1892 / 230 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 29 Sep 1892 18:00:01 GMT) scan diff

zweckmäßiger Weg, auf eine Gesundung des bestehenden Zustandes, wenn er wirklich dem entworfenen Bilde entspricht, mit allen Mitteln hinzuwirken.“

Hiernach soll also der Minister

1) seine Befriedigung über den wesentlichen Rück⸗ gang der pommerschen Gymnasien ausgesprochen haben. Die etreffende Stelle des am 20. August d. J. an das Provinzial⸗ Schulcollegium zu Stettin gerichteten Erlasses lautet aber folgendermaßen:

„Wenn die Gesammtfrequenz der dortigen Gymnasial⸗ Anstalten im letzten Jahre der diesmaligen Berichtsperiode gegen das letzte Jahr der vorangeg angenen um rund

Schüler gesunken ist, so erkenne ich hiermit nur eine sich von selbst vollziehende Berichtigung der pommerschen Schulverhältnisse. Ich kann nur wünschen, daß diese rück⸗ läufige Bewegung noch einige Zeit fortdauere. Denn die in den Berichten des Provinzial⸗Schulcollegiums und der pommerschen Gymnasial⸗Directoren öfters wiederkehrende Klage über die geistige Unzulänglichkeit vieler die Gymnasien besuchenden Schüler weist darauf hin, daß es im Interesse wie dieser Schüler so auch der Gymnasien ist, daß das über das Be⸗ dürfniß hinaus und zum theil im Widerspruch mit dem Bedürfniß ausgedehnte dortige Gymnasialwesen eine ange⸗ messene Einschränkung zu Gunsten einfacherer Schulformen erfahre.“

Der Minister soll

2) über die Rohheit der pommerschen Jugend an den höheren Schulen scharfe Klage führen; der Er sagt aber in dieser Hinsicht nur Folgendes:

„Die anerkennenswerthe Aufmerksamkeit, die das Pro⸗ vinzial⸗Schulcollegium dem Turnen und den Turnspielen widmet, ist hagtec Fürsorge für die Disciplin. Die letztere ist vor allem zugleich durch Anregung edlerer Interessen bei der heranwachsenden Jugend zu foͤrdern, wie es seitens des Directors N. und einiger anderer Directoren geschieht. Daß die vielfach auf Rohheit zurückzuführende Neigung der pommerschen Gymnasiasten zum Verbindungs⸗ leben scharf beobachtet sein will, lehren die Erfahrungen, die in den letzten sechs Jahren in (Namen von sieben Orten) gemacht worden sind; auch die von mir veranlaßte Revision des Gymnasiums zu N. machte mich mit groben Aus⸗ schreitungen einiger dortiger Schüler bekannt“.

Der Erlaß soll 8

3) über die Leistungen nichts besonders Gutes zu sagen wissen und im allgemeinen ein scharfes Verdict enthalten. Die Leistungen der Gymnasien werden unter Berück⸗ sichtigung jedes einzelnen Lehrgegenstandes sowie der einzelnen Anstalten so eingehend besprochen, daß es nicht thunlich ist, den ganzen Inhalt mitzutheilen. Aber der Erlaß bezeichnet die Leistungen in vielen Punkten als recht gute. Bezüglich anderer Punkte spricht er den Wunsch aus, daß in dem Be⸗ streben nach einer festen Methodik des Unterrichts fortgefahren und das Maß des Erreichten gesteigert werde. Von einer traurigen Schilderung“ der Zustände, von einem „scharfen Verdict“ ist nirgends die Rede.

Dem Ermessen des Provinzial⸗Schulcollegiums war an⸗ heimgegeben, in wie weit es den ihm unterstellten Gymnasial⸗ Anstalten von dem Erlaß Mittheilung machen wolle.

Es ist selbstverständlich ausgeschlossen, daß in diesen Mit⸗ theilungen der Inhalt des Erlasses verschärft worden wäre

8

Der Kaiserliche Gesandte am Königlich serbischen Hofe Freiherr von Waecker⸗Gotter ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten Urlaub nach Belgrad zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.

Der Königlich niederländische Gesandte am hiesigen Aller⸗ höchsten Hofe Jonkheer van der Hoeven ist vom Urlaub nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandt⸗ schaft wieder übernommen.

11““

S. M. Kreuzer „Sperber“, Commandant Corvetten⸗ Lapitän Fischer, beabsichtigt, am 1. Oktober von Sydney nach Apia in See zu gehen.

Dem Kaiserlichen Gesundheitsamt vom 28. bis 29. September, Mittags, gemeldete Cholera⸗Erkrankungs⸗ und Todesfälle:

Datum:

erkrankt erkrankt gestorben

gestorben .

Hamburg.

H 82 Se b0

2

Altona.

Schleswig. Liepgarten.

Stettin.

Vereinzelte Erkrankungen:

Riegierungsbezirk Stettin: in der Stadt Stettin und 1 Ort des Kreises Greifenhagen je 1 Erkrankung.

Regierungsbezirk Magdeburg: in 1 Ort des Kreises Stendal 1 Todesfall.

Regierungsbezirk Schleswig: in der Stadt Wands⸗ beck, Kreis Stormarn, 1 Todesfall, in 1 Ort desselben Kreises sowie in der Stadt Rendsburg je 1 Erkrankung.

Regierungsbezirk Koblenz: in der Stadt St. Goar 1 Todesfall.

Regierungsbezirk Düsseldorf: Duisburg 1 Todes⸗ fall, aus Dortrecht eingeschleppt.

Mecklenburg⸗Schwerin:

in der Stadt Ludwigslust 1 Erkrankung.

Wiesbaden, 29. September. Der Großfürst Alexis von R ußland ist zu längerem Besuche seines Bruders, des Großfürsten Michael, hier eingetroffen 8

München, 29. September. Der Minister des Aeußern Freiherr von Crailsheim hat einen längeren Urlaub nach Italien angetreten. Wie „W. T. B.“ berichtet, erfolgte die Ankunft des Ministers in Rom gestern Nachmittag.

Baden.

Karlsruhe, 29. September. Morgen wird in den An lagen der Lichtenthaler Allee das von der Stadt Baden der verewigten Kaiserin Augusta geweihte Denkmal enthüllt werden.

Deutsche Colonien. 1“

Ueber die rpedition des Majors von Wissmann, der den nach ihm genannten Dampfer über den Zambesi⸗ und den Schire⸗Fluß (durch englisches Gebiet) nach dem Tanga⸗ nyika⸗See bringen will, erhält die „Köln. Ztg.“ von einem wegen Krankheit zurückgekehrten Theilnehmer der Expedition folgende Mittheilungen:

Der größte Theil der Expedition war am 16. August von Chinde

aufgebrochen, um am Zambesi bei Missongwe, etwa eine Tagereise vor der Einmündung des Schire, wieder ein Lager aufzuschlagen. Die Boote konnten mit ihrer Fracht durch den Sehlepveem es nur bis hierher gebracht werden, weil dieser einen zu großen Tiefgang hat. Glücklicherweise ist es dem Major von Wissmann gelungen, mit dem Befehlshaber der englischen Kanonenboote ein Abkommen zu treffen, wonach diese die Fahrzeuge der Expedition mit ihrer Fracht weiter schleppen. Aber auch diese Boote können im Schire nur bis zur Mündung des Rur vordringen, sodaß dann ein langsames Stromaufrudern der Boote statthaben muß, bis sie unterhalb der Schirefälle wieder entladen werden, um auf dem Landwege weiter befördert zu werden. Den Schleppdampfer „Pfeil“ auf diesem Wege vorwärts zu bringen, scheint fast ausgeschlossen, da er nicht auseinandergenommen werden kann, wenigstens nicht dafür gebaut ist. Beabsichtigt ist indessen, mit Hilfe der Handwerker, welche ja reichlich vorhanden sind den Schlepper in Stücke zu schneiden, um ihn später oberhalb der Schirefälle an geeigneter Stelle wieder zusammenzusetzen. Dies wird ein schwieriges Unternehmen werden und von praktischem Erfolge vielleicht um so weniger begleitet sein, als auch die Ufer des Nyassa nicht überall so tiefgehenden Schiffen das Landen gestatten, also auch auf diesem See der Dampfer nicht immer zweckentsprechende Verwen⸗ dung wird finden können. Missionsinspector Merensky, der kürzlich durch Chinde vom Nyassa kam, erzählte, daß lange Uferstrecken nur ganz flach gehenden Fahrzeugen zugänglich sind. Wissmann selbst und sein Adjutant und Stellvertreter Dr. Bumiller sind aber der besten Hoffnung voll und der in solchen technischen Sachen bewanderte Frei⸗ herr von Eltz glaubt auch, die sich etwa entgegenstellenden Schwierig⸗ keiten überwinden zu können, sodaß allseits die Erwartungen auf eine glückliche Ausführung bis zum Nyassa gehegt werden. Aber in welcher Zeit und wie weiter zum Tanganyika? Da heißt es abwarten und nicht ungeduldig werden. Vor dem Mittsommer n. J. wird der Nyassa nicht überschifft sein, es sei denn von einem kleineren Vortrab, mit welchem Major von Wissmann den vom Nyassa zum Tanganyika einzuschlagenden Weg nach Ueberwindung der Schwierig⸗ keiten an den Murchison⸗Fällen feststellen will. Dieser Weg soll möglichst auf deutschem Gebiet gesucht werden, vielleicht unter Benutzung des Rikwasees, doch ist dieser auch mehr ein Sumpf als ein See zu nennen, wenn nicht gerade die Regenzeit ihn gefüllt hat. Die Stephensonstraße liegt auf englischem Gebiet und ist jetzt kaum noch als eine gangbare Straß zu bezeichnen, auf welche bei Beförderung so großer Lasten gerechnet werden kann; sie ist so ver⸗ wahrlost, daß sie stellenweise schwieriger zu begehen ist, als irgend ein neu zu suchender Weg, wie von Ortskundigen berichtet wird. Die Beförderung des Dampfers vom Nyassa nach dem Tanganyika wird also erst den wirklich schwierigen Theil der Expedition bilden und vor⸗ aussichtlich auch eine weit längere Zeit als der erste Theil erfordern, da der Weg durch durchschnittenes Gelände gesuch erden muß.

Oesterreich⸗Ungarn.

Die „N. Fr. Pr.“ meldet, daß voraussichtlich zum 1. Januar 1894 die Rechnung in Kronenwährung als obligatorisch eingeführt werden wird. Das Budget pro 1894 dürfte schon in der Kronenwährung aufgestellt werden.

Die Richtung der Action, in welche die Jungczechen im böhmischen Landtage eingetreten sind, bekundet sich in dem von ihnen eingebrachten Adreßentwurf, in welchem es heißt:

„Der unterthänigste Landtag als der gesetzliche Hüter der Rechte und Interessen des Königreichs Böhmen vetrachtet es als seine erste Aufgabe, die Gefühle der treuen Ergebenheit der gesammten Bevölkerung dem erhabenen Monarchen zur Kenntniß zu bringen. Indem der Landtag diesen Gefühlen gegenüber seinem erblichen König Ausdruck verleiht, hält er es zugleich für seine Pflicht, der Dolmetsch der Bedürfnisse, Wünsche und Beschwerden dieses König⸗ reichs zu sein. Nicht bloß aus Fürsorge für die Interessen des Landes und der Bevölkerung, sondern auch aus der schuldigen Für⸗

sorge für das Wohl des erlauchten Herrscherhauses und im Interesse des Reichs, welches so enge verknüpft ist mit den Schicksalen dieses Landes, erachten wir es als unsere Pflicht, auf die gegenwärtigen in dem Königreiche herrschenden Verhältnisse hinzuweisen, und wagen wir uns an die Stufen des Thrones heran, in dem festen Glauben um Abhilfe, welche so unzählige Male durch den Edelmuth Eurer

Majestät den bedrückten und bedrängten Nationen zu theil wurde.“ Die Adresse geht sodann zur Schilderung der von den

Czechen erhobenen Beschwerden gegen die nationale Ab⸗

grenzung, gegen die angebliche Unterdrückung der czechischen

Minoritäten in den deutschen Gebieten, gegen die Wirksamkeit

des deutschen Schulvereins, welche als unmoralisch bezeichnet wird, gegen das Vorgehen der Regierung, welche angebktch die Deutschen protegirt und die Czechen unterdrückt, ferner gegen die angebliche Hegemonie der deutschen Sprache in Böhmen über. In der Adresse wird dann hervorgehoben, daß die Regierung gegen Verfassung und Gesetz die Abgrenzungen der Gerichte durchgeführt, czechische Beomte aus deutschen Gegenden entfernt und nach czechischen Bezirken deutsche Beamte versetzt habe, welche die Sprache der Bevölkerung nicht verstehen. Dann heißt es wörtlich:

„Im Interesse des Landes trägt der treu ergebene Landtag vor allem auf Erneuerung des gesetzlichen Zustandes und Aufhebung der Verordnungen an, welche den Rechten dieses Königreichs wider⸗ sprechen, die von Eurer Majestät wiederholt öffentlich und feierlich anerkannt wurden. Nur durch Erneuerung der Selbständigkeit der Länder der böhmischen Krone, wie dieselbe verbürgt ist in den Krönungseiden der glorreichen Vorfahren Eurer Majestät und in der pragmatischen Sanction, dieser gesetzlichen Grundlage der öster⸗ reichischen Monarchie und des Erbrechts der glorreichen Dynastie. Nur durch Erweiterung der Thätigkeit des Landtags des Königreichs Böhmen und seiner Hebung zu seiner früheren Bedeutung und nur durch die Aufstellung einer den beiden Nationalitäten gleich gerechten Landesregierung, welche durch politischen Geist und von heißer Liebe zu diesem Lande durchglüht ist, kann es nach unserer Ueberzeugung geschehen, daß sich die Verhältnisse ändern und zur Erneuerung einer festen und gesetzlichen Ordnung, wie sie die Entfaltung des Königreichs erheischt, führen wird. Nur eine feste

Landesverwaltung wird im stande sein, die Agitationen, welche die

Februar⸗ und die Dezemberverfassung heraufbeschworen haben und

durch den cisleithanischen Reichsrath unterstützt wurden, in welchem

sich Elemente befinden, 1889 Thätigkeit keineswegs patriotischer Liebe

zu diesem Königreich entspringt, sondern bloßen Parteibestrebungen,

die darauf hinausgehen, die böhmische Krone für immer zu vernichten.“

88 Bezüglich des Ausgleichs heißt es dann noch in der resse:

„Auch wir wollen einen Ausgleich, doch einen wirklichen und ehrenhaften Ausgleich unter Zustimmung und nach dem Ueberein⸗ kommen beider Nationalitäten, einen Aus leich, der auf moralischer Grundlage fußt. Der jetzige sogenannte Nusgleich der einseitig durch⸗ geführt werden soll, ohne Rücksicht auf die Rechte des Königreichs Böhmen, ist eine bloße Vergewa tigung und wird die Verwirrung im Lande noch erhöhen. Der Landtag des Königreichs Böhmen, in Besorgniß um die Zukunft dieses Königreichs, bittet Eure Majestät, seine garantirten Rechte in Betreff der Einheit und Untheilbarkeit dieses Königreichs zu schützen. Wenn Eure Majestät, entsprechend Ihrem am 13. April 1861 der Deputation des Landtags gegebenen Versprechen, sich in Prag als König krönen lassen, dann werden durch diesen erhabenen Act die legitimen Rechte dieses Königreichs, seine Selbständigkeit und Untheilbarkeit erneuert.“

Der galizische Landtag hat si gestern vertagt. Vorher wurde ein auf die Erage hat 1 galtzichen Grurd⸗ entlastungsschuld bezüglicher Beschluß gefaßt, in welchem be⸗ stimmt wird, daß im Falle der Undurchführbarkeit der Con⸗ version eine vierprocentige kurzfällige Anleihe in der Höhe von 1 450 000 Fl. zur Deckung des Deficits aufgenommen werden soll. In Beantwortung einer Interpellation hatte ferner der Regierungsvertreter erklärt, daß wegen des durch den ver⸗ meintlichen Ausbruch der Cholera in Galizien veranlaßten Verbots der Einfuhr landwirthschaftlicher Erzeugnisse nach Preußen und Ungarn von Seiten der Regierung bereits Schritte gethan seien, um Erleichterungen zu schaffen. Die Regierung habe hierbei gleichzeitig festgestellt, daß seit einer Reihe von Tagen in Galizien nirgends verdächtige Erkrankungen vorgekommen seien.

Nach Pester Meldungen in Wiener Blättern sind von der ruthenischen Bevölkerung der Gemeinde Keretzke im Marmaroser Comitat am 21. d. M. Ausschreitungen gegen die Juden begangen worden, indem diese mißhandelt und mit dem Tode bedroht wurden. Der rechtzeitig eingetroffenen Gendarmerie gelang es, durch einen Bajonettangriff die reni⸗ tente Menge auseinanderzutreiben und die Haupträdelsführer zu verhaften. u“

Frruankreich.

Den Kammern wird bei ihrem Wiederzusammentreten, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, ein Gelbbuch über die wäh⸗ rend der Vertagung abgeschlossenen Handelsabkommen mit Griechenland, der Schweiz, Rumänien, Argentinien, Uruguay, Paraguay und Columbien vorgelegt werden

Italien. C1“ tliche Blatt veröffentlicht ein Königliches durch welches der Schluß der gegenwärtigen P mentssession ausgesprochen wird.

Spanien. Die Gerüchte über eine angebliche Erkrankung des Königs sind, wie „H. T. B.“ meldet, unbegründet, sein Befinden ist ein durchaus gutes. Aus Saragossa werden umfassende Maßregeln seitens der Militärbehörden anläßlich der Gedenkfeier der Re⸗ volution von 1868 gemeldet.

Niederlande.

Das Budget von Niederländisch⸗Indien für 1893 weist bei einem Einnahme⸗Etat von 139 Millionen Gulden ein Deficit von 9 Millionen auf. Der Kaffee⸗Ertrag wird auf 395 000 Pikuls geschätzt. Die Ernte wird diesen Ertrag noch um 100 000 Pikuls vermehren, welche für das nächste Jahr zurückbehalten werden. Der Minister fordert zur Förderung des Kaffeebaues einen Credit von 1 ½ Millionen Gulden. Eine technisch gebildete Aufsichtsbehörde soll mit der Sorge für die Kaffeecultur beauftragt werden. Die Regierung beabsichtigt außerdem neun Millionen Gulden für Bewässerungsanlagen, Hafenbauten und den Bau der Eisenbahnlinie Tarik⸗Soerabaya⸗ Kalimas zu verwenden. Endlich wird vorgeschlagen, die Zuckerunternehmungen mit einer Steuer zu belegen, die dem Durchschnitt der Ausfuhrzölle gleichkommt, welche diese Unter

nehmungen in den letzten drei Jahren zu leisten gehabt hätten,

wenn die Zölle nicht suspendirt worden wären

Belgien.

Die Commission des Senats für revision ist nach der ,Frkf. Ztg.“ vorgestern wieder zu⸗ sammengetreten. Der Minister⸗Präsident Beernaert erklärte, die Regierung möchte die Erwählung der Senatsmitglieder nach französischen und holländischen Vorbildern gestalten, und zwar den Provinzial⸗ und Communalräthen deren Ernennung zutheilen. Einige Mitglieder widersprachen, andere stimmten zu. Die Commission vertagte sich darauf bis heute.

8 Türkei.

Der belgische General Brialmont, Wunsch des Sultans nach Konstantinopel begeben hatte, um für die Befestigungen der Dardanellen und des Bosporus neue Pläne auszuarbeiten, hat diese jetzt dem Sultan vorgelegt, der sie sämmtlich genehmigte. sollen der „Magdb. Ztg.“

zufolge durch eine Anleihe gedeckt werden.

Schweden und Norwegen.

Der „offene Brief“ des Königs, mit welchem wie in Nr. 226 des „R.⸗ u. St.⸗A“ gemeldet der Reichstag zum Zweck der Berathung der Landesvertheidigung zu einer außerordentlichen Tagung am 17. Oktober einberufen worden ist, lautet nach der „Nordd. Allg. Ztg.“: „Mit Bekümmerniß haben Wir des geringen Fortgangs Zeuge sein müssen, welchen Unsere unablässigen Bemühungen für eine bessere Ordnung der Vertheidigungskräfte des Reichs bis jetzt bei den von so vielen anderen Aufgaben gleichzeitig in Anspruch genommenen ordentlichen Reichstagen haben gewinnen können. Wir halten es daher für Unsere Königliche Pflicht, einen Vorschlag darüber einer Reichsversammlung zugehen zu lassen, wo derselbe aussehließlich Gegen⸗ stand der Behandlung sein kann; und es ist Unsere feste Zuversicht, daß die schon allzu lange aufgeschobene Entscheidung einer Frage, welche alle vaterlandsliebenden Maänner. wie auseinandergehend auch sonst ihre Ansichten und Denkweise seien, vereinen muß, da⸗ durch endlich zu einer glücklichen Lösung gebracht werde. Derowegen rufen Wir hiermit sämmtliche Mitglieder der beiden Kammern des Reichstags auf Montag, den 17. des nächst⸗ kommenden Oktobers zu einem außerordentlichen Reichstag in Stock⸗ holm zusammen. Danach alle, die es angeht, gehorsam sich zu richten

ie Verfassungs⸗

2

8 der sich auf den

Die Kosten

.“ der britischen ostafrikanischen Gesellschaft

780 34: 45“.

Hamburg weist 6500 auf.

Kaiserlichen Gesundheitsamts“

.

haben. Zur mehreren Gewißheit haben Wir dieses mit eigener Hand unterschrieben und mit Unserem Königlichen Siegel bekräftigen lassen. Stockholm, Schloß, den 23. September 1892.

21 8

Oscar.“ (L. S.) V. L. Groll.

Dänemark Der dem Reichstag vorzulegende Staatsvoranschlag

ffür das kommende Finanzjahr wird, wie den „Hamb. Nachr.“

gemeldet wird, im Geg ensatz zu den nächst vorhergehenden Jahren das Gleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben herstellen, da fernere außerordentliche Ausgaben zu Kriegs⸗ befestigungen ausgeschlossen seien und für neue Eisenbahn⸗

anlagen eine im Wege einer speciellen Gesetzgebung zu con⸗ trahirende Eisenbahn⸗Anleihe vorgesehen sei.

Afrika.

Capitän Lugard, dessen Vorgehen in Uganda als Be⸗ zu einem Schriftwechsel zwischen der britischen und der fran⸗ zösischen Regierung geführt hat, wird, wie Londoner Blätter melden, in wenigen Tagen in England eintreffen und über sein Verhalten den Katholiken und Protestanten in Uganda gegenüber berichten. Capitän M'Donald, welcher die Vor⸗ arbeiten für die geplante Eisenbahn von Mombasa nach dem Victoria⸗Nyanza geleitet hat, ist gleichfalls auf der Heimreise begriffen. Telegraphisch meldet er, daß die Eisenbahn leicht ausführbar sei und er einen passenden Hafen gefunden habe.

Der anglikanische Bischof Tucker ist, wie aus Sansibar gemeldet wird, am Dienstag von Mombasa nach Uganda ab⸗ gereist. Der Bischof mußte seine Abreise verzögern, weil er eine Träger erhalten konnte. Bischof Tucker ist begleitet von Dr. Baxter, dem Pastor Crabtree und den Herren Millar, Leakey und Fisher. Dr. Baxter ist Arzt, die übrigen sind Missionare.

Die „Independance Belge“ erfährt durch ihren Londoner Correspondenten, daß zwischen dem Congostaat und der britisch⸗ostafrikanischen Gesellschaft ein Vertrag besteht, in welchem letztere dem Congostaat das linke Ufer des oberen Nil bis Lado (unterhalb Wadelai) abtritt. (Der Vertrag ist, wie die „Times“ meldet, allerdings, und zwar im Jahre 1890 abgeschlossen, von dem Marquis Salis⸗ bury indessen damals nicht bestätigt worden.) Weiter wird gemeldet, die Regierung des Congostaats gebe jetzt zu, daß

an Kerkhoven Wadelai besetzt habe, da die ihm er⸗ theilten Instructionen nicht zurückgezogen werden konnten.

Kunst und Wissenschaft.

**† DOer Wiener Kunstgelehrte Th. von Frimmel sucht in eeinem Aufsatz des „Repertoriums für Kunstwissenschaft“ (XV., 4 und 5) aus einigen bisher unbeachteten Aufzeichnungen Lionardo da Vinci's den interessanten Nachweis zu führen, daß der Schöpfer des Abend⸗ mahls in Sa. Maria delle Grazie aller Wahrscheinlichkeit nach kurz⸗ sichtig gewesen. Frimmel, von Hause aus Mediziner und als solcher besonders competent in dieser Frage, weist namentlich auf die von Lionardo mehrfach erwähnte und wahrscheinlich an sich selbst beob⸗ achtete Wahrnehmung hin, daß die große Pupille die Gegenstände größer sehen läßt, als die kleine; ferner, daß durch eine kleine Oeffnung gesehen, die Sterne kleiner erscheinen, als mit freiem Blick; drittens, daß er auf große Entfernung zwei Flammen durch eine kleine Oeffnung zu unterscheiden vermag, die bei unbewaffnetem Auge zu einem Bilde verschmelzen. Diese Beobachtungen treffen nur bei Augen abnormer Refraction zu, insbesondere bei Kurzsichtigkeit. Dem⸗ nach leuchtet es, wie Frimmel nach eingehender Darlegung hierauf bezüglicher Versuche resümirt, ein, „daß einer der hervorragendsten Künstler aller Zeiten, ein Universalgeist, den man neben Leibniz und Goethe stellen darf, sich wie Millionen andere kleine Leute mit einer merkbaren Kurzsichtigkeit abfinden mußte.“ Diese Beobachtung dürfte um so richtiger sein, als sie auch eine Eigenthümlichkeit der Malweise Lionardo's miterklären hilft. In seinem Malerbuche betont der Meister stets mit besonderem Nachdruck die Verschwommenheit der dem Auge entfernter liegenden Objecte, die er einzig und allein durch die Wirkung des zwischen Auge und Gegenstand befindlichen Luftmediums erklärt. Er leitet daraus den künstlerischen Grundsatz ab, daß harte Umriß⸗ linien nach Möglichkeit zu vermeiden sind, ein Gesetz, das er selbst in seinen Werken ersichtlich befolgt; auch die merkwürdige, zu dem Zauber malerischer Wirkung so viel beitragende Vertreibung der Schatten, das Sfumato der Vortragsweise, hängt vielleicht mit der abnormen Disposition seines Auges zusammen, auf welche die allge⸗ meine Aufmerksamkeit gelenkt zu haben, Frimmel's Verdienst ist.

Die neue von Dr. Max Wolf in Heidelberg in die Wissen⸗ schaft eingeführte Methode der photographischen Nachforschung nach neuen Planeten hat sich bereits so fruchtbar erwiesen, daß sie eine förmliche Umwälzung auf diesem Gebiet zur Folge haben dürfte. Schon ist die Anzahl der photographisch aufgefundenen kleinen Planeten so gestiegen und die Feststellung ihrer richtigen Nume⸗ rirung (die bis jetzt nach der Reihenfolge der Entdeckung ge⸗ schah) so erschwert, daß eine vorläufige Bezeichnung dieser Planeten nothwendig wurde. Demzufolge werden sie, wie die „Köln. Ztg.“ berichtet, von jetzt ab bis zur endgültigen Ein⸗ reihung nach der Reihenfolge der Anzeigen der Auffindung durch die großen Buchstaben A, B, C des lateinischen Alphabets bezeichnet, unter Beifügung der Jahreszahl. Nach Einführung dieser Bezeich⸗ nung hat Dr. Wolf bereits drei neue Planeten entdeckt, welche die Bezeichnung 1892 A, B, C erhalten haben. Auf der Sternwarte zu Nizza hat man nun auch die photographische Nachforschung nach neuen Planeten begonnen, und schon hat Herr Charlois einen Planetoiden entdeckt, der also die Bezeichnung 1892 D erhält. Der Stern wurde photographirt am 19. September, sein Ort war: September 20., 9 Uhr 10 Min. m. Z. von Nizza: Rectasc. 70 25“ “‧, Poldistanz

Er ist 12. Größe. 8

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Cholera.

„Im Krankenhause Moabit ist nach der „Nat.⸗Z.“ in den letzten 24 Stunden bis gestern Abend weder ein Cholerakranker noch ein Choleraverdächtiger eingeliefert worden. Der zur Beobachtung ein⸗ gelieferte Vater des an der asiatischen Cholera erkrankten Schiffers Gladow ist zur Zeit gesund. Entlassen wurde gestern die Krankenpflegerin Bohlken, die in Hamburg angesteckt und hier an der asiatischen Cholera erkrankt war, sowie die unter ärzt⸗ liche Beobachtung gestellte Schifferfamilie Zeitz, auf deren Kahn der verstorbene Jarocki erkrankt war. Auch das Befinden des Musik⸗ Directors Berthelsen und der übrigen Cholerakranken ist ein ganz befriedigendes. 1 8

Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Groß⸗ herzogin von Baden haben für die Nothleidenden in Hamburg 000 gespendet. In Karlsruhe sind bis jetzt 11 000 zur Linderung des Nothstandes in Hamburg gesammelt worden. Das zweite Gabenverzeichniß der Stadt Lübeck für die Nothleidenden in 1 Bis gestern Mittag sind in Lübeck insgesammt 25 777,59 eingegangen. Außerdem sind in Travpe⸗ münde 1000 gesammelt. Beide städtische Collegien in München bewilligten 6000 für die Nothleidenden Hamburgs.

Der Hamburger Senat hat, wie die „Veröffentlichungen des mittheilen, als Berather in hygieni

..“

schen Fragen und zur Leitung bakteriologischer Untersuchungen, welche die Sanirung der Stadt Hamburg vorbereiten sollen, den ordentlichen Professor an der Universität Gießen Dr. Gaffky auf einige Zeit nach Hamburg berufen. Von dem Reichskanzler ist Professor Dr. Gaffky zum Mitglied der im Kaiserlichen Gesundheitsamt gebildeten Cholera⸗Commission ernannt worden.

Hamburger Blätter melden: Herr Stanhope, der amerikanische Journalist, der die Wirksamkeit der Cholera⸗Impfung an sich er⸗ proben wollte, ist am Sonnabend seiner Stellung als Oberwärter im Eppendorfer Krankenhause enthoben worden. Höchst un⸗ gehalten über diese Entlassung, hat er sich doch in sein Schicksal ergeben und sich, der ihm gewordenen Weisung gemäß, desinficirt und wird nach Erledigung der Quarantäne abreisen. Von seinen an den „New Pork Herald“ gesandten Berichten ist nur wahr, daß er ungekochtes Elbwasser getrunken (was übrigens andere auch gethan haben, weil sie einen gesunden Magen hatten) und sich während feiner fünftägigen Hilfeleistung nicht desinficirt hat. Die anderen sensationellen Berichte werden für unrichtig erklärt. 9

Amtlicher Meldung zufolge ist ein in Stettin in der Elisabeth⸗ straße wohnhafter Arbeiler an der Cholera erkrankt. Ein neuer Todesfall infolge von Cholera ist nicht vorgekommen. 8 .

Vom Ober⸗Bürgermeister von Duisburg geht uns die Mit⸗ theilung zu, daß bisher in Dortmund nur ein Cholerafall (nicht Cholerafälle; vergl. Nr. 228 d. Bl.) und zwar auf einem von UÜtrecht eingetroffenen Schiffe vorgekommen sei. Der klinische Befund bei dem in der Nacht vom 24. zum 25. d. M. unter choleraverdächtigen Erscheinungen verstorbenen Schiffer hat Cholera asiatica ergeben. Auch die von den Aerzten in Duisburg und dem Professor Fränkel in Marburg vorgenommene bakteriologische Untersuchung hat ergeben, daß der Schiffer infolge asiatischer Cholera verstorben ist. Die übrige Besatzung des Schiffes, bestehend aus sieben Personen, befindet sich im Choleralazareth und ist gesund.

Sergeant Schell vom Grenadier⸗Regiment Königin Olga in Stuttgart ist an Brechdurchfall erkrankt, die Aerzte hegen den Verdacht der Cholera⸗Erkrankung und haben die bakteriologische Unter⸗ suchung eingeleitet. M“

Nach einer Depesche aus Stockholm wird der ursprünglich als Cholera asiatica angesehene Fall, der am Bord des von Lübeck dort angekommenen Dampfers „Bose“ vorgekommen ist, nach den ZE“ bakteriologischen Untersuchungen als kein Cholerafall bezeichnet. 6

Aus Nymwegen, Groningen, Dordrecht, Herzogen⸗ busch wird je ein Cholera⸗Todesfall, aus dem Haag, Lellens, Kralingen je ein Erkrankungsfall, aus Rotterdam und Ka⸗ pelle a. d. Yssel werden je zwei Erkrankungsfälle gemeldet. Von letzteren verlief einer tödtlich. Einer Bekanntmachung des Ministers des Innern zufolge sind in der vergangenen Woche 23 Todesfälle an asiatischer Cholera in den Niederlatden vorgekommen. 1

Ueber das Auftreten der Cholera in Belgien liegt den „Ver⸗ öffentlichungen des Deutschen Kaiserlichen Gesundheitsamts“ eine amt⸗ liche Zusammenstellung vor: Der französische Dampfer „St. Paul“, der von Havre am 15. August nach Antwerpen gelangte, hatte in der Nacht vom 15. zum 16. August einen Cholera⸗Todes⸗

fall, dem am 17., 19. und 22. August drei weitere folgten. Am

22. August starb ein Schiffer im Hafen unter choleraartigen Erscheinungen. Bis zum 2. September hatte Antwerpen 63 Er⸗ krankungen mit 22 Todesfällen, bis zum 8. September (nach Zeitungs⸗ angaben) im ganzen 91 bezw. 29. Die von der Seuche betroffenen Personen gehören fast ausschließlich den Kreisen der Schiffs⸗ und Hafenbevölkerung an. Nach einer Mittheilung vom 16. September starben in den vorangegangenen 15 Tagen 17 Personen an der Cholera in ganz Belgien. Wie aus Brüssel heute gemeldet wird, ist die Cholera in ganz Belgien in der Abnahme. In der Provinz Antwerpen waren 31 Gemeinden davon inficirt, 214 Personen sind bisher gestorben. In der Provinz Ostflandern waren 21 Gemeinden inficirt. Der Vorort Anderlecht hat eine Desinfectionsbaracke erbaut für die aus den geräumten Häusern ent⸗ fernten ansteckungsverdächtigen Personen. Man beabsichtigt, die in⸗ ficirten Häuser niederzureißen. Im Borinage und zu Paturages ist die Cholera ebenfalls zurückgegangen, dagegen tritt jetzt Typhus⸗ Epidemie auf. 8 Die Cholera⸗Epidemie in Havpre ist im Rückgang: Vom 30. Juli bis 24. August betrug die Zahl der Erkrankungen 365, der Todesfälle 104, am 27. August erreichte die Zahl der Erkrankungen mit 71 ihre Höhe; die meisten Todesfälle (33) hatte der 30. August. Am 15. September erkrankten 15 und starben 3. Insgesammt sind bis dahin 1133 erkrankt und 404 gestorben. Die Zahl der am 15. Sep⸗ tember Abends in den Krankenhäusern zu Rouen befindlichen Cholerakranken betrug 31. In Nancy sind nach amtlichen Nach⸗ richten bis zum 14. September fünf Erkrankungen vorgekommen, in Dünkirchen vom 1. bis 16. September zwölf mit drei Todesfällen. Am Dienstag sind in Paris 29 Cholera⸗Erkrankungen und sieben Todesfälle, innerhalb der Bannmeile sieben Erkrankungen und neun Todesfälle vorgekommen. An demselben Tage erkrankten in Havre vier Personen an der Cholera, drei sind gestorben. In Cherbourg waren gestern drei Todesfälle an Cholera zu verzeichnen. Gestern sind in Pest zwei unter den Anzeichen der Cholerine erkrankte Personen in die Cholerabaracke geschafft worden. Nach dem „Warschauer Amtsblatt“ hat die Cholera⸗Epidemie in der Stadt Lublin große Ausdehnung infolge des Genusses schlechten Wassers angenommen; die Sterblichkeit erreicht unter Berücksichtigung der Bevölkerungszahl die von Hamburg. Nach den neuesten Berichten aus dem Gouvernement Siedlee ist Hoffnung vorhanden, daß die Cholera dort auf den bisherigen Kreis beschränkt bleiben wird. Im Norden von Rußland hat die Se im Gouvernement Olonez eine Reihe von Erkrankungen verursacht 1 1 das Weiße Meer zu erreichen; von Lublin aus ist sie nach dem nörd⸗ lich gelegenen Kreise Lubartow gelangt. Die Erkrankungsziffern sind im allgemeinen noch bedeutend, im einzelnen besonders da, wo die Cholera neuerdings ihren Eingang gefunden hat. In Odessa und dem 18 Werst davon entfernten Großliebenthal, in Akkerman, Bender, Leowo und Kischinew sind Choleratodesfälle vorgekommen, doch sind amtliche Nachweisungen über deren Anzahl bisher nicht veröffentlicht worden. In die Militärbaracken zu Kischinew sind am 10. September 70 an der Cholera erkrankte Soldaten, die 40 Werst von Kischinew stationirt waren, übergeführt worden. ¹ In Teheran erkrankten vom 24. bis 29. August 2400, es starben 1500, vom 29. August bis 1. September 1500 bezw. 700, vom 1. bis 5. September 800 bezw. 320, in Tebriz für die gleichen Zeitabschnitte 1200 bezw. 750, 1400 bezw. 750 und 900 bezw. 400. Amtlichen Nachrichten zufolge ist in Jemen in Arabien die Cholera wieder ausgebrochen und zwar am 4. September im Hafen von Loheia, ebenso in den Dörfern der Beni Djami bei Hodeirda. Die Epidemie scheint (zufolge einer Meldung aus Konstantinopel) aus Harrar, wo sie noch herrscht, eingeschleppt worden zu sein. . Unter den auf der Swinburne⸗Insel in Beobachtung befind⸗ lichen Reisenden sind, wie unter dem gestrigen Tage aus New⸗York berichtet wird, keine neuen Erkrankungen vorgekommen. Die Patienten sind auf dem Wege der Besserung. 8 Ueber Choleragefahr und Absperrungsmaßregeln wird weiter berichtet: 1. Hamburg, 28. September. Der Senat hat für die nach Afrika gehenden Dampfer strenge Anordnungen getroffen, um einer Einschleppung der Cholera in die deutschen Schutzgebiete vorzubeugen. Unter anderem wird eine fünftägige ärztliche Beobachtung in Cuxhaven vorgeschrieben, bevor die Dampfer in See gehen. Die aus etwa 150 Personen bestehenden Be⸗ wohner eines in der Kastanien⸗Allee in „St. Pauli ge⸗ legenen Hauses wurden auf Anordnung der Gesundheits⸗ commission dislocirt und in einem großen Revierhause unterge⸗ bracht, wo sie verpflegt werden. In dem von den Bewohnern ge⸗ räumten Hause waren gegen vierzig Personen an der Cholera er⸗ krankt und davon achtzehn gestorben. ie bewegliche Habe der Dis⸗ loeirten wurde nach einem großen Schuppen gebracht und wird dort polizeilich bewacht. Die Polizei hat den Eigenthümer des geräumten

8

und steht somit im Begriff,.

Hauses zu seinem Umbau veranlaßt. In ähnlicher Weise wird auch in den anderen Stadttheilen von den Gesundheitscommissionen mit Energie und eventueller zwangsweiser Reinigung der verseuchten Häuser vorgegangen. 8

Bremen, 28. September. Da die Choleragefahr nunmehr für Bremen ausgeschlossen erscheint, ist das Verbot gegen öffentliche Tanzbelustigungen im Stadt⸗ und Landgebiet aufgehoben

worden.

Der internationale Gesundheitsrath zu Konstantinopel hat zur Abwehr der Cholera folgende Verfügungen getroffen:

1) Segelschiffe, welche aus der Zone des Schwarzen Meeres kommen, haben im Lazareth von Sinope Quarantäne abzu⸗ halten. Nur Segelschiffe, welche durch höhere Gewalt verhindert sind, nach Sinope zu gehen, und welche dies durch ein Zeugniß der Hafenbehörde nachweisen, dürfen in Bujuk Liman zur Quarantäne zugelassen werden.

Segelschiffen ist die Durchfahrt durch die Meerenge des Bosporus untersagt. (Verfügung vom 12./24. August 1892.) 2b

2) Die unter dem 28. Mai d. J. für Herkünfte von der afrikanischen Küste vom Kap Guardafui bis Obock (mit Einschluß beider Orte) angeordnete Quarantäne von zehn vollen Tagen wird vom 20./1. September d. J. ab bis Massowah (mit Ausschluß dieses Ortes) ausgedehnt (Vergl. „R.⸗A.“ Nr. 142 vom 18. Juni 1892.)

Desgleichen unterliegen Herkünfte von der Küste der Landschaft Yemen, von Hodeydah (diesen Ort mit einbegriffen) bis Lith (mit Ausschluß dieses Orts) vom 20./1. September d. J. ab einer Qua⸗ rantäne von zehn vollen Tagen. 4

3) Vom 28. August/ 9. September d. J. ab ist für das ganze Vilsher Erzerum eine Quarantäne von zehn vollen Tagen angeordnet worden.

4) Vom 20./1. September d. J. ab wird über Herkünfte aus Kuraschi in Beludschistan sowie über Herkünfte von der persischen im Persischen Meerbusen eine Quarantäne von zehn Tagen ver⸗ hängt.

5) Vom 29./10. September d. J. ab wird in Mustapha ascha für Reisende, welche auf der Eisenbahn nach der Türkei kommen, eine Quarantäne von drei Tagen angeordnet.

6) Während der gegenwärtigen Quarantäne⸗Periode und bis auf weiteres werden die Gesundheitsbeamten ermä tigt, die folgenden Bestimmungen anzuwenden:

a. Jedes Schiff, das in einem Hafen ankommt, in welchem ein Gesundheitsbeamter sich befindet, ist nach strenger ärztlicher Unter⸗ suchung und nach Ablauf von 14 Tagen, nachdem es ein verseuchtes Land verlassen hat, dessen Herkünfte einer fünftägigen Quarantäne unterworfen sind, zum freien Verkehr zuzulassen.

b. Diese Frist von 14 Tagen ist auf 24 Tage auszudehnen, wenn die Herkünfte aus dem Lande, welches das Schiff verlassen hat, einer zehntägigen Quarantäne unterworfen sind.

c. Es versteht sich, daß Schiffe, bei welchen die oben angegebenen Bedingungen vorliegen, diesen Bestimmungen gemäß nur zu be⸗ handeln sind, wenn sie mit einem reinen Gesundheitspaß versehen sind, der ihnen nach ihrer Abfahrt aus dem verseuchten Lande in einem unverdächtigen Hafen ertheilt worden ist, und wenn anderer⸗ seits ihr Gesundheitszustand bei der ärztlichen Untersuchung für gut befunden worden ist.

d. Schiffe, welche vor Ablauf dieser 14 oder 24 Tage ankommen, sind vollständig nach dem bestehenden Regime zu behandeln und, wenn letzteres es vorschreibt, nach einem Lazarethhafen zu verweisen.

e) Die in einem ausländischen Hafen abgehaltene Quarantäne ist auf die durch das bestehende Regime vorgeschriebene Quarantäne in Anrechnung zu bringen. Schiffe, welche sich in dieser Lage befinden, haben den darnach verbleibenden Rest von Quarantäne in einem türkischen Lazarethhafen durchzumachen? wenn es das Regime vorschreibt. Da nach dem bestehenden Regime zehn Tage Quarantäne abzuhalten sind, so hat ein Schiff, welches in einem ausländischen Hafen fünf oder sechs Tage in Quarantäne gelegen hat, in einem türkischen Lazarethhafen nur noch fünf oder vier Tage zu absolviren.

f. Die in einem ottomanischen Hafen ankommenden Schiffs⸗ capitäne haben den Gesundheitsbeamten alle Auskunft zu geben, welche von denselben verlangt werden sollte, nicht allein in Rücksicht auf ihre letzte Reise, sondern auch bezüglich der Orte, welche sie im Verlauf ihrer früheren Reise berührt haben. In Ermangelung von Beweisstücken, wie eines Gesundheits⸗ passes oder anderer Schiffspapiere für ihre vorausgegangene Reise, haben die Schiffscapitäne eine schriftliche Erklärung unter ihrer Unterschrift aufzusetzen. Verweigert ein Capitän die Erfüllung dieser Formalitäten, so ist sein Schiff für verdächtig zu erklären und wie ein solches nach Maßgabe der geltenden Quarantänebestimmungen zu behandeln. (Verfügung vom 23./4. September 1892).

Der internationale Gesundheitsrath zu Konstantinopel hat in der Sitzung vom 13. September 1892 die früher beschlossenen Maßregeln in folgenden Punkten abgeändert:

1) Die Quarantäne gegen die sechs englischen Häfen London, Liverpool, Glasgow, Swansea, Grimsby und Shields wird auf fünf Tage herabgesetzt und gilt für die Abfahrten vom 13. September an; sie ist in den Häfen mit Sanitätsarzt zu überstehen.

2) Die Quarantäne für die Häfen von Ostrumelien, Bulgarien und Rumänien bezieht sich nur auf die Schiffe mit Passagieren, ist auf fünf Tage erhöht und im oberen Bosporus zu bestehen, verbunden mit Desinfection des Gepäcks.

Verkehrs⸗Anstalten.

Bremen, 29. September. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer „Trave“ hat am 28. September Morgens die Reise von Southampton nach Bremen fortgesetzt; er überbringt 177 Passagiere und volle Ladung. Der Schnelldampfer „Havel“ ist am 27. September Vormittags von New⸗York via Southampton nach der Weser abgegangen. Der Schnelldampfer „Fulda“ ist am 28. September Vormittags von Genua via Gi⸗ braltar nach New⸗York abgegangen. Der Reichs⸗Postdampfer „Sachsen“, nach Ost⸗Asien bestimmt, ist am 28. September Vor⸗ mittags in Genua angekommen. Der Postdampfer „Leipzig“, von Brasilien kommend, ist am 27. September Nachts auf der Weser angekommen. Der Reichs⸗Postdampfer „Braunschweig“, von Australien kommend, ist am 27. September Nachmittags in Colombo angekommen.

8 Theater und Musik.

Kroll's Theater.

Frau Moran⸗Olden sang gestern Abend unter stürmischen Beifall der Zuhörer die Rolle der Leonore in Beethoven’s „Fidelio“. Die markige Kraft ihrer Stimme, die treffliche Schulung des Organs erzwingen die laute Anerkennung. Mit spielender Leichtigkeit quellen die Töne hervor und schweben, selbst bei der größten Kraftanstrengung der übrigen Mitwirkenden auf der Bühne, he und mächtig über dem Orchester, dem Chor und den Solosängern. Offenbar würde es die Künstlerin größere Anstrengung kosten, in den Augenblicken starker Leidenschaft den Ton zu dämpfen, als seiner Kraftfülle ungehindert freien Lauf zu lassen; doch für die voll endete Harmonie des Vortrags könnte zuweilen eine klein Zügelung der Tonfluthen von großer Wirkung sein. Ein schöne Leistung war die Wiedergabe der Arie „Abscheulicher was willst Du thun“; man konnte sich hier an der Milde und Kraft des Organs gleichmäßig erfreuen. Herr Aranyi sang den Florestan wohlklingend, aber nicht stetig genu im Ton. Die Mar⸗ zelline fand in Fräulein Wenzel eine zierliche, in jeder Beziehung tüchtige Vertreterin. Auch die Leistungen der Herren Bertram (Pizarro) und Lurgenstein (Don Fernando) sind anerkennend zu erwähnen. Das Orchester hielt sich durchaus lobenswerth und gewann besonders für den Vortrag der dritten Leonoren⸗Ouvertüre, die vor dem Beginn des zweiten Acts gespielt wurde, den lebhaften Beifall

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der Zuhörer