Oesterreich Ungarn.
Der Erzherzog Franz Ferdinand ist, von seinen Eltern und schwistern begleitet, vorgestern Abend um 8 ½ Uhr in Triest eingetroffen und von den Spitzen der Behörden empfangen worden. Von der Bevölkerung lebhaft begrüßt, begaben sich die Fürstlichkeiten an den Strand. Der Erzherzog Franz Ferdinand fuhr alsdann an Bord der „Elisabeth“, der Erzherzog Karl Ludwig mit seiner Fa⸗ milie an Bord des elektrisch beleuchteten „Greif“. Die Abfahrt der „Elisabeth“ ist laut Meldung des „W. T. B.“ auf heute Nachmittag 2 Uhr angesetzt.
Die amtliche „Wiener Zeitung“ veröffentlicht heute die Durchführungs⸗Verordnung zu dem deutsch⸗öster⸗ reichischen Uebereinkommen, betreffend den Schutz von Erfindungen, Mustern und Marken.
Im Budgetausschusse des österreichischen Ab⸗ geordnetenhauses erklärte dem „W. T. B.“ zufolge gestern der Justiz⸗Minister Graf Schönborn, er bedauere lebhaft die Nichttheilnahme der böhmischen Vertrauensmänner an den Arbeiten der Abgrenzungscommission, doch werde dieser Mangel durch Prüfung der Arbeiten seitens des Landtags und des Landesausschusses ausgeglichen werden. Er werde mit Vergnügen die Hand dazu bieten, um die böhmischen Vertrauensmänner für die Berathungen wiederzugewinnen. In Betreff des Landtagsbeschlusses wegen Vertagung der Abgrenzungsarbeiten bemerkte der Minister, die Regierung müsse soweit wie möglich durchführen, wozu sie sich verpflichtet habe. Es liege kein Grund vor, die ganze Sache ruhen zu lassen. Die Revision der Sprachenverordnung könne erst nach vollzogener Abgrenzung vorgenommen werden.
Die „Budapester Correspondenz“ meldet, die heute er⸗ scheinenden Amtsblätter von Wien und Budapest würden eine Verordnung über die Ausprägung von Zwanzig⸗ Kronen⸗Stücken für Privatrechnung veröffentlichen, unter gleichzeitiger Zurückziehung der letzten Verordnung über den Umtausch von Goldbarren und fremder Münze gegen Zwanzig⸗Kronen⸗Stücke. Die Verordnung soll noch heute in Kraft treten.
roßbritannien und Irland.
Das „Reuter'sche Bureou“ erklärt sich aus bestunterrich⸗ teter Quelle ermächtigt, das von den vorgestrigen Londoner Abend⸗ blättern wiedergegebene Gerücht über eine bevorstehende Ver⸗ minderung der englischen Occupationstruppen in Egypten als vollkommen unbegründet zu bezeichnen.
Die Jahresversammlung der conservativen National⸗ Union ist vorgestern in Sheffield abgehalten worden. Nach längerer Berathung wurden der „A. C.“ zufolge nachstehende An⸗ träge angenommen: 1) daß große Sorgsamkeit auf die Organi⸗ sation der conservativen Partei in Süd⸗Wales verwandt werden müsse: 2) daß Gesetze zu erlassen seien, welche die Erwerbung eines eigenen Heims seitens der Arbeiter erleich⸗ erten; 3) die Aufstellung von conservativen Arbeitern in geeigneten Wahldistricten als Candidaten für das Parlament sei dringend zu empfehlen.
Dem Vernehmen nach wird die Untersuchungs commission über die ausgewiesenen irischen Pächte ihre Sitzungen am 19. d. M. wieder aufnehmen.
Frankreich.
Die gemäßigt republikanischen Deputirten traten, wie „W. T. B.“ meldet, gestern Nachmittag zusammen und beschlossen, gegen den Antrag Pourquéry zu stimmen, sowie eine neue ständige Parteigruppe mit dem Namen „Republikanische Allianz“ zu bilden. In einer eben⸗ falls gestern abgehaltenen Versammlung der äußersten Linken beantragte der „Frkf. Ztg.“ zufolge Hubbard eine Resolution, worin er verlangt, daß der Antrag Pourquéry sofort auf die Tagesordnung gesetzt werde, damit die Enquste⸗ Commission nicht täglich ihre Ansuchen an den Justiz⸗Minisier erneuern müsse. Maujan, Mitglied der Enquéte⸗Commission, theilte mit, die Regierung werde vor der Commission Er⸗ klärungen über ihr künftiges Verhalten geben, und beantragte, die Versammlung möge das Votum über ihre Stellung zum Antrag Pourquéry bis heute vertagen. Dieser Antrag wurde angenommen.
Der Panama⸗Untersuchungscommission werden ouch die Gerichtsacten in der Angelegenheit der „Société Centrale de Dynamite“ mitgetheilt werden.
Die Commission vernahm gestern Rouvier, Clémenceau und Constans. Rouvier wiederholte im wesentlichen den Inhalt seiner vorgestrigen Rede in der Kammer und hob hervor, er könne sich nicht erklären, wie Reinach habe hoffen können, daß Herz im stande sein werde, die Ein⸗ stellung der Preßangriffe gegen ihn zu bewirken. Clémenceau sagte, er könne nur seine Darstellung in der „Justice“ wiederholen. Er erkannte an, gewußt zu haben, daß Cornelius Herz Actionär der „Justice“ gewesen sei. Constans erklärte, er sei über den von Clémenceau und Reinach bei Cornelius Herz unternommenen Schritt sehr erstaunt gewesen: Reinach sei ihm jedoch nicht so vorgekommen, als ob er in verzweifelter Stimmung gewesen sei.
Der Senator Devès, der von dem Journal „Libre Parole“ beschuldigt worden ist, der Empfänger eines von Castelbon unterzeichneten Checks über 20 000 Fr. zu sein, hat das Verlangen gestellt, von der Untersuchungscommission ver⸗ nommen zu werden. Deveés wird erklären, Reinach habe auf sein Verlangen an Castelbon den Check zur Gründung eines Journals gegeben.
Die Siegel von der Wohnung des verstorbenen Barons Reinach sind gestern gelöst worden; die beschlagnahmten Papiere werden der Panama⸗Untersuchungscommission zuge⸗ stellt werden.
Der bekannte Publicist John Lemoine, langjähriger
Mitarbeiter des „Journal des Débats“, ist gestern gestorben.
Er war seit 1875 Mitglied der Akademie und seit 1880 lebens⸗ itglied des Senats.
Rußland.
In einer vorgestern abgehaltenen combinirten Sitzung des Departements der Reichs⸗Oekonomie und des Minister⸗ omités wurde dem „W. T. B.“ zufolge die Verstaat⸗ lichung der Orenburger Eisenbahn beschlossen. 8
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Italien.
Die über eine bevorstehende Aenderung beziehungsweise mbildung des Cabinets umlaufenden Gerüchte sind, ie die „Agenzia Stefani“ meldet, durchaus unbegründet.
Spanien.
Der Minister der auswärtigen Angelegenheiten Armijo betont, wie „W. T. B.“ meldet, in einer gestern in Madrid veröffentlichten Erklärung, er werde sich in der Führung seiner Politik von dem Streben nach kluger Vorsicht und von den Gesichtspunkten vollkommener Neutralität leiten lassen. Die Regierung strebe danach, mit allen Mächten Handels⸗ verträge abzuschließen. Was Marokko betreffe, so werde die Regierung dafür sorgen, daß die Achtung vor der spanischen Flagge dort gewahrt bleibe.
Schweiz. “
Der Ständerath beschloß laut Meldung des „W. T. B.“ nach dreitägiger Discussion mit 22 gegen 19 Stimmen, in die Berathung der Vorlage des Bundesraths wegen Ein⸗ führung des Zündhölzchenmonopols, einzutreten. Hierauf wurde die Vorlage mit 21 gegen 17 Stimmen angenommen. Der Nationalrath genehmigte den mit den Bodensee⸗ Uferstaaten abgeschlossenen Vertrag über eine Schiffahrts⸗ und Hafenordnung.
Der Einwohnerverein der Stadt Bern hat nach einem Telegramm der „Frkf. Ztg.“ an die Berner Regierung die Forderung gestellt, daß sie das Herumtragen der rothen Fahne im Gebiete des Cantons Bern verbiete, gegen die socia⸗ listische Kinderschule, die Dr. med. Wassiliew gegründet habe, einschreite und ferner Maßnahmen ergreife gegen das Auf⸗ treten gewisser Agitatoren, wie Steck, Redacteur des „Schweizer Socialdemokrat“. 1 1“
Rumänien.
Der Senat hat gestern, wie „W. T. B.“ berichtet, mit 63 gegen 7 Stimmen den Adreßentwurf genehmigt. Der Minister des Auswärtigen Lahovary betonte in der gestrigen Sitzung bezüglich der Zappa⸗Angelegenheit, er werde danach streben, daß die Souveränetät des Landes in jeder Beziehung gewahrt bleibe, und ersuchte gleichzeitig die Opposition, vor einer Kritik der Handelsverträge den Abschluß der Verträge mit Frankreich und Deutschland abzuwarten. Vernesco (Opposition) billigte die Zurück⸗ weisung eines Schiedsgerichts in der Zappa'schen Erbschafts⸗ angelegenheit, tadelte aber die Art der Intervention in dem genannten Prozesse. Im weiteren Verlaufe der Sitzung er⸗ lärte der Domänen⸗Minister Mano, die in dem rumänischen Generaltarif aufgestellten Principien würden durch die von der Regierung vorgelegten Handelsvereinbarungen nicht berührt.
Bulgarien. Der „Swoboda“ zufolge sprachen in der vorgestrigen
Versammlung von Deputirten sämmtliche Anwesende die Ueberzeugung von der Nothwendigkeit der beantragten Verfassungsänderungen aus. Die Anzahl der zu⸗ stimmenden Deputirten ist größer, als die erforderliche Zwei⸗ drittel⸗Majorität der Sobranje.
Asien. 8 Nach einer Meldung des „Reuter'schen Bureaus“ aus Peking hat der neu ernannte englische Gesandte für China, O Connor, dem Kaiser sein Beglaubigungsschreiben überreicht.
Wie dem „Reuter'schen Bureau“ aus Lagos (Ober⸗ Guinea) vom 14. d. M. gemeldet wird, trafen daselbst Boten des Königs von Dahomey mit Anträgen an das britische Gouvernement ein, nach welchen der König den Hafen Whydah an England abtreten wolle. Die Boten sagen aus, die Franzosen hätten den mit ihnen geschlossenen Vertrag ge⸗ brochen, indem sie auf Abomey vorrückten. Der König habe infolge dessen Abomey in Brand gesteckt und sich mit 20 000 Kriegern nach Acraduten (2) zurückgezogen, wo er den Guerilla⸗ krieg gegen die Franzosen vorbereite. “
Australien.
Nach einer Meldung aus Sydney vom 14. d. M. ist der Dampfer des Norddeutschen Llond „Lübeck“ von Samoa dort eingetroffen mit der Nachricht, daß bei seiner Abfahrt auf den Samoa⸗Inseln Ruhe herrschte.
rische Nachrichten.
Deutscher Reichstag. 16. Sitzung vom Donnerstag, 15. Dezember, 12 Uhr.
Der Sitzung wohnten die Staatssecretäre Freiherr von Marschall und Hanauer sowie der Königlich bayerische öe zum Bundesrath, General⸗Major Ritter von Haag bei.
Auf der Tagesordnung steht zunächst die erste Berathung des Gesetzentwurfs über die Ersatzvertheilung.
Abg. Richter (dfr.): Der Kriegs⸗Minister hat neulich gesagt, daß diese Vorlage in engster Verbindung stehe mit der großen Militärvorlage, die wir in den letzten Lagen behandelt haben. Wenn das richtig wäre, dann könnte die große Militärvorlage diese kleine mit in ihren Sturz hineinziehen. Aber die Vorlage will nur eine gerechtere Vertheilung der Rekrutengestellung, und diese ist nothwendig, ob es sich um eine Einstellung von 2000 oder 20 000 Rekruten handelt. Die frühere Art der Frsatz⸗ vertheilung läßt sich angesichts der Freizügigkeit nicht mehr aufrecht⸗ erhalten. Ob das Land oder die Städte von dieser neuen Ver⸗ theilungsart mehr Vortheil haben, bleibt sich gleich, wenn i nur eine gerechte ist. Auf dem Lande werden sich mehr
dilitärtaugliche befinden als in den Städten, weil die
Landarbeit gesünder ist als die Industriearbeit. Aber in den Städten und industriellen Bezirken befinden sich mehr Militärpflichtige als auf dem Lande, weil die Zahl der jungen te in Städten größer ist als auf dem Lande, Ich billige das Princip der Vorlage und will es deshalb durchgeführt wissen. Es scheint aber, daß das Princip der Bevölkerung maßgebend bleiben soll für die Vertheilung unter die vier Kriegs⸗Ministerien. Auch die Untervertheilungen auf die einzelnen Truppentheile bis auf die Brigade, die Kreis⸗Ersatzcommission herunter muß dementsprechend geregelt werden. Das Gesetz setzt auch Bestimmungen der Reichs⸗ verfassung außer Kraft. Mit dieser Art der Verfassungsänderung kann ich mich nicht einverstanden erklären. Ich beantrage, die Vorlage der Militärcommission zu überweisen. 1
Abg. von der Schulenburg (deutschcons.) glaubt nicht, daß man soweit gehen kann, einen etwaigen Ueberschuß an Rekruten in Baypern an Preußen oder einen anderen Staat zu überweisen. Das widerspreche wohl den Abmachungen unter einzelnen Staaten, aber
innerhalb der Einzelstaaten soll die Ausgleichung erfolgen, welche die
Vorlage beabsichtigt. Redner empfiehlt die Verweisung der Vorla an die Militärcommission.
Königlich bayerischer Bevollmächtigter zum Bundesrath, General⸗ Major Ritter von S Nach dem Art. 4 kommt die Vorlage in Bayern nach näherer Bestimmung des Bündnißvertrages vom 23. No vember 1870 zur Anwendung. Danach bildet Bayern einen beson⸗
deren selbständigen Bestandtheil des deutschen Heeres unter dem Ober-⸗
befehl des Königs von Bayern. Der König von Bayvern bestimmt also die Ziffer der auszuhebenden Rekruten, und das Kriegs⸗Ministeriun vertheilt sie auf die beiden bayerischen Armee⸗Corps⸗Bezirke.
bg. Möller (nl.): Es ist richtig, daß die große Militär vorlage ohne die anderweitige Vertbeilung des Ersatzes nicht durch geführt werden kann; aber die anderweitige Vertheilung des Ersatzes hat auch einen selbständigen Werth. Wenn darüber gestritten wird, ob das Land oder die Städte mehr belastet werden, so will ich nur hervorheben, daß eine Anrechnung der Freiwilligen erfolgen muß, weil nicht nur in den Städten Freiwillige vorhanden sind, sondern auch auf dem Lande die drei⸗ und vierjährig Freiwilligen, deren Nicht⸗ anrechnung eine Belastung des platten Landes sein würde.
Abg. Richter (dfr.): Der Bündnißvertrag mit Bayern steht wohl einer anderen Vertheilung des Ersatzes nicht entgegen, und sollte es der Fall sein, dann dürfte eine Aenderung des Vertrages ebenso leicht möglich sein, wie wegen der Branntweinsteuer eine Aenderung des Reservatrechtes erfolgt ist.
Die Vorlage wird darauf der Militärcommission über⸗ wiesen.
Danach wird die erste Berathung des Gesetzentwurfs über die Abänderung von Bestimmungen des Strafgesetz⸗ buchs, des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Gesetzes über die unter Ausschluß der Oeffentlichkeit statt⸗ findenden Gerichtsverhandlungen fortgesetzt.
Abg. Dr. Horwitz (dfr.): Die großen Debatten der letzten Tage haben das Haus so ermüdet, daß ein großer Theil der Herren 85 schon die Ferien begonnen hat. Das ist für die Bedeutung dieser Vor⸗ lage bedauerlich. Die Vorlage ist ab irato gemacht worden, wenn man das auch nicht zugeben will. Zugegeben ist aber, daß ein einzelner Fall Veranlassung zu der Vorlage gegeben hat. Eine solche Flickarbeit an einem großen Gesetz ist aber immerhin mißlich und beeinträchtigt die Rerhtiecechan .Berlin ist durch diesen Prozeß allerdings herabgesetzt worden, aber erstlich ist Berlin nicht in dem Maße Deutschland, wie Paris Frankreich ist, daß man deswegen den fünfzig Millionen Deutschen ein solches Gesetz auf⸗ legen müßte. Ferner ist es in Berlin noch lange nicht so bestellt wie in London und Paris. Je nach der Energie und Tüchtigkeit der Polizei⸗Präsidenten sind unsere Zustände bald besser, bald schlechter. Deshalb braucht man nicht die Klinke der Gesetzgebung in die Hand zu nehmen. Der Abg. Bebel hat die Mißstände, die Anlaß zu dieser Vorlage gegeben haben, als einen nothwendigen Fehler unserer Gesellschaftsordnung bezeichnet und die Abhilfe nur in einem idealen Zukunftsstaat gesucht. Darüber werden wir uns wohl nicht einigen können. Wenn der Abg. Bebel aber die Casernirung der Prostitution als schlimmer als den gegen⸗ wärtigen Zustand bezeichnet, so müssen wir ihm darin voll⸗ tändig beistimmen; denn dadurch würde der Prostitution das Siegel der staatlichen Genehmigung aufgedrückt. Die Aenderungen des § 180 und des neuen § 180a hält Redner nicht für nothwendig. Wenn man die Justizpflege fördern wolle, dann solle man auch dafür sorgen, daß die Richter nicht herabgewürdigt würden zu Handwerkern, zu Tagelöhnern, wie dies in Bezug auf das Arbeitsquantum in Preußen häufig geschehe. Der § 184 wegen der unzüchtigen Schriften wird zu den schlimmsten Folgen führen, weil alles der individuellen Auffassung einzelner Personen überlassen bleibt, die die Entscheidung zu treffen hätten. Die Consumenten dieser unzüchtigen Schriften finde man nicht gerade in den Hütten der Armen, sondern vielmehr in den vor⸗ nehmeren Kreisen. Schriften der älteren Literatur sind jetzt von Ge⸗ richt und Polizei als unsittlich angefochten worden; man kann aber doch wirklich nicht durch gerichtliche Erkenntnisse Literaturströmungen beseitigen, die vor mehreren hundert Jahren vorhanden waren. Redner wendet sich gegen die beabsichtigte Beschränkung der Oeffentlich⸗ keit der Gerichtsverhandlungen; die Nothwendigkeit der Oeffentlichkeit habe sich namentlich im Prozeß Ahlwardt gezeigt; denn sonst hätte man wahrscheinlich allerlei Gefährliches hinter der Weseler Affaire vermuthet. Schließlich wendet sich Redner gegen die Strafverschärfung, die leicht die Wirkung haben könnte, daß in dem Gefangenen jedes Gefühl erstickt wird, daß er überhaupt noch ein Mensch ist. Dann stelle er sich der Gesellschaft feindlich gegenüber. Wenn wirklich ein Bedürfniß dazu vorliegen sollte, dann müßte es befriedigt werden bei einer allgemeinen organischen Revision des Strafgesetzbuchs und gleichzeitig mit einer Regelung des Strafvollzugs. 8
Commissar des Bundesraths, Geheimer Ober⸗ Justiz⸗Rath Dr. Lucas: Ich muß mich dagegen wehren, daß in Preußen die Richter zu Tagelöhnern herabgedrückt würden durch das Quantum der ihnen zugemessenen Arbeiten. Ich kann nicht begreifen, in welchem Zusammenhange diese Bemerkung mit der Vorlage steht. (Schluß des Blattes.)
— Die Steuerreformcommission des Hauses der Abgeordneten fuhr gestern in der Berathung des Ergänzungs⸗ steuergesetzes bei § 51 fort, den wir bereits mitgetheilt haben. Nach längerer Debatte wurde eine große Zahl der dazu gestellten An⸗ träge abgelehnt und die beiden ersten Absätze nach der Regierungs⸗ vorlage, Absatz 3 nach den Vorschlägen der Abgg. von Jag ow und von Tiedemann (s. d. gestr. Nr. d. Bl.) angenommen. § 51 lautet demnach wie folgt: „Uebersteigt das Veranlagungssoll des Jahres 1895/96 den Betrag von 35 Millionen Mark um mehr als 5 %, so findet in dem Verhältniß des Mehrbetrages zu der ge⸗ nannten Summe eine Herabsetzung der sämmlichen in § 18 bestimmten Steuersätze statt. Abs. 2: Diese HerndiFnhg wird in angemessener Abänderung durch Königliche Verordnung festgestellt. Die in der letzteren bestimmten Sätze sind für das Steuerjahr 1895/96 und die folgenden Jahre maßgebend. Abs. 3 (Amendement von Jagow): Bleibt das Veranlagungssoll des Jahres 1895/96 hinter dem Betrage von 35 Millionen Mark um mehr als 5 % zurück, so findet, insoweit der Ausfall nicht durch einen Mehrertrag der Einkommen⸗ steuer für das Jahr 1895/96 über die Summe von 135 Millionen Mark gedeckt wird, in gleicher Weise eine entsprechende Erhöhung der in § 18 dieses Gesetzes bestimmten Steuersätze statt. Diese Erhöhung wird durch Königliche Verordnung für die Folgezeit wieder außer Kraft gesetzt, wenn das Veranlagungssoll der Ergänzungssteuer den Betrag von 35 Millionen Mark zuzüglich einer Steigerung von 4 % für jedes auf 1895/96 folgende Steuerjahr erreicht.“ Der so gestaltete
51 wurde mit 13 gegen 12 Stimmen angenommen. —
ierauf gelangte folgender von den nationalliberalen Mit⸗ 2— neu beantragte § 51a, mit 20 Stimmen zur Annahme: „Abgesehen von der Bestimmung in § 51 Abs. 2 ist eine Ver⸗ änderung der Ergänzungssteuersätze nur bei gleichzeitiger und ver⸗ hältnißmäßiger Abänderung der Einkommensteuersätze zulässig.“ Die §§ 52, 53 und 54 wurden ohne Debatte gutgeheißen. — Damit wäre
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die erste Lesung des Ergänzungssteuergesetzes abgeschlossen, wenn nicht
noch die Vorschläge der Subcommission zu erledigen wären, zu welchem
Zweck noch eine Sitzung auf heute anberaumt ist.
Nr. 50 der „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts, vom 14. Dezember hat folgenden Inhalt: Gesundheitsstand. Mittheilungen über Volkskrankheiten, insbesondere Cholera. — Sterbefälle in deutschen Städten mit 40000 und mehr Einwohnern. — Desgl. in größeren Städten des Auslandes. — Erkrankungen in Berliner Krankenhäusern. — Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. — Sterblichkeit in größeren Verwaltungs⸗ gebieten 1891. — Witterung. — Maßregeln gegen Cholera ꝛc. —
Reichsgerichts, VI. Civilsenats,
Thurm.“
lassen.
Fbhierseuchen. Tollwuth im Deutschen Reich 1891. — Thierseuchen
in Dänemark 1891. — Desgl. in den Niederlanden, Oktober. — Desgl. in Niederländisch⸗Indien, 3. u“ — Rinderpest in der Türkei, 1. Halbjahr. — Veterinärpolizeili Maßregeln. (Preußen: Regierungsbezirk Gumbinnen, Baden, Mecklenburg. Strelig, Ungarn, Italien, Frankreich). — Rechtsprechung. (Landgericht üsseldorf). Tolportage der Broschüre Safe cure“. — Vermischtes. (Brasilien. Rio de Janeiro). Sanitäre Maßnahmen.
Entscheidungen des Reichsgerichts. 8
Bei der Enteignung eines mit einer Wegeservitut be⸗ asteten Privatgrundstücks seitens der Ortsgemeinde zu einer ffentlichen Straße ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, F Civilsenats, vom 17. September 1892, im Gebiet des preußischen Rechts die Entschädigung nach dem vollen Werthe des Grund⸗ tücks, abgesehen von der bisherigen Wegeservitut, zu berechnen; der Eigenthümer hat einen Anspruch auf die volle Entschädigungssumme, alls die Servitutsberechtigten durch die Umwandlung des enteigneten “ zu einer öffentlichen Straße keinen Schaden erlitten
— Die im Art. 349 des Handelsgesetzbuchs bestimmte Ver⸗ ährungsfrist von sechs Monaten für die Geltendmachung von Mängeln der gelieferten Waare findet nach einem Urtheil des vom 3. Oktober 1892, bei Werk⸗ verdingungen, selbst dann, wenn sie Handelsgeschäfte sind, keine
Anwendung.
Kunst und Wissenschaft.
en den Monaten Januar, Februar, März 1893 werden im Hör⸗ Königlichen Kunstgewerbe⸗Museums folgende Vorträge gehalten werden: 1) Bibliothekar
Dr. Jessen: „Das französische Ornament des Barock, Rococo und Zopfstils (10 Vorträge, Montag Abends 8 — — 9¼ Ühr. Beginn: Nontag. den 9. Januar 1893); 2) Dr. Max Schmid: Kunst und
Kunstgewerbe in Berlin und Potsdam unter den Hohenzollern“ (Fort⸗
setzung und Schluß; 9 Vorträge, Dienstag Abends 8 ½ — 9 ½ Uhr. Beginn: Dienstag. den 10. Januar 1893); 3) Dr. Alfred Gott⸗ Hold Meyer: „Die Plastik im Dienste des Kunstgewerbes und der Kleinkunst“, ausgewählte Kapitel, (Fortsetzung; 8 Vorträge, Don⸗ nerstag Abends 8 ½ — 9 ½ Uhr. Beginn: Donnerstag, den 5. Januar 1893); 4) Dr. Jaro Springer: „Denkmäler und Festdecorationen“ (10 Vorträge, Freitag Abends 8 ½ — 9½ Uhr. Beginn: Freitag, den 6. Januar 1893).
— Im Treppenhause des 1 Museums sind gegenwärtig drei gemalte Fenster ausgestellt, welche die biesige Glasmalerei⸗Anstalt von Paul Gerhard Heinersdorff u. Co. nach eigenen Entwürfen ausgeführt hat.
Königlichen Kunstgewerbe⸗
Sie sind für einen zu künstlerischen Zwecken bestimmten Festsaal in Dundee in Schott⸗ land bestellt. Das mittlere Fenster zeigt eine lebensgroße allegorische Figur der Kunst, auf den beiden Seitenfenstern sieht man freie Archi⸗ fekturen und Landschaften. Die Fenster sind völlig aus farbigem, durch Bleifassung verbundenem Glase, mit sehr wirkungsvoller Be⸗ nutzung aller technischen Hilfsmittel dieser Kunst hergestellt.
— Wir haben die neueste Publikation des Verlags von Amsler u. Ruthardt „Ein deutscher Fürstensitz“ hereits unter den als Weihnachtsgeschenk passenden Erscheinungen kurz erwähnt. Die künstlerische Bedeutung rechtfertigt es, wenn wir etwas ausführ⸗ licher darauf zurückkommen. Das Werk besteht aus 30 Bildern in kunstvoll ausgestatteter Mappe und enthält malerische Ansichten von den Königlichen Schlössern in Potsdam, Blicke in die Garten⸗ anlagen, auf die Stadt, auf die Kirchen sowie deren Um⸗ gebung. Die Grundlage der sämmtlichen Bilder sind Photo⸗ graphien, die von Otto Nau aufgenommen sind; ihm gebührt zu⸗ nächst das Lob des künstlerischen Blickes, mit dem er, was häufig sehr schwierig, diejenigen Punkte fand, von denen aus eindrucks⸗ und ausdrucksvoll sich Schlösser, Gartenanlagen u. s. w. darstellen. Hierin ist vortreffliches geleistet; bedenkt man dabei, daß die Photographie unbedingt wahrheitsgetreu ist, so wird man daraus bereits den Werth der Bilder ermessen können. Von den Negativen der Photographien sind in der graphischen Kunstanstalt von Meisenbach, Riffarth u. Co. (deren Mitinhaber Herr Otto Rau ist) hierselbst, Bendler⸗ straße 13, die Bilder hergestellt, und zwar in einer Vollendung, welche geradezu wunderbar erscheinen läßt, wie mit solcher Feinheit, Sauberkeit, Naturtreue, gearbeitet werden konnte. Das Geheimniß liegt darin, daß in tiefem Verständniß der Naturkräfte diese für die Bildnißherstellung benutzt werden. Während früher der gesammte Bedarf an Illustrationen für den Buchdruck in Holzschnitten in zeit⸗ raubender Arbeit geliefert wurde, wird jetzt infolge der Zuverlässig⸗ keit und Schnelligkeit des photomechanischen Verfahrens der weitaus größte Theil der Buchdruck⸗Textbilder von photographisch hergestellten Clichés gedruckt; ja es ist durch diese neue Herstellungs⸗ art ein Umschwung in der Ausstattung von Büchern und Tagesblättern bis hinauf zu den wissenschaftlichen Zeitschriften eingetreten. Die kurze Zeit der Herstellbarkeit ermöglicht ein schnelles Erscheinen des Bildes; die photographische Grundlage sichert die Wahrhaftigkeit. Man nehme ein illustrirtes Werk, welches vor zehn Jahren erschienen, zur Hand und wird erstaunt sein, wie damals noch gewagt werden durfte, Bildnisse von Jes 2 ee
u veröffentlichen; das ist jetzt ein überwundener Standpunkt. Die Photographie als gewissenhafte Zeichnerin hat die Wahrhei gesichert. Wenn man in Venedig die Sammlung der Handzeichnungen der italienischen Meister bewunderte, so finden wir jetzt diese Hand⸗ zeichnungen in jedem Museum, ja im Privatbesitz, und zwar dergestalt in Uebereinstimmung mit den unschätzbaren Urbildern, daß die Nach⸗ bilder von ihnen nicht zu unterscheiden sind. Ein Gleiches gilt von Manu⸗ scripten, Kupferstichen u. s. w. Alles dieses ist durch die umfassende Ver⸗ werthung der Photographie und durch den mit ihr in Verbindung gesetzten Pressendruck ermöglicht. Die Uebertragung der Photographie kann nun sowohl auf Zink als Stein erfolgen. Das vornehmste und ein⸗ druckvollste Verfahren ist die Uebertragung auf Kupfer und die Her⸗ stellung einer tiefen Druckplatte nach Art des Kupferstiches, und zwar mit unendlich feiner Tonabstufung durch ein fast unsichtbares Korn. Die seit etwa 6 Jahren bestehende Kunstanstalt Meisenbach, Riffarth u. Co. in München und Berlin hat sich durch ihr ernstes Streben in der Repro⸗ duction von Zeichnungen, Gemälden und Naturaufnahmen durch Zink, Stein und Kupfer auf photographischem Wege einen gerühmten Ramen im In⸗ und Auslande erworben und kann als eins der ersten und leistungsfähigsten Institute dieser Art bezeichnet werden. Ein bester Beweis Fierfür ist durch das Bilderwerk „Ein deutscher Fürstensitz“ erneut geliefert. Man sehe mit schärfstem Prüferblick vn die Blätter „Potsdamer Stadtschloß, Portal der Communs, Neues lais, Römische Bäder, Marmorpalais“, und man wird den feinst ausgearbeiteten Stich vor sich zu haben glauben. Tief er⸗ greifenden Eindruck werden machen die Pforte zur Friedenskirche, die Friedenskirche, die Gruft Friedrich's des Großen und Friedrich’s I., das Mausoleum“. Landschaftlich hervorragend erscheinen besonders: „Sicilianischer Garten, Orangerie, Blick auf die Sternwarte, Glienicker Brücke mit dem Jungfernsee, Schloß Babelsberg, Flatow⸗ Man wäre versucht, jedes einzelne Bild unter ir end einer
Kennzeichnung seiner Besonderheit als hervorragend hervorzuheben und dabei jedesmal den Künstlerblick des Photographen Herrn Otto ben wie die Leistungsfähigkeit der Kunstanstalt welche die Bilder her⸗ stellte, erneut zu loben.
Der überaus mäßige Preis (30 bezw. 45 ℳ.) wird die Mappe mit Inhalt auf vielen Wei nachtstischen erscheinen
2 S 8 2 1 — Die Universität Jena hatte im Winter⸗Semester 1891/92 einen Bestand von 581 immatrikulirten Studenten nebes 29 . im ganzen also 610 Studirenden; im Sommer⸗Semester 1892 be⸗
suchten die Hochschule 645 Studenten und 60 Hörer, im ganzen also 705 Studirende. Für das Winter⸗Semester 1892/93 dagegen ergiebt das soeben erschienene „Verzeichniß der Lehrer, Behörden, Beamten und Studirenden’ 631 immatrikulirte Studenten und 53 Hörer, im ganzen also 684 Studirende, das sind, 74 mehr als im letzten Winter⸗ Semester und nur 21 weniger als im letzten Sommer⸗ Semester, welch letztere Zahl bei dem Umstand, daß im Winter⸗ Semester die Zahl der Studirenden gegen das Sommer⸗Semester stets nicht unwesentlich herabzugeben pflegt, eine sehr kleine genannt werden muß. Es ist demnach auch in diesem Seinester ein Wachs⸗ thum des Besuchs der Universität zu verzeichnen.
— Medizinal⸗Rath Dr. Kraus, der bis anfangs September Medizinal⸗Inspector in Hamburg war, ist laut Meldung des „W. T. B.“ am Dienstag nach kurzer Krankheit in Altona gestorben.
— Für ihr Schloß „Achilleion“ auf Korfu hat die Kaiserin Elisabeth von Oesterreich, wie die „Neue Freie Presse“ mit⸗ theilt, bei dem Wiener Maler Fr. Matsch ein großes Wandbild bestellt, welches den Triumph des Helden der „Ilias“, nach dem die Villa den Namen führt, zum Gegenstande hat. Es ist die ger valtige Scene der Schleifung Hektor's durch das Blachgefild vor Troja. Um das kolossale Bild, dessen Länge mehr als acht Meter bei etwa vier Meter Höhe beträgt, in gutem Lichte bequem ausführen zu können, wurde dem Künstler der große Mittelraum des Wiener Belvedere zur Verfügung gestellt, in welchem er seit dem letzten Sommer eifrig bei der Arbeit ist. Im nächsten Frühling soll das Werk am Orts seiner Bestimmung, im Treppenraum des „Achilleion“, zur Aufstellung vommen.
— Bei der Gedenkfeier der Universität Padua am 7. Dezember, dem Tage, an welchem Galileo Galilei vor drei⸗ hundert Jahren seine Inauguralrede daselbst gehalten hat, waren, der „Nat.⸗Ztg. zufolge, aus Deutschland anwesend: die Professoren Förster (Berlin, Universität), Lampe (Berlin, Technische Hoch⸗ schule), Blasius (Braunschweig, T. H.), W. Voigt (Göttingen, U.), Keller, (Karlsruhe, T. H.), Sohncke München, T. H.), Lemcke (Stuttgart, T. H.). Die Genannten sprachen in dieser Reihenfolge in der großen Aula der Uni⸗ versität die Glückwünsche der durch sie vertretenen Hochschulen aus. Am Schlusse der 3 ½ Stunden dauernden Feierlichkeit wurden sie, wie alle Vertreter der auswärtigen Hochschulen und gelehrten Körper⸗ schaften, vom Rector magnificus Ferraris feierlich zu Ehren⸗ doctoren der Universität Padua proclamirt. Außer den anwesen⸗ den Gelehrten des Auslandes wurden ferner zu Ehrendoctoren ernannt: Martini, Unterrichts⸗Minister von Italien, sowie die Professoren: Schiaparelli (Rom), Bredichin (Ruß⸗ land). Gyldén (Schweden), H. v. Helmholtz (Deutschland), Sir William Thomson (Englauid), Newcomb (Amerika). Am 8. Dezember fand ein Festzug von der Universität nach dem Denkmal Galilei's auf der Piazza Vittorio Emanuele statt. Die sieben Ab⸗ geordneten aus Deutschland legten hierbei an dem Denkmal einen Lorbeerkranz nieder mit der Inschrift: „Dem Andenken Galilei's Die deutsche Wissenschaft“. 8 Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ 8 Maßregeln. 8 1t
6 Cholera.
Oesterreich⸗Ungarn. Wie in den „Veröffentli Deutschen Kaiserlichen Gesundheitsamts“ geschrieben wird, 30. November bis zum 7. Dezember Mittags im Bezirk Husiatyn in Galizien sieben Cholera⸗Erkrankungen vorgekommen. Davon entfallen auf die Gemeinden Husiatyn zwei (mit einem Todesfall), Czarnokonce wielki eine und Szydlowce vier; in letzterer
arben von den Erkrankten in genannter Zeit fünf Personen. Aus
Budapest sind vom 26. November bis einschließlich 2. Dezember nachstehende Cholera⸗Erkrankungen und Todesfälle (tageweise geordnet) amtlich gemeldet worden: 1:1, 2:1, 2:0, ETTEö insgesammt 16: 7. 8
Frankreich. Zufolge einer Mittheilung vom 6. Dezember ist in dem Gesundheitszustande von Nantes eine wesentliche Aenderung bisher nicht eingetreten. Die Durchschnittszahl der täglichen Erkran⸗ kungen beträgt zwei bis drei. Im ganzen sind daselbst seit dem ersten Auftreten der Cholera (Mitte September) bis zum 5. Dezember 75 Erkrankungen mit 41 Todesfällen vorgekommen. In Basse⸗ Indre ist die Cholera im Zunehmen: am 5. Dezember wurden daselbst sieben Neuerkrankungen festgestellt. 8 1
Rußland. Im Kreise Slonim, Gouvernement Grodno, ist, wie in den „Veröffentlichungen des Deutschen Kaiserlichen Gesund⸗ heitsamts“ mitgetheilt wird, die Cholera wieder ausgebrochen und verursachte bis zum 4. Dezember fünf Erkrankungen. Im Gouverne⸗ ment Wilna ist das Dorf Sapoliaki (Kreis Wileika) ein neuer Seuchenherd geworden: bis zum 8. Dezember wurden sechs Er⸗ krankungen und vier Todesfälle daselbst amtlich festgestellt. Die Stadt Warschau hatte vom 30. November bis 5. Dezember zehn Erkrankungen, zwei Todesfälle, das gleichnamige Gouvernement vom 29. November bis 3. Dezember 14:4, die Gouvernements Radom vom 26. bis 30. November 16:10, Lublin vom 28. November bis 3. Dezember 22:10, Siedlec während derselben Zeit 18:14, Lomza vom 25. bis 30. November 4:3. In der Stadt Moskau kamen vom 20. bis 27. November 27 Erkrankungen und fünfzehn Todesfälle vor, im Gouvernement sonst 2:2. “ e. In der Woche vom 20. bis 26. November sind nach amtlicher Veröffentlichung folgende Cholera⸗Todesfälle vorge⸗ kommen: in der Provinz Nordbrabant zu Oud⸗ und Neuw⸗Gastel zwei, in der Provinz Südholland zu Barwoutswaarder zwei, Boskoop zwei, Hazerswoude zwei, Haag eine, Koudekerk eine, Reeu⸗ wijk eine, Waferingen eine, in der Prooinz Nordholland zu Amsterdam zwei und in der Provinz Utrecht zu Bsselstein zwei, ins⸗ gesammt sechzehn Todesfälle. Ferner in der Woche vom 27. No⸗ vember bis 3. Dezember in der Provinz Südholland zu Gouda eine, Haag eine, Rietveld eine, in der Provinz Nordholland zu Weesp eine, insgesammt vier Todesfälle.
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Ueber Erkrankungen und Todesfälle an Influenza wird in den Veröff. d. Kais. Ges⸗Amts“ mitgetheilt; London sechs, New⸗ Vork vier Todesfälle; Frankfurt a. O. neun, Regierungsbezirk Düsseldorf neunzehn, Kopenhagen 159 Erkrankungen.
(F.) Nach dem amtlichen dänischen Bericht über ausstehende Krankheiten unter den Hausthieren in Dänemark wurden im Oktober folgende Viehbestände unter öffentliche Aufsicht gestellt: 3 wegen Milzbrand, 1 wegen Rückenmarktyphus, 62 wegen milzbrand⸗ artiger Rose und 28 wegen Maul⸗ und Klauenseuche; von den letzteren Erkrankungen entfielen 23 auf Seeland, 2 auf Fünen und 3 auf Jütland.
8 Portugal. 8
Durch eine im „Diario do Governo“ vom 10. Dezember 1892 veröffentlichte Verfügung des Königlich vportugiesischen Ministeriums es Innern wird der Hafen von Amsterdam seit dem 6. desselben
Monats für der Cholera „verdächtig“ erklärt.
Der Gesundheitsstand in Berlin war auch in der Woche vom 27. 1 bis 3. Dezember cr. ein guter und die Sterblichkeit eine günstige (von je 1000 Einwohnern starben, aufs Jahr berechnet, 18,7). Unter den Todesursachen kamen⸗ acute Entzündungen der Athmungsorgane in gesteigerter Zahl zum Vorschein und führten auch etwas häufiger zum Tode. Auch Erkrankungen an epi⸗ demischer Grippe wurden mehrfach beobachtet, bewahrten jedoch bis jetzt einen milden Verlauf. Etwas zahlreicher waren auch acute Darmkrankheiten, doch blieb die Zahl der durch diese Krankheits⸗ formen bedingten Sterbefälle eine mäßig hohe. Die Theilnahme des
Säuglingsalters an der Sterblichkeit blieb eine kleine; von en, aufs Jahr berechnet, 55 Säug⸗
Ainge. Von den anderen Infectionskrankbeiten zeigten Masern und Scharlach eine geringe Zu⸗, Diphtherie eine kleine Abnahme der gemeldeten Erkrankungen. Letztere kamen am zahlreichsten aus dem Stralauer Viertel, der Rosenthaler, und Oranienburger Vorstadt zur Anzeige. Erkrankungen an Unterleibstyphus blieben selten. Erkrankungen an Kindbettfieber gelangten jedoch wieder häufiger zur Kenntniß, wie auch Erkrankungen an rosenartigen Entzündungen des ellgewebes der Haut wieder mehr zur ärztlichen Behandlung kamen. Erkrankungen an Keuchhusten waren nicht selten und endeten hãufiger (in 12 Fällen) tödtlich. Rheumatische Beschwerden der Muskeln sowohl wie acute Gelenkrheumatismen zeigten gegen die Vorwoche keine wesentliche Veränderung. “ 4““
Handel und Gewerbe.
gliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind ank 14. d. M. gestellt 11 490, nich rechtzeitig gestellt kine Wagen. 1 In Oberschlesien sind am 13. d. M. gestellt 5135, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.
Zwangs⸗Versteigerungen.
Beim Königlichen Amtsgericht I Berlin standen am 14. Dezember die nachverzeichneten Grundstücke zur Versteigerung: Neue Hochstraße 36, der Frau Bauunternehmer H. E. E Sommer, geb. Jungmann, gehörig; Fläche 16,67 a; Mindest⸗ gebot 198 100 ℳ; für das Meistgebot von 193 000 ℳ wurde der Rentier Adolf Cohnitz zu Charlottenburg, Fasanenstraße 5, Er⸗ steher. — Brunnenstraße 29 a, der Frau Kaufmann J. M. W. Ehrlich, geb. Dreger, gehörig; Mindestgebot 500 ℳ; für da
Meistgebot von 160 000 ℳ wurde der Kaufmann Eduard Tro
plowitz, Jägerstraße 25, Ersteher. — Aufgehoben wurde das Ver⸗ fahren der Zwangs⸗Versteigerung wegen des Richard Bruck'schen Grundstücks, Kochstraße 49.
Beim Königlichen Amtsgericht II Berlin wurde das Verfahren der Zwangs⸗Versteigerung wegen des Grundstücks zu Neu⸗ Weißensee, Lothringerstr. 35, dem Maurermeister Georg Blume zu Berlin gehörig, vertagt, weil Gebote nicht abgegeben wurden, und ein neuer Versteigerungstermin anberaumt.
Verkehrs⸗Anstalten.
2 2 & “ 8 . 8 Nach Madeira dürfen Postpackete und Waarenproben ndung jetzt auf dem Wege über Hamburg wieder eingeführt werden.
Laut einer Bekanntmachung der Königlichen Eiseͤnbahn⸗ Direction zu Erfurt wird am 19. d. M. die neue Bahnstrecke von Georgenthal nach Tambach für den Personen⸗ und Güter⸗ verkehr eröffnet. Diese neue Bahnlinie zweigt als Stichbahn von der im Betriebe befindlichen Nebenbahn Gotha-—Gräfenroda am Bahnhofe Georgenthal ab und führt über die angelegten Personenhaltepunkte Georgenthal⸗ Ort und Rodebachs⸗ mühle nach der Endstation Tambach. Sie dringt in das Herz des Thüringer Waldes ein und erschließt ein an landschaftlichen Schönheiten reiches Gebiet. Den industriereichen Ortschaften Tambach und Dietharz, den industriellen und gewerblichen Anlagen im Thale der Apfelstädt, im Schmalwasser⸗ und Spittergrunde sowie der Holz⸗ industrie in den weiten Waldgebieten wird Gelegenheit geboten, nun⸗ mehr ihre Erzeuanisse leichter auf den Markt zu bringen. Ebenso wird dieser neue Schienenweg den Touristenverkehr nach diesem Theile des Thüringer Waldes beleben und seinen Bewohnern durch die unmittelbare Verbindung mit der Stadt Ohrdruf (Sitz des Landrathsamts und des Amtsgerichts) sowie mit der Landeshauptstadt Gotha nicht zu unterschätzende Vor⸗ theile gewähren. — Die Endstation Tambach ist mit Empfangs gebäude, Güterschuppen und Ladestraße eingerichtet, während de Haltepunkt Georgenthal⸗Ort nur einen Dienst⸗ und Warteraum erhalten hat. Der Haltepunkt Rodebachsmühle besteht nur in der Anlage eines Bahnsteigs. Auf diesen Verkehrsstellen findet de Fahrkartenverkauf sowie die Annahme des Reisegepäcks, soweit dieselb überhaupt zulässig, durch den Zugführer statt.
Die Vertreter des Nordatlantischen Dampferlinien Verbandes haben, wie die Zeitungen berichten, bei einer Zusammen kunft in Berlin beschlossen, vom 1. Januar 1893 ab Zwischendecks passagiere nach den Vereinigten Staaten nicht mehr zu befördern also den Verkehr auf die Paffagiere erster und zweiter Kajüte zu be⸗ schränken. Ferner ist man übereingekommen, die Zahl der Expe ditionen im nächsten Jahre wesentlich einzuschränken und durch eine Erhöhung der Preise der ersten und zweiten Kajüte Ersatz für den Ausfall der Zwischendecksbeförderung zu schaffen. Infolge dessen sind Excursionsbillets für die Weltausstellung in Chicago wieder aufgehoben worden. 8 4
Bremen, 15. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer „Havel“, am 8. Dezember von Queenstown abgegangen, ist am 14. Dezember Vormittags in New⸗ Vork angekommen. Der Postdampfer „Baltimore“, nach dem La Plata bestimmt, hat am 13. Dezember Abends Las Palmas passirt. Der Reichs⸗Postdampfer „Oldenburg“, am 26. Oktober von Bremen abgegangen, ist am 11. Dezember Nachmittags in Adelaide angekommen. Der Schnelldampfer „S. aale“, nach New⸗ PYork bestimmt, hat am 14. Dezember Vormittags Dover passirt. Der Schnelldampfer „Traveh, ist am 13. Dezember Nachmittags von New⸗York via Southampton nach der Weser abgegangen. Der Schnelldampfer „Fulda“ ist am 14. Dezember Vemittags von Genua via Gibralter nach New⸗York ahe Bangen. Der Postdampfer „Köln“ hat am 14. Dezember Nachmit gs die eise von Lissa⸗ bon nach Antwerpen fortgesetzt. Der Ner ipfer „Sachsen“ hat am 14. Dezember Morgens die Reise von Genua nach Southampton fortgesetzt. Der Reichs⸗Postdampfer „Habsburg', von Australien kommend, ist am 14. Des nber Vormittags in Genua angekommen. 8 8
Wien, 14. Dezember. (W. T. B.) Der Orient⸗Expreß⸗ zugs⸗Verkehr ist vorläufig auf der Strecke Wien — Belgrad und umgekehrt wieder aufgenommen. 8
London, 14. Dezember. (W. T. B.) Der Uniondampfer „Anglian“ ist heute auf der Heimreise von den Canarischen Inseln abgegangen. Der Castle⸗Dampfer „Hawarden Castle hat gestern auf der Heimreise Madeira passirt. Der Union⸗Dampfer „Scot“ ist auf der Ausreise heute von Madeira abgegangen.
Theater und Mufik.
Zur Feier von Beethoven’'s Geburtstag gelangt am Sonnabend
im Königlichen Opernhause, idelio“ mit den Damen Pierson und Herzog, den Herren Rothmühl, Bulß, Betz, Mödlinger und Lieban zur Aufführung. Darauf folgt die mythologische Tanzdichtung „Prometheus“ mit Beethoven's Musik. In der Vorstellung der Oper „Alessandro Stradella“- am Sonntag singt Herr Emil Götze als Gast die Titelpartie. Die anderen Rollen befinden sich in den Händen des Fräuleins Leisinger und der Herren Krolop, Lieban und Krasa. Den Beschluß des Abends macht „Cavalleria rusticana“ mit den Damen Sucher, Dietrich und Lammert, den Herren Rothmühl und Fränkel. — In dem Symphonie⸗Concert der Königlichen Kapelle am Freitag wird Herr Reisenauer nicht das Concert in C-moll, sondern das in Es-dur von Beethoven zum Vortrag bringen.
In dew am Sonntag im vSszigieg⸗ Schauspielhause
zur Aufführung gelangenden Trauerspiel enstein’s Tod“ ist die Besetzung der Hauptrvllen die folgende: Wallenstein: Herr Klein,
auch die im Oktober dieses Jahres vereinbarten Ermäßigungen der