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London und endlich die Umwandlung der Honorar⸗-Konsulate in wirkliche Konsulate angeregt, welche Fragen vom Minister eingehend beantwortet wurden. Das Budget des Ministeriums des Auswärtigen wurde sodann unverändert genehmigt und die nächste Sitzung auf den 12. Oktober anbergumt.
Die für die Berathung des neuen Strafgesetzent⸗ wurfs in Oesterreich eingesetzte Commission trat vorgestern in Wien zu seiner ersten Sitzung zusammen und schritt sofort zur Berathung des § 1 über die Todesstrafe. Die De⸗ batte darüber wurde in der gestrigen 88. fortgesetzt und schließlich die Beibehaltung der Todesstrafe mit 9 gegen 7 Stimmen beschlossen.
Großbritannien und Irland.
Der neue Vice⸗König von Irland Lord Houghton hat vorgestern seinen feierlichen Einzug in Dublin gehalten. Eine Begrüßung durch die Vertreter der Stadt fand nicht statt. Lord Houghton ritt an der Spitze eines großen Ge⸗ folges von Offizieren; auf dem Wege nach der Burg bildete das Militär Spalier. Im Schloß selbst wurden dem Vice⸗ König die höheren Beamten vorgestellt, Adressen nahm er gestern nicht entgegen. Die öffentlichen Gebäude waren be⸗ flaggt, fast alle privaten aber hatten das alltägliche Aussehen.
Die Parnelliten fahren fort, auf die Freilassung der irischen politischen Gefangenen zu dringen. In einer am Sonntag in Glasgow “ Versammlung machte der irische Agitator Michael Davitt einen energischen Appell für die Freilassung. Unter anderem bemerkte er, daß es von keinem Vortheil sei, jene Leute länger im Kerker zu lassen. Es sei offenbar, daß sie die Opfer der Geheim⸗ agenten gewesen seien. Ja, selbst wenn sie schuldig wären, sollten zehn Jahre Kerkerhaft mit all' dem damit verbundenen moralischen und physischen Leiden deren Schuld sühnen. Er sei weit entfernt davon, Dynamit für die Förderung einer guten Sache anzuempfehlen. Solche Mittel seien wider die Gesinnungen und Gefühle des irischen Volkes. Es sei be⸗ kannt, daß wenn immer eine unterdrückte Nation, in welchem Theile der civilisirten Welt es auch sein möge, nach Freiheit gegen eine gewaltige Obermacht strebe, in Momenten der Leidenschaft und Aufregung Männer zu Mitteln griffen, welche überall verurtheilt würden. Er sei der Mei⸗ nung, daß die moralische Kraft. des Gesetzes niemals stärker oder weitreichender sei, als wenn nach einer Beweisgabe seiner Macht es duldsam zu sein wisse. Eine Regierung sei dann am vollkommensten, wenn sie Gerechtigkeit mit Milde verbinde. Bezüglich der Grundbesitzer in Irland habe er zu be⸗ merken, daß diese während der Verwaltung Balfour's freiwillig die Pacht vermindert hätten, daß sie aber jetzt beabsichtigten, zu dem alten Mittel der Austreibung zurückzukehren. Er könne so viel sagen, daß, wenn sie so thöricht sein sollten, der⸗ artige Ausweisungen in großem Maße zu betreiben, diese Handlung geeignet sei, den letzten Nagel in den Sarg der irischen Gutsbesitzer zu schlagen. Die Irländer würden sich nicht wie geduldige Lämmer unterwerfen. Wenn die Gutsbesitzer den sogenannten Feldzugsplan wiederum in An⸗ wendung brächten, würden die Irländer ihn mit einem Gegenplan u treffen wissen und würden ihren Angriff nicht auf die irischen Gutsbesitzer beschränken. Die Zeitepoche sei reif für eine Bewegung auf dieser (der englischen) Seite des irischen Kanals, um den Bauern von England, Wales und Schott⸗ land den Schutz gerichtlicher Pachtung und die Vortheile der Gerichtshöfe für Landwirthschaft zum Zweck der Revision und Verminderung des Pachtzinses zu verschaffen.
Frankreich.
““ Ministerrath trat gestern Abend zusammen und
berieth, wie „W. T. B.“ meldet, über die Vorgänge in Carmaux. Der Minister für öffentliche Arbeiten Viette soll in der Sitzung erklärt haben, er werde in der Kammer im Falle einer Interpellation über diese Angelegenheit einen Gesetzentwurf über die Umngestaltung der Gesetzgebung, betreffend die Bergwerke, ankündigen. In einer auf morgen anberaumten Sitzung des Ministerraths wird über die Frage entschieden werden, ob die Beisetzung Renan's im Pantheon stattfinden soll. Der Finanz⸗ Minister wohnte der heutigen Sitzung des Ministerraths nicht bei.
Die Budgetcommission der Kammer trat gestern wieder zusammen und genehmigte den Bericht des Deputirten Chautemps über den Colonial⸗Etat, worin eine Herab⸗ minderung des Etats um 1 200 000 Fr. beantragt wird, die hauptsächlich das Perfonal und die Strafcolonien betrifft. Die Commission nahm sodann den Bericht des General⸗Bericht⸗ erstatters Poincaré entgegen, der auseinandersetzte, daß die Commission 10 Millionen Francs Ersparnisse ermöglicht habe, daß jedoch die Regierung später neue Credite in Höhe von 11 Millionen gefordert habe. Die Commission werde daher weitere Ersparnisse herbeizuführen suchen müssen. Dem Ver⸗ nehmen nach wird die Regierung in der kommenden Kammer⸗ session einen Ergänzungscredit für die Expedition in Dahomey einbringen. Die Höhe der Forderung ist noch nicht festgesetzt, man nimmt aber an, daß sie 5 oder 6 Millionen betragen wird.
Die vom Marine⸗Minister Burdeau für Neubauten ver⸗ langte Crediterhöhung beträgt neun Millionen. An⸗ geblich soll die Erhöhung aus Ersparnissen bei anderen Posten des Marine⸗ sowie des Kriegsbudgets gedeckt werden.
Der bereits angekündigte Antrag des Deputirten Lo ckroy wegen Verstaatlichung der Bergwerke (siehe Nr. 233 des „R.⸗ u. St.⸗A.“) bezweckt, wie „W. T. B.“ meldet, diese in ein Verhältniß zum Staat zu bringen, das der Regierung die Möglichkeit einer Intervention und das Recht der Controle gewährt. 8 8
Der oberste Kriegsrath ist, wie die „Köln. Ztg.“ er⸗ fährt, vorgestern unter Vorsitz des Kriegs⸗Ministers de Freycinet zusammengetreten, um sich über das den Kammern vorzulegende Cadregesetz schlüssig zu machen.
Schweiz.
Der Bundesrath hat, wie „W. T. B.“ aus Bern meldet, an sämmtliche Staaten ein Rundschreiben gerichtet, in welchem er diese zu einer etwa Anfang nächsten Jahres in Bern abzuhaltenden Conferenz einladet behufs Besprechung des Beschlusses der „Société de droit international“ in Brüssel, wonach ein internationales Bureau in Bern ge⸗ schaffen werden soll, welches sämmtliche Verträge (Handels⸗, Auslieferungs⸗, Schiffahrtsverträge ꝛc.) veröffentlicht.
Wie Graubünden, so hat auch der Canton Tessin am Sonntag durch Volksabstimmung die neue Verfassung angenommen, die in ihren Bestimmungen die Volkswahl sämmtlicher Richter, der fünf Regierungs⸗Räthe, der zwei
Mitglieder des Ständerathes, ferner das Recht, die Regierung abzuberufen, die Initiative für partielle Verfassungsrevisionen und die Einführung des proportionalen Wahlsystems enthält.
Türkei.
Die mehrfach erwähnte, schon vom 18. 890 August datirende Note, welche Rußland wegen des Besuchs des bulgarischen Minister⸗Präsidenten Stambulow sowie wegen der Beziehungen zu Bulgarien an den russischen Geschäftsträger in Konstantinopel, bezw. an die Pforte gerichtet hat, lautet nach der „Frkf. Ztg.“ wie folgt:
St. Petersburg, 18. August.
Herr Geschäftsträger! Die Commentare, zu welchen der jüngste Besuch Stambulow's auf allen Seiten Anlaß gegeben und das Auf⸗ sehen, welches er im Publikum im allgemeinen und in der Presse ver⸗ ursacht hat, veranlassen uns, die Aufmerksamkeit der hohen Pforte auf den Eindruck zu lenken, welchen dieser Zwischenfall auf die Kaiser⸗ liche Regierung gemacht hat. Ohne ihm irgend eine übertriebene Be⸗ deutung beizulegen, können wir nicht umhin, unserem Bedauern dar⸗ über Ausdruck zu geben. Ihre Mittheilungen haben uns auf dem Laufenden gehalten über die Ankunft Stambulow's am Bosporus, den ihm gewährten Empfang und die vertraulichen Mittheilungen, welche Ihnen über die Frage seitens des ottomanischen Ministers und des Sultans selbst gemacht worden sind. Der türkische Botschafter in St. Petersburg Hasni Pascha hat uns ebenfalls auf Grund von Instructionen seines Souveräns erklärt, daß Stambulow keinerlei Ermäch igung erhalten hatte, nach Konstantinopel zu kommen, daß seine Reise eine Ueber⸗ raschung gewesen sei und daß sie in keiner Weise die correcte Hal⸗ tung der Türkei gegenüber dem Stande der Dinge, welche in Bulgarien im Gegensatze zu den Verträgen bestehen, ändern werde. Während wir von diesen Versicherungen Kenntniß nehmen, können wir Ihnen nicht verhehlen, daß sie uns nicht voll⸗ ständig über den fraglichen Zwischenfall aufgeklärt haben. Da die persönliche Bezeugung von Achtung und Ehren für Stambulow in der Hauptstadt des ottomanischen Reichs so schnell folgte auf die Hinrichtungen in Sofia und die Veröffentlichung angeblicher Documente, eines von einem Fälscher gegen die russische Regierung gerichteten Werkes, durch eine bulgarische Zeitung, die „Swoboda“, so mußte jene berechtigte Empfindlichkeiten erregen. Die Reisen des bulgarischen Dictators waren offenbar darauf berechnet, die Aufmerksamkeit von dem peinlichen Eindruck, den seine letzten Handlungen hervorgerufen haben, abzulenken und durch den Anschein eines politischen Erfolgs das Prestige und die Autorität seiner Macht zu erhöhen. Indem die ottomanische Regierung sich zu diesem Manöver hergab, unwillkürlich, wie wir gern glauben möchten, hat sie dem Regime der Usurpation in dem Fürstenthume eine Er⸗ muthigung gewährt, einem Regime, dessen officielles Bestehen von Europa nicht anerkannt worden ist. Auch glauben wir nicht, daß der Empfang der Herren Grekow und Natsche⸗ witsch als Präcedenz in diesem Falle dienen konnte; im Gegentheil scheint uns dieser den durch den letzten Zwischenfall hervor⸗ gerufenen Eindruck eher zu verstärken, als zu vermindern. Indem die ottomanische Regierung auf diese Weise ihre Handlungen der Höflichkeit gegenüber den bulgarischen Politikern bis zu Stambulow selbst steigerte, hat sie den Schein erweckt, als ob sie indirect das jetzt unglücklicher Weise in Sofia herrschende System zu sanctioniren und so die politische Unsicherheit einer Ordnung der Dinge fort⸗ zusetzen wünsche, welche allgemein als eine beständige G8 für die Sicherheit und den Frieden Europas angesehen wird. Auch scheint die ottomanische Regierung durch den Empfang Stambulow's in Kon⸗ stantinopel weder in Bezug auf die Achtung, die sie einer Macht schuldig ist, welche die Türkei stets mit Versicherungen der Freundschaft über⸗ schwemmt hat, noch in Bezug auf die allgemeine Politik ein befrie⸗ digendes Ergebniß erzielt zu haben. Wir fühlen uns verpflichtet, die ernsteste Aufmerksamkeit der hohen Pforte auf obige Erwägungen zu lenken. Sie zeigen vielleicht die Quelle einer Gefahr für die Zukunft an, da die Interessen und die vitalsten Rechte des ottomanischen Reichs auf der gewissenhaften Beobachtung gerade jener Verträge beruhen, mit denen die gegenwärtige Lage in Bulgarien in directem Widerspruche steht. Theilen Sie gefälligst diese Note Said Pascha mit und überlassen Sie ihm eine Abschrift. Schischkin.
Statistik und Volkswirthschaft.
Uebersichten der Weltwirthschaft.
Von der neuen (Lieferungs⸗) Ausgabe von Neumann⸗ Spallart's Uebersichten der Weltwirthschaft (Jahrgang 1885 bis 1889), welche nach dem Tode des Verfassers von dem Regierungs⸗Rath, Professor Dr. Franzvon Juraschek herausgegeben werden, sind jetzt die Lieferungen 5 bis 7 erschienen (Verlag für Sprach⸗ und Handelswissenschaft, Dr. P. Langenscheidt in Berlin); jede Lieferung 1 ℳ Wir haben die Lieferungen 2 bis 4 in Nr. 112 des „R. u. St.⸗A.“ vom 14. Mai 1891 besprochen. Es ist also seitdem eine ziemlich große Zeit bis zum Erscheinen der Fortsetzung ver⸗ gangen. Die sorgfältige Sichtung des Stoffes und die Benutzung der neuesten statistischen Ermittelungen erklärt wohl das verhältniß⸗ mäßig langsame Fortschreiten des auf 12 bis 15 Lieferungen berech⸗ neten Werks, das in Anlage und Eintheilung, wie in der Reihenfolge der einzelnen Zweige des Wirthschaftslebens von der früheren Aus⸗ gabe nicht abweicht, wohl aber den neueren wirthschaftlichen Erschei⸗ nungen eine ausführliche Begründung und Würdigung zu theil werden läßt; so sollen insbesondere die Vertheilung des Besitzes von Grund und Boden, die colonialen Erwerbungen, das neuerliche Vor⸗ schreiten Rußlands in der Getreideproduction, das mächtige Aufsteigen gewisser Industriezweige auf dem Continent, die socialen Reformen u. a. m. berücksichtigt werden. In Lieferung 5 ist der außer⸗ europäische Viehstand und Viehhandel, ferner die internationale Fleischversorgung behandelt; Lieferung 6 und 7 behandeln die Pro⸗ duction, den Handel und Verbrauch von Zucker, Kaffee, Thee, Taback und Wein.
Ueber die Zuckerproduction Deutschlands entnehmen wir dem Buch folgende Angaben:
Im Jahre 1836/37 wurden producirt 1,4 Millionen Kilogramm; 1840/41: 14,2; 1850/51: 53,3; 1860/61: 126,5; 1870/71: 186,4; 1880/81: 573 und 1890/91: 1320 Millionen Kilogramm.
Aus 1 ha Rüben wurden producirt im Jahresdurchschnitt 1871/74 19,9 Meter⸗Centner Rohzucker, 1875/79: 23,8; 1880/84: 31,1; 1885/89: 35,7.
Auf der ganzen Erde wurden producirt im Jahre 1875/76: 1 529 751 t Rübenzucker, im Jahre 1889/90: 3 536 059 t. Seit 1859/60 hat sich die Production auf das 18 fache, seit 1869/70 auf das vierfache erhöht.
An Rohrzucker wurden 1879/80 2 334 000 t, 1889/90 2 678 000 t producirt.
Der Zuckerverbrauch wird berechnet im Jahresdurchschnitt 1885/89 in Deutschland auf den mittleren Kopf der Bevölkerung auf 7,8 kg, in Großbritannien und Irland dagegen auf 32,6 kg, in den Vereinigten Staaten auf 24,5, in der Schweiz und Dänemark auf 16,2, in Frankreich auf 10,7, in Holland auf 9,8, in Schweden auf 9,4, in Norwegen auf 6,2, in Belgien auf 4,2, in Italien auf 3,1. Uebrigens hat sich der Zuckerverbrauch in Deutschland, wo er 1875/79 6,4 kg betrug, gehoben; aber seit 1880 wird ein stetiger Verbrauch von jährlich 7,8 berechnet. 8
Zur Arbeiterbewegung.
In einer Versammlung der in den Pferdebahn⸗, Omnibus⸗, wie sonstigen Fuhrbetrieben, sowie der im Handelsgewerbe be⸗ schäftigten Arbeiter Berlins wurde am 3. d. M. eine Resolution angenommen, in der die Versammlung das Verhalten der Direction der Großen Berliner Pferde⸗Eisenbahn⸗Actien⸗Gesellschaft gegenüber ihren Angestellten kritisirt und namentlich dagegen Einspruch erhebt, daß die Direction ihren Arbeitern das gesetzlich gewährleistete
Coalitionsrecht schmälere, indem sie ihnen bei Strafe der Entlassungs verbiete, Versammlungen zu besuchen.
Aus Brüssel wird der „Voss. Ztg.“ unter dem 3. d. M. ge⸗ schrieben: Die Bergarbeiter des hennegauschen Becken Charleroi sind in hohem Maße unzufrieden, weil die Zechen dieses Beckens die Arbeitslöhne von 3,70 Fr. auf 3,30 Fr. heruntergesetzt haben. Die Bergarbeiterführer mahnen zur Besonnenheit und wollen jetzt Ausstände zu vermeiden suchen, zumal die Lage des Kohlen⸗ marktes eine ungünstige ist. 3
Ein Pariser Telegramm des Wolff'’schen Bureaus vom gestrigen Tage berichtete über den Prozeß gegen die ““ in Car⸗ maux, die den Bergwerkleiter Humblot bedroht hatten: Das Zucht⸗ polizeigericht vernahm am ontag Abend den Maire von Carmaux, Bergarbeiter Calvignac, der eine Darlegung der Entstehung des Ausstandes gab und erklärte, er habe sich nach Möglichkeit bemüht, die Ordnung am 15. August aufrechtzuerhalten. Kein Bergarbeiter habe daran gedacht, dem Director Humblot nach dem Leben zu trachten. — Wie weiter aus Albi gemeldet wird, verurtheilte der Gerichtshof gestern 10 Bergwerksarbeiter wegen Bedrohung des Minendirectors Humblot mit Gewaltthätigkeiten zu Strafen von 8 Tagen bis 4 Monaten Gefängniß.
Aus London meldet ein Telegramm des „D. B. H.“ vom heutigen Tage: Das Comité des Syndikats der Eisenbahn⸗ beamten und ⸗Arbeiter lehnte mit 42 gegen 15 Stimmen den Acht⸗ stundentag ab und potirte den EEEö weil dann die Löhne proportional dem Reingewinn der Arbeitgeber sein würden; eine Verkürzung der Arbeitszeit sei nur schädlich.
Aus Durham meldet ferner „D. B. H.“: Die Abstimmung der Bergarbeiter über den Achtstundentag ergab eine er⸗ drückende Majorität für seine gesetzliche Einführung. Im vorigen Jahre stimmten die Durhamer gegen den Achtstundentag
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
8 Cholera.
Aus dem Krankenhause Moabit wurden, wie der „Nat.⸗Z.“ be⸗ richtet wird, gestern drei “ entlassen. Der Bestand der im Krankenhause befindlichen Personen betrug gestern Vormittag 49. Von heute ab wird auf sämmtlichen Berliner Sanitätswachen der wegen der Choleragefahr eingerichtete Tagesdienst einge⸗ stellt. Die daselbst thätigen Aerzte haben in letzter Zeit das Fehlen choleraverdächtiger Krankheiten, wie Cholera nostras, Brech⸗ durchfall u. s. w., feststellen können und übereinstimmend die Ansicht ausgesprochen, daß eine Choleragefahr für Berlin nicht mehr vor⸗ handen sei. Um die Strömung des jetzt durch den niedrigen Wasser⸗ stand nur langsam Spreelaufs zu erhöhen, wodurch die Cholerakeime fortgetrieben resp. vernichtet werden, werden jetzt all⸗ nächtlich die Schleusen der Spree am Mühlendamm dir
In Hamburg hat die Cholera bis zum 1. Oktober, d. h. in sechs Wochen, 17 673 Erkrankungen und 7522 Todesfälle bewirkt. — Für die Nothleidenden Hamburgs, besonders für die armen Waisen, hat Quaglio's Bouillon⸗Capsel⸗ und Conserven⸗Fabrik, Actien⸗ gesellschaft, 10 000 Portionen Familien⸗Kaffee zur unentgeltlichen Ver⸗ theilung nach Hamburg gesandt. Die Stadtverordneten⸗Versammlung in Danzig bewilligte gestern einstimmig aus dem städtischen Fonds für Unglücksfälle 3000 ℳ für die Nothleidenden Hamburgs und 1000 ℳ für die von Altona. 1
Nach amtlicher Meldung sind seit gestern in Stettin zwei Personen an der Cholera gestorben. 1
In Amsterdam ist gestern ein Cholera⸗Todesfall vorgekommen, ebenso in Akkrum und in Dordrecht. Ferner werden gemeldet aus Utrecht zwei Erkrankungen, aus Charlois und Festung Crè⸗ vecoeur je zwei Erkrankungen und ein Todesfall, aus Rotterdam und Breukelen je eine Erkrankung und ein Todesfall und aus Nieuwbrug bei Woerden eine Erkrankung.
In Antwerpen sind drei neue Erkrankungen an Cholera vor⸗ gekommen, sechs Kranke befinden sich in den Hospitälern. In Pa⸗ turages hat die Cholera aufgehört. In Charleroi ist sie in ver⸗ einzelten Fällen aufgetreten. Wie aus Rupelmonde gemeldet wird, wüthet die Cholera furchtbar in Steendorp; von 2801 Einwohnern sind bereits 38 gestorben. Das Cholera⸗Lazareth ist überfüllt. Aus⸗ wärtige Aerzte müssen Hilfe leisten.
Am Montag sind in Paris siebzehn Cholera⸗Erkrankungen und acht Todesfälle, innerhalb der Bannmeile sieben Erkrankungen und vier Todesfälle vorgekommen. In Havre sind am Montag drei Personen erkrankt und ebensoviel gestorben. 8
In dem Barackenspital zu Pest befinden sich gegenwärtig 55 Kranke. Dem „Neuen Pester Journal“ zufolge sind seit dem Auf⸗ treten der Cholera siebzig Personen erkrankt und 22 gestorben. Von Mitternacht bis gestern Abend 6 Uhr sind 26 Personen an Cholera erkrankt und elf gestorben, Wie der „Pester Lloyd“ meldet, sind seit gestern Abend 6 Uhr bis Mitternacht neuerdings 24 an Cholera erkrankte Personen in das Barackenhospital gebracht worden, sechs Personen sind gestorben, drei als gesund entlassen worden. In Soroksar ist eine Erkrankung, in Czegled ein Todesfall vor⸗ gekommen. Der Minister des Innern hat angeordnet, daß die Be⸗ völkerung säng⸗ der Donau Wasser nur noch in gekochtem Zustande trinken soll. Seit Montag sind in Krakau zwei Cholera⸗Erkrankungen und drei Todesfälle zur Meldung gekommen.
Ueber Choleragefahr und Absperrungsmaßregeln wird weiter berichtet:
Antwerpen, 4. Oktober. Von heute ab werden für die Schiffe, die den hiesigen Hafen verlassen, Gesundheitsscheine ausgestellt. Die Sanitäts⸗Commission für die Schelde hat beschlossen, eine Beobachtungszeit von nur 24 Stunden für Herkünfte aus Amsterdam und Rotterdam festzusetzen. Die siebentägige Quarantäne für Herkünfte aus den Häfen Frankreichs (die Transport⸗ zeit mit einbegriffen) wurde für die Herkünfte von der atlantischen Küste von der Gironde ab aufrechterhalten. 1
Belgrad, 4. Oktober. Die Regierung hat für die aus Oesterreich⸗Ungarn kommenden Reisenden eine dreitägige Quaran⸗ täne angeordnet. Ferner sollen auf sämmtlichen Donau⸗ und Save⸗ Stationen alle Reisenden aus Ungarn einer ärztlichen Untersuchung unterzogen werden. Die Einfuhr ungarischer Artikel ist verboten worden.
New⸗York, 3. Oktober. Es ist jetzt der „Bohemia“ ge⸗ stattet worden, die Ladung mittels Leichter zu landen.
London, 4. Oktober. Wie das „Reuter'sche Bureau“ aus Adelaide von gestern meldet, ist der aus Hamburg dort angekommene Dampfer „Sommerfeld“ zur Quarantäne beordert worden, obwohl
keine Krankheitsfälle an Bord vorgekommen sind
ö11“ 8
Durch Verordnung des Königlich spanischen Ministers des Innern vom 25. September 1892 sind die Provenienzen von Liverpool für rein erklärt und alle Quarantänemaßregeln gegen dieselben auf⸗ gehoben worden.
Portugal.
Durch eine in Nr. 215 des „Diario de Governo“ vom 23. Sep⸗ tember 1892 veröffentlichte Verfügung des Königlich portugiesischen Ministeriums des Innern wird die über Neapel bereits aus⸗ gesprochene Verdächtigkeitserklärung auf alle Häfen zwischen Neapel und Salerno ausgedehnt. (Vergl. „R.⸗A.“ Nr. 224 vom 22. Sep⸗ tember 1892.) 88
Schweiz.
Der schweizerische Bundesrath hat in Zusammenfassung und theil⸗ weiser Abänderung seiner früheren Beschlüsse angeordnet: Die Ein⸗ und Durchfuhr von aus Rußland, Deutschland, Frankreich, Belgien und den Niederlanden stammenden Sendungen von Hadern und Lumpen aller Art, alten Kleidern, gebrauchtem Bettzeug und ge⸗ brauchter Leib⸗ und Bettwäsche ist bis auf weiteres untersagt.
Von diesem Verbot sind ausgenommen: a. Die von den
Reisenden als Handgepäck oder Passagiergut mitgeführten persönlichen
Effecten. b. Persönliche Effecten, welche von den Reisenden voraus⸗
geschickt oder welche denselben nachgesandt werden, und Umzugsgegen⸗
stände, wenn durch eine beigelegte amtliche Bescheinigung nachgewiesen
ist, daß diese Sendungen aus einem cholerafreien Orte 8. Belgien.
Durch Königliche Verordnung vom 23. September 1892 ist in Abänderung der Königlichen Ordre vom 19. Juli d. J. („R.⸗A.“ Nr. 184 vom 6. August 1892) bestimmt worden, daß Abgänge (déchets), welche direct und in ungebrauchtem Zustande aus den Betriebswerk⸗ stätten (Spinnereien, Webereien, Bleichereien, Confectionswerkstätten) kommen, vom 28. September ab zur Ein⸗ und Durchfuhr in Belgien zugelassen werden. wofern diese Herkunft durch eine von dem be⸗ treffenden Betriebsleiter geschriebene und unterzeichnete Bescheinigung nachgewiesen und die letztere durch die Localbehörde oder den belgischen Konsulatsbeamten des Versendungsorts attestirt und legali⸗
sirt wird. Griechenland.
Aus choleraverdächtigen Ländern kommende Schiffe, welche Ladung von Fellen, Lumpen und altem Tauwerk führen, werden in griechischen Häfen fortan zurückgewiesen werden.
B 1 Rumänien. . Die Einfuhr von Heringen und anderen gesalzenen oder geräucherten ischen, welche aus den Niederlanden, Belgien und Deutschland oder über Deutschland kommen, nach Rumänien ist verboten worden. Serbien.
Angesichts des Auftretens der Cholera in Oesterreich⸗Ungarn hat der Ober⸗Gesundheitsrath angeordnet, daß alle auf der Eisenbahn oder zu Wasser aus Oesterreich⸗Ungarn ankommenden Reisenden beim Betreten serbischen Gebiets einer ärztlichen Untersuchung zu unterwerfen sind. Reisende, welche sich einige Zeit in Serbien aufhalten wollen, verbleiben fünf Tage hindurch, vom Tage ihrer An⸗ kunft an gerechnet, unter ärztlicher Ueberwachung. Gepäck und Kleidungsstücke der Reisenden sind sorgfältig zu desinficiren. Außerdem wird die Einfuhr von Gegenständen österreichisch⸗ungarischer Herkunft, welche zur Kategorie der Artikel gehören, deren Einfuhr aus Rußland verboten ist („R.⸗A.“ Nr. 219 vom 16. September 1892), wie alte Kleidungsstücke, Lumpen, Abfälle ꝛc. verboten. Die Einfuhr von Gegenständen jeder Art aus Galiz ien ist untersagt.
Bulgarien.
Die von der oberen Donau und die auf dem Eisenbahn⸗ wege über Zaribrod ankommenden Reisenden unterliegen vom 23. September 1892 ab einer fünftägigen Quarantäne (an Stelle der bisherigen dreitägigen); die bisherige vierundzwanzigstündige ärztliche Beobachtung für die aus Rumänien ankommenden Reisenden wird durch eine dreitägige Quarantäne ersetzt. Postpacketen, welche Arzneimittel enthalten, soll fortan der Eintritt gestattet werden, unter Vorbehalt der Desinfection ihrer Verpackung.
Norwegen.
Sufolge Verfügung der Königlich norwegischen Regierung vom 22. September 1892 werden die dänischen Häfen nicht mehr als choleraverdächtig angesehen. Demgemäß sind durch Verordnung vom 23. September die gegen Dänemark erlassenen Einfuhrverbote wieder aufgehoben worden. (Vergl. „R.⸗A.“ Nr. 216 vom 13. Sep⸗
tember 1892.) 1 Süd⸗Amerika. Durch Verordnungen des Präsidenten der Republik Uruguay vom 30. August und 1. September 1892 sind die Häfen von Havre, Ham⸗ burg und Antwerpen für verseucht, sowie die übrigen Häfen Frankreichs, Deutschlands und Belgiens für verdächtig er⸗ klärt worden. In Ausführung der ersteren dieser beiden Verfügungen hat die Gesundheitscommission zu Montevideo unter dem 31. August angeordnet, daß vom 1. September an alle aus deutschen und sranzssischen Häfen kommenden Schiffe einer Quarantäne nach Maßgabe der Bestimmungen der internationalen Sanitäts⸗ convention zu unterwerfen sind. . Mittel⸗Amerika. Die Häfen von Nicaragua sind Choleragefahr halber geschlossen.
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Dder Gesundheitsstand in Berlin war in der Woche vom 18. bis 24. September ein günstiger und auch die Sterblichkeit eine kleinere als
in der Vorwoche (von je 1000 Personen starben 18,7 (aufs Jahr be⸗ rechnet) gegen 20,2 der Vorwoche). Einen weiteren Rückgang zeigten acute Darmkrankheiten, und zwar in allen Stadttheilen. Im ganzen erlagen diesen Krankheitsformen 107 Personen (gegen 152 der vorhergegangenen Woche) und betrafen fast nur Kinder im Alter von unter 2 Jahren. Die Betheiligung des Säuglingsalters an der Sterblichkeit war eine geringere als in der Vorwoche, von je 10 000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 73 Säuglinge. — Unter den Tnfectionskrankheiten sind 17 Erkrankungen an Cholera zu erwähnen, von denen 13 von außerhalb nach dem Barackenlazareth überführt wurden, von welchen 7 tödtlich endeten. Ein großer Theil der Erkrankungen ereignete sich bei Schiffern; von 7 am 20. September eingebrachten Kranken waren 6 Schiffer und Angehörige derselben, die auf Kähnen wohnten. — Acute Entzündungen der Athmungsorgane kamen mit dem Beginn der kühleren Witterung häufiger zum Vorschein, doch blieb der Verlauf in den meisten Fällen ein milder; Erkrankungen an Keuchhusten wurden weniger beobachtet; auch sie zeigten im allgemeinen einen milden Verlauf. Von den anderen In⸗ fectionskrankheiten wurden Erkrankungen an Unterleibstyphus wieder etwas mehr (am häufigsten aus dem Spandauer Viertel) zur Anzeige gebracht. Auch Erkrankungen an Masern und Scharlach, letztere aus dem Stralauer Viertel am zahlreichsten, wurden etwas mehr, dagegen an Diphtherie etwas seltener gemeldet; auch eine Erkrankung an Pocken kam zur Kenntniß. Erkrankungen an Kindbettfieber wurden etwas mehr beobachtet, auch rosenartige Entzündungen des Zellgewebes der Haut gelangten etwas häufiger zur ärztlichen Behandlung, während rheumatische Beschwerden aller Art keine wesentliche Veränderung aufwiesen. 6
Handel und Gewerbe.
Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 4. d. M. gestellt 10 141, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen. In Oberschlesien sind am 3. d. M. gestellt 3833, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.
— Vom Berliner Pfandbrief⸗Amt sind bis zum 24. September 1892 17 327 250. ℳ 3 ½ %, 21 299 700 ℳ 4 %, 45 543 900 ℳ 4 ½ % und 9 679 800 ℳ 5 %, zusammen 93 850 650 ℳ Pfandbriefe ausgegeben, wovon noch 15 784 350 ℳ 3 ½ %, 13 807 950 ℳ 4 %, 15 408 000 ℳ 4 ½ % und 2 852 700 ℳ 5 %, zu⸗ sammen 47 853 000 ℳ Pfandbriefe von den Grundbesitzern zu verzinsen sind. — Zugesichert, aber noch nicht abgehoben, sind 520 200 ℳ
Königsberg i. Pr., 4. Oktober. (W. T. B.) Die Betriebseinnahmen der Ostpreußischen Südbahn im September 1892 betrugen nach vorläufiger Feststellung im Personen⸗ verkehr 81 156 ℳ, im Güterverkehr 246 344 ℳ, an Extraordinarien 15 000 ℳ, zusammen 342 500 ℳ, darunter auf der Strecke Fischhausen — Palmnicken 6774 ℳ, im September 1891 provisorisch 579 788 ℳ, mithin gegen den entsprechenden Monat des Vorjahres weniger 237 288 ℳ, im ganzen vom 1. Januar bis 30. September 1892 2 451 491 ℳ (pro⸗ visorische Einnahme aus russischem Verkehr nach russischem Stil), gegen vercoisortsch 3 520 304 ℳ im Vorjahre, mithin gegen den entsprechenden Zeitraum des Vorjahres weniger 1 068 815 ℳ gegen definitiv 3 663 430 ℳ im Vorjahre, mithin weniger 1 211 939 ℳ
Leipzig, 4. Oktober. (W. T. B.) ETTTöö1 handel. La Plata. Grundmuster B. per Oktober 3,60 ℳ, per November 3,62 ½ ℳ, per Dezember 3,62 ½ ℳ, per Januar 3,65 ℳ,
er Februar 3,67 ½ ℳ, per März 3,70 ℳ, per April 3,72 ½ ℳ, per
ai 3,72 ½ ℳ, per Juni 3,72 ½ ℳ, per Jull. 3,75 ℳ, per
August 3,75 ℳ Umsatz 35 000 kg.
Wien, 4. Oktober. (W. T. B.) Der Verwaltungsrath der Dux⸗Bodenbacher Eisenbahn beschloß die Einberufung einer außerordentlichen Generalversammlung nach Teplitz zur Genehmigung des Uebereinkommens mit der Regierung, Berathung der neuen Statuten, sowie des Antrages auf Reduction des Actienkapitals auf 2 (52 900 Fl., und der Aufnahme einer 3 procentigen Anleihe in Höhe von 25 600 000 Fl. — Der Verwaltungsrath der Prag⸗Duxer Eisen bahn hat beschlossen, die neuen Statuten der Regierung zur Genehmigung vorzulegen und bis auf weiteres jede Vertheilung des Reservefonds zu sistiren.
Wien, 4. Oktober. (W. T. B.) Ausweis der österreichisch⸗ ungarischen Staatsbahn (österreichisches Netz) vom 21. bis 30. September 2 134 704 Fl., Mindereinnahme gegen 18 entsprechenden Zeitraum des vorigen Jahres 221 697 Fl.
Verkehrs⸗Anstalten.
Im Anschluß an frühere Mittheilungen vird bekannt wegen der Cholera nach Rumänien bis auf.
gegeben, daß weiteres auch die nachbezeichneten Gegenstände nicht einge⸗ führt werden dürfen: alle Stoffproben und Stoffabfäaͤlle; rohe Häute, frische und getrocknete Blasen und Därme: gesalzene Därme; Rinder⸗, Pferde⸗ und Kameelhaare; Schweinsborsten; Federn, Flaumfedern, Baumwolle; Caviar, marinirte Fische jeder Art; Olivenöl in Schläuchen.
Die Oktober⸗November⸗Ausgabe des Reichs⸗Curs⸗ buchs (bearbeitet im Cursbureau des Reichs⸗Postamts, Verlag von Julius Springer, Preis 2 ℳ) ist soeben erschienen. Die darin enthaltenen Fahrpläne 2, 3, 6, 7, 15, 50, 118a. 124, 128, 394, 396 b und 690 haben einstweilen nur beschränkte Gültigkeit, indem verschiedene Züge bis auf weiteres nicht verkehren. In einem Nach⸗ trag wird hierüber das Nähere mitgetheilt werden.
Bremen, 4. Oktober. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer „Werra“ ist am 1. Oktober Mittags von New⸗York via Gibraltar nach Genua abgegangen. Der Schnell⸗ dampfer „Aller“ hat am 2. Oktober Abends die Reise von Southampton nach New⸗York fortgesetzt. Der Postdampfer „Berlin“, am 24. August von Bremen abgegangen, ist am 27. September in Montevideo angekommen. Der Reichs⸗Postdampfer „Oldenburg“, von Ostasien kommend, hat am 3. Oktober Nachm. Dover passirt. Der Schnelldampfer „Saale“ ist am 1. Oktober Nachmittags von New⸗York via Southampton nach der Weser abgegangen. Der Postdampfer „Hannover“, nach dem La Plata bestimmt, ist am 3. Oktober Morgens in Corunna angekommen. Der Schnelldampfer „Ems“, von New⸗York kommend, ist am 3. Oktober Nachmittags auf der Weser angekommen. Der Reichs⸗Postdampfer „Salier“, von Australien kommend, ist am 3. Oktober Vormittags auf der Weser angekommen
— 5. Oktober. (W. T. B.) Der Postdampfer „Hannover“, hat am 3. Oktober Nachmittags die Reise von Corunna nach dem La Plata fortgesetzt. Der E1“ „Neckar“, am 17. August von Bremen abgegangen, ist am 3. Oktober Nachmittags in Shanghai angekommen. Der Reichs⸗Postdampfer „Sachsen’“, hat am 3. Oktober Abends die Reise von Port Said nach Suez fortgesetzt. Der Reichs⸗Postdampfer „Oldenburg“, von Ostasien kommend, ist am 4. Oktober Mittags in Antwerpen angekommen. Der Schnelldampfer „Havel“, von New⸗York komment, hat am 4. Oktober Morgens Scilly passirt.
Hamburg, 4. Oktober. (W. T. B.) Hamburg⸗Ameri⸗ kanische t Actiengesellschaft. Der Schnell⸗ dampfer „Augusta Victoria“ hat, von New⸗York kommend, heute Morgen Secilly passirt.
London, 4. Oktober. (W. T. B.) Der Castle⸗Dampfer „Warwick Castle“ hat auf der Heimreise gestern die Canari⸗ schen Inseln passirt. 1 1“
Theater und Musik.
Saal Bechstein.
Der neu erbaute Saal Bechstein wurde gestern eröffnet. Die Eröffnung hätte keinem würdigeren Künstler, als Herrn Dr. Hans von Bülow übertragen werden können. Beim Anhören der mit feinem Kunstsinn auserwählten Musikstücke weiß man in der That nicht, ob man mehr die Zartheit in der Wiedergabe der Phantasie von Mozart (C-dur), die Gedankentiefe seines meisterhaften Vor⸗ trags der Beethoven'schen Sonate (op. 81) und der Kiel'schen Variationen (op. 17) oder die geistreiche Behandlung des Schumann'schen Faschingsschwanks und der vier Piècen von Chopin: Nocturne (op. 17), Impromptu (op. 36), Scherzo (op. 39) und Berceuse (op. 57) bewundern soll. Stürmischer Beifall folgte auf den Vortrag eines jeden Klavierstäcks. Der eingeladene Zuhörer⸗ kreis bestand aus hervorragenden Künstlern, Kritikern und Kunst⸗ freunden. Der alte Vater Bechstein erhielt von allen Seiten die herzlichsten Glückwünsche; sein Flügel klang bei der schönen Akustik des Saales ganz vortrefflich.
Am Freitag gelangt im Königlichen Opernhause „Djamileh“ mit den Damen Rothauser und Urbanska, den Herren Philipp Lieban und Schmidt zur Aufführung. In der darauf folgenden Oper „Cavalleria rusticana“ sind die Damen Pierson, Dietrich und Lammert, die Herren Rothmühl und Fränkel beschäftigt. Den Be⸗ schluß des Abends bildet das Tanzbild „Slavische Brautwerbung“. Der Sonntag bringt eine Wiederholung dieser Vorstellung. Un Sonnabend geht „Lohengrin“ mit den Damen Sucher und Hiedler, den Herren Gudehus, Bulß und Mödlinger in Scene.
Im Deutschen Theater wird als Zugabe zu der Vorstellung des „Misanthrop“ vom Freitag ab der im vorigen Jahre mit so vielem Beifall aufgenommene einactige Schwank „In Civil“ von Gustav Kadelburg wieder in Scene gehen. 1
Für Sonnabend ist im Berliner Theater die erste Wieder⸗ aufführung des Fulda'schen Lustspiels „Die wilde Jagd“ mit Nuscha Butze in der Rolle der Melanie angesetzt. 1
Das Lessing⸗Theater unternimmt am Schluß dieser Woche seinen ersten Gastspielausflug, zu welchem der Erfolg der „Orientreise“ den Anstoß gegeben hat. Der reiche Personenbestand dieser Bühne gestattet es, die Novität doppelt zu besetzen — und so wird denn der in Berlin unbeschäftigte Theil der Mitglieder nach Hannover gehen, um am dortigen Residenz⸗Theater den Schwank ein⸗ zuführen, während gleichzeitig am Lessing⸗Theater „Die Orientreise“ in unveränderter Rollenbesetzung weiter gegeben wird.
Der große Erfolg der Jacobson'schen Posse: „Der Mann im Monde“ hat die Direction des Wallner⸗Theaters bestimmt, diese Berliner Posse vorläufig auf dem Spielplan zu belassen. In⸗ zwischen wird das neue vieractige Lustspiel: „Schwiegerpapa“ von William Schumann, dem Mitverfasser der „Kinder der Erxcellenz“, vorbereitet. 8 1
Im Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Theater geht am Freitag Offenbach's dreiactige Operette „Die Banditen“ in neuer und Bearbeitung erstmalig in Scene. Alle ersten Kräfte dieser Bühne sind in dem Werke beschäftigt. Im Offenbach⸗Cyelus müssen sich die einzelnen Werke schneller folgen, als zur Ausnutzung wünschenswerth wäre, weil die Direction die Verpflichtung über⸗ nommen hat, noch in dieser Spielzeit mehrere Neuheiten aufzuführen.
Im Kroll'schen Theater wird wegen Unwohlseins des Herrn Wilh. Meyer morgen statt der Oper „Trompeter von Säkkingen“ Lortzing's „Zar und Zimmermann“ in Scene gehen und am Freitag statt „Euryanthe“ die Oper „Fidelio“ mit Frau Moran⸗Olden als Leonore. .
Für Fräulein Angéla Virag, die schnell beliebt gewordene Soubrette des Adolph⸗Ernst⸗Theaters, ist eine neue Gesangs⸗
einlage geschrieben worden, welche die Darstellerin der „Wilden Madonna“ morgen zum ersten Male zum Vortrag bringen wird.
Die bekannte Concertsängerin Fräulein Rosa Paghelli ver⸗ anstaltet am 13. Oktober in der Sing⸗Akademie gemeinschaftlich mit der Pianistin I Margarete Liebig ein Concert, wozu der Kartenverkauf bei Bote u. Bock eröffnet ist. — Herr Ernst Eduard Taubert hat soeben ein viersätziges Kammermusikstück für Piano, Flöte, Klarinette, 8 und Fagott vollendet, das von der Firma Bote u. Bock für ihren Verlag erworben worden ist. Im Laufe des Winters wird der Componist sein neues Werk in einem eigenen Concert in der Sing⸗Akademie zur Aufführung bringen.
Der erste der dieswinterlichen „Volksunterhaltungs⸗ abende“ findet am Sonntag im Saal des Handwerkervereins statt; dazu haben bereits folgende Künstler ihre Mitwirkung zugesagt: die Altistin Fräulein Marie Albrecht, die Pianistin Fräulein Eugenie Cohn und der Tenorist Herr G. Stolpe. 8
Mannigfaltiges.
Dem Ausschuß des Deutsichen Vereins zur Förderung der Luftschiffahrt z. H. des Vorsitzenden Professors Dr. Aß⸗ mann ist nach der „Nat.⸗Z.“ folgendes Schreiben zugegangen: Seine Majestät der Kaiser und König haben Allergnädigst geruht, dem Deutschen Verein zur Förderung der Luftschi fahrt be⸗ hufs Ermöglichung der von ihm geplanten wissenschaftlichen Ballon⸗ fahrten für dieses und das folgende Jahr je einen Zaschuf von 25 000 ℳ (fünfundzwanzigtausend Mark) zur Verfügung zu stellen. Indem wir den Ausschuß auf das Immediatgesuch vom 21. Februar d. J. hiervon in Kenntniß setzen, geben wir anheim, wegen Flüssig⸗ machung der Cö entsprechende Anträge an den mitunter⸗ zeichneten Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten zu richten. Der Minister der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten. Bosse. Der Finanz⸗Minister. Im Auftrage: Grandke.
Die Volkskaffee⸗ und Speisehalle Nr. 3 in der Chaussee⸗ straße 98a ist gestern Nachmittag durch einen feierlichen Act von dem der Volkskaffee⸗ und Speisehallen⸗Gesellschaft Grafen Dönhoff⸗Friedrichstein eröffnet worden. Ihre Majestät die Kaiserin und Königin hatte, da Allerhöchstdieselbe am Aus⸗
ehen noch verhindert ist, Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Fäleyrich Leopold, um ihr lebhaftes Interesse für den Zweck des insbesondere der arbeitenden Klasse zu gute kommenden Unternehmens zu beweisen, mit Allerhöchstihrer Vertretung beauftragt. Die hohe Frau, welche um 2 Uhr eintraf, wurde von dem Vorstande ehrfurchtsvoll begrüßt und unterzog alsbald die Halle einer eingehenden Besichtigung. Die zweckmäßigen Einrichtungen fanden die volle Anerkennung der Prinzessin, die auch eine ihr dar⸗ gebotene Tasse Chocolade von derselben Sorte, wie sie später zum allgemeinen Verkauf ausgeschenkt wurde, annahm und sich über deren Schmackhaftigkeit beifällig äußerte. Die Führung der hohen Frau und die Erklärung hatten im be⸗ sonderen Graf Dönhoff, Herr Minlos und der Erbauer des Hauses, Regierungs⸗Baumeister Messel übernommen. Bald nach der Abfahrt der Prinzessin füllten sich die einfach, aber ge⸗ schmackvoll ausgestatteten Räume zunächst mit geladenen Gästen, die dem Unternehmen ein besonderes Interesse entgegenbringen. Mit einer auf Zweck und Bedeutung der volksthümlichen Bestrebungen der Gesellschaft hinweisenden Ansprache übergab alsdann Graf Dönhoff die neue Halle dem Verkehr. ’.
Als Erster der deutschen Distanzreiter ist gestern Abend um 7 Uhr 45 Minuten, unter jubelnder Begrüßung der vieltausend⸗ köpfigen Menge, Seine Königliche Hoheit der Prinz Friedrich Leopold von Preußen in Wien (Florisdorf) angelangt; der Prinz stieg ohne Zeichen großer Ermüdung aus dem Sattel. Drei Secunden später folgte als Zweiter Lieutenaänt Heyl, Reiter und Pferd in vor⸗ züglicher Condition. Der Prinz und Lieutenant Heyl wurden von dem General⸗Inspecteur der Cavallerie Freiherrn von Gagern, dem Obersten Kauchenberg, den deutschen Delegirten, Obersten Freiherrn von Schaky und Major z. D. rafen Bismarck, den Mitgliedern des Comités empfangen und von zahl⸗ reichen Offizieren enthusiastisch begrüßt. Seine Königliche Hoheit nahm in dem Offiziers⸗Casino nur eine kleine Erfrischung und begab sich alsbald in der bereit stehenden Hofequipage nach der Hofburg. Auf der Fahrt über die Ringstraße sowie bei der Einfahrt in die Hofburg wurde der Prinz von dem Publikum lebhaft begrüßt. Der Fuchswallach „Taurus, auf welchem der Prinz die Reise zurücklegte, befindet sich in guter Condition und ist ohne Beinschwellung; er nahm sofort Futter. Seine Hoheit der Herzog Ernst Günther von Schleswig⸗Holstein mußte infolge eines seinem Pferde zugestoßenen Unfalls, das infolge dessen lahm geworden war, den Ritt aufgeben und die Eisenbahn benutzen; er wird heute Mittag erwartet. Prinz Friedrich Leopold ist als Gast des Kaisers Franz Joseph in der Hofburg abgestiegen; Herzog Ernst Günther zu Schleswig⸗Holstein wird auf Einladung des Kaisers ebenfalls daselbst Wohnung nehmen. Um 8 Uhr 20 Minuten traf als Dritter der deutschen Offiziere Rittmeister von Tepper⸗ Laski vom Husaren⸗Regiment von Zieten (Brandenburgisches) Nr. 3 im Schritt reitend ein. Abends um 9 Uhr 7 Minuten langte Lieutenant Freiherr von Meyern, um 9 Uhr 8 Minuten Lieutenant Dietze und um 10 Uhr 5 Minuten Lieutenant von Jena an. Während der Nacht trafen ferner in Wien ein: Premier⸗Lieutenant Reisch (Dragoner⸗Regiment 1), Rittmeister Freiherr von Schuckmann (Cürassier⸗Regiment 1), Premier⸗Lieutenant Freiherr von Reitzenstein (7. Feld⸗Artillerie⸗Regiment) und Second⸗ Lieutenant Graf von Hohnstein (1. Baverisches Ulanen⸗Regiment).
„Ferner wird gemeldet: In Iglau sind gestern Nachmittag um 4 Uhr 45 Minuten Hauptmann Bloch von Blottnitz, um 6 Uhr 40 Minuten Hauptmann von Witzleben und Premier⸗Lieutenant Scholz eingetroffen. Deutschbrod passirten um 7 ½ Uhr Second⸗ Lieutenant Hopfen, 9 ½ Uhr Premier⸗Lieutenant Philipsen, um 18 58 von Rothkirch und Premier⸗Lieutenant Graf von
er Goltz.
sind heute früh um 3 Uhr die Rittmeister von Heyden⸗Linden, von Goßler und von Kramsta abgeritten und werden um etwa 10 Uhr Vormittags in Wien erwartet. Um 8 ⅔ Uhr Vormittags passirte Znaim Hauptmann von Lindenau und um 9 Uhr Premier⸗Lieutenant Freiherr von Senfft⸗Pilsach, beide in brillantester Condition.
Ueber die weitere Ankunft österreichisch⸗ungarischer Distanzreiter in Berlin wird der „Nat.⸗Z.“ berichtet: 2 Uhr 49 Minuten erreichte in scharfem Galopp als Fünfter der Lieute⸗ nant Scherber II. vom 7. Dragoner⸗Regiment, der Bruder des als Dritter angekommenen Offiziers, das Ziel. Der Reiter, der seh frisch aussah, hatte eine braune Stute, die „Alma des Ober⸗Lieutenants Ritter Sypniewski von Odrowaz, unter sich; das Thier hatte die Tour ausgezeichnet überstanden. Lieutenant Scherber war Sonnabend um 6 Uhr 25 Minuten aus Wien abgeritten, er hatte somit 80 Stunden 24 Minuten gebraucht. Um 3 Uhr 39 Mi nuten 50 Secunden begrüßten brausende Hochrufe den Sechsten der österreichischen Reiter, den Rittmeister Stögl vom 8. Ulanen Regiment. Die Anstrengungen des Parforcerittes . nich spurlos an ihm vorübergegangen zu sein, man sah es ihm an, da r das Gehen sauer wurde, immerhin machte auch er noch einen guten Eindruck. Sein Pferd, der Schimmelwallach „Schagya“, ist ein verhältnißmäßig kleines, schmächtiges Thier, dem man kaum ansieht, daß es größere Anstrengungen hat aushalten können Der Wallach war stark abgetrieben und sehr beschmutzt, erholte sich aber verhältnißmäßig bald. Der Abritt von Wien war am Sonn abend 6 Uhr 35 Minuten erfolgt. eit: 81 Stunden 4 Minuten 50 Secunden. Auf dem Tempelhofer Felde hatten sich wieder zahl reiche Zuschauer eingefunden. Unter den Anwesenden befanden sich der Landwirthschafts⸗Minister von Heyden, General von Rauch u. a Um 7 Uhr 34 Minuten 36 Secunden erschien der Graf Lubiens ky
vom 5. Ulanen⸗Regiment auf dem Wallach „Glawars“. Er war am
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