Ministerium der öffentlichen Arbeiten.
Der bisher der Kaiserlichen Botschaft in Rom zugetheilte Wasser⸗Bauinspector, Baurath Keller ist nach Berlin versetzt und dem Ausschuß zur Untersuchung der Wasserverhältnisse in den der Ueberschwemmung beson ausgesetzten Fluß⸗ gebieten behuss Verwendung in dem diesem Ausschuß beizu⸗ ebenden Bureau überwiesen
Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten. Dem Gymnasial⸗Director Dr. Kleist ist die Direction des Gymnasiums zu Dramburg übertragen worden. 8 8
Haus der Abgeordneten. Bei dem Hause der Abgeordneten ist dem Feld⸗ webel Hartmann die Stelle des Hausinspectors übertragen worden. 8
“ Angekommen:
Seine Excellenz der commandirende Admiral, Admiral Freiherr von der Goltz, aus Kiel.
Personalveränderungen. Kaiserliche Marine.
Offiziere c. Ernennungen, Beförderungen, Ver⸗ setzungen ac. Kiel, 7. November. v. Kries, Corv. Capitän, unter Entbindung von der Stellung als Commandant S. M. Panzerfahr⸗ zeug „Beowulf“, zur Botschaft in London commandirt.
Schutztruppe für Deutsch⸗Ostafrika.
1 el, 7. November. Knoblauch, Assist. Arzt 2. Kl. a. D. bisher in der etatsmäß. Stelle bei dem Corps⸗Gen. Arzt des VI. Armee⸗Corps, mit dem 16. November d. J. der Schutztruppe für Deutsch⸗Ostafrika zugetheilt.
Kiel,
Richtamtliches
Deuntsches RNeich.
Preußen. Berlin, 12. November.
Seine Majestät der Kaiser und König fuhren am Donnerstag Nachmittag 4 Uhr 40 Minuten mit Sonderzug von der Station Wildpark nach Königs⸗Wuster⸗ hausen, wo die Ankunft im Schloß um 6 ¼ Uhr erfolgte. Am Abend trafen daselbst noch Seine Majestät der König von Sachsen und Seine Königliche Hoheit der Prinz Georg von Sachsen ein, um an der gestern in den Ober⸗ förstereien Hammer und Königs⸗Wusterhausen veranstalteten Jagd theil zu nehmen. Gestern Abend gegen 10 Uhr trafen Seine Majestät der Kaiser und König mit Sonderzug wieder auf der Wildparkstation ein.
Heute Vormittag nahmen Seine Majestät die Vorträge des Reichskanzlers, des Chefs des Generalstabs der Armee und des Chefs des Militärcabinets sowie militärische Mel⸗ dungen entgegen.
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Der Bundesrath ertheilte in der am 10. d. M. unter dem Vorfitz des Vice⸗Präsidenten des Staats⸗Ministeriums, Staatssecretärs des Innern Dr. von Boetticher abgehalte⸗ nen Plenarsitzung dem Entwurf eines Gesetzes über die Controle des Reichshaushalts und des Landeshaushalts von Elsaß⸗Lothringen für das Etatsjahr 1891/92, dem Entwurf einer Verordnung wegen Ergänzung der Ver⸗ ordnungen vom 16. August 1878 und vom 22. Mai 1891 über die Cautionen der bei der Militär⸗ und Marine⸗ verwaltung angestellten Beamten und dem Gesetzentwurf wegen Ergänzung des Gesetzes vom 2. Juni 1869 über die Cautionen der Bundesbeamten die Zustimmung. Die Uebersicht der Reichs⸗Ausgaben und ⸗Einnahmen für 1891/92, der Entwurf eines Gesetzes wegen Abänderung des Gesetzes vom 23. Mai 1873 über die Gründung und Verwaltung des Reichs⸗ Invalidenfonds und der Antrag des Reichskanzlers wegen Abänderung der Anlage F der Verkehrsordnung für die Eisenbahnen Deutschlands wurden den zuständigen Ausschüssen zur Vorberathung überwiesen. Endlich wurde über mehrere Eingaben in Zoll⸗ und Steuerangelegenheiten, über den Seiner Majestät dem Kaiser wegen Wiederbesetzung der Stelle eines ständigen Mitglieds des Reichs⸗Versicherungs⸗ amts zu unterbreitenden Vorschlag und über ein Gesuch wegen ausnahmsweiser Zulassung zur ärztlichen Prüfung Beschluß gefaßt.
Heute tagten die vereinigten Ausschüsse für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Rechnungswesen.
Nach der im Reichs⸗Eisenbahnamt aufgestellten Nach⸗ weisung der auf deutschen Eisenbahnen — aus⸗ schließlich Bayerns — im Monat September d. J. beim Eisenbahnbetriebe (mit Ausschluß der Werkstätten) vor⸗ gekommenen Unfälle waren im ganzen zu verzeichnen: 7 Entgleisungen und 4 Zusammenstöße auf freier Bahn, 14 Entgleisungen und 8 Zusammenstöße in Stationen und 168 sonstige Unfälle (Ueberfahren von Fuhrwerken und andere reignisse beim Eisenbahnbetriebe, sofern bei letzteren Personen getödtet oder verletzt worden sind). Bei diesen Unfällen sind im ganzen, und zwar größtentheils durch eigenes Verschulden, 199 Personen verunglückt, sowie 22 Eisenbahnfahrzeuge erheblich und 67 unerheblich beschädigt. Von den beförderten Reisenden wurden 5 getödtet und 25 ver⸗ legt, und zwar entfallen: zwei Tödtungen auf den Verwal⸗ tungsbezirk der Königlichen Eisenbahn⸗Direction (linksrheinische) zu Köln, je eine Tödtung auf die Reichs⸗Eisenbahnen in Elsaß⸗ Lothringen, die Königlich württembergischen Staatseisenbahnen und den Verwaltungsbezirk der Königlichen Eisenbahn⸗Direction (rechtsrheinische) zu Köln, sechzehn Verletzungen auf den Ver⸗ waltungsbezirk der Königlichen Eisenbahn⸗Direction (links⸗ rhein che zu Köln, vier Verletzungen auf die Hessische Lud⸗ wigs⸗Eisenbahn, eine Verletzung auf die Königlich württem⸗
bergischen Staatseisenbahnen, zwei Verletzungen auf die Königlich sächsischen Staatseisenbahnen und je eine Verletzung auf die Verwaltungsbezirke der Königlichen Eisenbahn⸗Directionen zu Elberfeld und zu Bromberg. Von Bahnbeamten und Arbeitern im Dienst wurden beim eigentlichen Eisenbahnbetriebe 25 getödtet und 112 verletzt, von Postbeamten einer getödtet, von fremden Personen seinschließlich der nicht im Dienst befind⸗ lichen Bahnbeamten und Arbeiter) 18 getödtet und 13 verletzt. Außerdem wurden bei eser set tiren 35 Beamte verletzt. Von den sämmtlichen Unfällen beim Eisenbahnbetriebe entfallen auf: A. Staatsbahnen und unter Staatsverwal⸗ tun stehende Bahnen (bei zusammen 34 146,38 km Betriebslänge und 966 735 704 geförderten Achskilometern) 188 Fälle, davon sind verhältnißmäßig, d. h. unter Berück⸗ sichtigung der geförderten Achskilometer und der im Betriebe gewesenen Längen, in den Verwaltungsbezirken der König⸗ ichen Eisenbahn⸗Directionen zu Erfurt, zu Köln (rechts⸗ rheinisch) und Hannover die meisten Unfälle vorgekommen. B. Privatbahnen l(bei zusammen 2526,21 km Betriebslänge und 31 384 687 geförderten Achskilometern) 13 Fälle, die bei der Lübeck⸗Büchener und der Hessischen Ludwigs⸗Eisenbahn vorgekommen sind. 8 “
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Dem Kaiserlichen Gesundheitsamt vom 11. bis 12. November Mittags gemeldete Cholera⸗Erkrankungen:
In Hamburg 1 Neuerkrankung.
Der Kaiserliche Gesandte am Königlich portugiesischen Hofe Graf von Bray⸗Steinburg hat einen ihm Aller⸗ höchst bewilligten Urlaub angetreten. Während seiner Abwesen⸗ heit von Lissabon fungirt der Legations⸗Secretär von Below⸗
tzau als Geschäftsträger.
München, 11. November. Ihre Majestät die Kaiserin Friedrich, Ihre Hönigliche Hoheit die Prinzessin Margarethe von Preußen und Seine Hoheit der Prinz Friedrich Karl von Hessen sind heute Nachmittag kurz nach 5 Uhr hier eingetroffen. Die Mitglieder der preußischen und der englischen Gesandtschaft waren auf dem Bahnhofe zum Empfang anwesend.
Hessen.
Darmstadt, 11. November. Der großbritannische Minister⸗Resident am hiesigen Hofe Herr Nassau Jocelyn ist, wie die „Darmst. Ztg.“ meldet, in der Nacht zum 10. d. M. am Herzschlag gestorben.
Im Auftrage Seiner Königlichen Hoheit des Groß⸗ herzogs hat das Ministerium der Finanzen den Ständen, und zwar zunächst der Zweiten Kammer, einen Gesetzentwurf über die Abänderung des Einkommensteuergesetzes vom 8. Juli 1884 zugehen lassen. Nach dem neuen Entwurf erfolgt die Heranziehung zur Einkommen⸗ steuer auf Grund einer Erklärung, die jeder in dieser Ab⸗ theilung Steuerpflichtige über den Jahresbetrag seines Ein⸗ kommens sowie der etwa zum Abzug geeigneten Lasten bei der hierzu berufenen Veranlagungscommission schriftlich abzu⸗ geben hat. Die Einkommensteuer beginnt bei einem jährlichen Einkommen von 2600 ℳ Die Erklärungen sind alljährlich spätestens am 1. Juli an die Bürgermeisterei oder das Steuercommissariat einzureichen. Wissentlich unrichtige oder unvollständige Angaben unterliegen einer Be⸗ strafung in der Höhe des achtfachen Steuerbetrags, nachlässige Angaben sind ebenfalls strafbar. Die Veranlagungs⸗ commission wird alle drei Jahre neu gebildet. Das Gesetz soll erstmals bei der Steuerregulirung für 1894/95 Anwendung finden. Die Verjährungsfrist ist auf drei Jahre festgesetzt.
Sachsen⸗Meiningen.
Meiningen, 10. November. Die in verschiedenen Zei⸗ tungen enthaltene Nachricht, daß der Landtag des Herzog⸗ thums am 14. d. M. zusammentrete, ist nicht zutreffend.
Reuß j. L.
Gera, 10. November. Seine Durchlaucht der Fürst ist von seiner Reise nach der Schweiz wieder auf Schloß Oster⸗ stein eingewoffen.
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Oesterreich⸗Ungarn.
Der Kaifer hat, wie bereits in der gestrigen Nummer d. Bl. unter den nach Schluß der Redaction eingetroffenen Depeschen kurz mitgetheilt werden konnte, den Finanz⸗Minister Dr. Wekerle mit der Bildung des neuen ungarischen Ministeriums beauftragt, und dieser hat die Mission an⸗ genommen. Dr. Wekerle, der gestern Nachmittag mit dem Reichs⸗Minister des Auswärtigen Grafen Kälnoky conferirte, ist am Abend nach Budapest zurückge⸗ kehrt, um sich dort mit den maßgebenden politischen Factoren, insbesondere mit den Mitgliedern der eigenen Partei ins Einvernehmen zu setzen und sodann dem Kaiser seine Vor⸗ schläge über die Besetzung der einzelnen Portefeuilles zu unter⸗ breiten. Als sicher wird angenommen, daß Dr. Wekerle das Finanzportefeuille behalten werde. Der „Budapester Correspondenz“ zufolge würde die erste parlamentarische Erklärung des neuen Minister⸗Präsidenten jeden Zweifel darüber ausschließen, daß er das Mandat zur Bildung des Cabinets auf Grundlage der Durchführung des kirchenpolitischen Programms übernommen habe, das von der Minorität des zurückgetretenen Cabinets ver⸗ treten wurde. Dr. Wekerle ist, wie der „N. Z.“ mit⸗ getheilt wird, der Sohn eines aus Württemberg nach Ungarn eingewanderten Deutschen. Er ist 43 Jahre alt und hat es im Laufe von 20 Jahren vom Ministerial⸗Concipisten bis zum Minister⸗Präsidenten gebracht. Seit 1889 ist er Finanz⸗ Minister.
Zu der
1 Stellung der Krone der Einführung der Civilehe
gegenüber wird in einem Artikel des „Nemzet“ ausgeführt: Indem die Krone den Stand⸗ punkt eingenommen habe, daß eine sofortige Abgabe einer Erklärung über die Civilehe wegen der Gefahr der Verschärfung des confessionellen Streits inopportun und prak⸗ tisch werthlos sei, habe sie sich keineswegs im Gegensatze
zu dem gesammten Cabinet und dem Willen der Nation
befunden, vielmehr in voller Uebereinstimmung mit einem Theile der Cabinetsmitglieder gehandelt, welche gleichfalls eine Vertagung der Erklärung wünschten. Das zweifellose Recht der Krone, die Zustimmung zur Einbringung einer Gesetzvor
lage zu verweigern, komme garnicht in Betracht, da die Gesetz⸗
entwürfe, betreffend das Eherecht, sich noch nicht in dem Stadium befänden, daß die Krone darüber hätte entscheiden können.
Bei der internationalen Münzconferenz in Brüssel wird Oesterreich⸗Ungarn durch den österreichisch⸗ungarischen Gesandten in Brüssel Grafen Khevenhüller⸗Metsch ver⸗ treten sein. Eine anderweitige Vertretung ist nicht in Aussicht genommen.
In der gestrigen Sitzung des österreichischen Ab⸗ geordnetenhauses brachte der Abg. Dr. von Plener eine Interpellation ein wegen der durch das Prager Ge⸗ schworenengericht erfolgten Freisprechung des Tischlergesellen Bosak, insbesondere wie die Rerlexung die aus jenem Ver⸗ dicte der Jury für die öffentliche Sicherheit und die Rechtsordnung der Stadt Prag erwachsenden großen Gefahren zu beseitigen gedenke. Im weiteren Verlaufe der Sitzung genehmigte das Haus sodann unverändert den Antrag des Ausschusses, in welchem die Regierung aufgefordert wird, den Bau des Donau⸗Oder⸗Kanals mit Ab⸗ zweigungen nach der Elbe und der Weichsel unverzüglich aus Staatsmitteln durchzuführen oder die Initiative zu ergreifen, um den Bau unter Heranziehung der interessirten Länder und der Stadt Wien mit staatlicher Subvention zu ermöglichen. So⸗ dann verlas der Justiz⸗Minister Graf Schönborn in Be⸗ antwortung einer Interpellation des Grafen Piniuski unter wiederholtem lebhaften Beifall des Hauses einen an die Ober⸗Landesgerichts⸗Präsidenten gerichteten Erlaß, worin genau das Verhalten des mit der Leitung der Verhand⸗ lungen betrauten Richters präcisirt wird, der bei voller Be⸗ herrschung des Verhandlungsstoffs den zur Wahrung der Würde des Gerichts erforderlichen Takt besitzen müsse. Der Erlaß handelt sodann von dem Verhältniß des Richters zu den An⸗ geklagten, den Zeugen und den Vertheidigern, mißbilligt sehr entschieden das Uebergreifen der Richter auf politische und nationale Tagesfragen und beklagt schließlich das unnöthige, die Würde des Gerichts schmälernde Hereinziehen des Privat⸗ und Familienlebens in den Gerichtssaal.
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Großbritannien und Irland.
Das „Reuter’'sche Bureau“ erfährt, die Regierung habe sich entschlossen, Uganda nicht aufzugeben. Die Kosten für die Behauptung von Uganda werden auf 30 000 bis 40 000 Pfd. Sterling geschätzt.
Die Morley'sche Commission zur Untersuchung der Lage der vertriebenen Pächter hält täglich Sitzungen in Dublin. Sie scheint jedoch bei den Pächtern so wenig Anklang zu finden wie bei den Grundbesitzern. Wenigstens erschienen, wie die „A. C.“ mittheilt, vorgestern keine Zeugen für die Bekräftigung der Beschwerden der Pächter, und die Commission mußte sich nach einer viertelstündigen Sitzung wieder ver⸗ tagen. — In einer zahlreich besuchten Versammlung in Gal⸗ way hielt der irische Abg. Dillon vorgestern eine An sprache, worin er sagte: Während der letzten 13 Jahre sei das irische Volk auf dem Pfade des Sieges fortgeschritten und die Grundbesitzer, welche die Austreibungen bewirkt hätten, seien
Punkt für Punkt geschlagen. So werde es weitergehen, bis sein
Triumph ein vollkommener sei. Ein Jahr sei nun seit seinem (Dillon's) letzten öffentlichen Auftreten an dieser Stelle ver⸗ flossen, aber innerhalb dieser Zeit sei eine der mächtigsten Regierungen, die jemals das irische Volk geknechtet, zu Boden geschleudert worden, und das irische Volk habe nun Macht uͤber eine Regierung, die ihr Bestes thun werde, um das Werk Balfour’s hinfällig zu machen. Frankreich. 8 Für die Opfer der Dynamit⸗Exxplosion in der Rue des Bons Enfants wurde gestern Vormittag in der Notredame⸗ Kirche ein feierlicher Trauergottesdienst abgehalten, dem eine zahlreiche Menge beiwohnte. Unter den Anwesenden be⸗ merkte man die Minister Loubet und Ricard sowie die Mit⸗ glieder des Municipalraths. Der Präsident Carnot und die nicht erschienenen Minister hatten Ver⸗ treter entsandt. Zahlreiche Kränze wurden an den Säargen niedergelegt. Auf der ganzen Strecke bis zum Kirch⸗ hofe von Mont Parnasse, auf dem die Beerdigung der Ge⸗ tödteten stattfand, hatte sich eine große Volksmenge ange⸗ sammelt. Am Grabe hielten der Minister⸗Präsident Loubet und der Praͤsident des Munizipalraths Sauton Ansprachen. Loubet hob hervor, daß die Urheber des Verbrechens keiner politischen Schule angehörten, sondern gemeine Missethäter seien, deren Verbrechen sich durch nichts rechtfertigen oder entschuldigen ließen. Alle braven Menschen müßten sich bemühen, die Schuldigen zu ermitteln. Die Familien der Opfer würden nicht vergessen werden. Sauton betonte unter lebhaftem Bei fall, daß die Urheber des Attentats unwürdig seien, der civilisirten Gesellschaft anzugehören. Gegen sie müsse man mit rücksichtsloser Strenge einschreiten, das erwarte das Land. Der Kürschner Raabe, dessen Verhaftung vorgestern ge⸗
meldet werden ist, wurde gestern von dem Untersuchungs⸗ richter einem Verhör unterzogen. Raabe, der noch der Falschmünzerei beschuldigt wird, leugnete auf das ent schiedenste, an dem jüngsten Dynamit⸗Attentat in irgend einer Weise betheiligt gewesen zu sein. 1
Der Senat hat in seiner Sitzung vom 10. d. M. bei der weiteren Berathung der Vorlage über die Colonial⸗Armee den Antrag der Regierung, die Entscheidung über Art. 2 (Zutheilung der Truppenbefehlshaber) bis zur Berathung der Colonialorganisation zu vertagen, mit 144 gegen 97 Stimmen verworfen. Der übrige Theil des Gesetzes bis zu Art. 26 wurde angenommen. .
Der Zollausschuß der Deputirtenkammer, der mit der Prüfung des zwischen Frankreich und der Schweiz vereinbarten Handelsübereinkommens betraut ist, hat mit 20 gegen 2 Stimmen jede Ermäßigung der Zölle auf Vieh abgelehnt. Der Budgetausschuß hat gestern den am Donnerstag in der Kammer eingebrachten Abänderungsantrag berathen, wo nach sämmtliche Staatssteuern auf Wein, Bier und Apfelwein aufgehoben werden sollen. Er beschloß mit 14 gegen 7 Stimmen im Einvernehmen mit dem Finanz⸗ Minister Rouvier, die Kammer zu ersuchen, die Berathung des Gesetzentwurfs über die Getränkesteuer zu vertagen und in die Berathung über das Budget einzutreten.
An Stelle des zurückverufenen Generals Reste ist General
Duchemin zum Befehlshaber der Truppen in Französisch
Indo⸗China ernanrt worden.
Rußland und Polen.
Wie die „Nowoje Wremja“ meldet, sei beschlossen worden, in Wiborg den Sitz eines besonderen orthodox⸗russi⸗ schen Erzbischofs von Finland und Wiborg zu schaffen, nachdem das Amt eines solchen Erzbischofs dem ehemaligen Vicarbischof des St. Petersburger Metro⸗ politen Msgr. Antonius übertragen ist. In Wiborg soll auch ein besonderes orthodor⸗russisches geistliches Consistorium für Finland eingesetzt werden. Ferner wird gemeldet, in dem Dorpater Kreise des Livländischen Gouvernements werde eine neue orthodox⸗russische Pfarre eröffnet werden.
Der Reichsrath hat sich in seinen letzten Sitzungen ausschließlich mit neuen Steuerprojecten beschäftigt. Dem oben genannten Blatte zufolge gehört dazu auch eine Steuer für alle Wohnungen mit einem Miethspreise von mehr als 500 Rbl. jährlich.
Spanien
Die Cortes sind, wie „W. T. B.“ meldet, auf den
Der Bundesrath hat zum Director des inter⸗
nationalen Amts für geistiges Eigenthum den bis⸗
ig Generalsecretär dieses Amts She keee enburg gewählt.
Das Budget der Eidgenossenschaft pro 1893 be⸗ ziffert sich auf 72 730 000 Fr. Einnahmen und 83 810 000 Fr. Ausgaben; das Deficit beträgt also 11 080 000 Fr. Für die Anschaffung von Gewehren sind 4 785 000 Fr. Ferg. für die Gotthardbefestigung 1 800 000 Fr., für die Befestigung von St. Maurice 1 Million, für die Weltausstellung in Chicago 200 000, für Munition der Artillerie und Infanterie 3 295 000 Fr.
Ueber die Veranlassung zu dem in Nr. 266 d. Bl. mit⸗ getheilten Zwischenfall in Genf werden dem „Bund“ folgende nähere Angaben gemacht:
Anläßlich des schweizerischen Offiziersfestes in Genf war der Genfer Bahnhof mit schweizerischen Fahnen und Wappen decorirt; an der Frontseite waren alle Cantonswappen angebracht, während auf dem Dache die große eidgenössische Flagge wehte. Gegen⸗ über dem Bahnhof befindet sich ein kleines Gebäude, die Bahnhofsrestauration, der französischen Mittelmeer⸗Eisen⸗ bahn gehörend und von einem Franzosen geführt. Dieser hatte auf das alleinstehende Restaurationsgebäude eine französische Flagge gehißt. Bernoud sah diese Fahne und sagte, man möchte sie durch eine schweizerische ersetzen. Es ist richtig, daß diese Fahne jedem zuerst ins Auge fallen mußte, der aus dem Bahnhof kam oder aus der Stadt nach dem Bahnhof ging. Doch hatte man in Genf von der Sache damals kaum gesprochen. Im Monat August beschwerten sich die Bahnhofs⸗ arbeiter beim schweizerischen Eisenbahn⸗Departement, daß sie Bernoud mit Bezug auf die gesetzlich vorgeschriebenen Tage verkürze, und nach einer Untersuchung durch das administrative Inspectorat wurde er von seinen Vorgesetzten im Dienste suspendirt. Ein Theil der französischen Colonie hatte auch heftig gegen ihn Stellung genommen.
Der Staatsrath Dufour, der als Mitglied des Ver⸗ waltungsraths der Mittelmeerbahn sich in Paris befand, hatte, wie der „Bund“ weiter mittheilt, eine Unterredung mit dem
Minister Viette; dieser beharrte aber auf seiner Forderung der Absetzung Bernoud's. In einer Conferenz dagegen, die der Gesandte der Schweiz in Paris Lardy mit dem Minister des Auswärtigen Ribot über diese Angelegenheit hatte, erklärte dieser, wie telegraphisch berichtet wird, die Absetzung Bernound's von seinem Posten sei erfolgt, nachdem er sich in seinem dienstlichen Verhalten bereits früher Rügen zu⸗ gezogen habe, welche die Mitglieder des Genfer Comités selbst gebilligt hätten. Dem Bundesrath schienen die wahren Ur⸗ sachen, die zu der Absetzung Bernoud’s Anlaß gegeben hätten, garnicht bekannt zu sein, indeß sei er (Ribot) infolge der officjösen Intervention des Genfer Comités gern gewillt, an⸗ statt der Absetzung eine Pensionirung Bernoud's eintreten zu lassen. Der Staatsrath von Genf hat gestern beschlossen, mit dem Bundesrath wegen des Rückkaufs des Bahn⸗ hofs von Cornavin und der auf schweizerischem Gebiet liegenden Strecke der Paris⸗Lyon⸗Eisenbahn sofort in Unter⸗ handlung zu treten. leichzeitig wurde beschlossen, der Ver⸗ waltung genannter Eisenbahn die Unregelmäßigkeit ihres Vor⸗ gehens gegen den Inspector Bernoud vorzustellen.
Belgien. 8 1 Nach einer der „Frkf. Ztg.“ aus Brüssel zugegangenen Meldung haben die Commissionen für die Revision der Verfassung ihre Arbeit wieder aufgenommen. Die Com⸗ mission des Senats erklärte sich im Princip für die Proportionalvertretung in beiden Kammern. Die Commission der Deputirtenkammer nahm die bestehende jetzige Wahl⸗ ordnung für die Senatsmitglieder an und setzte nur das Wählbarkeitsalter auf 35 Jahre statt bisher auf 40 Jahre fest. Bulgarien Prinz Ferdinand von Coburg hat sich gestern Abend nach Philippopel begeben, um der für den morgigen Sonntag in Aussicht genommenen feierlichen Schließung der Ausstellung beizuwohnen. Die Minister und andere hochgestellte Persönlichkeiten waren bereits am Vormittag aus gleichem Anlaß dorthin abgereist. Amerika. 8 In Paris sind neue Meldungen aus Santiago ein⸗ getroffen, wonach das chilenische Ministerium auf Er⸗ suchen des Präsidenten die von ihm eingereichte Demission zurückgezogen habe.
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Afrika.
Der General Kitchener ist, wie das „R. B.“ meldet, vorgestern aus Kairo in Suakim eingetroffen. Osman Digma soll mit einer Schaar Derwische 70 englische Meilen von Suakim stehen. Eine Abtheilung Reiterei und das Kameelcorps rückten vorgestern unter dem Befehl des Majors Benson von Suakim ab, um das Vertrauen unter den schwankenden Stämmen wiederherzustellen und die Derwische, falls sie bei Sinkat und Erkowit noch zu finden sein sollten, fortzutreiben. General Kitchener gedachte heute nach Tokar aufzubrechen.
Parlamentarische Nachrichten.
Im 5. Münsterschen Landtagswahlbezirk (Lüdinghausen⸗Beckum⸗Warendorf) ist an Stelle des Guts⸗ besitzers Pellengahr, der sein Mandat niedergelegt hat, der Amtsgerichts⸗Rath Willebrand⸗Warendorf (Centrum) mit 268 Stimmen zum Mitgliede des Hauses der Abgeordneten gewählt worden. Der Gutsbesitzer Darup Deiters zu Nottuln (Centrum) hat 100 Stimmen erhalten.
1“ 111“ 11 1ö1e“ “ Nr. 46 des „Centralblatts der Bauverwaltung“, herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Ar⸗ beiten, vom 12. November, hat folgenden Inhgalt: Preisbewerbung um die Gebäude des neuen Hauptpersonenbahnhofs in Dresden. — und Unterhaltung von Weichen und Kreuzungen. — Preis⸗ ewerbung um den Entwurf des Lageplars für eine Weltausstellung in Berlin. — Strombauten am Gelben Fluß (Hwang⸗ho) in China. — Vermischtes: Programm für die Entwürfe zu einem Bahnhofs⸗ Empfangsgebäude und Verwaltungsgebäude in Bukarest. — Ver⸗ halten der Schienenstoßverbindungen. — Bindeeisen zur Anlage von Luftschichten. — Soennecken’s Zelben. und Schreibgeräth. — Erste Behandlung von Verwundungen auf Baustellen. — Patentprozeß des Cementbaugeschäfts J. Donath u Co. — Der Watkin'’sche Riesen⸗ thurm. — Schärfen von Feilen und anderen Werkzeugen durch An⸗ wendung der Elektricität. — Binnenschiffahrts⸗ und Eisenbahnverkehr in Nord⸗Amerika.
Entscheidungen des Reichsgerichts.
Sendet ein Gläubiger an seinen säumigen Schuldner unter Be⸗ nutzung eines gedruckten Formulars, wie solche zur Ausfertigung der gerichtlichen Zahlungsbefehle verwendet werden, einen von ihm selbst ausgefertigten Zahlungsbefehl, welcher den Schuldner in die Meinung versetzen soll, daß der Zahlungsbefehl vom Gericht ausgegangen sei, ohne daß unter die der Datirung folgenden Worte Königliches Amtsgericht“ eine Namens⸗Unterschrift gesetzt ist, so ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts. IV. Strafsenats, vom 17. Juni 1892, diese Handlung zwar nicht als Urkunden⸗ fälschung, wohl aber als unbefugte Vornahme einer amt⸗ lichen Handlung aus § 132 des Str⸗G.⸗B. zu bestrafen.
— Bei der Hinterziehung österreichischer Zölle soll nach § 17 des Zollcartells zu dem früheren deutsch⸗österreichischen Handels⸗ vertrage vom 23. Mai 1881 und ebenso zu dem jetzigen Handelsver⸗ trage vom 6. Dezember 1891 „auf Antrag“ der zuständigen öster⸗ reichischen Behörde das diesseitige Strafperfahren eingeleitet werden und ebenso umgekehrt. In Bezug auf diese Bestimmung hat das Reichsgericht, I Strafsenat, durch Urtheil vom 27. Juni 1892 aus⸗ gesprochen, daß die Worte „auf Antrag“ nicht die Bedeutung eines Strafantrags im Sinne des Strafgesetzbuchs haben, demnach also nicht an die im § 156 Str.⸗Pr.⸗Ordn. bezeichneten Sicherheits⸗ bezw. Gerichtsbehörden (Staatsanwalt, Amtsgericht oder Polizei) zu richten sind; es genügt zur Erfüllung der erwähnten gesetzlichen Bestimmung das bloße Ersuchen der das“Steuerinteresse vertretenden Behörden der vertragschließenden Theile unter⸗ und gegeneinander.
Kunst und Wissenschaft
Die großen naturhistorischen Sammlungen, welche 1888 aus dem Universitätsgebäude in das neue Museum für Naturkunde ver⸗ setzt worden sind, haben ihren gegenwärtigen Reichthum und hohen wissenschaftlichen Werth größtentheils öffentlichen Mitteln zu ver⸗ danken; es sind aber der mineralogisch⸗petrographischen, der geologisch⸗ paläontologischen und der zoologischen Sammlung auch vielfach Ge⸗ schenke von gelehrten und sammelnden Privatpersonen zugewendet worden.
Abgesehen von dem bisherigen Brauche, die Namen der Geschenk⸗ geber nicht bloß in den Archiven des Museums niederzulegen, sondern auch noch jedem einzelnen Geschenke beizufügen, sollen von nun an die Namen derjenigen Personen, welche das Museum durch besonders werthvolle Geschenke bereichert haben, den Besuchern des Museums noch besonders an geeigneten Stellen bekannt gegeben werden.
Auf Marmortafeln in der großen Pberlichthalle der Schausammlung sollen die Namen derjenigen Personen verzeichnet werden, welche dem Museum umfangreichere Sammlungen von all⸗ gemeinerer wissenschaftlicher Bedeutung übergeben oder vermacht haben, nachdem diese mit Genehmigung Seiner Majestät des Kaisers und Königs dem Museum einverleibt worden sind. Auf Pergamenttafeln in den Sälen der wissenschaftlichen Hauptsammlungen sollen die Namen derjenigen Personen aufgezeichnet werden, deren Opferwilligkeit besondere Abtheilungen des Museums ansehnliche Be⸗ reicherungen zu verdanken haben.
Diesen Anordnungen gemäß sind nun in die Hinterwand der großen Mittelhalle des Museums zwei große Marmortafeln ein⸗ gelassen mit der Inschrift: „Den Förderern des Museums für Naturkunde zum ehrenden Gedächtniß.“ Unter jed dieser beiden großen sind drei kleinere Marmortafeln angebracht, auf den is jetzt folgende Namen verzeichnet sind:
1 Diedrich Karsten 1789 G. Adolf Gerresheim 1810, F. F. Chladni 827, Joh. Christ. Albers 1857 Wilh. Reiß “ Friedrich Paetel 1889, Karl Rumpff 1889, “ Julius Ewald 1891.
Der zuerst genannte Diedrich Karsten, geboren 1768, ge⸗ storben zu Berlin 1810, war daselbst Lehrer der Mineralogie und Bergbaukunde bei dem Bergwerkseleven⸗Institut, Staatsrath, Mit⸗ glied der Königlichen Akademie der Wissenschaften. Durch die Schenkung seiner reichhaltigen Privatsammlung wurde das 1781 ins Leben getretene Königliche Mineraliencabinet, die nachmalige Mine⸗ raliensammlung der ÜUniversität, bedeutend erweitert.
Hofrath Dr. Gerresheim war in Berlin geboren, lebte aber in Dresden. Er vermachte der Universität Berlin eine für seine Zeit bedeutende Korallensammlung, welche Ch. G. Ehrenberg später zu wichtigen systematischen Untersuchungen über Korallen benutzte.
E. F. Chladni, geboren 1756, gestorben zu Breslau 1827, war Physiker und Kenner der Mineralogie, in welch letzterer Wissenschaft er besonders der Meteoritenkunde zu der ihr gebührenden Stellung verhalf. Während nämlich im vorigen Jahrhundert es bei den Gelehrten für eine Schande galt, an die außerirdische Herkunft der Meteoriten zu glauben, trat Chladni 1794 diesem Unglauben entgegen und bewies durch Wort und Schrift die Richtigkeit seiner Anschauung. Seine reichhaltige Privatsammlung, die Belegstücke zu seinen Arbeiten enthaltend, hat er der Universität vermacht, und sie bildet seit 1827 eine Zierde der mineralogischen Sammlung derselben.
Joh. Christ. Albers, Dr. med., Professor und Medizinal⸗ Rath, geb. 1794, war 1847—49 Director der Thierärztlichen Hoch⸗ schule in Berlin und starb 1857 in Heidelberg. Er vermachte dem Museum eine über 3000 Arten umfassende, vorzüglich geordnete Sammlung von Land⸗ und Süßwasser⸗Conchylien, welche als Grund⸗ lage diente zu einer von ihm 1850 veröffentlichten bahnbrechenden Schrift über Heliceen. .
Wilhelm Reiß, geb. 1838, berühmter Reisender, führte in Gemeinschaft mit K. von Fritsch und A. Stübel große Reisen nach den europäischen und südamerikanischen Vulcangegenden aus und lebt jetzt als Königlich preußischer Geheimer Regierungs⸗Rath auf Schloß Könitz bei Saalfeld in Thüringen, woselbst er seine großen Samm⸗ lungen zu bearbeiten gedenkt. Das Museum verdankt ihm neben vielen kleineren Zuwendungen 1879 eine ausgezeichnete, 4000 Num⸗ Fer⸗ umfassende Sammlung von vulcanischen Gesteinen aus den Anden. 8
Friedrich Paetel, geboren 1812 in Schöneberg bei Berlin, viele Jahre Stadtverordneter in Berlin, gestorben 1888, hinterließ eine gegen 2000 Arten umfassende Conchyliensammlung von hohem Werthe, welche die Sohne des Verstorbenen, die Herren Elwin und Hermann . el, dem wissenschaftlichen Sinne ihres Vaters ge⸗ mäß, dem useum zu immerwährendem Eigenthum überwiesen. Duich diese Schenkung hat das Museum für Naturkunde zahlrelche Stücke erhalten, welche namhafte Conchyliologen zu ihren mono⸗ graphischen Arbeiten benutzten. Der gedruckte Katalog der Paetel⸗
Ea 1888 — 90 in vierter Auflage erschienen, dient gegen⸗
wärtig vielen deutschen Conchyliologen als Repertorium.
8 arl Rumpff, geboren 1838, gestorben 1889, Ritterguts⸗ und
Fabrikbesitzer auf Schloß Aprath bei Shbercfen⸗ Liebhaber der Mineralogie, erwarb er die ehemals auf Schloß Schaumburg befind⸗ liche, berühmte Sammlung des verstorbenen Erzherzogs Stephan von Oesterreich und wollte diese Sammlung in Berlin in seiner Privatwohnung aufstellen. Nach seinem Tode sollte sie der Universität zufallen. Da sich dieses Ereigniß noch vor Inangriffnahme der Auf⸗ stellung einstellte, so ist durch die Hochherzigkeit seiner Gattin, der Frau Clara Rumpff, nunmehrigen Frau Geheimen Ober⸗Regierungs⸗ Rath Gamp, die ganz bedeutende und über 14 000 Nummern um⸗ fassende Sammlung 1889 an die Universität gekommen, und es sind 8 Hauptstücke der Sammlung in würdiger Weise zur Aufstellung gelangt. Julius Ewald, geboren 1811, gestorben 1891 in Berlin, Mitglied der Königlichen Akademie der Wissens in Berlin, hinterließ eine ungewöhnlich umfangreiche und werthvolle Sammlung von Petrefacten wirbelloser Thiere und Mineralien, meist auf eigenen Reisen, namentlich in Südfrankreich, der Schweiz und Italien, zu⸗ sammengebracht, sowie das Belegmaterial zu der von ihm hergestellten eologischen Karte des Gebiets zwischen Magdeburg und dem Harz. Die Sammlung wurde, einem Wunsche des Gatten entsprechend, von der Wittwe Frau Félicie Ewald, geborenen du Bois⸗Reymond, dem Museum übereignet.
ꝓ† In dem Kuppelsaale des Architektenhauses hat der Verein Berliner Künstler eine Sonderausstellung von Werken des norwegischen Malers Eduard Munch veranstaltet. Der fünf⸗ undfünfzig Nummern aufzählende Katalog umfaßt sehr ungleiche Leistungen eines urwüchsigen jungen Talents, das mit den Errungen⸗ schaften der modernsten Pariser Technik in souveräner, aber hie und da recht barbarischer Weise spielt, sie zu üsberbieten versucht, ohne doch einen eigenen festen Stil zu finden. Wer sich Munch's Art zu sehen und zu schaffen anpassen will, muß nothwendigerweise alle historisch überlieferte Kunstbildung abstreifen. Es ist daher begreiflich, daß diese Werke eines übersprudelnden un gefügen Kraftgenies zunächst lebhaftem Protest begegnen. Neben zahl⸗ reichen Extravaganzen, die Unwillen oder Lächeln herausfordern, finden wir indeß auch Versuche, welche von hohem künstlerischen Ernst und Vermögen Zeugniß ablegen. Man hätte vielleicht durch besonnenere Aus⸗ wahl den Mißerfolg der Ausstellung verhüten können. Sicherlich sind so willkürliche Farbenexperimente, wie die „Blaugekleidete Dame mit blauem Wasser“, die „Spieler in Montecarlo“ u. a. nicht für eine Ausstellung bestimmt. Sie vermögen besten Falls denjenigen zu interessiren, der für Munch's Persönlichkeit bereits durch andere Leistungen gewonnen ist; seine erste Bekanntschaft zu vermitteln sind sie durchaus ungeeignet, auch verzerren sie das Bild seiner Entwickelung. Die frühesten Arbeiten des noch im jugendlichen Alter stehenden Norwegers, wie z. B. das „Mädchen bei der Morgentoilette“ (Nr. 1), das den besten Leistungen Zorn's nahe kommt, wirken am erfreulichsten. Sichere, durchdringende Beobachtung, gewandte Lichtführung und coloristische Besonnenheit sind diesem Bilde nicht abzusprechen. Auch einzelne Männerporträts von unmittel⸗ barem Ausdruck und treffender Characteristik, wie die von Hans Jäger und Gunnar Heiberg (Nr. 48 und 50 des Katalogs) flößen Respect vor dem Können Munch's ein. Ganz hervorragend sind auch einige Nachtstücke, sowie das große Bild, welches ein von Angehörigen gepflegtes Mädchen im Krankenstuhle zeigt in Stimmung und Ausdruck ergreifend, dabei von einer ungewöhn⸗ lichen Feinheit des Lichtspiels. — In den vorderen Ausstellungs⸗ räumen des Architektenkguses fallen insbesondere eine Reihe tüchtiger Aquarelle ins Auge; neben englischen Arbeiten von M. Steverson, Austen Brown und E. Haves seien namentlich auch Bartels, Dettmann und Meyer⸗Basel genannt. Eine überraschend frische und flotte Leistung ist auch das Aquarellporträt des Professors Brause⸗ wetter von Max Koner. Mit schlichten Mitteln und einer breiten Technik ist hier eine unmittelbar überzeugende Wirkung erzielt. Die witzig⸗phantastischen Caricaturen des Münchners C. Strathmann schließlich machen uns mit einer originellen Künstlerpersönlichkeit bekannt, die auf dem Gebiet der Illustration auf sichere Erfolge rechnen darf.
— Der als Dichter und theologischer Schriftsteller bekannte Pfarrer Adolf Stöber, der letzte der Söhne Ehrenfried Stöber’s, ist am 8. November im Alter von 81 Jahren in Mülhausen i. E. verstorben. Mit seinem Bruder August, der als Gymnasial⸗Professor ebendort wirkte, hat er sich, wie die „Straßb. Post“ schreibt, um die Erhaltung der deutschen Sprache und die Pflege deutschen Wesens hochverdient gemacht. Aus ihren und einiger anderen Männer gemein⸗ samen Bestrebungen ging die Herausgabe des „Elsässischen Sage⸗ buchs“, der „Alsatica“ und des Elsässischen Samstagsblatts“ hervor. Er selbst gab heraus „Gedichte“ (1845), Reisebilder“ (1850 und 1857) und „Reformatorenbilder“ (1857). Anfang der sechziger Jahre wurde Adolf Stöber zum Consistorial⸗Präsidenten erwählt, welches Amt er bis zu seinem Tode (zuletzt als Ehren⸗Präsi⸗ dent) bekleidete. Nach 1870 bekannte er sich unerschrocken zur deutschen Sache und suchte auch seine Landsleute in einer kleinen Volksschrift: „Einfache Fragen eines elsässischen Volksfreundes“ (Basel 1872) zur Einsicht zu bringen.
— In Mrtz ist, wie die „Köln. Ztg.“ berichtet, in dem höchst⸗ gelegenen Stadttheil, wo auch der austrasische Königspalast gestanden 1e soll, und zwar in Kellern an der Trinitarierstraße, von dem Archiv⸗Director Dr. Wolfram und dem Stadt⸗Baumeister Wahn Mauerwerk gefunden worden, aus dem sich der Bau eines großartigen römischen Hauses feststellen ließ. Die Mauern stehen zum theil noch bis zu einer Höhe von 5 bis 6 m und einer Gssammtlänge von etwa 70 m. Die Untersuchungen werden fortgesetzt.
Theater und Mufitk.
Kroll's Der Königlich preußische Kammersänger Herr Emil Götze er⸗ öffnete gestern als „Johann von Lothringen“ in Joncisres’ vier⸗ actiger Oper gleichen Namens ein kurzes Gastspiel. Die Oper wurde vor mehreren Jahren im ganzen mit Erfolg im Königlichen Opern⸗ hause gegeben; ob sie sich allmählich fest einbürgern wird, bleibt gleichwohl fraglich. Die beiden ersten Acte ent⸗ halten weder in Handlung noch Musik viel Interessantes; die beiden letzteren sind in dieser Beziehung besser bedacht. Für Herrn Götze war die Figur des Ritters Johann von Lothringen jedenfalls von besonderer Anziehungskraft, da dieser immer in Situationen auftritt, welche große Leidenschaft und ausgiebige Kraft der Stimme erfordern. denn auch nichts zu wünschen übrig; ja er that vielleicht des Guten zu viel, da man fast den Eindruck gewann, als ob der große Kroll'’sche Königssaal zu klein für seine Stimme sei. Zarteren Empfindungen weiß er kaum noch Ausdruck zu geben. So sehr das zu bedauern, so läßt sich doch nicht leugnen, daß die Kraft der Stimme von imponirender Wirkung ist; er riß die Zuhörer mit sich fort und entfesselte Beifallsstürme. Von den übrigen Mit⸗ wirkenden seien Fräulein Detschy als Page, der eine stimmungsvolle maurische Romanze mit Wärme und Ausdruck vortrug, ferner Fräulein Lange, die sich der schwierigen Partie der Gräfin gesanglich und dramatisch mit achtbarem Erfolg entledigte, Herr Bertram (Fürst Rudolph), Herr Lurgenstein (Graf Arnold) und Herr Poppe (Kaiser Friedrich) lobend erwähnt. Die Gesammt. darstellung konnte befriedigen; besondere Anerkennung verdiente das Orchester unter Kapellmeister Zschoppe.
Am Dienstag geht im Königlichen Opernhause die Oper „Genesius“ von F. Weingartner unter Leitung des Componisten zum ersten Male in folgender Besetzung in Scene: Kaiser Diocletian Herr Bulß. Genesius Herr Sylva, Cyprianus Herr Betz, Pelagia Frau Sucher, Claudia Frau Götze, Herold Herr Fränkel, Christen:
Herr Krolop, Herr Lieban, Bürger: die Herren Philipp, Ritter,
Theater.
Nach dieser Richtung hin ließ Herr Götze
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