1892 / 272 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 16 Nov 1892 18:00:01 GMT) scan diff

und Seine Durchlaucht der Prinz Ludwig von Batten⸗ berg waren im Sterbehause erschienen, woselbst die Ein⸗ segnung der Leiche durch den Geistlichen der anglikanischen Gemeinde vollzogen wurde. Bei dieser Feier waren außer dem Neffen des Verstorbenen Lord Powerscourt und dem von der Königlich großbritannischen Regierung abgeordneten Legations⸗ Secretär Mr. Helyar aus München der Staats⸗Minister Finger, der preußische Gesandte am Seehert chen Hofe Freiherr von Plessen, der Commandeur der Groß⸗ herzoglichen Division, General⸗Lieutenant von Bülow, die Bbe-e. und eine Anzahl von Angehörigen der in armstadt wohnenden englischen Familien zugegen. Aus Karlsruhe, an welchem Hofe der Verstorbene ebenfalls als Vertreter Ihrer großbritannischen Majestät beglaubigt war, wohnten der Geheime Rath von Reck in Vertretung des Großherzoglich badischen Staats⸗Ministers und der preußische Gesandte von Eisendecher der Trauerfeier bei.

Schwarzburg⸗Rudolstadt.

Rudolstadt, 15. November. Der Landtag genehmigte in seiner gestrigen Sitzung den Gesetzentwurf über eine ander⸗ weitige Regelung des Diensteinkommens der Volksschullehrer. Danach soll das Diensteinkommen betragen: 1) Auf dem Lande und in der Stadt Teichel nicht unter 900 und zwar nach definitiver Anstellung, in der provisorischen Stellung 750 ohne Rücksicht auf die Zahl der Schulkinder. 2) Sind mehrere Lehrer an einer ländlichen Schule, so soll der unterste oder Elementarlehrer ein Mindestgehalt von 750 in provisorischer, von 850 in definitiver Stellung beziehen. 3) In den kleineren Städten soll das Diensteinkommen der ersten Lehrer (Rectoren) mindestens 1200, das der übrigen mindestens 950 und das der Elementarlehrer nicht unter 850 betragen. 4) In den Städten Rudolstadt und Frankenhausen soll sich das Dienstgehalt der ersten Lehrer auf nicht unter 1500, das der übrigen Lehrer auf nicht unter 1200 und das der Elementarlehrer mindestens auf 950 belaufen. Das Gesetz soll am 1. Januar 1893 in Kraft treten.

Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 15. November. Der Kaiserliche Statt⸗ halter Fürst von Hohenlohe hat nach der „Straßb. Post“ Berlin gestern Abend verlassen, um sich zunächst zum Besuch seines erkrankten Bruders, des Herzogs von Ratibor, nach Schloß Rauden in Schlesien zu begeben und dann über Wien nach Straßburg zurückzukehren.

Deutsche Colonien.

Das „Deutsche Colonialblatt“ veröffentlicht nachstehendes Protokoll, betreffend die Ausführung der Damara⸗ land⸗Concession. *)

Die Unterzeichneten, nämlich .

a. die Herren Wirklicher Geheimer Legations⸗Rath Dr. Kayser und Legations⸗Rath von Schelling, als Vertreter der Colonial⸗Abtheilung des Auswärtigen Amts, einerseits, die Herren George Wilson und Dr. Scharlach namens des Directoriums der South West Africa Company Limited zu London, andererseits, 1

erklären mit Bezug auf einzelne Artikel der Damaraland⸗Concession was folgt:

Mit Bezug auf

Artikel 9. Die Gesellschaft darf das ihr in Gemäßheit dieses

Artikels zum Eigenthum zu überweisende Land in nicht kleineren.

Stücken als solchen von 500 qkm auswählen.

Artikel 10. Bei der Verfügung über das Land wird die Ge⸗ sellschaft jeder Zeit deutschen Einwanderern unter gleichen Bedingungen den Vorzug geben gegenüber den Angehörigen jeder anderen Nationalität. Sie verpflichtet sich, auf Verlangen der Regierung die Ländereien von Grootfontein und Umgegend sowie alle füdlich davon gelegenen Ländereien, soweit dieselben der Gesellschaft auf Grund der Art. 1 und 9 über⸗ wiesen werden, auf die Dauer von zehn Jahren, von Ueberweisung dieser Ländereien an gerechnet, ausschließlich für deutsche Ansiedler freizuhalten. Um die Erfüllung dieser Verpflichtung und die Besiede⸗ lung des der Gesellschaft gehörigen Landes zu erleichtern, erhält die⸗ selbe von der Regierung die Ermächtigung, Deutsche zur Ansiedelung in ihren Ländereien aufzufordern und mit Hilfe aller gesetzlichen Mittel deutsche Einwanderer zu gewinnen, sobald durch die Berichte der ö“ festgestellt ist, daß sich das Land zur Besiedelung eignet. 8

Artikel 12. Es herrscht Einverständniß darüber, daß als Aus⸗ gangspunkt für die Eisenbahn an der atlantischen Küste des Schutz⸗ gebiets Sandwichhafen und jeder nördlich davon gelegene Punkt ge⸗ wählt werden und daß die Bahn keinenfalls von einem Punkte südlich von Sandwichhafen ausgehen darf. 8

Die Gesellschaft ist weiter damit einverstanden, die Pläne für den Eisenbahnbau der zu unterbreiten. Sollte die Regierung verlangen, daß eine Eisenbahn nach Otyimbingue und Windhoek oder nach anderen Punkten angelegt werde und die Anlage einer solchen Linie in den Plänen der Gesellschaft nicht vorgesehen seien, so wird letztere die verlangte Eisenbahn bauen, falls die Regierung ihr eine vierprocentige Verzinsung der Gesammtkosten für diese Bahn garan⸗ tirt. Sobald die Einnahmen auf dieser Strecke die Betriebskosten nebst den Unterhaltungs⸗ und Erneuerungskosten des Bahnkörpers und des Materials sowie die erwähnte Zinsgarantie von 4 % übersteigen, soll der sich ergebende Ueberschuß zur einen Hälfte der Regierung, zur anderen der Gesellschaft zufallen.

Artikel 15. Bei Vergebung der Lieferungen für alle zum Bau und Betriebe der in der Concession vorgesehenen Eisenbahnen, Hafen⸗ und sonstigen Anlagen erforderlichen Materialien, Maschinen u. s. w. wird die Gesellschaft bei gleichen Angeboten deutschen Werken den Vorzug geben. 1

Artikel 18. Die Gesellschaft erklärt hierdurch, daß alle von ihr nach den Bestimmungen der Concession zu bauenden Eisenbahnen sowohl für öffentliche Verkehrszwecke, wie für den Geschäftsverkehr der Gesellschaft betrieben werden sollen. Diese Erklärung ist zugleich dahin zu verstehen, daß die Gefellschaft dadurch von der in Artikel 16 b der Concession bezeichneten Alternative Gebrauch macht, sodaß die Bestimmungen des Artikels 18 nunmehr zur Anwendung gelangen.

Selbstverständlich dürfen andere Personen oder Gesellschaften Eisenbahnlinien für ihren eigenen Verkehr unter Ausschluß jedes öffentlichen Verkehrs anlegen und betreiben. Solchen Linien muß der Anschluß an die Linien der Gesellschaft gestattet werden; in diesem Falle haben die Gesellschaft und die Zweiglinien, sofern das Betriebs⸗ material der letzteren von gleicher Art und Güte und in ebenso gutem be wie das von der Gesellschaft henutzte ist, die beiderseitigen

üge zur Benutzung ihrer Linien zuzulassen gegen Zahlung eines Be⸗ trages für die Benutzung der Bahnlinie, der 70 % der Sätze für Güter⸗ bezw. Personenbeförderung nach dem jeweilig in Geltung be⸗ findlichen Tarif der Gesellschaft nicht übersteigen darf.

Solange der Gesellschaft die Festsetzung der Tarife für den Personen⸗ und Güterverkehr durch die Concession überlassen worden ist, wird Folgendes vereinbart: Sobald die Gesellschaft für zwei auf⸗ einander folgende Jahre einen vertheilbaren Reinertrag von mehr als 10 % für das in den Eisenbahnen angelegte Kapital erzielt hat, soll auf Verlangen der Regierung und in Uebereinstimmung

ihr eine Neuregelung der Tarife in der Weise

R.⸗ u. St.⸗A.“ vom 16. September 1892

*) Vergl. Nr. 219 des latt⸗ vom 15. September 1892.

und das „Deutsche Col

erfolgen, daß dadurch thunlichst ein vertheilbarer Reinertrag von 10 % vom Anlagekapital erreicht wird; sobald aber nach der Neuregelung der Tarife während zweier aufeinander folgender Jahre der vertheilbare Reinertrag nachweislich 10 % des Kapitals nicht erreicht hat, sollen die Tarife auf Verlangen der Ge⸗ sellschaft im Einvernehmen mit der Regierung wiederum revidirt werden, um den vertheilbaren zehnprocentigen Reinertrag zu erzielen. Bei der Berechnung zur Ermittelung des Reinertrages ist der Verkehr der Gesellschaft und etwaiger Rechtsnachfolger derselben stets nach denselben Tarifsätzen in Einnahme zu stellen, wie sie für den öffent⸗ lichen Verkehr unter gleichen Verhältnissen hinsichtlich der Entfernung und Menge der beförderten Güter jeweilig in Kraft sind.

Es herrscht Einverständniß darüber, daß an Stelle der Worte in Artikel 18 b „mit dem Betriebe beginnen“ zu lesen ist: „mit dem Bau beginnen“.

Berlin, den 14. November 1892. 1 Dr. Kayser. von Schelling. George Wilson. Dr. Scharlach.

Der neue Leiter der Station Bismarcksburg im Togo⸗ gebiet L. Conradt ist am 24. August d. J. wohlbehalten auf der Station eingetroffen und hat diese in gutem Zustande vorgefunden.

Lieutenant von François ist am 13. September d. J. in Windhoek eingetroffen. b 1“

Der Second⸗Lieutenant Richter vom 4. Königlich Baye⸗ rischen Infanterie⸗Regiment sowie der Assistenz⸗Arzt 2. Klasse Knoblauch werden am 23. d. M. von Neapel aus nach Ost⸗ Afrika abreisen, um in die Kaiserliche Schutztruppe einzutreten.

Der Premier⸗Lieutenant a. D. v. Bothmer, bisher vom Infanterie⸗Regiment von Lützow (1. Rhein.) Nr. 25, ist der Kaiserlichen Schutztruppe für Deutsch⸗Ostafrika zugetheilt worden.

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Der König von Rumänien, der gestern Vormittag bei dem Minister⸗Präsidenten Grafen Taaffe seine Karte hatte abgeben lassen, empfing am Nachmittag den Reichs⸗ Kriegs⸗Minister Freiherrn von Bauer, den Chef des Generalstabs Freiherrn von Beck, sowie den Comman⸗ deur des II. Freiherrn von Schönfeld und ertheilte alsdann dem Minister des Aeußeren Grafen Kälnoky eine halbstündige Audienz. Später fand in der Hofburg ein Familiendiner zu 14 Gedecken statt, an welchem der Kaiser, die Kaiserin, der König von Rumänien und der Prinz Ferdinand, die Kronprinzessin⸗Wittwe Erzherzogin Stephanie, der Erzherzog und die Erzherzogin Karl Ludwig und andere Erzherzoge theilnahmen. Am Abend wohnten der Kaiser, der König von Rumänien und der Prinz Ferdinand im Hofopern⸗Theater der Aufführung der Oper „Manon“ bei. Auch die Erzherzoge Wilhelm, Ernst und Rainer, der rumänische Gesandte sowie zahlreiche Würden⸗ träger waren zugegen. Heute gedenken der Kaiser und seine hohen Gäste die Vorstellung im Hofburg⸗Theater zu besuchen.

Pester Blättern zufolge ist das neue Cabinet jetzt als constituirt zu betrachten, da der kürzlich ernannte Präsident des Obersten Rechnungshofes Hieronymi sich zur Ueber⸗ nahme des Ministeriums des Innern bereit erklärt hat. Das Ministerium hätte danach folgende Zusammen⸗ setzung: Dr. Wekerle Präsidium und Finanzen; Graf Ludwig Tisza Minister a latere; Hieronymi Inneres; von Szilägyi Justiz:; Graf Csäky Cultus und Unterricht; Freiherr von Féjerväry Landesvertheidigung; Graf Bethlen Ackerbau und Lukacs Handel. Nach dem „Magyar Ujsag“ hat auch der Minister für Kroatien von Josipovich seine Entlassung gegeben; er soll durch den Grafen Tibor Pejacsevics ersetzt werden. Zum Staatssecretär des Ministeriums des Innern soll Graf Julius Andrassy in Aussicht genommen sein. Dr. Wekerle, der gestern mit Hieronymi im Klub der liberalen Partei erschien und dort mit lebhaften Eljenrufen begrüßt und all⸗ seitig beglückwünscht wurde, wird sich heute Abend nach Wien begeben, um dem Kaiser die Liste des Ministeriums vorzu⸗ legen. Dem Parlament dürfte sich das neue Cabinet am 21. d. M. vorstellen.

Großbritannien und Irland. DSDer

ausgewiesener irischer Pächter, der, wie üblich, am Sonntag seine wöchentliche Versammlung in Cork abhielt, gab neue Beweise dafür, wie wenig Au⸗ klang die von Morley eingesetzte Untersuchungs⸗Commission findet. Während einer der Redner den ausgewiesenen Pächtern empfahl, nicht zu sanguinisch Se meinte James O'Connor, daß alle nicht wieder in ihre Stelle eingesetzten Pächter sich selbst in diese wieder! einsetzen sollten. & wurde beschlossen, eine Liste aller Leute zu veröffentlichen, die Pachtgüter der ausgewiesenen Pächter erworben hätten, sowie derer, die dabei behilflich gewesen wären, und diese Liste allen Zweigen der nationalen Föderation und der Landliga zuzuschicken. Eine von dem Verein organisirte Versammlung in Henville, zehn Meilen von Cork, wurde von der Polizei zwar verhindert, später jedoch auf einem anderen Punkte ohne Einmischung

der Polizei abgehalten. 1

Frankreich

Der Ministerrath hat einem Telegramm des „W. T. B.“ zufolge in seiner gestrigen Sitzung beschlossen, bei dem Gesetz⸗ entwurf über die Presse zu der Gesammtvorlage die Ver⸗ trauensfrage zu stellen. Was die Panama⸗Ange⸗ legenheit anbetrifft, so hat der Justiz⸗Minister Ricard den Ministerrath vor ein fait accompli gestellt, indem er den Abendblättern zufolge erklärte, er habe auf eigene Ver⸗ antwortung den General⸗Procurator Quesney de Beaurepaire angewiesen, gegen alle in der Angelegenheit der Panama⸗ Gesellschaft verwickelten Personen die gerichtliche Verfolgung einzuleiten. Die Blätter heben hervor, daß infolge dessen der Aus⸗ bruch einer Ministerkrisis als nahezu unvermeidlich gelte, da die Mehrheit des Cabinets gegen die Verfolgung gewesen sei. Mit dem Justiz⸗Minister hätten nur der Unterrichts⸗Minister Bourgeois und der Minister für öffentliche Arbeiten Viette die Einleitung der Verfolgung als durchaus geboten erachltet. In die gerichtliche Verfolgung sollen folgende Personen einbezogen werden: Ferdinand und Charles de Lesseps, der Ingenieur Eiffel und die Administratoren Marcus Fontane Wund Baron Cottu. Die ihnen zur Last gelegten Vergehen sind Vertrauensmißbrauch und Betrug. Die Anklagebehörde glaubt, in den Contracten über die Ausführung der Bauarbeiten für diese Delicte Be⸗ weise gefunden zu haben. Die Verhandlung, die vor dem Appellgericht stattfinden wird, da Ferdinand de Lesseps Groß⸗ ffizier der F ist, dürfte in ungefähr einem Monat

8

beginnen. In unterrichteten Kreisen ist man, wie „W. T. B.“ meldet, der Ansicht, daß die Regierung es nach Einleitung der Untersuchung ablehnen werde, am Donnerstag in die Berathung einer Interpellation bezüglich dieser An⸗ gelegenheit einzutreten.

Die Zollcommission hat gestern bei der Vorberathung des französisch⸗schweizerischen Handelsabkommens alle Zolltarifherabsetzungen, mit Ausnahme der für Cacao, abgelehnt. Bei der Debatte wiesen verschiedene Redner darauf hin, daß Deutschland, Belgien und England weit mehr elektrische Glühlampen, Baumwollgarne sowie Leinen⸗ und Hanfgewebe nach Frankreich einführten als die Schweiz, Herab⸗ minderungen der Zollsätze daher vorzugsweise Deutschland, Belgien und England zu gute kommen würden. Sollte die Deputirten⸗ kammer sich den Beschlüssen der Commission anschließen, so ist das Handelsabkommen als gescheitert zu betrachten, da der eidgenössische Bundesrath der französischen Regierung gegen⸗ über nochmals die Erklärung abgegeben hat, daß er sich über das Handelsabkommen auf keine weiteren Unterhandlungen einlassen werde, vielmehr das Uebereinkommen unverändert anzunehmen oder abzulehnen sei.

Die Deputirtenkammer genehmigte gestern den Absatz des Amendements Turrel, worin die Erhöhung der Alkoholsteuer auf 245 Fr. vorgeschlagen wird, mit 354 gegen 160 Stimmen. Der letzte Absatz desselben Amendements, be⸗ treffend die Erhöhung der Schankconcessionsgebühren, wurde ebenfalls angenommen. Der Deputirte Jourde beantragte, um die Verminderung der Einnahmen, die sich infolge der Herab⸗ setzung der Getränkesteuer ergeben würden, zu beseitigen, eine Börsensteuer auf Zeitgeschäfte, die 15 bis 18 Millionen er⸗ geben würde. Der Finanz⸗Minister Rouvier hielt das Amendement für unzweckmäßig, da es nur den Erfolg der Getränke⸗Reform beeinträchtigen könnte. Hierauf wurde das Amendement mit 218 gegen 207 Stimmen abgelehnt.

„Der Großfürst Wladimir von Rußland wird sich, wie die „Köln. Ztg.“ erfährt, heute nach Baden⸗Baden be⸗ geben. Die GFoßfürflin Wladimir wird noch acht Tage in Paris verbleiben und dann auch dorthin abreisen. Der Großfürst und die Großfürstin Sergius kehren nächsten Sonntag nach Paris zurück.

Der General de Failly, der im Jahre 1870 das V. Armee⸗Corps befehligte, ist in Compiègne gestorben.

Die Einnahme von Abomey und damit die Beendigung des Feldzugs in Dahomey duürfte nicht so nahe bevorstehen, wie vielfach angenommen worden ist. Wenigstens meldet eine Depesche aus Portonovo, General Dodds werde, bevor er seinen Vormarsch fortsetze, den Truppen Ruhe gönnen. Der König von Dahomey habe Unterhandlungen eingeleitet, denen Dodds indessen wahrscheinlich keine Folge geben werde.

Rußland und Polen.

Der Großfürst⸗Thronfolger von Rußlan

gestern Vormittag aus Wien in Odessa eingetroffen und hat von dort alsbald die Reise zur See nach Batum fortgesetzt.

Schweiz. In der Angelegenheit Bernoud hat der Bundes⸗

rath den schweizerischen Gesandten in Paris Dr. Lardy

beauftragt, dem Minister des Auswärtigen Ribot eine Verbalnote zu überreichen, worin der Bundesrath an seiner ursprünglichen Auffassung des Zwischenfalls festhält und er⸗ klärt, daß die gegen Bernoud getroffene Maßregel nicht geeignet sei, den betrübenden Eindruck abzuschwächen, den die Einmischung des Ministers der öffentlichen Arbeiten Viette in die Angelegenheit gemacht habe. Uebrigens betrachte der Bundesrath den Zwischenfall als erledigt.

Niederlande.

Ddie von der Regierung in der Zweiten Kammer einge⸗ brachte Armee⸗Reorganisations⸗Vorlage setzt die Truppenzahl in Kriegszeiten auf 68 115 Mann fest. Der Kriegs⸗Minister wird beantragen, daß die obligatorische Dienst⸗ pflicht sowohl bei der Armee wie bei der Bürgerwehr neun Jahre dauern solle, davon drei Jahre in der Reserve. Das jährlich auszuhebende Contingent soll beim stehenden Heere 11 500, bei der Bürgerwehr 19 000 Mann betragen.

Belgien.

Das gestern, am Namenstage des Königs, abgehaltene Tedeum, dem nur die Königin und die Prinzessinnen bei⸗ wohnten, ist, wie aus Brüssel berichtet wird, ohne Zwischenfall verlaufen. Die Königliche Familie wurde bei der An⸗ kunft vor der Kathedrale von einer großen Volksmenge sympathisch begrüßt, doch hörte man auch den Ruf: „Allgemeines Stimmrecht“. Heute findet bei dem König große Galatafel statt, zu der sämmtliche Mitglieder der Deputirtenkammer, auch die der äußersten Linken angehörenden, Einladungen erhalten haben.

Der Ministerrath hat nach der „Magdb. Ztg.“ be⸗ schlossen, dem Parlament eine Creditvorlage in Höhe von 20 Millionen Francs für die Neubefestigung Antwerpens vorzulegen.

Gestern Abend fand in Brüssel wieder ein Meetin zu Gunsten des allgemeinen Stimmrechts statt, 88 dessen Schluß eine Anzahl von Socialisten unter dem Gesange der Marseillaise die Stadt durchzog. Vor der Maison du peuple fand ein Zusammenstoß mit der Polizei statt, wobei fünf Personen verhaftet wurden

Rumänien.

Das amtliche Blatt veröffentlicht eine Verordnung über

die Durchführung des am 13. November in Kraft getretenen neuen Verwaltungsgesetzes, das die Zahl der Arrondisse⸗ ments und Unter⸗Präfecturen auf 227 festsetzt, die Controle der Verwaltung erleichtert und verbessert, sowie den Communen gewisse mit den Aufgaben der Municipalitäten unvereinbare Verwaltungsbefugnisse entzieht. Durch die neue Organisa⸗ tion werden dem Lande merkliche Opfer auferlegt, welche Dank Ueberschüssen des Einnahme⸗Etats leicht gedeckt werden önnen.

Das dem Ministerrath zur Prüfung unterbreitete Budget für 1893 bis 1894 balancirt, wie „W. T. B.“ meldet, in Einnahmen und Ausgaben mit über 190 Millionen. Die günstige Lage der Finanzen gestattet die Deckung aller Be⸗ dürfnisse sowie eine Verbesserung verschiedener öffentliche Dienstzweige.

Amerika. Der Präsidentschaftscandidat Cleveland . 5

in New⸗York einem Banket der Handelskammer bei un dabei eine kurze Ansprache, in der er jedoch keine politischen

wie das

oder wirthschaftlichen Fragen berührte, sondern sich nur dahin äußerte, alle Amerikaner müßten beitragen zu dem allgemeinen Wohlergehen und jeder davon den ihm gebührenden Antheil

erhalten. 8 Afrika.

Nach einer telegraphischen Meldung aus Sansibar ist, „Deutsche Colonialblatt“ mittheilt, das inter⸗ nationale maritime Bureau daselbst am 10. November eröffnet wordben.

Parlamentarische Nachrichten.

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Dem Herrenhaus ist zur Ergänzung des Gesetzes vom 3. Juni 1876, betreffend die evangelische Kirchenverfassung der acht älteren Provinzen der Monarchie, nachstehender Gesetzentwurf zugegangen:

„Artikel 12 des Gesetzes vom 3. Juni findet auch auf den durch das anliegende esse vom 1892 abgeänderten § 74 der Kirchengemeinde⸗ und Synodalordnung vom 10. September 1873 Anwendung. 3

Dem Gesetzentwurf ist folgende Begründung beigegeben:

„Während nach § 40 der General⸗Synodalordnung vom 20. Januar 1876 auch denjenigen Mitgliedern der General⸗Synode, des General⸗Synodalvorstandes und des General⸗Synodalraths, welche ihren Wohnsitz in Berlin haben, Tagegelder gebühren, stehen nach § 74 der Kirchengemeinde⸗ und Synodalordnung vom 10. September 1873 den Mitgliedern der Kreis⸗ und Provinzial⸗Synoden, der Kreis⸗ und Pro⸗ vinzial⸗Synodalvorstände und den von den Provinzial⸗Synoden ge⸗ wählten Mitgliedern der theologischen Prüfungscommissionen nur dann Tagegelder zu, wenn sie nicht am Orte der, Versammlung wohnhaft sind. Die dritte ordentliche General⸗Synode hat infolge einer aus ihrer Mitte gegebenen Anregung nach zweimaliger Berathung mit großer Mehrheit ein Kirchengesetz beschlossen, nach welchem der § 74 der Kirchengemeinde⸗ und Synodalordnung dahin abgeändert wird, daß den Mitgliedern der Kreis⸗Synoden und Kreis⸗ Synodalvorstände, soweit sie nicht am Orte der Versammlung wohn⸗ haft sind, Tagegelder und Reisekosten, den Mitgliedern der Pro⸗ vinzial⸗Synoden und Provinzial⸗Synodalvorstände, sowie den Abgeordne⸗ ten zur Prüfungscommission Tagegelder, und, soweit sie nicht am Orte ihrer synodalen Wirksamkeit ihren Wohnsitz haben, auch Reisekosten gewährt werden. Hiernach sollen künftig sämmtliche Mitglieder auch der Provinzial⸗Synoden und der Provinzial⸗Synodalvorstände, sowie sämmtliche Abgeordnete zu den Prüfungscommissionen Tage⸗ gelder erhalten. Dies erscheint durchaus billig, da die Sitzungen der genannten Körperschaften im Unterschiede von denen der Kreis⸗Synoden und Kreis⸗Spnodalvorstände meist von längerer Dauer sind und auch für die am Orte ihrer synodalen Wirksamkeit wohnenden Mitglieder einen oft nicht unerheblichen Aufwand verursachen. Das Kirchen⸗ gesetz bedarf der Ergänzung durch ein Staatsgesetz, da der § 74 der Kirchengemeinde: und Spnodalordnung durch Art. 12 des Gesetzes vom 3. Juni 1876 staatsgesetzlich sanctionirt worden ist.“ 8 853 angezogene Kirchengesetz lautet in seinem einzigen Artikel?

§ 74 der Kirchengemeinde⸗ und Synodalordnung vom 10. Sep⸗ tember 1873 wird dahin abgeändert: 8

Den Mitgliedern der Kreis⸗Synoden und Kreis⸗Synodalvorstände ebühren, soweit sie nicht am Orte der Versammlung wohnhaft sind,

agegelder und Reisekosten. Den Mitgliedern der Provinzial⸗Synoden

und Provinzial⸗Svnodalvorstände sowie den Abgeordneten zur Prü⸗ fungscommission 65 Nr. 9) gebühren Tagegelder und, soweit sie nicht am Orte ihrer synodalen Wirksamkeit ihren Wohnsitz haben, S Die Tagegelder und Reisekosten gehören zu den Synodal⸗ kosten.

Nr. 46 A des „Centralblatts der Bauverwaltung“, herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Ar⸗ beiten, vom 16. November, hat folgenden Inhalt: Ungewitter's Lehrbuch der gothischen Constructionen. Verwendung von Eisen und Cement für Herstellung von Schleusen. Vermischtes: Wett⸗ bewerb für ein Friedrich Schmidt⸗Denkmal in Wien. Preisbewer⸗ bung für Pläne zu städtischen Gaswerken in Wien. Entwickelung des Personenverkehrs nach den einzelnen Wagenklassen in England. Die epidemischen Typhuserscheinungen in amerikanischen Städten.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Die Verfälschung der in Waarengeschäften zur Ab⸗ wickelung der Zahlungen für die Einkäufe dienenden Coupons und Controlzettel, nachdem sie ihren Zweck erfüllt haben, seitens der Geschäftsbediensteten, um ihren Principal zu schädigen, und die Aushändigung dieser gefälschten Zettel an den Principal ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, II. Strafsenats, vom 10. Juni 1892, als schwere Urkundenfälschung zu bestrafen.

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KRunst und Wissenschaft.

Das 25 jährige Bestehen des Königlichen Kunst⸗ gewerbe⸗Museums wird am 21. November d. J., 11 Uhr Vor⸗ mittags, durch einen Festact im Lichthofe des Museums gefeiert werden, zu welchem bereits die Einladungen ergangen sind. Die Gründung der Anstalt fällt in den Herbst des Jahres 1867; als Festtag ist auf Befehl Seiner Majestät des Kaisers der 21. November, der Geburtstag Ihrer Majestät der Kaiserin Friedrich, gewählt worden, welche dem Museum von Anbeginn als vornehmlichste Förderin zur Seite stand. An demselben Tage ist auch im Jahre 1881 das jetzige Gebäude feierlich eröffnet worden. Der Festact wird sich in einfachen Formen halten und in Ansprachen seitens des Directoriums und Begrüßungen seitens befreundeter Körperschaften bestehen.

Um den Entwurf zu einem Denkmal für Friedrich Schmidt in Wien hat, wie wir dem „Centr.⸗Bl. d. Bauv.“ ent⸗ nehmen, der Denkmalsausschuß eine allgemeine Preisbewerbung ausgeschrieben. Als Platz für das Denkmal ist eine in der Mittel⸗ achse des Wiener Rathhauses belegene Stelle der zwischen Rathhaus⸗ und Landgerichtsstraße befindlichen Gartenanlage bestimmt. Die Gestaltung des dort zu errichtenden Erinnerungsmales ist vollständig dem freien Ermessen der Bewerber anheimgegeben; es wird nur bestimmt, daß das Werk aus durchaus wetterbeständigem Material bestehen soll, das im Winter keines besonderen Schutzes bedarf. Die Herstellungskosten dürfen 25 000 Gulden ö. W. nicht überschreiten, was durch einen nachrechenbaren Kostenvoranschlag oder ein rechtsverbindliches Angebot nachzuweisen ist. Darzustellen ist der Entwurf in einer Modellskizze (1:8), einem Lageplane (1: 300) und einem Grundriß des Denkmals und der näheren Um⸗ gebung in 1:50. Einlieferungsfrist ist die Zeit vom 8. bis 13. Mai 1893. Die drei Preise betragen 1000, 600 und 400 Kronen in Gold. Preisrichter sind die Herren Ober⸗Baurath F. Berger, Bildhauer Joh. Benk, Herrenhausmitglied Nic. Dumba, Professor K. Kund⸗ mann, Kammer⸗Medailleur A. Scharff, Professor R. Weyr und Bau⸗ rath von Wielemans, die sämmtlich dem Henkmalsausschuß ange⸗ hören. Außerdem sind drei Ersaßzmänner bestimmt. Die Unterlagen können vom Secretariat des Oesterreichischen Architekten⸗ und Inge⸗ nieur⸗Vereins, Wien I, Eschenbachgasse Nr. 9, bezogen werden.

Ein Preisausschreiben zur Erlangung von Ent⸗ würfen für städtische Gaswerke in Wien hat nach einer Mittheilung des „Centr.⸗Bl. d. Bauv.“ der dortige Gemeinderath

erlassen und ladet die Gasfachmänner des In⸗ und Auslandes zur Betheiligung ein. Die zu erbauenden Gaswerke sollen für das ge⸗ sammte Gemeindegebiet (mit Ausnahme eines Theiles, für welchen Verträge mit der österreichischen Gasbeleuchtungs⸗Anstalt bestehen) für öffentliche wie Privatzwecke das Leuchtgas lieferm und auf eine Jahresmenge von 100 000 000 chm und eine größte Tagesmenge von 500 000 ebm eingerichtet sein. Nähere Angaben über die Gestaltung der Gaswerke u. s. w. enthält das Programm, das vom Stadtbauamt unentgeltlich zu beziehen ist. Von dort können auch die erforderlichen Pläne und Unterlagen gegen Zahlung von 100 Fl. ö. W. bezogen werden. Die Frist für die Ablieferung ist auf den 15. Mai 1893 festgesetzt. Für. die 5 Arbeiten sind drei Preise von 8000, 5000 und 3000 Fl. vorgesehen. b

Gestern wurde laut Meldung des „W. T. B.“ in Christiania unter großer Betheiligung von Lehrern und Lehrerinnen eine Comenius⸗Feier veranstaltet. Der Feier wohnten der nor⸗ wegische Minister⸗Präsident sowie der gegenwärtige und der frühere Unterrichts⸗Minister bei. Nach der Festrede über die Thätigkeit des Comenius als Pädagoge sprach Pastor Röhmer aus Deutschland über dessen Wirksamkeit als Bischof. 88

Land⸗ und Forstwirthscha

Königlich preußisches Landes⸗Oekonomiecollegium.

Im Miteren Verlaufe der gestrigen Sitzung stand die Frage der Errichtung von Landwirthschaftskammern zur Berathung. Der Referent, General⸗Secretär, Oekonomie⸗Rath Dr. von Mendel (Halle) führte aus: Es gebe gegenwärtig in Preußen 16 landwirth⸗ schaftliche Centralvereine mit 1200 Einzelvereinen, die eine Mitglieder⸗ zahl von 157 000 umfassen. Man könne jedoch keineswegs sagen, daß die landwirthschaftlichen Vereine die berufene Vertretung der Land⸗ wirthschaft seien, weil sie nur einen Bruchtheil der Landwirth⸗ schaft repräsentirten. In der Provinz Sachsen gebe es z. B. 58 639 landwirthschaftliche Betriebe, der Centralverein der Provinz zähle aber nur 14 000 Mitglieder. Aehnlich sei es in allen anderen Provinzen. Wenn die Landwirthschaft gesunden wolle, dann sei es nothwendig, daß sich die Landwirthschaft, gleich der Industrie und dem Handel, eine berufene Vertretung schaffe. Dies könne aber nur durch Errichtung von Landwirthschaftskammern ge⸗ schehen. Nicht bloß die technischen Fortschritte auf landwirthschaft⸗ lichem Gebiete, auch die gesammten politischen Verhältnisse erheischten eine berufene Vertretung der Landwirthschaft. Der social⸗ demokratischen Agitation auf dem Lande werde man am wirk⸗ samsten begegnen, wenn man die Landwirthe in ihrer Gesammt⸗ heit gewissermaßen zwinge, sich als Landwirthe zu organisiren. Es entspann sich hierauf eine lebhafte Debatte, an der sich die Herren Rittergutsbesitzer von öö (Flamersheim, Rheinprovinz), Rittergutsbesitzer, Justiz⸗Rath Reich (Meyken in Ostpr.), Abg. Frei⸗ herr von Hövel (Herbeck in Westfalen) und Rittergutsbesitzer, Land⸗ rath a. D. von Röder (Ober⸗Ellguth in Schlesien) betheiligten. Die drei erstgenannten Redner erklärten sich entschieden gegen die Ein⸗ führung von Landwirthschaftskammern. Sie behaupteten, die jetzigen landwirthschaftlichen Centralvereine bildeten eine berufene Vertretung der Landwirthschaft, und alle Landwirthe, die ein Interesse an land⸗ wirthschaftlichen Fragen hätten, würden sich diesen Centralvereinen anschließen; dagegen liege die Gefahr nahe, daß durch die Errichtung von Landwirthschaftskammern in absehbarer Zeit die fachliche land⸗ wirthschaftliche Tendenz aus den Centralvereinen verschwinden und diese zum Tummelplatz der Parteipolitik gemacht werden könnten. Landrath a. D. von Röder äußerte sich bedingungsweise für den Vor⸗ schlag auf Errichtung von facultativen Landwirthschaftskammern. Der Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Thiel erklärte: Er stimme dem Freiherrn von Hövel bei, daß die Regierung verpflichtet sei, der Landwirthschaft zu helfen. Wenn die Landwirthschaft aber etwas erreichen wolle, dann müsse sie bemüht sein, sich möglichst unabhängig zu machen und sich selbst die nöthigen Geldmittel zu beschaffen. Wenn dies nur durch Landwirthschaftskammern erreicht werden könne, so sollte man ohne Bedenken solche schaffen. Es sei jedenfalls gut, wenn die verschiedenen Interessenvertretungen sich selbständig machten. Im übrigen hätten doch die Landwirthe auch ein Interesse, politische Fragen, wie z. B. die Zoll⸗ und Steuergesetzgebung, zu discutiren. Er verkenne nicht, daß Zeiten kommen könnten, in denen auch die Voten der Landwirthschaftskammern keine Beachtung finden dürften. Allein jedenfalls gäben die Landwirthschaftskammern am ehesten die Möglichkeit, daß die Klagen der Landwirthe an maßgebender Stelle Beachtung fänden. Nachdem noch Landes⸗ Oekonomie⸗Rath Kennemann (Klenka in Posen) und Gutsbesitzer Seydel (Chelchen in Ostpreußen) gegen die Vorlage gesprochen hatten, erklärte Landes⸗Director Freiherr von Hammerstein (Hannover): Er könne die Befürchtung nicht theilen, daß in Interessenvertretungen, die doch die Landwirthschaftskammern seien, politische Differenzen zu Tage treten würden. Unsere gesammten Zeitverhältnisse machten Interessenvertretungen nothwendig; es sei daher jedenfalls nicht gerathen, die Vorlage a limine abzuweisen. Sodann wurde gegen 4 ¼ Uhr Nachmittags die Sitzung auf heute vertaat.

In der heutigen Stns war der erste Redner der Ver⸗ waltungsgerichts⸗Director, Regierungs⸗Rath Drolshagen (Sig⸗ maringen). Er erklärte, nicht für die Vorlage stimmen, si auch nicht für die facultative Einführung erklären zu können. Ferner sprachen noch Landes⸗Aeltester Donath (Chmiellowitz bei Oppeln) und Rittergutsbesitzer von Below (Saleske in Pommern) dafür; Rittergutsbesitzer Radecke (Redden, Ostpreußen) trat zu Gunsten einer facultativen Einführung ein. Geheimer Regierungs⸗Rath Director Dr. Dünkelberg (Poppelsdorf bei Beonn) wies darauf hin, daß der Centralverein in der Rheinprovinz schon jetzt fast die Rolle einer Handelskammer spiele, und suchte die Vortheile darzulegen, die eine Landwirthschaftskammer besonders in Bezug auf die Hebung des land⸗ Töö Genossenschaftswesens haben würde. Oekonomie⸗Rath Dr. Frei von Canstein (Berlin) trat für die Vorlage ein, ebenso der Geheime Regierungs⸗Rath, Professor Dr. Maercker (Halle a. S.). Bei der dann vorgenommenen Abstimmung gelangte der Absatz 1 des Commissionsantrags: „Es ist dringend wünschenswerth, daß im Wege der Gesetzgebung die Möglichkeit eröffnet werde, den landwirth⸗ schaftlichen Centralvereinen auf ihren Antrag eine Organisation und Zuständigkeit ähnlich derjenigen der Handelskammern zu ver⸗ leihen“, in namentlicher Abstimmung mit 18 gegen 8 Stimmen zur Annahme.

rbstanbau hat in Rumänien unter der an⸗

Der diesjährige Der Anbau von Raps konnte

haltend trockenen Witterung gelitten. 1 infolge dessen nicht rechtzeitig erfolgen. Im Norden der Moldau traten Ende v. M. die lang ersehnten Niederschläge ein, sodaß sich dort der Stand der Wintersaaten recht befriedigend gestaltet hat. Die Maisernte wurde unter den besten Verhältnissen eingebracht,

sodaß jetzt schon vielfach neuer Mais zur Ausfuhr gelangt.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks des Rahr und in Oberschlesien.

8 ee 1. sind am 15. d. M. gestellt 11 317, nicht rechtzeitig gestellt keine en. 8 9 In Bbersg lesien sind am 14 d. M. gestellt 5364, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.

Einer Mittheilung der „Köln. Ztg.“ zufolge sollen die Saarkohlenpreise vom 1. Jaanuar 1893 ab um durchschnittlich 50 bis 60. pro Tonne ermäßigt werden. Der Preis der Kokskohle soll unverändert bleiben.

Leipzig, 15. November. (W. T. B.) Kamenzug⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. per Rovember 3,70 ℳ,

per Dezember 3,70 ℳ, per Januar 3,72 ½ ℳ, per Februar 3,77 ½ ℳ, per März 3,77 ½ ℳ, per April 3,80 ℳ, per Mai 3,82 ½ ℳ, per Juni 3,82 ½ ℳ, per Juli 3,85 ℳ, per August 3,85 ℳ, per Sepe tember 3,85 ℳ, per Oktober 3,85 Umsatz 285 000 kg.

Verdingungen im Auslande. 8

Spanien. .29. November. Direccion general de las minas de azogu in Almadén: Lieferung von Geräthen aus Guß und Schmiedeeisen 137,50, endgültig 275 Peseten. Näheres an Ort

16. November. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Reichs⸗Postdampfer„Hohenzollgry.“ von Australien kommend, ist am 15. November Morgens in von

Der Reichs⸗Postdampfer „Neckar“ hat am 15. November Nach mittags die Reise von Brindisi nach Genua fortgesetzt. Der Schnelldampfer „Spree“, von New⸗York kommend, hat am 15. No vember Vormittags Scilly passirt. Der Schnelldampf⸗ „Ems“ hat am 14. November Nachmittags die

von Gibraltar nach New York fortsgesetzt. Der Post dampfer „Weser“, von Brasilien kommend, ist am 14. No⸗ vember Nachmittags in Antwerpen angekommen. Der Postdampfer „München“ hat am 14. November Abends die Reise von Ant werpen nach Corunna fortgesetzt. Der Reichs⸗Postdampfer „Ol denburg“ hat am 15. November Vormittags die Reise von Sue nach Aden fortgesetzt. Der Schleppdampfer „Werra“ hat am 14. November Abends die Reise von Gibraltar nach Genua f gesetzt. 8 5* 8 11“

Khbönigliches Opernhaus.

Gestern Abend gelangte Felix Weingartner's Ope „Genesius“, zu der der Componist auch den Text nach Han Herrig's Operndichtung Geminianus“ verfaßt hat, zur ersten von schönstem Gelingen begleiteten Aufführung. Es ist das Schicksa aller tief angelegten, ernsten und gedankenschweren Musik, daß sie beim ersten Gehörtwerden nicht die volle Wirkung auf die Seelen de Hörer gewinnt, weil gleichsam das äußere Ohr mit d Zergliederung und dem Wiederaufban der Tongestalten einen s wesentlichen Theil der Aufmerksamkeit beansprucht, daß dee rei geistige Kunstwirkung darunter leidet. Hieraus mag man die Er scheinung ableiten, daß der Beifall, den das groß angelegte und sier reich durchgeführte Opernwerk Weingartner's gestern bei dem vo besetzten Hause fand, namentlich am Schluß keinen so einheitliche und spontanen Charakter trug, wie man dem Componisten hätt wünschen dürfen und wie er ihn verdiente. Weingartner wandelt wie das der Zeit seiner Lehrjahre nach natürlich ist, in der Bahnen der modernen Musik; aber man darf wohl sagen daß unter den Jüngeren, welche die Wagner'schen Wege einschlugen bis jetzt niemand mehr Eigenart, Selbständigkeit in der Erfindung Durcharbeitung und Gestaltung seiner musikalischen Gedanken ent wickelt hat, als Weingartner. Hieran kann der Umstand nicht ändern, daß gleich die ersten Takte, mit denen die kurze musikalische Einführung in die Oper beginnt, als ein Hauptmotiv aus Mende sohn’s Athaliamusik längst in unserm Ohre heimisch waren; merk⸗ würdig erscheint es vielleicht nur, daß diese wenigen Takte in allen möglichen Veränderungen, Verbindungen und Verwebungen durch alle Acte der Oper wiederkehren, als der Ausdruck durch geistigter christlich⸗religiöser Stimmung, für die der Componist einen neuen erhabenen, W Ausdruck hätte finden müssen, um seine Oper in die erste Reihe der musikalischen Kunstschöpfungen zu er⸗ heben. Weingartner's Musik verfügt aber über so reiche Ausdrucks⸗ mittel, daß man ihn nicht etwa lediglich als einen Wagnerianer hinstellen kann; viel eher man kann sagen, daß die Errungenschaften der deutschen Musik überhaupt bei ihm in sicherer Nacharbeit wieder erstehen; auch klassische und romantische Elemente bilden unterscheidbare Theile in seiner Melodienführung, während ein reiche Schatz ergreifender orchestraler Tongestalten die Stimmung de handelnden Hauptpersonen wiedergiebt.

Daß nicht überall die Wirkung auf die Hörer eine gleichmäß kräftige blieb, wird zum theil durch das Libretto verschuldet, das a bedeutenden Längen leidet. Der Gegenstand der Handlung ist i übrigen ein uns durchaus sympathischer und für die Bearbeitung ein Oper besonders geeignet. Genesius ist ein Schauspieler d römischen Kaisers Diocletian, der die Christen verfolgt und sie tödtet, wenn sie ihm nicht wie einem Gott opfern wollen. Der Schauspieler ist in Liebe entbrannt zu einer jungen Christin Pelagia, die ihn wiederliebt, aber, gestützt durch des greisen Priesters Cyprianus Worteskraft, um des Heilands willen ihre Liebe überwindet. Aus Rache verräth Genesius den Priester, mit der Pelagia in den Tod geht, obgleich sie sich und ihren Beichtvate retten könnte, wenn sie dem Kaiser Diocletian, der auch von ihre Schönheit berückt ist, sich hingäbe Genesius, der vor de Kaiser in einem Schauspiel das Leben der Christen schilder will, bekennt sich, wie durch überirdische Macht plötzlich erleuchtet, zum Heiland und seinem Erlösungswerk und stirbt, in die heilige Gemeinde aufgenommen, mit Cyprianus und Pelagia. Die Handlung wird aber noch reicher ausgestaltet dadurch, daß Claudia, eine Straßensängerin, den Genesius liebt und aus rein natürliche Gründen das Opfer ihrer Liebe zu bringen versucht, um Genesi dem Leben zu erhalten, selbst wenn nicht sie, sondern Pelagia an seine Seite lebte. 8 1.1““

Der Textdichter hat die musikalische Bearbeitung seines Stoff durch zu lange, wenn auch textlich poetische Einzelgesänge sich sell erschwert; Zwiegesang, besonders im Zusammenklang als Duett, is schon selten und Ensemblesätze kommen nur vereinzelt vor Von mächtigen Chören hoben sich zuweilen die Weisen der heldenhaften Personen wirkungsvoll ab, aber den bedeutendere Theil des Werks bildet d die Instrumentalmusik. In der Disposition über die orchestralen Kräfte zeigt Weingartne sich als vollendeter Meister, der die höchsten Empfindunge irdischer Freude und die tiefsten und erhabensten Stimmungen des auf das Ewige und Göttliche gerichteten Geistes zu offenbaren vermag. In den Ernst der leidenschaftlichen und begeisterten musi kalischen Motive, die sich wiederholt zu großartigen drama tischen Momenten verdichten, mischen sich im zweiten 2 wohlthuende lyrische Weisen, die eine glückliche aber leider nur kurze Abwechselung für das harmoniendurstige Ohr schaffen. De letzte Act steht wohl, was die musikalische Vertiefung anbetrifft, über den beiden ersten Acten, aber die äußere Wirkung entspricht der Be⸗ deutung der compositorischen Arbeit nicht mehr, zumeist wohl, wei es den Hörern an der ursprünglichen Frische und Hörlust gebricht.

Was die Aufführung am gestrigen Abend anbetrifft, so kann si als eine künstlerisch in jeder ee vollendete bezeichnet werden Unter den darstellenden Künstlern ragten am meisten die Damer Sucher und Götze hervor, die mit bekannter Meisterschaft di denkbar schwierigsten stimmlichen Aufgaben überwanden und durch ihr schauspielerische Leistung den Eindruck des Gesanges bis zum Schluß hir auf der gebührenden Höhe erhielten. Die Titelrolle gab Herr Sylva mit Einsetzung seiner ganzen Kraft und kürstlerischen ersönlichkeit durchaus würdig, wenn auch zuweilen das Tremuliren etwas störte Herr Betz sang den Priester warmherzig und mit schönstem Wohlklang.

Thomas⸗Theater. 1 Auf das Gastspiel des Herrn Junkermann, der drei Monat hindurch mit gutem Erfolge an dieser Bühne mit seinem Reuter Ensemble Vorstellungen gegeben hat, ist gestern Abend das Gastspie des Königlich bewensch. Fof auspielers Herrn Max Hofpaue

mit seiner in den ier bekannten, nur wenig veränderten

Hauptkräften Gesellschaft gefolgt. Auch d

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