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merksam zu machen.
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Der dortige Departements⸗Thierarzt ist mit entsprechender
Anweisung zu versehen.
Berlin, den 21. November 1892. Der Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten. von Heyden. An sämmtliche Herren Regierungs⸗Präsidenten mit Alusnahme desjenigen zu Sigmaringen, sowie an den Herrn Polizei⸗Präsidenten hierselbst.
Bekanntmachung
wegen Ausreichung der neuen Zinsscheine zu der Staats⸗ Anleihe der vormals freien Stadt Frankfurt a. M. vom 30. November 1848.
Ddie neuen Zinsscheine Reihe III Nr. 1 bis 8 nebst Anweisungen zur Abhebung der Zinsscheine Reihe IV zu den Schuldverschreibungen der 3 ½ % Anleihe der vormals freien Stadt Frankfurt a. M. vom 30. November 1848 Litt. G., wovon der erste Zinsschein am 1. Oktober 1893 fällig wird, werden vom . 15. Januar 1893
ab von der Fegiglächen 8 zu Frankfurt a. M. während der üblichen Dienststunden ausgegeben. “ 8
Es können diese Zinsscheine auch bei den Königlichen Regierungs⸗ Hauptkassen bezogen werden, in die alten Zinsschein⸗ Anweisungen mit einem doppelten Verzeichniß bei diesen Kassen ein⸗ zureichen sind. “ “
Das eine Verzeichniß wird, mit einer Empfangsbescheinigung ver⸗ sehen, sogleich zurückgegeben werden und ist bei Aushändigung der neuen Zinsscheine wieder abzuliefern; über die neuen Zinsscheine und Zinsschein⸗Anweisungen hat deren Empfänger Quittung zu geben. 8
Formulare zu den Verzeichnissen sind bei den genannten Kassen unentgeltlich zu haben. 1
Der Einreichung von Schuldverschreibungen bedarf es zur Er⸗ langung der neuen Zinsscheine nur dann, wenn die alten Zinsschein⸗ Anweisungen abhanden gekommen sind. In diesem Falle sind die be⸗ treffenden Documente an den Königlichen Regierungs⸗Präsidenten in Wiesbaden mittels besonderer Eingabe einzureichen.
Die entstehenden Portokosten haben die Empfänger der neuen
Zinsscheine zu tragen.
Wiesbaden, den 8. November 1892. Der Regierungs⸗Präsident. von Tepper⸗Laski.
Nichtamtliches. Deutsches Reich.
Preußen. Berlin, 3. Dezember Seine Majestät der Kaiser und König sind
1 gestern Nachmittag zum Besuch Seiner Majestät des
Königs von Sachsen in Strehlen eingetroffen. Heute Vormittag begaben Sich Beide Majestäten zur Jagd nach Moritzburg. 8 1 Den Meldungen des „W. T. B.“ aus Dresden entnehmen wir noch Folgendes: Seine Majestät der Kaiser trafen Nachmittags 4 Uhr bei der Haltestelle Strehlen ein und wurden auf dem Bahnhof von Seiner Majestät dem König von Sachsen, Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzen Georg von Sachsen und den anderen Prinzen des Königlichen Hauses empfangen. Die gegenseitige Begrüßung trug einen äußerst herzlichen Charakter. Seine Majestät der Kaiser, Aller⸗ höchstwelche die Uniform Ihres sächsischen Grenadier⸗Regi⸗ ments Nr. 101 angelegt hatten, und Seine Majestät der König Albert, in der Uniform des ihm verliehenen 10. Ostpreußischen Dragoner⸗Regiments, umarmten und küßten einander wieder⸗ holt. Auch der Prinz Georg und die anderen Prinzen wurden von dem Kaiser auf das herzlichste begrüßt. Der preußische Gesandte Graf Dönhoff und eine Deputation des Offizier⸗ corps des 2. Sächsischen 1“ Nr. 101 waren ebenfalls zum Empfange Seiner Majestät anwesend. Das zahlreich versammelte Publikum bereitete den Monarchen lebhafte Ovationen. In der Königlichen Villa, wo die Be⸗ grüßung Seiner Majestät des Kaisers mit Ihrer Majestät der Königin Carola und den übrigen Mitgliedern der Königlichen Familie erfolgte, fand alsdann große Familientafel statt, an welcher Seine Majestät der Kaiser, Ihre Majestäten der König und die Königin, die Königliche Familie, sowie die Herzogin Friedrich und die Prinzessin Faer zu Schleswig⸗Holstein theilnahmen. — Heute Morgen ½ Uhr begaben Sich Ihre Majestäten der Kaiser und der König Albert zu Wagen von der Villa Strehlen zur Jagd nach Moritzburg. Im Gefolge der Majestäten befanden sich der Flügel⸗Adjutant Oberst⸗Lieutenant von Scholl und der General-Adjutant Freiherr von Hodenberg.
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Dem Bundesrath ist der am 19. Juli d. J. mit Egypten abgeschlossene Handelsvertrag zur Beschluß⸗ nahme vorgelegt worden.
In dem öffentlichen Anzeiger der heutigen Nummer wird ein auf Grund, der Kaiserlichen Verordnung vom 6. Sep⸗ tember d. J. von dem stellvertretenden Kaiserlichen Commissar für das südwest⸗afrikanische Schutzgebiet unter dem 25. November d. J. erlassenes Aufgebot öffentlich be⸗ kannt gemacht. Hiernach werden diejenigen, welche in den Gebieten der Bondelzwarts, der Veldschoendrager und von Zwartmodder (Keetmanshoop) vor dem 1. April 1890 Bergwerksgerechtsame rechtsgültig erworben zu haben glauben, aufgefordert, diese Gerechtsame spätestens bis zum 1. April 1893 bei der Bergbehörde in Windhoek an⸗ zumelden. Da nach Ablauf der Anmeldefrist voraussichtlich der Ausschluß nicht angemeldeter Gerechtsame durch den Commissar verfügt werden wird, so wollen wir nicht unter⸗ lassen, die Interessenten auf dieses Aufgebot besonders auf⸗
Aus einer größeren Zahl der im Finanz⸗Ministerium zur Kenntniß gelangten Bescheide ist ersichtlich geworden, daß die Begründung der von den Einkommensteuer⸗Be⸗
ufungscommissionen getroffenen Entscheidungen über die von den Steuerpflichtigen eingelegten Berufungen vielfach insofern nicht den zu stellenden Anforderungen ent⸗ spricht, als die Motivirung nicht erkennen läßt, auf welche
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Gründe und Einwendungen die eingelegte Berufung ge⸗ stützt ist, und aus welchen Gründen dieselben keine oder doch nicht die erlangte Berücksichtigung gefunden haben. Den Censiten kann durch den Mangel und die Unvollständig⸗ keit der Entscheidungsgründe die Möglichkeit entzogen werden, sich über die Umstände, welche zu einer von der ihrigen ab⸗ weichenden Auffassung Veranlassung gegeben haben, Klarheit zu verschaffen und eine sichere Unterlage für die Anfechtung der Entscheidung im Beschwerdewege zu gewinnen. Derartige Bescheide haben deshalb auch auf eingelegte Beschwerden beim Ober⸗Verwaltungsgericht (§ 44 a. a. O.) der Regel nach schon wegen veetcdhe der Begründung die Aufhebung der Entscheidung bezw. die Zurückverweisung der Sache an die Berufungsinstanz, und dadurch eine unerwünschte Ver⸗ schleppung der endgültigen 8 sowie eine Erschwerung der Geschäftslast der betheiligten Behörden zur Folge gehabt. Der Finanz⸗Minister hat daher die Vorsitzenden der Einkommensteuer⸗Berufungscommissionen durch Verfügung vom 28. November d. J. aufgefordert, in Zukunft bei der Be⸗ urbeitung der Berufungsfälle sorgfältig darauf zu achten, daß den Entscheidungen, der Vorschris im Artikel 66 Nr. 2 der Ausführungsanweisung vom 5. August 1891 gemäß, die der Sachlage entsprechenden Gründe beigegeben werden. Zugleich empfiehlt der Minister, zur Vermeidung von Weiterungen den Gründen des Berufungsbescheides eine Rechtsbelehrung darüber anzuschließen, innerhalb welcher Frist und bei welcher Behörde das Rechtsmittel der Beschwerde statthaft ist. 8
Die „Amtlichen Nachrichten des Reichs⸗Ver⸗ sicherungsamts“ Nr. 23 vom 1. Dezember d. J. ent⸗ halten folgende bemerkenswerthen Rekursentscheidungen.
Die Wiederaufnahme des Verfahrens gegen rechtskräftige Urtheile in Unfallversicherungs⸗ streitigkeiten in entsprechender Herübernahme der Bestim⸗ mungen des § 543 der Civilprozeßordnung ist als zulässig anzuerkennen.
Die Anwendung des § 65 des Unfallversiche⸗ rungsgesetzes kann nur auf wirkliche, objective Ver⸗ änderungen (Eintritt neuer Folgen des Unfalls, Steigerung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit), dagegen nicht lediglich auf eine Veränderung der actenmäßigen Verhält⸗ nisse, d. h. eine veränderte Beurtheilung oder bessere Kennt⸗ niß der an sich unveränderten Verhältnisse gestützt werden.
Der in dem ersten Bescheid der Berufsgenossenschaft der Rentenberechnung zu Grunde gelegte Jahresarbeitsverdienst wird mit der Rechtskraft dieses Bescheides nicht für das ge⸗ sammte Entschädigungsverfahren endgültig festgestellt, und sind Einwendungen gegen den bisher angenommenen Jahresarbeitsverdienst im Lauf eines von der Berufsgenossenschaft nach § 65 des Unfallversiche⸗ rungsgesetzes eingeleiteten anderweiten Renten⸗ feststellungsverfahrens keineswegs grundsätzlich ausgeschlossen.
Ausweislich der Sonder⸗Ausgabe der „Amtlichen Nachrichten des Reichs⸗Versicherungsamts, Inva⸗ liditäts⸗ und Altersversicherung“, vom 1. Dezember d. J., hat das Reichs⸗Versicherungsamt als Revi⸗ sionsinstanz ausgesprochen, daß die in Verbin⸗ dung mit der Revision in der Hauptsache zulässige Revision bezüglich des Kostenpunktes auch dann statthaft ist, wenn die Kostenfestsetzung nicht unmittelbar im Urtheil, sondern in einem wenige Tage später erlassenen, mit dem Urtheil verbundenen Gerichtsbe luß er⸗ folgt ist. Die Kostenfestsetzung des Schiedsgerichts — ebenso wie die Entscheidung in der Hauptsache — unter⸗ liegt nur insoneit einem Angriff, als einer der im § 80 des Invaliditäts⸗ und Altersversiche⸗ rungsgesetzes erwähnten Revisionsgründe nachge⸗ wiesen ist.
Wenn in der Revisionsinstanz nach Erledigung der Hauptsache in dieser Instanz nur noch der Kosten⸗ punkt streitig bleibt, so ist die Verfolgung der Revision gegen diesen Theil der schiedsgerichtlichen Ent⸗ scheidung gleichwohl noch zulässig.
Die dem Revisionsgericht zustehende Nachprüfung der Gründe, welche das Schiedsgericht für die Ablehnung eines vom 1“ auf Grund des § 13 Abs. 3 der Kaiserlichen Verordnung vom 1. Dezember 1890 gestellten Beweisantrags geltend gemacht hat, ist darauf zu beschränken, ob jene Gründe dem bestehenden Recht oder dem klaren Inhalt der Acten widersprechen. Nur dann, wenn dies der Fall, ist in der Ablehnung des bezüglichen Antrags des Staatscommissars ein wesentlicher Mangel des Verfahrens im Sinne des § 80 Abs. 2 Ziffer 2 des In⸗ validitäts⸗ und Ater vess e zu erblicken.
Der im § 172 Absatz 1 der Civilprozeßordnung enthaltene Grundsatz, daß bei Zustellungen an den Ver⸗ treter mehrerer Betheiligter die Uebergabe Einer Ausfertigung des zuzustellenden Schriftstücks genügt, ist auf das Ver⸗ fahren in Invaliden⸗ und-Altersrentensachen und zwar auch dann anzuwenden, wenn es sich um die Zu⸗ stellung an eine Person handelt, die zugleich in eigenem Namen und als Vertreter eines Betheiligten auftritt.
Die Versicherungsanstalt, welche durch förmlichen Bescheid gemäß § 75 des Invaliditäts⸗ und Altersversicherungs⸗ gesetzes den Anspruch des Klägers anerkannt und dem⸗ selben die Rente zugesprochen hat, ist nicht mehr befugt, gegen die Entscheidung des Schiedsgerichts, welches die Berufung des Staatscommissars gegen den vorgedachten Bescheid zurückgewiesen hat, die Revision einzulegen.
Der auch in dem auf Grund des Invaliditäts⸗ und Altersversicherungsgesetzes stattfindenden Verfahren zulässige Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung einer Rechtsmittelfrist ist an die Einhaltung der in § 211 der Civilprozeß⸗ ordnung vorgeschriebenen zweiwöchigen Frist nicht gebunden.
Zum Nachweise einer anrechnungsfähigen Krank⸗ heit ist die Beibringung der im § 18 des Invaliditäts⸗ und Altersversicherungsgesetzes erwähnten Bescheinigungen der Krankenkassen⸗Vorstände und Gemeindebehörden nicht unter allen Umslüͤnden erforderlich; das Gericht kann vielmehr auch auf andere Weise zu der Ueberzeugung gelangen, daß eine mit Erwerbsunfähigkeit verbundene Krankheit vorliegt.
Einem Rentenbewerber kann diejenige vorgesetzliche Zeit, in der er sein sechzehntes Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, auf die Wartezeit nicht angerechnet werden.
Ddeerr Finanz⸗Minister Dr. Miquel ist an einer Entzündung erkrankt und muß das Bett hüten.
Potsdam, 3. Dezember. Dem Magistrat und den
Stadtverordneten von Potsdam ist auf die zum Geburtstag an Ihre Majestät die Kaiserin und Königin Friedrich
gerichtete Glückwunschadresse nachfolgendes Allerhöchste Dank⸗
schreiben zugegangen:
Dem Magistrat und den Stadtverordneten unterlasse Ich nicht für die Mir aus Anlaß Meines Geburtstags in altgewohnter Treue und Anhänglichkeit dargebrachten Glückwünsche herzlich zu danken. Zugleich spreche Ich den städtischen Behörden gern aus, daß Meine Theilnahme für das Wohlergehen der Stadt Potsdam und ihrer Bewohner nie aufhören wird, Mich ganz zu erfüllen.
Berlin, den 24. November 1892. G Victoria,
Kaiserin und Königin Friedrich.
8 An den Magistrat und die Stadtverordneten in Potsdam. 2
Görlitz, 1. Dezember. Nachdem gestern seitens der drei
Landtagsausschüsse die ihnen überwiesenen Vorlagen der Vor⸗
berathung unterzogen worden waren, der Vorsitzende, Landeshauptmann und Landesältester Graf von Fürstenstein die zweite Plenarsitzung des Oberlausitzer Communal⸗ Landtags mit dem Vortrage einiger Urlaubsgesuche, die enehmigt wurden, und ging sodann zur umfangreichen echnungslegung über die gesammte ständische Verwaltung über. Der Bericht über die vorgenommenen außerordentlichen Kassen⸗ und Deposital⸗Revisionen, sowie über die Revision der Rechnungen gelangte zur Kenntniß des Landtags, der die Ueberzeugung von der guten Ordnung gewann, in der sich das ständische Kassen⸗ und Rechnungswesen befindet, und Decharge über die ständischen Rechnungen pro 1891 ertheilte. Aus dem hierauf erstatteten Verwaltungsbericht über die communalständische Bank der Frentgt chen Oberlausitz entnahm der Landtag eingehende Kenntniß über die gegenwärtige Geschäftslage sowie davon, daß mit Sicherheit darauf zu rechnen sei, daß die Erträge der Bank im laufenden Jahre gegen die des Vorjahres nicht zurück⸗ bleiben würden. Der Verwaltungskosten⸗Etat pro 1893 wurde nach dem vorgelegten Entwurfe festgesetzt, und gleichzeitig von einem Landtagsmitgliede Bericht über den in Augenschein genommenen Erweiterungsbau der Bank erstattet, aus dem hervorging, daß dieser allen Anforderungen vollkommen entspreche. Demnächst gelangte eine Anzahl von Gesuchen, die an den Communal⸗Landtag gerichtet waren, zur Berathung. Dem unter dem Vorsitze des Ober⸗Präsidenten von Schlesien, Wirklichen Geheimen Raths Dr. von Sevndewitz gegründeten Schlesischen Verein für Hausindustrie, welcher die Hebung der Lage der schlesischen Hausgewerbetreibenden, in erster Linie der Handweberei bezweckt, wurde eine namhafte Bei⸗ hilfe bewilligt, und zwar mit Rücksicht auf die in nicht unbedeutendem Umfang im Oberlausitzer Theile des Laubaner Kreises betriebene Handweberei. Auch einige andere Gesuche fanden durch von Beihilfen Berücksichti⸗ gung; dagegen mußte eine Anzahl von Gesuchen unberück⸗ sichtigt gelassen werden, theils weil die Bedürfnißfrage nicht anerkannt werden konnte, theils weil principielle Gründe der Bewilligung entgegenstanden. Letztere galten insbesondere denjenigen Gesuchen, in denen es sich um die Erfüllung der den Gemeinden als solchen ob⸗ liegenden gesetzlichen Verpflichtungen handelt. Nachdem die Tagesordnung erschöpft war, schloß der Vorsitzende die Sitzung und beraumte die nächste Plenarsitzung auf morgen, 11 Uhr, an. Der Ober⸗Präsident Dr. von Seydewitz war durch anderweite Verpflichtungen veranlaßt, den Landtag heute Abend wieder zu verlassen. —
Meckleuburg. 8 “
Bei dem Ankauf einzelner Privatbahnen seitens des Landes im Jahre 1889 hatte der Großherzog insofern das Risico der Eisenbahnverwaltung übernommen, als ein etwaiger Ausfall zunächst auf die jährlichen Jacheecge die der Landes⸗ herr noch aus dem früher erfolgten Verkauf einzelner Bahn⸗ strecken an die Friedrich Franz Eisenbahn⸗Actiengesellschaft zu fordern hat, in Abrechnung gebracht werden sollte. 1891 hatte die Regierung den Bau weiterer Bahn⸗ strecken, Rostock — Tessin —Sülze —Landesgrenze, Krivitz — Parchim und Schwerin —Gadebusch —Rehna vorgeschlagen, unter der Bedingung, daß dies Risico der landesherrlichen Kasse beseitigt werde. Diese Vorlage wurde damals vom Landtag abgelehnt. Dem jetzigen Landtage ist nun der Bau dieser Strecken erneut vorgeschlagen worden, mit der Maßgabe, daß dazu 25 000 ℳ pro Kilometer aus der Allgemeinen Landes⸗Receptur⸗Kasse à fonds perdu gewährt würden. Der Landtag hat sich vorweg über die Vorfrage schlüssig gemacht, ob zum Ausbau des Landes⸗Eisenbahnnetzes überhaupt Bei⸗ hilfen aus der Allgemeinen Landes⸗Receptur⸗Kasse bewilligt werden sollen, und diese Frage mit 87 gegen 19 Stimmen bejaht. b
Deutsche Colonien. 1b
Ueber die festliche Begehung des Geburtstags Ihrer Majestät der Deutschen Ka igerin in Dar⸗es⸗Salam berichtet die „Gazette for Zanzibar and East Africa“ wie folgt: „Letzten Donnerstag gab es an diesem Platze zur Feier des Geburtstages der Deutschen Kaiserin Auguste Victoria großen Jubel. Jedes Haus und jede Straßenecke war mit Palmen und Flaggen geziert, und die Schiffe im Hafen waren mit Flaggen geschmuͤckt. Eine Parade der Truppen wurde unter Lieutenant Berthold abgehalten und zu Lande und von der See wurden Salutschüsse abgefeuert. Eine große Menge Volks war auf dem Paradeplatz versammelt.“
Nach Aufhebung des bisherigen Commissariats für das Kilimandjaro⸗Gebiet ist der Compagnieführer Johannes mit der Wahrnehmung der Geschäfte der obersten örtlichen Behörde für die genannten Gebiete mit dem Sitz in Marangu am Kilimandjaro beauftragt worden. Auf der Kilimandjaro⸗ Station, die nach einem Gouvernementsbefehl vom 12. Sep⸗ tember fortan Marangu⸗Station benannt wird, sind gegen⸗ wärtig unter dem Compagnieführer Johannes ein Lieutenant, ein Arzt und etwa 160 Mann stationirt. Es sind daselbst mehrere kleine Geschütze nebst einer größeren Menge Munition vorhanden. Auf dem Wege von Masinde nach dem Kilimandjaro sind Zwischenstationen eingerichtet, um die Verbindung aufrecht zu erhalten. In Masinde befindet sich ein Offizier mit 60 Mann.
Der von der Deutschen Colonialgesellschaft nach Deutsch⸗ Ostafrika gesandte Lehrer Barth ist am 19. Oktober mit dem
Reichs⸗Postdampfer „Reichstag“ in Tanga eingetroffen. Er wird vorerst in Tanga bleiben, wo ebenfalls, wie in Bagamoyo, die Gründung einer Schule oder vielmehr die Fortsetzung des vom Mäsionar Krämer bereits begonnenen Unterrichts geplant wird.
Ueber den am 6. Oktober erfolgten Tod des Lieutenants
Brüning im Kampfe gegen die Wahehe meldet der Sergeant
Köhler aus Kilossa, 16. Oktober, an den Gouverneur:
Lieutenant Brüning, ich und 35 Sulus marschirten auf die Kunde, daß die Wahehe in Kondoa seien und plünderten, sofort dorthin ab und vertrieben sie nach tüchtigem Feuer aus dem Ort. Da wir pro Kopf nur noch 15 bis 20 Patronen hatten, schickten wir 6 Waniamwesi
on dem Häuptling Hamiß, welcher sich mit 20 Mann uns an⸗ geschlossen hatte, nach dem Fort, Patronen zu holen; wir blieben bis dahin ausgeschwärmt im freien Felde liegen. Um den Feind besser beobachten zu können, kletterte ich auf einen Baum: hier sah ich nun, wie die Wahehe in geschlossener Colonne uf uns loskamen. Salve auf Salve wurde gegeben, kaum waren ie Wahehe dicht an uns heran, etliche schon in unserer Reihe, da war auch kein Halten mehr unter den Sulus. Alles im Stich lassend, rannten sie wie die Wahnsinnigen davon. Hier fielen err Lieutenant Brüning und vier Sulus. Von Wahehe umzingelt, ur den Ombascha Peint und Guteboy bei mir, schlugen wir uns durch und gelangten gegen Abend auf Umwegen im Fort an. Hier stellte ich sofort doppelte Posten aus, m einem Ueberfall der Wahehe vorzubeugen. Da ich jetzt mit den Sulus nichts weiter anfangen konnte, so beschloß ich, im Fort zu leiben, da es ja nicht ausgeschlossen war, daß die Wahehe das Fort angreifen würden. Ich hatte meine Noth, die Sulus im Fort zu halten, sie wollten in die Berge, hier, meinten sie, seien sie sicher vor den Wahehe. Ein Sulu, Mabon, entfernte sich aus Furcht vor den Wahehe vom Fort, er⸗ schien aber am vierten Tage wieder, ich steckte ihn sofort in Arrest. Am 8. Oktober entsandte ich den Lazarethgehilfen Riehl mit einer Abtheilung nach Condoa, um die Leichen zu holen. Ich ließ sie n der Nähe des Forts mit den üblichen drei Salven beerdigen. Ferner fanden wir die Leichen von dem Wali Seff bin Seliman und verschiedener anderer Araber. — Die Wahehe hatten am 8. Oktober ich wieder zurückgezogen. 1“
Der Gouverneur bemerkt hierzu in einem Bericht an den Reichskanzler: Es scheint sich dadurch leider zu bestätigen, daß die Sulus, deren Brauchbarkeit stets eine sehr streitige Frage war, sich nicht bewährt haben. Sie werden jetzt, zumal ihr ursprünglicher C ct Ende ist, wieder nach Hause ge⸗ schickt werden.
Oesterreich⸗Ungarn. 8
Im österreichischen Abgeordnetenhause wurde gestern die Debatte über den Dispositionsfonds fortgesetzt. Der Abg. von Jaworski erklärte im Namen der Polen, die gegenwärtige parlamentarische Lage sei durch ein Mißverständniß zwischen der Regierung und der vereinigten Linken entstanden. Von einer Gehässigkeit der Regierung gegen letztere könne eine Rede sein. Die Polen bewahrten sich freie Hand bis zur ösung des in der Thronrede angekündigten Programms. Die isherige Mehrheit sei gebildet auf der Grundlage des festen Pro⸗ gramms der Gleichwerthigkeit der theilnehmenden Parteien, deren festgestellter ziffermäßigen Stärke sowie des Grundsatzes, daß niemand das Programm aufgezwungen werden dürfe, daß ber auch niemand ausgeschlossen werden dürfe, der sich dem Programm anfüge. Der Dualismus habe für die Polen eine specielle Bedeutung als Grundlage der gegenwärtigen aus⸗ wärtigen Politik Oesterreich⸗Ungarns, in der die Polen eine wesentliche Gewähr für die Zukunft Oesterreichs erblickten. Den Dreibund sähen die Polen als den alleinigen Schutz der österreichischen Völker gegen jene Macht an, in der sie die größte Gefahr für ihre Nationalität, ihre Freiheit und ihre Cultur er⸗ lickten. Der Abg. Herold führte aus, die Verweigerung des Dispositionsfonds seitens der Jungcze chen bedeute nicht eine Opposition gegen die Rechte, sondern gegen die böhmenfeind⸗ iche Politik. Die Deutschliberalen dächten nicht an eine ernste Opposition, sie würden wohl den Rath des Grafen Taaffe eherzigen und darüber nachdenken. Aus dem Dualismus folge nicht die Unabänderlichkeit der Dezemberverfass ung in Oesterreich. So lange das große Problem der böhmischen Frage nicht ge⸗ öst sei, werde die Partei des Redners bei ihrer Opposition erharren. Der Abg. Graf Hohenwart stellte fest, der Prinz Schwarzenberg habe nur in seinem eigenen und nicht im Namen der haarbe gesprochen. Die österreichischen Conservativen seien . ür das historische Recht Ungarns eingetreten. Das von dem Abg. von Plener als wünschenswerth bezeichnete Coalitions⸗ Ministerium sei in der gegenwärtigen Regierung gegeben. Keine Partei lasse sich in die von dem Abg. von Plener ge⸗ ünschten Combinationen einfach hinein commandiren. Seine Parteigenossen seien zur ernsten Prüfung positiver Vorschläge geneigt. (Händeklatschen rechts.) Ziean ergriff der Minister⸗ gpraft ent Graf Taaffe das Wort zu folgender Er⸗ klärung: Gegenüber den im Laufe der Debatte von ver⸗ schiedenen Seiten abgegebenen Aeußerungen halte es die Regierung für angemessen, ihren Standpunkt neuer⸗ dings mit aller Deutlichkeit und Entschiedenheit aus⸗ zusprechen. Die Regierung stehe unverrückbar auf dem Boden der bestehenden Verfassung und werde diesen Standpunkt auch ferner in keinem Fall verlassen. Die Regierung halte rück⸗ haltlos an dem gegenwärtigen gesetzlich geregelten Verhältniß zu der ungarischen Reichshälfte fest und erachte die hier⸗ durch geschaffene Organisation der Monarchie für dauernd abgeschlossen; sie könne es daher nicht als geboten ansehen, bei jedem beliebigen Anlaß von neuem auf diese Frage zurückzukommen, müsse es aber mit lebhaftem Dank be⸗ grüßen, daß ihre loyale Haltung wie immer so auch kürzlich von Seiten der ungarischen Regierung offene Anerkennung gefunden habe. Zu der gegenwärtigen Lage vermöge er nur die Erklärung abzugeben, daß die Regierung auch derzeit an den Grundsätzen der Thronrede vom 11. April 1891 unent⸗ wegt festhalte. In der gemeinsamen Arbeit aller gemäßigten Parteien, welche die Regierung bisher in dankenswerther Weise mit patriotischer Zurückstellung ihrer einzelnen Wünsche unterstützt hätten, erblicke die Regierung das sicherste Mittel zur Bildung einer festen, auch von ihr erwünschten und als nothwendig anerkannten Majorität. Zur Erreichung dieses Ziels werde es die Regierung, nur auf das Wohl des Staats be⸗ dacht und unbeirrt durch die eigenen Interessen, soviel an ihr liege, an Bemühungen gewiß nicht fehlen lassen. Von eben diesen Gesinnungen erfüllt, werde die Regierung in dem Bewußtsein der von ihr übernommenen Verpflichtungen auch fernerhin bedacht sein, speciell im Königreich Böhmen eine Verständigung zwischen beiden Volksstämmen zu fördern. Von solchen Erwägungen, die sich nur auf das Ganze des Staats und dessen wichtigste Interessen bezögen, geleitet, vermöge die Regierung der Bewilligung oder Ablehnung der zur Ver⸗
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handlung stehenden Budgetposition keine so’che Bedeutung bei⸗
zulegen, die sie in ihren Grundsätzen irre machen oder ihre Haltung den gemäßigten Parteien gegenüber“ ändern könnte. Die Rede rief lebhafte Bewegung im ganzen Hause hervor. Die Abgg. Schneider und Pattay erklärten, sie würden für den Dispositionsfonds stimmen, nicht um ein Ver⸗ trauensvotum für die Regierung abzugeben, sondern aus unbe⸗ dingter Gegnerschaft gegen die Bestrebungen der Linken. Der Abg. Dr. von Plener betonte, mit den Grundsätzen des Abg. von Jaworski für die “ könnten die Deutsch⸗ Liberalen sich einverstanden erklären. Die Voranstellung der Dreibunds⸗Politik durch den Abg. von Jaworski billige er: der Dreibundsgedanke sei von der Politik der deutschen Linken unlösbar, er sei einer der Mark⸗ steine für die Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu der Majorität. Parteien, die bezüglich der grundlegenden staatlichen Anschauungen in unüberbrückbarem Gegensatz ständen, könnten nicht in einer Majorität zusammen sein. Dies gelte auch vom Staatsrecht. Bei der hierauf folgenden nament⸗ lichen Abstimmung wurde der Dispositionsfonds mit 176 gegen 146 Stimmen abgelehnt. Dagegen stimmten die vereinigte deutsche Linke, die Deutschnationalen und die Jung⸗ czechen. Die Linke nahm das Ergebniß der Abstimmung mit
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anhaltendem Beifall aufsf.
Großbritannien und Irland.
Die Königin beabsichtigt, der „A. C.“ zufolge, zwei Monate in Osborne zu residiren und eine Woche nach Ostern nach Italien zu reisen, wo Ihre Majestät in der Villa Palmieri bei Florenz einen vierwöchigen Aufenthalt nehmen wird. Vorgestern stattete die Königin der Kaiserin Eugenie in Farnborough einen Besuch ab.
Lord Ripon, Minister für die Colonien, sagte in einer von ihm am Mittwoch im „Eighty Club“ gehaltenen Rede, daß er als Mitglied der Regierung, obwohl instruirt über die Ab⸗ sichten und Pläne derselben, doch keine Geheimnisse verrathen dürfe. Das könne er jedoch erklären, daß die Regierung ein Programm vorbereitet habe, das nicht als ungenügend an⸗ gesehen werden dürfte. Homerule stehe in erster Linie. Die Vorlage, die dem Parlament in Bezug auf diese Frage unter⸗ breitet werden würde, von der er aber auch nicht einmal eine Skizze geben könne, werde sicherlich nicht weniger weitgreifend und umfassend sein, als die Bill von 1886. Die in letzterer ent⸗ haltenen sehles würden vermieden werden. Die irische Frage dürfe jedoch nicht allein das Parlament in nächster Session beschäftigen. Die Regierung bereite daher eine Reihe von Maßregeln vor, welche die Wohlfahrt der britischen Nation beträfen. Die Majorität der Regierung werde von ihren Gegnern für gering erklärt. Mit dieser Majorität jedoch hoffe sie, große und weitgehende Pläne durchzusetzen. Das Volk habe sich bei der Wahl mit der Politik der vorigen Regierung unzufrieden erklärt. Die liberale Partei wolle die Einigkeit unter allen Theilen. des Reichs fördern. Die Nation habe schon jetzt einen Ge⸗ schmack von der Art und Weise bekommen, wie die Regierung die Administration ausübe. Das Geheim⸗ niß der Macht Englands in den Colonien bestehe darin, daß zur rechten Zeit das Recht der Selbstverwaltung gewährt worden sei. In Irland jedoch sei eine entgegengesetzte Politik gang und gäbe gewesen. Die Regierung — so schloß der Redner — werde die von ihr gegebenen Versprechungen erfüllen.
Frankreich.
Der Präsident Carnot hat, wie „W. T. B.“ meldet, nunmehr Casimir Périer mit der Bildung des neuen Cabinets beauftragt. Die Mission Brisson’s ist insbesondere daran gescheitert, daß Périer und Bourgeois dabei be⸗ harrten, auf dem Boden der stricten Legalität zu bleiben und zu keinerlei Verwirrung der Gewalten die Hand zu bieten. Bourgeois verlangte außerdem, daß de Freycinet und Ribot ihre Portefeuilles behalten sollten. Périer conferirte gestern Nachmittag mit mehreren der zurücktretenden Minister, namentlich mit Ribot. Nach einer weiteren Meldung von heute früh stößt noch Périer auf große Schwierigkeiten. Na⸗ G soll Bourgeois den Eintritt in das Cabinet abgelehnt
aben.
Die Panama⸗Untersuchungs commission vernahm gestern den Deputirten Salis, der seiner Zeit Mitglied der Commission war, die im Jahre 1888 das Project der Panama⸗Loos⸗Obligationen zu prüfen hatte. Salis erklärte, sechs Mitglieder der Commission hätten von ihrem Bureau einen formellen Auftrag erhalten, gegen das Project zu stimmen: fünf hätten sich sofort dafür erklärt. Indessen sei es angenom⸗ men worden, weil ein Mitglied, Sansleroy, obwohl als Gegner des Projects gewählt, doch für dasselbe gestimmt habe. Sans⸗ leroy habe, über seine Abstimmung befragt, erklärt, daß er bei seinem Votum den Bitten seiner Wähler nachgegeben habe. Hierauf wurde Chantagrel, der gleichfalls im Jahre 1888 2 “ der Panama⸗Commission war, vernommen. Chantagrel sagte aus, es seien ihm, damit er für das Project stimme, von einem Beamten der Panama⸗Gesellschaft nach und nach 100 000, sodann 200 000 und schließlich 500 000 Fr. ge⸗ boten worden. Der Journalist Martin, der in der „Libre Parole“ die Artikel mit der Ueberschrift „Die Geheimnisse der Panama⸗Affaire“ veröffentlicht hat, versicherte bei seiner Ver⸗ nehmung, er sei überzeugt, daß die Panama⸗Gesellschaft selbst die gegenwärtige Bewegung angestiftet habe. Im Jahre 1886 habe er, damals noch Beamter der Gesellschaft, von dieser den Auftrag erhalten, einigen Deputirten Geldsummen anzubieten, damit sie für das Emissionsproject der Gesellschaft stimmten; allein von den Deputirten sei keiner seiner Auf⸗ forderung nachgekommen.
Der Generalprocurator Quesnay de Beaurepaire hat an die Commission ein Schreiben gerichtet, worin er räth, die Beschlagnahme der Checks des Hauses Thierrée auf ad⸗ ministrativem Wege durch den Polizei⸗Präfecten vornehmen zu lassen und nicht durch das Gericht, da letzteres Vorgehen zu zeitraubend wäre. Die Commission hat infolge dessen Brisson beauftragt, den Minister des Innern von dem Inhalte dieses Schreibens in Kenntniß zu setzen. Brisson eröffnete dem Minister ferner, daß die Commission ihrerseits die Beschlagnahme der Checks ö 8 G
Der Gemeinderath von Paris hat dem Wunsche nach strenger Bestrafung der Deputirten Ausdruck gegeben, die 8 der Panama⸗Angelegenheit als schuldig befunden würden.
Am 1. d. M. ist von der Polizei ein Mann verhaftet worden, der sich Luskina nennt und aus Galizien stammen soll. Aus den bei ihm vorgefundenen Papieren, unter denen sich auch Karten und Pläne befanden, schloß die Polizei, daß
er ein Spion im Dienst eines fremden Staats sei. Luskina selbst erklärte, die bei ihm vorgefundenen Karten und Pläne -es. ihm lediglich für die von ihm verfaßten oder vor⸗ ereiteten militärischen Schriften gedient. Luskina ist der Ver⸗ ge⸗ einer polnischen Broschüre, betitelt „Die nächste große
2 Rußland.
Dem Reichsrath ist, wie „W. T. B.“ berichtet, ein Gesetzentwurf, betreffend die Einführung der Salzaccise und die Erhöhung der Zuckeraccise, zugegangen. Danach soll die Ergänzungsaccise von 40 Kopeken per Pud Raffinade⸗ zucker aufgehoben und die Accise auf Sandzucker verdoppelt werden, d. h. auf 2 Rubel per Pud normirt werden.
Italien. 1
„Die Deputirtenkammer nahm gestern die Wahl⸗ prüfungen vor. Colajanni (äußerste Linke) beschuldigte, wie „W. T. B.“ berichtet, die Regierung, sich in die Wahl in San Severo, wo Tondi gegen Imbriani gewählt worden sei, eingemischt zu haben, und verlangte die Einfebung einer parlamentarischen Untersuchungscommission. Der Minister⸗ Präsident Giolitti wies die Anklagen zurück. Die Regierung habe gar kein Interesse, die Wahl Tondus, der immer gegen sie gestimmt habe, zu begünstigen. Nach längerer Debatte wurde die Wahl für gültig erklärt.
Die in auswärtigen Blättern verbreiteten beunruhigenden Nachrichten über das Befinden des Papstes werden von der „Agenzia Stefani“ für völlkommen unbegründet erklärt mit dem daß der Gesundheitszustand des Papstes ein durchaus normaler sei.
Belgien.
Die Commission des Senats zur Revision der Ver⸗ fass 8 hat in ihrer Sitzung vom 29. v. M., wie der „Frkf. Ztg.“ berichtet wird, zwei Anträge des Grafen Goblet d'Alvielle (lib.) angenommen, wonach die Wahlberechtigung zustehen soll: 1) allen Bürgern, die mit gutem Zeugniß ihren Militärdienst absolvirt und 2) allen Familienvätern über 30 Jahre, die wenigstens drei Kinder haben. Beide Anträge wurden mit 13 gegen 3 Stimmen und 4 Enthaltungen an⸗ genommen. Auch wurde ein Antrag desselben Senators an⸗ genommen, wodurch die Betheiligung an den Wahlen obli⸗ gatorisch gemacht wird.
Der Bericht der mit der Prüfung der Rothschild'schen Vorschläge beauftragten Commission der internationalen Münzconferenz betont, einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge, die Vorschläge seien von sehr großem Interesse und verdienten von der Conferenz in Erwägung gezogen zu werden. Von den Mitgliedern der Coam gsüns die aufgefordert wurden, zu erklären, ob sie geneigt seien, die Annahme der Vorschläge ihren Regierungen zu empfehlen, hätten sechs zustimmend und sieben ablehnend geantwortet. Die Levy'schen Vorschläge, die Goldstücke im Werthe von weniger als 20 Fr. und alle Banknoten unter 100 Fr. nach und nach aus dem Verkehr zurückzuziehen, seien von der Commission fast einstimmig angenommen worden. Die Delegirten der der lateinischen Münzunion angehörenden Staaten waren gestern früh unter dem Vöeses Tirard's zusammengetreten und hatten beschlossen, die Schlußanträge des Berichts der ähnten Commission zu prüfen.
S Rumänien. “ 1“ 1u1“ Die Deputirtenkammer hat laut Meldung des „W. T. B.“ gestern mit sehr großer Majorität die Dringlichkeit ür die aus der Initiative des Parlaments hervorgegangene Vorlage genehmigt, dem Thronfolger eine jährliche Apanage von 300 000 Frcs. zu bewilligen, von welcher die Hälfte auf die Prinzessin Mary von Edinburg übertragbar sein soll. Der Berichterstatter Majoresco legte den Entwurf zu einer Adresse vor, worin besonders die Stellen der Thronrede hervorgehoben werden, die von der Heirath des ee hacche und den Besuchen des Königs in Wien und London handeln; ferner wird darin die sehr günstige Lage der Finanzen des Landes constatirt. 1u“X“
Afrika. ““ Dem „Reuter'schen Bureau“ wird aus Tanger vom
2. d. M. gemeldet: Gestern Abend wurde bei einer Streitig⸗ keit zwischen vier Europäern und einer maurischen Polizei⸗Patrouille ein britischer Unterthan er⸗ Eeg sem und ein Spanier verwundet. Heute hielten die hier ansässigen Europäer eine Versammlung ab, in der beschlossen wurde, die ausländischen Vertreter aufzufordern, von ihren Regierungen die Bildung eines internationalen Polizeicorps zu erwirken. 8 *
Parlamentarische Nachrichten.
Deutscher Reichstag. 8. Sitzung vom Sonnabend, 3. Dezember, 12 Uhr.
Der Sitzung wohnt der Staatssecretär Freiherr von Maltzahn bei. “
Wegen der Denkschrift, betreffend die Ausführung von Anleiheges een, beschließt der Reichstag ohne Besprechung, daß durch die dem Gesetze Genüge geschehen ist.
Es folgt die erste Berathung des Gesetzentwurfs wegen Abänderung des Gesetzes, betreffend die Grün⸗ dung und Verwaltung des Reichs⸗Invalidenfonds, wonach 67 Millionen Mark aus den Beständen dieses Fonds 8n Betriebskapital für die Reichskasse flüssig gemacht werden sollen.
Abg. Dr. Osann (nl.) bedauert, daß die Novelle zur Militär⸗ Pensionsgesetz, die so lange in Aussicht gestellt sei, noch nicht vorgelegt worden ist, trotzdem sie doch eigentlich die Voraussetzung des jetzt zur Berathung stehenden Entwurfs sei; denn die Novelle wird eine erhebliche Mehrausgabe erfordern, die aus den disponiblen Geldern des Invalidenfonds gedeckt werden muß, da andere Mittel dafür nicht verfügbar sind. Erst wenn dieses E befriedigt ist, kann der Invalidenfonds Gelder an die Reichskasse abgeben, wie das hier vorgeschlagen wird. Es ist auch durchaus nicht nachgewiesen, daß die Reichskasse dieser Summe bedarf; sie ist bisher ausgekommen.
Staatssecretär Freiherr von Maltzahn: Ich erkenne an, daß das Bedürfniß, welches der Herr Vorredner hier vertreten hat, den Vorzug verdient vor dem welches die Vorlage befriedigen will. Die betreffende Novelle zum Militär⸗Pensionsgesetz ist auch dem Bundesrath schon vorgelegt worden, und zwar früher als diese Vorlage, aber die sach⸗ lichen Schwierigkeiten haben bis jetzt ihre Fertigstellung verhindert. Ich hoffe, daß die Vorlage noch in dieser Tagung an den Reichstag gelangen wird, und bedauere, daß der Vorredner eine so scharf ab⸗ lehnende Stellung eingenommen hat. Wir können allerdings ohne die