1892 / 297 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 15 Dec 1892 18:00:01 GMT) scan diff

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denn auch daran gedacht, was man mit den Leuten, die man auf diese Weise zu Unteroffizieren mache, später eigentlich anfangen solle? Auf dem jetzigen Wege gehe die Sache nicht. Ueber die Kosten der Militärvorlage habe man eine Specialisirung nicht erhalten, sondern nur ein Pauschquantum, von dem man nicht wisse, was darin stecke und was nicht. Man vermuthe noch weitere Ausgaben, die in späteren Budgets zu Tage treten würden. Nun habe man es sich mit der Deckung dieser Summe sehr leicht emacht. Man habe ausgerechnet, wie wenig da auf den Kopf der Hevölkerung falle. Daß aber die Dinge nicht so einfach seien, sehe man daran, wie fruchtlos die Bemühungen der verbündeten Regierungen seien, Deckungsmittel für diese Summe herauszubekommen. Daß die vorgeschlagenen Deckungsmittel nicht hinreichend seien, sei von allen Rednern hervorgehoben worden. Man tänusche sich, wenn man von der Erhöhung der Stempelsteuer, die rapide herab⸗ ehe, das Doppelte erwarte. Mit der neuen Branntweinsteuer sei ein Mensch zufrieden. Die Brausteuer solle zwar nicht den Consum belasten, sondern den Bierbrauer allein, man habe aber über die Leistungsfähigkeit der Brauer sehr sonderbare Vorstellungen. Man stelle sich unter dem Bierbrauer meist einen dicken Mann vor, der von seinem Fett etwas ablassen könne. Nach seiner Meinung sei es wohl möglich, ein Wesentliches von dem, was der Reichskanzler wolle, auf Grund der gegenwärtigen Friedenspräsenzstärke zu erreichen, und zwar durch eine Erhöhung der Rekruteneinstellung. Das werde seine Partei bewilligen, aber weiter gehe sie nicht. Abg. Dr. Lieber (Centr.): Es seien hier und außerhalb des Hauses Aeußerungen über seine Partei gefallen, die er nicht unwidersprochen lassen könne. Der Abg. Bebel habe gesagt, das Centrum sei ge⸗ neigt, ungefähr die Hälfte dessen zu bewilligen, was die Regierung verlange, und zwar mit der Aussicht, das andere später zu bewilligen. Dem müsse er die Erklärung des Abg. Freiherrn von Huene, die nicht ohne Bewegung vom Hause aufgenommen worden sei, entgegen⸗ halten, der gesagt habe, er sei in der Lage, als Ergebniß mehr⸗ tägiger Besprechungen zu erklären, daß das Centrum vollständig darin einig sei, daß die Vorlage, wie sie von der Regierung gegeben, ihrem vollen. Umfange nach für das Centrum unannehmbar sei, und darin, daß, wenn es gelänge, die gesetzliche zweijährige Dienstpflicht festzulegen, sie bereit sei, alles dasjenige zu bewilligen, was zu ihrer Durchführung innerhalb der jetzigen Präsenzstärke nothwendig sei. Er sei dann auf Einzelheiten eingegangen und habe hierbei erklärt, daß er sich in diesen wohl mit allen Parteigenossen in Uebereinstimmung befinden würde, aber vorher in der Fraction darüber sich nicht unterhalten habe. Deutlicher könne wohl kein Redner das Persönliche vom Fractionellen scheiden. Selbst wenn man die späteren Ausführungen des Abg. Freiherrn von Huene als im Widerspruch mit der Erklärung seiner Freunde stehend auffasse, hätte man doch kein Recht, an der Aufrichtig⸗ keit und Bestimmtheit der im Namen seiner Freunde ab⸗ egebenen Erklärung zu zweifeln. Wie der Abg. Freiherr von Huene tänden auch der Abg. Graf Preysing, er (Redner) und seine Freunde auf dem Boden dieser Erklärung. Sie sei in voller Consequenz der⸗ jenigen Haltung abgegeben, welche die Partei mit der Einbringung der Windthorst'schen Resolutionen im Jahre 1890 eingenommen habe. Seine Partei behaupte, die Vorlage sei unvereinbar mit dem Inhalt der Resolutionen, während der Reichskanzler die Verein⸗ barkeit bis zu einem gewissen Grade darzulegen versucht habe. Es sei gemeint worden, die Resolutionen hätten sich wesentlich gegen das sogenannte Verdy’'sche Project gerichtet und seien gegenstandslos in dem Augenblick, wo die Heran⸗ ziehung aller Wehrfähigen nicht zur dreijährigen, sondern zur zwei⸗ jährigen Dienstzeit in Frage stehe. Der Abg. Freiherr von Huene habe schon erklärt, gegen diesen Gedanken richte sich die erste Resolution, ob in jenem oder in diesem neuen Project. Er (Redner) gehe noch weiter: es sei unzweifelhaft, daß Windthorst und seine Freunde die damals eingebrachten Resolutionen als ein Ganzes betrachtet hätten, und daß sie nicht die Einführung der zweijährigen Dienstzeit hätten losgelöst wissen wollen von der Frage der Heran⸗ ziehung aller Wehrpflichtigen. Windthorst habe bei jener Gelegenheit erklärt: „Die Darlegungen, welche die Regierung in der Commission gegeben, haben mich fast niedergeschmet⸗ tert, und ich bin der Meinung, wenn diese Pläne ausgeführt würden, würden sie das Land in einer Weise belasten, die es gar nicht tragen kann. Wenn Sie alle Männer unter die Waffen stellen, wer soll dann das Haus bestellen und die Mittel beschaffen, welche noth⸗ wendig sind zur Ernährung des Volkes und der Armee selbst? Diese Pläne müssen ein für alle Mal definitiv aufgegeben werden. Ich und meine Freunde haben geglaubt, daß für die Zukunft ein festes Programm für das Verhalten auszusprechen nützlich sein mußte, theils um diejenigen zu binden, welche dasselbe aufstellen, theils um de Regierung zu sagen, hier ist die unüberschreitbare Grenze, ein Protest gegen Pläne, die wir alle für unausführbar erachten müssen.“ Klarer und deutlicher könne der Sinn der Reso⸗ lutionen doch garnicht dargelegt werden. Seine Parteigenossen ständen alle auf dem Boden dieser Erklärungen und bäten sowohl den Reichstag wie die Regierung, sich darüber gar keiner Täuschung hinzugeben, daß sie weder die Vorlage, wie sie jetzt liege, ihrem vollen Umfange nach und auf einmal annehmen wollten, noch auch gesonnen seien, auf dem Wege dieser vollständigen Neuorganisation des Heeres einen Anfang zu machen. Das sei der springende Punkt. Wenn demgegenüber der Reichskanzler erkläre, der springende Punkt sei die Verstärkung, so sehe auch seine Partei eine weitgehende Verstärkung des Heeres darin, daß sie innerhalb der jetzigen Friedens⸗ präsenzstärke die zweijährige Dienstzeit zu schaffen beabsichtige, die eine Erhöhung der Kriegsstärke um Hunderttausende zur Folge habe. Weiter könne sie nicht gehen, so nachdrücklich auch der Reichskanzler seine Ueberzeugung von der Nothwendigkeit dieser Vorlage dargelegt habe. Auf Einzelnheiten wolle er nicht eingehen, da er in diesen Dingen nicht sachverständig genug sei. Wenn der Abg. Freiherr von Huene schon sich auf den Standpunkt zurück⸗ gezogen habe, daß es Aufgabe des Volksvertreters sei, nicht die militärischen Gesichtspunkte der Vorlage nach allen Seiten hin zu prüfen, sondern die wirthschaftliche Leistungsfähigkeit des Volks, so beschränke auch er sich darauf, der er viel mehr Laie in militärischen Dingen sei. Der Reichskanzler sei so weit gegangen, zu erklären, er sei von der Nothwendigkeit dieser Vorlage so fest überzeugt, daß er neben seiner eigenen auch noch die Verantwortung des Reichstags mit übernehmen wolle. Das Centrum sei von der Unerschwinglichkeit der gegenwärtigen und künftigen Kosten der jetzt geplanten Neuorgani⸗ sation so überzeugt, daß es neben seiner eigenen Verantwortung auch noch die der verbündeten Regierungen zu übernehmen bereit sei, indem es sage, es gehe auf diesem Wege ein für alle Mal nicht. Das Centrum sei sich der außerordentlichen Schwere dieser Erkenntniß und Erklärung voll bewußt; es möge niemand glauben, daß es leichten Herzens über alle diejenigen Bedenken hinweggehe, die in Bezug auf die Wehrhaftigkeit des Reichs entstehen könnten. Man dürfe sich nicht schon im Frieden zu Grunde richten, um sich für einen etwaigen Krieg vorzubereiten. Schon vor vielen Jahren habe der Abg. Dr. Reichensperger hier erklärt: Wir wollen uns nicht zu einer Armee von Bettlern machen. Nicht leichten Herzens gestehe seine Partei ein, daß Deutschland an der Grenze der Leistungsfähigkeit angelangt sei. Aber die Rüstung würde die Kraft des deutschen Volks übersteigen. Hierüber werde es sehr schwer eine Verständigung geben. Entstehe daraus wirklich ein Conflict, so müsse seine Partei die Verantwortung dafür abweisen. Er wolle sich auf Einzelfragen nicht näher einlassen, aber die Last einer neuen Bier⸗ steuer würde nicht von den Brauern getragen werden, sondern von den Landwirthen oder den Consumenten oder beiden. Warum komme man nicht darauf, die Mittel für die Vorlage durch Zuschläge zur directen Ein⸗ kommensteuer aufzubringen? Der Weg der directen Reichssteuern wäre allerdings sehr gefährlich. Der Abg. Dr. von Bennigsen habe zur Zeit, als seine Partei hier noch ausschlaggebend gewesen sei, erheb⸗ lichen Antheil an dem genommen, was die heutige Mißstimmung er⸗ zeuge und erhalte. Es sei an den Culturkampf erinnert, an die Gründer⸗ periode, an das Socialistengesetz. Als Vaterlandsfreund bitte seine Partei die verbündeten Regierungen, nach einem anderen Wege zu suchen, um

die Sicherheit des Vaterlandes herbeizuführen. Dieser Weg werde nicht zum ersten Mal in diesem Hause genannt. Der Dreibund enthalte ewiß eine Gewährleistung des Friedens und Sicherung des Vater⸗ andes. Die Stellung des Centrums dazu sei in Mainz von dem Abg. Grafen von Ballestrem, nicht von ihm (dem Redner), wie irrthümlich angenommen, in derselben Weise präcisirt, wie es in früheren Jahren Windthorst gethan. Seine Partei sei weit entfernt, den Dreibund schädigen zu wollen, aber sie sei überzeugt, daß die Herstellung der territorialen Unabhängigkeit des römischen Stuhls zur Sicherung eines hervorragenden Gliedes und des ganzen Dreibundes führen würde. Niemand von seiner Partei denke daran, die territoriale Unabhängig⸗ keit des römischen Stuhls unter Umgestaltung des Dreibundes zu erstreben; aber man sollte bestrebt sein, den europäischen Frieden auch auf breiterer internationaler Grundlage zu sichern.

Abg. Graf von der Decken (b. k. F.): Seine politischen Freunde seien stets für die zweijährige Dienstzeit eingetreten und erblickten darin eine Entlastung des Volks. Aber sie könnten sie nur annehmen, wenn eine wirkliche Entlastung damit erzielt werde. Das sei aber in der jetzigen Vorlage nicht der Fall, und erscheine ihnen in dieser unannehmbar. Die Zustände in Deutschland und Europa führten zum moralischen und finanziellen Bankerott der Staaten, und wenn man andererseits immer nur von militärischen Mehrbelastungen höre, komme Einem unwillkürlich das Bild eines Spielers vor die Augen, der seinen letzten Groschen ausgebe und va banque sage.

Abg. Prinz zu Carolath⸗Schönaich (b. k. F.): Die Noth⸗ wendigkeit der Vorlage müsse in der Commission nachgewiesen werden, nachdem dies im Plenum nicht der Fall gewesen sei. Er werde sich freuen, wenn es zu einer Verständigung komme, die zwar nicht leicht erscheine, aber doch keineswegs zu den Unmöglichkeiten gehöre. Er freue sich über das Zugeständniß der zweijährigen Dienst⸗ zeit in der Vorlage, ebenso über die geplante Entlastung der älteren Jahrngänge durch stärkere Heranziehung der jüngeren. Welche Aende⸗ rungen hätten sich aber zugetragen, um diese neue Auffassung der Dinge herbeizuführen? In Frankreich sei die gesetzliche Aushebungsziffer in den letzten zwei⸗Jahren gar nicht einmal erreicht worden, und der Kriegs⸗ Minister von Freycinet habe anordnen müssen, daß auf die kränklichen Mannschaften bei der Truppe besondere Rücksicht genommen werde, weil das Material der zuletzt Ausgehobenen nicht tadellos gewesen sei. Entweder sei die Lage so friedlich wie im vorigen Jahre, dann gebe sie keine Veranlassung zu größeren militärischen Aufwendungen, oder aber die Lage sei weniger friedlich, dann würden die beiden befreundeten Mächte ebenfalls mit Mehrforderungen an ihre Kammern kommen müssen. Das sei aber nicht der Fall, im Gegentheil betone man dort ausdrücklich die günstige Lage. Deutschland sei keineswegs mehr bedroht, als Italien. Die Italiener dächten zu sehr an ihre letzte Entwickelung und sähen in ihren Nachbarn noch die Feinde von Solferino. Wegen der deutschen Finanzen müsse man sich vom Optimismus wie vom Pessimismus gleich weit entfernt halten. Man habe im Reiche zwei Milliarden Schulden, der preußische Etat weise immer höhere Fehlbeträge auf, man müsse also die Vorlage ernstlich prüfen, zumal Landwirthschaft und Industrie sich in schwieriger Lage befänden. Denen, die über die Abnahme der ländlichen Arbeiter klagten, werde die Vorlage mit der verstärkten Aushebung nicht zu gute kommen. Die jungen Leute aus dem Arbeiterstand, die während ihrer Militärzeit das großstädtische Leben kennen lernten, kehrten zum großen Theil nicht auf das Land zurück. Die Söhne kleiner und bäuerlicher Besitzer kehrten zurück, gingen aber nicht in Arbeit zu anderen Besitzern. Er besorge also aus der Vorlage einen Rückgang der ländlichen Arbeiter. Er besorge ferner, daß durch die unerhörte Ausdehnung der Aushebungsziffer die Zurück⸗ stellung derjenigen tauglichen Mannschaften erschwert werde, die nach Art. 30 der Ersatzordnung zurückgestellt werden sollten. Während seiner dreizehnjährigen Thätigkeit als Landrath habe er sich oft genug überzeugen können, wie schwierig es schon heute sei, Leute vom Militär⸗ dienst zu reclamiren. Auch die wissenschaftliche Ausbildung der Offi⸗ ziere würde nach Annahme der Vorlage beeinträchtigt werden. Nach dem Urtheil militärischer Kreise sei es heute ganz besonders wichtig, daß der junge Offizier auch wissenschaftlich gebildet in das Heer ein⸗ trete, und auch darin Denjenigen ein Vorbild sei, die er zu erziehen berufen sei. Das sei eine 1 ernste und wichtige Frage. Es sei merkwürdig, daß diejenigen Kreise, die heute die Landwehr angriffen, fast dieselben seien wie diejenigen, die 1813 und vorher erbitterte Gegner der Landwehr gewesen seien. Aus den Denkwürdigkeiten des Feldmarschalls von Boyen gehe hervor, mit welchen Kämpfen dieser Mann 1813 zu thun gehabt habe, um die Institution der Landwehr durchzusetzen. (Der Präsident bittet den Redner, sich streng an die Sache zu halten.) Die Pflege der großen nationalen Erinnerungen, das Vertrauen auf eine glückliche Zukunft scheine ihm in beklagenswerther Weise im Abnehmen zu sein. Die ernsten Worte eines so objectiven Mannes, wie des Abg. Grafen von Preysing, sollten allein schon Ver⸗ anlassung geben, über den Ernst der Lage nachzudenken und dafür zu sorgen, daß das Reich auch den Süddeutschen eine liebe Errungen⸗ schaft bleibe.

Abg. Dr. Osann (nl.): Daß eine Mißstimmung in Süddeutsch⸗ land in so großem Umfange vorhanden sei, wie der Abg. Haußmann behaupte, müsse er bestreiten. Ein Niedergang der wirthschaftlichen Verhältnisse sei allerdings vorhanden, er sei aber nicht mit Be⸗ strebungen der nationalliberalen Partei in Verbindung zu bringen und auch nicht als ein Residuum der früheren Regierung zu betrachten. Der Niedergang herrsche in der ganzen Welt, und die Regierung habe doch nicht die Macht, die Verhältnisse in der ganzen Welt nieder⸗ zudrücken. Man brauche doch aber nicht allerorts ein großes Geschrei darüber zu erheben. Die Stimmung gegen die Militärvorlage habe sich auch durchaus nicht spontan aus dem Volke entwickelt; wenn aber überall dieselben Trommelklänge erklängen, müsse schließlich Aufregung unter den Massen herrschen. Ganz natürlich werde dabei, was an Mißstimmung im Volke über alle möglichen Dinge vorhanden sei, aufgewühlt. Aber es habe eine gewisse Ueberwindung der Mißstimmung stattgefunden, auch das Centrum wolle bis zu einer gewissen Grenze mit der Regierung zu einem Einvernehmen kommen. Seine Partei wolle etwas fertig bringen, was zum Wohle des Vaterlandes ausschlagen könne. Wie weit sie darin gehen werde, wisse sie selbst noch nicht. Sich von der Rücksicht auf die Wahlen beeinflussen zu lassen, das dürfe nicht der Standpunkt einer Partei sein. Die jetzige Vorlage sei für seine Partei unannehmbar, aber wenn ihr die Nothwendigkeit nachgewiesen werde, werde sie bis zu einem gewissen Grade entgegenkommen, weil das erste die Erhaltung des Vaterlandes sein müsse. Für Deutschland passe ein Milizsystem nicht, bei dem, wenn der Krieg beginne, jeder eine Flinte in die Hand bekomme. Durch ein internationales Schiedsgericht die Leiden⸗ schaft der Völker zu besiegen, sei auch nicht möglich. Wollte man an Stelle der „gewaltthätigen Politik des Fürsten Bismarck ein Reich der Weisheit und des Friedens“ setzen, so würde man damit auch nichts erzielen. Die internationalen Verhältnisse ließen sich nicht so von oben her decretiren. Noch keine Steuer⸗ oder Militärvorlage habe angenehm berührt, das sei ganz natürlich. Man müsse das Volk darauf aufmerksam maffen, daß die Heeres⸗ verstärkung unter Umständen bis zu einem gewissen Grade nöthig sei. So dumm sei das Volk nicht, daß es nicht einsehe, daß das eine nützliche Ausgabe sei, eine Prämie, die für lange Zeit wirken werde. In den siebziger und achtziger Jahren habe man unter dem Fürsten Bismarck so Großes nach verschiedenen Richtungen geleistet, wie kein anderes Land der Welt. Wer habe aber jemals diesen Mann für unfehlbar gehalten? Man könne nicht den Vorwurf erheben, daß er an dem Niedergang der Verhältnisse Schuld sei und daß der Abg. Dr. von Bennigsen dabei mitgewirkt habe. Der Abg. Dr. von Bennigsen habe an den Grundlagen des Staates mitgewirkt. Zu den Kulturkampf⸗ gesetzen und dem Sozialistengesetz sei in den damaligen Zeiten Ver⸗ anlassung gewesen, darum hätten sie doch nicht ewig aufrechterhalten zu werden brauchen. Man möge sich über die Militärvorlage einigen und abwarten, ob dann die Regierung zustimme. Er gebe die Hoffnung darauf nicht auf. Es sei nicht richtig, von vornherein zu sagen, es sei uner⸗ schwinglich. Das habe manbei jeder Militärvorlage gesagt, und niemals sei es eingetroffen. Die Lasten seien getragen worden zum Schutze

des Vaterlandes. Er gehe in die Commission nicht mit der Ab⸗

sicht, der Vorlage ein Leichenbegängniß zu kereiten, er habe die Pflicht, mit allem Ernste zu prüfen. Aber scon jetzt zu sagen: bis hierher und nicht weiter, das sei im politischen Leben überhaupt nicht möglich. Er beantrage die Ueberweisung der Vorlage an eine Commission von 28 Mitgliedern. 8

Darauf wird die Discussion geschlossen. 8— 8

Die Vorlage wird einer Commission von 28 Mitgliedern überwiesen.

Es folgt die Berathung des in der Dienstags⸗Nummer mitgetheilten Antrages des Abg. Liebermann von Sonnen⸗ berg wegen Einstellung des Strafverfahrens gegen den Abg. Ahlwardt.

Abg. Liebermann von Sonnenberg (b. k. F.): Es handele sich nicht um Judenflinten, auch nicht um den Abg. Ahl⸗ wardt, sondern lediglich um die gesetzliche Fmmunität. Es handele sich auch nicht um, einen antisemitischen Antrag. s handele sich auch nicht persönlich für ihn um einen Antrag für den Abg. Ahlwardt. Die Herren würden aus den Zeitungen unterrichtet sein, wie er zu den Judenflinten und zu der Wahl des Abg. Ahlwardt stehe. Er stehe nicht auf demagogischem Standpunkt. Er fühle sich vielmehr als Volksberuhiger gegenüber der Demagogie. Anträge ähnlicher Art hätten sonst die Zustimmung des ganzen Hauses gefunden. Man habe sich dabei nicht an die Person des einzelnen Abgeordneten gehalten. Handele man jetzt anders, so schiebe man die Person viel mehr in den Vordergrund, als nöthig sei. Ausführungen in der nationalliberalen und freisinnigen Presse ließen darauf schließen, daß man in diesem Falle die verfassungsmäßige Immunität nicht bewilligen wolle. Man scheine aber wieder davon abgekommen zu sein. Andererseits beabsichtige man, diesen schleunigen An⸗ trag der Geschäftsordnungscommission zu überweisen. Dem müsse er widersprechen. Das Reichsgericht habe jetzt sich dahin ausgesprochen, daß die Verjährung durch die Immunität nicht unter⸗ brochen werde. Hätte man deshalb das Princip, solche Anträge an⸗ zunehmen, ändern wollen, so hätte man es bei Beginn der Tagung thun müssen. In dieser Tagung seien schon vier gleiche Anträge wegen der Abgg. Stadthagen, Vollrath, Werner und Schmidt vom Hause glatt genehmigt worden, der eine sogar von einer Reihe con⸗ servativer und Centrumsmitglieder unterzeichnet. Wolle man jetzt beim fünften Antrage anders verfahren, so würde sich das gegen die Person des Abg. Ahlwardt richten, und man würde damit seine Be⸗ deutung überschätzen. Der Abg. Ahlwardt sei in derselben Lage wie die übrigen. Das Verfahren schwebe zwischen den Instanzen des Land⸗ gerichts und des Reichsgerichts, und der Antrag wolle es unterbrechen lassen. Daß der Abg. Ahlwardt so wie so bis zum Februar ver⸗ hindert sei, an den Sitzungen theil zu nehmen, bedeute nichts gegen den Antrag. Wenn der Antrag nicht gestellt werde bis zum Februar, könne das Erkenntniß rechtskräftig werden, und dann könnte die Strafe sofort im Anschluß an seine jetzige vollstreckt werden, er also den Sitzungen entzogen werden. Das wolle die Verfassung nicht. Er bitte alle, die für die verfassungsmäßige Immunität seien, dem An⸗ trage zuzustimmen. Mit Rücksicht auf die Geschäftslage des Hauses, die bevorstehenden Weihnachtsferien und die nicht ganz sichere Beschluß⸗ fähigkeit des Hauses wolle er keine Veranlassung zu einer weiteren Besprechung geben. Man möge ohne Ansehen der Person die Rechte wahren, welche die Verfassung dem Abgeordneten gebe.

Abg. Dr. Hartmann (deutschcons.): Er glaube doch nicht, daß man den Antrag ohne gründliche Prüfung annehmen könne. Es liege ein großes Interesse vor, daß der Prozeß möglichst bald rechtskräftig entschieden werde. Ein anderer Umstand sei der, daß der Abg. Ahl⸗ wardt sich in Strafhaft befinde und bis zum 21. Februar nächsten Jahres darin verbleiben werde. Bis dahin würde die Unterbrechung des Verfahrens nicht das herbeiführen, was der Gesetzgeber gewollt habe, als er die Immunität der Reichstags⸗Abgeordneten vorgeschrieben habe. Der Reichstag habe in jedem Einzelfall zu entscheiden, welche Interessen den Vorzug verdienten: die Interessen der Justiz oder die des Reichstags. Bisher sei der Reichstag immer davon ausgegangen, daß die Verjährung der Strafverfolgung durch eine Aussetzung des Verfahrens unterbrochen werde. Er (Redner) habe dieser Ansicht nie gehuldigt. Inzwischen sei diese Frage entschieden: die Verjährungs⸗ frist laufe bei dieser Unterbrechung des Verfahrens. Hier handele es sich um ein Vergehen durch die Presse, das nach 6 Monaten verjähre. Es sei nicht ausgeschlossen, daß der Reichstag solange tage, daß die Ver⸗ jährung eintrete. Der Reichstag müsse sich klarmachen, daß er den Ange⸗ schuldigten der Strafe überhaupt entziehe und daß Streitfragen, deren Entscheidung von hohem Interesse sei, in der Luft schweben blieben. Deshalb müsse man fragen, ob das bisherige Verfahren der glatten Annahme solcher Anträge aufrecht erhalten werden könne. Im könne eine solche Entscheidung nicht getroffen werden. Er empfehle die Verweisung dieses Antrages an die Geschäftsordnungs⸗ commission.

Abg. Bödiker (Centr.): Seine politischen Freunde hätten stets ohne alle Verzögerung, ohne alle Umstände beschlossen, einem Antrage dieser Art stattzugeben. Sie hätten keinen Anlaß, in diesem Falle anders zu verfahren. Bei Gelegenheit der Frage, ob die Ver⸗ haftungen, die s. Z. in Kiel vorgenommen worden, zu sistiren seien, sei von seiner Fraction mit besonderer Schärfe hervorgehoben worden, daß diese Frage unabhängig von jeder Parteirücksicht, von jedem Mit⸗ gliede jeder Fraction gleichmäßig behandelt werden müsse. Der Abg. Windthorst habe bestimmt diesen Gesichtspunkt geltend gemacht auch gegenüber den Socialdemokraten. Er habe damals gesagt: „Ich glaube, es ist undenkbar für jedes Mitglied dieses Hauses, daß man das persönliche Privilegium der Reichstagsmitglieder beurtheilt, je nach der Fraction, welcher dieselben angehören, und wenn ich die Socialdemokraten bekämpfe, so wird es mir niemals beikommen, ihnen irgendwo die Gerechtigkeit zu versagen, die ihnen gebührt.“ Ganz dasselbe wolle seine Partei gegenüber den Antisemiten. Auf die Frage der Verjährung habe man hier keine Rücksicht zu nehmen. Es sei nicht Sache des Reichstags, der Justiz in dieser Be⸗ ziehung den Fortgang zu erleichtern, sondern der Reichstag habe die Pflicht, dafür zu sorgen, daß, wenn der Abgeordnete nicht verhaftet sei, nicht in Strafhaft sei, er sofort hier erscheinen könne. Nun werde gesagt, der Abg. Ahlwardt werde nicht erscheinen vor dem 21. Februar. Wer sage denn das? Es seien thatsächlich rechtliche Gründe möglich, die ihm die Thür des Gefängnisses öffneten, am folgenden Tage könne hier die Militärvorlage zur Abstimmung gelangen, der Abgeordnete würde nicht abstimmen können und der Wahlkreis würde seines Vertreters entrathen müssen, wenn die Mehr⸗ heit beschließe, den Antrag an die Commission zu verweisen. Auch in diesem Falle werde seine Partei so verfahren, wie sie immer ver⸗ fahren habe.

Abg. Singer (Soc.): Er könne sich nur vollständig den Ausführungen des Vorredners anschließen. Für seine Partei liege keine Veranlassung vor, wegen eines einzigen Falls ein Recht des Reichstags aufzugeben und die Immunität, die Art. 31 der Ver⸗ fassung von der Personenfrage des Abgeordneten abhängig zu machen. Der Grund, daß der Abg. Ahlwardt bis zum 21. Februar in Straf⸗ haft bleiben müsse und deshalb nicht in den Reichstag kommen könne, nicht dafür, daß man eine neue Verhandlung gegen denselben

bgeordneten nicht einstellen lassen könne. Außerdem brauche der Abgeord⸗ nete nur begnadigt zu werden, um hier erscheinen zu können. Seine Haft könne wegen Krankheit aufgeschoben werden, und dieser Strafaufschub brauche seine Anwesenheit im Reichstag nicht zu verhindern. Der Prozeß, um dessen Einstellung es sich hier handele, könne ja bis zum 21. Februar entschieden sein. Der Reichstag könne ohne Com⸗ missionsberathung über diese Frage entscheiden. Seine Partei werde gegen die Commissionsberathung stimmen.

Abg. Stadthagen (Soc.): Die Verjährung werde durchaus nicht unterbrochen. Das geeih⸗ ericht habe nur erkannt, daß die rechtswidrigen Handlungen der Eraakzamvälte die Verjährungsfrist nicht midererü hen Es sei aber nur nöthig, daß kurz vor Ablauf der sechsmonatigen Frist beim Reichstag die Ermächtigung zur strafrecht⸗ lichen Verfolgung nachgesucht werde, dann laufe wieder eine neue

sechsmonatliche Frist. Es werde hier so dargestellt, als wenn die kurzen Fristen zu Gunsten des Angeklagten eingeführt seien; das sei nicht richtig. Sie seien zu Gunsten der anderen Betheiligten einge⸗ führt, weil ein Beweis über die behauptete Strafthat nach längerer Zeit schwieriger zu führen sei, als bald nach der That. Es handele sich hier garnicht um ein perfönliches Privilegium, sondern um ein Privilegium der Wahlkreise, hier vertreten zu sein.

Abg. Richter (dfr.): Den Standpunkt, den er einnehme, nehme er ein unabhängig von der Parteirichtung des Abg. Ahlwardt oder jedes anderen Er würde genau denselben Standpunkt vertreten, wenn es sich hier um einen freisinnigen Abgeordneten handelte. Er sei der daß in der That gleiches Recht für alle gelten solle, und daß das Privilegium der Abgeordneten gewahrt werden müsse, und dieses Privilegium gehe dahin, daß niemand durch einen Strafprozeß verhindert werden solle, an der parla⸗ mentarischen Thätigkeit theilzunehmen. Dieser Fall liege hier aber durchaus nicht vor. Wenn man nur eine Störung in der parlamentarischen Thätigkeit verhindern wolle, dann hätte man ja mit diesem Antrage warten können bis zu dem Augenblick, wo der Abg. Ahlwardt überhaupt in der Lage sei, eine parlamentarische Thätigkeit auszuüben. In diesem Augenblick würde er diesem Antrage zugestimmt haben. Nun sage man, es könne doch durch den Aufschub dieses Antrages der Abg. Ahlwardt genöthigt werden, noch in dieser Tagung eine zweite Strafthat zu verbüßen. Auch dies wolle er (Redner) vermeiden. Der Augenblick sei über⸗ haupt erst gekommen, wenn in der Revisionsinstanz der Termin statt⸗ finde. Warum habe man mit dem Antrage nicht bis zu dem Tage gewartet, wo diese Revisionsinstanz in Leipzig entscheide? Dann würde dieser Zweck auch erreicht werden. Dieser Antrag habe keine andere praktische Bedeutung, als eine Verjährung anzubahnen. Der Art. 31 habe nur den Zweck, die parlamentarische Thätigkeit eines Abgeordneten möglich zu machen, aber nicht eine Verjährung anzubahnen. Nun sei gesagt worden, man habe kein Interesse, die Justiz zu erleichtern; nein. Man habe aber auch nicht das Interesse, die Justiz zu hemmen. Sie gehöre auch zu den Interessen des Reichs. Man glaube, der Antrag würde in der Commission begraben werden. Er sei nicht der Ansicht. Wäre er (Redner) in der Commission, so würde er beantragen, daß der Antrag anfangs Januar zur Verhandlung komme. Dann sei die Verjährungsfrage nicht mehr praktisch, weil der Reichstag nicht bis über den Juni tagen werde. Das Einfachste wäre, die Antragsteller zögen ihren Antrag zurück und brächten ihn nach den Ferien in der ersten Sitzung wieder ein. Dann komme die Verjährung nicht mehr in Frage, dann würde seine Partei ihm auch zustimmen. Der Abg. Ahlwardt äbe in den Ferien keine parlamentarische Thätigkeit aus. Wie die Sache heute liege, sei er nicht in der Lage, gegen die Verweisung an die Geschäftsordnungs⸗ commission zu stimmen. ““ 3

Abg. Dr. Hartmann (deutschcons.): In der Verfassung stehe nichts von einem Rechte des einzelnen Abgeordneten, sondern es heiße: Auf Verlangen des Reichstags muß ein Strafverfahren eingestellt werden. Der Reichstag habe also zu prüfen, ob ein solches Verlangen zu stellen sei. Der Reichstag müsse abwägen, welche Interessen den Vorzug verdienten: die Interessen des Reichstags oder die der Justiz. Seine Partei habe niemals den Standpunkt vertreten, daß solche An⸗ träge unbesehen angenommen würden. Wenn sie nicht bei jedem Antrage ihren Standpunkt gewahrt habe, so sei es geschehen, weil die Sache unbedeutend gewesen sei. Das sei hier nicht der Fall.

Abg. Dr. von Margquardsen (nl.): Wenn ein Theil des Hauses wünsche, daß eine Commission eingesetzt werden solle, so pflege man sonst aus Courtoisie damit einverstanden zu sein. Es handele sich aber hier um eine grundsätzliche Entscheidung; die Verfassung gebe kein Privilegium den einzelnen Abgeordneten, sondern es handele sich um eine Befugniß des Reichstags, und es liege hier die Gefahr vor, daß durch Eintritt der Verzögerung wirklich schuldvolle Hand⸗ lungen unbestraft blieben. Dazu mitzuwirken, könne nicht Aufgabe dieses Hauses fein. Dazu komme das Erkenntniß des Reichsgerichts, wonach die Verjährungsfristen auch während der Vertagung weiter liefen. Redner beruft sich auf eine Aeußerung Windthorst's, wonach solche Anträge auch im Plenum ohne weiteres zurückgewiesen werden könnten.

Abg. Bödiker (Centr.): Wenn er Lannehmen könnte, daß der Antrag lediglich den Zweck hätte, die Verjährung herbeizuführen, würde er ihn nicht unterstützen. Der Abg. Richter wolle durch sein von dem früheren abweichendes Verhalten den Eintritt des Abg. Ahl⸗ wardt verhindern. Redner verweist auf einen Fall aus dem Jahre 1878, wo wegen des Abg. Stötzel ein ähnlicher Fall vorgelegen habe. Er habe sich in Haft befunden, und es sei gegen ihn ein weiteres Verfahren eröffnet, ganz wie im Falle Ahlwardt. Die Einstellung des Verfahrens sei vom Abg. Schröder beantragt. Damals habe der Abg. Dr. Hammacher die Verweisung an die Geschäftsordnungs⸗ commission beantragt, was allgemeinen Widerspruch hervorgerufen habe. Der Abg. Dr. Hammacher habe nach erfolgter Erklärung seinen Antrag zurückgezogen. Heute liege genau derselbe Fall vor. Seine

Partei müsse gleiches Recht verlangen auch in diesem Falle.

Abg. Nichter (dfr.): Die Bedeutung des Falles komme für ihn garnicht in Betracht. Er wolle den Abg. Ahlwardt nicht von den Sitzungen fern halten; sobald er dazu im stande wäre, bier zu er⸗ scheinen, würde er alles thun, ihn hierher zu bringen. Beim Fall Stötzel habe es sich um eine kurze außerordentliche Tagung zur Be⸗ rathung des Socialistengesetzes gehandelt, die nur von September bis Oktober gedauert habe, also auf die Verjährungsfrist ohne Einfluß gewesen sei. Wenn er gesagt habe, der Antrag habe den Frreck, die Verjährung herbeizuführen, so müsse er sich verbessern; er habe sagen wollen: er würde diese Wirkung haben. Er habe den Wunsch aus⸗ gesprochen, daß der Antrag erst nach den Ferien zur Berathung ge⸗

tellt werden sollte; dann hätte seine Partei ohne Besprechung dafür gestimmt. 1 8

Damit schließt die Discussion. Als Antragsteller erhält das Schlußwort

Abg. Liebermann von Sonnenberg (b. k. F.): Die Redner für den Antrag auf Verweisung in die Commission hätten ihn nicht überzeugen können. Der Abg. Dr. Hartmann habe auch nicht den Beweis erbracht, warum das von ihm aufgestellte Princip erst beim fünften Falle in dieser Tagung anfangen solle; er und der Abg. Richter hätten jedoch behauptet, der An⸗ trag habe nur den Zweck, die etwa eintretende Ver⸗ jährung zu verhindern. Er weise diese Unterstellung zurück, er (Redner) müsse besser wissen, was der Zweck seines Antrags sei:

er solle dem Abg. Ahlwardt die Möglichkeit gewähren, an den Ver⸗ handlungen des Reichstags theilzunehmen. Der Abg. Richter habe ihn auch nicht widerlegt. Der Reichstag könne vertagt werden, dann könnte der Antrag zu spät kommen; denn bis zum Ablauf der neuen Strafzeit könne das neue Urtheil rechtskräftig werden, und dann behalte man den Abg. Ahlwardt gkeich in Haft. Wenn der Abg. Dr. Hartmann sage, es hätte sich bei früheren Anträgen dieser Art nur um unwichtige Fragen gehandelt, so müsse er ihm erwidern, unwichtige Dinge gebe es in Verfassungsfragen nicht. Bei dem Abg. Stadthagen habe die conservative Partei einem solchen Antrage zuge⸗ stimmt, und doch seien da sieben verschiedene Verfahren einzustellen gewesen, das eine sogar wegen Hausfriedensbruch. Wenn man ohne Ansehen der Person stimmen wolle, dann müsse man den Antrag an⸗ nehmen und den Antrag auf Verweisung in die Commission ab⸗ lehnen. 1

Die Abstimmung über die Verweisung an die Com⸗ mission bleibt zweifelhaft. Es muß zur Auszählung geschritten werden. Die Ueberweisung an die Commission wird mit 114 gegen 100 Stimmen abgelehnt und der Antrag darauf mit großer Mehrheit angenommen.

Schluß 5 ½

Parlamentarische Nachrichten.

Dem 5, 1 ist der folgende Entwurf eines Ge⸗ setzes gegen den Verrath militärischer Geheimnisse zugegangen: 1. Wer vorsätzlich Schriften, Zeichnungen oder andere Gegen⸗ stände, deren Geheimhaltung im Interesse der Landesvertheidigung erforderlich ist, oder Nachrichten solcher Art in den Besitz oder zur Kenntniß eines Anderen gelangen läßt, wird, wenn er weiß oder den Umständen nach annehmen muß, daß dadurch die Sicherheit des Deutschen Reichs gefährdet wird, mit Zuchthaus nicht unter zwei Jahren bestraft, neben welchem auf Geldstrafe bis zu fünfzehntausend Mark erkannt werden kann. § 2. Wer außer dem Falle des § 1 es unternimmt, rechtswidrig Gegenstände oder Nachrichten der daselbst bezeichneten Art in den Besitz oder zur Kenntniß eines Anderen gelangen zu lassen, wird mit Gefängniß nicht unter drei Monaten oder mit Festungshaft von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Neben der Freiheitsstrafe kann auf Geldstrafe bis zu fünftausend Mark erkannt werden. 8

§ 3. Wer vorsätzlich den Besitz oder die Kenntniß von Gegen⸗ ständen oder Nachrichten der im § 1 bezeichneten Art in der Absicht sich verschafft, davon zu einer die Sicherheit des Deutschen Reichs gefährdenden Mittheilung an Andere Gebrauch zu machen, wird mit Füchthaus bis zu zehn Jahren bestraft, neben welchem auf Geldstrafe bis zu zehntausend Mark erkannt werden kann.

§ 4. Wer ohne die vorbezeichnete Absicht es unternimmt, rechts⸗ widrig sich den Besitz oder die Kenntniß von Gegenständen oder Nach⸗ richten der im § 1 bezeichneten Art zu verschaffen, wird mit Ge⸗ fängniß von einem Monat bis zu drei Jahren oder mit Festungshaft von gleicher Dauer bestraft. Neben der Freiheitsstrafe kann auf Geld⸗ strafe bis zu fünftausend Mark erkannt werden.

§ 5. Haben Mehrere ein Verbrechen der in den §§ 1, 3 bezeichneten Art verabredet, ohne daß es zur Ausführung oder zu einem strafbaren Versuch desselben gekommen ist, so tritt Gefängniß nicht unter drei Monaten ein. Neben der Freiheitsstrafe kann auf Geldstrafe bis zu fünftausend Mark erkannt werden.

§ 6. In den Fällen der §§ 1 bis 5 kann neben Gefängniß und Festungshaft auf Verlust der bekleideten öffentlichen Aemter und der aus öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte, neben jeder Freiheitsstrafe auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden.

§ 7. Wer aus Fahrlässigkeit Gegenstände oder Nachrichten der im § 1 bezeichneten Art, die ihm kraft seines Amtes, Berufes, Ge⸗ werbes oder eines besonderen Auftrages anvertraut oder zugänglich sind, in einer die Sicherheit des Deutschen Reichs gefährdenden Weise in den Besitz oder zur Kenntniß eines Anderen gelangen läßt, wird mit Gefängniß oder Festungshaft bis zu drei Jahren bestraft. Neben der Freiheitsstrafe kann auf Geldstrafe bis zu dreitausend Mark er⸗ kannt werden. .“ § 8. Wer, abgesehen von den Fällen des Verraths militärischer

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Geheimnisse (§§ 1 und 2), über die Verhältnisse der Kriegsmacht

oder die Vertheidigungsmittel des Deutschen Reichs Mittheilungen in

die Oeffentlichkeit bringt oder an eine fremde Regierung gelangen läßt, obwohl er weiß oder den Umständen nach annehmen muß, daß dadurch die Sicherheit des Reichs gefährdet wird, wird mit Gefängniß bis zu drei Jahren bestraft, neben welchem auf Geldstrafe bis zu zehntausend Mark erkannt werden kann.

§ 9. Wer den von der Militärbehörde erlassenen Anordnungen zuwider Befestigungsanlagen, Anstalten des Heeres oder der Marine, Kriegsschiffe, Kriegsfahrzeuge oder militärische Versuchs⸗ oder Uebungs⸗ plätze betritt, wird mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark oder mit Haft bestrast. 1

§ 10. Wer von dem Vorhaben eines der in den §§ 1 und 3 vorgesehenen Verbrechen zu einer Zeit, in welcher die Verhütung des Verbrechens möglich ist, glaubhafte Kenntniß erhält und es unterläßt, hiervon der Behörde zur rechten Zeit Anzeige zu machen, ist, wenn das Verbrechen oder ein strafbarer Versuch desselben begangen worden ist, mit Gefängniß zu bestrafen.

§ 11. Die Bestimmungen im § 4 Abs. 2 Nr. 1 und im § 93 des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich finden auch auf die in den §§ 1 bis 5 dieses Gesetzes vorgesehenen Verbrechen und Vergehen Anwendung. 1

§ 12. Die §§ 87 bis 90 des Strafgesetzbuchs erhalten folgende Fassung:

87

Ein Deutscher, welcher sich mit einer ausländischen Regierung einläßt, um dieselbe zu einem Kriege gegen das Deutsche Reich zu veranlassen, wird wegen Landesverraths mit Zuchthaus nicht unter fünf Jahren und, wenn der Krieg ausgebrochen ist, mit lebens⸗ länglichem Zuchthaus bestraft.

§ 88.

Ein Deutscher, welcher wäͤhrend eines gegen das Deutsche Reich ausgebrochenen Krieges in der feindlichen Kriegsmacht Dienste nimmt oder die Waffen gegen das Deutsche Reich oder dessen Bundesgenossen trägt, wird wegen Landesverraths mit lebensläng⸗ lichem Zuchthaus bestraft. 8

Ein Deutscher, welcher schon früher in fremden Kriegsdienste: stand, wird, wenn er nach Ausbruch des Krieges in der feindlichen Kriegsmacht verbleibt oder die Waffen gegen das Deutsche Reich oder dessen Bundesgenossen trägt, wegen Landesverraths mit Zucht⸗ haus von zwei bis zu zehn Jahren oder mit Festungshaft von gleicher Dauer bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Festungshaft bis zu zehn Jahren ein. 8— Neben der Festungshaft kann auf Verlust der bekleideten öffent⸗ lichen Aemter sowie der aus öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte erkannt werden.

§ 89.

Ein Deutscher, welcher vorsätzlich während eines gegen das Deutsche Reich ausgebrochenen Krieges einer feindlichen Macht Vor⸗ schub leistet oder der Kriegsmacht des Deutschen Reichs oder der Bundesgenossen desselben Nachtheil zufügt, wird wegen Landes⸗ verraths mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft.

§ 90.

Lebenslängliche Zuchthausstrafe tritt im Falle des § 89 ein, wenn der Thäter 1) Festungen, Pässe, besetzte Plätze oder andere Vertheidigungsposten, ingleichen Theile oder Angehörige der deutschen oder einer verbündeten Kriegsmacht in feindliche Gewalt bringt; 2) Festungswerke, Schiffe oder Fahrzeuge der Kriegsmarine, öffentliche Gelder, Vorräthe von Waffen, Schießbedarf oder anderen Kriegsbedürfnissen sowie Brücken, Eisen⸗ bahnen, Telegraphen und Transportmittel in feindliche Ge⸗ walt bringt oder zum Vortheil des Feindes zerstört oder un⸗ brauchbar macht; 3) dem Feinde Mannschaften zuführt oder An⸗

ehörige der deutschen oder einer verbündeten Kriegsmacht ver⸗ seitet, zum Feinde überzugehen; 4) Operationspläne oder Pläne von Festungen oder festen Stellungen dem Feinde mit⸗ theilt; 5) dem Feinde als Spion dient oder feindliche Spione aufnimmt, verbirgt oder ihnen Beistand leistet, oder 6) einen Aufstand unter Angehörigen der deutschen oder einer ver⸗ bündeten Kriegsmacht erregt. In minder schweren Fällen kann auf Zuchthaus nicht unter zehn Jahren erkannt werden.

H 13. Die Beschlagnahme von Druckschriften ohne richter⸗ liche Anordnung 23 des Gesetzes über die Presse vom 7. Mai 1874) findet auch statt, wenn der Inhalt einer Druckschrift den Thatbestand einer der im § 92 Nr. 1 des Strafgesetzbuchs oder in den §§ 1, 2, 7, 8 dieses Gesetzes mit Strafe bedrohten Hand⸗ lungen begründet. 8

§ 14. Für die Untersuchung und Entscheidung in erster und letzter Instanz in den Fällen der in den §§ 1 und 3 vorgesehenen Verbrechen ist das Reichsgericht zuständig. Die Militärgerichtsbarkeit wird hierdurch nicht berührt.

In der Begründung wird ausgeführt: ““

Der Schutz, welchen das bestehende Recht gegen die Auskund⸗

schaftung und den Verrath militärischer Geheimnisse gewährt, hat sich

*

in mehrfacher Beziehung als ungenügend hergusgestellt. Die ein⸗ schlägige Bestimmung des geltenden Strafgesetzöbuchs § 92 Nr. 1 lautet: „Wer vorsätzlich Staatsgeheimnisse oder Festungspläne, oder solche Urkunden, Actenstücke oder Nachrichten, von denen er weiß, daß ihre Geheimhaltung einer anderen Regierung gegenüber für das Wohl des Deutschen Reichs oder eines Bundesstaats erforderlich ist, dieser Regierung mittheilt oder öffentlich bekannt macht,..... wird mit Zuchthaus nicht unter zwei Jahren bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Festungshaft nicht unter sechs Monaten ein.“ Diese Vorschrift zeigt zunächst den augenfälligen Mangel, daß außer der Veröffentlichung von geheim zu haltenden Dingen nur die Mittheilung derselben an eine fremde Regierung unter Strafe gestellt wird. Hierdurch werden sonstige sehr wohl denkbare Fälle des Verraths garnicht getroffen, außerdem aber ausweislich einer Reihe vor dem Reichsgericht stattgefundener Verhandlungen für den Beweis des Verbrechens oft unüberwindliche Schwierigkeiten geschaffen, da die Spionage regelmäßig durch Mittelspersonen betrieben wird die ent⸗ weder Beziehungen zu einer fremden Regierung überhaupe nicht be⸗ sitzen, oder, wenn sie solche haben, ihre Beziehungen zu der von ihnen bedienten fremden Regierung leicht zu verbergen im stande sind.

Eine noch fühlbarere Lücke des Strafgesetzbuchs liegt darin, daß es eine allgemeine Bestimmung gegen die gefährliche Thätigkeit der⸗ jenigen, welche in landesverrätherischer Absicht die . im Staats interesse geheim zu haltenden Thatsachen und Gegenstände aus kundschaften und sammeln, d. h. gegen die Spionage an sich, über⸗ haupt nicht enthält. Es kommt in dieser Beziehung, abgesehen von den nur nach Ausbruch eines Krieges anwendbaren Bestim mungen im § 89 und im K 90 Nr. 4 und 5 des Straf gesetzbuchs, nur die Vorschrift im § 360 Nr. 1 desselben in Be⸗ tracht, nach welcher mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark oder mit Haft bestraft wird: „wer ohne besondere Erlaubniß Risse von Festungen oder einzelnen Festungswerken aufnimmt oder ver⸗ öffentlicht. Daß diese Vorschrift bei ihrer beschränkten Anwendbarkeit und dem geringen Strafmaß völlig unzureichend ist, bedarf keiner weiteren Ausführung. Die Spione bleiben daher zur Zeit in der Regel straflos, sofern sie nicht des im § 92 Nr. 1 des Strafgesetz⸗ buchs vorgesehenen Verbrechens beziehentlich eines Versuchs desselben oder der Theilnahme überführt werden können.

Dieser Zustand ist unhaltbar. Es erscheint vor allem geboten, die Spionage als solche ohne Rücksicht auf ihren Zweck oder Erfolg unter Strafe zu stellen, wie es schon die frühere preußische Gesetz⸗ gebung (A. L.⸗R. Th. II Tit. 20 §§ 129 ff.) gethan hatte.

Der gegenwärtige Entwurf bezweckt, die bezeichneten Lücken des Strafgesetzbuchs dem dringendsten Bedürfniß entsprechend wenigstens insoweit auszufüllen, als es sich um militärische Geheimnisse, d. h. solche Ge⸗ heimnisse handelt, bei denen das Interesse der Landesvertheidigung in Frage steht. Auf diesem Gebiete erscheint es aber im Hinblick auf die hohen in Frage stehenden Güter erforderlich, neben dem vorsätzlichen Ver⸗ rath und dem Ansichbringen von Geheimnissen auch die fahrlässige Bloßstellung derselben und gewisse die Wahrung derselben gefährdende Handlungen vorzusehen.

Der Entwurf folgt hierin dem Vorgange ausländischer Gesetz⸗ ebungen, welche mehrfach in neuerer Zeit, dem gleichen Bedürfnisse gee nung tragend, theils in Specialgesetzen, theils bei Neucodification des Strafrechts einen erweiterten Schutz gegen den Verrath militä⸗ rischer Geheimnisse herbeigeführt haben. .

Der Entwurf läßt im übrigen die Vorschrift des § 92 des Strafgesetzbuchs unberührt, insoweit sie sich auf andere als mili⸗ tärische Geheimnisse und auf den gegen einen Bundesstaat gerichteten Landesverrath bezieht.

Statistik und Volkswirthschaft. Auswanderung und Rückkehr.

Die überseeische Auswanderung aus dem Regierungsbezirk Marienwerder ist in den Monaten August, September, Oktober sowohl im Vergleich zu der entsprechenden Zeit des Vorjahres wie im Vergleich zu den Zahlen der Monate Mai, Juni, Juli in einer erfreulichen Abnahme begriffen⸗ gewesen. Während im vergangenen Jahre 635 Köpfe und in den Monaten Mai bis Juli dieses Jahres 1307 Personen nach Amerika ausgewandert sind, belief sich die überseeische Auswanderung während der Monate August, September, Oktober d. J. auf nur 457 Personen, unter welchen 271 der deutschen und 186 der polnischen Nationalität angehörten. Daneben ist zum ersten Mal in erheblicherem Umfange eine Rückkehr Ausgewanderter aus Amerika beobachtet worden; es

sind im ganzen etwa fünfzig Personen, und zwar zur Hälfte deutscher,

zur Hälfte polnischer Nationalität, in die alte Heimath zurückgekehrt. Zur Arbeiterwohnungsfrage.

In Danzig ist im August ein Spar⸗ und Bauverein begründet worden, der eine eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht bildet und den Zweck hat, billige Arbeiterwohnungen zu bauen und zu vermiethen. Der Geschäftsantheil ist auf 200 festgesetzt. Kein Mitglied solches darf jeder unbescholtene Einwohner es Stadtkreises Danzig werden darf mehr als drei Antheile erwerben. Die Vorarbeiten zur Erwerbung von Terrain sind bereits eingeleitet, und der Magistrat hat sich bereit erklärt, Grund und Boden zu billigen Preisen ab⸗ zugeben. Es ist nicht geplant, umfangreiche Arbeitercolonien zu gründen, sondern es wird beabsichtigt, an verschiedenen Stellen Arbeiterwohnhäuser zu errichten. Die Bestrebungen des Vereins haben bereits vielfach Anklang gefunden; auch aus den Kreisen der Arbeiter sind Meldungen recht zahlreich eingelaufen. Es steht außer Frage, daß schon im nächsten Frühjahr mit dem Bau voͤn Arbeiter⸗ wohnungen begonnen werden wird.

an der westpreußischen Küste ist in erhöhtem Aufschwunge begriffen. Wenn auch schwedische Fischer den westpreußischen starke Con⸗ currenz machten, so waren doch die Erträge in diesem Jahre dauernd gute. Die günstigen Erfolge, welche die einheimischen Hochseefischer 8 während der Lachsfangperiode erzielten, haben eine größere

Anzahl von Fischern, die sich bisher zurückgehalten hatten, be⸗ stimmt, sich der Hochseefischerei zuzuwenden. Fast alle haben zur Beschaffung der erforderlichen gedeckten seetüchtigen Kutter sowie der Treibnetze Reichsdarlehne erbeten. Während in diesem Frühjahr die Zahl der westpreußischen Kutter 51 betrug, wird sie im nächsten voraussichtlich bereits 86 betragen. Um den Fischern Gelegenheit zu bieten, Boote und Netze gegen Seegefahr zu versichern, hat sich neben der au Gegenseitigkeit beruhenden, den Kreis Putzig umfassenden Kasse zu Hela und nach dem Vorbilde derselben eine zweite Kasse für die Kreise Neustadt, Danziger Höhe, die Stadt Danzig und den west⸗ lichen Theil des Kreises Danziger Niederung constituirt. Eine dritte Kasse für den östlichen Theil dieses Kreises und den Kreis Elbing ist in der Bildung begriffen. u.u““

Zur Arbeiterbewegung.

In Kiel wurde vom 11. bis 13. d. M. ein socialdemo⸗ kratischer Parteitag für die Provinz Schleswig⸗Holstein abgehalten, der, wie der „Vorwärts“ berichtet, den Beschluß faßte, die jetzt in Ottensen erscheinende „Norddeutsche Volkszeitung“ am 31. März 1893 eingehen zu lassen und an ihrer Stelle in Kiel ein

Blatt zu gründen. 8 88 wird demselben Blatte mitgetheilt, daß der bei der dortigen Firma H. Berger ausgebrochene Ausstand der Stein⸗ hauer zu Gunsten der Arbeiter beendigt wurde. (Vgl. Nr. 295 d. Bl.) Eine Brüsseler Meldung des Wolff'schen Bureaus berichtet aus Flonu: Die Arbeiter des Schachts Nr. 25 der Kohlen berg⸗ werke von Flénu weigerten sich gestern einzufahren unter der Be⸗ gründung, daß man sie zu spät wieder ausfahren lasse.

Aus Gent schreibt man der Berliner „Volksztg.“ unter dem 14. Dezember: Neue Versuche der Ar 0 am gestrige