1892 / 309 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 30 Dec 1892 18:00:01 GMT) scan diff

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Ministerium der öffentlichen Arbeiten.

Dem bisher mit der Verwaltung der Wasser⸗Bauinspector⸗ stelle in Tilsit betrauten Wasser⸗Bauinspector Muttray ist diese Stelle nunmehr endgültig verliehen worden.

Der Wasser⸗Bauinspector, Baurath Schlichting in Tilsit ist nach Hildesheim versetzt und mit der Verwaltung einer Regierungs⸗ und Baurathsstelle bei der Königlichen Re⸗

gierung daselbst betraut worden.

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Nach Vorschrift des Gesetzes vom 10. April 1872 (Gesetz⸗Samml. S. 357) sind bekannt gemacht:

1) der Allerhöchste Erlaß vom 10. Oktober 1892, betreffend die Genehmigung des III. Nachtrags zu dem revidirten Reglement der Feuersocietät der Ostpreußischen Landschaft vom 1. November 1886, durch die Amtsblätter

der Königlichen Regierung zu Königsberg Nr. 46 S. 403, aus⸗ gegeben am 17. November 1892,

der Königlichen Regierung zu Gumbinnen Nr. 46 S. 301, aus⸗ gegeben am 16. November 1892;

2) der Allerhöchste Erlaß vom 26. Oktober 1892, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts sowie des Rechts zur Chausseegeld⸗ erhebung an den Kreis Briesen für die von ihm zu bauenden Chausseen 1) von Briesen über Sittno und Haus Lopatken nach. Hohenkirch und 2) von hier nach Zaskocz, durch dos Amtsblatt der Königlichen Re⸗ gierung zu Marienwerder Nr. 49 S. 341, ausgegeben am 8. De⸗ zember 1892;

3) der Allerhöchste Erlaß vom 2. November 1892, betreffend die Verleihung des Enteignungsrechts sowie des Rechts zur Chaussee⸗ gelderhebung an den Kreis Kalau für die von ihm zu bauende Chaussee von dem Bahnhofe Vetschau über Suschow bis zur Grenze des Kreises Kalau in der Richtung auf Burg im Kreise Kottbus, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Frankfurt a. O. Nr. 48 S. 327, ausgegeben am 30. November 1892;

4) das am 8. November 1892 Allerhöchst vollzogene Statut des Perleberger Wiesenverbandes durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Potsdam und der Stadt Berlin Nr. 50 S. 517, aus⸗ gegeben am 9. Dezember 1892;

5) das Allerhöchste Privilegium vom 14. November 1892 wegen Ausfertigung auf den Inhaber lautender Anleihescheine der Stadt Frankfurt a. O. im Betrage von 1 200 000 durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Frankfurt a. O. Nr. 50 S. 335, aus⸗ gegeben am 14. Dezember 1892;

6) das am 16. November 1892 Allerhöchst vollzogene Statut für die Drainage⸗Genossenschaft zu Sablath im Kreise Neumarkt i. Schl. durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Breslau Nr. 51 S. 449, ausgegeben am 16. Dezember 1892. v““ 1

Bekanntmachung die von Mandt⸗Ackermann'’sche Stipendienstiftung betreffend.

Der Geheime Ober⸗Medizinal⸗Rath und Kaiserlich russische Leib⸗ arzt Dr. Martin von Mandt und dessen Ehegattin Johanna Char⸗ lotte Ludoxvika, geb. Ackermann, haben in ihrem am 20. Oktober 1857 errichteten wechselseitigen Testament der Königlichen Rheinischen Friedrich⸗Wilhelms⸗Universität zu Bonn zur Förderung wissenschaft⸗ licher und technischer Studien unter der männlichen Nachkommenschaft ihrer Seitenverwandten unter dem Namen:

„von Mandt⸗Ackermann'’sche Stipendienstiftung“

ein Kapital von 48 000 vermacht mit der Bestimmung, daß die Zinsen desselben, nach Abzug der Verwaltungskosten, zur Unterstützung junger Männer christlicher Religion, welche sich der Arznei⸗, der Rechts⸗ und den in der philosophischen Facultät vertretenen Wissen⸗ schaften auf Universitäten oder der höheren technischen Ausbildung auf Gewerbeschulen und ähnlichen Anstalten widmen, als Stipendien ver⸗ wendet werden sollen.

Diese Stiftung ist mit dem Sommer⸗Semester 1890 in Wirksam⸗ keit getreten. 1

Die Zahl der Stipendien ist auf drei festgesetzt.

Zum Genusse der Stipendien sind vorzugsweise berufe:

I. die ehelichen männlichen Nachkommen der Geschwister der Stifter und zwar:

in erster Reihe des Ehemanns von Mandt Bruders Karl Theodor Mandt,

in zweiter Reihe des Ehemanns von Mandt vollbürtigen Schwester Therese, verehelichten Grano,

in dritter Reihe der Ehefrau von Mandt Bruders Albert Ackermann,

in vierter Reihe der Ehefrau von Mandt Bruders Gebhard Ackermann;

demnächst in Ermangelung von Bewerbern dieser Kategorie

II. die männlichen Nachkommen:

zuerst des Ehemanns von Mandt beiden Halbbrüder Friedrich

Nandt und Franz Mandt,

zweitens des Freundes der Stifter, des Avppellationsgerichts⸗ Raths Wilhelm Graffunder,

drittens des Freundes der Stifter, des Regierungs⸗ und Bau⸗ raths Emil Flaminius;

und erst, wenn von diesen beiden Klassen von Stipendienberechtigten keine Bewerber vorhanden sind, können die Stipendien auch an Fremde, insofern dieselben die Eigenschaft preußischer Unterthanen haben, verliehen werden.

Der Genuß und die Verabfolgung der Stipendien ist nicht von dem Besuche der Bonner Universität, noch überhaupt von der Gegen⸗ wart auf einer der preußischen Universitäten und Lehranstalten ab⸗ bängig; jedoch befreit der Genuß im Auslande in keinem Falle von der Beibringung der zur Verlcihung erforderlichen Zeugnisse der wirk⸗ lich besuchten Unterrichtsanstalten.

Bewerbungen, welchen amtliche Zeugnisse über das Verwandt⸗ schaftsverhältniß mit den Stiftern, beziehungsweise den mit Vorzugs⸗ recht bedachten Familien, die Schul⸗ und Sittenzeugnisse der bisher besuchten Unterrichtsanstalten, das Universitäts⸗Immatriculationt⸗ und Sittenzeugniß, sowie ein Decanatszeugniß; von den Gewerbetreiben⸗ den: empfehlende Zeugnisse der Gewerbebehörden und die Unterrichts⸗ zeugnisse der Vorschulanstalten und Lehrmeister beigefügt sein müssen, sind bis zum

vollbürtigen

25. Januar 18909 hierher einzusenden. Bonn, den 27. Dezember 1892. Das Curatorium der von Mandt⸗Ackermann s Stiftung bei der Rheinischen Friedrich⸗Wilhel Universität.

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Nichtamtliches.

Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 30. Dezember.

Beide Frnserl hen Majestäten nahmen gestern Vor⸗

mittag um 9 Uhr das heilige Abendmahl. Um 10 Uhr hörten Seine Majestät im Neuen Palals den Vortrag des Kriegs⸗ Ministers, um 11 Uhr denjenigen des Chefs des Militär⸗ cabinets und empfingen um 12 ¾ Uhr den Reichskanzler.

eute Vormittag um 10 Uhr begaben Sich Seine Majestät zur Jagd nach Eiche auf der Insel Potsdam. Um 4 ½ Uhr erfolgte die Abreise Seiner Majestät von Station Wildpark zum Winteraufenthalt nach Berlin.

Der Königlich italienische Botschafter wird, wie aus der im amtlichen Theil dieser Nummer des „R.⸗ u. St.⸗A.“ veröffentlichten Ansage hervorgeht, nunmehr die zum Allerhöchsten Hofe gehörigen oder daselbst vorgestellten Herren empfangen. Dieser Empfang wird Mittwoch, den 4., und Donnerstag, den 5. Januar k. J., jedesmal Abends von 9 ½ bis 11 Uhr, stattfinden.

Der Anzug ist: für Herren vom Militär in kleiner Uniform, für die Herren vom Civil in Frack mit Ordensband über der Weste. .“

In Nr. 53 des für das Deutsche Reich“ vom 30. Dezember wird von dem Kaiserlichen Statistischen Amt eine Zusammenstellung: Ortsübliche Tagelöhne ge⸗ wöhnlicher Tagearbeiter, festgestellt auf Grund des § 8 des Gesetzes, betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter (Reichs⸗Gesetzblatt 1892 S. 385), zur öffentlichen Kenntniß gebracht. 8 8

Dem Kaiserlichen Gesundheitsamt in der Zeit 29. bis 30. Dezember 1892 Mittags mitgetheilte Cholera⸗ Eine Erkrankung aus Hamburg.

Schon im April d. J. ist im „Reichs⸗ und Staats⸗Anzeiger“ von der zuständigen Reichsbehörde und in der Folge von den Eisenbahnverwaltungen öffentlich darauf aufmerksam gemacht, daß mit dem Inkrafttreten der neuen Verkehrsordnung für die Eisenbahnen Deutschlands am 1. Januar k. J. ein neues Formular für die Frachtbriefe und Eilfrachtbriefe zur Einführung kommen werde. Allen betheiligten Kreisen ist dabei empfohlen worden, von dem bis⸗ herigen Formular keine größeren Bestände zu halten, als in einem Vierteljahr aufgebraucht werden können. Durch die im „Reichs⸗ und Staats⸗Anzeiger“ und in anderen Blättern veröffentlichte Bekanntmachung des Reichs⸗Eisenbahn⸗ amts vom 13. Oktober 1892 ist sodann die Qualität des zu Frachtbriefen fortan zu verwendenden Papiers näher festgesetzt. Wie indessen aus mehreren dem Minister der öffentlichen Arbeiten in den letzten Tagen zugegangenen Eingaben hervor⸗ geht, scheinen an vielen Stellen noch Bestände an alten Frachtbriefformularen vorhanden zu sein, die bis Ende dieses Jahres nicht aufgebraucht werden können. Um die hieraus für einzelne Kreise sich ergebenden, wenn auch im einzelnen finanziell nicht erheblichen Schädigungen zu ver⸗ meiden, sind die Directionen der preußischen Staatsbahnen von dem Minister der öffentlichen Arbeiten unter Zustimmung des Reichs⸗Eisenbahnamts auf Grund des § 52 Abs. 2 der Ver⸗ kehrsordnung ermächtigt worden, die alten Formulare bis zum 31. März k. J. im Localverkehr der preußischen Staatsbahnen bei regelmäßig wiederkehrenden Transporten in Wagenladungen noch anzunehmen. Selbstverständlich können in dieser Weise nur noch die vorhandenen Be⸗ stände aufgebraucht werden. Frachtbriefformulare der alten Art werden von den Eisenbahnbehörden nicht meör aus⸗ gegeben oder abgestempelt werden.

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Seine Hoheit der Erbprinz von Sachsen⸗Meiningen, General⸗Lieutenant und Commandeur der zweiten Garde⸗ Infanterie⸗Division, ist von Urlaub hierher zurückgekehrt.

Die neugeprüften Regierungs Assessoren Scherz aus Stettin, von Keudell aus Wiesbaden, Kuntze aus Stade und von Strauß und Torney aus Breslau sind bis auf weiteres den Landräthen der Kreise Ober⸗Barnim, Regierungs⸗ bezirk Potsdam, bezw. Breslau (Landkreis), Niederung, Re⸗ gierungsbezirk Gumbinnen, und Pinneberg, Regierungsbezirk Schleswig, zur Hilfeleistung zugetheilt worden.

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S. M. Kanonenboot „Wolf“, Commandant Corvetten⸗ Capitän Hellhoff, ist am 28. Dezember in Wuhu angekommen und beabsichtigt, am 4. Januar nach Nanking in See zu gehen.

S. M. Kreuzer „Falke“, Commandant Corvetten⸗ Capitän Becker, ist am 28. Dezember von Kotonou nach III 4““

Württemberg.

Seine Majestät der König hat den Fürsten von Wald⸗ burg⸗Zeil⸗Trauchburg zum Präsidenten der Kammer der Standesherren auf die Dauer der nächsten ordentlichen Land⸗ tagsperiode ernannt.

Oldenburg.

Seine Königliche Hoheit der Großherzog hat, wie dem „Hann. Cour.“ zufolge aus einem Schreiben des Ministers Jansen an den Ober⸗Bürgermeister von Oldenburg hervorgeht, den Wunsch ausgesprochen, daß von dem 40. Jahrestag seines Regierungsantritts (27. Februar 1893) in keiner Weise Notiz genommen werde.

Sachsen⸗Altenburg.

Der seit dem 15. November d. J. versammelt gewesene Landtag des Herzogthums ist am 22. d. M. vertagt worden. Unter den verschiedenen Vor⸗ lagen ist hervorzuheben: der Entwurf des Etats für die Finanzperiode 1893 1895, eines Gesetzes über die ander⸗ weite Regelung der Besoldungsverhältnisse der Volks⸗ schulle hrer und einer Novelle zur Notariats⸗Ordnung vom 1. März 1889. Nach der Etatsvorlage, welche mit wenigen Abänderungen von der Landschaft angenommen wor⸗ den ist, wird an Steuern mehr als bisher erhoben werden: ½ Termin Grundsteuer und 1 ½ Termin Einkommensteuer. Die neue Regelung der Volksschullehrer⸗Besoldungen ist

nach den Vorschlägen der Staatsregierung geordnet worden. Demgemäß beträgt die jährliche Besoldung eines für eine länd⸗ 8 Schulstelle definitiv oder provisorisch angestellten ständigen Lehrers außer freier Wohnung oder einem eventuell durch die Schulbehörde nach den örtlichen Verhältnissen zu bemessenden Geldäquivalente dafür mindestens 1050 bei Schulstellen dritter Klasse, 1200 bei Schulstellen zweiter Klasse, 1350 bei Schulstellen erster Klasse. Die Minimalbesoldung eines Landschullehrers ist durch Alterszulagen folgendermaßen zu erhöhen: 1) bei Schulstellen dritter Klasse nach einer Dienstzeit von 5 Jahren auf 1100 ℳ, von 10 Jahren auf 1150 ℳ, von 15 Jahren auf 1200 ℳ, von 20 Jahren auf 1300 ℳ, von 25 Jahren auf 1400 ℳ, von 30 Jahren auf 1500 ℳ, 2) bei Schulstellen zweiter Klasse nach einer Dienstzeit von 5 Jahren auf 1250 ℳ, von 10 Jahren auf 1300 ℳ, von 15 Jahren auf 1350 ℳ, von 20 Jahren auf 1450 ℳ, von 25 Jahren auf 1550 ℳ, von 30 Jahren auf 1650 ℳ, 3) bei Schulstellen erster Klasse nach einer Dienst⸗ zeit von 5 Jahren auf 1400 ℳ, von 10 Jahren auf 1450 ℳ, von 15 Jahren auf 1500 ℳ, von 20 Jahren auf 1600 ℳ, von 25 Jahren auf 1700 ℳ, von 30 Jahren auf 1800 Vicare bei ländlichen Schulstellen haben außer freier Wohnung oder einem angemessenen Geld⸗ äquivalente hierfür eine jährliche Remuneration von mindestens 720 zu beanspruchen. Falls sie zugleich den Kirchendienst besorgen, haben sie außerdem die Aecidentien in kirchlichen Kasualfällen zu beziehen. Die Minimal⸗ besoldung, die ein ständiger, städtischer Lehrer bei seiner definitiven oder provisorischen Anstellung zu beanspruchen hat, wird ausschließlich der ihm zu gewährenden freien Wohnung oder eines angemessenen Geldäquivalentes dafür auf 1050 festgesetzt. Vicare bei städtischen Schulstellen haben ausschließlich der Wohnung resp. Wohnungs⸗Geld⸗ entschädigung eine jährliche Remuneration von mindestens 800 zu beanspruchen. Im übrigen bleibt der § 12 des Gesetzes vom 22. Dezember 1875 in Kraft, welcher besagt: „Im übrigen bleibt die Regelung der Besoldungsverhältnisse der Volksschullehrer in den städtischen Schulgemeinden den com⸗ petenten Behörden und Vertretungen derselben unter der Ober⸗ aufsicht der oberen Schulbehörde in der bisherigen Weise über⸗ lassen.“ Schließlich sei noch bemerkt, daß die Landschaft zu der beabsichtigten Verlegung des Herbstbußtags auf den Mittwoch vor dem letzten Trinitatis⸗Sonntag unter der Voraussetzung ihre Zustimmung erklärt hat, daß die erstrebte Einigung mit den norddeutschen Landeskirchen über die Feier eines einheitlichen Buß⸗ und Bettages im wesentlichen erreicht wird.

Der Trauerfeier für den verstorbenen Staats⸗Minister a. von Krosigk, die am 28. d. M. in Dessau abgehalten wurde, wohnten, wie der „A. St.⸗A.“ meldet, auch Ihre Hoheiten der Herzog und die Herzogin, sowie alle zur Zeit in Dessau anwesenden Mitglieder des Herzoglichen Hauses bei. Der Consistorial⸗Rath Werner hielt die Gedächtnißrede, nach deren Schluß die Ueberführung der Leiche nach Gröna, dem Gute des Verstorbenen, erfolgte, wo die Beisetzung gestern stattfand.

D D.

Oesterreich⸗Ungarn.

Die Kaiserin hat gestern Nachmittag einem Telegramm

des „W. T. B.“ aus Madrid zufolge Palma auf der Insel Majorka an Bord des Dampfers „Miramar“ verlassen.

Da sich infolge der Verhältnisse in Serbien die recht⸗ zeitige Inkraftsetzung des neuen österreichisch⸗serbischen Handels⸗ vertrags als unmöglich herausgestellt hat, so ist, wie das „rdbl.“ mittheilt, gestern im Ministerium des Auswärtigen die Verlängerung des alten Vertrags bis Ende Juni 1893 unterzeichnet worden.

Gestern Abend hat im österreichischen Finanz⸗Ministerium eine mehrstündige Conferenz zwischen dem österreichischen Finanz⸗ Minister Dr. Steinbach, dem ungarischen Minister⸗Präsi⸗ denten und Finanz⸗Minister Dr. Wekerle und den Ver⸗ tretern der Rothschildgruppe, dem Baron Albert von Rothschild, Director Mauthner, Baron Bezecny, von Taussig und Markgraf Pallavicini über die Inangriff⸗ nahme der durch die Valutaregulirung bedingten Finanz⸗ operationen stattgefunden. Die Verhandlungen beschränkten sich dem „Fremdenblatt“ zufolge auf einen eingehenden Meinungsaustausch, bestimmte Beschlüsse wurden nicht gefaßt. Der ungarische Finanz⸗Minister Dr. Wekerle bleibt auch heute noch in Wien. 8

Großbritannien und Irland.

Der Premier⸗Minister Gladstone feierte Biarritz seinen 83. Geburtstag.

Infolge der Explosion in Dublin entfaltet der „Magd. Ztg.“ zufolge die Londoner Polizeibehörde eine unge⸗ wöhnliche Rührigkeit in der Ueberwachung der irischen und fremden Anarchisten. Gestern lief bei der Polizei eine anonyme Zuschrift ein, worin die Ermordung des Staatssecretärs Morley angedroht wird. Alle Staatsgebäude werden schärfer als sonst bewacht. Es verlautet, die irische Regierung beab⸗ sichtige, gewisse Abschnitte des aufgehobenen Zwangsgesetzes

gestern in

wieder in Kraft zu setzen.

Frankreich.

Nach einem Telegramm des „W. T. sich Jules Ferry in einer Unterredung mit einem Zeitungs⸗ berichterstatter über die gegenwärtige politische Lage aus⸗ gesprochen und dabei Folgendes geäußert: Wir werden, wenn wir unsere Feinde erst genauer unterscheiden können, unsere Reihen reformiren, in denen sich alle anständigen, auf Ruhe bedachten Republikaner sammeln werden, die in gleichem Maße der Dictatur wie einer Restauration und der Anarchie als Gegner gegenüberstehen. Unter dem Vorwande, die öffentliche Moralität zu vertheidigen, will man die Republik zu Grunde richten. Ferry schloß mit den Worten: „Lassen wir von den Gerichten diejenigen Per⸗ sonen treffen, deren Rechtschaffenheit nicht unantastbar ist, und rüsten wir uns dazu, die öffentlichen Freiheiten zu ver⸗ theidigen.“

Die Panama⸗Untersuchungscommission nahm gestern, wie der „Frkf. Ztg.“ gemeldet wird, Berichte von Villebois, Mareuil und Bertrand über die 17 000 Bons⸗ Talons entgegen, die sich auf die Vertheilung von 20 Millionen Publicitätskosten für die Panama⸗Emissionen beziehen. Es wurde beschlossen, diese Beri

te geheim zu halten und die Bons⸗

Talons dem Untersuchungsrichter auszuhändigen. Außerdem vernahm die Commission den Vertreter der russischen „Moskauer Zeitung“ in Paris, der die Erklärung abgab, sein Blatt habe niemals Geld empfangen, das von der

Panama⸗Gesellschaft oder aus einer ä lhchen Quelle herrührte. Die Commission vertagte sich sodann bis zum 5. Januar n. J.

In einer Note der „Agence Havas“ wird die Behauptung des „Soleil“, daß Präsident Carnot in einem Schreiben an Christople, den Gouverneur des Crédit foncier, angesichts der allgemeinen Wahlen von 1889 um Ueberlassung einer

Geldsumme gebeten habe, für unbegründet erklärt.

Die Meldung, daß das Gutachten des Dr. Brouardel über den Tod des Barons Reinach dahin laute, daß Reinach eines natürlichen Todes gestorben sei, wird, wie

„W. T. B.“ berichtet, in einer den Blättern zugestellten officjösen Mittheilung als ““ bezeichnet. Die ö sei noch nicht abgeschlossen. Die Chemiker seien mit der Vornahme neuer Analysen beauftragt.

Der Sachverständige Girard glaubt, die gestern früh in der Polizei⸗Präfectur erfolgte Explosion sei durch eine etwa 200 g Pulver und Eisenstücke enthaltende Sturzbombe verursacht worden, die in eine bei der Haupttreppe be⸗ findliche Holzkiste bereits gestern Nachmittag niedergelegt worden sei. Die Explosion würde, wenn sie bei Tage

f wäre, voraussichtlich Menschenverluste herbeigeführt Von mehreren anderen Seiten wird das Attentat den Anarchisten zugeschrieben. Auf der Polizei⸗Präfectur ist man der Ansicht, daß es sich nicht um eine That von Anarchisten handele, sondern um den Racheact eines ehemaligen Verwaltungsbeamten der Polizei⸗Präfectur, eines entlassenen Bureaudieners oder eines Polizisten, der sich an seinen Vor⸗ gesetzten habe rächen wollen. 8

Italien.

Der preußische Gesandte bei der Curie von Bülow hat ktaut Meldung des „W. T. B.“ gestern dem Papst die Glückwünsche zum Jahreswechsel dargebracht.

Spanien.

Die Königin⸗Regentin hat gestern, wie „W. T. B.“ meldet, die Ernennung Mendez Vigo's zum Botschafter in Berlin unterzeichnet.

Die Beschlüsse, welche der Bundesrath in seiner Sitzung vom 27. d. M. gegen Frankreich gefaßt hat, lauten

ach dem „Bund“ wörtlich:

1) Der Ratificationsaustausch, betreffend das Handelsüberein⸗ ommen vom 23. Juli 1892 und der demselben beigefügten Ueber⸗ inkünfte, findet nicht statt.

2) Vom 1. Januar 1893 an werden die aus Frankreich und den französischen Colonien herstammenden Waaren bei der Einfuhr in die Schweiz dem schweizerischen Generalzolltarif vom 10. April 1891,

owie den vom Bundesrath in Anwendung von Art. 34 des chweizerischen Zollgesetzes von 1851 festgesetzten Erhöhungen unter⸗ worfen. Sendungen aus Frankreich, welche am 31. cr in der Schweiz anlangen und vor Mitternacht unter eidgenössische Zollcontrole treten, genießen noch die Ansätze des Conventionaltarifs.

3) Der Bundesrathsbeschluß vom 20. Januar 1892, welcher sich auf die Vollmacht der Bundesversammlung vom 29. gleichen Monats stützte und durch welchen verfügt wurde, daß die in der Beilage F zum schweizerisch⸗französischen Handelsvertrage vom 23. Februar 1882 zu Gunsten der Einfuhr aus der Landschaft Gex vereinbarten Zollerleichterungen vom 1. Februar 1892 an auf Zu⸗ sehen hin und bis auf weiteres in Kraft bleiben, ist aufgehoben.

Die Bestimmungen von Ziff. 2 des vorliegenden Beschlusses finden vom 1. Januar 1893 an auf alle aus der Landschaft Gex in die Schweiz eingeführten Waaren Anwendung.

4) Vom genannten Tage an kann für diejenigen Waarengattungen, die durch weitere Publikationen der eidgenössischen Zollverwaltung bezeichnet werden, die Vorweisung von Ursprungszeugnissen verlangt werden.

5) Das schweizerische Finanz⸗ und Zolldepartement wird mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

Folgende Artikel, die auch von der deutschen Industrie nach der Schweiz exportirt werden, hat der Bundesrath der „Frkf. Ztg.“ zufolge Frankreich gegenüber mit nachstehenden Zöllen belegt:

Butter, frische, 12 Fr.; Cacaopulver 100 Fr.; Zucker in Hüten 20, Zucker geschnitten oder gepulvert 25 Fr.; Fette, Oele 3 (überall Franken verstanden); Druck⸗, Schreib⸗ und Postpapier 14; Pappen⸗ deckel 15; Buchbinder⸗ und Cartonage⸗Arbeiten 150; Bänder und Posamenteriewaaren, wollene 20, baumwollene und flachsene 120, seidene und halbseidene 300; Kammgarngewebe 250; Boden⸗ teppiche, feine 140, grobe 80; Kleidungsstücke, baumwollene und leinene 300, seidene und halbseidene 600, wollene 350; Wirkwaaren, baumwollene und leinene 200, wollene 250, seidene und halbseidene 500; Hüte aller Art 200 Fr.; Regen⸗ und Sonnenschirme, baum⸗ wollene 80, wollene und halbwollene 120, seidene und halbseidene 200; Zuchtstiere, Kühe und Rinder 40 Fr. per Stück; Jungvieh 30; Schweine über 60 kg 12; gemeine Quincaillerie⸗ und Kurzwaaren 100, feine 300; Spielzeug aller Art 300; Stand⸗ und Wanduhren 50 Fr. Die Zölle werden gültig vom 1. Januar.

Belgien.

-Minister⸗Präsident Beernaert hat, wie die „Ind.

Belge“ meldet, den Kammern einen neuen Entwurf zur Verfassungsrevision vorgelegt. Der „Magd. Zig.“ wird über die Grundzüge des Entnrfs Folgendes mitgetheilt: 1) Der Wahlcensus, wie er heute besteht, ist abgeschafft. 2) Das Wahlrecht steht allen Staatsbürgern zu, die in einem mit mindestens zehn Francs Grundsteuer belasteten Hause wohnen. 3) Alle Staatsbürger, die diese Bedingung nicht erfüllen, können trotzdem das Wahlrecht erwerben, falls sie sich einer Wahl⸗ prüfung unterziehen. 4) Die Ausübung des Wahlrechts ist obligatorisch, die Nichtausübung wird unter Strafe gestellt. 5) Einführung des Proportionalsystems d. h. Vertretung der Minderheiten. 6) Den Kammern steht es frei, ohne Ver⸗ fassungsänderung das allgemeine Stimmrecht einzuführen, sobald sich in beiden Häusern des Parlaments eine Zweidrittel⸗ Mehrheit dafür findet.

Rumänien.

Aus Anlaß des gestrigen Geburtsfestes der Königin wurden, wie „W. T. B.“ aus Bukarest berichtet, dem König zahlreiche Glückwünsche dargebracht. Die Stadt war festlich beflaggt.

er Senat hat das Handelsabkommen mit Italien mit 87 gegen 3 Stimmen genehmigt. Der Minister des Aeußern Lahovary hob die Vortheile des Abkommens für Rumänien hervor sowie die günstige Aufnahme der rumänischen Vorschläge von Seiten der italienischen Regierung, was als ein Zeichen für die vortrefflichen Beziehungen zwischen beiden Staaten betrachtet werden könne.

In Belgrad sind am 26. d. M. die Wahlen in den Gemeinderath, und zwar von 36 Mitgliedern und 16 Ersatz⸗ männern, vorgenommen worden. Es siegten, wie die „Wien. Abdpost.“ erfährt, hierbei wieder die Liberalen. Die Regent⸗ schaft weigert sich, den Beschluß des Ministerraths wegen Aufhebung des Staatsraths (Siehe Nr. 302 des „R. u. St.⸗A. vom 21. d. M.) vor der Einberufung der Skupschtina ausführen zu lassen, da einem solchen Verfahren. verfassungsrechtliche Bedenken entgegenständen. Infolgedessen sieht sich die Regierung genöthigt, den Staatsrath bis zu dem erwähnten Zeitpunkt weiterfunctioniren zu lassen. 8

Afrika.

Dem „Reuter’'schen Bureau“ wird aus Kairo gemeldet: Der Präsident des Ministerraths Mustapha Fehmi⸗Pascha ist an doppelseitiger Lungenentzündung schwer erkrankt. Nach dem heute Abend ausgegebenen ärztlichen Bulletin ist die Nahrungsaufnahme nicht vollständig gehindert, der Kranke

jedoch sehr schwach.

Nr. 52 der „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“ vom 29. Dezember hat folgenden Inhalt: Personal⸗Nachrichten. Gesundheitsstand. Mittheilungen über Volks⸗ krankheiten, insbesondere Cholera. Sterbefälle in deutschen Städten mit 40000 und mehr Einwohnern. Desgl. in größeren Städten des Auslandes. Erkrankungen in Berliner Krankenhäusern. Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. Witterung. Maßregeln gegen Cholera ꝛc. Gesetzgebung u. s. w. (Preußen). Thermometer. Begräbnißplätze. Tuberkulose. (Italien). Impfwesen. Thierseuchen im Deutschen Reich, November. Lungenseuche im Deutschen Reich 1891. Thierseuchen in den Nieder⸗ landen, November. Desgl. in Dänemark, 2. Vierteljahr. Rinder⸗ pest und sibirische Pest in Rußland, 2. Vierteljahr. Veterinär⸗ polizeiliche Maßregeln. (Preußen: Regierungsbezirk Osnabrück, Düssel⸗ dorf, Aachen, Baden, Oldenburg, Bremen). Rechtsprechung. (Land⸗ gericht Landsberg). Behandlung einer Geisteskranken durch Magne⸗ tisiren. Vermischtes. (Preußen). Schlachthäuser. (Aunstralien. Viktoria). Krankenhäuser.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Dem Spielkartenstempel sind, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, II. Strafsenats, vom 30. September 1892, alle zum

Kartenspiel geeigneten Karten unterworfen, auch wenn sie zum Kartenspiel nicht bestimmt sind.

Nach § 288 des Strafgesetzbuchs wird derjenige, welcher bei einer ihm drohenden Zwangsvollstreckung in der Absicht, die Befriedigung des Gläubigers zu vereiteln, Bestandtheile seines Vermögens veräußert oder bei Seite schafft, „auf Antrag des

läubigers“ verfolgt und mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft. In Bezug auf diese Bestimmung hat das Reichsgericht, IV. Strafsenats, durch Urtheil vom 14. Oktober 1892 ausgesprochen, daß antragsberechtigt nur derjenige Gläubiger ist, von welchem die Zwangsvollstreckung droht.

Kunst und Wissenschaft.

ẽ† Edvard Munch, dessen Bilder bei ihrer ersten Ausstellung im Verein Berliner Künstler so lebhaftem Widerspruch von Seiten eines Theils der hiesigen Künstlerschaft begegneten, hat jetzt im zweiten Stockwerk des Equitable⸗Palastes in der Friedrichstraße eine Sonder⸗Ausstellung veranstaltet, die außer den an dieser Stelle bereits besprechenen Werken noch manche beachtenswerthe neue Schöpfungen, im ganzen siebenundsechzig Nummern, umfaßt. Hervorragend sind besonders Munch's Leistungen im Bildniß⸗ fach; er erfaßt die. Persönlichkeit in ihrem innersten Wesen, weiß die ihre Eigenschaften kennzeichnenden Züge mit überzeugender Kraft her⸗ vorzuheben und erzielt trotz der Nachlässigkeit der Durchführung eine einheitlich geschlossene Wirkung. Scheinbar interessirt ihn nur das coloristische Problem der Darstellung, wie er denn z. B. ein Frauen⸗ porträt einfach als Studie in „Schwarz und Violett“ bezeichnet; aber für den Beschauer tritt diese Seite der Leistung in den Hintergrund gegen die Wucht ernster, entschlossener Charakteristik, die aus diesen he Zügen überzeugend uns entgegentritt. Man glaubt seinen Menschen auf den Grund der Seele blicken, das Innerste ihres Wesens erkennen zu können; und das alles, ohne daß der Künstler durch irgendwelche Absichtlichkeit verletzt, durch andere Besonderheiten als die dargestellten zu wirken versucht. Plastisch treten aus den in der Nähe gesehen verworrenen Farbenmassen die Formen hervor, Wunderlichkeiten des unruhigen Colorits erklären sich als wohlerwogene Mittel zum Zweck, und die anfangs überraschenden und zum Widerspruch reizenden Härten erscheinen bei richtigem Abstand als kräftige, nothwendige Accente. Solche Kunst kann unmöglich das durch gefällige Linien und sanfte Vermittelung der Farben verwöhnte Auge beim ersten Anblick gewinnen, aber bei längerem Betrachten überzeugt sie umsomehr von ihrer Wahrhaftigkeit. An Munch's Werken kann man der Reihe nach alle modernen Pariser Malarten studiren und prüfen. Dies rastlose Ringen nach neuen Ausdrucks⸗ formen hat freilich etwas Nervöses und Gewaltsames an sich, aber niemand, der historisch denken gelernt, wird die Keime frischer, verheißungsvoller Entwickelung in solchem Schaffen übersehen können. Die Versuche Besnard's und Zorn'’s, das Auge der Kunstfreunde für die Reize des Lichtspiels in der Natur, für seine wunderlichen Launen und Widersprüche zu interessiren, haben auch Munch zu neuen Experi⸗ menten angeeifert. Die neuerdings in Paris heimisch gewordene Malart, welche die Lichtmassen in eine Unzahl kleiner Lichtpunkte und ⸗Flecken zerlegt, erkennen wir in dem Frühling in Christiania“ wieder, die Zusammensetzung eigheiglücher Farbentöne aus zahllosen verschieden⸗ artigen Schattirungen und Reflexen demonstrirt das Porträt des Dichters Strindberg, vielleicht in etwas gar zu absichtlicher Weise. Aber all diese mannigfachen Versuche geben nicht nur einen Beweis für das unermüdliche Streben des jungen Norwegers, sondern sie können auch als werthvolles Studienmaterial für unsere ein⸗ heimische Künstlerwelt gelten. Schon aus diesem Grunde hätte man Munch's Ausstellung im Architektenhause begünstigen und dankbar anerkennen sollen. Aber auch der Nichtkünstler wird aus dem hier gebotenen Einblick in eine moderne Malerwerkstatt vielseitige und lebhafte Anregung schöpfen, wenn er die überkommenen Anschauungen von künstlerischer Auffassung der Neubelehrung hintanzusetzen vermag.

Handel und Gewerbe. 1 1

e Wagengestellung fük Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 29. d. M. gestellt 9858, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen. 8 1 In Oberschlesien sind am 28. d. M. gestellt 4269, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.

Bradford, 29. Dezember. (W.,. T. B.) Wolle fest,

ruhig; Merinowolle eher schwächer; Garne stramm; Stoffe unver⸗ ändert.

Verkehrs⸗Ansta lten.

In Italien sind die aus Anlaß der Cholera für Post⸗ sendungen aus Deutschland erlassenen Einfuhrbeschrän⸗ kungen jetzt aufgehoben worden. Sendungen nach Italien erhalten demgemäß auf dem Wege durch, die Schweiz unbeschränkt, auf dem Wege durch Oesterreich insoweit Beförderung, als ihr Inhalt nicht unter die in Oesterreich noch bestehenden Durchfuhrbeschränkungen fällt. Ferner sind in Schweden neuerdings Milderungen der Einfuhrbeschränkungen für Sendungen aus Deutsch⸗ land eingetreten. Danach ist in Schweden jetzt nur noch die Einfuhr von Lumpen allgemein verboten. Die Ein⸗ fuhr von gebrauchtem Bettzeug und getragenen Klei⸗ dungsstücken ist in dem Fall gestartet, wenn diese Gegenstände ausschließlich zum persönlichen Gebrauch des Eigenthümers, seiner Familie oder seiner Dienerschaft bestimmt sind; Kunstwolle und sogenannter Shoddy (Wollabfall) darf unter gewissen, von den schwedischen Be⸗ hörden nach Ankunft der Sendungen jeweils festzusetzenden Bedingungen in Schweden eingefuührt werden.

Für die Schiffbarmachung der Fulda von Cassel bis Münden ist das Verfahren behufs Enteignung des zum Baue der Schleusenanlagen und Wehre erforderlichen Grund und Bodens, so⸗ weit der Regierungsbezirk Cassel in Frage kommt, fast ganz zum Ab⸗ schluß gelangt, sodaß der Beginn der eigentlichen Bauausführung er⸗ folgen kann, sobald es die Witterung gestattet. Einzelne Hochbauten sind bereits in Angriff genommen und theilweise unter Dach gebracht; mit den Ausschachtungen und der Anschüttung eines Dammes für die Hafenanlage bei Cassel ist begonnen worden.

Bremen, 30. Dezember. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer „Ems“, am 15. Dezember von Neapel abge⸗ gangen, ist am 28. Dezember Nachmittags in New⸗York an⸗ gekommen. Der Postdampfer „H. H. Meier“, nach New⸗York bestimmt, hat am 29. Dezember Vormittags Dover passirt. Der Schnelldampfer „Kaiser Wilhelm II.“, am 17. Dezember von New⸗York abgegangen, ist am 29. Dezember Morgens in Genua angekommen. Der Schnelldampfer „Elbe“ hat am 29. Dezember Nachmittags die Reise von Southampton nach Bremen fort⸗ gesetzt; er überbringt 243 Passagiere und volle Ladung.”

Hamburg, 29. Dezember. (W. T. B.) Hamburg⸗Ame⸗ rikanische Packetfahrt⸗Actien⸗Gesellschaft. Der Post⸗ dampfer „Morawia“ ist, von Hamburg kommend, gestern Abend in New⸗PYork eingetroffen. Der Postdampfer „Borussia“ hat, von New⸗York kommend, heute Morgen Lizard passirt. Der Postdamper „Russia“ ist, von New⸗York kommend, heute Mittag auf der Elbe eingetroffen.

London, 29. Dezember. (W. T. B.) Der Uniondampfer Tartar“ ist auf der Ausreise heute von Madeira abgegangen. Der Castle⸗Dampfer „Venice“ ist auf der Ausreise gestern in Durban (Natal) angekommen.

New⸗York, 29. Dezember. (W. T. B.) Der hier eingetroffene Dampfer „Galileo“ berichtet, er habe am 25. Dezember unter dem 42. Breitengrade und dem 58. Längengrade den überfälligen Dampfer „Umbria“ passirt, der drei rothe Signale, jedoch keine Nothsignale gezeigt habe.

Theater und Musik.

Berliner Theaa

In Schillers „Kabale und Liebe“ trat gestern Abend Fräu⸗ lein Ernestine Brand vom Stadttheater zu Darmstadt zum ersten Mal in einem auf Engagement abzielenden Gastspiel als Luise auf. Die junge Dame bringt eine vortheilhafte Erscheinung, ein klang⸗ volles Organ und große Bühnengewandtheit mit. Es ist zu erkennen, daß sie in fleißigem Studium den von ihr darzustellenden Charakter eifrigst durchdacht hat und auch bemüht gewesen ist, sich in ihn hinein⸗ zuleben. Ihre Worte fließen deshalb deutlich und ungezwungen sowie mit richtiger und verständnißvoller Betonung heraus, doch fehlt es an manchen Stellen der Darstellung noch an der erforderlichen Wärme der Empfindung, die gerade in dieser Rolle so ergreifend wirken kann. Die kindliche Liebe zu ihrem Vater und die würdevolle Haltung der Lady Milford gegenüber wußte Fräulein Brand mit Innigkeit und treffend zum Ausdruck zu bringen; bei der leidenschaft⸗ lichen Schwärmerei für den Major von Walter dagegen hätte tieferes Empfinden hervortreten müssen. Sicherlich ist Fräulein Brand eine Schauspielerin von großer Begabung, die sich nach dieser ersten Probe voraussichtlich in das bewährte Ensemble des Berliner Theaters leicht hineinfinden wird, worüber be⸗ stimmter jedoch erst nach ihrem Auftreten in anderen Rollen geur⸗ theilt werden kann. Im übrigen nahm die Aufführung den bei diesem Kunstinstitut bekannten glänzenden Verlauf. Fräulein Haverland als Lady Milford und Herr Stockhausen zeichneten sich durch mustergültige Leistungen aus, die auch durch lebhaften Beifall . bührende Anerkennung fanden. An dem Erfolge des packenden Trauerspiels waren ferner rühmlichst betheiligt Frau Baumeister und die Herren Nollet, Schindler, Suske, Kraußneck und Weiß.

Saal des Architektenhauses, 1

Die „Freie musikalische Vereinigung“, die seit den drei Jahren ihres Bestehens unter Leitung des Herrn Philipp Roth den Zweck verfolgt, den Componisten der Gegenwart zur wei⸗ teren Verbreitung ihrer Werke zu verhelfen, veranstaltete gestern ihren sechsten Vortrags⸗Abend. Ein Quintett (op. 41) für Klavier, Violine, Viola, Violoncell und Cer zeab22 von Mori Scharf, ein sehr klares und stilvoll gehaltenes Werk, das, den besten Vorbildern folgend, besonders in den beiden letzten Sätzen originelle Erfindung erkennen läßt, eröffnete die Reihe der Vorträge. Die Herren Hirschberg (Klavier), Holtz⸗ heuer (Violine), Oberholzer (Viola), Roth (Cello) und Clam (Contrabaß) führten dies Quintett mit lobenswerther Hingebung für die Sache aus. Es folgten hierauf vier Lieder von R. Buck, unter denen „Venezia“ und „Diebstahl“ besonders gefielen, und die von Fräulein Trippenbach (Sopran) vortrefflich vorgetragen wurden. Von zwei Klavierstücken, die der Componist Herr Oberholzer selbst vortrug, ist das erste: „Scherzo“ besonders lobend zu erwähnen. Eine Opern⸗Arie aus „Irmela“ von F. Neumann zeugte zwar von melodischer Erfindung, machte jedoch mehr den Eindruck eines Liedes. Dies Gesangstück, so⸗ wie ein sehr anmuthiges Lied „Ich glaube in allen Tagen“ von Handwerg brachte die hier bereits vortheilhaft bekannte Concert⸗ sängerin Fräulein Paghelli trefflich zur Geltung. Ganz be⸗ sonders hervorzuheben sind ferner die drei Lieder von B. Wandelt: „O. stille dies Verlangen“, „Der Nachtvogelsang“ und „Willst du mein sein“, die, von dem Baritonisten Herrn Severin mit klangvoller Stimme und Wärme der Empfindung vorgetragen, lebhaften Beifall erweckten. Den Schluß des Abends machten die sehr originellen schwedischen Tänze für Violine und Klavier (op. 63) von M. Bruch, die von Herrn und Frau Holtzheuer ausgeführt wurden. Das Programm enthielt noch fünf Lieder für Sopran, die leider wegen der plötzlich eingetretenen Heiser⸗ keit des Frl. von Cölln ausfallen mußten.

Am Sonntag geht im König lichen Opernhause „Der fliegende Holländer“ mit den Damen Pierson und Lammert, den Herren Rothmühl, Stammer, Betz und Lieban in Scene. Im König⸗ ichen Opernhause wird die zehnjährige Wiederkehr des Todestages Richard Wagner'’s (13. Februar 1893) mit einer besonderen Feier begangen werden. Des Meisters „Rienzi“ geht nach der neu revidirten Partitur