸗ staltung der Adelscorporationen in den Ostsee⸗ provinzen in der Herbstsession im Reichsrath zur Verhand lung gelangen soll.

Die Königlichen Majestäten, welche am 18. d. M

von Genua nach Monza zurückgekehrt sind, werden nach der

„Pol. Corr.“ dort bis anfangs November residiren, in Rom aber jedenfalls vor den allgemeinen Parlamentswahlen ein⸗ treffen. 8 Ganz Italien feierte gestern den Jahrestag der Be setzung der Stadt Rom. Aus diesem Anlaß richtete der Bürgermeister von Rom ein Huldigungstelegramm an den König nach Monza, das sofort auf telegraphischem Wege er⸗ widert wurde. In der Antwort heißt es, wie „W. T. B.“ meldet: Von patriotischer Freude über die Feste in Genua erfüllt, erhalte der König den an die Befreiung erinnernden Gruß der Stadt Rom. In den Festen von Genua habe die Nation, wie auch er, nicht nur eine Huldigung des italienischen Genius erblickt, sondern auch die Weihe der unauflöslichen Einheit Italiens und die Bürgschaft eines Friedens, der sich in dem Austausch loyaler Gesinnungen kräftige. Durch dieses Ereigniß werde Italien aufs neue von dem Bewußtsein seines Werthes belebt und fühle sich immer mehr und mehr zu ernster Thätigkeit angeregt, die es auch zu wirthschaftlicher Wohlfahrt führen müsse. 8

In Pisa fand gestern die Enthüllung eines Reiter⸗ Standbildes Victor Emanuel sstatt, welcher der Prinz von Neapel beiwohnte; die große an dem festlichen Acte theilnehmende Menschenmenge begrüßte die Königlichen Prinzen mit jubelnden Zurufen.

Wie der „P. C.“ aus St. Petersburg berichtet wird, hat das dortige Cabinet vor der Reise des italienischen Königs⸗ paares nach Genua an die italienische Regierung eine in sehr zuvorkommendem Tone gehaltene Mittheilung gelangen lassen, in welcher das lebhafte Bedauern darüber ausgedrückt wird, daß die russische Kriegsmarine kein Schiff bereit habe, das zu den Festen in Genua entsendet werden könnte, und daß die Zeit mangele, um ein solches aus den entfernten Stationen herbeizurufen. 8 1“

Portugal

Die Königliche Familie wird, wie man der M. „Allg. Ztg.“ aus Lissabon schreibt, einer vom spanischen Hofe erhaltenen Einladung Folge leistend, gegen Anfang Ok⸗ tober sich zu den Festen nach Huelva begeben und, falls dies thunlich, auf dieser Reise auch die spanische Residenz berühren.

Das Gesammtdeficit im Budget wird dem „W. T. B.“ zufolge auf 7000 Contos Reis geschätzt Schweiz. 1“

Am Freitag v. W. veranstaltete der Bundesrath zu Ehren des bisherigen deutschen Gesandten von Bülow in Bern ein Abschiedsdiner, an welchem, wie den „Münchener N. Nachr.“ geschrieben wird, theilnahmen: Bundes⸗Präsident Hauser, die Bundes⸗Räthe Schenk (Vice⸗ Präsident des Bundesraths), Droz, Ruchonnet und Deucher, der Bundeskanzler Ringier, Vice⸗Kanzler Schatzmann, Dr. Carlin, Secretär des Departements des Auswäͤrtigen, ferner die Gesandten Oesterreich⸗Ungarns (Freiherr von Seiller), Italiens (Baron Peiroleri), Belgiens (Jooris), Portugals (Don Nogueira Soares), Rußlands (von Hamburger), Bra⸗ siliens (Béêcheraz). Bundes⸗Präsident Hauser ergriff zuerst das Wort, indem er im Namen des Bundesraths sein leb⸗ haftes Bedauern über Bülow's Weggang aussprach. Herr von Bülow dankte mit der Versicherung, er werde seinen Berner Aufenthalt in angenehmster Erinnerung behalten. An Stelle des Seniors des diplomatischen Corps (Botschafter Arago), der am Erscheinen verhindert war, sprach der russische Gesandte von Hamburger.

Von den für das Schächtverbot bis zum 20. Sep⸗ tember in Bern eingegangenen Unterschriften sind, wie die „Köln. Ztg.“ mittheilt, 69 383 gültig, wegen ungenügender Legalisation 3802 ungültig.

Niederlande.

Der in der Thronrede zur Eröffnung der niederländischen Generalstaaten (s. die nach Schluß der Red. eingegangene Haager Depesche in der gestr. Nr. d. Bl.) angekündigte Ent⸗ wurf einer Wahlre form ist der Zweiten Kammer bereits vorgelegt worden. Nach diesem Entwurf soll jeder großjährige Niederländer, der lesen und schreiben kann und den Unterhalt seiner Familie selbst zu bestreiten in der Lage ist, das active Wahlrecht besitzen. Eine Ausnahme sollen Gefangene und Geisteskranke bilden, sowie Personen, die sich dem Heeresdienst Rettsget haben, ferner active Militärs unter Offiziersrang während

ihrer Dienstzeit. Durch die Einführung dieser Reform würde sich die Zahl der Wähler auf 800 000, also 74 Proc. der

männlichen Bevölkerung, erhöhen. Die Abstimmung soll in

der Weise vor sich gehen, daß die Stimmzettel verschlossen, jedoch unter Aufsicht eines Wahlbureaus, in eine Urne gelegt werden. Die Städte Amsterdam, Rotterdam, Haag, Gröningen und Utrecht sollen fortan in Wahlbezirke eingetheilt werden. Jeder der hundert Deputirten würde in einem besonderen Bezirk gewählt werden. Die Kammer hat in ihrer gestrigen Sitzung den Abg. Dr. Gleichmann zum Präsi⸗ denten wiedergewählt. Serbien.

Aus Belgrad vom 20. September wird dem „Hann. Cour.“ berichtet: Die Curie theilte dem Bischof Stroßmayr die Serbiens von der Djakovaer Diözese mit. Serbien erhält ein Bisthum. Der Cultus⸗Minister studirt den Abschluß eines Concordats mit dem Vatican.

Statistik und Volkswirthschaft.

Roheisenproduction.

Nach den statistischen Ermittelungen des Vereins deutscher Eisen⸗ und Stahlindustrieller belief sich die Roheisen⸗ production des Deutschen Reichs (einschließlich Luxemburgs) im Monat August 1892 auf 401 163 t; darunter Puddelroheisen und Spiegeleisen 151 910 t, Bessemerroheisen 19 761 t, Thomasroheisen 176 863 t, Gießereiroheisen 52 629 t. Die Production im August 1891 betrug 392 233 t, im Juli 1892 393 893 t. Vom 1. Januar bis 31. August 1892 wurden producirt 3 191 183 t gegen 2 904 755 t im gleichen Zeitraum des Vorjahrs.

Arbeiterfürsorge. Nach dem „Schwäb. Merk.“ hat der Geheime Commerzien⸗Rath und Reichstags⸗Abgeordnete Gustav Siegle in Stuttgart, anläßlich der Verheirathung seiner Tochter, den Arbeitern der beiden Fabriken Stuttgart und Feuerbach ein Geschenk von etwa 10 000 zuge⸗ wandt, das in der Weise unter die Arbeiter vertheilt wurde, daß jedem der Betrag von 50 zukam.

Zur Arbeiterbewegung.

In der Glasschleiferei von Seibt, Lenz u. Co. werden, wie der „Vorwärts“ mittheilt, die Glasschleifer mit dem 3. Oktober in einen Ausstand eintreten, weil ihnen eine Lohnaufbesserung nicht bewilligt wurde.

In Leipzig beschloß, wie das „Chemn. Tgbl.“ meldet, eine öffentliche Versammlung der dortigen Töpfergehilfen von der Vertretung der Töpfer im Gewerkschafts⸗Congreß ganz ab⸗ usehen, da geeignete Candidaten fehlen. Ferner wurde von dem Vertrauensmann mitgetheilt, daß es ihm nicht gelungen sei, die nöthigen Gelder für das Auskunftsbureau für gewerbliche Streitig⸗ keiten an das Gewerkschaftscartell zusammen zu bringen.

In Waren (Mecklenburg) befinden sich nach dem „Vorwärts“ die Maurer mit ihren Arbeitgebern in Lohnstreitigkeiten.

Aus Lens meldete ein Wolff'sches Telegramm vom gestrigen Tage: Drei belgische Delegirte sind heute hier eingetroffen, um mit den Deputirten Lamendin und Basly über die Beilegung der Conflikte zwischen den belgischen und französischen Arbeitern zu unterhandeln. Nachdem zwischen den Delegirten der beiden Länder eine Verständigung erzielt war, wurde eine Kundgebung an die belgischen und französischen Bergarbeiter entworfen, in der sie zur Eintracht und zur gegenseitigen Nachgiebigkeit aufgefordert werden und erklärt wird, daß für die Streitigkeiten die Bergwerks⸗Compagnien verantwortlich seien. Ein Telegramm des „H. T. B.* giebt den Inhalt

s Manifestes, wie folgt, ausführlich wieder: „Nach gewissenhafter Fest⸗ stellung der Thatsachen sind die Delegirten beider Nationen darüber einig, daß die Unruhen durch die Grubengesellschaften hervorgerufen worden sind, erstens um eine Lohnverminderung und eine Arbeitsverlängerung zu erhalten: durch die erhaltenen Aufschlüsse wird es klar, daß die Grubengesellschaften von Pas de Calais belgische Arbeiter nach Frank⸗ reich zogen und billigere Arbeit auf Kosten der französischen Arbeiter lieferten; zweitens, um den Syndikaten entgegenzutreten: die Grubengesellschaften wollen diese Institute beseitigen, um ihre frühere Autorität über die Arbeiter wiederzugewinnen. Die Grubenarbeiter haben diese Absicht nicht zeitig genug bemerkt; drittens, um den Ausdruck des allgemeinen Wahlrechts zu beeinflussen dadurch, daß französische Arbeiter entlassen und fremde Arbeiter angeworben wurden. Dann heißt es weiter: der entstandene Streit sei sehr bedauerlich; den belgischen Brüdern sei zu empfehlen, mit den Franzosen Hand in Hand zu gehen. Die französischen Arbeiter werden aufgefordert, den belgischen Arbeitern Beweise der Brüderlichkeit zu geben.

„Eiin Telegramm des „H. T. B.“ vom heutigen Tage meldet, daß eine Versammlung der Ausständigen in Carmaur die Fortsetzung des Ausstandes beschlossen hat.

Aus Brüssel meldet ein Wolff'sches Telegramm, daß der Aus⸗ stand der Arbeiter der Zündholzfabriken in Grammont beendigt ist. Der „Voss. Ztg.“ wird unter dem 19. d. M. aus Brüssel geschrieben: Da die Erregung im Hennegau infolge der

Reibereien zwischen belgischen und französischen Arbeitern immer mehr

zunimmt, so hat das belgische Auswärtige Amt den Gouverneur des Heppegen Grafen von Ursel ersucht, schon innerhalb dreier Tage die Zahl der aus Frankreich vertriebenen belgischen Arbeiter, die gegen sie verübten Gewaltthaten und ihre Verluste festzustellen.

„Wiee die Londoner „Allg. Corr.“ berichtet, berieth der Bund der Baumwollenspinnerei⸗Besitzer in Lancashire am Montag in Manchester mit den Delegirten der Arbeiter über die beschlossene 5 % Lohnherabsetzung. Die Arbeiter hatten 13 Abgeordnete gesandt:;

diese weigerten sich einer Lohnkürzung beizustimmen, sagten jedoch, daß

sie ihre Auftraggeber darüber befragen wollen. Eine zweite Conferenz st auf nächsten Monat anberaumt.

Kunst und Wissenschaft.

Die in der Mainzer Straße zu Worms schon früher bei

den Fundamentirungsarbeiten am städtischen Versorgungshause ge⸗

machten Funde von römischen Särgen haben sich am Freitag v. W. noch um ein paar weitere Auffindungen gemehrt, die mehrere werthvolle Alterthümer ans Tageslicht brachten. Es waren nach der „Wormser Ztg.“ zwei Särge, die in einer Tiefe von etwa 3 m ruhten. Der eine derselben ergab sich als wiederum beraubt; dessen ungeachtet fand man noch ein Glas und einen hübschen römischen Ring mit Stein (Onyx) und Intaglio darin vor. Der andere Sarg war gänzlich unversehrt und enthielt, wie sich beim Oeffnen zeigte, ein sorgfältig auf Kalkunterlage gebettetes Frnenftelett. zu dessen Füßen vier Gläser, ein paar hübsche besonders geformte Krüge und eine noch nicht näher bestimmbare Münze. In der Nähe der Särge fanden sich noch einige Aschenbestattungen und sogenannte Thränenkrügelchen. In Innsbruck ist am 17. September im Alter von 67 Jahren der bekannte Germanist Professor Ignaz Vincenz Zingerle gestorben. Zingerle war seit 1859 Professor der deutschen Sprache und Literatur an der dortigen Universität. Er hat sich in hervorragender Weise um die Heimathskunde Tirols verdient und auch als Dichter bekannt gemacht. Von der großen Zahl seiner ethnographischen und literarhistorischen Arbeiten seien nur genannt: „Sagen aus Tirol“ (1850); Tirol. Natur, Sage und Geschichte im Spiegel deutscher Dichtung“ (1852); Kinder⸗ und Hausmärchen aus Tirol“ (1852); „Sitten, Bräuche und keinungen des Tiroler Volkes“; „Die deutschen Sprichwörter im Mittelalter“; „Lusernisches Wörterbuch“. Mit Inama⸗Sternegg be⸗ sorgte Zingerle die Herausgabe der „Tirolischen Weisthümer“.

Diesjährige Ernte in Norwegen.

Das anhaltend kalte und regnerische Wetter hat die Ernte⸗ aussichten in Norwegen ungünstiger gestaltet. rI111n¹“ Bezirken Christiania, Drontheim und Bergen sind die Saaten überall zurück und vielfach ist das Getreide unreif eschnitten worden, um es wenigstens als Grünfutter zu verwenden. In Moß ist der Roggen beinahe überall eingebracht und ergiebt eine mittelgute Ernte. In Laurvi 1. die Saat durch die Ungunst der Witterung gelitten, doch ist das 2 intergetreide gut eingebracht worden, das Sommergetreide aber nur zum theil.

Ernte in Dänemark.

Deer Saatenstand ist bis zur vollen Reife durchschnittlich ein sehr guter gewesen, und die Ernte hat im allgemeinen unter günstigen Verhältnissen stattgefunden. Auf den Inseln und im südlichen Jüt⸗ land sind und ⸗Weizen, welche dort hauptsächlich an⸗ gebaut werden, sowie Gerste auf den Bauerngütern völlig eingebracht, während diese Getreidearten auf anderen großen Gütern noch in Haufen stehen.

In Nord⸗Jütland steht auf allen Gütern noch ziemlich viel Hafer und Gerste auf den Feldern, die übrigen Feldfrüchte sind eingebracht⸗ Im ganzen Lande wird die Ernte in kurzer Zeit überall beendet sein.

Mit dem qualitativen und quantitativen Ergebniß herrscht bisher durchgehends große Zufriedenheit, und es wird im Duvrchschnitt des

anzen Landes über eine gute Mittelernte erwartet. Die Kartoffeln sind von Krankheiten verschont geblieben.

1 Zur Weinernte.

Vom Mittelmain wird der „Köln. Ztg.“ unter dem 18. d. M. geschrieben: Der Stand der Trauben und der Witterung sind verhältnißmäßig günstig. Die große Hitze im August und die da⸗ durch herbeigeführte erhebliche Trockenheit hemmten die Entwickelung der Trauben. Auch die Ungleichheit der Blüthe zeigt sich jetzt in dem ungleichen Reifegrad der Trauben. Der inzwischen eingetretene Regen wirkte günstig auf den durchwärmten Boden und infolge dessen auf die fernere Ausbildung der Trauben. Abgesehen von einer sehr geringen Quantität, kann man bei einigermaßen günstigen Witterungs⸗ verhältnissen auf einen Qualitätswein rechnen. Im allgemeinen ist der Weinstock heuer in der Entwickelung stark zurückgeblieben.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ ““ Maßregeln. 8 Tholebs.

nummer der „Nat.⸗Ztg.“ entnehmen, wiederum zwei neue Fälle asiatischer Cholera eingeliefert wovrden. Der eine Fall betrifft den 35 jährigen Fabrikarbeiter Reinhold Pohl, welcher in dem Hause Pücklerstraße 8 gewohnt und in der Berliner Velvetfabrik in der Köpnickerstraße gearbeitet hat. Derselbe war gestern früh noch gesund zur Arbeit gegangen, erkrankte aber im Laufe des Vormittags und wurde gegen Mittag in bereits asphyktischem Zustande nach Moabit geschafft. Dort stellte Director Dr. Guttmann bereits auf Grund der Krank⸗ heitserscheinungen die Diagnose auf asiatische Cholera und heute früh um 9 Uhr waren die Kommabacillen in Reinculturen gezüchtet. Zwei Stunden darauf starb Pohl. Dieser Fall ist darum bemerkens⸗ werth, weil Pohl ein Berliner ist, in letzter Zeit Berlin nicht ver⸗ lassen hat und weder mit Hamburgern noch mit Schiffern in Be⸗ rührung gekommen sein will. Da die Velvetfabrik in der Köpnicker⸗ straße an die Spree grenzt, so wäre als Infectionsmöglichkeit in diesem Falle nur das Trinken von Spreewasser anzunehmen. Es verlautet aber andererseits, daß Pohl am letzten Sonntag eine Reihe von Localen besucht hat, in denen Schiffer zu verkehren pflegen. Die Ansteckung könnte daher auch durch diese erfolgt sein. Der zweite Cholerafall betrifft den fünfzehnjährigen Sohn des Schiffers Karsten, der vor wenigen Tagen mit seinem Kahn aus Brandenburg hier angekommen ist und an der Monbijou⸗Insel geankert hat. Der Sohn erkrankte gestern Nacht und wurde Vor⸗ mittags gegen 10 Uhr in das Krankenhaus Moabit in fast asphyktischem Zustande eingeliefert. Die bacteriologische Unter⸗ suchung ist noch nicht beendet, es liegt aber der dringende Ver⸗ dacht auf asiatische Cholera vor. Der Zustand des fünfzehnjährigen Karsten ist ein sehr bedenklicher, wogegen es den fünf älteren Cholera⸗ kranken verhältnißmäßig gut geht. Weitere Infectionen, die durch diese Kranken entstanden sein könnten, sind bis gestern Mittag nicht gemeldet worden. Da der Fall Woytkowski bewiesen hat, wie noth⸗ wendig die Beobachtung der ganzen Schiffsmannschaft ist, so sind bereits Vorkehrungen getroffen, um auch die Besatzung des Karsten'schen Kahnes zur ärztlichen Beobachtung nach Moabit zu bringen.

Der Gesammtbetrag der bisherigen Sammlungen für die Noth⸗ eidenden in Hamburg beläuft sich auf über 1 200 000 Der Stadtrath hat in Dresden einstimmig beschlossen, zur Unterstützung der Nothleidenden in Hamburg 5000 und für Altona 1000 zu bewilligen. Der Schweizer Bundesrath hat den schweizerischen Konsul in Hamburg beauftragt, dem Senat der Stadt Hamburg 1000 Fr. für die Nothleidenden zu übermitteln und ihn der auf⸗ richtigen Theilnahme des Bundesraths und des Schweizer Volkes zu versichern.

Seit zwei Tagen sind in Stettin keine neuen Cholera⸗Er⸗ krankungen vorgekommen. Aus den vorhergehenden Tagen sind aber, infolge der erst jetzt beendeten bacteriologischen Untersuchung, noch fünf Cholera⸗Erkrankungen amtlich festgestellt worden.

Der Magistrat von Swinemünde macht bekannt, daß dort bis zum heutigen Tage zwei Personen unter choleraverdächtigen Symp⸗ tomen erkrankt und zwei gestorben seien. In Ueckermünde ist ein Todesfall infolge asiatischer Cholera amtlich festgestellt.

Ein mit seinem Fahrzeuge aus Amsterdam in Rotterdam ein⸗ getroffener Schiffer wurde von der asiatischen Cholera befallen. Nach Meldungen aus Bergambast ist daselbst eine Frau gleich⸗ falls an der asiatischen Cholera erkrankt.

In Herzogenbusch ist ein Arbeiter an der asiatischen Cholera erkrankt. In Bleskensgraaf sind zwei von der asiatischen Cholera befallene Personen gestorben.

Gestern sind in Paris und im Weichbilde von Paris achtund⸗ dreißig Personen an der Cholera erkrankt und siebzehn gestorben. In Havbre sind sechs Personen erkrankt und sechs gestorben.

Seitdem die Cholera in Krakau und Podgorze aufgetreten ist, sind in beiden Orten zusammen 10 Erkrankungen vorgekommen, von denen 5 einen tödtlichen Verlauf genommen haben. Die ärztliche Untersuchung des Gepäcks und der Personen, die Krakau und Pod⸗ gorze mit der Eisenbahn verlassen, begann am 19. Nachmittags 2 Uhr. Der Statthalter von Galizien Graf Badeni ist in Krakau eingetroffen, hat das Cholerahospital besichtigt und sich persönlich von dem Stande der Assanirungsarbeiten in Krakau und Podgorze überzeugt.

Nach einer gestern in Kopenhagen veroffentlichten Bekannt⸗ machung des Justiz⸗Ministers dürfen Personen, die sich aus Dänemark über die Landesgrenze nach der Provinz Schleswig⸗Holstein begeben, über die Grenze nach Dänemark auch dann zurückkehren, wenn noch nicht fünf Tage seit ihrer Abreise vergangen sind, vorausgesetzt, daß

diese Personen ein Gesundheitsattest für diese Zeit beibringen.

Am Montag Abend starb in Sandy⸗Hook ein Zwischendecks⸗ Passagier der „Normannia“. Eine Frau erkrankte plötzlich und wurde mit ihren vier Kindern isolirt; die Frau ist bereits verstorben.

Ueber Choleragefahr und Absperrungsmaßregeln wird weiter berichtet:

Koblenz, 19. September. Der Ober⸗Präsident der Rhein⸗ provinz hat auf Grund des § 13 der Allerhöchsten Cabinetsordre vom 8. August 1835 die Abhaltung der fur den 27. d. M. und 11. k. M. festgesetzten Kram⸗ und Viehmärkte zu Steimel im Kreise Neuwied sowie die Abhaltung der diesjährigen Herbstmesse in

Koblenz verboten.

Im Krankenhause Moabit sind, wie wir der gestrigen Abend⸗

Bern, 20. September. Der Bundesrath hat eine Verordnung über die in den Militäranstalten zur Abwehr der Cholera zu treffenden Maßnahmen erlassen.

Lissabon, 21. September. Die Regierung hät dem deutschen Postdampfer „Reichstag“, der, von Hamburg kommend, eine an einer gastrischen Störung leidende Person an Bord hatte, den Befehl zugehen lassen, unverzüglich den Tajo zu verlassen.

New⸗York, 20. September. Der Dampfer „Ems“ ist aus der Quarantäne entlassen worden. 1

Italien. 8 8

Nach einer im Einverständniß mit dem Königlich italienischen Ministerium des Innern von dem Präfecten zu Neapel getroffenen Anordnung versehen die Dampfschiffe der Gesellschaft Manzi nach wie vor den täglichen Postdienst zwischen Neapel und Capri unter Beobachtung der üblichen Vorsichtsmaßregeln.é Diese Schiffe dürfen indessen Passagiere nur Mittwochs und Sonnabends auf der gegen Salerno belegenen Meerseite von Capri aufnehmen und, nachdem auf der Insel Nisida eine gründliche Desinfection stattgefunden ät, in Neapel landen.

Verkehrs⸗Anstalten.

Weegen der Choleragefahr dürfen nach Serbien Packet⸗ sendungen aus Deutschland, welche nachbezeichnete Gegenstände enthalten, bis auf weiteres nicht eingefuͤhrt werden:

gebrauchte und nicht gewaschene Wäsche und Bettzeug; Jaalte Kleider, Fetzen und Abfälle von jeder Art Zeug, sowie altes Papier:

Felle und Unterfutter aus Fell und alle unter Verwendung von Fellen hergestellte Gegenstände;

rohe Wolle, ob gewaschen oder nicht; Rinder⸗, Pferde⸗ Ziegenhaare; Schweinsborsten; Hanf, Baumwolle und Federn;

Därme und Blasen, sowohl frisch wie getrocknet oder ge⸗ salzen, sowie die Rohproducte und Abfälle von Thieren:

Caviar; Fisch, gleichviel ob frisch, gesalzen, getrocknet, oder als Conserve; 6

Muster von allen oben genannten Gegenstände

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aus Australien (Abgang aus Adelaide am 16. August) ist in Brindisi eingetroffen und gelangt für Berlin voraussichtlich am 23. Vormittags zur Ausgabe.

Bremen, 20. September. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Postdampfer „München“, nach Baltimore bestimmt, hat am 19. September Mittags Lizard passirt.

21. September. (W. T. B.) Der Schnelldampfer „Ems“, am 10. September von Bremen abgegangen, ist am 19. September Nachmittags in New⸗York angekommen. Der Schnelldampfer „Fulda“ hat am 19. September Nachmittags die Reise von Gibraltar nach Genua fortgesetzt. Der Reichs⸗Postdampfer „Stettin“ ist am 19. September Nachmittags mit der ost⸗ asiatischen Post vom Reichs⸗Postdampfer „Oldenburg“ von Port Said nach Brindisi abgegangen. Der Postdampfer „Hermann“ am 6. September von Bremen abgegangen, ist am 20. September Morgens in New⸗York ange⸗ kommen. Der Schnelldampfer „Elbe“, von New⸗York kommend, ist am 20. September, Nachmittags, auf der Weser angekommen. Der Schnelldampfer „Spreen, von New⸗York kommend, hat am 20. September, Vormittags, Scilly passirt. Der Postdampfer „Karlsruhe“, von Baltimore kommend, hat am 20. September, Morgens, Dower passirt. Der Reichs⸗Postdampfer „Danzig“ ist am 20. September mit der australischen Post vom Reichs⸗Postdampfer „Salier“ von Port Said in Brindisi angekommen. Der Post⸗ dampfer „Kronprinz Friedrich Wilhelm“, von La Plata kommend, ist am 20. September, Nachmittags, in Antwerpen ein⸗ getroffen.

London, 20. September. (W. T. B.) Der Union⸗Dampfer „Nubian“ ist heute auf der Ausreise in Capetown angekommen.

Die mittels des Reichs⸗Postdampfers „Salier⸗ beförderte Post

Theater und Musik.

Königliches Schauspielhaus.

Schiller's Schicksalstragödie, die vor neunzig Jahren geschaffene „Braut von Messina“, in sprachlicher Beziehung wohl das vollendetste seiner Werke, ging gestern Abend in mustergültiger Auf⸗ führung neu einstudirt zum ersten Male in Scene. Die Kritik ist bei dieser Vorstellung in der ebenso seltenen wie angenehmen Lage, keine erwähnenswerthen Ausstellungen zu finden, dagegen einige der Darstellung besonders gut gelungene Stellen anerkennend hervor⸗ heben zu können. Frau Ser ist eine durchaus geeignete Ver⸗ treterin der Isabella. Sie weiß ibr mächtiges Organ selbst bei der größten Kraftentfaltung noch in angenehmem Wohlklang zu erhalten und die mütterliche Sorge bei dem unseligen Bruderzwist, die Mutter⸗ freude bei der Versöhnung und den Mutterschmerz bei der Entdeckung von Don Manuel's Tode ergreifend zum Ausdruck zu bringen. Fräu⸗ lein Lindner gab die Beatrice. Sie war voll Anmuth bei dem mit dem erforderlichen Schiller'schen Pathos und natür⸗ licher Innigkeit im Garten gesprochenen Monolog, sie war bezaubernd in ihrer Freude, als sie die Stimme des Geliebten zu hören glaubt, und wahrhaft ergreifend in ihrer Furcht, als statt des Erwarteten Don Cesar mit Liebesbetheuerungen sich ihr naht. Herr Ludwig als Don Manuel wurde allen Anforderungen seiner Rolle gerecht und verstand mit seiner Stimme so haushälterisch umzugehen, daß sie ihm keinen Augenblick versagte. Den Don Cesar gab Herr Matkowsky mit Meisterschaft. Selbst in der höchsten Leidenschaft, die er stets treffend und natürlich zur Darstellung bringt, bleibt er künstlerisch maßvoll. Unter den übrigen Mitwirkenden trat Herr Kahle als Cajetan am meisten hervor.

Lessing⸗Theater.

b Paul Heyse's neues Lustspiel „Ein unbeschriebenes Blatt“ fand gestern Abend bei seiner Erstaufführung eine recht freundliche Aufnahme, einen sogenannten Achtungserfolg, der wohl mehr dem rühmlichen Schaffen des Dichters auf dem Gebiete der Novelle als dem neuesten Werke des Dramatikers Heyse galt. Di vier Acte des Lustspiels zeichnen sich weniger durch eine eigentliche festgefüügte Handlung als durch einen gefälligen Dialog aus Alle Ereignisse verlaufen in den Bahnen sittsamen An standes, sorgfältiger Wohlerzogenheit, bis auf einen dummen Streich, den das emancipirte Töchterchen einer Geheimen Räthin Blessing macht, das nämlich zum thatkräftigen Beweise seiner freien von der Lectüre Zola's und Tolstoi's durchtränkten Lebensauffassung keinen Anstand nimmt, einem jungen Mann einen Besuch zu machen Dieser Herr aber, früher Offizier und gegenwärtig reicher Ritterguts⸗ besitzer, hält der unüberlegten Dame eine Rpfindliche Moralpredigt, und die ganze Keckheit des nach Welt⸗ und Lebenserfahrungen lüsternen modernen jungen Mädchens löst sich endgültig in einen Thränenstrom auf. Von dem Bruder, der Mutter und einer Begleiterin überrascht, flüchtet sie zuerst in ein anstoßendes Zimmer, tritt dann aber, als es sittliche Pflicht wird, tapfer hervor, um den von der Mutter verächtlich angeschuldigten jfungen Mann vor weiteren Verleumdungen zu schützen. Der Lohn dieser kühnen That ist natürlich ein Heiraths⸗ antrag, der die Zuschauer nicht minder überrascht, als die Betheiligten auf der Bühne; denn der Antragsteller ist in jenem Augenblick

eigentlich noch mit einem allerdings geistig recht unbedeutenden jungen