1892 / 286 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 02 Dec 1892 18:00:01 GMT) scan diff

G Zum Zweck einer Weihnachtsbescherung für Kinder obdachloser Eltern giebt Herr Georg Weiße unter Mit⸗ wirkung seines Lehrers des Herrn Musikdirectors Otto Dienel, und anderer tüchtiger Kräfte am Sonnabend Abend 7 ½ Uhr in der Parochial⸗Kirche ein Concert, in welchem er u. a. die für die Orgel dieser Kirche geschriebenen Variationen mit Glockenspiel von

Thiele spielen wird. Billets zu 1, 1,50 und 2 sind zu haben bei

C. Paetz, Französische Str. 33 e, und Abends an der Kirchthür. 8

Mannigfaltiges.

Vor einiger Zeit gingen Notizen durch die Blätter, wonach Seine Majestät der Kaiser aus Steinen des alten Doms Briefbeschwerer anfertigen lasse und dann, daß diese „Dom⸗ steine“ von einem Lehrer des Kunstgewerbe Museums mit Inschriften bemalt würden. Mit Bezug hierauf wird uns jetzt gemeldet: Seine Majestät der Kaiser hat in einem Cabinetsschreiben vom 3. November 1892 dem Vorstand der „Heimath für junge Mädchen und Frauen besserer Stände“ zu bewilligen geruht, daß ihm mar⸗ morne Altarstufen aus dem alten Dom, sowie Marmorfliesen, auf welchen der Sarg des hochseligen Kaisers Wilhelm estanden hat, be⸗ hufs Herstellung von Briefbeschwerern überlassen werden, deren Erlös den

wecken des genannten Vereins dienen soll. Seine Majestät der Kaiser hat Seiner Freude über den schönen Gedanken Ausdruck ge⸗ eben und Sich damit einverstanden erklärt, daß auf jedem einzelnen Preesbeschwerer die Kaiserliche Erlaubniß als Beweis der Echtheit des Materials durch Stempel beglaubigt wird. Vom heutigen Tage an sind bei den unten folgenden Adressen diese Briefbeschwerer zum Preise von 10 zu kaufen. Die Steine sind geschliffen und polirt, die Firma Louis Westphal hat jedem Stein eine goldene Inschrift eingeätzt. Der Stein ruht postfertig in starkem Holzkästchen und kann auch ins Aus⸗ land verschickt werden. Die genannte „Heimath“, deren wir seit ihrer Gründung am 1. April 1891 öfter an⸗ erkennend gedachten, befindet sich zur Zeit in einer Mieths⸗ wohnung, Königgrätzerstraße 126 I., gegenüber dem Pots⸗ damer Bahnhof. Jedoch in der kurzen Zeit ihres Bestehens haben sich diese Räume für die Heimathsgäste die arbeiten⸗ den Frauen besserer Stände zum Logiren, Mittagsessen und besonders zu den stark besuchten abendlichen geselligen Zusammenkünften als viel zu klein erwiesen, sodaß das Heimathscomité darnach trachtet, seinen Schützlingen zu einem größeren, wo möglich eigenen Heim zu verhelfen. Das Organ der Heimathsache „Die Heimath locken herausgegeben von den Vorstandsmitgliedern A. und H. Vollmar, ein Unterhaltungsblatt in Monatsheften (Preis jährlich 1,50 ℳ), zu be⸗ ziehen durch die Expedition, Leipzigerplatz 5, Berlin W haben sich im ersten Jahre ihres Bestehens einen großen Abonnenten⸗ kreis erworben, welcher durch den werthvollen Inhalt des Blattes durchaus gerechtfertigt wird. Die Heimathglocken halten das Interesse für die Heimathsache wach, tragen Bausteine zum neuen Heim herbei, und der Erlös jener bedeutsamen Domsteine soll nun auch mithelfen, den in Berlin ohne Familie dastehenden, erwerbenden jungen Mädchen und Frauen besserer Stände eine Heimath zu bauen, in denen sie vor den Gefahren der Großstadt behütet und vor der Verbitterung des Alleinseins bewahrt werden. Nach dem Gesagten braucht es wohl keiner weiteren Empfehlung zum Ankauf der Gedenk⸗ steine, welche zu haben sind: in Berlin bei Herrn Ober⸗Hofprediger D. Kögel, N., Oranienburgerstr. 76a; ferner bei folgenden Mit⸗ gliedern des Heimath⸗Vorstandes: in Potsdam: Frau Gräfin Blumenthal, Jäger⸗Allee 172a, in Berlin: Frau von Braun⸗ schweig, W., Burggrafenstr. 2. Frau General⸗Konsul Gilka, NW., Moltke⸗ straße 1. Frau Gräfin Harrach, W., Pariser Platz 4. Frau J. Piper, W., Königgrätzerstr. 126. Freifrau von der Reck, NW., Alsenstr. 9.

Fräulein A. und H. Vollmar, W., Leipziger Platz 5. Herrn Hof⸗ prediger Vieregge, NW., Hindersinstr. 7. Nachstehende Firmen in Berlin haben eine Verkaufsstelle übernommen: Kunsthandlung Amsler u. Ruthardt, W., Behrenstr. 29 a. Kaufhaus Hohenzollern, W., Leipzigerstr. 117. oflieferant Gustav Lohse, W., Jägerstr. 46. Hefhornschmied H. Schaper, W., Potsdamerstr. 8. Schäffer u. alcker, SW., Lindenstr. 18. Kunsthandlung E. Schulte, W., Unter den Linden 1. Hofjuwelier J. H. Werner, W., Friedrichstr. 173.

In der gestrigen Sitzung der Stadtverordneten wurde, wie hiesige Blätter melden, bei einer Besprechung der Vorlage, be⸗ treffend die IEEE1 Maßregeln zur Be⸗ schäftigung Arbeitsloser, sowie die dadurch im verflossenen Winter und Frühjahr hervorgerufenen Etatsüberschreitungen, an der sich auch der Ober⸗Bürgermeister Zelle betheiligte, auf rsuchen des Magistrats folgender Beschluß gefaßt: „Die Versammlung hat von der Vorlage vom 22. d. M., betreffend die außerordentlichen Maß⸗ regeln zur Beschäftigung Arbeitsloser im verflossenen Winter und Frühjahr Kenntniß genommen; sie sieht die Anfrage des Stadt⸗ verordneten Singer und Gen. vom 22. September d. J. für erledigt an und genehmigt die durch zur Linderung der im Winter 1891/92 vorhanden gewesenen Arbeitslosigkeit bei Special⸗ verwaltung 34 im Etatsjahre 1892/93 entstandenen Etatsüber⸗ schreitungen.“

Ein Bazar zum Besten des Vereins „Arbeitshilfe“ findet am 5. und 6. d. M. von 10 ½ Uhr Morgens bis 6 ½ Uhr Abends in der Ahrens'schen Brauerei (Moabit), Thurmstr. 28, statt. Um Gaben und Einkäufe bitten: Fräulein von Kahle, Brückenallee 37, Frau von Canstein, Spenerstr. 33, Superintendent Gilen, Alt⸗Moabit 25,

Pastor Hagenau, Klopstockstr. 44, und Pastor Lehmann, Stromstr. 36.

Das Prreisgericht der heute eröffneten Ausstellung der „Kanarias hat die große goldene Medaille dem Geheimen Kanzlei⸗ diener Karl Heinrich Rierfellst zuerkannt. Insgesammt sind 358 Preis⸗ vögel ausgestellt, von denen nur zwei ohne jeden Preis geblieben sind. Die Gesammtzahl der ausgestellten Kanarienvögel beträgt 754.

In der heute Schloßfreiheit 7 bis 9 eröffneten Geflügelaus⸗ stellung des Vereins „Fortuna“ sind von 249 Ausstellern aus allen Theilen Deutschlands 1237 Nummern zur Schau gestellt, dar⸗ unter 899 Tauben, 253 Stamm Hühner, Pfauen, Enten, Gänse, Truthühner, Kanarien⸗, sowie Sing⸗ und Schmuckvögel aller Art.

Thorn, 2. Dezember. Das Königliche Eisenbahn⸗ Betriebsamt macht bekannt: Am Dienstag Vormittag gegen 11 Uhr näherte sich dem ungefähr 2 km östlich von Garnsee be⸗ legenen Ueberwege das Fuhrwerk des Besitzers Schwürtz aus Rundewiese, als von Garnsee eine leere Maschine ebenfalls nach diesem Ueberweg fuhr. Der Locomotivführer gab das Läute⸗ und sogar auch Pfeifensignale ab, verlangsamte außerdem seine Fahrt durch Anziehen der Bremse so, daß er vor dem Ueberweg hätte zum Halten kommen können. Das Fuhrwerk hielt bereits, als die Maschine näher kam, fuhr jedoch unmittelbar vor ihr plötzlich und ganz unerwartet an und gelangte so vor die Maschine, wurde von ihr gefaßt und zertrümmert. Beide Pferde wurden ge⸗ tödtet, beide Insassen, der Besitzer und seine Frau am Kopfe ver⸗ letzt. Dieses ganz ungewöhnliche Verfahren des Schwürtz ist nur dadurch zu erklären, daß er bei der langsamen Fahrt der Maschine angenommen hat, letztere wolle vor dem Ueberweg halten und ihn zunächst vorbeifahren lassen, während andererseits der Locomotivführer annahm, der vor dem Ueberwege haltende Wagen sei gesichert. Der

Führer setzte daher seine Fahrt nach Lösen der Bremse fort und war nicht mehr im stande, die Maschine vor dem Zusammenstoß zum Stehen zu bringen; ihm dürfte deshalb keine Schuld beizumessen sein.

Triest, 2. Dezember. Wie der aus Buenos⸗Aires zurückgekehrte Capitän des Dampfers „Acquitaine“, dem „H. T. B.“ zufolge, berichtet, überraschte ihn bei Buenos⸗Aires ein starker Cyclon. Sieben Schiffe mit der gesammten Mannschaft sollen untergegangen sein; zwölf andere Schiffe werden vermißt. Ein englisches Kriegsschiff ist schwer beschädigt worden.

Kopenhagen, 2. Dezember. Im Kattegat und Skagerak schiꝛnen, wie das „D. B. H. berichtet, infolge der andauernden stürmischen Witterung mehrere Schiffsunfälle stattgefunden zu haben. Das Fischerfahrzeug „‚Dagmar“ hat die aus zwölf Mann bestehende Be⸗ satzung der Barke „Alexander I.“, die auf dem Lysegrund gestrandet und gesunken ist, gerettet und in Helsingör an das Land gesetzt.

Shanghai, 21. Oktober. Die Stadt Tschangtschau (Pro⸗ vinz Fukien) wurde, wie der „Ostas. Ll.“ berichtet, am 22. Sep⸗ tember durch das Anschwellen der Flüsse infolge anhaltender Regen⸗ güsse unter Wasser gesetzt. In den Tempel der Stadtgottheit hatten sich Soldaten geflüchtet; Nachts gab das Fundament nach, und es wurden beim Einsturz des Tempels achtzig Soldaten erschlagen.

Nach Schluß der Redaction eingegangene Depeschen. 8

Pest, 2. Dezember. (W. T. B.) Zu Ehren des Minister⸗ Präsidenten Dr. Wekerle fand gestern Abend in dem Landes⸗ casino ein Bankett statt, das von dem früheren Prä⸗ sidenten des Abgeordnetenhauses Pechy mit einem Toast auf den König eröffnet wurde. Der Präsident des Casinos, Reviczky feierte in seinem Trinkspruch Dr. Wekerle, der für die ihm entgegengebrachten freundschaftlichen Gefühle dankend auf das Aufleben des Mittelstandes sowie dessen Ver⸗ dienste um die Entwickelung eines freiheitlichen Lebens in Ungarn hinwies. Außerdem wurden noch von Pechy, Stefan Karolyi, Albert Apponyi und Ugron Trinksprüche auf den Minister⸗Präsidenten ausgebracht.

London, 2. Dezember. (W. T. B.) Die Morgenblätter bringen Telegramme aus Samoa, denen zufolge dort wohnende englische Staatsangehörige von den Eingeborenen angegriffen worden sind. Ein britisches Schiff ist nach Apia abgegangen. G

Lüttich, 2. Dezember. (W. T. B.) Die Nacht ist in und dem benachbarten Tilleur ruhig verlaufen.

iner der gestern verwundeten Bergleute (siehe unter „Arbeiter⸗ bewegung“ in der 1. Beilage) ist Nachts gestorben, auch die anderen Verwundeten, welche im Hospital untergebracht sind, be⸗ finden sich noch nicht außer Lebensgefahr. In den Bergwerken im Bassin von Lüttich wird heute gearbeitet, dagegen dauert der Ausstand unter den Arbeitern in dem Bergwerke von Horloz fort. Der Staatsanwalt ist in Tilleur eingetroffen und hat bezüglich des gestern erschossenen Bergmanns die Leichen⸗ schau angeordnet.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

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m 2. Dezember,

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red. in Millim.

Anfang 7 Uhr.

Stationen. Wind. Wetter.

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Graf Baudissin. Mullaghmore O halb bed. Aberdeen.. N heiter Christiansund 5 WSW 6 Schnee Kopenhagen. 3 NW heiter ) Stockholm. 5 WNW 2 beiter Haparanda. still wolkig St. Petersburg NW l1 bedeckt Moskau ... SW 2 bedeckt

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Chemnitz Berlin.

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5 wolkig 4 bedeckt 5 wolkenlos 1 halb bed. ²) 3 heiter N. 7 Schnee ³) SSW 4 Schnee ⁴) S 3 bedeckts) 3 Regen 1 halb bed. 7 Regen 3 bedeckt6) 8 bedeckt*) 6 bedeckt 4 Schnee ⁵) 1 Nebel 4 bedeckt 4 halb bed. 3 heiter still bedeckt

¹) Dunst. ²) Nachts leichter Schnee. ³) Seit Sner⸗ böigmh Nhacsse ;

egen, nee. Mittags Schnee, Nachts Regen. 88s 3. Nachs Sturm und Regen. Eleonora Duse Nachts Schnee.

Uebersicht der Witterung.

Eine Furche niedrigen Luftdrucks erstreckt sich von südwestwärts nach dem centralen and, während Hochdruckgebiete über den Britischen Inseln sowie über Südwest⸗ und Südost⸗Europa lagern. In Deutschland wehen im Nordwesten bei

Re Anfang 7 Uhr.

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fang 7 Uhr.

Richard III.

fang 7 ½ Uhr.

veränderlicher Witterung frische nordwestliche, im stellung des Lessing⸗Theaters:

Osten bei Schneefall mäßige südliche, im Süden bei Anfang 7 ½ Uhr. Regenwetter stellenweise stürmische südwestliche Winde. Die Temperatur ist in Deutschlang im Süden gestiegen, im Norden gesunken; durchschnitt⸗ ohne Aufgeld. lich liegt sie etwas über der normalen; fast überall sind Niederschläge gefallen. Schneehöhe zu Kiel 5, zu Swinemünde 9 cm. Vlissingen hatte gestern Abend Gewitter. 3 Deutsche Seewarte.

Theater⸗Anzeigen.

Königliche Schauspiele. Sonnabend: Opern⸗ haus. 257. Vorstellung. Das goldene Kreuz. Oper in 2 Acten von Ignatz Brüll. 85 nach

85 8 Puppenfee. Eu“ Hlumn 82 Raoul 1u“ 2 allet⸗Divertissement von Haßreiter un aul. Fischl. In Scene gesetzt von Sigmund Lautenburg.

Musik von J. Baver. In Scene gesetzt vom Ballet⸗ 8 8 Karl Meyder⸗Concert. meister Emil Graeb. Dirigent: Musikdirector Hertel.

Schauspielhaus. 267. Vorstellung. Der Geigen⸗ macher von Cremona. Drama in 1 Aufzug und in Versen von François Coppée, deutsch von Wolf

Regisseur Max Grube. Die gelehrten Frauen. Lustspiel in 5 Aufzügen von Jean Baptiste Molisre. In deutschen Versen von Ludwig Fulda. In Scene gesest vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Anfang 7 Uhr.

Sonntag: Opernhaus. 258. Vorstellung. Die Afrikanerin. Oper in 5 Acten von G. Mevyerbeer.

von 8 Taglioni. In 8 isseur Tetzlaff. Dirigent: Kapellmeister Sucher. Anfang 7 ½ Ühr

Schauspielhaus. Fragment in 2 Aufzügen von Friedrich von Schiller. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. Turandot, Prinzessin von China. Tragi⸗ Sonnabend: komisches Märchen in Gozzi, von Friedrich von Schiller. Anfang 7 Uhr.

Deutsches Theater. Vater. Anfang 7 Uhr.

Sonntag: Die Jüdin von Toledo.

Montag: Der Misanthrop. In Civil.

Berliner Theater. Sonnabend: Dora. An⸗ 83. Male:

von Heilbronn. Montag: Zum 1. Male: Maecbeth.

Lessing-Theater. Sonnabend: 8. Gastspiel von 1.“ mit ihrer Gesellschaft unter der ) Nachmittags, Direction von Cav. Flavio Ando,

Sonntag: Die Orientreise. t Die nicht abgeholten Bestellungen gelangen an der eutsch⸗ Vormittagskasse zum Verkauf.

Sonntag: Die Großstadtluft. Volksthümliche Preise (Parquet 2 ℳ). Vorverkauf

Sonnabend: Zum 8. Male in neuer Bearbeitung: Das verwunschene Schloß. Operette in 3 Auf⸗ Ee Senn, heea —nnnnxx (gen von Alois Berla. Musik von Carl Millöcker. Geöffnet von 12— 4 In Scene gesetzt von Julius Frissche⸗ Dirigent: Herr Kapellmeister Federmann. Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Vorher: Der neue

Anfang 7 Uhr. Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

In Scene gesetzt vom Ober⸗ festlichkeit geschlossen.

Sonntag: Logierbesuch.

268. Vorstellung. Demetrius.

Aufzügen nach Carlo Graf Schwank in 1 Act von H. F.

Sonnabend:

fang 7 ½ Uhr.

Abends 7 ½ Uhr:

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

schauspieles Max Hospauer.

Die Großszstadtluft.

Deutsch von Ludwig

Ganymed. Lefort.) Schwank in 1 Act von Charles Louveau. Betty Waibel.

Sonntag: Wegen anhaltender Indisposition des Sgr. Stagno findet die Aufführung von „Mila Vita“ nicht statt. Dafür: Der Troubadonr. (Leonore:

9 ; 8 . Me 9 .x O n 88 2 8 2 . 1“ 7 ¼ Uhr: Große Gala⸗Vorstellung mit besonders ge⸗

Nenes Theater (am Schiffbauerdamm 4/5). geri 2 82 8 8 geritten von 6 Damen und 6 Herren. 4 Text von E. Scribe, EE1 E Sonnabend: Zum 1. Male: Sesierresash. Schwank pferde, vorgeführt vom Director Franz

Ober⸗ in 4 Aufzügen von R. Weber und M. Dewall. 1. Auftr. der musikalischen Clowns Gebr. Deltorelli.

Theater Unter den Linden Ronacher. Nationaltänze von 82 Damen. Novität! Das Baby.

Adolph Ernst⸗Theater. Sonnabend: Zum .n. „,2e. een Gesangs⸗ . n I 1 8 posse in 3 Acten von Leon Treptow. 88 Sonntag: Nachmittags 2 ½ Uhr: Das Käthchen von G. Görß. Musik von G. Steffens. Mit neuen Verlobt: Frl. Luise von Delhaes mit Hrn. Re⸗ König Costumen aus dem Atelier der Fr. Köpke und neuen Decorationen von Lütkemeyer in Coburg. In Scene gesetzt von Adolph Ernst. Anfang 7 ½ Uhr.

Thomas-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Fedora. An⸗ Sonnabend: Eunsemble⸗Gastspiel der Münchener unter Direction des Königlich Bayerischen Hof⸗ Al sch und Edelweiß 8 8 Aüge⸗

menran un elweiß. Oberbayerisches ““ Charaktergemälde mit Geang vhheg in 9 7 Gestorben: Verw.

zügen von Hermann von Schmid. Musik von Müller.

Wallner-Theater. Sonnabend: 33. Gast⸗Vor⸗ Anfang 7 ½ Uhr. 1b Sonntag: Almenrausch und Edelweiß.

Concert-Haus. Sonnabend, Abends 7 Uhr: Mozart⸗Feier unter

(Caré freundlicher Mitwirkung der Concertsängerin Frau

Saal Bechstein, Linkstraße 42. Sonnabend,

, 8 Kroll’'s Theater. Sonnabend: Wegen Privat⸗ Anfang 7 ½ Uhr: II. und letzter Klavier⸗Abend

von Clotilde Kleeberg aus Paris.

Circus Renz (Carlstraßev.) Sonnabend, Abends

wähltem Programm, u. a.: Mr. James 1 mit dem Schulpferde „Germinal“. Schulquadrille, ahnen⸗ enz.

Zum Schluß der Vorstellung: ☛.—Auf Helgoland n oder: Ebbe und Fluth. Großes Land⸗, Wasser⸗ und Feuer⸗Schauspiel. Neue Einlagen, u. a.: „Leib⸗Garde⸗Artillerie“.

Novität! est⸗Vorstellungen. Nachmit⸗

Sonntag: 2 große

Inscenirt durch C. A. Friese I von Ferron. tags 4 Uhr (ein Kind frei): „Die lustigen Heidel⸗ in Bild und Tanz. Ausstattungs⸗ Ballet von Lolo's Srn⸗ vn Fefpette. E“ engagirter Fenesegre süebas ersten Ranges. nischen Prestidigigateurs Professor Imro Fox. An⸗ grafenstraße 51 a.

Die Welt berger“. Abends 7 ½ Uhr: „Auf Helgoland. In beiden Vorstellungen Auftreten sämmtlicher neu⸗

Billet⸗Verkauf durch den „Invalidendank“, Mark⸗

11“

Eelenets Familien⸗Nachrichten.

gierungs⸗Rath von Guenther (Borowko bei Czempin).

Verehelicht: Hr. Professor Dr. Erwin von Es⸗ march mit Frl. Elvire von Voigts⸗Rhetz (Naum⸗ burg a. S.). 8

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Dr. Alfred von Decker (Bialla). Hrn. Prem.⸗Lieut. von Below (Straßburg i. E.). Eine Tochter: Hrn. Chr. von Schultz (Vaschvitz —-Rügen). Hrn. Ferdinand von Baumbach (Ropperhausen).

Fr. Superintendent Charlotte

Noack, geb. Buschius (Berlin). Fr. Postmeister

Sophie Meinecke, geb. Heinemann (Berlin).

Hr. Ober⸗Landesgerichts⸗Rath a. D., Geh. Justiz⸗

Rath Edwin Schultz (Ratibor). Fr. Gräfin

[49621]

Hohenzollern⸗Galerie Lehrter Bahnhof. 1 Sonntags 50 ₰. Gr. histor. Rundgemälde 1640—1890.

Friedrich-Wilhelmstädtisches Theater. Ceöffnet 2 Uhr vis Dunkelb.

Dorothea Rothkirch Freifrau von Trach, geb. Gräfin Kospoth aus dem Hause Burau (Schloß Hr. Landrath Th. Parisius (Wies⸗ aden).

Urania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde. „Park (Lehrter Bahnhof).

Redacteur: Dr. H. Klee, Director. Berlin: 6 Verlag der Expedition (Scholzz5.

nfang 7 Uhr. Concerte.

I. Kammermusik⸗Abend.

Sing-Akademie. Sonnabend, Anfang Uhr: Restdenz ⸗Theater. Direction: Sigmund Lauten⸗ Markees, Ad. Müller, H⸗ .eh.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verl Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 2ag-

Fünf Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage),

dem Französischen von H. S. von Mosenthal. burg. Sonnabend: Zum 56. 58 Im Pavillon. Mitwirkung der Concertsäugerin Fräulein Helene und die Gewinnliste der VI. Weseler Geld⸗

Tanz von Paul Taglion dirigent: Musikdirector!

) Schwank

ten von Ernest! Jordan

Lotterie.

No. 286.

Deutscher Reichstag. 18 6. Sitzung vom Donnerstag, 1. Dezember, 1 ½ Uhr.

Die erste Berathung des Etats für 1893/94 in Ver⸗ bindung mit dem Anleihegesetz und den Etats für die Schutzgebiete Kamerun, Togo und das südwestafrikanische Schutzgebiet wird fortgesetzt.

Abg. Dr. Buhl (nl.): Die Militärvorlage habe einen weit⸗ gehenden Einfluß auf die künftige Gestaltung des Etats. Er stimme der Meinung zu, daß die persönliche Tüchtigkeit der deutschen Armee von den Armeen anderer Staaten nicht erreicht werde, aber auch die zahlenmäßige Stärke einer Armee sei von der allergrößten Bedeutung für den Verlauf eines Krieges. Allerdings lägen wichtige politische Gründe für einen Krieg zur Zeit nicht vor, wohl aber die Möglichkeit, daß dieses bis an die Zähne bewaff⸗ nete Europa schließlich einmal auf einander pralle. Die Militärvorlage bringe jetzt die zweijährige Dienstzeit. Handelte es sich nur um die Durchführung der zweijährigen Dienstzeit, so würde der Widerspruch gegen die Militärvorlage erheblich geringer sein. Nachdem auch die militärischen Autoritäten im Widerspruch mit früheren Ansichten die zweijährige Dienstzeit unter gewissen Modali⸗ täten für zulässig erklärt hätten, glaube er, daß man damit im allgemeinen und im wirthschaftlichen Interesse des Volkes eine große Verbesserung erreichen würde. Gegenüber der jetzigen Forderung sei es um so bedauerlicher, daß der Bundesrath Resolutionen des Reichstags über die Militär⸗ Strafprozeßordnung und das Beschwerderecht keine Folge gegeben habe. Er glaube nicht, daß die neue Militärvorlage in dem verlangten Umfange durchführbar sei. Während die Friedenspräsenzstärke seit Einführung des Pauschquantums bis 1890 nur um 86 000 Mann vermehrt worden sei, solle sie jetzt auf einmal um 84 000 Mann vermehrt werden. In Zeiten der wirthschaftlichen Depression, wie man sie jetzt habe, könnten allerdings nur die dringendsten Gründe es rechtfertigen, das Volk mit neuen Steuern zu belasten. Er glaube aber auch, daß die vorgesehenen neuen Steuern zur Durchführung der Neuformation bei weitem nicht ausreichen würden, namentlich in Bezug auf neue für die Truppen nothwendige Casernements. Der Reichstag müsse für die Wehrhaftigkeit eintreten, so weit es ohne ernste Gefährdung aller wirthschaftlichen Interessen möglich sei. Andererseits halte er es nicht für möglich, in dem von der Regierung vorgesehenen Quinquennat das Offizier⸗ und namentlich das Unteroffiziercorps ohne Gefährdung ihrer Qualität zu verstärken. Das Manduement der Unteroffiziere sei allerdings in der letzten Zeit etwas zurückgegangen. Dies dürfte aber sofort anders werden, sobald sich die wirthschaftliche Lage bessere. Solle die zweijährige Dienstzeit zu einer vollen Wirkung dann könne sie selbstverständlich nicht auf Widerruf gewährt werden, wie es in der Vorlage vorgesehen sei. Er ziehe aus allem den Schluß, daß die Militärvorlage aus finanziellen und militär⸗technischen Gründen auf unüberwindliche Hinder⸗ nisse stoßen werde. Er wende sich zum Etat. Den Rückgang des Klein⸗ gewerbes, von dem der Abg. Fritzen gesprochen habe, beklage niemand mehr als er (Redner). Um so erfreulicher aber sei es nach den statistischen Veröffentlichungen im Königreich Sachsen, wenigstens für Sachsen eine Steigerung des Wohlstandes des Mittelstandes auf Grund der Einkommen⸗ und Steuerlisten feststellen zu können. Von einer gewissen Bedeutung sei auch die Frage der Uniformirung, die im Militär⸗Etat in Betracht komme. Etwa hierin eintretende Aenderungen müßten so langsam durchgeführt werden, daß dadurch nicht gewaltsame und plotliche Mehrbelastungen entständen. Beim Reichsamt des Innern seien verschiedene Fragen zu berühren, die in diesem Sommer die öffentliche Meinung in lebhafter Weise beschäftigt hätten, so die Frage einer Weltausstellung in Deutschland. Ueber die Zweckmäßigkeit und Durchführbarkeit einer solchen seien ja die Ansichten außerordentlich getheilt. Die Ansicht des Reichs⸗ kanzlers möge ja richtig sein, daß, wenn das Reich so gewaltige Opfer dafür bringen solle, für ihre Bewilligung möglichst Einstimmigkeit herrschen müsse. Jedenfalls habe aber die Methode der Befragung in dieser Angelegenheit in weiten Kreisen Mißstimmung erregt, auch in solchen, die nicht Freunde des Projects gewesen seien. Eine andere Frage sei die Durchführung der neuen Gewerbeordnungs⸗Novelle. Er Fahe nicht geglaubt, daß dieses Werk besonders in kleinbür erlichen Kreisen einen so lebhaften Widerspruch finden würde. Aber er könne auch nicht verhehlen, daß die Bestimmungen, die das Gesetz den Einzelregierungen in die Hände lege, in dem größten deutschen Staat, in nicht in der Art getroffen zu sein schienen, wie es besonders bei der ersten Einführung dieses Gesetzes zweckmäßig gewesen wäre. Man habe in Berlin anfangs eine außerordentli lebhafte Agitation gegen das Gesetz gehabt. Nachdem man die ur⸗ sprünglich erlassenen Vorschriften ermäßigt habe, habe sich die Be⸗ unruhigung nach und nach gelegt. Er möchte die Aufmerksamkeit des Bundesraths darauf richten, ob nicht durch die Vorschriften wegen der Fabriken die heimische Productionsfähigkeit in gefährlicher Weise in Frage gestellt werde. Er wolle durchaus nicht, daß man durch Hinterthüren die Bestimmungen des Gesetzes wieder beseitige, sondern daß im Interesse der Arbeiter die Fiage geregelt werde. In wirthschaftlichen Kreisen habe es befremdet, daß dem wiederholten Drängen des Reichstags, für zweifelhafte Zollfragen das verwaltungsgerichtliche Verfahren einzu⸗ führen, der Bundesrath keine Folge gegeben habe. Von besonderer Bedeutung für den gegenwärtigen und die zukünftigen Etats sei, daß 3 400 000 für die Alters⸗ und Invalidenversicherung mehr hätten eingestellt werden müssen. Mit Freude habe er aus der Begründung ersehen, daß 135 000 Altersrenten bezogen würden. Diese Rente sei trotz ihrer Kleinheit in vielen Fällen sehr gut angelegt. Es habe ja vesranh der Uebergangszeit eine ganze Reihe von Gesuchen abgelehnt werden müssen, aber die Regierung sei streng an die Bestimmungen des Gesetzes gebunden; in Zukunft würden wohl solche Härten vermieden werden können. Man wisse nicht, wie hoch die Schlußziffern, die aus der Verpflichtung des Reichs entständen, werden würden, jedenfalls müsse man bei jedem Etat darauf besonders das Augenmerk richten. Wegen des Marine⸗Etats müsse man die eingehendsten Erwägungen eintreten lassen, wie weit das, was gefordert werde, überhaupt befriedigt werden könne. Wenn die Regierung es für nothwendig halte., dem Reich zur Sicherung seiner Existenz militärische Forderungen in dieser Höhe vorzulegen, dann müsse man zu der Erkenntniß kommen, daß zur Sicherung seiner Existenz das Landheer in erster Linie berufen sei. Man müsse des⸗ halb sich überlegen, wie weit es bei dieser ersten Pflicht möglich sei, die zur Sicherung des Landes an der Küste in hohem Grade wünschenswerthe Steigerung der Wehrhaftigkeit zur See zu berücksichtigen. Im Ordinarium der Marine seien 3 ½ Millionen Mark mehr gefordert als im Vorjahre, für das Ersatz⸗ schiff „Preußen“ 12 ½ Millionen. Er glaube, daß eine der wichtigsten Aufgaben der diesjährigen Budgetcommission sein werde, in dieser Beziehung dem Reichstage vorzuarbeiten, damit er sich entschließen könne, in welcher Weise die wirthschaftliche Leistungsfähigkeit des Reichs mit den Bewilligungen für Armee und Flotte in Einklang zu bringen sei. Deutschland habe eine ganze Anza 1 von Schiffen, auch von neu gebauten; er dürfe daher nicht verschweigen, daß die be⸗ scheidene Vertretung bei der Columbus⸗Feier in Italien und das Fortbleiben in Spanien in weiten Kreisen Deutsch⸗ lands nicht recht verstanden werden könne. Er glaube, daß

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußi cen Sta

Berlin, Freitag, den 2. Dezember

die Nation bessere Eigenschaften habe, mit denen sie paradiren könne, als eine glänzende Repräsentation bei solchen Feier⸗ lichkeiten, aber er wisse nicht, ob es nicht politisch sehr nützlich ge⸗ wesen wäre, bei dem Charakter jener südlichen Staaten, bei einem treuen Bundesgenossen einerseits und einem politischen Freunde an⸗ dererseits, in einer anderen Weise seine Visitenkarte abzugeben. Die sante Finanzlage werde gekennzeichnet damit, daß die Matrikular⸗ eiträge um 35 Millionen erhöht werden sollten, während die Ueber⸗ weisungen nur um 2 Millionen stiegen. Deutschland habe eine Reichsschuld von 1800 Millionen Mark, zu deren „Verzinsung 66 Millionen aufgebracht werden müßten, aber man dürfe den Etat des Reichs nicht isolirt, sondern nur in Verbindung mit den Etats der Einzelstaaten betrachten. In Fäaßen und in Bayern beruhe die Deckung der Schulden im Eisen⸗ ahnbesitz, das Reich habe zur Verzinsung seiner Schulden Einnahmen aus den Reichs⸗Eisenbahnen und der Reichspost⸗ und Telegraphen⸗ verwaltung in Höhe von zusammen 43 Millionen Mark. Wenn man sich auch einer zu pessimistischen Auffassung der Reichfinanzen nicht hingeben dürfe, so müsse man doch darauf bedacht sein, mit dem gröͤßsen Ernst die WeiterentwickSelung des Schuldenwesens ins Auge zu fassen, damit die ganze Finanzwirthschaft eine solide werde. Er habe es bedauert, daß die verbündeten Regie⸗ rungen es unterlassen hätten, in weitergehender Weise vor⸗ zugehen mit der Ueberweisung von Beträgen aus dem Extraordinarium in das Ordinarium. Die finanzielle Lage im Reich werde in abseh⸗ barer Zeit nicht wesentlich besser werden, im Gegentheil schlechter. Die Ergänzung der Conservenporräthe für die Festungen auf das Extraordinarium zu nehmen, sei eine mechanische Maßnahme, ihre Uebernahme auf das Ordinarium sei ein einfaches Gebot der wirth⸗ schaftlichen Solidität; auch die Bekleidungs⸗ und Ausrüstungs⸗ gegenstände gehörten auf das Ordinarium. Er wolle hoffen, daß es der Budgetcommission gelinge, dem Reichstag weitgehende Abstriche vorzuschlagen.

Reichskanzler Graf voñn Caprivi:

Für die Art und Weise, wie der Herr Vorredner die Militär⸗ vorlage gestreift hat, kann ich ihm nur dankbar sein. Er will sie sachlich prüfen und sachlich behandeln. Die verbündeten Regierungen können nichts Besseres wünschen.

Nur einen Punkt möchte ich mir zu erwähnen erlauben, den er berührt hat, das ist der Mangel an Offizieren und Unteroffizieren, ein Einwand, der auch in der Presse eine große Rolle spielt. Wir würden hier auf dem Fleck im stande sein, diese Behauptung zahlen⸗ mäßig zu widerlegen. Ich bin bisher der Meinung gewesen und halte daran vorläufig fest, daß solche arithmetischen Nachweise weniger vor das hohe Haus als in die Commission gehören, daß sie am wenigsten schon in der jetzigen Lage, bei der ersten Berathung des Etats vorzubringen sind, daß es räthlich ist, damit zu warten; aber ich wiederhole, wir werden zahlenmäßig den Beweis führen können, daß wir das, was wir erstreben, mit Offizieren und Unteroffizieren erreichen können.

Der Herr Vorredner hat dann unsere Repräsentation bei den maritimen Festen in Italien und Spanien erwähnt, und ich glaube, es ist ihm ein Irrthum insofern unterlaufen, als, wenn ich ihn recht verstanden habe, er gemeint hat, wir wären in Spanien nicht ver⸗ treten gewesen. Dasselbe Schiff, das uns in Italien vertreten hat, hat uns in Spanien vertreten. Das gebe ich ihm vollkommen zu, daß es politisch wünschenswerth gewesen wäre, mit einer größeren Zahl von Schiffen in Genua zu erscheinen, wir müssen uns aber bei der numerisch doch nur geringen Ausdehnung unserer Marine in solchen Dingen doch eine gewisse Reserve auferlegen. (Sehr richtig! links.) Das müssen wir um so mehr, als das Fest in Genua in die Zeit von Uebungen fiel, wo militärischerseits eine weitere Entsendung von Schiffen ohne wesentliche Störung von Uebungen nicht zulässig gewesen wäre, und ich glaube, daß die Weise, wie wir repräsentirt worden sind, mit einem schönen, gut bemannten Schiff, eine Deutschlands vollkommen würdige gewesen ist. Andere Staaten, beispielsweise Rußland, sind garnicht repräsentirt gewesen, und wenn wir es mit der Zahl zwingen wollten bei solchen Anlässen, dann müßten wir das Re⸗ präsentiren überhaupt aufgeben. Wir haben von seiten der italienischen und spanischen Regierung einen warmen Dank für die Art und Weise, wie wir bei diesem Fest erschienen sind, erhalten.

Der Herr Vorredner hat die Resolutionen des Reichstags in Bezug auf die Militär⸗Strafprozeßordnung und in Bezug auf das Beschwerderecht erwähnt. Die letztere ist vom Bundesrath dahin er⸗ ledigt worden, daß er beschlossen hat, der Resolution keine Folge zu geben. Das aber ist lediglich aus einem, wie mir scheint, vollkommen zutreffenden formellen Grunde geschehen. Die Handhabung des Be⸗ schwerderechts gehört der Commandogewalt, und der Bundesrath ist in Commandosachen nicht competent. Er hat also sachlich in keiner Weise geurtheilt, sondern hat einen formell correcten Standpunkt ein⸗ genommen. Was die andere Resolution anlangt, die Militär⸗ Strafprozeßordnung, so ist auch sie nicht zurückgewiesen, sondern der Bundesrath hat sie dem Reichskanzler überwiesen. Mir liegt damit die Pflicht ob, dafür zu sorgen, daß ihr weitere Folge gegeben wird. Das wird geschehen. Die Angelegenheit, die ja die verbündeten Regierungen seit langen Jahren beschäftigt, und die erledigt zu sehen sie dringend wünschen, kann nicht erledigt werden ohne die Mitwirkung dieses hohen Hauses. Also daraus folgt ganz einfach, daß wir ein dringendes Interesse daran haben, die Beschlüsse dieses hohen Hauses, soweit es militärisch möglich ist, zu prüfen und ihnen Folge zu geben. Die An⸗ gelegenheit liegt zur Zeit in den Händen der preußischen Militär⸗ verwaltung. Ich darf annehmen, daß sie im nächsten Jahre das hohe Haus beschäftigen wird, und gebe mich der Hoffnung hin, daß wir dann gemeinsam zu einem nach allen Seiten befriedigenden Resultat kommen werden.

Abg. Liebknecht (Soc.):

Die Ausgaben für den ge; Invalidenfonds und für den Nord⸗Ostsee⸗Kanal bemängele er nicht; bei der gegenwärtigen Arbeitslosigkeit sei es lich, wenn die Bau⸗

ber die meisten Mehr⸗ ausgaben seien nur für das Militär bestimmt. 1872 habe der Etat mit einem Ordinarium von 250 Millionen für das Heer, 12 Millionen für die Marine geschlossen, 1892/93 mit 427 ½ Millionen für das Heer und 45 Millionen für die Marine. Im ganzen habe das Reich seit 1872 für Heer und Marine aufgewendet 11 Milliarden 597 Millionen Mark, Reichsschulden seit 1877 bis zu dieser Budgetwperiode 1694 Millionen ge⸗

thätigkeit beschleunigt und ausgedehnt werde.

beiträge aufgebracht werden. Dabei habe Preußen 5400 Millione

macht. Die erhöhten Ausgaben des Reichs sollten durch erhöhte Matrikular⸗

4 122

1

2

Schulden, Bayern 1400 Millionen, Sachsen 650 Millionen, Württem⸗ berg 450, Baden 700 Millionen und die kleineren Staaten 600 Mil⸗ lionen. Das mache zusammen 9200 Millionen und zusammen mit

den Reichsschulden 11 Milliarden. Die Zölle und indirecten Steuern

seien von rund 242 Millionen im Jahre 1879 auf rund 678 Millionen gestiegen. Was die neue Militärvorlage betreffe, e müsse man prüfen, ob das deutsche Volk überhaupt im stande sei, aͤuch nur die bisherige Belastung fort zu tragen. Die wirthschaftliche Krisis sei eine internationale Krisis von einer Ausdehnung, wie man sie bisher niemals gehabt habe. In allen Ländern der Welt herrsche gleichmäßig Arbeitslosigkeit. Eine Aufhebung der Mac Kinley⸗Bill würde keine dauernde Besserung schaffen. Werde die Mac Kinley⸗Bill aufgehoben, so werde es nicht sofort geschehen, und betrete Amerika einmal die Bahn des Freihandels, so werde es, wie das kapitalkräftige England von seinen Märkten verdrängt, auch gegen Deutschland im eigenen Lande einen wirthschaftlichen Krieg führen, dem Deutschland nicht gewachsen sei. Das heutige Wirthschaftssystem im Einklang mit dem kapitalistischen System gehe darauf aus, den Binnenmarkt zu vernichten und die Kleinen von den Großen aus⸗ rauben zu lassen. Wie wolle man denn dem kleinen Mann gegen das Großkapital helfen? Die „Leipziger Zeitung“ erkenne an, daß der Kleinbetrieb durch den Großbetrieb vernichtet werde. Auch in der Landwirthschaft vernichte der Großbetrieb den kleinen. Man habe es mit einer internationalen Krisis zu thun, eine Rettung unter dem heutigen System sei nicht möglich. Die Arbeitslosigkeit werde noch lange dauern, noch sehr lange werde an die gesetzgebenden Körper, auch in Deutschland, der Ruf herantreten, dafür zu sorgen, daß dem Nothstande abgeholfen werde. Und da komme die Regierung mit dieser Militärvorlage! Sie werde damit begründet, es sei nöthig, das Heer fortzubilden, nicht auszubilden. Im Fortbilden liege das Eingeständniß, daß die jetzige Forderung nur eine Abschlags⸗ zahlung sei. Der Reichskanzler sage: wir müssen dastehen, das Schwert in der Scheide und die Hand am Griffe. Nach einem Kriege solle auch die siegende Nation keine Aussicht auf dauernden Frieden haben. Das zeige die Unmöglichkeit einer solchen Politik. Die „Nordd. Allg. Ztg.“ veröffentliche einen Brief, in dem aus⸗ geführt werde, daß, je mehr Soldaten ein Volk habe, desto reicher es fei, daß, wenn alle Soldaten plötzlich entlassen würden, die Zahl der Arbeitslosen unendlich gesteigert würde. Damit habe man ja mit einem Male die sociale Frage gelöst; dann baue man nur eine große Kaserne! Dann versorge man ja das Volk. Wollte man das gesammte Volk nach Scharnhorst'scher Idee be⸗ waffnen, so würde er der Erste sein, der dafür stimmte, aber unter den heutigen Verhältnissen sei dies ökonomisch unmöglich. Nach der neuen Militärvorlage würden Deutschland 4 400 000 wehrhafte Männer zur Verfügung stehen. Die Ausgaben betrügen im Ordinagrium und Extraordinarium 600 bis 700 Millionen. Die Schweiz habe bei einer Bevölkerung von 3 Millionen im ganzen 500 000 waffen⸗ fähige Männer. Legte man diesen Maßstab an die hiesigen Verhält⸗ nisse, so müßte Deutschland 8 ½ Millionen waffenfähige Männer haben. Das schweizer System habe im vorigen Jahre 25 000 000 Fr. gekostet. Deutschland würde dementtsprechend 340 Millionen zu zahlen haben, während es nach dem jetzigen System für die 8 ½ Millionen Soldaten 1000 bis 1200 Millionen zu zahlen hätte. Nun sage man, Deutschland habe bessere Soldaten als die Schweiz. Sei dies bewiesen? Die öster⸗ reichischen Ritter hätten das auch gesagt, aber sie hätten eine schmäh⸗ liche Niederlage erlitten. Man spreche sehr geringschätzig von der Landwehr, und doch kämpften gerade die alten Soldaten bei der Ver⸗ theidigung des Vaterlandes für Haus und Hof, Frau und Kind mit mehr Muth und Begeistesung, als die jungen Leute, die nichts zu verlieren hätten. Bei drei⸗ und zweijähriger, noch weniger bei einjähriger Dienstzeit lasse sich allerdings eine gute mili⸗ tärische Ausbildung nicht erzielen. Aber könne denn nicht, wie das Fichte schon gewollt habe, die militärische Ausbildung mit der Jugenderziehung verbunden werden? Die Ue⸗ erlegenheit des Miliz⸗ systems über die stehenden Heere sei von militärischen Autoritäten stets anerkannt worden, aber man wolle es aus politischen Gründen nicht haben. Der Reichskanzler habe die neue Militärvorlage be⸗ gründet mit der Möglichkeit eines Krieges gegen zwei Fronten. Er (Redner) sehe davon nichts. Nehme man an, man komme in einen Krieg mit Frankreich. Wäre etwa Rußland in der Lage, über Deutschland herzufallen? Die Engländer würden nun und nimmer dulden, daß Rußland sich der Suprematie in Europa be⸗ mächtige. Und sei nicht Oesterreich da? Es würde zu Grunde gehen, wenn Rußland siegte. Dasselbe gelte von der Türkei. Deutsch⸗ land habe also nicht nöthig, den Krieg gegen zwei Fronten zu führen. Wo bleibe aber der Dreibund? Es habe beinahe den Anschein, als wenn der Dreibund von Deutschland gestützt werden müsse. Dazu komme noch Polen. Im Kampf auf Leben und Tod gegen Rußland würde ein Mittel eine Zauberwirkung ausüben zu Deutschlands Gunsten: die Befreiung Polens von Rußland, die Wiederherstellung Polens. Der Reichskanzler habe auf die Presse verwiesen. Aber was in den russischen Zeitungen stehe, stehe bloß mit Er⸗ laubniß der Regierung da, und die Regierung sei der Zar. Nicht der Zar wolle den Frieden erhalten, wie der Reichs⸗ kanzler behaupte, sondern das Volk. Der Reichskanzler habe die Emser Depesche berührt. Da er (Redner) die politische oder diplomatische Praxis des Fürsten Bismarck genau ekannt habe, so habe er in Bezug auf die Emser Depesche seine weifel gehabt. Diese Zweifel seien zur Gewißheit geworden durch die Enthüllung von Hans Blum in den nationalliberalen „Grenz⸗ boten“ von 1873, worin es geheißen habe, der Krieg von 1870 sei nicht recht in Fluß gekommen, Begeisterung sei dagewesen, aber man habe gezaudert, da sei der Stein ins Rollen gekommen, und dies ver⸗ danke man demjenigen, der das Extrablatt der „Norddeutschen Allge⸗ meinen Zeitung“ herausgegeben habe. Da sei der Spieß umgekehrt worden, die Franzosen seien vor der Alternative gewesen: entweder die Demüthigung oder den Krieg. Dieses Extrablatt sei die Emser Depesche ge⸗ wesen. Der Reichskanzler Graf Caprivi habe nun eine neue Depesche vor⸗ eführt, nach welcher Fürst Bismarck die Redaction vorgenommen habe. Bisher habe man geglaubt, daß die ursprüngliche Depesche enthalten sei in dem Radziwill'schen Bericht. Man habe nun er⸗ fahren, daß dieser erst vier Tage nach der Redaction der Emser De⸗ pesche in Berlin angekommen sei. Dieses neue Aectenstück lasse nun die Sache vollständig auf dem alten Fleck, ja sie lasse die von dem Fürsten Bismarck verübte Schuld noch größer er⸗ scheinen. Er wolle nicht untersuchen, ob der Krieg nicht ausgebrochen wäre, wenn Fürst Bismarck diesen Schritt nicht gethan hätte, sonst käme man auf den prophylaktischen Krieg. Aber das sei gleichgültig. Nach seiner festen Ueberzeugung habe Napoleon damals factisch den Krieg gebraucht oder wenigstens einen kleinen diplomatischen Erfolg, wie er in der Zurückziehung der hohen⸗ zollernschen Candidatur gelegen habe. Das letztere sei an der Febig. zeit des Königs von Preußen gescheitert. Wäre die französis Regierung in dieselbe Stimmung versetzt worden, die den eigenen Gesandten erfüllt habe, so würde der Krieg nicht ausgebrochen sein. Es sei nicht möglich, daß das heutige Militärsystem fortgesetzt werden könne. Es müsse dagegen Protest erhoben werden. Im Lande sei das Volk erregt über die neue Militärvorlage, hier sehe man nichts davon; heute selbst sei der 5 lange nicht so besetzt, als wenn es gelte, etwas für agrarische Zwecke herauszuschlagen. Die Wähler wollten ohne Ausnahme durch das ganze Centrum hindurch bis in ie Kreis Con tiven hinein kein Compromiß. Sie wollten