1892 / 238 p. 16 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 08 Oct 1892 18:00:01 GMT) scan diff

Kaiser Wilhelm ging

182 „bei seinem Saison⸗ aufenthalt in Baden⸗Baden eines Tages auf der Pro⸗ menade in einfachem Civil⸗ anzug spazieren. Beim Einbiegen in eine Seiten⸗ allee spricht ihn ein biederer Landmann an mit der Bitte, er sei fremd hier und blos hergekommen, um den deutschen Kaiser einmal zu sehen, und der alte Herr, der seinem ganzen Aeußeren nach jedenfalls Militär gewesen sei, könnte ihm wohl sagen, wie er dies am besten anstellen sollte.

„Mei Bua ischt bei Weißeburg und Wörth da⸗ bei gewest und hat sich au' 's Eiserne Kreuz ge⸗ holt.“

Za, ja erwiderte lächelnd der Kaiser, „mein Sohn auch!“

„Jetz' dös ischt aber nett, dös freut mi reacht, mei' Sohn ischt Feldwebel gewest, und der Ihna⸗ Ihrig wird, schätz' ich, Leutenant gewest seid“

„Na, ein Bischen mehr!“ entgegnete launig der Monarch.

„Potz tausend, am End' ischt er scho' Hauptmann gewest?“

„Noch ein Bischen mehr!“ fiel der Kaiser ein.

„Ja, Kreuz Bomben Sapperlot, er ischt do' nit gar Oberscht gewest?“

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„Langt immer noch nicht!“ lachte der hohe Herr. p

„Ach du liebs Herr⸗ göttle von Biberach, da ischt er gar vollends Ge⸗ neral gewest ?“

„Na, noch ein Bischen höher!“ sagte der Kaiser.

Der biedere Landmann riß beide Augen auf, das ging ihm über den Spaß: „Ha, da wär’sch bi Gott 16 Indem gingen einige Herren vorüber, die in tief⸗ ster Ehrfurcht den Kaiser grüßten. Jetzt konnte der sonst so bedächtige Schwarz⸗ wälder nicht mehr an sich halten und gänzlich außer Fassung gebracht, polterte er heraus: „Da wär'sch bei meiner Seel' der Kron⸗ prinzselber gewest d Und Sie ach du liebes Herr⸗ göttle, Sie sind sein VDater der Kaiser!?

„Ja, ja,“ lachte der hohe Herr, „so ist es und Ihr Wunsch hat sich erfüllt.“

Der Schreck war aber dem braven Schwaben so in die GHlieder gefahren, daß er fast in die Kniee sank. Begütigend klopfte Kaiser Wilhelm ihm auf die Schulter: „Ich werde mei⸗ nem Sohn sagen, daß er sich seines braven Mit⸗ kämpfers annehmen soll.“ Und freundlich grüßend, ging der greise Monarch weiter.

von Wittich, General⸗Lieutenant.

General⸗Adjutant Sr. Majestät des Kaisers und Königs. Kom. Gencral des 11. Armeekorps.

Der „Deutsche Soldatenhort“ ist ein wahre

Familienblatt in mehr als einer Beziehung. Wie er in der großen deutschen Armee, die, Gott

ei Dank, eine einzige, große Familie bildet, in vielen

tausenden von Exemplaren verbreitet und auf jeder

Kasernenstube zu finden ist, so ist es unser Be⸗

Und wohl keine andere illustrirte Zeit⸗ hrist hat, wie der „Deut sch Soldatenhort.

Anspruch, in jedem deutschen Hause heimisch

Unser Programm, Belebung des 1 ser Programm, Belebung de Unser junges Polk

vaterländischen, soldatischen Geistes,

der Liebe zu Kaiser, Landesherrn und Reich und die Pflege

edler und keuscher deutscher Sitte, bildest ja auch den Grund

zug aller deutscher Familien, in denen Vaterlandsliebe

auf echt christlicher Grundlage gepflegt wird.

Wir dürfen die strickte Durchführung unserer Grundsätze auch für den Jahrgang versprechen. Immer wird es unser Bestreben sein, den

besten Sinne festzuhalten, Vieles

politischen Parteihader wird der „Deutssche anregend unterhaltender und doch gleichzeitig be— Wort und Bild sein Programm erfüllen, unterstützt von bewährten und bekannten Schriftstellern, welche im Sinne der Zeit schrift schreiben, während treffliche Künstler auch weiter uns ihre Kräfte

Der Inhalt des

Deutschen Soldatenhortes gliedert sich in Romane militärischen oder vaterlän dischen Inhaltes, Humo— resken, vaterländische Er⸗

zählungen, Schilderungen von

Land und Leuten, Einrich⸗ tungen und Gebräuchen in Deutschland einst und jetzt, Feldzugs⸗Erinnerungen, Armeegeschichte, militärische Tagesereignisse, Belehrendes aus fremden Ländern, aus der Naturgeschichte, Technik,

alten

Humoresken: „August mit

s Kind“ von R. v. Hagen. „Mäuschen's Höllenfahrt“ von R. Schott. „Herausgehauen“ von J. Wilda.

„Das Gespenst von Isenhausen“ von Wolf v Schilbach.

Naterlündische Erzühlungen und vchilderungen:

„Am Skagerrak“, Erzählungaus dem Untergang der Un⸗ 1“

„Andere Zeiten“ von E. v. Wald⸗Zedtwitz.

„Kaiser Rothbart Kaiser Weißbart“ von G. Jlow.

Eine Aeberraschung. Nach einer Zeichnung von Blume⸗Siebert.

über unsere Colonien und die Schutztruppe, kleine interessante Nachrichten, Anekdoten ꝛc. Foa. M 84 1 8 9 eSSbe. 8 s 8 7 IA

Unser Blatt bringt ferner die Portraits der deutschen Herrscher, nach Original⸗Radierungen

aus dem Prachtwerke: „Portraitgallerie der regierenden Fürsten und Fürstinnen Europas“,

7 82 NM 4148 3„ 9 C 5 6 24 * 8 ei sowie die Portraits der sich um Deutschland verdient gemachten Männer und Heerführer

111““

alter und neuer Zeit. 8

8— 8

Der jetzt beginnende Jahrgang Anderem Folgendes enthalten: Romane:

Großherzog Rarl Rlexander von Sachsen, Rönigl. Boheit.

Chemie ꝛc. Mittheilungen Nach einer Original⸗Radierung aus dem Prachtwerk Tböö1“ der eees gizis Fürsten und Fürstinnen Europas“ Verlag von Karl Siegismund.

„Morgen muß ich fort

von hier und muß Abschied nehmen!“ So tönt der Sang durch die ganze Kaserne und wehmüthig lauschten ihm die Beschützerinnen von zweier⸗ lei Tuch, die Damen bei den Marktständen und Pumpen⸗ schwengeln. Wenn aber die aller liebenden Menschheit wohlthätige Dunkelheit ein⸗ getreten ist, dann beginnt auf einsamen Plätzen und Promenaden ein herzliches Abschiednehmen. „Ach Jotte doch,“ sagt Rieke zu ihrem Grenadier, „jetzt duhste doch so, als wenn et Dich det Derz abstoßen müßte, dat Du fortsollst. Aber Lude, ick kenne ESuch Männer. Wenn Ihr erst wieder in irgend eenem wilden Dorfe inquar⸗ tirt seid, denn sitzt Ihr da och wieder hinter die Mächens und macht Euch niedlich und geht mit ihnen zum Melken u. s. w. Und Abends? Na ick saje jar Nichts weiter, als: die Rieke kennt euch Männer aus dem ff.“

„Aber Kieke,“ antwortet Lude, „wie kannst Du det nur von mich globen. Dnu bist doch nicht so, wie die anderen Mächens. Du mit Deine majestätische Positur könntest in unserm Kränzchen ja die ungfrau von Orleans spie⸗ en.“ Das beruhigt Rieken.

Wie sie die Männer, kennt Lude die Mädchen.

Eine Schweinekarbonade in Lude's Brotbeutel spricht Riekens Gefühle deutlicher als Worte aus und begeistert Luden zu dem Ausruf: „Meine jeliebte Rieke! Dir und deine fette Schweins⸗ karmnade werde ich nie nich vergessen.“ Aber Rieke behält Recht; sie kennt die Männer. „Ander Städtchen, ander Mädchen.“ Im neuen Quartier angekommen, geht Lude mit reisiggeschmücktem Helm neben einemhalbwachse⸗ nen Jungen, der stolz darauf istseinen Tornisterund Mantel tragen zu dürfen und blinzelt nach allen hübschen weiblichen Gesichtern ohne Rücksicht auf etwaige Trauringe, hin. Die letzte Erinnerung an Rieke die Schweinskarbonade, ist längst verzehrt; nun heißt es für Luden nur noch, seine Gewissensbisse über beabsich tigte Untrene zu ertödten und dazu bietet wieder die abend⸗ liche Stille mancherlei Gele⸗ genheit, denn Lude kennt die Mädchen und leider Rieke auch die Männer.

Es lebe der Keservemann!