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Das „Marine⸗Verordnungsblatt“ veröffentlicht nachstehende Allerhöchste Ordres über Uniformsabzeichen und Kriegsdienstzeit:
Ich bestimme, daß Admirale in der Stellung Meiner General⸗ Adjutanten und Meine Admirale à la suite sowie See⸗Offiziere in der Stellung Meiner Flügel⸗Adjutanten nachfolgende Abzeichen an⸗ zulegen haben: 1) In den Epauletten unter dem Anker und auf den Achselstücken Meinen Namenszug mit der Königskrone und zwar
Admirale in der Stellung von General⸗Adjutanten von Gold,
Üdmirale à la suite und Flügel⸗Adjutanten von Silber. 2) Das Achselband der General⸗Adjutanten oder Generale à la suite oder Flügel⸗Adjutanten. 3) Der in Meinem persönlichen Dienst zu tragende Galarock ist von dunkelblauem Tuch mit eckigem, usgeschnittenem Stehkragen, weißen, breit aufgeschlagenen Revers, weißen Schoßtaschenleisten und Aermelplatten mit den der Charge ntsprechenden Rangabzeichen auf den Aermeln. Der Stehkragen ist
von weißem Tuch mit einer 1,5 cm breiten, goldenen Tresse und dar⸗ unter den General⸗Adjutanten⸗ bezw. Flügel⸗Adjutanten Litzen besetzt.
Die Einfassung des Saumes des Brustrevers, der Schoßtaschenleisten,
der Sitz und die Zahl der Ankerknöpfe, die Länge und Futterung des
Rocks sind dieselben, wie bei dem Galarock der See⸗Offiziere. Neues
Palais, den 21. November 1892. Wilhelm. An den Reichskanzler eichs⸗Marineamt).
Ich bestimme: Die von der Schutztruppe für Deutsch⸗Ostafrika in der Zeit vom 22. Juni bis 17. September 1891 gegen die Wahehe und vom 16. August bis 12. September 1891 gegen die Mafiti aus⸗
führten Expeditionen gelten im Sinne des § 23 des Gesetzes, treffend die Pensionirung und Versorgung der Militärpersonen des eichsheeres und der Kaiserlichen Marine, vom 27. Juni 1871, als üe ee. für welchen den daran betheiligt gewesenen Deutschen iegsjahr insoweit zur Anrechnung zu bringen ist, als dies nicht bereits auf Grund anderweitiger Bestimmungen für das Jahr 1891 zu erfolgen hat. Neues Palais, den 5. Dezember 1892. Wilhelm. In Vertretung des Reichskanzlers: Hollmann. An den Reichs⸗
nzler Reichs⸗M
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Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Rechnungswesen, sowie die vereinigten Ausschüsse für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Handel und Verkehr hielten heute Sitzungen.
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Das „Dresdner Journal“ bringt folgende Be⸗ trachtungen über unsere Landwehr aus Anlaß der Militärvorlage:
In der Presse ist von den Vertheidigern der Militärvorlage, welche gegenwärtig den Reichstag beschäftigt, angeführt worden, daß den Landwehrtruppen nicht dasselbe zugemuthet werden könnte, wie Linientruppen und man deshalb darauf Bedacht nehmen müsse, die Feldarmee zu verjüngen. 1“
Diese Ansicht hat in den Kreisen der alten Soldaten eine leb⸗ hafte Verstimmung hervorgerufen, zum theil deshalb, weil man sie für eine Undankbarkeit gegenüber den Leistungen der Landwehr in dem letzten großen Kriege bezw. in früheren Kriegen hielt, zum anderen Theile d swegen, weil man sie dahin auslegte, daß der Landwehr weniger Opfermuth und weniger Tapferkeit zugetraut werde, als der Linie.
Hier liegt ein sehr großes Mißverständniß vor. Rückhaltlos wird von jedem Berufenen, welcher die Leistungen der Landwehr prüft, anerkannt werden: 8 8
1) die Landwehr hat dem Vaterland im Kriege die allergrößten Dienste erwiesen und 8
2) die Landwehr hat sich bei jeder Gelegenheit mit ausgezeichneter Tapferkeit geschlagen und alle ihr zugemutheten Anstrengungen mit größter Bereitwilligkeit überwunden. 1
Die Gründe, welche die verbündeten Regierungen veranlaßt haben, eine Aenderung der Webreinrichtung vorzuschlagen, liegen auf einem ganz anderen Gebiet. Man hält es nämlich .
I. für unrichtig, wenn man sofort bei Ausbruch des Krieges die Landwehr mit in die erste Linie gegen den Feind stellen muß, während sehr viele junge, fast durchgängig noch unverheirathete Männer zu Haus bleiben, welche entweder noch nicht ausgebildet sind oder bei der gegenwärtigen Friedenspräsenzstärke nicht ausgehoben und aus⸗ gebildet werden können. Vermehrt man die Friedenspräsenzstärke, wi das die Militärvorlage bezweckt, so können viel mehr zum Militär⸗ dienst Taugliche in die Armee eingestellt werden, und man braucht die Landwehr nicht sofort in erster Linie zu verwenden. Damit erreicht man aber einen weiteren Vortheil, indem 8
II. die Landwehr erst dann an den Feind geführt wird, nachdem man den Landwehrleuten Zeit und Gelegenheit gegeben hat, sich mit den Formen des Dienstes wieder vertraut zu machen und sich an Strapazen zu gewöhnen. Jeder alte Soldat weiß, daß wirkliche militärische Leistungen, wie sie der Krieg fordert, nur erreicht werden, wenn der Soldat sich in voller Uebung befindet. Das gerade ist aber bei dem Landwehrmann nicht der Fall, er ist nicht gewöhnt, die Uniform, das Gepäck und Gewehr sowie Munition zu tragen: sehr viele Landwehrleute sind infolge ihrer Thätigkeit im bürgerlichen Leben nicht mehr daran gewöhnt, stundenlang bei jeder Temperatur im Freien zu sein, Kälte oder Hitze sowie Durst zu er⸗ tragen, große Märsche zu machen, unregelmäßig zu essen und bei allen diesen Entbehrungen und Schwierigkeiten doch ihre militärischen Auf⸗
gaben zu erfüllen.
Läßt man den Landwehrleuten Zeit, den Körper wieder abzu⸗ bärten, sich an die Strapazen erneut zu gewöhnen, die militärischen Formen nach allen Richtungen hin sich wieder einzuprägen, so besteht garkein Zweifel darüber, daß sie dann werthvollere Soldaten sind, als gleich nach ihrer Einberufung bei einer Mobilmachung. Der Landwehrmann selbst muß also ebenso wie die Heeresleitung
wünschen, daß von der Landwehr erst dann ein Gebrauch vor dem
Feinde gemacht werde, wenn sie wieder den Anforderungen gewachsen ist, welche der Krieg stellt. 8 Dieser Zeitpunkt wird bei dem guten Willen dieser aleen, voll⸗ kommen ausexercirten Soldaten sehr bald eintreten und dann wird die Heeresleitung diese Truxppen mit Vertrauen und Zuversicht ver⸗ wenden können. 1 Und ist es denn nicht richtig, zuerst den unverhei⸗ ratheten Mann an den Feind zu bringen und erst in zweiter Linie den verheiratheten, den Vater von Kin⸗ dern?! Die Maßregel der Regierung in der Vorlage zur Heeres⸗ verstärkung ist daher ein Act der Gerechtigkeit. 1 In früheren Zeiten, als man nur mit der Möglichkeit zu rechnen brauchte, nach einer Seite hin Krieg führen zu müssen, konnte man die Landwehrtruppen zunächst in zweite Linie stellen und ihnen Zeit geben, die vollständige Kriegstüchtigkeit sich anzueignen; rechnet man aber mit der Möglichkeit eines Krieges nach verschiedenen Seiten, wie das immerhin jetzt nicht ganz ausgeschlossen ist, so müßten, falls der jetzige Zustand in unserer Militärorganisation weiter bestehen bliebe, die Landwehrtruppen sofort in erster Linie mit verwendet werden. So steht die Sache! — Es ist bei dieser Sachlage doch gar nicht einzusehen, wie die jetzige Militärvorlage eine Beleidigung der Landwehrleute bedeuten kann — im Gegentheil, man will durch die in Aussicht genommenen Maßregeln den vollen Wer⸗ alten Sol⸗ daten zur Geltung kommen lassen.
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Am 17. d. M. ist der Königliche Wirkliche Geheime Rath und Unter⸗Staatssecretär im Ministerium für Landwirthschaft, Domänen und Forsten, Seine Excellenz Dr. von Marcard verstorben. .
Justus Georg Eduard Marcard, geboren am 14. Dezember 1826 zu Hannover als Sohn des Hofraths Dr. Wilhelm Marcard, besuchte das Gymnasium seiner Vaterstadt und dem⸗ nächst die Universität Göttingen. Im Jahre 1851 trat er in den Königlich hannoverschen Staatsdienst und gehörte darin bis zum zurückgelegten Richtereramen dem Justiz⸗, dann dem Verwaltungsdienst an. Im letzteren war er bis 1859 bei den Aemtern zu Linden und Winsen, bei der Landdrostei und dem Consistorium zu Aurich, von 1859 bis 1866 im Ministerum des Innern als Referent und stimmführendes Mitglied angestellt, in welcher Eigenschaft er im April 1866 zum 811“ ernannt wurde. Gegen Ende des Jahres 1 als Hilfsarbeiter in das preußische Ministerium für landwirthschaftliche Angelegen⸗ heiten berufen, gehörte er diesem Ministerium seit dem 23. März 1868 als Geheimer Regierungs⸗ und vortragender Rath, seit dem 14. Januar 1873 als Geheimer Ober⸗ Regierungs⸗Rath und seit dem 7. Dezember 1874 als Ministerial⸗ Director und Wirklicher Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath an. Seit dem Jahre 1877 war er neben seiner Stellung im Mi⸗ nisterium stellvertretender Bevollmächtigter zum Bundesrath und Mitglied des Staatsraths, sowie des Gerichtshofes zur Ent⸗ scheidung der Kompetenzkonflikte. Auch war ihm viele Jahre hindurch der Vorsitz im Landes⸗Oeconomiecollegium, in der technischen Deputation für das Veterinärwesen und in der Central⸗Moorcommission übertragen. Am 26. April 1882 erfolgte seine Ernennung zum Unter⸗Staats⸗ secretär im Ministerium für Landwirthschaft, Domänen und Forsten, am 26. März 1884 zum Wirklichen Geheimen Rath. Am 5. Mai 1888 wurde er in den erblichen Adelstand erhoben. Sein König, wie mehrere Fürsten anderer deutscher Bundesstaaten ehrten ihn mit hohen Ordensauszeichnungen.
Mit seltener Begabung und tiefster Bildung des Ver⸗ standes und des Herzens einigten sich in dem Verblichenen unermüdliche Pflichttreue und umfassendstes Wissen. Der Ruf als hervorragender Arbeiter ging ihm aus der Thätigkeit in seiner hannoverschen Heimath voran. Unmittelbar nach der Uebernahme in den preußischen Staatsdienst zunächst vorzugsweise zur Be⸗ arbeitung der hannoverschen Angelegenheiten in das Mi⸗ nisterium berufen, erstreckte er seine Wirksamkeit alsbald auf die landwirthschaftlichen Verhältnisse der ganzen Monarchie. Seine Thätigkeit ist seitdem von der weittragendsten Be⸗ deutung und dem segensreichsten Erfolge für die Angelegenheiten des Ressorts des Ministeriums für Landwirthschaft, Domänen und Forsten gewesen. An den wichtigen, während seiner Amtszeit von diesem Ministerium ausgegangenen gesetz⸗ geberischen Materien hatte er einen hervorragenden und be⸗ stimmenden Antheil: hierdurch, sowie durch die erfolgreiche Umgestaltung des Veterinärwesens und der damit verbundenen Verwaltung hat er sich bleibendes Verdienst um die Landwirth⸗ schaft und das ganze Vaterland erworben. Nicht minder wichtig sind seine Verdienste um die Cultivirung der Moore, und die erste, durch seine Bemühungen in seiner Heimathprovinz in das Leben gerufene Moorcolonie führt zu seinem Andenken den Namen Marcardmoor. “
Der Entschlafene war ein Beamter im besten Sinne des Worts, voller Hingebung an König und Vaterland, von unermüdlicher Arbeitskraft und Arbeitslust, ausgestattet mit hervorragenden Eigenschaften des Geistes, ein Mann von wahrhaft edler Gesinnung. Was ihn auszeichnete und ihm die Neigung und Verehrung aller, die ihm näher getreten sind, gewann, war die Treue seines Wesens, die persönliche Anhänglichkeit an die Vorgesetzten, die seinen Werth erkannt hatten, die Gerechtigkeit und Milde im Ver⸗ kehr mit seinen Untergebenen. — Leider machte sich seit Jahren ein Lungenleiden bemerkbar, dessen Verlauf die ärzt⸗ liche Kunst zwar hemmen, aber nicht aufzuhalten vermochte und dem er nunmehr erlegen ist. Trotz dieses Leidens erfüllte der Verblichene mit unermüdlichem Fleiß und aufopfernder Hingebung sein Amt, bis in den letzten Tagen die Kräfte versagten — ein leuchtendes Beispiel der Pflichttreue bis in den Tod!
erlichen Gesundheitsamt vom 19. bis ember Mittags gemeldete Cholerafälle: “
n Hamburg eine Neuerkrankung.
Seitens des Ministers für Landwirthschaft, Domänen und Forsten ist die Einfuhr von lebenden Schweinen aus Steinbruch, Bielitz⸗Biala und Wiener⸗Neustadt über Oder⸗ berg, Dzieditz und Bodenbach in das demnächst zu eröffnende städtische Schlachthaus zu Halle a. S. vom Tage der Er⸗ öffnung ab widerruflich gestattet worden.
Der Inspecteur der 1. Cavallerie⸗Inspection, General⸗ Lieutenant von Krosigk ist von Urlaub urück gekehrt. G 8
Die Stände haben die Regierungsvorlagen in der Haupt⸗ sache erledigt. Insbesondere ist über die drei Capita propo- nenda des Landtags⸗Ausschreibens eine Einigung erzielt. Cap. I, die sogenannte ordentliche Contribution, betrifft die in ihren Beträgen feststehenden, aber alljährlich neu zu bewilligenden ordentlichen Grundsteuern. Ad cap. II, dem Etat der Allgemeinen Landes⸗Recepturkasse pro 1893/94, war ursprünglich, wie bereits erwähnt, die Erhebung von ⁄10 der außerordentlichen Contribution proponirt. Dabei waren als Ueberschuß des Jahres 1892/93 200 000 ℳ in Ein⸗ nahme gestellt. Da aber nach den neueren Mit⸗ theilungen des Reichsschatzamts die Einnahmen aus den Reichssteuern und Zöllen nicht unerheblich zurückgegangen sind und daher auf diesen Ueberschuß im laufenden Jahre nicht zu rechnen ist, so haben die Stände im Einvernehmen mit der Regierung für Mecklenburg⸗Schwerin die Erhebung von Z10 beschlossen, während es fuͤr Mecklenburg⸗Strelitz bei 10 ver⸗ bleibt. Cap. III betrifft den Etat der Großherzoglichen Friedrich⸗Franz⸗Eisenbahn pro 1. April 1893/94. Darin ist die Betriebseinnahme mit 7 054 300 ℳ, die Be⸗
triebsausgabe mit 4 511 750 ℳ eingestellt, sodaß ein Ueber⸗ schuß von 2542 550 ℳ zu dem Haupt⸗Etat ver⸗ einnahmt ist. Dazu kommen außer dem Betriebsfonds von 757 556 ℳ 24 J, sonstige Nebeneinnahmen von 250 326 ℳ, sodaß in Summa im ordentlichen Etat 3 350 432 ℳ 24 J zur Verfügung stehen. Dem steht gegenüber eine Ausgabe in gleichem Betrage zur Verzinsung des Anlagekapitals, Ver⸗ zinsung und Amortisation weiterer Anleihen, Zahlung der Annuität von 960 000 ℳ an den Landesherrn auf das Kaufgeld, sowie zwecks Abführung von 48 246 ℳ an den Sicherheitsfonds und den Betriebs⸗ fonds in die nächstjährige Rechnung. Außerordentlich sind aus Anleihe 600 000 ℳ in Einnahme und zu Bauten und zur Vermehrung der Betriebsmittel in gestellt. Die ständische Erklärung stimmt dieser Vorlage in der Hauptsache zu. Zum Bau normalspuriger Nebenbahnen von Rostock nach Sübhe⸗ Landesgrenze mit Abzweigung nach Tessin, von Schwerin nach Gadebusch und Rehna, sowie von Krivitz nach Parchim waren aus der Landes⸗Recepturkasse zahlbare, verzinsbare und amortisirbare Landeshilfen von 25 000 ℳ pro Kilometer beantragt. Für die beiden ersteren Linien sind 20 000 ℳ pro Kilometer bewilligt. Die Landeshilfe für Krivitz⸗Parchim ist abgelehnt. Die Beschlußfassung über die den Ständen vorgelegten Normativbestimmungen für die Be willigung von Landeshilfen zum Bau von Kleinbahnen ist bis zum nächsten Jahre ausgesetzt und demgemäß die be⸗ antragte Landeshilfe für eine Tertiärbahn von Stavenhagen nach Marin vorläufig abgelehnt. Erneut haben die Stände von der zum Bau einer Landes⸗Irrenanstalt bei Rostock be antragten Beihilfe von 1 000 000 ℳ nur 600 000 ℳ bewilligt, und die Regierung hat erklärt, daß sie diesen Betrag annehme und nunmehr mit dem Bau beginnen werde. 3
Gestern um 3 Uhr ist der Landtag geschlossen worden, nachdem die noch bestehenden Differenzen, betreffend den Eisenbahn⸗Etat, erledigt bezw. zu weiterer Verhandlung mit dem engeren Ausschuß verwiesen sind. Die in dem ab⸗ eminderten Betrage von 20 000 ℳ bewilligten Landeshilfen für die neu zu erbauenden Eisenbahnlinien hatte die Regierung unter der Bedingung angenommen, daß von den Kosten der durch den Bau der neuen Linien nothwendig werdenden Er⸗ weiterung einzelner Bahnhöfe ein Betrag von 212 000 ℳ auf die Landes⸗Recepturkasse übernommen würde. Diese Bedingung hat die Ritterschaft abgelehnt, die Landschaft angenommen.
Braunschweig.
Seine Königliche Hoheit der Prinz Albrecht von Preußen, Regent des Herzogthums Braunschweig, ist Sonn abend Nachts von den Hofjagden in Letzlingen mittels Sonder zugs nach Braunschweig zurückgekehrt. Ihre Königlichen
Albrecht sind in Begleitung des Majors von Katzler zu einem mehrwöchigen Aufenthalt daselbst eingetroffen. 8*
Sachsen⸗Altenburg.
Der Landtag hat der „Magd. Ztg.“ zufolge seine Zu stimmung zu der Verlegung des Bußtags auf den Mittwoch vor dem letzten Trinitatis⸗Sonntag unter der Vor aussetzung gegeben, daß die erstrebte Einigung mit den nord deutschen Landeskirchen über die Feier eines einheitlichen Buß⸗ und Bettags im wesentlichen erreicht wird.
Anhalt.
Ihre Durchlauchten der Fürst und die Fürstin von Schwarzburg⸗Sondershausen sind zum Besuch des Herzoglichen Hofes in Dessau eingetroffen und gedenken wäh⸗ rend des Weihnachtsfestes daselbst zu verweilen.
Schaumburg⸗Lippe. Ihre Durchlauchten der Fürst und die Fürstin haben Kirchdorf gestern verlassen und die Rückreise nach Bückeburg angetreten. 1 8 8
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Oesterreich⸗Ungarn.
Die böhmische Abgrenzungs⸗Commission hat, wie das „Prager Abdbl.“ berichtet,
auf Errichtung eines Kreisgerichts in Trautenau, das 156 810 Einwohner mit deutscher und 3147 Einwohner mit böhmischer Umgangssprache umfassen würde, angenommen.
Frankreich.
Das „Journal officiel“ von heute publicirt eine Ver⸗ fügung, wonach die Blockade der Küste von Dahomey aufgehoben ist. “
Die Deputirtenkammer hat gestern, wie „W. T. B. berichtet, mit 261 gegen 246 Stimmen die Erhöhung der Alkoholsteuer auf 254 Fr. sowie die Erhöhung der Erbschafts⸗ steuer angenommen. 3 — “
Die Budgetcommission hat gestern die Vorschläge ein⸗ gebracht, mittels deren der Ausfall, der durch den Wegfall einer Erhöhung der Licenzsteuer, sowie durch Nichteinführung einer Börsensteuer entstehen würde, compensirt werden soll.
Der Deputirte Jumel hat auf Wunsch des Kriegs⸗Ministers de Freycinet darauf verzichtet, die Regierung wegen der Veröffentlichung des Briefes von Löwe an Boulanger zu interpelliren. “
Die Panama⸗Untersuchungscommission vernahm gestern den Deputirten de Soubeyran, der zugab, 27 000 Fr. als Syndikatsgewinn erhalten zu haben, sowie den Liquidator der Panama⸗Gesellschaft Monchicourt, der mehrere wenn auch wenig genaue Auskünfte über die für Veröffentlichungs⸗ und Emissionszwecke namentlich an Reinach geflossenen Geldbeträge ertheilte. Monchicourt fügte hinzu, die Administratoren der Panama⸗Gesellschaft hätten zu wieder⸗ holten Malen über die Forderungen Reinach’s Klage geführt. ö wird der ehemalige Polizei⸗Präfect Andrieux ver⸗ nommen werden. 1 1 3 8
Dem „Figaro“ zufolge sollen bei der gestern in den Bureaus der „Banque franco⸗égyptienne“ vorgenommenen Haussuchung sichere Anzeichen für die estech 98 mehrerer Parlaments⸗Mitglieder in die Hand 8 Untersuchungsrichters gelangt sein. Unter den 88 ag⸗ nahmten Papieren sollen sich diejenigen des verstorbenen 82 Crémieux befinden, der als Agent für die Panama⸗Geselschaft thätig war. Es verlautet von neuen, für den heutigen Vor⸗
mittag beabsichtigten Haussuchungen und Verhaftungen.
Hoheiten die Prinzen Friedrich Heinrich und Joachim
g in ihrer gestrigen Sitzung die vorliegenden Anträge der Referenten, darunter den Antrag⸗
Italien.
In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer
brachte die Regierung, wie „W. T. B.“ meldet, einen Gesetz⸗ entwurf ein, durch den die provisorische Handhabung der⸗ jenigen Budgetvoranschläge für 1892/93 bis zum 28. Fe⸗ bruar 1893 verlängert wird, die seitens des Parlaments bis zum 31. d. M. nicht genehmigt sein sollten. Der Deputirte Roux legte den Bericht der Com⸗ mission zur Vorberathung des Gesetzentwurfs über die Emissionsbanken vor. Der Handels⸗Minister brachte darauf einen Gesetzentwurf ein, wonach den Emissionshäusern gestattet wird, bis zum 31. März 1893 Bankbillets zu dem gesetzlichen Curse auszugeben, und beantragte die Dringlichkeit fuͤr die
Berathung. Der Minister⸗Präsident Giolitti erklärte unter
lebhaftem Beifall, die Regierung halte die in dem Gesetz über die Emissionsbanken aufgestellten Vorschläge aufrecht, acceptire indeß einige von der Commission vorgenommene Amendements. Da es dem Parlament an Zeit fehle, die Vorlage gründlich zu prüfen, so schlage er (Giolitti) die kurze Verlängerung von drei Monaten vor, während welcher Zeit die Regierung die Emissionshäuser sorgsam überwachen lassen werde, um alsdann vor der Berathung des Gesetzentwurfs der Kammer die Resultate der Beobachtung vorzulegen.
Spanien. Niach einer dem „Heraldo“ zugegangenen Depesche wäre die Kaiserin von Oesterreich incognito an Bord des Dampfers „Miramar“ in Palma auf der Insel Majorca
eingetroffen.
Der Ministerrath soll dem „W. T. B.“ zufolge be⸗ schlossen haben, die Verlängerung der Concession für den Ebrokanal zurückzunehmen. Von dem „Imparcial“ wird die Angelegenheit des Ebrokanals als ein Panamakanal im kleinen SeSe
Rumänien.
Die „Times“ meldet aus Bukarest, der Vertrag, nach welchem die Prinzessin Marie von Edinburg infolge ihrer bevorstehenden Vermählung mit einem katholischen Prinzen auf ihre Thronfolgerechte in Großbritannien ver⸗ zichte, sei bereits unterzeichnet. Die Kinder des Thronfolgers und der Prinzessin Marie von Edinburg würden im Glauben der orthodoxen Kirche erzogen werden. Der König beabsichtige, am 1. Januar zu den Vermählungsfeierlichkeiten nach Sigmaringen abzureisen. 1
Bulgarien.
In der gestrigen Sitzung der Sobranje wurde, wie „W. T. B.“. meldet, der Commissionsbericht über den Gesetz⸗ entwurf, wegen Aenderung der Verfassung vor⸗ gelegt. Er enthält eine geringfügige Aenderung des Art. 38. In diesem Artikel, der von der Religion des Fürsten handelt, sollen die Worte: „der erste gewählte Fürst“ ersetzt werden durch die Worte: „der Fürst, welcher infolge seiner Wahl den bulgarischen Thron besteigt“. Die übrigen Artikel bleiben unverändert. Bei der zweiten Lesung bekämpfte besonders der ehemalige Minister Tontscheff die Aenderung des Artikels 38, da sie unnöthig und gefährlich sei, auch die Position des Fürsten erschüttern könne. Auch die Blätter der Bulgarien freundlich gesinnten Staaten hätten sich gegen diese Modification ausgesprochen; ebenso bestehe eine Oppo⸗ sition seitens der Geistlichkeit. Der Minister⸗Präsident Stam⸗ buloff hob hervor, nicht die Gleichheit der Religion, sondern die rühmenswerthen persönlichen Eigenschaften des Fürsten hätten ihn beliebt gemacht. Der Minister verwies ferner auf Rumänien und hob hervor, wenn die orthodoxe Religion die Entwickelung Bulgariens verbürge, so hätte Bulgarien schon längst den Kaiser von Rußland zum Fürsten wählen müssen. Der bulgarische Exarch habe nicht gegen die Abänderung der Verfassung protestirt, sondern nur die Berathung der Aenderung des Artikels der Verfassung durch die Synode verlangt. Endlich wolle die Nation Die Verehelichung des Fürsten, und dies sei der Zweck des Gesetzentwurfs. Auf die Bemerkung des ehe⸗ maligen Ministers des Auswärtigen Stransky, daß bei der Proclamirung der Unabhängigkeit der Titel des Fürsten neuer⸗ dings geändert werden müsse, antwortete Stambuloff, er hoffe auc, daß die Proclamirung der Unabhängigkeit Bulgariens eines Tages erfolgen werde. Allein er denke nicht an die Proclamirung der Unabhängigkeit, er vertheidige die Integrität des türkischen Reichs, weil jede Verletzung der bulgarischen Grenzen ein Angriff gegen die Türkei sein würde. Der⸗Gesetz⸗ entwurf wurde von der Sobranje mit allen gegen dreizehn Stimmen in zweiter und dritter Lesung unter lebhaftem Beifall angenommen.
Schweden und Norwegen.
(F) Der neu ernannte Marine⸗Minister Christerson, der gleichzeitig zum Contre⸗Admiral befördert wurde, ist nach der „Post⸗ och Inr. Tidn.“ am 2. Oktober 1833 in Carls⸗ krona geboren und wurde im Jahre 1853 Second⸗Lieutenant in der Marine. Vom Jahre 1866 an diente er in der Scheeren⸗Artillerie, trat aber am 1. Oktober 1873 wieder zur Flotte über. Er diente in der französischen Marine und war im Jahre 1868 nach Frankrei commandirt, um die Verbesserungen im Seekriegsmaterial kennen zu lernen. Vor zehn Jahren hatte er den Schieß⸗ versuchen in Spezia beizuwohnen und sich in Deutschland, Frankreich und England mit Detailfragen, betreffend das Ar⸗ illeriematerial, bekannt zu machen. Im Jahre 1889 wurde er zum Commandeur befördert.
Der Contre⸗Admiral F. W. von Otter, ein Bruder des saadcchrerräehe Marine⸗Ministers, ist zum Vice⸗Admiral der chwedischen Flotte befördert worden.
Das „Svenska Telegrambyran“ bezeichnet die Meldung von einer bevorstehenden größeren Anleihe für militä⸗ rische Zwecke als völlig unbegründet.
Dänemark. In der Sitzung des Folkethings vom 17. d. M. brachte der Finanz⸗Minister zu dem diesjährigen Etat in Höhe von 13 ½ Millionen Kronen ein. Etwa 10 Millionen hiervon betreffen, wie den „Hamb. Nachr.“ mitgetheilt wird, dieselben Posten, die bereits in früheren Reichstagssessionen bewilligt, aber nicht verbraucht worden sind. .“
Afrika.
wird aus Kairo gemeldet, daß die
5 Der „Times Handelsrouten von Suakin nach Berber und Tokar
wiedereröffnet worden seien. Osman Digma soll seine 1nF ütion nach der Richtung auf Kassala verlegt haben nd daselbst Verstärkungen erwarten. 8
Ueber den in englischen Blättern neuerdings wiederum
todtgesagten Emin Pascha wird der Sansibar vom 20. November geschrieben: Soeben hier eingegangenen sicheren Nachrichten zufolge ist die von englischer Seite gemeldete Ermordung Emin Pascha's am Ituri⸗ fluß, einige Tagemärsche von Mozamboniland, auf einen Irrthum zurückzuführen. Nicht Emin Pascha ist daselbst ermordet worden, sondern ein Mitglied der belgischen Expedition unter Delcommune's Führung. Emin ascha befindet sich (wie vorauszusehen war) auf dem Marsche nach dem TCongofluß, und zwar hat er die Stanley'sche Route von 1888 und 89 ein⸗ geschlagen. Vom Albert Njanza ist er nach Ibwiri (nördlich vom oberen Iturifluß), westwärts über den Iturifluß nach Ugarrowwa gegangen. Emin Pascha, der ja von jeher nicht nur mit den Einaeborenen jedes Landestheils gut auskam, sondern auch fast durchgängig mit den Arabern auf sehr gutem Fuße stand, hat mit dem arabischen Sklavenjäger Rumaliza „Blutsfreundschaft“ geschlossen, resp. aus Selbsterhaltungstrieb schließen müssen. Rumaliza, oder Mobamed⸗ben⸗Alfau, war früher⸗- der von Deutschland bestätigee Wali von Udschidschi und machte von Anfang an kein Hehl daraus, wie er über Skavenhandel dachte. Dieser Rumaliza nun ist Derjenige, dem wir obige erfreuliche Meldung zu verdanken haben; und daß er gut unterrichtet sein muß, geht daraus hervor, daß er es nämlich selbst war, unter dessen und seiner großen Bande Schutz Emin Pascha mit seinem Häuflein bis nach Ugarrowwa glücklich kam. Rumaliza, der bekanntlich im letzten Frühjahr seine Raubzüge nach dem oberen Congo ausgedehnt hatte, benutzte das Zusammentreffen mit Emin und den Anschluß seiner Horde an dessen Expedition, um als ein friedlicher Karawanenführer, ohne Furcht bei den Eingeborenen zu erregen, möglichst genaue Umsicht nach Opfern zu halten. Das that er von Ibwiri bis Ugarrowwa. Hier gab er dem Pascha sichere Führer, und dieser brach Ende April auf, um über Mupe, Bonalyva, Jambuya (am Aruwimi) den Congo zu erreichen. Rumaliza soll im Besitze mehrerer Briefe ꝛc. Emin’s sein, um diese nach der deutschen Küste befördern zu lassen. Ob in diesen die Bestätigung der angeblich Rumaliza anvertrauten Aeuße⸗ rung Emin’s: „Emin beabsichtige, seine Dienste dem Congostaat an⸗ zubieten“, enthalten ist, bleibt abzuwarten; jedenfalls müßte man von der Vertrauensseligkeit Emin’s überrascht sein. 8
„Nat.⸗Ztg.“ aus
Parlamentarische Nachrichten.
Im 4. Aachener Landtagswahlbezirk (Geilen⸗ kirchen, Heinsberg, Erkelenz) ist an Stelle des Gutsbesitzers, Hauptmanns a. D. von Monschaw, der sein Mandat nieder⸗ gelegt hat, Amtsgerichts⸗Rath Schmitz zu Erkelenz (Centrum) mit 269 Stimmen zum Mitgliede des Hauses der Ab⸗ geordneten gewählt worden. Landrath Dr. Gehle zu Erkelenz hat 1 Stimme erhalten. 1
— Der Stadtrath Lange in Liegnitz, Mitglied des Reichs⸗ tags und des Hauses der Abgeordneten für den Wahl⸗ kreis Liegnitz⸗Goldberg⸗Haynau, ist am 15. d. M. in Breslau gestorben. 2 — Beiden Häusern des Landtags sind von dem Minister für Handel und Gewerbe „Nachrichten von der Ver⸗ waltung der preußischen Staats⸗Bergwerke, Hütten und Salinen währsend des Etatsjahres 1891/92“ zugegangen.
— Die communal⸗finanzstatistischen Tabellen, welche, wie gestern erwähnt, dem Hause der Abgeordneten vorgelegt worden sind, beziehen sich a. auf die preußischen Stadtgemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern, deren Zahl 205 beträgt, b. auf 421 Stadtgemeinden unter 10 000 Einwohnern und c. auf 967 Land⸗ gemeinden.
De zu a. genannten 205 Stadtgemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern enthalten eine Seelenzahl von 8 297 000; es kommen in ihnen auf: an directen Staats⸗Realsteuern, und zwar an Grundsteuer: 1 053 333 ℳ, an Gebäudesteuer: 23 684 530 ℳ, an Gewerbesteuer: 12 309 384 ℳ, zusammen an Staats⸗Realsteuern über⸗ haupt 37 047 247 ℳ; dagegen an Gemeinde⸗Realsteuern — theils durch Zuschläge, theils durch besondere Realsteuern — 31 463 272 ℳ = 84,93 % der Staats⸗Realsteuern. An Staats⸗Einkommensteuer kommen in diesen Ge⸗ meinden auf: 79 595 567 ℳ, an Gemeinde⸗Einkommensteuer — theils durch Zuschläge, theils durch besondere Einkommensteuer — 99 958 220 ℳ = 125,58 % der Staats⸗Einkommensteuer. Bei Ueber⸗ weisung der Staats⸗Realsteuern an die Gemeinden könnte sich also die Gemeinde⸗Einkommensteuer vermindern (99 958 220 ℳ — 37 047 247 ℳ) auf 52 910 973 ℳ, sodaß dieser Restbetrag an Ge⸗ meinde⸗Einkommensteuer sich auf 79,04 % der Staats⸗Einkommen⸗ steuer berechnen würde.
In den zu b genannten 421 Stadtgemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern, die 1 782 939 Einwohner haben, kommen an directen Staats⸗Realsteuern 4 565 063,35 ℳ, an Gemeinde⸗ Realsteuern 2 561 406,74 ℳ = 56,11 % der Staats⸗Realsteuern auf; ferner an Staats⸗Einkommensteuer 6 702 169,32 ℳ, an Gemeinde⸗Einkommensteuer 11 039 957,31 ℳ = 164,72 % der Staats⸗Einkommensteuer. Bei Ueberweisung der Staats⸗ Realsteuern könnte die Gemeinde⸗Einkommensteuer sich vermindern (11 039 957,31 ℳ — 4 565 063,35 ℳ) auf 6 474 893,96 ℳ, d. h. auf 96,61 % der Staats⸗Einkommensteuer.
In den zu c. genannten 967 Landgemeinden, deren Einwohnerzahl 1 200 000 beträgt, kommen an directen Staats⸗Realsteuern 3 233 967,05 ℳ, an Gemeinde⸗Realsteuern 2 616 234,34 ℳ = 80,90 % der Staatsrealsteuern auf; ferner an Staats⸗Ein⸗ kommensteuer 3 210 579,28 ℳ, an Gemeinde⸗Einkommen⸗ steuer 5 069 517,27 ℳ = 157,90 % der Staats⸗Einkommensteuer. Bei Ueberweisung der Staats⸗Realsteuern könnte sich also die Ge⸗ meinde⸗Einkommsteuer auf 1 835 550,22 ℳ, d. h. auf 57 17 % der Staats⸗Einkommensteuer vermindern.
Für die in Betracht kommenden Städte und Landgemeinden des ganzen Staates, die zusammen 11 280 139 Einwohner zählen, ergiebt sich ein Aufkommen an Staats⸗Realsteuern von 44 846 277,40 ℳ, an Gemeinde⸗Realsteuern 36 640 913,08 ℳ = 81,70 %, an Staats⸗Einkommensteuer 89 508 315,60 ℳ, an Gemeinde⸗ Einkommensteuer 116 067 694,58 ℳ%ℳ = 129,67 %. Bei Ueberweisung der Staats⸗Realsteuern könnte sich die Gemeinde⸗ Einkommensteuer auf 71 221 417,18 ℳ, d. h. auf 79,57 % der Staats⸗ Einkommensteuer vermindern.
Kunst und Wissenschaft.
Im Verein für deutsches Kunstgewerbe wird am nächsten Mittwoch Hekr Baumeister Wolffenstein die ausgestellten Wettarbeiten der Monatsconcurrenz (Entwurf für ein Briefschränkchen) besprechen. Gleichzeitig soll eine Ausstellung von Originalskizzen für Möbel stattfinden. Die Sitzung beginnt um. 8 Uhr Abends im großen Saale des Architektenhauses. Gäste sind willkommen.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.
1 9 Cholera. Der Reichs⸗Commissar für die gesundheitliche Ueberwachung des Elbe⸗Stromgebiets Freiherr von Richthofen hat folgendes Schreiben an den Berliner Magistrat gerichtet: „Nachdem in⸗ folge des Erloschenseins der Cholera⸗Epidemie im Stromgediet der
Elbe die zur gesundheitspolizeilichen Ueberwachung des Schiffabhrts⸗ verkehrs auf der Elbe und sämmtlichen mit 1 in Ver⸗ bindung stehenden Fluß⸗ und Kanalwegen errichteten ärztlichen Controlstationen nunmehr aufgehoben worden sind, möchte ich es nicht unterlassen, dem Magistrat meinen aufrichtigen und verbind⸗ lichsten Dank für das bereitwillige wohlwollende Entgegenkommen und die wirksame Unterstützung, welche Wohlderselbe meiner Amts⸗ thätigkeit sowie derjenigen der betreffenden mir zugetheilt gewesenen Sanitäts⸗Offiziere gewährt hat, hierdurch ganz ergebenst auszu⸗ sprechen. Zugleich bitte ich den Magistrat, den Ausdruck dieses Dankes auch den sämmtlichen Wohldemselben unterstellten, vorliegen⸗ den Falls in Betracht kommenden Behörden und Beamten gewogent⸗ lichst übermitteln zu wollen 1
Thegter und Musik.
Lessing⸗Theater.
Gestern Abend wurde von der italienischen Gesellschaft Victorien Sardou's „Odette“ mit Frau Eleonora Duse in der Titel⸗ rolle gegeben. Die Tragödie der untreuen Gattin, die schließlich das Glück ihres Kindes mit dem Opfer ihres unreinen Lebens erkauft und dadurch zugleich ihre Schuld sühnt, erschien durch die Darstellung der Frau Duse von allen krassen äußerlichen Effecten gereinigt und gleichsam in eine reinere Atmosphäre erhoben. Die große Seele, die in der Künstlerin lebt, überträgt sich auf ihre Bühnengestalten: sie leuchtet durch das dunkle Gewölk sittlicher Gesunkenheit als der göttliche Funke der Menschenwürde. Trotzig, Auge in Auge, gesteht sie dem Gatten ihre Schuld ein; aber noch, als der Gatte sie zum Hause hinaus⸗ jagt, flammt es stolz in ihrem Antlitz auf. Im dritten Act erwuchs das Wiedersehen dieser zwei im Haß auseinander gegangenen Menschen zu einer ganz ungewöhnlich großen Kunstleistung, durch welche die Darsteller, Frau Duse und Herr Ando, in die allererste Reihe unter ihren Fachgenossen aufrücken. Die trotzige, stolze Abwehr aller An⸗ erbietungen des Gatten, um der Tochter willen auf den Namen der Gräfin von Clermont zu verzichten, verhärtete die Züge ihres Ge⸗ sichts und stählte die geschmeidigen Bewegungen ihres Körpers; Has sprüht auf den Mann, der der Mutter ihr Kind versagt, die Mutter⸗ liebe in ihr getödtet hat; wie ersterbend bricht sie zusammen, als der Vater ihr erklärt, das Kind betrauere seine Mutter als eine Todte; mit bebenden Lippen und sehnsüchtigen Augen fleht sie um eine Stunde des Mutterglücks; unerkannt will sie der Tochter nahen, und ein Jauchzen entguillt ihren Lippen, als es ihr zugesagt wird. In diesem Kampf um das Glück der Tochter trat auch die ungewöhnliche, ebenso starke wie ein⸗ fache Gestaltungskraft des Herrn Ando ergreifend hervor. Ver letzte Act bringt die große Scene, in der Odette ihre Tochter wiedersieht. Zuerst spricht lautloses Staunen aus den dunklen Augen der Mutter, das erst langsam und allmählich in liebevolles zärtliches Verlangen hinschmilzt; das unterdrückte Aufjubeln und das zurückgehaltene Schluchzen bebt durch den zarten Körper, offenbart sich in dem ge⸗ waltsam gefesselten Spiel der Hände, die sich nicht nach der Tochter auszustrecken wagen; das unbewußt ausgesprochene Urtheil der Tochter über eine fündige Mutter läßt ihre Züge auf Augenblicke in Furcht und Entsetzen erstarren, um darauf um so sehnsüchtiger auf die nun erst ganz für sie verlorene Tochter zu blicken. Der endliche Abschied, das rührende Hingleiten der Mutterhände über die liebe Gestalt der Tochter, der sehnsüchtige Jammer der glühenden Augen bannte die Zuschauer gleichsam zauberisch. — Nach solchen Leistungen ist es dem Kunstfreund doppelt schmerzlich, daß die geniale Darstellerin sich in keiner großen Rolle einer echten Tragödi gezeigt hat, von der das französische Sittendrama doch immer nur eine defecte Abart bildet.
Im Residenz⸗Theater finden heute und morgen die beiden letzten Vorstellungen des Schwankes „Im Pavillon“ (Le parfum) statt, am Donnerstag geht zum ersten Male Alerandre Bisson’'s „Familie Pont⸗Biquet“ in Scene.
Die Direction des Kroll'schen Theaters theilt mit, daß in dem Zustande des Sgr. Stagno die Aerzte wider Erwarten eine schnellere Heilung in Aussicht gestellt haben, sodaß man hoffen kann, den Künstler noch im Laufe dieses Monats wieder auf der Bühne erscheinen zu sehen.
Im Thomas⸗Theater werden von den „Münchenern“ an beiden Weihnachts⸗Feiertagen Nachmittags⸗Vorstellungen zu halben Preisen veranstaltet, und zwar wird am ersten Feiertag „Der Herr⸗ gottschnitzer von Ammergau“ und am zweiten Feiertag „Almenrausch und Edelweiß“ gegeben. Die für die Feiertage in Aussicht ge⸗ nommene Neuheit „Die Wildkatz’“ muß noch zurückgestellt werden; dafür bereitet Director Hofpauer die Bauernposse „Der Nothhelfer“ vor, die beim letzten Gastspiel trotz ihrer beifälligen Aufnahme nur zwölf Mal aufgeführt werden konnte. Director Hofpauer wird, wie früher, die Hauptrolle geben. 8
Im Theater Unter den Linden wird mit der Durchführung des neuen Spielplans bereits an den Weihnachtsfeiertagen be⸗ gonnen, an denen die neue einactige Operette „Das Modell“, Text von Kahlenberg, Musik von Fall, gleichzeitig mit dem großen Haß⸗ reiter⸗Regel'schen Ausstattungs⸗Ballet „Die Sirenen⸗Insel“ zur ersten Aufführung gelangt. Der Vorverkauf von Karten zu diesen Vor⸗ stellungen hat bereits heute an der Tageskasse des Theaters begonnen. — Für die Hauptrolle in der gleichfalls für dieses Theater erworbenen neuen Operette „Lachende Erben“ ist zu einem Gastspiel, vom 15. Ja⸗ nuar 1893 ab, die Operettensängerin Fräulein Pohlner vom Stadt⸗ Theater in Brünn verpflichtet worden.
Für die Weihnachtsfeiertage hat das Neue Theater folgenden Spielplan festgestellt: Sonntag, 25. Dezember, findet die erste Auf⸗ führung von „Der verlorene Sohn“, Schauspiel in vier Aufzügen von Felix Philippi, statt; Montag und Dienstag: „Der verlorene Sohn’. Als Nachmittags⸗Vorstellung zu halben Preisen geht am Sonntag „Die Liebeshändlerin“, am Montag „Durch die In⸗ tendanz“ in Scene.
In dem morgen im Concerthause stattfindenden Fest⸗Concert wird Hof⸗Musikdirector Bilse mehrere eigene Compositionen wie die „Jubiläums⸗Fanfare“ (neu), „Schlesische Lieder“ für zwei Solo⸗ Violinen und Orchester und „Die Fürstensteiner“, Tongemälde in Form eines Walzers, unter persönlicher Leitung zur Aufführung bringen. Herr Kapellmeister Meyder hat eigens zu diesem Fest einen Jubiläums⸗Marsch componirt, mit welchem das Fest⸗Concert eröffne wird. Das Programm wird ferner Werke von Lortzing, Liszt, Weber Rossini, Wazner und Soli für Violine (Herr Carnier), Cello (Her Smidt) und Cornet à Piston (Herr Steffens) enthalten.
An dem großen, zur Linderung der Nothstände in Rir dorf' stattfindenden Wohlthätigkeits⸗Concert in der Philharmonie am 26. Januar 1893 wird außer dem Königlichen Hof⸗Kapellmeiste Herrn Sucher sowie seiner Gattin Frau Rosa Sucher und den Kammersänger Herrn Paul Bulß auch Frau Emilie Herzog von de Königlichen Hofoper sich betheiligen. “ v
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der am 16. und 17. d. M. in der Kolbitz⸗Letzlinge Haide abgehaltenen Königlichen Hofjagden.
Zwei am 16. in den Oberförstereien Kolbitz (Forstmeister Zinnius) und Planken (Forstmeister Bekuhrs) verrichtete Lap jagen mit Abstellung im hohen Zeuge, ersteres mit ein⸗, letzteres mit zweiseitigem Lauf für die Allerhöchsten und Höchsten He schaften, hatten das Ergebniß von 89 Schauflern, 151 Stück Damwild und 5 Sauen; die beiden am 17. in der Obe försterei Letzlingen (Forstmeister Axt) vorgesehenen Triebe, eine Suche mit der Findermeute auf Sauen im abgestellten District und ein Lapptreiben auf Damwild mit Abstellung in Tüchern