1892 / 306 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 27 Dec 1892 18:00:01 GMT) scan diff

Boden, theils in der Luft operiren und zu farbenreichen Bildern, Tänzen und allerhand anderen geschmackvollen Arrangements vereinigt werden. Die malerischen Gruppirungen und farbenprächtigen Costüme gewähren einen imposanten Eindruck, der durch die wahrhaft hervorragenden Kunstleistungen der Signora Elia Wund des Signor Poggiolesi noch gehoben und würdig gekrö Die kurze Dauer des Ballets ist eine Annehm⸗ wan keiner Stelle wird man von Langerweile geplagt, die Aus⸗ stattung ist durchweg glänzend und alles Sehenswerthe concentrirt sich auf den Zeitraum von einer Stunde, die hinreicht, um uns einen ge⸗ nügenden Einblick in das Reich der Traum⸗ und Märchenwelt zu ver⸗ chaffen. Die Musik freilich hat keine besonderen Reize, der choreographische Theil wirkt für sich allein. Neben dem Ballet wird der schon seit einiger Zeit auf dem Repertoire stehende Schwank „Das Baby“ gegeben, der zwar nicht viel Geist verräth, aber doch zum Lachen stimmt, und außerdem präsentirt sich der amerikanische Prestidigitateur Mr. Imro Fox mit seinen in der That außer⸗ gewöhnlichen und staunenswerthen Taschenspieler⸗Kunststücken. 1 Neues Theater.

Das Neue Theater brachte als Weihnachtsgabe ein vieractiges

Schauspiel von Felix Philippi „Der verlorene Sohn. Das Stück, das unter diesem dem Bibelgleichniß entlehnten Titel das selbstbereitete Schicksal eines jungen bürgerlichen Cavallerie⸗Offiziers behandelt, der sich durch Spielschulden ruinirt, dann reuig dem Vater Beichte ablegt und seinen Abschied nimmt, um in der vpäterlichen Fabrik die Schulden abzuarbeiten, ist innerlich unwahr, halb morali⸗ sirendes, rührseliges Volksstück, halb grobkörnige Posse. Es würde sich kaum verlohnen, kritisch auf das Stück einzugehen, wenn die verzerrte Zeichnung des Charakters der Hauptperson und seiner Kameraden nicht deshalb bedenklich erschiene, weil sie darauf angelegt ist, den Offiziers⸗ stand im allgemeinen herabzusetzen und als einen Stand von Nichts⸗ thuern zu dem Arbeiterstande in Gegensatz zu bringen. Der Ver⸗ fasser muß sehr veraltete Vorstellungen haben über das Maß von Thätig⸗ keit, die heute von einem Offizier verlangt wird. Das Feiertags⸗ Publikum schien die Absicht des Verfassers zu durchschauen, wollte sich aber offenbar die Stimmung nicht verderben lassen. Es er⸗ kannte die zum theil recht wohlgelungene Darstellung bereitwillig an, blieb aber den ganzen Abend über lau und behandelte den Autor so kühl, daß es nicht zu einem einzigen Hervorruf kam. Die vorzügliche Inscenirung, wch⸗ der als früherer Leiter des Victoria⸗Theaters hier noch wohlbekannte Regisseur Herr Emil Hahn besorgt hatte, wäre einer besseren Aufgabe angemessener ge⸗ wesen; der zweite Act mit der Spiel⸗Scene war im Ensemble wie im einzelnen musterhaft arrangirt und wurde auch, von der Karikirung einzelner Figuren abgesehen, vorzüglich und äußerst spannend gespielt. Herr Hahn erntete denn auch verdientermaßen die Hauptehren des Abends, die ihm überdem als vortrefflichem Darsteller der Rolle des Vaters, des schwergeprüften Geheimen Commerzien⸗Raths und Clavier⸗ fabrikanten Engelhard zukamen. Neben ihm gebührt noch dem Dar⸗ steller der schwierigen, undankbaren Rolle des verlorenen Sohns, Kurt Engelhard, Herrn Seldeneck, sowie der seines Kameraden von Kirchbach, Herrn Vorwerk, ferner den Damen Fräulein Wert⸗ heim (Schwester Kurt's) und Fräulein Schweighof er (Martha, Tochter des Procuristen Oppermann) Anerkennung.

Oscar Blumenthal hat den Gastspielvertrag mit dem Wallner⸗ Theater, der ursprünglich nur bis zum 31. d. M. währen sollte, noch auf einige Wochen verlängert. Jedoch wird in Zukunft der Spielplan der beiden Bühnen streng von einander gesondert fein. Nur zwei Stücke aus dem Besitz des Lessing⸗Theaters werden auch im Wallner⸗Theater zur Aufführung kommen, nämlich der Schwank „Die Orientreise“ und das Schauspiel „Der Fall Clémenceau“. Im übrigen wird das Wallner⸗Theater seinen Ueberlieferungen gemäß der Aufführung von heiteren Neuheiten gewidmet sein, mit deren scenischer Vorbereitung schon heute begonnen wird.

Im Thomas⸗Theater wird im Januar die kurze Zeit zwischen dem Schluß des Gastspiels der Münchener Gesellschaft und dem Beginn des Wiener Possen⸗Ensembles von Graselli durch ein Gastspiel der hier bereits bekannten⸗ Künstlerin Fräulein Preciosa Grigolatis ausgefüllt werden. Sie bringt als Neuheit ein fliegendes Ballet „Das Märchen der blauen Grotte“ mit, das bereits am 11. Dezember im Königlichen Schauspielhaus in Potsdam mit Erfolg aufgeführt worden ist.

Die Direction des Concerthauses veranstaltet morgen einen „Schubert⸗Beethoven⸗Mozart⸗Abend“. Das Programm wird Schubert's Ouverture zu „Rosamunde“, die unvollendete Symphonie Nr. 8, Beethoven's Symphonie Nr. 6 (Pastorale), Mozart's Türkischen Marsch, die Ouverturen zur „Zauberflöte“, zu „Figaro's Hochzeit“ u. s. w. enthalten. Wie alljährlich, so findet auch diesmal im Con⸗ certhause am 31. Dezember (Sylvester) ein Familien⸗Ballfest statt. 8 werden im Bureau des Hauses und an der Abendkasse aus⸗ gegeben.

Das Programm des nächsten vierten Quartettabends der Herren S Jos. Joachim u. Genossen am Donnerstag bringt Beethoven's Quartett Es-dur op. 127, Mozart's Quartett D-dur Nr. 7 und ein Quartett in F-dur von dem Prinzen Reuß. Für den II. Cyklus der Philharmonischen Concerte (9. Januar, 23. Januar, 6. Februar, 27. Februar, 13. März) werden Abonne⸗ ments⸗Anmeldungen täglich in der Hof⸗Musikhandlung von Ed. Bote u. G. Bock, Leipzigerstr. 37, sowie bei der Concert⸗Direction Hermann Wolff, W. „Am Carlsbad“ 191. entgegengenommen. Im ersten Concert des II. Cyklus (9. Januar) tritt Frau Teresa d'Albert⸗ Carresio als Solistin auf.

Die Pianistin Fräulein Sophie Olsen aus Kopenhagen giebt

am 30. d. M. im Saal Bechstein ein Concert.

Mannigfaltiges.

Nach dem dem Magistrat erstatteten Geschäftsbericht der Städtischen Feuer⸗Societät für das Verwaltungsjahr 1. Ok⸗ tober 1891 bis Ende September 1892 ist die Zahl der ersetzten Gebäudeschäden von 1212 auf 1304, die dafür bewilligten Entschädi⸗ gungsgelder von 619 609,41 auf 621 094 30 gestiegen, während die 138 380 300 betragende Versicherungssumme der neu hinzu⸗ gekommenen Baulichkeiten gegen die des vergangenen Jahres von 143 065 300 um 1484,89 zurückgegangen ist. Gemeldet wurden dem Feuer⸗Societäts⸗Burecau 1349 Feuer, darunter 16 Schorn⸗ steinbrände, 17 Leuchtgas⸗, 23 Ofengas⸗ und 2 Benzinexplo⸗ sionen, sowie 13 Beschädigungen durch Blitzstrahl. Für 1304 dieser Brände sind indessen nur Entschädigungen zu zahlen gewesen, die einen Betrag von 621 094,50 erforderten. Zur Deckung der Nebenkosten bei Feststellung der Brandschäden sowie der sonstigen Verwaltungskosten war der Betrag von 1 314 466,71 er⸗ forderlich. Auf Antrag der Deputation für die städtische Feuer⸗ Societät hat nun das Magistrats⸗Collegium beschlossen, der Stadt⸗ verordneten⸗Versammlung zu empfehlen, einen Feuerkassen beitrag von 4 A für jede 100 der Versicherungssumme einzuziehen. Es sind Ende September 1892 versicherte Grundstücke vorhanden gewesen 22 171 mit einem Gesammtversicherungswerth von 3 218 428 800 gegen 21 783 versicherte Grundstücke mit 3 080 048 500 im ver⸗ flossenen Jahre; es sind demgemäß mehr versichert 388 Grundstücke mit einem Gesammtversicherungswerth von 138 380 300 ℳ.

Am Freitag ist in Friedenau der Professor D. Paulus Cassel gestorben. Im Jahre 1821 in Großglogau von jüdischen Eltern ge⸗ boren, wurde er, nachdem er in Berlin studirt hatte, Rabbiner, trat jedoch im Jahre 1855 in Erfurt, wo er mit literarischen Arbeiten beschäftigt war und später zugleich als Bibliothekar im Dienste der Erfurter Akademie stand, zum Christenthum über. 1859 nahm Cassel, nachdem er zuvor noch in Erfurt den Profesoortitel

erhalten hatte, seinen Mohnst in Berlin und wandte sich hier nachdem er die theologischen Prüfungen abgelegt hatte, dem Beruf als Seelsorger zu. Er bethätigte sich zunächst lebhaft im Sinne der Judenmission. Im Jahre 1868 wurde er Geistlicher an der Christus⸗ Kirche. 1866 und 1867 vertrat er den Wahlkreis Teltow⸗Beeskow⸗ Storkow im preußischen Abgeordnetenhause, wo er der conservativen Fis angehörte. Der Verstorbene hinterläßt zahlreiche Schriften istorischen, culturgeschichtlichen und literaturgeschichtlichen Inhalts. Die Beerdigung hat heute Nachmittag 2 Uhr von der Christus⸗Kirche in der Königgrätzerstraße aus auf dem Jerusalemer Kirchhof statt⸗ gefunden.

Nach Schluß der Redaction eingegangene Depeschen.

Duisburg, 27. Dezember. (W. T. B.) Der Landtags⸗ Abgeordnete für Duisburg, Mülheim, Ruhrort und Essen, Fabrikbesitzer Commerzien⸗Rath Vygen ist der „Rhein⸗ und Ruhrzeitung“ zufolge heute hier gestorben.

Paris, 27. Dezember. (W. T. B.) Wie der „Gaulois“ meldet, hat Freycinet dem Präsidenten Carnot über seine Zusammenkunft mit Andrieux Aufklärunger gegeben. Er habe Andrieux gefragt, auf welche Docu⸗ mente gestützt man den Namen des Kriegs⸗Ministers in die Enthüllungen über die Panama⸗Affaire ein⸗ beziehe. Andrieux habe erwidert, er sei den Angriffer gegen Freycinet völlig fremd und besitze keinerlei diesen betreffende Documente. Freycinet erklärte schließlich dem Präsidenten Carnot, er habe den Schritt unternommen, weil vor allem die Persönlichkeit des Kriegs⸗Ministers unberührt bleiben müsse.

Dasselbe Blatt verzeichnet als Gründe für die gestrige Börsenflauheit das von neuem aufgetauchte Gerücht, Reinach sei vergiftet worden, sowie die Befürchtung, in dem vor dem Schwurgericht anhängigen Prozeß gegen den Director der „Société Centrale de Dynamite“ Legay und den Agenten Arton werde es zu Aufsehen erregenden Ent⸗ hüllungen kommen.

Das Journal „Libre Parole“ meldet aus Nantes, die Deputirten Gnillemet und Sibille wurden in einer Wählerversammlung durch die Zurufe „Gebt das Panamageld heraus“, „Kammerauflösung“ verhöhnt. Nach Schluß der Versammlung setzten sich die Demonstrationen gegen die De⸗ putirten auf der Straße fort.

Bern, 27. Dezember. (W. T. B) Der Bundesrath beschloß, von Neujahr ab gegenüber Frankreich den Generaltarif, mit Erhöhung einer Anzahl Tarifsätze in Anwendung zu bringen; die Erhöhungen werden morgen fest⸗ gestellt werden.

Aden, 27. Dezember. (W. T. B.) Der Rammkreuzer „Kaiserin Elisabeth“, mit den Erzherzogen Franz Ferdinand und Leopold Ferdinand an Bord, ist gestern hier ein⸗ gelaufen und dampft morgen ab. Die Erzherzoge befinden sich vollkommen wohlauft. .“ v

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Wetterbericht vom 27. Dezember 8 Uhr Morgens.

V

7.

Killim

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Wind. Wetter.

Temperatur

Bar. auf 0 Gr. 1, L.Ae in Celsius

u. d. Meeressp.

red. in 50 C. = 40

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3 wolkenlos 1 heiter

4 bedeckt

1 Dunst

2 bedeckt

2 bedeckt

1 Schnee

1 bedeckt

8 5

Mullaghmore Aberdeen Christiansund Kopenhagen. Stockholm. Haparanda. St Petersburg Moskau ... Cork, Queens⸗ town . Cherbourg 1B Sylt Hamburg .. Swinemünde Neufahrwasser Memel Münster Karlsruhe .. Wiesbaden München Chemnitz Berlin... Wien Breslau ... Ile d'Aix. 85838“ 757 Triest 761

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3 halb bed. 3 heiter 1 wolkenlos l wolkenlos 1 Nebel 3 Dunst ¹) 3 bedeckt 5 Schnee ²) 2 wolkenlos 1 bedeckt 1 wolkenl. ²) still bedeckt*) 2heiter 1 wolkig still bedeckt⸗) 768 O 1 Nebel 765 still bedeckt 763 ONO A4 heiter 7 1halb bed. 4 wolkig

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1) Abends und Nachts Schnee. ²) Nachts Schnee.

³) Reif. ⁴) Reif. ⁵) Nachts Schnee. Uebersicht der Witterung.

Der Luftdruck ist über Europa hoch und sehr gleichmäßig vertheilt, daher die Luftbewegung allent⸗ halben schwach und vielfach aus variabler Richtung. In Deutschland ist das Wetter im Norden trübe,

im Süden vorwiegend heiter. Der Frost hat in Norddeutschland, insbesondere in den nordwestlichen Gebietstheilen, zwar erheblich nachgelassen, indessen dürfte demnächst wieder Abkühlung eintreten; in Süddeutschland dagegen dauert die strenge Kälte fast unverändert fort, München, Bamberg und Karlsruhe melden 12, Kaiserslautern 13 Grad unter Null. An der deutschen Küste fanden stellenweise Nieder⸗

schläge statt. Deutsche Seewarte.

Königliche Schauspiele. Mittwoch: Opern⸗

haus. 280. Vorstellung. Tanuhäuser und der

Sängerkrieg auf der Wartburg. Romantische

Oper in 3 Acten von R. Wagner. Ballet von

Emil Graeb. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur

1 Dirigent: Kapellmeister Sucher. Anfang r.

Schauspielhaus. 291. Vorstellung. Wallenstein’'s Tod. Trauerspiel in 5 Aufzügen von Friedrich von Schiller. Anfang 7 Uhr.

Donnerstag: Opernhaus. 281. Vorstellung. Djamileh. Romantische Oper in 1 Act von G. Bizet. Text von L. Gallet, deutsch von L. Hartmann. Tanz von E. Graeb. In Seene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kapellmeister Dr. Muck. Cavalleria rusticana. (Bauern⸗Ehre.) Oper in 1 Aufzug von Pietro Mascagni. Text nach dem gleichnamigen Velksstück von Verga. In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kapellmeister Dr. Muck. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. 292. Vorstellung. Maria Stuart. Trauerspiel in 5 Aufzügen von Schiller. Anfang 7 Uhr.

Deutsches Theater. Mittwoch: und Julia. Anfang 7 Uhr. . Donnerstag: Zwei glückliche Tage. Freitag: Die Jüdin von Toledo.

Romco

Berliner Theater. Mittwoch: Dora. An⸗ fang 7 Uhr.

Donnerstag: Neu einstudirt: Kabale und Liebe.

Freitag: 18. Abonnements⸗Vorstellung. Gold⸗ fische.

Lessing⸗Theater. Mittwoch: Schulden. An⸗ fang 7 ½ Uhr. Donnerstag: Schulden.

Wallner⸗Theater. Mittwoch: Die große Glocke. Anfang 7 ½ Uhr. Z“

Donnerstag: Die große Glocke.

Freitag: Die große Glocke.

Friedrich⸗Wilhelmstädtisches Theater.

8 Chausseestraße 25. Mittwoch: Zum 6. Male: Mit neuer Aus⸗ stattung. Der Millionenonkel. Operette in 3 Acten von F. Zell und R. Genée. Musik von Adolf Müller jun. In Scene gesetzt von Julius Fritzsche.

Dirigent: Herr Kapellmeister Federmann. Anfang

7 Uhr. Donnerstag und folgende Tage: Der Millionen⸗ onkel.

Residenz-Theater. Direction: Sigmund Lauten⸗ burg. Mittwoch: Zum 6. Male: Familie Pont⸗ Biquet. Schwank in 3 Acten von Alexandre Bisson. Deutsch von Max Schönau. In Scene gesetzt von Sigmund Lautenburg. Anfang 7 ½ Uhr. 1

Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.

Aroll's Theater. Mittwoch: Zar und Zimmermann. Anfang 7 Uhr.

Donnerstag: Zum 1. Male: Der Schwur. Oper in 1 Aufzug von Maximilian Singer. Musik von Wilh. Reich. Darauf: Die Regimentstochter.

Victoria-Theater. Belle⸗Alliancestraße 7/8. Mittwoch: Mit neuer Ausstattung: Die Reise um die Welt in achtzig Tagen. Großes Aus⸗ stattungsstück mit Ballet in 5 Acten (15 Bildern) von A. d'Ennery und Jules Verne. Ballet arran⸗ girt vom Balletmeister C. Severini. Musik von Debillemont und C. A. Raida. Abends 7 ½ Uhr.

Donnerstag u. folgende Tage: Die Reise um die Welt in achtzig Tagen.

Neues Theater (am Schiffbauerdamm 4/5). Mittwoch: Zum 4. Male: Der verlorene Sohn. Schauspiel in 4 Aufzügen von Felix Philippi. An⸗ fang 7 ½ Uhr. 1

Donnerstag und folgende Tage: Der verlorene Sohn.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr, zu halben Preisen: Logierbesuch. Schwank in 4 Aufzügen von R. Weber und Max Löwenfeld. 8

Theater Unter den Linden. Mittwoch: Zum 4. Male: Novität! Die Sirenen⸗Insel. Ballet in 1 Act von H. Regel. Musik von R. Mader. Der Jhee h Theil von Jos. Haßreiter. Inscenirt durch den Balletmeister Herrn L. Gundlach. Repertoirestück der Wiener Hofoper. Das Baby. Schwank in 1 Act von H. F. Musik von A. Ferron. Couplets von A. Braun. Inscenirt durch C. A. Friese sen. Mr. Imro For, amerikanischer Presti⸗ Figitatenr, mit ganz neuen Experimenten. Anfang 7 r.

Sonnabend: Zum 1. Male: Das Modell. Operette in 1 Act (2 Bildern) von Max Kahlen⸗ berg. Musik von Moritz Fall. Inscenirt d C. A. Friese.

Adolph Ernst⸗Theater. Mittwoch: Zum 4. Male: Modernes Babylon. Fesansevosf in 3 Acten von Ed. Jacobson und W. Mannstädt. Couplets theilweise von G. Görß. Musik von G. Steffens. In Scene gesetzt von Adolph Ernst. Anfang 7 ½ Uhr. 8

Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.

E11AX“

Thomas-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Mittwoch: Ensemble⸗Gastspiel der Münchener unter Direction des Königlich Bayerischen Hof⸗ schauspielers Max Hofpauer. Zum 4. Male: Der Nothhelfer. Ländlicher Schwank mit Gesang und Tanz in 4 Acten von Amand Kolbe. Musik von Josef Kraegel. Anfang FUhr: 1u16““]

Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.

1496211· Hohenzollern⸗Galerie Lehrter Batzuhof. 1 Sonntags 50 ₰. Gr. histor. Rundgemälde 1640 1890. Geöffnet 9 Uhr bis dunkelh. Sonnt. 9— 9.

Urania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde.

Am Landes⸗ E „Park (Lehrter Bahnhof). Geöffnet von 12—11 Uhr.

Concerte.

Concert-Haus. Carl Meyder⸗Concert. Mittwoch: Schubert⸗Beethoven⸗Mozart⸗Abend. ArFng oa“

Sonnabend (Sylvester): Familien⸗Ball⸗Fest. Billets im Bureau des Hauses.

Circus Renz (Carlstraße.) Mittwoch, Abends 7t Uhr: Große Extra⸗Vorstellung. Aus dem reich⸗ haltigen Programm besonders hervorzuheben: „Eli⸗ mar“, der Strickspringer, vorgeführt von Frl. Oceana Renz. Mr. James Filles mit dem Schulpferde „Germinal“. Concurrenzschule, geritten von den Damen Frls. Clotilde Hager und Oceana Renz. Die Reitkünstler Mr. Leopold Renz und Mr. Arnaud. Zum Schluß: 2☛ Auf Helgoland n oder: Ebbe und Fluth. Großes Land⸗, Wasser⸗ und Nationaltänze von 82 Damen. Neue Einlagen, u. a.: „Aufzug der Leib⸗Garde⸗ Artillerie“. Großes Brillant⸗Feuerwerk.

Donnerstag, Abends 7 ¼ Uhr: Große Vorstellung mit neuem Programm und „Auf Helgolandt.

Billet⸗Verkauf beim „Invalidendank“, Markgrafen⸗ straße 51 a.

]; Familien⸗Nachrichten.

Verlobt: Frl. Marie Weißhun mit Hrn. Haupt⸗ mann Max von Poser (Berlin). Frl. Gertrud Huebner mit Hrn. Landwirth Kurt von Wulffen (Halle). Frl. Elin Dietrich mit Hrn. Regierungs⸗

Paul Wagner (Thorn⸗Bromberg). Frl.

Margarethe von Johnston mit Hrn. Hilmar Frhrn. von Münchhausen (Rathen-— Nieder⸗Schwedeldorf).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Rittmeister Konrad von Dechend (Schleswig). Eine Tochter: Hrn. Rittmeister a. D. und Stiftshauptmann Ernst von Wedel (Kannenberg). Hrn. Ritt⸗ meister Dietrich von Trotha (Potsdam). 8.

Gestorben: Hr. Kammerherr, Oberst⸗Lieut. a. D Gustav Graf von Voß⸗Buch (Buch). Hr. Landgerichte⸗Präsident a. D. Franz Gustav Magnus Peck (Görlitz).

Redacteur: Dr. H. Klee, Director. Berlin:

Verlag der Expedition (Scholz). Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32 Sieben Beilagen (eiinschließlich Börsen⸗Beilage), (2034 ¼) sowie die Inhaltsangabe zu Nr. 6 des öffent⸗

lichen Anzeigers (Commanditgesellschaften auf Actien und Actiengesellschaften) für die

Woche vom 19. bis 24. Dezember 1892

Anzeiger und Königlich Prer

5

Berlin,

ischen Staats⸗Anzeiger.

Statistik und Volkswirthschaft.

Die preußischen Sparkassen im Rechnungsjahre 1891 bezw. 1891/2.

Die preußischen Sparkassen haben seit etwa 20 Jahren einen so überaus großen, fortwährend steigenden Zuwachs an Einlagen erfahren, daß in den letzten Jahren die Möglichkeit, sichere und etwas Gewinn lassende Anlagen aufzufinden, immer mehr schwand und fortgesetzt zu Herabsetzungen des Einlagezinsfußes geschritten werden mußte. Gleichwohl macht sich ein Nachlassen der Einlagebewegung erst in den beiden letzten Jahren bemerkbar, namentlich in dem abgelaufenen. Während der Gesammtzuwachs an Ein lagen 1888 und 1889 rund 217 bezw. 214 Millionen Mark betrug,⸗ ging er 1890 auf 180,86 Millionen, 1891 bezw. 1891/92 nach den vorläufigen Ermittelungen sogar auf 124,87 Millionen Mark zurück. Die Einzahlungen betrugen 827,70, die Rückzahlungen 789,09 Millionen Mark; jene waren um 5,15 Millionen geringer, diese um 56,24 Millionen höher als im Vorjahre. In Westpreußen waren die Rück⸗ zahlungen bereits größer als die Einlagen. Der Ueberschuß an Neueinlagen (nach Abzug des durch Zuschreibung von Zinsen erreichten Zuwachses von 86,26 Millionen) betrug im ganzen Staat überhaupt nur 38,61 Mil⸗ lionen Mark. Seit den Jahren 1877 und 1873/79, in welchen jener Ueberschuß 37,10 bezw. 22,19 Millionen betragen hatte, ist ein so ungünstiges Ergebniß nicht dagewesen. Im ganzen erreichte der Einlagebestand am Schluß des Berichtsjahres die Summe von 3406,57 Millionen Mark gegen 3281 70 Millionen Mark am Schluß des Vorjahres.

An Sparkassenbüchern wurden im Berichtsjahre 867 501 aus⸗ gegeben und 685 365 zurückgenommen; ihre Gesammtziffer stieg auf 5 772 603 und war um 179 941 Stück höher als im Vorjahre, welches seinerseits ein Mehr von 280 425 Stück gegen das Vorjahr aufwies. Es hat also die Zunahme an Sparkassenbüchern sich in ähnlichem Maße verlangsamt wie diejenige der Einlagebeträge. Am meisten haben sich die kleinen Conten von höch tens 60 Einlage vermehrt, nämlich um 4,40 %, die von mehr als 600 um 4,24, die von 3 600 um 2,86, die von 60 150 um 1,80, die von 150 bis 300 um nur 1,50 %, die Gesammtzahl der Bücher um 3 22 %, also immerhin noch bedeutend schneller als die Bevölkerung. So sehr hiernach die Ergebnisse des Berichtsjahres hinter den aus⸗ gezeichneten der Vorjahre zurückbleiben, so sind sie immerhin im großen Ganzen nicht bedenklich, um so weniger, als zweifellos ein großer Theil der Abnahme des Einlagezuwachses auf die schon erwähntken Herabsetzungen des Einlagezinsfußes zurückzuführen ist. Ziffermäßig spricht hierfür schon die Thatsache, daß die Sparkassen im Berichts⸗ jahre 32,67 Millionen Mark an Zinsüberschüssen = 0,92 % der zinsbar angelegten Beträge zu erzielen vermochten, während es im Vorjahre nur 30,53 Mill. = 0,89 % gewesen waren. Sparkassen wären also in der Lage gewesen, ihren Einlegern höhere Zinsen zu zahlen, ohne ihre Ueberschüsse gegen die vorjährigen schwinden zu sehen. s

Die

n. Eine leise Hinaufsetzung des Einlagezinsfußes würde hiernach die Sparkasseneinlagen wohl bald wieder in weit höherem Maß steigen lassen, als im Berichtsjahr der Fall gewesen ist.

Zeitschrift des Königlich preußischen Statistischen

Bureaus 1892, I./II. Vierteljahrsheft.

In der letzten Woche des Jahres erscheint die erste Hälfte des Jahrganges 1892 der vom Director des preußischen Statistischen Bu⸗ reaus, Geheimen Ober⸗Regierungs⸗Rath E. Blenck herausgegebenen Zeitschrift. Sie enthält eingangs eine Darstellung über die Thätig⸗ keit und Lage der „preußischen Sparkassen im Rechnungsjahre 1891 bezw. 1891/92“v. Hieran schließt sich nach einem Nachtrage zu der im vorigen Jahrgange der Zeitschrift gebrachten Untersuchung über die „eheliche Fruchtbarkeit bei den verschie⸗ denen Religionsgemeinschaften in Preußen, 1875 90“ eine größere Arbeit von H. Brämer über die „Lebens⸗ und Feuerversicherung in

dreußen sowie die Ergebnisse der größeren deutschen Feuerversicherungs⸗ Anstalten in den Jahren 1889 und 1890, mit Rückblicken auf frühere Jahre“. Einem längeren „Berichte über den VII. internationalen Congreß für Hygiene und Demographie in London“ aus der Feder des s. Z. dorthin entsandten Dr. G. Lange, damaligen außerordentlichen Mitgliedes des Königlich preußischen Statistischen Bureaus, folgt als „ein Beitrag zur Theorie und Technik der Arbeits⸗ und Lohnstatistik“ eine wissenschaftliche Besprechung der amerikanischen großen Arbeits⸗ und Lohn⸗ statistik für die Jahre 1889 bis 1891 von dem Geheimen Regierungs⸗ Rath K. Brämer. Bücherbesprechungen und sechs Bogen der viel⸗ seitigen „Statistischen Correspondenz“ machen den Schluß dieses Doppelheftes. Als besondere Beilage enthält es noch die „wirklichen und Mittelpreise der wichtigsten Lebensmittel für Menschen und Thiere während des Kalenderjahres 1891 bezw. des Erntejahres 1890/91.“

Das II. Halbjahrsheft des laufenden XXXII. Jahrganges der Zeitschrift wird bis Ostern nachfolgen.

2 Schlesische Provinzial⸗Land⸗Feuersocietät.

Obwohl auch im laufenden Jahre die Schlesische Provinzial⸗ Land⸗Feuersocietät von zahlreichen und umfangreichen Bränden be⸗ troffen worden ist, so wird doch, wie die Schweidnitzer „Tägliche Nundschau“ berichtet, infolge der Beschlüsse des Provinzial⸗ und des Societäts⸗Ausschusses den Societäts⸗Theilnehmern mit Rücksicht auf die Ueberschüsse der Vorjahre von den Gebäudeversicherungs⸗Bei⸗ trägen für das zweite Halbjahr 1892 ein Betrag von 20 % erlassen. An diesem Erlasse haben jedoch die zu festen Beiträgen abgeschlossenen sowie die am 1. Oktober d. J. neu zugetretenen Versicherungen keinen Theil, für welche der vereinbarte Beitrag zu leisten ist. Ferner werden von den am 1. Januar 1893 fälligen Jahresbeiträgen für die zu Ende des laufenden Jahres schon bestehenden Mobiliarversicherungen nur

90 % erhoben und 10 % erlassen.

Zur Arbeiterbewegung.

Die Delegirten der Berliner Strike⸗Control⸗Com⸗ mission beschlossen in einer Versammlung am 22. d. M., von einer Resolution über die auf dem socialdemokratischen Parteitag angenom⸗ menen, die Genossenschaften, Boycotts und Tontrolmarken be⸗ treffenden Anträge Abstand zu nehmen und verpflichteten sich, nach wie vor mit allen den Gewerkschaften zustehenden Mitteln für alle Maßnahmen, die sie zu treffen beab⸗ sichtigten, einzutreten. Ferner wurde beschlossen, die Gewerkschaften dazu zu bestimmen, den Ausschank der Berliner Bockbrauerei, dessen Oekonom Herr Tiedemann ist, so lange zu meiden, bis er die For⸗ derungen der organisirten Gastwirthsgehilfen bewilligt hat.

In Leipzig befinden sich einer Mittheilung desselben Blattes zufolge die Steinbildhauer mit den Arbeitgebern in Streit.

Aus Wien wird der „Voss. Ztg.“ unter dem 24. d. M. ge⸗ schrieben: Infolge des Zwiespaltes unter den österreichischen Socialisten beschloß eine Anzahl Socialisten in Wien und Böhmen eine neue, streng internationale und interconfessionelle Arbeitergruppe unter dem Namen Socialistische Volkspartei zu bilden. Die neue Partei soll in Nordböhmen, besonders in den Städten Bodenbach, Teplitz, Dux, Brüx, Aussig und Komotau, bereits großen Anhang besitzen. Wie der „Köln. Ztg.“ telegraphisch gemeldet wird, trafen die Behörden

Dienstag, den 27. Dezember

Sersas Seseex- usedaeexassr

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im Isergebirge Vorsichtsmaßregeln gegen die drohende Bewegung unter den dortigen Glasarbeitern.

In Oberndorf bei Komotau sind, wie der „Vorwärts“ be⸗ richtet, 40 Schuhmacher der Karl Schlögel'schen Fabrik wegen Lohnkürzung im Ausstande.

Aus Zwolle (Niederlande) meldet ein Wolff'sches Telegramm vom Sonntag, daß auf dem dort stagenden Socialisten⸗ congreß ein Antrag van Kols, der die zwischen Domela Nieuwenhuis und Liebknecht bestehenden Meinungsverschieden⸗ heiten beseitigen sollte, nach den Ausführungen Domela Nieuwenhuis' zurückgezogen wurde. Ferner wird aus Brüssel vom gestrigen Tage berichtet: Die Delegirten zum socialistischen Congreß be⸗ schlossen heute, den allgemeinen Ausstand zu veranstalten, wenn die Regierung die Einführung des allgemeinen Stimmrechts verweigern sollte. Die Delegirten sind viel mehr gewillt, eine revolutionäre Bewegung zu unterstützen als eine friedliche.

In dem großen Fairfield Schiffsbauhof in Glasgow begann am Freitag Abend der Ausstand. Als Ursache wird angegeben, daß die Arbeiter sich der Herabsetzung ihrer Löhne um 1 Farthing per Stunde widersetzen.

8 Kunst und Wissenschaft. 8 Verein für Geschichte der Mark Brandenburg.

Sitzung vom 14. Dezember 1892. 8

Entsprechend den von der letzten Generalversammlung des Ge⸗ sammtvereins der deutschen Geschichts⸗ und Alterthumsvereine ge⸗ faßten Beschlüssen und geäußerten Wünschen, wird der Verein sich an der Herstellung der historisch⸗statistischen Grundkarten des Deutschen Reichs nach Kräften betheiligen; er wählte auf Antrag des Herrn Geheimen Archiv⸗Raths Reuter zu den Vorarbeiten für die nach dieser Richtung zu entwickelnde Thätigkeit eine Com⸗ mission, bestehend aus den Herren Archiv⸗Rath Dr. Hegert, Archivar Dr. Meineke und Professor Dr. Naudé.

Herr Amtsrichter Dr. Holtze erzählte nach Acten des Geheimen

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Staats⸗Archivs Einiges aus der Geschichte des Dorfes Neu⸗ dörfchen bei Biesenthal. Dieses Dorf gehörte am Ende des 17. Jahrhunderts als wüste Feldmark „Dreißig Hufen“ zum kurfürst⸗ lichen Amte Mühlenbeck. Am 24. Juli 1694 tauschte es der bekannte Alchymist und schwedische Bergrath Kunkel von Löwenstern gegen das ihm gehörig gewesene Schulzengericht zu Cladow sammt der Pfauen⸗ insel ein und siedelte einige Colonisten an. Seine Bitte, dem neu angelegten Dörfchen den Namen Lilienthal verleihen zu dürfen, ward im Jahre 1700 abgeschlagen. Nach Kunkel's am 20. März 1703 erfolgten Tode folgten ihm seine Wjttwe aus zweiter Ehe und seine vier Kinder im Besitze, das Gut indeß bald darauf zur schuldenhalber nothwendigen Subhastation, in der es die Wittwe für 6300 Thaler erstand, um es kurz darauf (1706) an den Kammergerichts⸗Präsidenten Johann Sigismund von Sturm zu ver⸗ kaufen. Dieser erhielt die Genehmigung, den Ort Neudörfchen nennen zu dürfen und verwandte bis zu seinem im Jahre 1719 erfolgten Tode große Sorgfalt auf diesen Besitz. Er er⸗ hielt für ihn die Kruggerechtsame und 1713 die Erlaubniß, König Friedrich Wilhelm's I. zur Anlage der noch heute dort vorhandenen Wassermühle, freilich mit dem bedrohlichen Zusatze, „wofern Er besser Justiz an die Leute thun wird.“ Nach dem Tode von Sturm's erbten es seine drei Töchter, von denen es die jüngste Charlotte Luise, die Gattin des bekannten Generals und Verkrauten Friedrich Wilhelm's I. in Berliner Bausachen Christian Reinhold von Derschau im Jahre 1742 an den Commissar Greinert für 11 000 Thaler und 100 Dukaten verkaufte.

Herr Professor Dr. Schmoller sprach über die Entstehung des im 18. Jahrhundert so wichtigen Amts des Steuercom⸗ missars, der die Städte controlirte und das ganze wirthschaftliche Leben in ihnen beeinflußte. Er glaubt den Ursprung des Amts in § 17 der Accise⸗Instruction vom 28. März 1680 zu sinden, der festsetzt, der Kurfürst werde für jeden Kreis einen capablen Mann er⸗ nennen, um die Acciserechnungen abzuhören, zu revidiren ꝛc. Der Vortragende kam damit auf die Bedeutung einer fest geordneten Rechnungsabnahme, wie sie zuerst das eng⸗ lische Schatzamt (Exchequer) und die französische chambre de comptes, in Deutschland seit dem 16. Jahrhundert die collegia⸗ lischen Amtskammern anstrebten und durchführten, und suchte in kurzen Zügen die Fortschritte der preußischen Verwaltung im 17. und 18. Jahrhundert auf diesem Gebiete zu schildern. Er hob hervor, daß auch die Gründung der General⸗Rechenkammer 1714 und der ostpreußischen und der magdeburgischen Provinzial⸗Rechen⸗ kammer 1721 und 1722 nicht die Folge gehabt habe, die unteren In⸗ stanzen von der Prüfung und Abnahme aller localen Rechnungen zu ent⸗ binden, wie vor allem die Prüfung der Accise⸗ und Kämmerei⸗ rechnungen Sache der Steuercommissare geblieben sei; erst nach. 1768 sei das anders geworden, erst von da an seien auch die Special⸗ rechnungen an die Ober⸗Rechenkammer gegangen. Redner suchte dann noch das ganze Verfahren der damaligen Rechnungsprüfung und ⸗Ab⸗ nahme zu schildern und folgerte daraus, daß dieses Geschäft wohl die halbe Arbeitszeit der prüfenden Behörde in Anspruch nahm, aber auch, daß die Durchfährung einer geordneten Rechnungs⸗ abnahme durch Berufsbeamte nach festen Vorschriften der eigentlich springende Punkt in der Schaffnng einer intregren leistungs⸗ fähigen Staatsverwaltung und Bureaukratie sei. Es knüpfte sich daran eine längere Debatte, an der die Herren Staats⸗Archivar Dr. Meinardus, Dr. Breysig, Archio⸗Rath Dr. Hegert, Prof. Dr. Delbrück und andere theilnahmen. Hauptsächlich die zwei erstgenannten Herren brachten mancherlei Interessantes über den damaligen Stand der noch recht unvollkommenen Rechnungsabnahme bei.

Herr Professor Dr. Brecher handelte von dem Prozeß, welchen der Kurfürst Joachim I. gegen den „gewesenen Frauen⸗ zimmer⸗Thürknecht Joachim von Goetze“ anstrengte, welcher „die Churfürstin (Elisabeth) aus dem Lande geführet, darüber diese Sache ans Kurf. Kammergericht gediehen; nachmals Räthe nieder⸗ gesetzt und ad privationem feudi wider ihn agiret, von seinem Anwalte aber fori declinatoria eingewandt worden.“ Bei den Acten befindet sich auch ein interessantes Schrei⸗ ben von „Niclas Czerer, Secretair“, gerichtet an „Johann Kautz, Joachim von Goetzen Anwalt“, in welchem er, ihn vor den Märkischen Richtern und deren Schlichen warnt; „werden sie aber vielleicht ein merkische unhopflichkeit brauchen als woll muglich“, um ihre Absichten zu verschleiern, so solle er sich sogleich an den Kanzler Dr. Kethwisch wenden. Das Verfahren gegen Goetze kam übrigens zu Lebzeiten Joachim's I. nicht mehr zum Austrag. Unter seinem Nachfolger wurde Goetze unbeschadet seines Lebens und seiner Güter wieder in der Mark zugelassen.

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Auf Beschluß des geschäftsführendett Ausschusses der Reichs⸗ Limes⸗Commission erscheint seit dem 15. Dezember d. J. im Verlage der Fr. Lintz'schen Buchhandlung in Trier ein „Limes⸗ blatt“. Dieses Blatt wird über die vom Deutschen Reich auf die Dauer von fünf Jahren in Aussicht genommene wissenschaftliche Er⸗ forschung der römischen Grenzsperre die offiziellen vorläufigen Berichte der die Ausgrabungen leitenden Strecken⸗Commissare veröffentlichen. In jedem Jahre werden 5 bis 6 Nummern in der Stärke von je einem halben bis zu einem ganzen Bogen ausgegeben, welche während der Herbst⸗ und Frühj

campagne in etwa monatlichen Fristen thunlichst rasch über den Fort⸗ gang der Arbeiten berichten. Das Abonnement (jährlich 3 ℳ) läuft vom 1. Oktober bis 30. September. Die Herausgabe des „Limes⸗ blattes“ hat der archäologische Dirigent bei der Reich Limes⸗Commis⸗ sion, Professor Dr. Hettner in Trier übernommen. In der vorliegenden ersten Nummer beginnen die Berichte über die nunmehr abgeschlossene erste Herbsteampagne; in zwei demnächst folgenden Nummern sollen die weiteren Berichte folgen.

—— Dem Herausgeber und Redacteur der „Zeitschrift für In⸗ strumentenbau“, Herrn Paul de Wit in Leipzig ist von Seiner Majestät dem Kaiser Franz Joseph die mit dem Kaiser⸗ lichen Bildniß und Wahlspruch gezierte große goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft verliehen worden. Die Uebergabe erfolgte am 19. d. M. durch den K. u. K. österreichisch⸗ ungarischen General⸗Konsul Schober in Leipzig. Diese hohe und seltene Aus⸗ zeichnung ist auf die Thätigkeit des Herrn de Wit auf der inter⸗ nationalen Ausstellung für Musik und Theaterwesen in Wien zurück⸗ zuführen.

Die Stadt Budapest hatte ein Preisausschreiben für eine Markthalle mit Eisenbahnänschluß erlassen. Zu den Preisrichtern gehörten der Stadt⸗Baurath Blankenstein und der städtische Ver⸗ kaufsvermittler Schünemann hierselbst. Wie die „N. A. Z.“ erfährt, hat die Jury sich dieser Tage für das Project des Regierungs⸗Bau⸗

meisters Jost hierselbst, welcher den Erweiterungsbau der Central⸗ 11“ u““

Markthalle leitet, entschieden.

Land⸗ und Forstwirthschaft. 3

Ernte in Spanien. 8

In Spanien ist am 6. d. M. eine amtliche Zusammenstellung des Ertrags der diesjährigen Ernte veröffentlicht worden. Danach stellt sich das Ergebniß wie folgt:

““ Z1161““” vE Roggen.. Kichererbsen ö111146“ St bohne 6. 1ö11.1“*“ 8

In den spanischen Handelskreisen ist man geneigt, das Ergebniß der diesjährigen Ernte niedriger zu schätzen. Wie dem aber auch sein mag, jedenfalls wird auch nach den vorstehenden officiellen Angaben in Weizen ein größeres Quantum eingeführt werden müssen, da der Ver⸗ brauch Spaniens sich auf etwa 43 Millionen Hektoliter im Jahre beläuft.

In Barcelona sind seit dem Monat August aus Rußland, von der Donau und den Vereinigten Staaten rund 700 000 metrische Quintale Weizen einggführt worden, und man glaubt, daß in den Monaten Dezember, Januar und Februar eine noch ebenso große Quantität aus den genannten Ländern dort eingeführt werden wird. Sicher ist es, daß der Consum bis zur nächsten Ernte sehr beträchtlich auf Einfuhren vom Auslande angewiesen ist.

Der Bedarf der Mühlenindustrie Barcelonas beläuft sich auf 6000 7000 metr. Quintale täglich. An dieser Quantität ist der im Lande producirte Weizen nur für ⅛, höchstens für betheiligt, ¼ bis des Consums deckt der ausländische Weizen. Die Hauptklasse der Einfuhr ist der harte Weizen, weil durch die Mißernte in Andalusien die andalusischen Provinzen in großer Quantität mit dem Mehl ver⸗ sehen werden müssen, das speciell aus dem Hartweizen gewonnen wird.

Gerste wird wenig aus dem Ausland eingeführt, weil genügender Vorrath im Lande ist, und daher Preise herrschen, die eine Concur⸗ renz nicht aufkommen lassen.

Von Mais, welcher fast nur als Viehfutter verbraucht wird, wurden in den letzten sechs Monaten nicht mehr als 100 000 metr. Quintale nach Spanien vom Ausland eingeführt.

Der Umstand, daß in den letzten Jahren die spanischen Acker⸗ bauer durch die Production von Wein, der nach dem Ausland ab⸗ gesetzt wurde, große Vortheile errangen, hat veranlaßt, daß eine er⸗ hebliche Menge früher Weizen producirender Felder in Weinland verwandelt worden ist, sodaß Sachkundige annehmen, daß Spanien augenblicklich auch bei günstiger Ernte wegen der Einschränkung des Areals nicht in der Lage ist, seinen Getreidebedarf selbst zu decken.

Die diesjährige Herbstaussaat hat sich in allen Theilen Spaniens unter den günstigsten Verhältnissen vollzogen. Rechtzeitig eingetretener Regen und für die Jahreszeit mildes Wetter haben das Keimen der Saat in erwünschter Weise beeinflußt.

.27 363 788 hl, .15 534 449 5 904 323 703 652

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Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln. Cholera. Krakau, 24. Dezember. In Zalucze (Bezitk Borszcow) is

die Cholera neuerdings ausgebrochen; es sind in den letzten Tagen

drei Personen in Folge der Cholera gestorben und eine Person erkrankt; auch in Siekierzynce (Bezirk Husiatyn) ist eine Cholera⸗ Erkrankung vorgekommen.

St. Petersburg, 25. Dezember. Congreß der Aerzte aus den Cholera⸗Distriecten ist heute durch den Minister des Innern Durnowo eröffnet worden. 8 1

1e Der

Belgien. .

Die Königlich belgische Ministerial Verordnung vom 11. November 1892, wonach die Ein⸗ und Durchfuhr von Lumpen, Hadern und alten Kleidern in Ballen aus Deutschland, Frankreich und den Niederlanden in und durch belgisches Gebiet nur gestattet war, sofern die betreffenden Sendungen ecin Konsulatszeugniß darüber begleitete, daß am Herkunftsorte die Cholera weder epidemisch herrschte, noch im Laufe des Jahres 1892 geherrscht hat, vergl. „Reichs⸗Anzeiger“ Nr. 270 vom 14. 11. 92 ist durch Verfügung vom 21. Dezember 1892 wieder aufgehoben worden.

Die Sanitätscommission der Schelde in Antwerpen hat unter dem 24. Dezember 1892 gegen die Herkünfte aus den Elbhäfen von neuem eine 24 stündige Beobachtung angeordnet.

Columbien. 3

Die columbische Regierung hat die Zulassung der Hamburger Herkünfte, welche aus Anlaß von sporadischen Cholerafällen in Hamburg vorübergehend verboten war, von neuem wieder angeordnet.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks 1 und in Oberschlesien. 8 An der Ruhr sind am 24. d. M. gestellt 9524, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen. 1 In Oberschlesien sind am 23. d. M. gestellt 4223, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen; am 24. d. M. sind gestell 12 nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen. 8