Preußen
Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und 8 Medizinal⸗Angelegenheiten.
Königliche Akademie der Künste. Bekanntmachung.
Bewerbung ““ um den Michael⸗Beer'schen Preis II. Stiftung.
Die Concurrenz um den Michael⸗Beer'schen Preis zweiter Stiftung, zu welcher Bewerber aller Confessionen zugelassen werden, ist in diesem Jahre für Musiker bestimmt.
Es wird als Aufgabe gestellt: “ Die Composition eines mehrsätzigen Tedeums a capella, dessen Hauptsätze achtstimmig sind und in dem mindestens zwei fugirte Säaͤtze vorkommen. — Der Termin für die kostenfreie Ablieferung der Concurrenz⸗ arbeiten an den Senat der Königlichen Akademie der Künste ist auf den 15. April 1893 festgesetztt.
Die eingesandten Arbeiten und das schriftliche Bewerbungs⸗ gesuch müssen von folgenden Attesten und Schriftstücken be⸗ gleitet sein: 8 1
1) einem amtlichen Atteste, aus dem hervorgeht, daß der Concurrent ein Alter von 22 Jahren erreicht, jedoch das 32. Lebensjahr noch nicht überschritten hat;
2) einem Nachweise, daß der Bewerber seine Studien auf einer deutschen höheren Lehranstalt für musikalische Composition gemacht hat: 1
3) einem kurzen selbstgeschriebenen Lebenslauf, aus welchem der Studiengang des Bewerbers ersichtlich ist; .
4) einer schriftlichen Versicherung an Eidesstatt, daß die 1 Arbeit ohne jede Beihilfe von dem Bewerber aus⸗ eführt ist. “ 88 Eingesandte Arbeiten, denen die verlangten Schriftstücke und Atteste zu 1 bis 4 nicht vollständig beiliegen, werden nicht berücksichtigt. “ 1“
Der Preis besteht in einem einjährigen Stipendium von 2250 ℳ zu einer Studienreise nach Italien unter der Be⸗ dingung, daß der Prämiirte sich 8 Monate in Rom aufhalten und, unter Beifügung eigener Arbeiten, über seine Studien an die Königliche Akademie der Künste halbjährlichen Bericht erstatten muß.
Die Zuerkennung Monat Juli 1893.
Berlin, den 12. November 1892.
Der Senat der Königlichen Akademie der Künste, FGeett “ Dr. M. Blumner.
des Preises erfolgt spätestens im
In der Zweiten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staats⸗Anzeigers“ wird ein Privilegium wegen Ausgabe auf den Inhaber lautender Provinzial⸗Anleihe⸗ scheine der Provinz Posen bis zum Gesammtbetrage von 10 Millionen Mark veröffentlicht.
Bekanntmachung.
Grund des § 3 der in Nr. 284 des „Deutschen und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeigers“ vom
veröffentlichen und am 1. 1893 Vorschriften für die Lieferung und Papier zu amtlichen Zwecken haben Wasserzeichen bei der
Auf Reichs⸗ 2. Dezember 1891 in Kraft tretenden Prüfung von . ferner die folgenden Fabrikanten ihr unterzeichneten Anstalt angemeldet.
Die Anmeldungen Nr. 1— 7 sind im, Reichs⸗Anzeiger“ Nr. 84, 8—14 111,
40 —44
Wortlaut des Wasserzeichens
Penig. . . Normal....
Chemnitzer Papierfabrik Papierfabrik Einsiedel zu Einsiedel bei Chemnitz. oo11““
Patentpapierfabrik zu Penig.
Neußer Papier⸗ u. Pergament⸗ papier⸗Fabrik Actien⸗Gesellschaft
Neußer Papierfabrik in Neuß. 8
NS
F. W. Ebbinghaus 7 Letmathe Normal .
Ferdinand Flinsch. Freiburg .88L 14““
Friedr. Wilh. Ebbinghaus in Letmathe.
Ferdinand Flinsch in Freiburg i. B.
Dresdener Papierfabrik Dresdener in Dresden-A. Papierfabrik* Charlottenburg, den 16. November 1892.
Königliche mechanisch⸗technische Versuchs⸗Anstalt. A. Martens.
..Normal...
8
Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 22. November.
Dem Kaiserlichen Gesundheitsamt vom 21. bis 22. November Mittags gemeldete Cholera⸗Erkrankungen und Todesfälle: Regierungsbezirk Marienwerder: Im 8 Kiewo, Kreis Kulm, sind am 20. d. M. 2 neue Cholerafälle — men, davon einer mit tödtlichem Ausgange
8
Dorfe
Der bisher dem Landrath des Kreises Tilsit, Regierungs⸗ bezirk Gumbinnen, zur Hilfeleistung zuͤgetheilte Negierungs⸗ Assessor Dr. jur. Gerlach ist der Königlichen Regierung zu Münster zur weiteren dienstlichen Verwendung überwiesen J“ “ .
S. M. Kanonenboot „Iltis“, Lieutenant Graf von Baudissin, d. J. in Tientsin eingetroffen. 1
Der Lloyddampfer „Kronprinz Friedrich Wilhelm“ ist mit den Ablösungstransporten für S. M. Kanonenboot „Hyäne“, S. M. Fahrzeug „Nachtigal“, Hulk „Cyclop“, S. M. Kreuzer „Schwalbe“, S. M. Kreuzer „Möwe“ am 2. November d. J. in Kamerun eingetroffen und am 5. dess. Mts. von dort via Capstadt nach Dar⸗es⸗Salam wieder in See gegangen. 8
W1““
Commandant Capitän⸗ ist am 21. November
Sachsen
Ihre Königlichen Hoheiten der Erbgroßherzog und die Erbgroßherzogin von Baden trafen am Sonnabend Abend von Berlin zum Besuche Ihrer Majestäten in Dresden ein und nahmen in der Königlichen Villa Strehlen Wohnung. Gestern Vormittag kehrten Ihre Königlichen Hoheiten wieder nach Berlin zurück. 188
Aus Anlaß des Namenstages Seiner Majestät des Königs brachten die Musikcorps des 1. (Leib⸗)Grenadier⸗ Regiments Nr. 100, des Garde⸗Reiter⸗Regiments und des 1. Feld⸗Artillerie⸗Regiments Nr. 12 Seiner Majestät gestern Vormittag im Garten der Villa Strehlen eine Morgenmusik dar. Alsdann wohnten Ihre Majestäten der König und die Königin dem Gottesdienst in der katholischen Hof⸗ kirche bei, worauf Seine Majestät im Residenzschlosse die Vorträge der Staats⸗Minister und Departements⸗Chefs der Königlichen Hofstaaten entgegennahm. Mittags empfing der König die Glückwünsche des vorsitzenden Ministers im Ge⸗ sammt⸗Ministerium, Staats⸗Ministers von Thümmel, ferner des Mininers des Königlichen Hauses von Nostitz⸗Wallwitz, der Hofstaaten und des Bischoss Dr. Wahl. Nachmittags kehrte der König nach Villa Strehlen zurück.
Württemberg. Ihre Majestäten der König und die Königin, sowie Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Pauline haben sich am Sonntag zu mehrtägigem Aufenthalt nach Bebenhausen begeben.
Hessen.
Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und der Prinz Heinrich von Preußen sind von den Jagden in der Göhrde wieder in Darmstadt eingetroffen. “
Der zum großbritannischen interimistischen Geschäfts⸗ träger in Darmstadt ernannte Legations⸗Secretär Mr. Horace Augustus Helyar hat unterm 16. d. M. das Schreiben des Königlich großbritannischen Ministers des Aeußeren Earl Rosebery, welches ihn in gedachter Eigenschaft bei der Groß⸗ herzoglichen Regierung beglaubigt, dem Staats⸗Minister Finger überreicht. 88
Waldeck und Pyrmont.
Der Landtag der Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont hielt alsbald nach der Eröffnungssitzung am 30. Oktober seine erste öffentliche Sitzung ab, in der er sich constituirte. Zum Präsidenten wurde Abg. Varn hagen-⸗Arolsen, zum Vice⸗Präsidenten Abg. Dr. Waldeck⸗Korbach gewählt. Im Laufe des Jahres waren drei Ersatzwahlen nöthig geworden, welche geprüft und für gültig erklärt wurden. Nachdem der Präsident in warmen Worten des im Herbst vorigen Jahres verstorbenen langjährigen Mitgliedes und Vorsitzenden des Landtags Rhode gedacht hatte, beauftragte der Landtag eine Deputation, bestehend aus dem Präsidium und dem Abg. Schultze, Seiner Durchlaucht dem Fürsten zu Waldeck und Pyrmont zu der am 26. Juni d. J. erfolgten Geburt eines Prinzen die Glückwünsche des Landtags darzubringen. Am 16. November fand, nachdem in den Zwischentagen Ausschuß⸗Berathungen vorauf⸗ egangen waren, die zweite öffentliche Sitzung statt, in welcher Präsident zunächst mittheilte, daß Seine Durchlaucht der Fürst für die Höchstdemselben zur Geburt des Prinzen dar⸗ gebrachten Glückwünsche dem Landtage Höchstseinen Dank aus⸗ sprechen lasse. Dann wurde dem Entwurf eines Gesetzes über die Verlegung des großen Herbst⸗Bußtags auf den Mittwoch vor dem letzten Trinitatis⸗Sonntag die Zu⸗ stimmung ertheilt und ein Gesetzentwurf über die Ab⸗ änderung des Gesetzes über die Regelung der Verhältnisse des Stifts Schaaken vom 3. März 1880 angenommen. Ferner wurde der Entwurf des Etats für die Immobiliar⸗Feuer⸗Versicherungs⸗Anstalt der Fürsten⸗ thümer Waldeck und Pyrmont für die Jahre 1893— 1895 genehmigt und die Staatskassen⸗Rechnung vom Jahre 1890 geprüft. Nach der letzteren beträgt bei der laufenden Verwaltung die Einnahme 1 372 571 ℳ 58 ₰, die Ausgabe 1 294 312 ℳ 26 ₰, mithin der Ueberschuß 78 259 ℳ 32 J. Der Antheil an den Zöllen, der Taback⸗ und der Branntwein⸗ steuer pro 1890 betrug 429 355 ℳ 31 ₰, derjenige an dem Ertrage der Reichs⸗Stempelabgaben 35 410 ℳ 38 ₰. Als Zuschuß Preußens sind 310 000 ℳ vereinnahmt. Die Ma⸗ trikularbeiträge an das Reich betrugen in 1890 327 637 ℳ 33 J. Des weiteren wurden noch einige Wahlen vollzogen und von den Uebersichten über das Domanial⸗Stammvermögen Kenntniß genommen.
Hamburg.
Der Senat hat für den Rest des Jahres 1892 und für das Jahr 1893 den Bürgermeister Dr. Mönckeberg zum Ersten Bürgermeister und den Senator Dr. Versmann zum Zweiten Bürgermeister erwählt.
Der Entwurf des Budgets für 1893 ist jetzt veröffent⸗ licht worden. Wie der „Hamb. Corresp.“ berichtet, schließt das Budget mit 77 853 839 ℳ 87 ₰ Ausgaben und 73 574 953 ℳ 53 ₰ Einnahmen ab, hiervon im ordentlichen Etat Ausgaben 65 376839 ℳ 87 ₰ (1892: 62 645 004 ℳ 64 ₰, also 2 731 835 ℳ 23 ₰ mehr), und Einnahmen 61 097 953 ℳ 53 ₰ (1892: 58 072 561 ℳ 83 ₰, also 3 025 391 %ℳ 70 ₰ mehr). Die Grundsteuer war für 1892 mit 11 000 000 ℳ veranschlagt und brachte etwa 11 180 000 ℳ ein; im Budget wird bemerkt, daß auf Grund dieses Ertrages der Ansatz für 1893 auf 11 200 000 ℳ bemessen werden könne. Die Deichsteuer soll 110 000 ℳ, 15 000 ℳ mehr als 1892, einbringen. Die Einkommen⸗
steuer ist unverändert angesetzt, nämlich mit rund 10 000 000 ℳ Die Begründung bemerkt: „Hinsichtlich der 5 Einkommensteuer macht sich ein Rückgang bemerkvar, und da nach bisherigen Erfahrungen ein fernerer Rückgang nicht aus⸗ geschlossen ist, so dürfte der Ertrag für 1893 nicht höher als 10 Millionen zu veranschlagen sein.“ Die Staatsschuld 0 mehr als
erfordert für Verzinsung 11 737 000 ℳ, 26 im Vorjahre.
8 Oesterreich⸗Ungarn.
Wie die „Politische Correspondenz“ erfährt, hat am Sonntag wischen dem Minister des Auswärtigen Grafen Kälnoky und em italienischen Botschafter Grafen Nigra der Austausch der Noten stattgefunden, letzten Wochen bezüglich der Weinzollfrage gepflogenen Besprechungen namens der betheiligten Regierungen ge⸗ nehmigt wird. Demselben Blatte zufolge hat der serbische Gesandte gestern das Ansuchen um Verlängerung des gegenwärtig zwischen Oesterreich⸗Ungarn und Serbien be⸗ stehenden Handelsvertrages gestellt, da wegen der Ver⸗ tagung der Skupschtina die Genehmigung des neuen Ver⸗ trages nicht rechtzeitig erfolgen könne. 8
Unter den nach Schluß der Redaction eingetroffenen Depeschen ist in der gestrigen Nummer des „R.⸗ u. St.⸗A.“ bereits der Inhalt der von dem ungarischen Minister⸗Präsi⸗ denten Dr. Wekerle gestern im Unterhause gehaltenen Programmrede kurz skizzirt worden. Aus den heute vor⸗ liegenden ausführlicheren telegraphischen Meldungen tragen wir noch Folgendes nach. 8
Die Erklärung des Minister⸗Präsidenten Dr. Wekerle über die Kirchenpolitik lautete:
Auf dem Gebiete der Kirchenpolitik hat das neue Cabinet das Bestreben, die Ruhe und den confessionellen Frieden bei Wahrung der staatlichen Interessen zu erhalten, sowie eine derartige Gestaltung aller Institutionen zu veranlassen, daß sie eine dauernde Garantie in dieser Richtung bilden. Der Gesetzentwurf, betreffend die Reception der Israeliten, wird fertiggestellt. Die Gesetzentwürfe über die allgemeine Civilmatrikel und die freie Religionsübung r. langen im Laufe des Winters zur verfassungsmäßigen Vorlage. Als Uebergangsbestimmung sollen die bisherigen Matrikelführer im Falle der Wegtaufungen in den gegenwärtigen Matrikeln die Religions⸗ zugehörigkeit der Betreffenden ersichtlich machen und im Weigerungs⸗ falle des Matrikelführers soll an dem betreffenden Orte die Civilmatrikel
sofort eingeführt werden. Was das Eherecht betrifft, so gelangte das neue Cabinet zu einer einhelligen Beschlußfassung hinsichtlich der obligato⸗ rischen Civilehe und erlangte die Allerhöchste Ermächtigung zu der principiellen Erklärung, daß der hierauf bezügliche und bereits in An⸗ griff genommene Gesetzentwurf zur Grundlage erhalte: ein für alle Staatsbürger verbindliches, allgemeines staatliches Eherecht, die Juris⸗ diection der staatlichen Civilgerichte in Eherechtsfragen und die obliga⸗ torische Civilehe, wobei selbstverständlich das Recht der Krone, die Einzel⸗ bestimmungen des seinerzeitigen Gesetzentwurfs zu genehmigen, ge⸗ wahrt bleibt; dagegen wurden die Bestimmungen des Gesetzartikels 53 vom Jahre 1868, welche die freie Verfügung der Eltern über die Religionsangehörigkeit ihrer Kinder beschränkten, aufgehoben.
Des weiteren betont das Programm des Minister⸗ Präsidenten die Aufrechthaltung des staatsrechtlichen Ausgleichs vom Jahre 1867 als einer dauernden Schöpfung, die Beibehaltung der liberalen Richtung, die Vervollkommnung der Heereskraft, sowie die con⸗ sequente Durchführung der begonnenen Valutareform. In dem der Finanzpolitik gewidmeten Theile des Programms bezeichnete der Minister⸗ Präsident als Aufgaben des Ministeriums unter anderem die Pflege und Erweiterung der Handelsbeziehungen mit den ausländischen Staaten und die Sicherstellung der Handelsbeziehungen durch Verträge, insbesondere mit den Orientstaaten. Bei dem Er⸗ scheinen des Cabinets im Hause, sowie nach der Abgabe der Erklärung des Minister⸗Präsidenten wurden lebhafte Eljen⸗ rufe laut.
Nach dem Minister⸗Präsidenten nahm der Abgeordnete Eötvös das Wort und erklärte namens der Unabhängigkeits⸗ partei die Uebereinstimmung mit mehreren Theilen des ministe⸗ riellen Programms, insbesondere bezüglich der Einflußnahme auf die äußere Politik. Die Unabhängigkeitspartei werde dem Cabinet keine factiösen Schwierigkeiten bereiten. Der Abgeordnete Graf Apponyi erklärte gleichfalls seine Uebereinstimmung
mit mehreren Punkten des Programms, während er andere Punkte einer Kritik unterzog und bemerkte, seine Partei werde ohne gleichzeitige Reform der ⸗Ge⸗ setzgebung über die Parlamentswahlen jede Verwaltungs⸗ reform mit allen Mitteln bekämpfen. Der Redner trat sodann für die Einheitlichkeit der Ehegesetzgebung und die obligatorische Civilehe ein. Der Abgeordnete Ugron er⸗ klärte, er verlange eine offene Stellungnahme der Regierung und erwarte von ihr Aufrichtigkeit und Entschlossenheit. Es sei zeitgemäß, daß nicht mehr recipirte und nichtrecipirte, sondern allgemein nur freie Religionen beständen.
Im Oberhause gab der Minister⸗Präsident analoge Erklärungen ab wie im Abgeordnetenhause. Graf Ferdinand Zichy erklärte sich gegen die Civilstandsregister und gegen die Cwilehe; etwaige Neuwahlen würden zeigen, daß auch die Nation gegen beides sei. In ähnlichem Sinne sprachen sich auch Graf Geza Zichy und Graf Nicolaus Esterhazy aus. Der Minester⸗Präsident wies den erhobenen Vorwurf einer falschen Informirung des Monarchen zurück und bat das Oberhaus mit seinem Urtheil zurückzuhalten, bis die Gesetz⸗ entwürfe vorliegen würden. .
In einer gestern abgehaltenen Conferenz der libe⸗ ralen Partei erklärte der Minister⸗Präsident, jedes Mitglied des Cabinets wünsche einen unmittelbaren Contact mit den Mitgliedern der Partei. Die Partei müsse auf der principiellen Grundlage zusammenhalten und aushalten. Die Regierung könne nur mit einer Partei
usammenwirken, die ihr ein mit allen Attributen er Verfassungsmäßigkeit versehenes Wirken ermögliche. In diesem Sinne bitte er die Partei um ihr Vertrauen und ihse Unter⸗ stützung. (Wiederholte lebhafte Zustimmung.) Der räsident Podmaniezki sowie die hervorragenden Mitglieder der Partei drückten dem Chef des Cabinets und dem neuen Cabinet ihr rückhaltloses Vertrauen aus. Koloman Tisza erklärte gegen⸗ über den von der Opposition ausgestreuten Gerüchten über eine bestehende „Tisza⸗Clique“, er wicge seit seinem Austritt aus dem Amt lediglich als einfaches Mitglied der Partei und werde als solches stets seine Pflicht erfüllen. 1 8
Fast die gesammte hauptstädtische Presse beurtheilt, wie B.“ meldet, die Antrittsrede des Minister⸗Präsidenten in durchaus günstigem Sinne. Selbst die Blätter der Oppo⸗ sition constatiren, daß sie einfach, ohne Prunk und ohne Zwei⸗ deutigkeit gewesen sei.
in denen das Ergebniß der in den „
Der Herzog Wilhelm von Württemberg ist gestern
von Wien nach Carlsruh in Schlesien abgereist.
8
Gestern haben im Wiener Bezirk Alsergrund und in Teschen Ersatzwahlen zum Reichsrath stattgefunden. Bei beiden wurden die deutsch⸗liberalen Candidaten gewaählüil. “ 8 Frankreich.
In Paris sind Meldungen aus Portonovo einge⸗ troffen, wonach die französischen Truppen Abomey ohne Kampf besetzt haben. Der König von Dahomey befinde sich auf der Flucht, man wisse nicht, ob seine Leute ebenfalls geflüchtet seien oder sich den Franzosen angeschlossen hätten. Der goldene Thron des Königs sei nach Portonovo geschickt worden, um nach Toffa gebracht zu werden. Weitere Nach⸗ richten aus Portonovo besagen, der König von Dahomey habe die ihm gestellten Friedensbedingungen angenommen. Nach anderen Meldungen hätte General Dodds die Stadt Abomey von der Bevölkerung verlassen gefunden’ Kana wäre in Asche gelegt worden. Einem Gerücht zufolge befände sich der König unter den gefangen genommenen Schwarzen.
Die Deputirtenkammer trat gestern in die Besprechung der Interpellationen über die Panama⸗Ange⸗ legenheit ein. Der Deputirte Argeliès forderte, wie „W. T. B.“ berichtet, die Regierung im Namen der Inhaber der Panamakanal⸗Obligationen auf, noch vor Ablauf der Con⸗ cession zu interveniren. Der Deputirte Delahaye (Boulangist) verlangte die Einleitung einer parlamen⸗ tarischen Untersuchung als einer Maßnahme im Inter⸗ esse des öffentlichen Wohles. Er wolle keine Namen nennen, müsse aber betonen, daß die anstößigen Vorgänge in der Panamakanal⸗Angelegenheit noch die Wilson⸗Affarre überträfen. (Lebhafte Unterbrechungen.) Bei Einführung der Panama⸗ Loose seien 3 Millionen an 150 Mitglieder des Parlaments vertheilt worden. (Protestrufe.) Wenn man Namen hören wolle, so möge man eine parlamentarische Untersuchung einleiten. Die Administratoren der Panamakanal⸗Gesellschaft seien förm⸗ lich belagert worden. 100 000 Fr. hätten für ein Journal, weitere 100 000 für ein anderes und nochmals 100 000 zur Bestreitung von Wahlkosten aufgewendet werden müssen. Der Redner führte sodann verschiedene Gerüchte an, wo⸗ nach ein gegenwärtig bereits verstorbener ehemaliger Minister 400 000 Fr. gefordert habe, ein gänzlich werthloses politisches Blatt für 400 000 Fr. angekauft worden sei ind ein Mitglied der zur Prüfung des Projectes eingesetzten Commission, dessen Stimme zu Gunsten des Projectes den Ausschlag gegeben, 200 000 Fr. erhalten habe. Delahaye schloß unter großem Lärm mit der wiederholten Forderung, ei
1“
einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß einzusetzen. (Großer Lärm.) Nach der Rede Delahayes theilte der Präsident der Kammer Floquet mit, daß zwei An⸗ räge auf Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungs⸗ ausschusses eingegangen seien. Er werde die Einsetzung solchen Ausschusses auf das lebhafteste unter⸗ stützen. Der Minister⸗Präsident Loubet, der sodann das Wort ergriff, ermahnte die Kammer, ihre Ruhe zu be⸗ wahren. Angesichts der von der Rednertribüne herab ge⸗ äußerten Behauptungen könne die Regierung die geforderte Aufklärung nicht verweigern. Das Interesse an einer voll⸗ kommenen Aufklärung der Angelegenheit sei ein allgemeines. ie Regierung schließe sich daher dem Verlangen einer parlamentarischen Untersuchung an; sie habe niemals auch nur das Geringste zu verbergen gehabt. (Lebhafter Beifall.) Darauf wurde beschlossen, eine Ceonri ion
3
von 33 Mitgliedern mit den weitgehendsten Vollmachten ein⸗
Bathant die Bchauptung für unbegründet,
8
heutigen Sitzung zu erheben, Glückwunschtelegramm
zusetzen. In der sich hieran anschließenden lebhaften Discussion über die Form, in der die Ernennung der Commission erfolgen solle, erklärte der frühere Minister der öffentlichen Arbeiten daß er den nach Panama entsendeten Ingenieure der übergeben habe. Der Director des Crédit Germain bestritt, der Panama⸗Gesell⸗ schaft Geld gegen übertrieben hohe Zinsen dargeliehen zu haben. Hierauf wurde mit 311 gegen 243 Stimmen eschlossen, heute in öffentlicher Sitzung durch Listenwahl die Mitglieder des Untersuchungsausschusses zu ernennen. Im weiteren Verlaufe der Sitzung beantragte der Deputirte Dérouléde, um sich über die betrübenden Eindrücke der an den General Dodds ein senden. Der Marine⸗Minister
Beri der Oeffentlichkeit yonnais
zu
Burdeau erklärte, er habe dem General bereits die Glück⸗
wünsche Frankreichs übermittelt.
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w 1 Die Kammer beschloß ein⸗ timmig, sich diesen Glückwünschen anzuschließen.
Zu der Panama⸗Angelegenheit veröffentlicht die „Cocarde“ von gestern Actenstücke des seither flüchtig gewordenen
Finanziers Arton (deren Echtheit indessen noch angezweifelt wird), durch welche die Betheiligung Floquet's, Freycinet's und Her⸗ bette’s bewiesen werden soll. Der gestern bereits gemeldete plötz⸗
Selbstmord.
liche Tod des Banquiers Baron Reinach erregt der „Magdb.
tg.“ zufolge großes Aufsehen, man glaubt allgemein an Reinach war der Banquier der Panamggesell⸗
schaft und soll insbesondere mit der Vertheilung der Be⸗
stechungsgelder betraut gewesen sein.
Er war als Haupt⸗
belastungszeuge vorgeladen. Auch verschiedene royalistische
Abgeordnete erscheinen in die Angelegenheit verwickelt.
man
Die heutigen Morgenblätter sind einstimmig der Ansicht,
daß nach den gestern von Delahaye in der Kammer erhobenen
Anklagen die Untersuchung der Panama⸗Angelegen⸗
heit eine unabweisbare E“ sei, und daß
Wien, in
wollten heute Vormittag eine sitzun mit der Rechten bezuüͤglich der Mitgliederliste für Panama⸗Commission zu verständigen. .
jetzt über die Angelegenheit so schnell wie möglich volles Die Deputirten der Linken Plenarsitzung abhalten, um sich die
Licht verbreiten müsse
“
Belgien. 6 Sn Gegenüber einer Depesche des „Daily Chroniecle“ der behauptet wurde, die italienischen Delegirten zur Münzconferenz würden sich von der
lateinischen Munzunion zurückziehen, wird, wie „W. T. B.“ meldet, von gut unterrichteter Seite mitgetheilt, die Dele⸗
b öüische Delegirte Pirard sei in allen die Union
girten der verschiedenen, die lateinische Münzunion bildenden Staaten würden in allen die lateinische Münzunion betreffen⸗ den Punkten ein gemeinsames Votum abgeben. Der fran⸗
betreffenden
unkten zum Wortführer bestimmt. Dieser Beschluß sei gestern
in einer durch die italienischen Delegirten berufenen Conferenz
der zur Union gehörigen Staaten unter dem Vorsitz des
delgischen Minister⸗Präsidenten Beernaert gefaßt worden.
gestern
Führer der Rechten, hat
Der Deputirte Woeste, der erhalten, in welchem
einen anonymen Drohbrief 11“ . 8
ansetändigt wird, daß sein Wohnhaus
Luft gesprengt werden würde.
mit Dynamit in die
Die polizeiliche Untersuchung
ist eröffnet und eine besondere Ueberwachung des bedrohten
Hauses angeordnet worden. 8 Serbien. Nach einer dem Londoner „Standa gegangenen Meldung hätten die Führ in Serbien bald nach dem Sturze
rd“ aus Bukarest zu⸗ er der Radicalen des Cabinets an den
Kaiser pvon Rußland eine Petition gesandt, und darin
um seine Unterstützung gegenüber den Regenten und dem.
neuen liberalen Cabinet gebeten. Die Petition sei jüngst den
Petenten zurückgesandt worden.
Schweden und Norwegen.
Der Reichstag hat gestern mit Armee⸗Organisationsvorlage
der Berathung der begonnen. In der
Zweiten Kammer gab der Kriegs⸗Minister, wie „W. 2. B.“ derichtet, eine historische Uebersicht über die verschiedenen Stadien
in der Entwickelung der Armee und führt
für die Uebungen der Wehrpflichtigen
im deutsch⸗französischen Kriege im Jah Anschauung gemachten Erfahrungen als Kriegs⸗Minist Kammer möge die Regierungsvorlage damit den Dank der gegenwärtigen und
sichern.
e aus, er sehe 90 Tage auf Grund seiner re 1870 aus eigener ausreichend an. Der
ter schloß unter lebhaftem Beifall mit der Bitte, die
annehmen und sich späterer Generationen
Der Vorschlag der Regierung über die Organisation
der Infanterie wurde angenommen, und zwar von der Ersten Kammer ohne Abstimmung, von der Zweiten Kammer mit
142 gegen 82 Stimmen.
Parlamentarische Nach
richten.
Deutscher Reichstag.
1. Sitzung vom 22. November.
Um 2 ½ Uhr eröffnete Herr von
visorischer ö die erste Sitzung des Reichstags,
die Abgg. Graf Kleist, Bürklin, Schmidt
Levetzow als pro⸗ berief (Elberfeld) und Porsch
als provisorische Schriftführer und machte Mittheilung von den seit Schluß der letzten Session eingetretenen Veränderungen
im Personalbestande des Hauses. gegangen: 1) der Entwurf eines Gesetzes, betreff
An Vorlagen sind ein⸗
end die Feststellung des
Reichshaushalts⸗Etats für das Etatsjahr 1893/94; 2) der Entwurf
eines Gesetzes, betreffend die Aufnahme eine
r Anleihe für Zwecke der
Verwaltungen des Reichsheeres, der Marine und der Reichs⸗Eisen⸗
sowie zu Entwurf
bahnen,
3) der eines
Gesetzes,
zur Erhöhung der Betriebsfonds der Reichskasse; betreffend
die Feststellung
des Haushalts⸗Etats für die Schutzgebiete Kamerun, Togo und das
südwestafrikanische Schutzgebiet für das Et⸗
Uebersicht der Reichs⸗Ausgaben und ⸗Einnahmen für das
jahr 1891/92; 5) Rechnungen über das Etatsjahr 1884/85, b. für c. für das Etatsjahr 1886/87, d. und e. für das Etatsjahr 1888/89; 6) der die Controle des Reichshaushalts und
die bereits früher den Reichshaushalt,
das für das
atsjahr 1893/94; 4) die vorgelegten allgemeinen und zwar: a. für Etatsjahr 1885/86, Etatsjahr 1887/88 Gesetzentwurf, betreffend
Landeshaushalts von Elsaß⸗
Lothringen für das Etatsjahr 1892/93; 7) der Entwurf eines Gesetzes wegen Abänderung des Gesetzes vom 23. Mai 1873, betreffend die Gründung
und Verwaltung des Reichs⸗Invalidenfonds
; 8) der Entwurf eines
Gesetzes über Abänderung von Bestimmungen des Strafgesetzbuchs, des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Gesetzes vom 5. April 1888,
betreffend die Gerichtsverhandlungen; Anwendung der für die Einfuhr nach D bestehenden Zollbefreiungen nicht meistbegünstigten Staaten; betreffend die Einführung einer 11) der Entwurf eines Gesetzes
10) der
und llermsscgwenzen
einheitlichen 1 über das Auswanderungswesen;
unter Ausschlus der Oeffentlichkeit stattfindenden 9) der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die
eutschland vertragsmäßig gegenüber den eines Gesetzes, Zeitbestimmung;
IEntwurf
12) die Denkschrift über die Ausführung der seit dem Jahre 1875
13) die für das ( sich auf
erlassenen Anleihegesetze; Ober⸗Rechnungskammer derjenigen Theile, welche
Rechnung der Ftn 1889/90 ie
Kasse der bezüglich Reichsverwaltung be⸗
ziehen; 14) die auf Grund des § 139 a der Gewerbeordnung vom Bundesrath crlassenen Bestimmungen: 1) über die Beschäftigung von
Arbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern i werken, 2) über die Beschäftigung jugendl räumen und dergleichen; 15) die Uebersicht d Ergänzungsgeschäftes für das Jahr 1891.
n Walz⸗ und Hammer⸗ icher Arbeiter in Hechel⸗ er Ergebnisse des Heeres⸗
Der Namensaufruf ergab die Anwesenheit von 222 Mit⸗
gliedern. Die nächste Sitzung
Mittwoch 1 Uhr zur
ndet Wahl der Präsidenten und Scgristführer statt.
Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten.
“
Der Sitzung wohnen bei der Ministeriums, Minister des Innern und der Finanz⸗Minister Dr. Miquel.
8 5
6. Sitzung vom 22. November, 1 ½ Uhr.
des Staats⸗ raf zu Eulenburg
Bei Fortsetzung der Generaldiscussion des Gesetzentwurfs
wegen Aufhebung directer Sta
bindung mit der Denkschrift über
ergreift zuerst das Wort der Finanz⸗Minister Dr. Miquel: Es
atssteuern in Ver⸗ die Steuerreform
scheine ihm erforderlich,
etwas näher auf einige Fragen einzugehen, die er gestern nur obenhin habe bkerühren können und zwar zuerst auf die Frage:
welche Klassen der Bevölkerung durch lastet, welche Klassen mehr entlastet
die Reform höher be⸗ würden. Unter dem
neuen Einkommensteuergesetze ständen sich ohne Zweifel die Arbeiter besser als vordem; sie würden außerdem von der
garnicht ebenfalls ganz anseh nicht unter die Ve
Gewerbesteuer Besitzer würden
Vermögenssteuer werker würden sie fielen auch werde aber die kleinbürgerlichen
betroffen werden.
erlassen.
nicht
Die Hand⸗ nlich entlastet, denn rmögenssteuer, ihnen
Auch die mehr belastet.
Der Großgrundbesitzer werde, je verschuldeter er sei, desto weniger von der ““ getroffen; entlastet werde der weniger
Steuerkräftige, kratie? steuer zweifellos entlastend ein.
Vermögenssteuer? Je größer die würden sie herangezogen werden, dem Lande. das Einkommensteuergesetz:
erangezogen der Steuerkräftigere. Sei das Pluto⸗ Auf die Communalbesteuerung wirke die Vermögens⸗ Wer bezahle denn aber die Vermögen seien, desto stärker sowohl in der Stadt wie auf Die Steuerreform bewirke also genau dasselbe wie verhältnißmäßige Entlastung der
weniger Steuerkräftigen und verhältnißmäßige Wesehesefrnng
der Leistungsfähigen.
(Bei Schluß des Minister fort.)
Blattes pricht der
Jahresbericht des Ackerbau⸗Departements in den Vereinigten Staaten von Amerika.
Der Jahresbericht des Departements für Ackerbau stellt fest, daß 80 % der ausgeführten einheimischen Erzeugnisse der Vereinigten Staaten im Werthe von mehr als einer Milliarde Dollars aus landwirthschaftlichen Producten bestanden haben. Die Einfuhr an Erzeugnissen, welche der amerikanischen Landwirthschaft Concurrenz mache, sei immer noch zu groß. In Betreff des Viehstandes hebt der Bericht hervor, daß bereits vor⸗der Publikation, welche die Vereinigten Staaten für frei von Viehseuchen erklärte, Vorsichtsmaßregeln ergriffen worden seien. Der Bericht billigt die umfassende Einschränkung des Baumwollen⸗ baues in den Vereinigten Staaten und fügt hinzu, die übergroße Production habe den Baumwollenpflanzern Schaden gebracht. Ferner weist er hin auf ei starke Ver⸗ mehrung der Einfuhr von roher Baumwos deren die amerikanischen Fabrikanten bedürften, weil die einheimische Baumwolle der charakteristischen Eigenschaften der ausländischen Baumwolle ermangele. Schließlich kündigt der Bericht an, es würden, um die Einfuhr fremder, namentlich egyptischer Baumwolle zu ver⸗ hindern, Versuche gemacht werden, eine heimische Baumwolle zu er⸗ zeugen, welche die egyptische Baumwolle in wirksamer Weise ersetze.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
Cholera.
Pest, 21. November. Von gestern Abend 6 Uhr bis heute Abend
1 85 sind hier zehn Personen an der Cholera erkrankt und fünf ge⸗ storben. ’ Brüssel, 21. November. Seit Sonnabend sind in das hiesige Hospital sechs an Cholera erkrankte Personen gebracht worden, die sämmtlich im Centrum der Stadt wohnhaft sind. Zwei Frauen sind der Krankheit erlegen. — In Brügge sind in den letzten 48 Stunden fünfzehn Cholera⸗Erkrankungen und dreizehn Todesfälle vorgekommen. Sämmtliche Fälle betreffen Bewohner der ärmeren Stadtviertel. Der Wiederausbruch der Epidemie wird dem Genuß von in Fäulniß über⸗ gegangenen Fischen zugeschrieben.
Amsterdam, 22. November. Nach dem von dem Minister des Innern veröffentlichten Wochenbericht beträgt die Zahl der in Holland in letzter Woche an der Cholera Verstorbenen 14; davon entfallen auf Utrecht 3, auf Breda 3 und auf Rotterdam 2 Fälle.
8 Dänemark.
Durch eine sofort in Kraft getretene Bekanntmachung des Königlich dänischen Justiz⸗Ministeriums vom 18. November 1892 sind sämmtliche bisher geltenden Quarantäne⸗Maßregeln aufgehoben worden. Dagegen treten die Bestimmungen im 2. Abschnitt I des Gesetzes vom 2. Juli 1880 über die gesundheitspolizeiliche Untersuchung gegen solche Schiffe in Kraft, welche aus russischen Häfen der Ostsee und des Finischen Meerbusens, ferner aus niederländischen, belgischen und französischen Häfen kommen oder mit den aus solchen Häfen kommenden Schiffen auf der Reise verkehrt haben.
Gleichzeitig sind die durch die Bekanntmachung vom 7. November 1892 angeordneten Beschränkungen in der Ueberschreitung der Land⸗ grenze sowie die bisher vorgeschriebene ärztliche Untersuchung der mit der Eisenbahn an der jütländischen Grenze ankommenden Personen aufgehoben worden.
Außerdem ist Has Einfuhrverbot für gebrauchte Watte, Kratz⸗ wolle, Papierabfälle, gebrauchte Krollhaare, Obst und Gemüse sowie die Vorschrift über Desinfection des Reiseguts von “ außer Wirksamkeit gesetzt worden. Das Desinfectionsgebot bleibt jedoch für Provenienzen aus denjenigen Häfen in Kraft, für welche die oben erwähnten Bestimmungen über gesundheitspolizeiliche Untersuchung angeordnet worden sind.
Marokko.
Der internationale Gesundheitsrath in Tanger hat Hamburg unter dem 21. November 1892 für cholerafrei erklärt. Alleinige Be⸗ dingung der Zulassung zum freien Verkehr in sämmtlichen Häfen von Marokko ist nur, daß die betreffenden Schiffe behufs ärztlicher Untersuchung zuerst Tanger angelaufen haben und ihr Gesundheits zustand dort als gut befunden worden ist. 8
Verkehrs⸗Anstalten.
Hamburg, 21. November. (W. T. B.) Die Hamburg⸗Ame⸗ rikanische Packetfahrt⸗Actien⸗Gesellschaft wird auf Grund bereits unterzeichneter Verträge ihre bisher in unregelmäßigen Zwischen⸗ räumen mit Fracht⸗Dampfern betriebene Verbindung von Stettin nach New⸗York vom Januar ab in eine regelmäßig vierzehntägig verkehrende Passagierdampferlinie umwandeln und den Verkehr von Schweden und Norwegen in diesen Dienst mit einziehen, indem sie die von Stettin ausgehenden Dampfer die Häfen von Helsingborg, Gothenborg und Christiansand anlaufen läßt.
London, 21. November. (W. T. B.) Der Union⸗Dampfer „Trojan“ ist am Sonnabend auf der Ausreise von Southampton abgegangen. Der Union⸗Dampfer . Scot“ ist gestern auf der Heim⸗ reise von Madeira abgegangen. Der Castle⸗Dampfer „Doune Castle“ hat am Sonnabend auf der Heimreise die Canarischen Inseln passirt. Der Castle⸗Dampfer „Grantully Castle“ hat heute auf der Heimreise Plymouth passirt. Der Castle⸗Dampfer „Hawarden Castle“ ist gestern auf der Ausreise in Durban (Natel) eingetroffen. Der Castle⸗Dampfer „Pembroke Castle“* ist am Sonnabend auf der Heimreise von Capetown abgegangen. Der Castle⸗Dampfer „Roslin Castle“ ist am Sonnabend auf der Ausreise von Southampton abgegangen. Der Castle⸗Dampfer „Warwick Castle“ hat auf der Ausreise gestern die Canarischen Inseln passirt
Theater und Musik.
Donnerstag geht im Königlichen Opernhause Damen Rothauser, Weitz, Herzog und Dietrich, und Krasa in Scene.
Am „Carmen“ mit den den Herren Philipp, Krolop, Lieban, Schmidt b In der Vorstellung der Oper „Caxvalleria rusticana“ am Freitag sind die Damen Sucher, Dietrich und Lammert, die Herren Rothmühl nnd Fränkel beschäftigt. Darauf folgt „Der Barbier von Scvilla“ mit den Damen Herzog und Lammert, den Herren Bulß, Lieban, Schmidt und Mödlinger.
Anna Haverland studirt zur Zeit die Rolle der „Lady Macbeth“,
die sie demnächst am Berliner Theater zum ersten Male dar⸗ stellen wird. 1 Im Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Theater gelangt Offenbach's „Orpheus in der Unterwelt“ nur noch bis einschließlich Freitag zur Aufführung; sodann tritt eine zeitweilige Unterbrechung des Offenbach⸗Cyelus ein, da Herr Director Fritzsche durch Vorfüh⸗ rung einiger Neuheiten früher eingegangenen Verpflichtungen nach⸗ kommen will. Sobald es die Verhältnisse gestatten, wird jedoch dann der Cyclus zu Ende geführt werden. 3 1“
Im Kroll'schen Theater wird, wie bereits mitgetheilt, in dieser Woche dem Violin⸗Virtuosen Herrn Felirx Berber an zwei Abenden Gelegenheit geboten werden, sich hier von neuem hören zu lassen. Der Künstler wird zum Vortrag bringen: das Violinconcert in D-dur, op. 35, von Tschaiko vski, eine Romanze mit Orchester von Dvorak, eine Polonaise von Wieniawsky und einen Bolero von Sarasate. In dem Concert wirken neben dem Gast und der Theater⸗ kapelle von den Künstlern des Hauscs mit: der jetzt ständige Gast der Kroll'schen Oper Noran⸗Olden und Herr Bertram. Frau Moran wird die „Arie der Katharina“ und im Verein mit Herrn Bertram das Duett der Katharina und des Petrucchio
aus der Oper „Der idee. Zähmung“ von Götz und außerdem den Monolog der Brünnhilde aus der Goötkerrämmerung“ von Wagner