Bekanntmachung. 8 Ueber die Thätigkeit der ärztlichen Schiffscontrolstationen im Stromgebiet der Oder vom 16. bis 31. Oktober 1892 ein⸗
schließlich wird folgende ziffernmäßige Zusammenstellung zur Kenntniß gebracht:
ahl der festgestellten Erkrankungen
Personen.
Fahrzeuge. Zahl der revidirten
cholera⸗ verdächtige
Zahl der desinficirten Erkrankungen krankungen
Zahl der revidirten Fahrzeuge
Oder⸗Controlstation I. in Gartz a. O. . Oder⸗Controlstation I in Hedensshets Oder⸗Controlstation III- eö11“ Oder⸗Controlstation 1 in Feänefant a. O. Oder⸗Controlstation V in Fürstenberg a. O. Warthe⸗Controlstation I in Küstrin . . . . Warthe⸗Controlstationl] in Landsberg a. W. Netze⸗Controlstation I in Czarnikau . . . Netze⸗Controlstation II 111“ Swine⸗Controlstation in Swinemünde. Neben⸗Controlstation am Uecker⸗Kanal Peene⸗Controlstation I in Wolgast . . Peene⸗Controlstation II in Anklam . . . . Peene⸗Controlstation III. in Demmin . . .. Gemeinschaftli preu⸗ ßisch⸗mecklenburgischer Ueberwachungsdienst 9 11 auf Peene und Trebel 96 761 248 — Anußerdem hat die von dem Königlichen Polizei⸗Director zu Stettin eingerichtete ärztliche Schiffscontrole im Hafenbezirk Stettin in der Zeit vom 16. bis 31. Oktober d. J. folgende Er⸗ gebnisse gehabt: 8 1 560q° — J 2 049¹4 — Summe 1 9398 4765 30 880 1
1““;
I1I
Bemerkungen: CC11 ba ist am 23. d. M. von Schwedt a. O. nach nsaathen verlegt worden. Hobegsg 1n Die Station hat ihre Thätigkeit am 15. d. M. begonnen. 3 88 . Zu 15. Der Ueberwachungsdienst wird seit dem 27. d. M. im Umherfahren ausgeübt. Stetettin, den 31. Oktober 1892. Der Staatscommissar 8 für die Gesundheitspflege im Stromgebiet der Oder.
Seine Majestät der Kaiser und König fuhren am Montag Morgen um 8 Uhr 15 Minuten von der Wildpark⸗ station ab, um in Wittenberg der Einweihung der Schloßkirche beizuwohnen; die Rückkehr nach dem Neuen Palais erfolgte kurz nach 9 Uhr Abends.
Gestern nahmen Seine Majestät von 11 Uhr an den Vortrag des Chefs des Militärcabinets und von 12 ³ Uhr an militärische Meldungen entgegen. Im Anschluß hieran hatten der Premier⸗Lieutenant von Roerdansz und der Lieutenant zur See Philipp die Ehre des Empfangs, jener, um die Orden seines verstorbenen Vaters, des Generals der Artillerie z. D. von Roerdansz, dieser, um die Orden des verstorbenen Vice⸗ Admirals Deinhard zu übergeben. Hierauf nahmen Seine Majestät die Monats⸗Rapporte der Commandeure der Leib⸗ Regimenter entgegen. 8
Heute Vormittag nahmen Seine Majestät um 10 Uhr den Vortrag des Chefs es Civilcabinets sowie daran an⸗ schließend den Vortrag des Minister⸗Präsidenten und des Finanz⸗Ministers entgegen und empfingen darauf den Chef des Generalstabs der Armee zur Meldung aus Anlaß seiner Rückkehr vom Urlaub.
8
CC11“ 11““ L111“
Dem Magistrat der Stadt Berlin ist auf die an Ihre Majestät die Kaiserin und Königin gerichtete Ge⸗ burtstags⸗Glückwunschadresse das folgende Allerhöchste Dank⸗ schreiben zugegangen:
Dem Magistrat von Berlin danke Ich aufrichtig für den Mir zu Meinem Geburtstage erneut dargebrachten Ausdruck guter Wünsche und treuer Gesinnung. Es ist wahr, daß Ich auf ein reich gesegnetes Jahr in Meinem Hause zurückblicke. Mit freudigem Stolze konnte Ich die Entwickelung Meiner Söhne verfolgen, und die Geburt Unserer Tochter erfüllte Mein Herz mit Dank gegen Gottes Güte. Wenn Ich auch in dem ab⸗ gelaufenen Lebensjahre bestrebt war, leiblicher und sittlicher Noth durch Förderung und Anregung christlicher Liebesthätigkeit entgegenzuwirken, so bleibt doch auf diesem Gebiete noch sehr Vieles zu thun übrig, und Ich vertraue gern, daß es der Magistrat auch fernerweit an opfer⸗ williger Mitarbeit nicht fehlen lassen wirrdt. 88
Neues Palais, den 27. Oktober 1892.
Auguste Victoria Kaiserin und Königin.
Dem Bundesrath sind neuerdings wieder einige Theile des Etats für 1893/94 zugegangen, und zwar der Etat über den Reichs⸗Invalidenfonds, der Etat über den Allgemeinen Pensionsfonds, der Etat der Einnahmen an Stempelabgaben und der Etat der Reichsdruckerei.
Nach dem Ergebnisse von Versuchen, welche seit einer Reihe von Jahren in mehreren Eisenbahn⸗Directionsbezirken ge⸗ macht worden sind, kann vielfach ein erhöhter Schutz der von der Eisenbahn durchschnittenen Waldungen, ins esondere der Nadelholzwaldungen, gegen Entzündung durch Funken⸗ auswurf der Locomotiven damit erreicht werden, daß die vorhandenen Forstschutzstreifen mit Laubholz in niederem Umtriebe aufgeforstet werden. Derartige Anpflanzungen sind geeignet, sowohl die Funken aufzufangen und unschädlich u machen, als auch das Wachsthum feuerempfänglicher Vegetation auf dem Erdboden hintanzuhalten. Es edarf hierzu der Erzielung möglichst dichten Laubwerks in solcher Höhe, wie sie die Rücksicht auf den Schutz der Eisenbahn gegen Gefährdung durch Windbruch zuläßt. Die einzelnen Bãäume müssen in solcher Anordnung und in solchen Abständen von einander angepflanzt werden, daß das nicht ganz vermeidliche Aufbrechen des Bodens und das Entfernen des trockenen Landes möglichst erleichtert wird. Mehrfach wird außerdem das Wundhalten eines etwa 2 m breiten Streifens oder die Anlegung eines Grabens zwischen der Laubholzanpflanzung und dem zu schützenden Forste empfohlen. 8
Welche Holzart sich für den angegebenen Zweck am besten eignet, hängt selbstverständlich von den örtlichen Verhältnissen im Einzelfalle ab und wird zweckmäßigerweise nicht ohne Zu⸗ ziehung eines Forstsachverständigen 8* prüfen sein. Im allgemeinen scheinen sich Birken und Peiden am meisten zu bewähren, weniger Buchen, Eichen und Akazien; Versuche mit Weißerlen sind noch nicht abgeschlossen, ebenso solche mit An⸗ pflanzungen von schottischer gsunra und schwedischem Bocks⸗ dorn. — Durch Erlaß des Ministers der öffentlichen Arbeiten sind die Eisenbahn⸗Directionen von diesen Ergebnissen in Kenntniß gesett worden.
Seine Hoheit der Erbprinzvon Sachsen⸗Meiningen, General⸗Lieutenant und Commandeur der 2. Garde⸗Infanterie⸗ Division, hat sich für heute und morgen nach Gotha begeben.
Der neuernannte Kaiserliche Botschafter bei der Hohen Pforte, Oberst⸗Truchseß und Wirkliche Geheime Rath Fürst von Radolin ist in Konstantinopel eingetroffen und Geschäfte der Botschaft übernommen. 1
Der Chef des Generalstabs der Armee, 1 Lieutenant Graf von Schlieffen II., General⸗Adjutant Seiner Majestät des Kaisers und Königs, ist vom Urlaub hierher zurückgekehrt.
Der General⸗Stabsarzt der Armee Dr. von Coler, Wirkliche Geheime Rath, Chef des Sanitäts⸗Corps und der Medizinal⸗Abtheilung des Kriegs⸗Ministeriums, hat sich mit Urlaub nach Pommern begeben.
Der Wirkliche Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Schneider im Ministerium ber geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten ist aus der Provinz Sachsen zurück⸗ gekehrt. 8
S. M. S. „Alexandrine“, Commandant Capitän zur See von Frantzius, ist am 1. November in Anping (Insel Formosa) eingetroffen und beabsichtigte heute wieder
in See zu gehen.
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Dresden, 1. November. Ihre Majestät die Königin ist, wie das „Dr. J.“ meldet, gestern Abend und Seine Majestät der König heute früh von Sibyllenort in der König⸗ lichen Villa Strehlen wieder eingetroffen. 1X“
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Württemberg.
Stuttgart, 1. November. Für die Truppen des XIII. (Königlich Württembergisches) Armee⸗Corps sind be⸗ züglich der Trauer folgende Bestimmungen getroffen worden:
In der ersten Abstufung der sechswöchigen Landestrauer, bis zum Tage nach erfolgter Beisetzung, tragen sämmtliche 1 das Wappen und die Cocarde am Helm oder Gzapka, die Epauletten mit die Achselstücke, das Portepee, die Schärpe und das Kartusch⸗
andelier mit Flor überzogen und einen Flor an dem linken Oberarm; die Generale außerdem zur gestickten Uniform die Achselbänder mit AOchselschnüren, die General⸗ Adjutanten, Generale à la suite und Flügel⸗Adjutanten die Achselschnüre, die Ulanen⸗Offiziere die Fangschnüre mit Flor über⸗ zogen. In der darauf folgenden zweiten Abstufung wird von sämmt⸗ lichen Offizieren der Flor am linken Oberarm getragen. Die Offiziere derjenigen Regimenter, deren Chef die verewigte Königin⸗ Wittwe Olga Majestät war, Grenadier⸗Regiment Königin Olga Nr. 119 und Dragoner⸗Regiment Königin Olga Nr. 25, tragen den Flor um den linken Oberarm noch weitere sechs Wochen. Diese Bestimmungen gelten auch für die Sanitäts⸗Offiziere und oberen Beamten. Solange als die für die Offiziere ꝛc. des be⸗ treffenden Truppentheils bestimmte Trauer währt, tragen die Fahnen und Standarten zwei lange herabhängende Flore, welche unter der Spitze befestigt und auch bei verhüllten Fahnen ꝛc. angelegt werden. Bis zum dritten Tage einschließlich nach der Beisetzung ziehen die Wachen still auf und wird bei den Truppen kein Spiel gerührt.
Kesterreich⸗Ungarn.
Gestern sind in Prag die czechischen Partei⸗ vertreter der Landtage von Böhmen, Mähren und Schlesien zusammengetreten, um über ihre künftige Haltung der Regierung gegenüber gemeinsam zu berathen. Dem „W. T. B.“ zufolge nahm die Versammlung einstimmig nachstehende Resolution an:
„Die Conferenz, die an ihren langjährigen, auf die Verwirklichung des Staatsrechts und die Sicherung einer angemessenen Vertretung
“
hat die
General⸗
2
böhmischen Länder im Kronrathe, die Durchführung gerechter E und gleichen Rechts für die Nationen in en Ehberm der böhmischen Krone sowie auf die Entfaltung der Selbstverwaltung hinzielenden Grundsätzen festhält, erklärt ihre Bereitwilligkeit zur energischen, einigen Vertheidigung und Durchführung derselben und erachtet zu diesem Zwecke eine Verständigung aller Parteien für vortheilhaft.“
In Prag sollte vorgestern die Uebernahme der von der Prager Stadtgemeinde erbauten neuen Landwehr⸗Kaserne seitens des Militärärars erfolgen; die Vertreter des letzteren erklärten jedoch, wie der Wiener „Presse“ gemeldet wird, daß sie nicht in der Lage seien, das Gebäude zu über⸗ nehmen, falls die Prager Stadtgemeinde bei ihrer Forderung beharre, daß die Aufschrift an erster Stelle (links) in czechischer und an zweiter Stelle (rechts) in deutscher Sprache angebracht werde. Die Vertreter der Stadtgemeinde wiesen auf Südtirol hin und beharrten bei ihrer Forderung. Das Militärärar übernahm daraufhin das Gebäude nicht.
Bei der Berathung des Etats des Handels⸗ Ministeriums im Finanzausschusse des Unterhauses erklärte der Handels⸗Minister, die Regierung habe recht⸗ zeitig Schritte unternommen zur Sicherung der Stabilität der Handelsbeziehungen mit Serbien. Die Theilnahme an der gelungenen Ausstellung in Philippopel habe die Position Ungarns in Bulgarien auch in commerzieller und industrieller Hinsicht gekräftigt. Die Theilnahme des Landes an der Ausstellung in Chicago sei wegen mangelnden Interesses in den Industriekreisen nicht mög ichc doch sei die Theilnahme einzelner ungarischer Firmen nicht verwehrt. Hinsichtlich des Vertrages mit Rumänien könne er (der Minister) zur . keine Mittheilung machen. Er habe Vorkehrungen getroffen, daß der ermäßigte Weinzoll nur im Nachbarverkehr mit Italien zur Anwendung gelange und daß nur italienische Naturweine eingeführt würden.
Großbritannien und Irland.
Die gestrigen Londoner Morgenblätter widmen der Feier in beifällige Artikel und rühmen ins⸗ besondere den Geist der Duldung, der die Rede des Deutschen Kaisers beseele. “ 1
Am Montag fand ein Ministerrath statt, in welchem, der „Mgdb. Ztg.“ zufolge, als Hauptgegenstand die irische Homerulebill sowie andere Vorlagen, die gleichzeitig mit ihr im Parlament eingebracht werden sollen, erörtert wurden.
Die Königliche Proclamation, durch welche das Parlament bis zum 13. Dezember vertagt wird, ist nur als eine dem Herkommen entsprechende formelle Maßregel an⸗ zusehen. Die Kammern werden kurz vor Ablauf dieses
ermins weiter vertagt werden, und zwar, wie die „Times glaubt, bis zum Januar, um in der letzten Hälfte dieses Monats zur Erledigung der Geschäfte zusammenzutreten.
Der Premier⸗Minister Gladstone wird auf den Rath seines Arztes dem Lord⸗Mayors⸗Bankett in der Guild⸗ hall, am 9. November, nicht beiwohnen.
Die am Sonnabend in Dublin abgehaltene Wochen⸗ versammlung des irischen parlamentarischen Comités unter dem Vorsitz des Abg. Michael Davitt hat einstimmig olgenden, vom Deputirten Healy beantragten und von W.
Brien unterstützten Beschluß gefaßt: „Der vom Erzbischof Croke gestellte Antrag auf Zurückerstattung der Pariser Fonds und deren Deponirung im Namen von drei Cura⸗ toren wird angenommen, ebenso der Antrag, bischof selbst als einer dieser Curatoren fungiren soll..
Frankreich.
Seine Kaiserliche Hoheit der Großfürst Wladimir von Rußland begiebt sich, wie „W. T. B.“ aus Paris meldet, heute nach Stuttgart, um als Vertreter des Kaisers von Rußland der Beisetzung der Königin Olga beizuwohnen.
Aus dem Etat der französischen Armee für 1893 bringt die „Straßb. Post“ einen ausführlichen Auszug, dem wir Folgendes entnehmen: 1 1
Seit dem Kriege, also von 1871 bis jetzt, sind in Frankreich 15 368 Millionen Francs für das Heer verausgabt worden; rechnet man dazu die während dieser Zeit gezahlten Ruhegehälter für Militär⸗ personen und den Bau strategischer Eisenbahnen mit 875 Millionen, so ergiebt dies, ungerechnet die Ausgaben für die Marine, einen Betrag von rund 18 Milliarden. Hiervon wurden 2891 Millionen für die
Wiederherstellung und Neubeschaffung von Heeresgeräth und 11 774
Millionen für die Unterhaltung und Vorbereitung der militärischen Streitkräfte verausgabt. Aus den Angaben über die Bewaffnung der Infanterie und Artillerie ergiebt sich, daß in fünf Jahren sämmtliche Lebelgewehre für die Infanterie und Cavallerie in franzö⸗
daß der Erz⸗
sischen Waffenfabriken hergestellt wurden und man jetzt mit der Her⸗
stellung derselben für die übrigen Waffen und zum Vorrath beschäftigt ist. abei wird angeführt, daß das Lebelgewehr eine Anfangs⸗ geschwindigkeit von 632 m. schosses beträgt auf 200 m Entfernung 6 cm und auf 1000 m Ent⸗ fernung 40 cm; auf 500 m wird eine eichene Holzplanke von 27 cm
besitzt; die Seitenabweichung des Ge⸗
und auf 2000 m noch eine solche von 8 cm von dem Geschoß durch⸗
schlagen.
Bei dem Genie ist eine Liste der Vertheidigungswerke bei⸗
ann und 124 000 Pferde vorhanden
Pfügt und dabei angegeben, . in den militärischen Bauwerken zur
eit Unterkunft für 630 000
ist, während sie im Jahre 1870 mit Einschluß veighe in den ab⸗
getretenen Provinzen nur 380 000 Mann und 75 000 Pferde betrug.
Die active Armee hatte im Jahre 1889 eine Stärke von 24 005 Offizieren, 385 372 Mann und 89 702 Pferden; sie ist im Jahre 1892 auf 28 382 Offiziere, 484 015 Mann und 140 879 Pferde
angewachsen. Die Zahl der Gefechtseinheiten hat in gleicher Weise
eine erhebliche Steigerung erfahren.
So stieg bei der Infanterie
die Zahl der Bataillone von 372 auf 727; bei der Cavallerie
die Escadrons bon 238 auf 448; bei d Batterien von 232 auf 456; beim Genie die von 6 auf 22. Diesen Formationen der activen müssen noch die Reserpeformationen beigezählt wodurch eine Gesammtstärke b ü anter 600 Escadrons Cavallerie und 750 Batterien entsteht, was mit Ein⸗ schluß der Depottruppen einen Bestand von über 2 Millionen Mann ergiebt.
gerechnet, welche in 6 Jahrgängen ungefähr 850 000 Mann umfaßt, jedoch noch nicht vollständig organisirt ist.
der Artillerie die Bataillone Armee werden, von 1650 Bataillonen Infanterie,
Dabei ist die Reserve der Territorial⸗Armee, ent⸗ sprechend unserer Landwehr zweiten Aufgebots, noch garnicht mit ein-⸗
Die Friedensstärke des französischen Heeres für 1893
entspricht den Bestimmungen des Cadre⸗ esetzes und ist als die Soll⸗ stärte zu bezeichnen, welche die active Armee, die Gendarmerie und die Garde Républicaine umfaßt und 28 382 Offiziere und Gleichgestellte 41 823 Unteroffiziere, 83 223 Corporale und Avancirte, 418 862 Ge⸗ meine, im ganzen 572 290 Köpfe zählt, dazu 140 879 Pferde. Die
Ausgaben sind jedoch nicht nach dieser Sollstärke, sondern nach der
wirklichen Iststärke berechnet, die sich mit den bei der fahne befind⸗ lichen und abcommandirten Mannschaften auf 515 375 Köpfe be ziffert. Es ergiebt dies einen Minderbetrag von 56 915 Köpfen, welche auf die als krank im Lazareth, auf
8
4 5
rlaub, in Untersuchung, in Haft oder als fahnenflüchtig Abwesenden entfallen. Bei den
Pferden fehlen 354 an der gesetzmäßigen Sollstärke; der Grund hier⸗ für liegt in der Verzögerung der Aufstellung der sechsten Escadron
bei den Spahis und in der Neuerrichtung nur eines Reiter⸗Regi⸗ ments im Jahre 1893 anstatt zweier Regimenter.
Die französische Infanterie setzt sich für das nächste Jahr, wie folgt, zusammen: 163 Linien⸗Infanterie⸗Regimenter zu 3 Bataillonen mit 4 Compagnien; 30 Jägerbataillone zu 4 und 6 Compagnien, unter letzteren die Alpenbataillone; 4 S2 menter zu 4 Bataillonen mit 4 Compagnien; 5 Bataillone leichter afrikanischer Infanterie zu 6 Compagnien in Algier; 2 Fremden⸗Regi⸗ menter zu 4 Bataillonen mit 4 Compagnien nebst 1 Depot⸗Compagnie (Fremdenlegion). In dieser tritt danach eine Vermehrung um 2 Bataillone und 2 Depot⸗Compagnien ein, da es an Zuzug zu derselben nicht fehlt. Die Stärke aller dieser Truppentheile ist festgesetzt auf 12 231 Offiziere, Militär⸗Aerzte und chefs de musique, 21 472 Unteroffiziere mit 13 967 Capitulanten und Commissionirten, sowie 304 485 Cor⸗ porale und Gemeine, im ganzen 338 188 Köpfe. Es befinden sich darunter 3555 berittene Hauptleute und 10 berittene Lieutenants; es Föst außerdem noch 378 unberittene Hauptleute bei der Infanterie. Von dieser Stärke sind 615 Offiziere, theils zum Kriegs⸗Ministerium, zum Generalstab, zum besonderen Geniestab, zu den Militär⸗Bildungs⸗ anstalten, zu den inländischen Angelegenheiten, zum Nachrichtendienst und zur Schule für die Feldbefestigung abeommandirt. Für die In⸗ fanterie beträgt der Geldbedarf einschließlich der Uebungen des Beurlaubtenstandes 129 159 670 Fr., was eine Se von fast einer Million gegen das Vorjahr ergiebt. Um aber die thatsächliche Steigerung zu erhalten, muß man noch eine Million hinzufügen, welche für die Zahl der Fehlenden in Ansatz gebracht ist, d. h. für solche Mannschaften, welche wegen der Unzulänglichkeit der Jahres⸗ klasse überhaupt nicht zur Einstellung gelangen können und sich auf 4000 Mann beziffern. 8
Die Cavallerie umfaßt gegenwärtig 13 Cürassier⸗, 30 Dra⸗ goner⸗, 21 Chasseurs⸗, 13 Hu aren⸗, 6 afrikanische Jäger⸗ und 4 Spahis⸗ Regimenter, zusammen 87 Regimenter. Im Jahre 1893 tritt ein neues Cürassier⸗Regiment hinzu, und es bleibt dann nach dem Gesetz über die Formirung der Cavallerie noch ein Regiment zu errichten, für welches die Gattung noch nicht bestimmt ist. Der Heereshaus⸗ halt enthält aber schon die Stellen für alle 89 Regimenter, und zwar für 76 Obersten, 76 Oberst⸗Lieutenants (die zum theil Regimenter commandiren) 234 Majors, 996 Rittmeister, 1028 Lieutenants, 984 Sous⸗Lieutenants, im ganzen 3394 Offiziere, zu denen noch das ärzt⸗ liche und roßärztliche Personal hinzutritt. Die Mannschaftsstärke beträgt für das nächste Jahr 73 996 Mann, was eine Vermehrung von 1833 Mann gegen das Vorjahr darstellt. Der geforderte Credit für die Cavallerie einschließlich der Reserveübungen beläuft sich auf 36 749 950 Fr., was einem Mehr von 1 263 727 Fr. entspricht.
Bei der Artillerie sind für das nächste Jahr wesentliche Aen⸗ derungen nicht in Aussicht genommen. Die Stärke dieser Waffe ist auf 3719 Offiziere u. s. w., 37 736 Unteroffiziere und Gemeine festgesetzt; in der Zahl der Offiziere sind 230 Lieutenantsstellen einbegriffen, die aus Mangel an Ersatz vorläufig nicht besetzt werden können. Die gesammte Artillerie beansprucht an persönlichen Ausgaben mit Ein⸗ schluß der Uebungen des Beurlaubtenstandes 35 277 360 Fr. oder 1 155 634 Fr. mehr als im Vorjahre. Bei der Genietruppe treten ebenfalls keine erheblichen Veränderungen ein. Die Friedens⸗ stärke derselben ist auf 434 Offiziere und 11 819 Mann festgesetzt, wobei. die Mannschaftsstärke wegen der Vermehrung der Militär⸗ telegraphisten um 160 Mann Seer ist. Die Ausgaben sind mit 4 919 720 Fr. in Ansatz gebracht, was gegen das Vorjahr ein Mehr von 303 926 Fr. ausmacht. Für die Unterhaltung, Aus⸗ besserung und Verstärkungen der zahlreichen Befestigungen sind nur 2 767 000 Fr. ausgeworfen, sodaß die Hinausschiebung der Pariser Stadtumwallung im nächsten Jahre voraussichtlich noch nicht zur Ausführung gelangt. 1““ auerordentlichen Ausgaben sind mit 60 138 000 Fr. in Ansatz gebracht, eine Ermäßigung um fast 6 Millionen gegen das Vorjahr, welches gegen früher schon eine Herabsetzung um 23 Millionen aufwies. Auf diese Weise werden zur Ausgleichung des Heereshaus⸗ halts von Jahr zu Jahr die Rsührung von Arbeiten und die Ver⸗ vollständigung der Bestände und Vorräthe hinausgeschoben. Nach dem Gesetz von 1888 waren 770 Millionen auf fünf Jahre, also bis zu Ende 1893, zu außerordentlichen Ausgaben bewilligt worden, und es würden daher für den Rest dieser Zeit noch etwa 300 Millionen zu verwenden sein. Für Pfer deersatz, Lebensmittel und Fourage sind rund 138 Millionen bestimmt, was eine Gesammtverminderung für diese drei Titel um anderthalb Millionen ergiebt. Die Pferdestärke beträgt im nächsten Jahre 1535 mehr als bisher. Der Ersatz ist be⸗ rechnet auf ein Siebentel der Offizierspserde, Bahn⸗ und Rennpferde und ein Achtel der Mannschaftspferde. Danach müssen 2054 Offizierpferde angekauft werden, und zwar 1832 für das Mutterland, 176 für Algier und 46 für Tunis; ferner 113 Bahn⸗ und Rennpferde und 12 813 Pferde einschließlich Maulthieren verschiedener Art; für den Ankauf sind 8 8 Fr. agsgexorfen, faü 889 ee veschaft “ ollen, sodaß der Preis für ein Pferd sich durchschnittlich au 1300 Fr. stellt.
Die Zeitung „Le radical“ von gestern bringt eine Depesche aus Kotonu, wonach der Oberst Dodds Montag früh seinen Einzug in Abomey, die Hauptstadt von Dahomey gehalten habe. Das Schicksal des Königs sei unbekannt.
“
8
Rußland und Polen.
In einer gestern in St. Petersburg abgehaltenen gemein⸗ samen Sitzung des Minister⸗Comités und des Reichsraths⸗ Departements für Reichsökonomie wurde, dem „W. T. B.“ zufolge, einstimmig beschlossen, die Moskau⸗Kursk⸗Eisen⸗
ahn zu Neujahr 1893 zu verstaatlichen.
Italien. 16
Die auf nächsten Sonntag, den 6. November, aus⸗ geschriebenen Kammerwahlen wie man der „Köln. Ztg.“ aus Rom schreibt, zum ersten Mal nach dem von der früheren Kammer im April 1891 beschlossenen neuen Wahl⸗ gesetz statt. Ursprünglich herrschte in Italien das Wahl⸗ verfahren nach Einzelcollegien, wie es schon das erste sardinische Wahlgesetz vom Jahre 1848, das unter Mit⸗ wirkung Cavour's zu stande gekommen war, vorschrieb. Unter
Depretis wurde dagegen 1882 die Listenwahl mit dem System
der Minderheitsvertretung eingeführt. Nach diesem Gesetz wurde aber nur zweimal, 1886 und 1890 gewählt; die 508 Abgeordneten vertheilten sich darnach auf 135 Wahl⸗ collegien derart, daß jedes Collegium zwei bis fünf Vertreter wählte. Man war durch die Wirkungen des Listensystems jedoch allenthalben enttäuscht, und schon Crispi mußte wenige Wochen nach der Wahl von 1890 versprechen, mit einem neuen Wahlgesetz wieder zu dem alten Verfahren zurück⸗ hrehxen. Das Ministerium Crispi gelangte nicht mehr zur usführung dieser Zusage, aber unter seinem Nachfolger, dem Marchese di Rudini, kam auf Grund einer Vorlage aus dem Schoße der Kammer das ble. gültige Wahlgesetz zu stande, welches die Einzelwahl in 508 Collegien wieder herstellte, und welches im vergangenen Sommer durch einige Bestimmungen über das Wahlverfahren ergänzt wurde, die eine äußere Bürg⸗ schaft gegen die Beeinflussung und Verfälschung der Wahl bieten sollen. “
Der Bundesrath hat, wie man der ,Frkf. Ztg.“ aus Bern berichtet, den Bundes⸗Präsidenten ermächtigt, das ihm von Frankreich und Venezuela in Sachen Fabriani angebotene Schiedsrichteramt zu übernehmen.
Ueber die Angelegenheit, betreffend den Gesandten von
Salvador (s. d. gestr. Nr. d. Bl.), veröffentlicht der Berner
„Bund“ folgende weitere Mittheilung: „Der Bundesrath hatte die Regierung von Salvador über das Vorleben ihres Gesandten in Bern benachrichtigt. Daraufhin wurde dieser abberufen. Doch traf die Abberufung erst in Bern ein, nachdem der Bundesrath schon seine “ getroffen hatte. Sie konnte dem Adressaten auch nicht übergeben werden, da er verreist war. Derselbe ist 1883 in Paris wegen Betrugs und wegen Gründung einer Bank, für welche die staatliche Genehmigung nicht eingeholt worden war, ver⸗ urtheilt worden. Der Bundesrath war in den Besitz einer Photographie des Verurtheilten gelangt. Seine Beglaubigungs⸗ briefe waren in der Ordnung, sodaß die Regierung von Sal⸗ vador die getäuschte war.“ 9
Türkei.
Ueber den Empfang des neu ernannten deutschen Bot⸗ schafters Fürsten Radolin durch den Sultan wird dem „W. T. B.“ aus Konstantinopel berichtet: Der Botschafter ist am Dienstag Vormittag in Konstantinopel eingetroffen. Im Namen des Sultans wurde er am Eingang der Darda⸗ nellen durch den Einführer der Botschafter und bei seiner Ankunft in der Hauptstadt durch den Oberst⸗Ceremonienmeister Munir⸗Pascha begrüßt. Die Mitglieder der deutschen Bot⸗ schaft und des deutschen Konsulats sowie die in türkischen Diensten stehenden deutschen Würdenträger erwarteten den Botschafter an Bord des Stationsschiffes „Loreley“, mit welchem er sich alsdann nach Therapia begab.
Griechenland.
griechische Deputirtenkammer ist auf den
M. nach Athen einberufen worden.
1“
Amerika.
Die sterblichen Ueberreste der Gemahlin des Präsidenten Harrison sind am Donnerstag v. W. von Washington nach Indianopolis, dem Heimathsort des Präsidenten, über⸗ geführt worden, nachdem am Morgen im Weißen Hause eine gottesdienstliche Trauerfeier privaten Charakters statt⸗ gefunden hatte. In Indianopolis wurde sodann in der presbyterianischen Kirche ein Gottesdienst abgehalten, und nach diesem erfolgte die Bestattung auf dem Crown Hill⸗
riedhof daselbst, wobei mehrere Minister als Bahrtuchhalter ungirten. — Am 31. Oktober hat Präsident Harrison ie Leitung der Staatsgeschäfte wieder übernommen und eine Proclamation erlassen, welche die Wohlthaten des amerika⸗ nischen Verlagsgesetzes auch auf Italien ausdehnt.
Aus Raleigh in Nord⸗Carolina wird dem „R. B.“ von ernstlichen JFu ammenstößen zwischen Anhängern der beiden politischen Parteien berichtet, wobei ein Mord⸗ versuch auf den Staats⸗Rechnungsführer verübt, fünf Personen getödtet und mehrere verwundet worden sein sollen.
Kunst und Wissenschaft.
ꝙf Bei der festlichen Einweihung der wiederhergestellten Schloßkirche in Wittenberg wurden Faecsimile⸗Reproductionen des ersten Thesendrucks Luther' s (nicht, wie gestern u“] gemeldet, der ersten Lutherbibel) an die Fest⸗ theilnehmer vertheilt. Bis vor kurzem war nur ein Exemplar dieses frühesten Thesendrucks im Britischen useum bekannt. Vor etwa zwei Jahren fiel dem Director des Berliner Kupferstichcabinets, Geheimen Regierungs⸗Rath Lippmann bei einem Londoner Antiquar ein Sammel⸗ band mit Reformationsschriften des sechzehnten Jahrhunderts in die Hände, dem das seltene Thesenblatt in einem vortrefflich erhaltenen Exemplar beigebunden war. vee Rath Lipp⸗ mann stellte das Blatt dem Cultus⸗Minister Grafen von Zedlitz⸗ Trütschler zur Verfügung, welcher es der Königlichen Bibliothek in Berlin überwies. Nach diesem Exemplar wurde die obenerwähnte Nachbildung in der Reichsdruckerei hergestellt.
— Im Goethehause zu Frankfurt a. M. ist jetzt, wie die „Frkf. Ztg.“ mittheilt, die vollständige Reihe der von dem jungen Goethe während seiner Leipziger Studentenzeit angefertigten Silhouetten seiner Ffane und Bekannten, besonders aus der Schönkopischen Tischgesellschaft, ausgestellt. Die sechzehn lebensgroßen Schattenrisse, unter denen Käthchen Schönkopf, ihr Vater und Pro⸗ fessor Oeser erwähnt sein mögen, sind Eigenthum der Goethe⸗Gesell⸗ schaft und dem Goethe⸗National⸗Museum als Depositum einverleibt. Dem Entgegenkommen des Vorstandes der Goethe⸗Gesellschaft ver⸗ dankt das Hochstift die Möglichkeit, sie einige Zeit lang seinen Mit⸗ 8 und den Besuchern des Goethehauses zur Anschauung bringen zu können.
— Der Münch. „Allg. Ztg.“ wird berichtet, es sei einem be⸗ kannten Forscher geglückt, auf dem Donnersberge eine „Glas⸗ burg“, d. h. einen Schlackenwall der Vorzeit, aufzufinden. Er machte jedoch dort noch eine zweite Entdeckung. Er erwarb in Dan⸗ nenfels mehrere von dem großen Ringwall herrührende Steinwerk⸗ zeuge, welche aus orphyr bestehen. Diese weisen im Gegensatze zu sämmtlichen Steinwerkzeugen vom Mittelrhein keine Spur von Schleifung auf, sondern eine kunstvoll berechnete Behauung. Diese Werkzeuge gehören demnach der sogenannten paläolithischen Zeit an. Es ist dies, wie das genannte Blatt hinzufügt, die erste derartige Entdeckung im ganzen Mittelrheingebiete.
— Ueber wichtige 8 unde in den neuen Theilen der Bau⸗ mannshöhle bei Rübe land berichtete Professor Dr. W. Blasius in der letzten Sitzung des Vereins für Naturwissenschaft in Braun⸗ schweig. Nach dem im „Braunschw. Tabl.“ veröffentlichten Sitzungsbericht weisen diese Funde außer zahlreichen Knochen des Höhlenbären und Höhlenwolfs charakteristische Reste vom Höhlen⸗ löwen (Felis spelaea), vom Höhlenleoparden (Felis antiqua) und von einer kleineren Katzenart (vermuthlich Felis catus foss.) auf; insbesondere aber, heißt es dann weiter, fanden sich im Knochenfelde mehrere unzweifelhafte, 88 gearbeitete „Feuerstein⸗Geräthe diluvialer Menschen“. Sämmtliche bis jetzt in der Baumannshöhle gefundenen
euersteinstücke zeichnen sich 6 ihre milchweiße Farbe aus, im Gegensatz zu dem im März dieses Jahres in der Hermannshöhle Feuersteinmesser von meist durchscheinend bräunlich⸗grauer ärbung. 1 „— In der Nähe von Neckarburken in Baden werden dn get im Auftrage des Conservators der badischen Antiquitäten die Reste eines alten römischen Castells ausgegraben. Wie der „Schwäb. Merk.“ berichtet, sind unter Leitung des Assistenten Dr. Schumacher bereits die Fundamente der Umfassungsmauern und der an denselben befindlichen Thürme größtentheils ltoßseent Gegen Osten (in der Richtung nach dem Dorfe Dallau) war die Frontseite beziehungsweise Mauer von gegen 90 m Länge; in deren Mitte befand slch die porta praetoria, mit 2 viereckigen Thürmen versehen, deren Funda⸗
mente bereits bloßgelegt sind; gegenüber der Ostmauer, gegen
Neckarburken zu, lag die Westmauer mit der porta decumana, dem Hauptthor, welches ebenfalls mit zwei viereckigen ürmchen, deren Fundamente gegenwärtig aufgedeckt werden, versehen, un mit der 10. Cohorte der 22. Legion besetzt war. In der Mitte der Nordseite des Castells war die porta sinistra, ebenfalls mit zwei Thürmchen versehen, deren Fundamente bereits bloß⸗ gelegt sind; die Nordseite des Castells ist an den Ecken ab⸗ gerundet und mit so gewaltigen Widerlagern versehen, daß sie Be⸗ wunderung erregen. In der Mitte der Südseite (resp. Mauer) des Castells, welche an den Ecken nicht abgerundet ist, circa 75 m breit, war die porta dextra; die porta dextra war mit der porta sinistra verbunden durch die via principalis, mit zwei viereckigen Thürmchen versehen, deren Fundamente auch schon aus⸗ gegraben sind. Bei Bloßlegung der zwei Thürme am letzteren Thor (porta dextra) fand man bis jetzt fünf römische Münzen von Bronze mit den noch wohlerhaltenen Bildnissen der Kaiser Antoninus Pius (138 — 161 n. Chr.) und Commodus (180 — 19 m. Chr.) auf der einen Seite der Münzen; auf der anderen Seite ist die den Speer in der Rechten haltende Roma abgebildet. Die Umfassungsmauern des Castells haben an manchen Stellen einen Durchmesser von 1 ½ m. Noch nicht ausgegraben ist das praetorium in der Mitte des Castells. Bei Bloßlegung der Umfassungsmauern des Castells fand man ferner verschiedene römische Geräthschaften,- unter anderen einen runden eisernen Hohlmeißel, ein Horn zum Reiben, einzelne Bruch⸗ stücke von römischen Gefäßen, von terra sigillata, auf welchen ver⸗ schiedene Figuren abgebildet sind, wie ein Dämon, Hasen, Elephanten ꝛc. Sobald die Ausgrabungen an dem sogenannten Castellum Romanum beendigt sind, sollen auch noch Nachgrabungen in der unmittelbarsten Nähe von Neckarburken vorgenommen werden (hinter dem dortigen Schulhause), wo, wie es heißt, die sogenannte Beiburg stand, d. h. wo die Wohnungen des römischen Fn herrn und der Offiziere waren, eine Art Offizterscasino. Man verspricht sich bei dieser Ausgrabung noch interessante Funde.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Cholera.
„Wien, 1. November. Die Veröffentlichung täglicher Berichte über die Cholera⸗Erkrankungen ist eingestellt worden. Pest, 1. November. Von gestern Abend 6 Uhr bis heute Abend 6 Uhr sind hier 22 Personen an Cholera erkrankt und sechs gestorben. Amsterdam, 1. November. In Utrecht ist eine Person an Cholera gestorben; aus verschiedenen anderen Orten werden vier Todes⸗ fälle und eine Erkrankung gemeldet.
Schweden.
Königliche Bekanntmachung,
betreffend die Einfuhr von Kunst⸗ oder sog. Shoddy⸗Wolle,
88 vom 23. September 1892. G
1) Kunstwolle darf nur seewärts über eine Hafenstadt und nur dann eingeführt werden, wenn der Empfänger den Nachweis führt, daß er über ein passendes Magazin zum Lagern der Wagre verfügt.
2) Jedes Kolli der Waare ist vor dem Löschen auswendig mit Desinfectionsstoffen zu behandeln. Sofort nach dem Löschen ist die Waare unter Zollbewachung in das Magazin zu bringen und dort unter doppeltem Verschluß zu lagern. Der Schlüssel zu dem einen Schloß wird von dem nach 4 von der Gesundheitsbehörde zu er⸗ nennenden Aufsehen aufbewahrt. b .
.3.) Bevor der Eigenthümer über die Waare verfügen darf, muß dieselbe nebst der Umhüllung in besonders vorgeschriebener Weise desinficirt werden.
.4) Zur Beaufsichtigung der Desinfectionen nach 2 und 3 ernennt die Gesundheitsbehörde eine passende Person.
5) Die Gesundheitsbehörde erläßt ferner Vorschriften, um An⸗ steckungen unter denjenigen Personen zu verhüten, welche vor der Desinfection mit der Waare zu thun haben.
6) Alle Kosten hat der Eigenthümer der Waare zu tragen.
7) Wenn Besitzer von Fabriken, welche nicht in Seestädten be⸗ legen sind, Kunstwolle verarbeiten und die Genehmigung zur Lagerung und Desinfection solcher Waare in der Nähe der Fabrik beantragen, so werden solche Anträge besonders geprüft und beschieden werden. Mitt Bezug auf diese Vorschriften wird ferner verordnet, 8 Schiffe, welche aus choleraverdächt igen Plätzen kommen (vergl. R.⸗A. Nr. 203 und 209 vom 29. 8. bezw. 5. 9. 92), allein aus dem Grunde, weil sie Kunstwolle an Bord haben, nicht nach einem Quarantäneort verwiesen werden sollen, und daß, wenn Schiffe mit solcher Waare an Quarantäneorten ankommen, nur dann eine Reinigung und Des⸗ infection derselben stattzufinden hat, wenn es von dem Arzt an⸗ geordnet wird.
In Ergänzung der vorstehenden Bekanntmachung sind schwedischer⸗ seits unter dem 14. Oktober 1892 die 11“ ge⸗ troffen worden:
1) Sofern die Eigenthümer der zur Einfuhr kommenden Kunst⸗ wolle es wünschen, wird gestattet, daß die Waare — ohne Desinfec⸗ tion am Löschungsorte — Pesort mit der Eisenbahn nach einer anderen Stadt transportirt und erst dort gelagert und desinficirt wird.
Verfügt der Eigenthümer nicht über das unter Nr. 1 der Be⸗ kanntmachung vom 23. September erwähnte Magazin, so darf die Waare dennoch unter Beobachtung der nachstehenden Vorsichts⸗ maßregeln gelöscht werden:
Der mit der äußeren Desinfection der Waare betraute Aufseher nimmt dieselbe beim Entlöschen in Empfang und sorgt dafür, daß die Waare nach geschehener Desinfection unverzüglich der zuständigen Eisenbahnverwaltung übergeben wird.
„In den Eisenbahnwagen, in welchen der Transport stattfindet, dürfen nicht gleichzeitig andere Güter geführt werden.
„Die Waare darf nur in Gegenwart des unter Nr. 4 a. a. O. erwähnten Aufsehers von der Bahn ausgeliefert werden und
die Waare ist unmittelbar nach der Ankunft am Bestimmungs⸗ ort unter Aufsicht des Aufsehers nach einem von der städtischen Ge⸗ sundheitsbehörde gutgeheizenen Magazin zu schaffen und daselbst unter zwei verschiedenen Verschlüssen zu lagern. Den Schlüssel zu dem einen Schlosse behält der Aufseher, welcher darüber zu wachen hat, daß, bevor der Eigenthümer über die Waare verfügen darf, dieselbe nebst der um hgc. in welcher sie eingegangen ist, der unter Nr. 3 a. a. O. vorgeschriebenen Desinfection unterzogen wird.
2) Kunstwolle, welche in Schweden eingeführt wird, kann vor der Vornahme der unter Nr. 2 a. a. O. erwähnten Desinfection gelöscht werden, sofern der Aufseher, welcher die Ausführung dieser Desinfection zu überwachen hat, beim Entlöschen zugegen ist und sich dafür ver⸗ bürgt, daß die Desinfection anstatt dessen unmittelbar nach der Ent⸗ löschung vorgenommen wird.
Die Dauer der Beobachtung, welcher die aus choleraverdächtigen Häfen einlaufenden Sbige in den sogenannten „Beobachtungsorten“ behufs ärztlicher Untersuchung unterworfen sind, ist zufolge Königlich schwedischen Erlasses vom 28. September 1892 von 48 auf 12. sbofkhrct
rgiebt sich bei der Untersuchung kein Grund zu der Annahme, daß durch Personen oder Waaren die Cholera eingeführt werden kann, so darf das Schiff mit Passagieren, Besatzung und Ladung nach Ab⸗ lauf der Beobachtungszeit seine Reise fortsetzen, nachdem der Arzt hierzu seine schriftliche Genehmigung nach einem von der Medizinal⸗ waltung festgestellten Formular ertheilt hat.
Ergiebt sich, daß das Schiff während der Reise Cholera⸗Kranke, Todte oder⸗Verdächtige an Bord gehabt hat, oder zeigt sich die Krankheit an Bord während des Aufenthalts am Beobachtungsorte, oder befinden sich an Bord Kleider oder Betten oder andere ünkiche Waaren oder Effecten, durch welche möglicherweise Ansteckungsstoff
eingeführt werden kann, so ist das Schiff unverzüglich nach dem Quarantäneplatz zu verwei en, um daselbst in Quarantäne zu gehen.