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Die Commission für die zweite Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich setzte in den Sitzungen vom 28. bis 30. No⸗ vember zunächst die Berathung der Vorschriften über die Be⸗ ö (§S 737 bis 748) fort. Zu erledigen war noch der § 746, der einige besondere, mit dem Prozeßverfahren im Zusammenhange stehende Fälle der Rückforderung wegen Weg⸗ falls des Rechtsgrundes regelt. Dersachliche Inhalt des § 746 wurde im wesentlichen gebilligt; man verständigte sich aber dahin, die Vorschriften in die Civilprozeßordnung zu verweisen. Die Civilprozeßordnung soll außerdem durch die als § 689a ein⸗ zustellende Vorschrift ergänzt werden, daß, soweit die in den §§ 686, 687 bezeichneten Einwendungen als begründet erkannt werden, die nach den §§ 739, 740 des Bürger⸗ lichen Gesetzbuchs mit der Rechtshängigkeit des Un⸗ spruchs auf Erstattung des an den Gläubiger Gezahlten oder Geleisteten verbundenen Wirkungen schon in dem Zeit⸗ punkte der Zahlung oder 8 eintreten. Zu einer ein⸗ gehenden Erörterung führte noch der von einer Seite gestellte Antrag, die Konkursordnung durch die Vorschrift zu ergänzen, daß, wenn der Gemeinschuldner zur Herausgabe eines ohne rechtlichen Grund erlangten Gegenstandes verpflichtet sei, dem zur Rückforderung Berechtigten ein Aussonderungsrecht zu⸗ stehen solle, soweit der Gegenstand sich zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens in der Konkursmasse befinde. Die Mehrheit lehnte jedoch den Antrag ab.
Die Berathung wandte sich sodann dem Titel über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 749—761) zu. Der § 749, der die Voraussetzungen der Geschäftsführung ohne Auftrag bestimmt und den Inhalt der Verpflichtungen des Geschäftsführers im allgemeinen, namentlich den Umfang seiner Haftung für Schadensersatz regelt, wurde in veränderter Fassung sachlich im wesentlichen nach dem Entwurf angenommen, ebenso der § 750, der für den Fall, wenn der Geschäftsführer die Geschäftsführung unternommen hat, um von dem Geschäftsherrn eine dringende Gefahr abzuwenden, die Haftung des Geschäftsführers auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt. Auch gegen den sachlichen Inhalt der Vorschriften des § 751 über die Ver⸗ pflichtung des Geschäftsführers zur Rechenschaftsablegung und zur Herausgabe des aus der Geschäftsbesorgung Erlangten er⸗ hob sich kein Widerspruch. Hinzugefügt wurde, daß der Geschäfts⸗ führer, sobald es thunlich ist, dem Geschäͤftsherrn von der Uebernahme der Geschäftsbesorgung Anzeige zu machen und, wenn es ohne Gefahr geschehen kann, dessen Entschließung abzuwarten hat. Der § 752, welcher die Ansprüche des Geschäftsherrn gegen den Geschäftsführer für den Fall, wenn der Geschchtsführer geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, besonders regelt, blieb ebenfalls unbeanstandet. Dagegen knüpfte sich an den 8. 753, der die Voraussetzungen bestimmt, unter denen der Geschäfts⸗ führer von dem Geschäftsherrn den Ersatz seiner Aufwendungen nach Maßgabe der Vorschriften über den Auftrag verlangen kann, eine lebhafte Discussion. Gegenüber dem Entwurf, welcher in allen Fällen den Anspruch des Geschäftsführers davon abhängig macht, daßdieser den wirklichen Intentionen des Geschäfts⸗ herrn entsprechend gehandelt hat, mithin auch im Falle eines ent⸗ schuldbaren Irrthums des Geschäftsführers den Anspruch ver⸗ sagt, war von einer Seite die entgsgengesesi⸗ Regelung in der Art vorgeschlagen, daß dem Geschäftsführer der Ersatz⸗ anspruch schon dann zustehen soll, wenn er nach Lage der Sache die Genehmigung seines Verhaltens durch den Geschäfts⸗ herrn erwarten durfte. Ein anderer Antrag bezweckte, den Geschäftsführer gegenüber dem Entwurf dann gün⸗ stiger zu stellen, wenn er die Geschäftsführung be⸗ hufs Abwendung einer den Geschäftsherrn bedrohenden dringenden Gefahr unternommen hat. In diesem Falle sollte er Ersatz seiner Aufwendungen verlangen können, wenn er ohne grobe Fahrlässigkeit annehmen durfte, daß der Geschäfts⸗ herr die Geschäftsführung genehmigen werde. Von dritter Seite war beantragt, im Anschluß an den Art. 472 des Schweizer Obligationenrechts den Anspruch des Geschäftsführers auf Erfat seiner Aufwendungen nach Maßgabe der für den Auftrag geltenden Vorschriften an die Voraussetzung zu knüpfen, daß die Ueber⸗ nahme der Geschäftsbesorgung mit Rücksicht auf die Zwecke und Verhältnisse des Geschäftsherrn dessen Nutzen entsprochen hat. Die Mehrheit entschied sich für die Annahme dieses Antrags. Die Vorschriften des § 754 über den Ausschluß des Ersatzanspruchs, wenn der Geschäfts⸗ führer ohne den Willen gehandelt hat, den Anspruch zu erlangen, wurden sachlich gebilligt, ebenso im wesentlichen die Vorschriften des § 755, die in gewissen Fällen dem Ge⸗ schäftsführer den W“ auch dann geben, wenn er gegen ein Verbot des Geschäftsherrn gehandelt hat. Dagegen wurde der § 756, welcher besonders ausspricht, daß die Geschäftsunfähigkeit oder die Beschränkung der Geschäfts⸗ fähigkeit des Geschäftsherrn auf den Ersatzanspruch des Geschäftsführers ohne Einfluß ist, als entbehrlich gestrichen. Unbeanstandet blieb der § 757 über die Unerheblichkeit eines Irrthums des Geschäftsführers in der Person des Geschäftsherrn. Auch der § 758 Satz 1, welcher den Anspruch des Geschäfts⸗ führers auf die Herausgabe der Bereicherung beschränkt, wenn die Voraussetzungen einer nützlichen Geschäftsführung nach den §§ 753, 755 nicht vorliegen, erfuhr keine Anfechtung. Ein Antrag, besondere Vorschriften über das Recht der Wegnahme einer von dem Geschäftsführer mit einer Sache des Geschäftsherrn verbundenen Sache auf⸗ zunehmen, wurde abgelehnt. Der von den Wirkungen einer Genehmigung des Geschäftsherrn handelnde zweite Satz fand mit der Abweichung Zustimmung, daß die Schlußworte H werden sollen, nach welchen die Genehmigung auch
ie Befreiung des Geschäftsführers von den Ansprüchen des Geschäftsherrn wegen mangelhafter Geschäftsbesorgung zur Folge haben soll. Man war der Ansicht, daß insoweit die Vorschrift des Entwurfs in ihrer Allgemein⸗ heit Mißverständnisse hervorzurufen geeignet sei. Die Vor⸗ schrift des § 759 über die von dem Geschäftsführer im eigenen Interesse oder im Interesse eines Dritten unternommene Geschäftsführung sowie die Vorschrift des § 760, welche den Fall betrifft, wenn jemand ein fremdes Geschäft im Auftrage eines Dritten besorgt, wurden als ent⸗ behrlich gestrichen. Gegen den § 761 erhob sich, soweit er die irrthümliche Besorgung eines (objectiv) fremden Geschäfts als eines eigenen Geschäfts nicht den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag, sondern nur den Vor⸗ schriften über ungerechtfertigte Bereicherung unterstellt, kein Widerspruch. Dagegen wurde Ahpeichend von dem Entwurf beschlossen, daß, wenn jemand ein fremdes Geschäft in dem Bewußtsein, nicht dazu berechtigt zu sein, als eigenes behandelt, der Geschäftsherr befugt sein 1 ihn die i
den SS 749, 751, 752 bestimmten Ansprüche geltend zu machen, und daß, wenn er von dieser Befugniß Gebrauch macht, er andererseits Ansprüchen des Geschäftsführers gegenüber nur zur Herausgabe der Bereicherung nach Maßgabe des § 758 Satz 1 verpflichtet ist. — “
Von den Vorschriften des folgenden, die Gemeinschaft regelnden Titels (§§ 762 bis 773) wurden noch die §§ 762 bis 766 und der § 767 Abs. 1 erledigt. Der § 762, welcher den Satz ausspricht, daß, wenn ein Recht mehreren gemein⸗ schaftlich zusteht, Gemeinschaft nach Bruchtheilen anzunehmen ist, fand die Zustimmung der Mehrheit. Auch die Vor⸗ schriften der 8§ 763 bis 766 über die Rechtsstellung der Theilhaber während bestehender Gemeinschaft, insbesondere über das Recht eines jeden Theilhabers, über seinen Antheil an dem gemeinschaftlichen Gegenstande zu verfügen, fanden im wesentlichen Billigung. Der § 765 erhielt jedoch den Zusatz, daß in Ermangelung einer die Verwaltung und Benutzung des gemeinschaftlichen Gegenstandes regelnden Bestimmung jeder Theilhaber auch außer den im § 772 Satz 1 bezeichneten Fällen eine dem Interesse aller Theilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Art der Verwaltung und Benutzung verlangen kann. Ein Antrag, für den Fall, daß ein Theilhaber seinen Antheil einem Dritten verkauft, jedem der übrigen Theilhaber ein gesetzliches Vorkaufsrecht zu geben, wurde abgelehnt, ebenso ein Antrag, welcher im Anschluß an das Französische Recht unter gewissen näher bestimmten Voraussetzungen jedem Theilhaber das Recht zu gewähren bezweckte, sich durch Aufgabe seines ntheils von der Verbind⸗ lichkeit zur verhältnißmäßigen Tragung der entstan⸗ denen Erhaltungs⸗ und Verwaltungskosten den anderen Theilhabern gegenüber zu befreien. Gegenüber dem § 767 Abs. 1, welcher jedem Theilhaber das Recht giebt, jederzeit die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, waren von ver⸗ schiedenen Seiten Anträge gestellt, durch welche einer unzeitigen, den gemeinschaftlichen Interessen widerstreitenden Ausübung des Rechts entgegengetreten werden sollte. Die Mehrheit schloß sich jedoch unter Ablehnung der Anträge dem Stand⸗ v des Entwurfs an.
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Der neuernannte Regierungs⸗Assessor Dr. Pothmann ist von Anfang Januar k. J. ab bis auf weiteres dem Land⸗ rath des Kreises Niederung, Regierungsbezirk Gumbinnen, und der neuernannte Regierungs⸗Assessor Beccard von Anfang Januar k. J. ab bis auf weiteres dem Landrath des Kreises Regierungsbezirk Danzig, zur Hilfeleistung zugetheilt worden.
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S. Kanonenboot „Wolf“, Commandant Corvetten⸗ Capitän Hellhoff, beabsichtigt am 6. Dezember cr. von Shanghai nach Hankow in See zu gehen.
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Sachsen.
Ueber den heutigen Besuch Seiner Majestät des Kaisers am Königlich sächsischen Hofe wird dem „Dr. J.“ Folgendes gemeldet: Die Ankunft Seiner Majestät in Strehlen erfolgt um 4 Uhr Nachmittags. Empfangsfeier⸗ lichkeiten finden nicht statt, da der Allerhöchste Besuch ein ganz privater ist. Um 5 Uhr findet in Villa Strehlen Königliche Familientafel statt. Abends werden die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften das Altstädter Königliche Hof⸗Theater besuchen. Morgen wird eine Königliche Hofjagd im Thiergarten zu Moritzburg abgehalten, zu der Ihre Majestäten der Kaiser und der König früh 7 ½ Uhr mit Wagen von Villa Strehlen abfahren werden. Nachmittags um 5 Uhr findet im Königlichen Jagdschlosse zu Moritzburg Jagdtafel statt, nach der Seine Majestät der Kaiser — vor⸗ aussichtlich Abends 8 Uhr — von der Bahnstation Coswig aus mit Sonderzug nach Berlin zurückreisen werden.
Oldenburg. (H.) Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin sind vorgestern aus Altenburg, der Erbgroßherzog und die Erbgroßherzogin aus Dessau wieder in Oldenburg eingetroffen. —
Sachsen⸗Meiningen. 8
Der dem Landtag unterbreitete Staatshaushalts⸗ Etat für die Finanzperiode 1893/95 besteht aus dem Domänen⸗ und dem Landeskassen⸗Etat. Die Jahreseinnahme aus den Domänen ist mit 2 543 000 ℳ (204 000 mehr als im Vor⸗Etat), die Ausgabe mit 1 762 000 ℳ eingestellt; es bleibt sonach ein Jahresüberschuß von 780 000 ℳ (+† 103 000). Der Landeskassen⸗Etat balancirt pro Jahr in Einnahme und Ausgabe mit 4 595 000 ℳ Zu der 541 000 ℳ gegen den Vor⸗Etat mehr betragenden Einnahme liefern die directen Steuern 1 385 000 ℳ (+ 160 000), die Ueberweisungen aus der Reichskasse 1 823 000 ℳ (+ 248 000). In den Ausgaben sind die Matrikularbeiträge mit 1 592 000 ℳ (+ 381 000) angesetzt. Das Gleichgewicht zwischen Ausgabe und Einnahme wird durch Heranziehung von 118 000 ℳ aus den Baar⸗ beständen hergestellt.
Schaumburg⸗Lippe.
Die über das Befinden Seiner Durchlaucht des Fürsten in Bückeburg eingetroffenen Nachrichten besagen, daß zwar der Schüttelfrost und das Fieber seit dem 29. v. M. nicht wiedergekehrt sind, der Kräftezustand aber noch nicht befrie⸗ digend sei. Der Fürst hatte infolge andauernder Schmerzen und gastrischer Störungen eine unruhige Nacht. Gestern Vor⸗ 6 haben die Beschwerden des hohen Patienten nach⸗ gelassen.
Die Bürgerschaft hat in ihrer vorgestrigen Sitzung nachstehenden Antrag mit 72 gegen 35 Stimmen angenommen:
„Entsprechend der dem Senat und der Bür eerschaft überreichten Eingabe des Hamburger Gewerbevereins beschließt die Bürgerschaft und ersucht den Senat, es veranlassen zu wollen, daß: 1) alle zur Ausführung bereits beschlossenen Staatsarbeiten und Lieferungen sofort in vollster Ausdehnung gefördert werden; 2) für alle noch weiter der Ausführung entgegengereiften und in Aussicht genommenen Staatsarbeiten die Anträge auf Bewilligung unverzüglich vorgelegt werden, und es mitzugenehmigen, daß 83) die Ausführung sämmtlicher Staatsarbeiten und Lieferungen, soweit sie hier erhältlich sind, beziehungsweise hier ausgeführt werden ko die Dar fünf Jahren an Hamburgische
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werbetreibende in Auftrag gegeben werden, soweit diese sich verpflichten, die Herstellung in Hamburg zu beschaffen.“ 3 9 m.
Die Kaiserin traf laut Mittheilung des „W. T. B.“ gestern früh in Miramar ein und setzte Nachmittags auf der Nacht „Miramar“ die Reise nach Korfu fort.
Imösterreichischen Abgeordnetenhause stand gestern der Dispositionsfonds auf der Tagesordnung. Der Abg. Prade (liberal) erklärte namens seiner Partei, diese bewillige dem Staat das Budget, sie bewillige der Regierung aber nicht den Dispositionsfonds, weil sie ihr mißtraue. Der dalmatinische Abgeordnete Bianchini sprach gegen, der Ruthene Romancsuk für die Bewilligung des Dispositionsfonds. Der Abge⸗ ordnete Dr. von Plener hob unter dem Beifall der Linken hervor, die ersten Keime des Mißtrauens seien hervorgerufen worden durch die Haltung des Statthalters von Böhmen in der Ausgleichsfrage und durch die Haltung des Justiz⸗Ministers. Die Unterlassung einer Abwehr der staatsrechtlichen Aspirationen sowie die Haltung des Minister⸗Präsidenten gegenüber dem Aus⸗ falle des Fürsten Schwarzenberg gegen den Dualismus habe auf die deutsche Linke einen peinlichen Eindruck gemacht, zumal keine vorherige Verständigung darüber mit dem Minister Grafen Küenburg erfolgt sei. Seine Partei habe niemals ein Partei⸗Ministerium gefordert, sondern nur von einem Coali⸗ tions⸗Ministerium und der Cooperation mehrerer Parteien als gleichstehender Factoren gesprochen. Das negative Programm der Zurückstellung gewisser Parteifragen, melches er (Plener) billige, verlange die Zurückweisung der Bestrebungen der Jungczechen und des conservativen Großgrundbesitzes. Abänderungen des Schulgesetzes seien unmöglich; die Regelung der Sprachenfrage sei nothwendig, um für eine nützliche Thätigkeit Raum zu schaffen. Seine Partei trage kein Verschulden an der eingetretenen Wendung. Ein etwaiger Wiederausbruch des Conflicts finde sie in ungeschwächter Widerstandskraft. Seine Partei wolle durch Ablehnung des Dispositionsfonds an den Tag legen, daß sie zu dem Minister⸗ Präsidenten kein Vertrauen habe. Die Sitzung wurde hierauf geschlossen.
Großbritannien und Irland.
Dem „Daily Telegraph“ zufolge wollen die arnelliten den Vorschlag der Regierung, daß bei den Bürger nur eine Stimme haben solle, auf das äußerste bekämpfen. Sie wenden dagegen ein, daß ähnliches in der Vergangenheit nie geschehen, ohne daß gleichzeitig eine Neu⸗ eintheilung der Sitze vorgenommen worden sei. Ferner be⸗ haupten sie, daß dadurch eine bedeutende Verminderung der Stärke der irischen Parlamentsmitglieder herbeigeführt und so die Interessen derjenigen beeinträchtigt werden würden, deren numerische Stärke ein entscheidender Factor in der englischen Politik sei.
Frankreich. In einem Bricf an die „Agence Havas“ erklärt der Abg.
Brisson, er verzichte auf die Ausführung des
Auftrages, ein neues Cabinet zu bilden. Er habe ein neues Ministerium unter Mitwirkung aller Fractionen der republikanischen Partei bilden wollen, allein die Weigerung Casimir Pörier's, in das Cabinet einzutreten, und die Ab⸗ neigung Bourgeois', das Ministerium des Innern zu über⸗ nehmen, hätten ihn bestimmt, von der Bildung eines neuen Cabinets Abstand zu nehmen.
Die Zollcommission der Deputirtenkammer hat gestern die Handels⸗ und Schiffahrtsübereinkommen zwischen Frankreich und Rumänien, Columbien, Uruguay, Paraguay und der Argentinischen Re⸗ publik genehmigt.
Drei Mitglieder der Panama⸗Untersuchungs⸗ Commission begaben sich Festam Vormittag nach der Banque de France; dort wurde von ihnen constatirt, daß drei Checks im Betrage von 2 040 000 Fr., die von dem Hause Thierrée ge⸗ liefert waren, mit der Panama-⸗Angelegenheit nicht zusammen⸗ hingen. Die Namen der Giranten der übrigen Checks konnten nicht festgestellt werden. Der Justiz⸗Minister Ricard theilte der Commission schriftlich mit, daß er den General⸗Staatsanwalt angewiesen habe, die von Thierrée gelieferten 26 Checks mit Beschlag zu belegen. Der General⸗Staatsanwalt habe den Empfang der Ordre bescheinigt. Ob die mit Beschlag belegten Checks der Untersuchungscommission mitgetheilt oder zu den Acten der gerichtlichen Untersuchung in der Panamakanal⸗Angelegenheit genommen werden sollen, scheint noch nicht festzustehen. Von dem Baron von Roth⸗ schild ist der Commission ein Schreiben zugegangen, worin er mittheilt, daß er bei der Bank von Frankreich zwei Checks im Betrage von je 1 Million Francs habe ein⸗ lösen lassen. Die Checks seien bei dem Bankhause Roth⸗ schild in Frankfurt a. M. in Zahlung gegeben worden, das sie an das Bankhaus Rothschild in Paris übersandt habe. Das letztere habe alsdann den Betrag in der Bank von Frankreich abheben lassen.
Der Oberste Gerichtshof in London hat die Berufung des Anarchisten François gegen den Beschluß des Polizei⸗ gerichtshofs von Bom⸗Street, der das Auslieferungs⸗ gesuch der französischen Regierung genehmigte, abgelehnt. Francçois wird somit an Frankreich ausgeliefert werden.
Italien. 8
Im Senat brachte gestern, wie „W. T. B.“ berichtet, Guarneri eine Interpellation ein über die Ernennung von Senatoren. Auf Antrag des Minister⸗Präsi⸗ denten wurde die Interpellation vertagt. Der Minister⸗ Präsident erklärte, das vorgestrige Votum des Senats, welcher die Gültigkeit der Ernennung des früheren Deputirten Zuccaro zum Senator verworfen hatte, lege dem Cabinet die Pflicht auf, diese wichtige, die Prärogative der Krone berührende Frage sorgfältig zu prüfen. .
Spanien.
Zum Präfecten von Madrid ist Graf Pena Ramiro ernannt worden. In Paris eingetroffene Nachrichten aus Madrid besagen, daß daselbst gestern im Laufe des Tages und Abends vor dem Ministerium des Innern mehrfache Kund⸗ gebungen zu Gunsten des zurückgetretenen Bürgermeisters stattgefunden haben. Obschon sie eine irgendwie ernstere Be⸗ deutung nicht gehabt hätten, habe der neuernannte Präfect gleich⸗ wohl einen Tagesbefehl erlassen, worin Zusammenrottungen s Kundgebungen in den Straßen ausdrücklich verboten wer
ahlen jeder
Belgien.
In der Petrigen Sitzung der Deputirtenkammer richtete dem „W. T. B.“ zufolge der Deputirte Hanssens bei der Berathung des Budgets des Auswärtigen an die Regierung die Anfrage, ob sie wegen der gegen die belgischen Arbeiter im Departement Pas de Calais begangenen Ge⸗ waltthätigkeiten der französischen Regierung ernste Vor⸗ stellungen gemacht habe. Der Minister⸗Präsident Beernaert erwiderte, die Unterhandlungen hätten, den zwischen Frank⸗ reich und Belgien bestehenden Beziehungen entsprechend, einen durchaus correcten Verlauf genommen. Die in mehreren Orten Nordfrankreichs vorgekommenen Ausschreitungen seien unterdrückt worden und hätten keine weitere Ausdehnung angenommen. Richtig sei, daß man die deshalb Verurtheilten kurz nach ihrer Verurtheilung wieder begnadigt habe. Was diejenigen belgischen Arbeiter, die Schaden erlitten hätten, anlange, so müßten sie sich mit der Klage auf Schadenersatz an die französischen Gerichte wenden. Im weiteren Verlaufe seiner Rede theilte der Minister⸗Präsident mit, daß mit dem Deutschen Reich Verhandlungen wegen der Zulassung belgischer in⸗ dustrieller Unternehmungen zur Theilnahme an deutschen Sub⸗ missionen eingeleitet worden seien.
Zur Prüfung der von dem Baron von Rothschild in der Sitzung der internationalen Münzconferenz vom 28. v. M. gemachten Vorschläge (siehe Nr. 283 des „R.⸗ u. St.⸗A.“) war eine besondere Commission ernannt worden, deren Bericht nunmehr fertig gestellt worden ist. Er ist von dem russischen Delegirten Raffalowitsch redigirt und enthält, wie es heißt, keinen formellen Beschluß, beschränkt sich viel⸗ mehr auf die Wiedergabe der Ansichten der einzelnen Mit⸗ glieder, die in ihrer Gesammtheit die Rothschild’schen Vor⸗ schläge verworfen haber
Ferbien.
Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Belgrad verlautet daselbst, daß der Ende Dezember ablaufende serbisch⸗ englische Handelsvertrag demnächst bis Ende Juli n. J. werde verlängert werden.
Afrika.
Wie der „Times“ aus Kairo gemeldet wird, haben sich die Streitkräfte der Derwische bei Dongola vermehrt; eine Abtheilung von 300 Mann hat die egyptischen Posten bei den Brunnen von Marad angegriffen.
Deutscher Reichstag. 7. Sitzung vom Freitag, 2. Dezember, 12 Uhr.
Der Sitzung wohnen bei der Reichskanzler Graf von Caprivi, die Staatssecretäre Dr. von Boetticher, Freiherr von Maltzahn und Hollmann, sowie der Königlich preußische Kriegs⸗Minister von Kaltenborn⸗Stachau.
Der Reichstag genehmigt zunächst ohne Besprechung die Anträge der Abgg. Auer (Soc.) und Zimmermann (b. k. Fr.) wegen Einstellung der gegen die Abgg. Geyer, Werner und Schmidt⸗Frankfurt schwebenden Strafverfahren und etzt darauf die erste Berathung des Reichshaushalts⸗
tats für 1893/94 fort.
Abg. von Koscielski (Pole): Auf die Militärvorlage will ich
icht eingehen; dazu wird später Zeit sein. Wir hoffen, daß ein Weg gefunden wird, den wir mitgehen können, wir wollen alles be⸗ oilligen, was zur Sicherheit des Vaterlandes dient; denn wenn ein krieg ausbrechen würde, den wir nicht heraufbeschwören wollen, vürden die Grenzen unserer wirthschaftlichen Leistungsfähigkeit noch nger gezogen als jetzt durch die Belastung für militärische Rüstungen. s herrscht jetzt eine tiefe wirthschaftliche Depression, namentlich auch n der Landwirthschaft; trotzdem soll gerade die Landwirthschaft ur Deckung der Militärausgaben mit herangezogen werden. Wir m Osten, namentlich in Posen, sind schon überlastet mit Ausgaben, be⸗ onders mit Schullasten, trotzdem die Schule bei uns nicht im stande ist, den ersetzenden Tendenzen entgegenzuwirken, weil der Unterricht nicht in er Muttersprache stattfindet. Wir bringen dem Etat sehr viel guten Willen, aber recht schwache Kräfte entgegen. Gegenüber den Zeitungs⸗ erichten kann ich übrigens mittheilen, daß ich mich mit den Marine⸗Ausgaben doch in der Commission beschäftigen werde. So ange wir den Vorlagen der Regierung ablehnend oder kühl gegenüberstanden, fanden wir auf der linken Seite noch Sympathien; aber seitdem wir bereitwillig mitgearbeitet haben, sind wir zur Ziel⸗ scheibe der heftigsten Angriffe geworden. Fürst Bismarck hat uns vor mehreren Jahren hier die heftigsten Vorwürfe gemacht, daß wir die Absicht ätten, einen Krieg heraufzubeschwören, in welchem Preußen zertrümmert würde. Jetzt berichtet ein Leipziger Berichterstatter, daß Fürst Bismarck uns einen anderen Plan unterschiebt: Wir sollen die Absicht haben, einen Krieg heraufzubeschwören, der das russische Reich zersprengt. Wir wollen einen solchen Krieg nicht herauf⸗ eschwören. Aber wenn die Stunde der Entscheidung schlägt, ann werden wir da sein; wir werden aber die Stunde der Entscheidung nicht herbeizuführen suchen. Ich glaube, es ist besser, Sie nehmen uns so, wie wir sind. Sie werden nur die Einigkeit des Deutschen Reiches fördern, wenn Sie die Landestheile, die als Ost⸗ F Reiches besonders stark sein müssen, vor innerem Unfrieden
ewahren. Abg. Haußmann (Vp.): Alle Ft haben die Aufgabe, die Klagen, die sich draußen im Lande er eben, hier zu vertreten, damit die Regierung sich vertheidigen kann. Es sind Vor⸗ würfe gegen die Regierung erhoben werden, daß sie sich der Leitung der auswärtigen Politik nicht gewachsen gezeigt habe. Diesem Vorwurf kann ich mich nicht anschließen, ich habe vielmehr den Eindruck, daß die Regierung uns den Verhältnissen ent⸗ prechend vertreten hat und zwar in der früher nicht üblichen versöhn⸗ ichen Weise. Leider sind wir über die auswärtigen Dinge nicht sehr mterrichtet; wir bekommen Weißbücher allerdings über die Colonien, aber nicht über unsere auswärtigen Beziehungen. Aus dieser Unklarheit ergaben sich dann die Vorwürfe, und man mußte schließlich ganz her⸗ ustreten aus der üblichen Geheimhaltung und die geheimsten Depeschen veröffentlichen. Ich habe im Jahr 1890 ein colonial⸗ olitisches Programm verlangt und der Staatssecretär Frei⸗ err von Marschall hat damals für die Regierung nur noch eine kurze Zeit der Aufklärung verlangt, dann wolle er ein Programm vorlegen. Das Programm fehlt heute och, aber alles was der Abg. Dr. Barth ne hat: die Ge⸗ ahren der Expeditionen in das Innere, die Schlappen, die wir rleben würden, ist eingetroffen und es werden den Steuer⸗ erhebliche Opfer für diese Colonialpolitik zugemuthet. Bei Schluß des Blattes sprach der Abg. Haußmann — Ueber die Fortsetzung seiner Rede, wie über den heieten Verlauf der Verhandlung werden wir morgen ichten.
— Die Abgg. Dr. Baumbach⸗Berlin (dfr.), Dr. Barth (dfr.), Jebsen (nl.), Haußmann (Vp.), Rickert (dfr.) und Büsing (nl.) haben m Reichstage den Antrag eingebracht: Den Rei skanzler zu
dem Grundsatz der Unverletzlichkeit des Privateigenthums in Kriegszeiten auf einer internationalen Conferenz die völker⸗ Anerkennung zu verschaffen.
— Die Steuerreform⸗Commission des Abgeordneten⸗ hauses lehnte im Fortgange ihrer gestrigen Sitzung den Antrag, die Frage nach dem Ersatz der Vermögenssteuer durch die Erbschafts⸗ steuer in eine Subcommission zu verweisen, gegelk 7 Stimmen ab, ebenso gegen 5 Stimmen den Antrag des Abg. Stengel, den zur Durchführung der Steuerreform erforderlichen Ergänzungsbetrag im Wege einer Erbschaftssteuer aufzubringen. Dagegen wurde der Antrag Würmeling, den zur Durchführung der Steuerreform erforderlichen Ergänzungsbetrag im Wege der stärkeren Heranziehung des fundirten Einkommens gegenüber dem nichtfundirten unter entsprechender Ab⸗ änderung des Einkommensteuergesetzes herbeizuführen, einer Sub⸗ commission überwiesen.
In der heutigen Sitzung wurde zunächst die mit der Berathung des Antrags Würmeling zu betrauende Subcommission gewählt und folgendermaßen zusammengesetzt: Graf Limburg⸗Stirum, von Jagow, von Tiedemann⸗Bomst, Dr. Enneccerus, Dr. Friedberg, Freiherr von Huene, Dr. Lieber, Broemel. Demnächst trat die Commission in die Specialberathung des Ergänzungssteuergesetzes ein. § 1 (vom 1. April 1895 ab wird eine Ergänzungssteuer erhoben) wurde gegen 3 Stimmen angenommen, ebenso die §§ 2 und 3, welche die Steuerpflicht festsetzen für die im § 1, Nr. 1 bis 3, des Ein⸗ kommensteuergesetzes bezeichneten physischen Personen nach dem Ge⸗ sammtwerth ihres steuerbaren Vermögens, und ohne Rücksicht auf Staatsangehörigkeit, Wohnsitz oder Aufenthalt alle physischen Per⸗
sonen nach dem Werth ihres preußischen Grundbesitzes und ihres
dem Betriebe der Landwirthschaft, des Bergbaues oder eines stehenden Gewerbes in Preußen dienenden Anlage⸗ und Be⸗ triebskapitals. Mit § 4 beginnt der zweite Abschnitt des Gesetzes: Maßstab der Besteuerung, und zwar zunächst die Be⸗ stimmung des „steuerbaren Vermögens“. § 4 Nr. 1 lautet: Als steuerbares Vermögen gelten insbesondere Grundstücke nebst allem Zu⸗ behör, Bergwerkseigenthum, Nießbrauchs⸗ und andere selbständige Rechte und Gerechtigkeiten, welche einen in Geld schößbaren Werth haben; 2) das dem Betriebe der Land⸗oder Forstwirthschaft einschließlich der Viehzucht, des Wein⸗, Obst⸗ und Gartenbaues, dem Betriebe des Bergbaues oder eines Gewerbes dienende Anlage⸗ und Betriebskapital; 3) das sonstige Kapitalvermögen. Abg. Dr. Bachem beantragt in Nr. 1 zwischen „selbständige“ und „Rechte“ einzuschieben „dingliche“. Für den Fall der Ablehnung dieses Vorschlags beantragt er, hinter Rr. 3 folgende Nr. 4 zuzufügen: „selbständige Vermögensrechte nicht dinglicher Art, welche einen in Geld schätzbaren Werth haben.“ Abg. Dr. Krause inl.) hält eine solche Aenderung nicht für nothwendig. Abg. Dr. Meyer (dfr.) führt die Schwierigkeiten einer Bewerthung von Verlagsrechten aus. Auch bei Patentrechten, Firmenrechten u. dergl. sei dieselbe Schwierigkeit vorhauden. Abg. Stengel (freiconf.) glaubt, daß diese Schwierigkeiten nicht größer seien, als bei anderen Vermögensobjecten. Geheimer Ober⸗Finanz⸗Rath Wallach meint, daß der Begriff der selbständigen Rechte ein vollkommen klarer sei. Die Vermögensrechte, die angeführt seien, bildeten einen Bestandtheil des Vermögens und müßten demgemäß besteuert werden. Abg. Broemel (dfr.) hebt hervor, daß sich bei dieser Gelegenheit zeige, daß das Vermögen ein mindestens ebenso schwieriger Begriff sei, wie der des fundirten Einkommens. Abg. Freiherr von Huene hält es für unzweifelhaft, daß solche Rechte Vermögen darstellen. Graf Limburg äußert sich in demselben Sinne. General⸗Steuerdirector Burghart hält den Standpunkt der Regicrungsvorlage aufrecht. Die Schwierig⸗ keiten der Schätzungen fänden sich auch bei der Einkommensteuer. Abg. Dr. Friedberg (nl.) ist aus nationalökonomischen Gründen gegen die Einbeziehung solcher Rechte in das Vermögen. Abg. Dr. Enneccerus tritt diesen Ausführungen entgegen. Abg. Bachem fragt an, ob auch die Apothekenconcessionen zum Vermögen gehören. Geheimer Ober⸗Finanz⸗Rath Wallach erwidert, daß die Apotheken⸗ concessionen nur persönliche Rechte seien. Schließlich werden beide Anträge Bachem abgelehnt und die Fassung der Vorlage ongenom⸗ men. — Bei Schluß des Blattes wurde eine Pause gemacht.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ 8 Maßregeln. “
v A1AA“ .“ 2 1 Dezemb r. In den letzten 24 8 sind hier drei Erkrankungen und drei Todesfälle an Cholera vorgekommen. Belgrad, 1. Dezember. Seit dem 24. November ist hier kein weiterer Cholerafall vorgekommen. Von den sechs Arbeitern am Eisernen Thor, die erkrankt waren, sind drei genesen; gestern ist ein neuer Fall unter den Arbeitern festgestellt.
8 Belgien.
Die Königlich belgische Ministerialverordnung vom 31. August 1892, wonach die Ein⸗ und Durchfuhr von Lumpen, alten Kleidern, getragener Leibwäsche und Bettstücken aus Deutschland, Frankreich und den Niederlanden in und durch belgisches Staatsgebiet verboten war — vergl. „R.⸗A.“ Nr. 213 v. 9./9. 92 und Nr. 270 v. 14./11. 92 — ist durch Verordnung vom 28. November 1892 wieder aufgehoben worden.
Serbien.
Das Verbot der Einfuhr nachbenannter Artikel nach Serbient: Käse, Butter, saure (dicke) Milch, Sahne, Früchte, Salatgewächse, Tomaten, Beißbeeren (piments), Pfeffergurken, (cornichons), Schweine⸗ fleischwaaren,; Schinken, getrockneter Fische, Brots, feinen Backwerks aller Art — vergl. „R.⸗A.“ Nr. 251 vom 22./10. 92 — gilt fortan nur für diejenigen Orte, welche verseucht gewesen sind oder in welchen die Cholera noch herrscht.
Darüber, daß die betreffenden Waaren aus cholerafreien und nicht verseucht gewesenen Orten kommen, ist seitens der Importeure eine entsprechende amtliche Bescheinigung beizubringen.
Die für gewisse Reisende aus dem Auslande angeordnete drei⸗ tägige Quarantäne — vergl. „R.⸗A.“ Nr. 248 vom 20. Oktober 8 — ist aufgehoben und durch ärztliche Untersuchung ersetzt worden.
Handel und Gewerbe.
Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. 8s An der Ruhr sind am 1. d. M. gestellt 10 152, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen. 8 “ In Oberschlesien sind am 30. v. M. gestellt 4385, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.
Verdingungen im Auslande.
Dänemark. 6
20. Dezember. Kopenhagens Magistrat, Ladegaardens Contoir,
Kopenhagen. Lieferung von: . K 8 1 3000 Pfd. gelaugtem Maschinen⸗Werggarn Nr.
3000 „ „ . 8 300 „gebleichtemn .. 6 8 300 Ballen ungebleichtem Twist Water „ 8 b1 z . Mule . „ gebleichtem 8 8 8 u „ 9 Water u 1äeaeche 1u““ 2„ 16. Lieferungszeit: 1. Februar 1893 bis 30. Juni 1893. Weitere Bedingungen zur Einsicht an Urt und Stelle. 8 Versiegelte Angebote nebst Proben mit der Aufschrift: „Tvist- og Garnleverancer“.
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Berkehrs⸗Anstalten.
Laut Telegramm aus Oberhausen
englische Post über Vlissingen vom 1 geblieben; Grund: Zugverspätung.
8 8 8—
Bremen, ‚2. Dezember. (W. T. B.) Nonddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer „Lahn“ ist am 29. November Nachmittags von New⸗York via Southampton nach der Weser abgegangen. Der Postdampfer „Dresden“ hat am 30. November die Reise von New⸗York nach Baltimore fortgesetzt. Der Schnelldampfer Trave“ hat am 1. Dezember Vormittags die Reise von Southampton nach New⸗York fortgesetzt. Der Postdampfer Berlin“, nach Brasilien bestimmt, hat am 30. November Nachts Dover passirt. Der Reichs⸗Postdampfer „Neckar“, von Ost⸗Asien kommend, ist am 1. Dezember Nachmittags auf der Weser an⸗ gekommen.
„London, 1. Dezember. (W. T. B.) Der Union⸗Dampfer
„Mexican“ ist heute auf der Ausreise in Capetown an⸗
gekommen. Theater und Musik.
Sing⸗Akademie. 88
Fräulein Katharina Zimdars, eine junge, sehr begabte Sängerin (Mezzosopran) aus Frankfurt am Main, Schülerin des Professors Stockhausen, gab gestern ihr erstes eigenes Concert hierselbst. Sie besitzt eine b umfangreiche, in der Tiefe und Höhe bis zum zweigestrichenen F gleichmäßig leicht ansprechende Stimme. Die Töne, die über F hinausgehen, erscheinen in etwas veränderter Klang⸗ farbe. Intonation und Aussprache sowie die sehr sorgfältige Bindung der Töne bei fast unhörbarem Athemansatz und die Vermeidung un⸗ zeitigen Tremulirens, Vorzüge der Stockhausenschen Methode, sind verbunden mit einer sehr warm empfindenden Vortragsweise. In der Arie aus „Semiramis“ von Rossini und in drei italienischen Gesängen von Caldara, Jomelli und Paisiello ließ sie zu⸗ gleich eine sehr lobenswerthe Gewandtheit in Coloraturen und Trillern erkennen. Von. den deutschen Liedern ge⸗ langen der Künstlerin „Schöne Wiege“ von Schumann, „Feld⸗ einsamkeit“ von Brahms und der „Sandträger“ von Bungert am besten. Der Pianist und Componist Herr W. Berger, der das Concert unterstützte, trug eine Sonate und zwei kleinere Klavierstücke vor, die bei aller Anerkennung einer gewissen Leichtigkeit in der Form⸗ behandlung, doch von zu geringer Originalität sind, um einen nach haltigen Eindruck zu hinterlassen. In den vocalen Piècen ist der Com⸗ ponist glücklicher, wie die beiden anmuthigen Lieder „Still mein Kind“ und „Liebesbrief“ erkennen ließen. Für seine mit tadelloser Sauberkeit ausgeführten Klavierstücke bediente sich der Componist eines sehr klang vollen Blüthner'schen Flügels.
Saal Bechstein.
Der junge Pianist Herr Borwick aus Frankfurt a. M., der unter Leitung der Frau Clara Schumann ausgebildet ist und schon früher hier sich hören ließ, gab gestern einen Klavierabend, welchen er mit den Fünfzehn Variationen von Beethoven (op. 35) eröffnete. Sein energischer und modulationsreicher Anschlag, die musterhafte Klarheit in den schnellsten Passagen, Octavengängen, Staccatofiguren und Doppeltrillern ist vereinigt mit verständnißvoller Wiedergabe des Inhalts der gewählten Werke, sodaß auch die beiden Präludien von Mendelssohn, Chopin's Barcarole und Cis⸗moll⸗Scherzo, sowie der „Erlkönig“ von Liszt und Schumann'’s „Carneval“ vortrefflich zur Geltung kamen. 8
Der Componist Leoncavallo ist zu den vge seiner“ Oper Bajazzi“, welche am Montag im Königlichen Opernhause zur ersten Darstellung gelangt, vorgestern aus Rom hier ein⸗ getroffen. — Die Festvorstellung zur Feier des 150jährigen Bestehens des Königlichen Opernhauses findet am 6. Dezember statt. — In der am Sonntag fkattfindenden Aufführung der Oper „Die Afrikanerin“ sind beschäftigt die Damen Hiedler und Sucher und die Herren Mödlinger, Krasa, Rothmühl, Krolop, Ritter, Stammer und Bulß.
Die gestrige Vorstellung des „Doctor Claus“ im Deutschen Theater beehrten Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin mit Allerhöchstihrem Besuch und zeichneten bei dieser Gelegenheit den Director L'Arronge in der huldvollsten Weise aus Seine Majestät der Kaiser heauftragte ihn, sämmtlichen Darstellern Seine Freude über die vortreffliche Aufführung auszusprechen. In der Pause wurde der Thee in den Vorzimmern zur Kaiserloge ein⸗ genommen. Seine Hoheit der Erbprinz und Ihre Königliche Hoheit die Erbprinzessin von Sachsen⸗Meiningen waren gleichfalls bei dieser Vorstellung anwesend.
2 Ihre Königlichen Hoheiten der Erbgroßherzog und die Erbgroß⸗ herzogin von Baden wohnten gestern im Berliner Theater der Aufführung von „Krieg im Frieden“ bei.
Das Friedrich⸗Wilhelmstädtische Theater wird seinen Offenbach Cyelus doch auf längere Zeit unterbrechen müssen, da Millöcker's Operette „Das verwunschene Slh fortdauernd Beifall und Zuspruch findet. Herr Director Fritzsche hat die Contracte des Fräuleins Collin und des Herrn Steiner verlängert; auch einige Neu⸗
ingagements sind für die kommende Spielzeit in Aussicht genommen.
ie andauernden Erfolge des Schwanks: „Im Pavillon“ („Le parfum“) haben Herrn Director Lautenburg bewogen, dieses Stück noch länger auf dem Spielplan des Residenz⸗Theaters zu be⸗ lassen. Die nächste Neuheit, Alexandre Bisson's „Familie Biquet“, wird demgemäß erst zu Weihnachten zur Aufführung gelangen. .
die Direction der „Münchener“ im Thomas⸗Theater hat für den nächsten Repertoirewechsel das, Anzengruber'’sche Volksstück „Der ledige Hof“ in Aussicht genommen, dessen erste Aufführung zu Anfang der nächsten Wache Kattfinden soll. Bis dahin bleibt das Charaktergemälde „Almenrausch und Edelweiß“ auf dem Spielplan.
Im Theater Unter den Linden geht der neue Schwank „Das Baby“ morgen zum ersten Male in Scene.
Im Neuen Theater findet, wie schon angekündigt, morgen die erste Aufführung des vieractigen Schwanks „Logirbesuch“ von R. Weber und M. Hewall statt. 8
Für das nächste zweite Concert des Stern'schen Gesang⸗ vereins am Montag Abend 7 ½ Uhr in der Philharmonie, in welchem Verdi's „Requiem“ unter solistischer Mitwirkung der Damen Uzielli und Hahn sowie der Herren Naval und Sistermans zur Auf⸗ führung gelangt, findet eine öffentliche Probe nicht statt. — Der russische Geiger Dimitri Akscharumoff, der am 5. d. M. in der Sing⸗Akademie zum ersten Mal vor das Berliner Publikum tritt, wird bei dieser Gelegenheit Bach's Ciacconna, Tartini's „Teufelstrillery, das „Ave Maria“ von Schubert⸗ Wilhelmy, einige eigene Compositionen und den Violinpart in Brahms' A-dur- Sonate op. 100 für Violine und Klavier zu Gehör bringen. — Für das Concert der Sängerin Fräulein Elly Grimm, das am 5. d. M. im Saal Bechstein stattfindet, hat der Violin⸗Virtuose Herr Walter Cavallery seine Mitwirkung zugesagt. 8
Im Concerthause veranstaltet Herr Kapellmeister Meyder morgen eine Mozart⸗Feier. Bei dieser Gelegenheit werden die Ouverturen zu „Don Juan“, „Zauberflöte“, „Figaro's Hochzeit“, die Symphonie in C-dur („Jupiter“) und der türkische Marsch zur Aufführung gelangen. Außerdem wird die Concertsängerin Frau Betty Waibel die Brief⸗Arie aus „Don Juan“ und eine Arie aus „Figaro's Hochzeit“ singen.
Der „Vaterländische Frauenverein für Kranken⸗ pflege in den Colonien“, Vorsitzende Gräfin Monts, geb. von Ingersleben, veranstaltet zum Besten der Verei nszwecke Mitt⸗ 885 den 7. Dezember, Abends 7 ½ Uhr, in Arnim's Hotel, Unter den Linden 44, ein Concert. welches von dem Gesangverein des Vereins gegeben wird. Zur Aufführung kommen: „Columbus“, melodrama⸗ tische Dichtung mit Chören, Musik von Julius Becker; „Das Lied von der Glocke“ von Schiller, Chöre und Soli, Musik von Romberg; ferner Sologesänge von Frau von Marschall, Frau Director Klee und Frau Goldbach. Eintrittskarten à 3 ℳ sind zu haben bei der Schrift⸗ führerin Fräulein Müseler, Lützowstraße 84a 1. (Privatstraße), und im Neuen Berliner Lese⸗Institut von Fr. Grunert, Markgrafenstr. 5 9 sowie auch Abends an der Kasse.