1893 / 4 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 05 Jan 1893 18:00:01 GMT) scan diff

betriecb oder Branntweinkleinhandel des Lagerhalters, Geschäftsführers, Kastellans u. f. w. vorliegt, dessen gesetzwidriges Treiben die Mitglieder häufig noch durch Besorgung eines billigen Einkaufs der Getränke in seinem Interesse oder in anderer Weise unterstützen. 1u

Da solche Gesetzesumgehungen durch eine nur zum Schein vorgeschobene Vereinsbildung an vielen Orten zu einer ernsten Gefahr für das Volkswohl zu werden drohen, ersuche ich Euer Hoch⸗ wohlgeboren ergebenst, die Aufmerksamkeit der Polizeibehörden auf die in Rede stehenden Vereine besonders hinzulenken. Durch sorgfältige Ermittelungen ist überall der Sachverhalt möglichst klarzustellen und das gesammelte Matcrial, falls der Verdacht der Simulation sich be⸗ gründen läßt, zur Strafverfolgung gegen den Lagerhalter und die etwa mitschuldigen Mitglieder den Staatsanwaltschaften zu übergeben. Seitens der letzteren ist nach einer Mittheilung des Herrn Justiz⸗ Ministers ein nachdrückliches Vorgehen zu erwarten.

Seine Hoheit der Erbprinz von Sachs en⸗Meinin gen, General⸗Lieutenant und Commandeur der 2. Garde⸗Infanterie⸗ Division, hat sich nach Sigmaringen begeben.

I1X“ Sigmaringen, 5. Januar. Seine Königliche Hoheit der Prinz Ferdinand von Rumänien ist heute hier eingetroffen. Bayern.

Der Oberste Schulrath hat die Berathung einer all⸗ gemeinen Instruction zu den Schulordnungen der Gymnasien beendet und den bezüglichen Entwurf (vorbehaltlich der Redac⸗ tion durch eine Subcommission) in erster Lesung festgesetzt. Die zweite Lesung wird der „Allg. Ztg.“ zufolge gegen Ende der Woche erfolgen. In den gestrigen zwei Sitzungen wurde der zweite Punkt der Tagesordnung, die neue Prüfungs⸗ ordnung für das höhere Lehramt, nach den Vor⸗ schlägen des Universitäts⸗Professors Dr. von Müller besprochen; an dritter Stelle gelangt sodann die Einrichtung pädagogisch⸗ didaktischer Seminare zur Verhandlung.

Baden.

Seine Königliche Hoheit der Kron dranh von Schweden und Norwegen hat gestern die Rückreise von Karlsruhe nach Schweden angetreten. Ihre Königliche Hoheit die Kron⸗ prinzessin begleitete Höchstdenselben bis Frankfurt und kehrte Nachmittags wieder nach Karlsruhe zurück.

Elsaß⸗Lothringen.

Das von reichsländischen Blättern gemeldete Gerücht von dem Ausscheiden des Unter⸗Staatssecretärs von K. öller und dessen Ersetzung durch einen Beamten aus der Umgebung des Kaiserlichen Statthalters ist nach der amtlichen „Straßb. Corresp.“ unbegründet.

Oesterreich⸗Ungarn.

Die Kaiserin ist, wie Wiener Blättern aus Madrid ge⸗ meldet wird, vorgestern an Bord der Yacht „Miramar“ in Malaga eingetroffen. 3

Wie das „Reuter’'sche Bureau“ aus Colo mbo von heute meldet, ist der Erzherzog Franz Ferdinand an Bord des Rammkreuzers dort eingetroffen und von den

örden empfangen worden. 1 Behene 1 ncgsolitische Correspondenz“ aus Budapest meldet, ist der Abschluß der Conversionsgeschäfte unmittelbar bevorstehend. Die Unterzeichnung der betreffenden Verträge wird für heute erwartet.

Durch eine zwischen dem Ministerium des Aeußern und der Regierung von Bulgarien gestern ausgewechselte Erklärung ist nach einer Meldung des „H. T. B.“ die Handels⸗ convention zwischen Oesterreich⸗Ungarn und Bul⸗ garien bis Ende 1893 verlängert worden.

Frankreich.

Der gestern Nachmittag erschienene „Temps“ meldet, der Untersuchungsrichter Franqueville habe eine an Charles Lesseps gerichtete Depesche in Beschlag genommen, die für die Untersuchugg von großer Wichtigkeit sei und einen bedenklichen Zwischenfall herbeiführen werde. Dem „W. T. B. zufolge ist bereits gestern Abend infolge dieser Beschlag⸗ nahme der Procurist des Crédit Lyvonnais Namens Blondin verhaftet und in das Gefängniß Mazas eingeliefert worden. Blondin war bei Gelegenheit der Emission der Panamakanal⸗ Loose als finanzieller Journalist ein Unteragent der Panama⸗ Gesellschaft, dem es oblag, die Veröffentlichungen für die letztere zu besorgen. 8 16“

Nach einer Mittheilung der „Agence Havas“ wäre der auf den Namen „Lichtenstein“ lautende Check nicht für den Obersten Lichtenstein, sondern für einen ausländischen Journalisten dieses Namens bestimmt gewesen.

Der „Gaulois“ droht, neue dem Anscheine nach gegen Freycinet gerichtete Enthüllungen zu veröffent⸗ lichen. Der Minister habe aus Gefälligkeit gegen die radicalen Parteiführer ein von Cornelius Herz begon⸗ nenes Unternehmen, bei dem es sich um eine neue, für den Fall der Mobilmachung in Betracht kommende Zugbremse ge⸗ handelt habe, gefördert. Der „Gaulois“ droht für den Fall, daß der Minister nicht in nächster Zeit seine Entlassung nehmen sollte, weitere Einzelheiten veröffentlichen zu wollen. 5

Die Polizei hat die Anarchisten Etiévant und Ze⸗ vacco, welche die lebhafteste Agitation für die Veranstaltung von Kundgebungen aus Anlaß des Wiederzusammentritts der Kammer entfalteten, verhaftet. Die Verhaftung von Etiévant erfolgte wegen Verbreitung revolutionärer Schriften und Maueranschläge, der Haftbefehl gegen Zevacco wurde auf Grund eines früheren, nunmehr rechtskräftig gewordenen Urtheils erlassen.

Rußland. b

Das Plenum des Reichsraths wird nach einer Meldung des „W. T. B.“ am nächsten Montag endguültig über das Budget für das Jahr 1893 abstimmen.

8 Spanien.

Die Königin⸗Regentin wird dem „W. T. B.“ zufolge heute das Decret unterzeichnen, durch welches die Auflösung der Kammern verfügt wird. ““

Portugal.

Dem Vernehmen nach wird, wie 3. T. B.“ aus Lissabon meldet, die Einbringung der Finanz⸗Vorlagen in den Cortes, darunter derjenigen über die auswärtige

Schuld bis zur Einbringung des Budgets für 1893/94 verschoben werden. Es wird angenommen, daß die Vorlage wegen Herabsetzung der Zinsen für⸗ die aus⸗ wärtige Schuld, das provisorische Decret vom 13. Juni 1892, wonach die Zinsen auf ein Drittel des Be⸗ trages herabgesetzt wurden, in ein definitives umwandeln werde.

Die Regierung hat dem General⸗Procurator den Bericht der Untersuchungscommission über die Geschäfts⸗ gebarung des früheren portugiesischen Verwalt ungsraths der Königlichen Eisenbahngesellschaft übersandt, um zu erfahren, ob eine gerichtliche Untersuchung eingeleitet werden solle. 9 8

Die E“ auf Grund des schweize⸗ rischen Generaltarifs und seiner Erhöhungen an der französischen Grenze hat, wie der „Bund“ mittheilt, zu keinen besonderen Schwierigkeiten geführt. Eine große Zahl von französischen Häusern hat in letzter Stunde mit Schnell⸗ ügen ihre Waaren nach der Seee zu bringen gesucht und Faßür große Opfer gebracht. Auch schweizerische Firmen haben vor Thoresschluß in bedeutendem Maßstab nach Frankreich ausgeführt.

Serbien.

Der Entwurf eines Handelsvertrags mit R. ußland ist, wie die Wiener „Presse“ erfährt, fertiggestellt und nach St. Petersburg gesandt worden.

Wie dem „Reuter'schen Bureau“ aus Lima von gestern gemeldet wird, hat der Minister der auswärtigen Angelegen⸗ heiten Larrabure y Unänue infolge von Differenzen mit dem Minister⸗Präsidenten Elias, bezüglich der diplomatischen Regelung der zwischen Peru und Chile schwebenden Frage, seine Entlassung eingereicht. Die übrigen Mitglieder des Cabinets stehen auf Seiten des Minister⸗Präsidenten.

Parlamentarische Nachrichten.

Dem Hause der Abgeordneten ist der Entwurf eines Ge⸗ setzes, betreffend die Aufhebung von Stolgebühren für Taufen, Trauungen und kirchliche Aufgebote im Bezirk des Consistoriums zu Cassel, zugegangen. 1“

Statistik und Volkswirthschaft.

Stettins Schiff ahrt im Jahre 1892.

Im Jahre 1892 sind in den Stettiner Hafen eingegangen 3895 Seeschiffe (Dampfer und Segelschiffe) mit zusammen 3 415 497 chm Raumgehalt (gegen 3937 Schiffe mit 3 486 053 chm in 1891 und 4346 Schiffe mit 3 697 704 cbm in 1890). Von der Gesammtzahl der im vergangenen Jahre eingegangenen Seeschiffe waren 2578 Dampfschiffe mit einem Gesammt⸗Raumgehalt von 3 078 745 chm (gegen 2649 Dampfer mit 3 089 367 chm in 1891, 2804 Dampfer mit 3 254 845 cbhm in 1890). Die im letzten Jahre ein⸗ gegangenen Dampfer vertheilen sich ihrer Nationalität nach wie folgt: Deutsche 1521, Schweden 310, Engländer 298, Dänen 267, Norweger 110, Russen 30, Holländer 39, Belgier 2, Spanier 1. Segelschiffe gingen ein 1317 mit einem Gesammt⸗Raumgehalt von 336 752 chm (gegen 1288 Schiffe mit 396 686 cbm in 1891, 1542 Schiffe mit 442 859 chm in 1890); diese vertheilen sich ihrer Nationalität nach wie folgt: Deutsche 783, Dänen 269, Schweden

114, Engländer 79, Norweger 43, Russen 12, Holländer 9, Franzosen 6,

Italiener 1, Amerikaner 1. Zur Arbeiterbewegung.

Der Stand der Ausstandsbewegung der Berg⸗ arbeiter des Saarreviers am 4. d. M. ist in einem Telegramm der gestrigen Nummer d. Bl. „nach Schluß der Redaction“ dargestellt. Es ergab sich daraus, daß der Aus⸗ stand nicht aufgehört hatte, ein allgemeiner zu sein, obwohl die Zahl der Ausständigen nicht unbedeutend auf 21 000. zurückgegangen war. Bemerkenswerth erscheint, daß die Bergleute auf zwei Gruben: Wellesweiler und Dilsburg voll⸗ zählig angefahren sind. Nach einem Telegramm der „Köln. Ztg.“ vom gestrigen Tage sind Ruhestörungen vorgekommen in Püttlingen und Bexbach. Am heutigen Tage sollte Vormittags eine Frauenversammlung in dem Saale des Rechtsschutzvereins in Bildstock stattfinden. Ferner wird ge⸗ meldet:

In einer stürmischen Versammlung zu Mittelbexbach wurde der zum Frieden mahnende katholische Geistliche bedroht. In Alten⸗ kessel wurde mehrfach auf Beamte, darunter auch auf einen höheren, scharf geschossen. In der Versammlung in Altenkessel am 3. d. M. (vgl. die gestrige Nr. 3 d. Bl. unter den Telegrammen „nach Schluß der Redaction“) sprachen auch drei Frauen, die zum weiteren Aus⸗ stand aufforderten. Die Theilnehmer zogen unter Gesang und fortwährendem Schießen nach den Ortschaften zurück. An Stelle des verhafteten Warken tritt jetzt Lampert aus Wustweiler als Hräsident des Rechtsschutzvereins auf. Zur Verstärkung des Aus⸗ wurden gewählt: Wilhelm aus Spießen, Schum⸗ mer aus Elversberg, Bitzer aus Altenwald und Remy aus Neun⸗ kirchen, alle längst entlassene Bergleute. In Ensdorf baten die Aus⸗ ständigen den in der Versammlung anwesenden Bürgermeister von Bous, mit der Bergbehörde zu verhandeln.

Die „Saarbr. Ztg.“ berichtet nach dem „Boten“ aus Sulzbach, die dortige Glashütte müsse den Betrieb vorläufig einstellen, da es an Kohlen fehle. Die Wanne solle aber nicht erkalten, damit nach Beendigung des Strikes die Arbeit baldigst wieder aufgenommen werden könne.

Vom heutigen Tage wird gemeldet: Heute Vormittag sind ange⸗ fahren: Auf der Berginspection 1. „Ensdorf“ 555, auf der Beleg⸗ schaft 2 „Louisenthal“ 1165, auf der Belegschaft 3. „von der Heydt“ 731, auf der Belegschaft 4 „Dudweiler b 702, auf der Belegschaft 5 „Sulzbach- 640, auf der Beleg⸗ schaft 6 „Reden: 689, auf der Belegschaft 7 „Heinitz 1077, auf der Belegschaft 8 „Neunkirchen“ 1373, auf der Beleg⸗ schaft 9 „Friedrichsthal 647, auf der Belegschaft 10 „Goettelborn 332 und auf der Belegschaft 11 „Fischbach’ 562 Mann, im ganzen 8473 Mann, also 649 mehr als gestern. Heute Vormittag wurde in Bildstock eine Frauenversammlung abgehalten; es fand eine wahre Völkerwanderung dorthin statt. .

In einer heute in Bildstock abgehaltenen Versam mlung der Bergleute verlas Schillo nach Mittheilungen über den Stand der Dinge im ganzen Revier den Bescheid der Bergwerks⸗ Direction auf seine Eingabe als Vo sitzender des Strike⸗ comitées. Die Bergwerks⸗Direction lehnt in dem Bescheit ab, mit Schillo zu unterhandeln. Gegen Ende der Ver⸗ sammlung kehrte Wagner aus Westfalen mit der Nachricht zurück, daß von dort aus Unterstützungsanträge nach Belgien, England,

Frankreich, Sachsen und Böhmen abgesandt seien. Westfälisches Geld scheint Wagner nicht mitgebracht zu haben.

Von Neunkirchen sind vielfache EbEEEb1 zu be⸗ richten. Die Bergleute, die sich zur Grube wollen, werden von den Ausständigen auf den Straßen angefallen. Auf bayerischem Gehiete kam es in den Wäldern zu Zusammenstößen zwischen beiden Parteien. Vor dem Inspectionsgebäude wurden heute Abend wieder⸗ holt Schüsse abgegeben. In den Straßen von Neunkirchen selbst wurden heute die won der Schicht kommenden Leute von den Frauen und Kindern der Ausständigen mit Steinen beworfen. 1““

In Leipzig fanden am Dienstag wieder zwei social⸗

demokratische Bezirksversammlungen statt, die der „Lpz. Ztg.“ zufolge wieder nur sehr spärlich, von etwa 70 Personen besucht waren. Auf dem socialdemokratischen Parteitag für Mecklen⸗ burg und die Hansastadt Lübeck, der am 1. Januar in Lübeck ab⸗ gehalten wurde, waren, wie der „Vorwärts“ berichtet, 42 Delegirte aus 37 Orten erschienen. Ein Antrag, der den Schwerpunkt der Versammlungen in die Gewerkschaften verlegt wissen wollte, fand durch Annahme folgender Resolution Erledigung: Die politische Agitation in Mecklenburg ist nach den 1 zurichten; jeder Wahlkreis soll seinen Vorort wählen, dem ein Vertrauensmann vorsteht; der Vorort eines jeden Wahlkreises hat regelmäßig an die Agitationscommission zu berichten. Die Agitationscommission hat für die Einführung aller agitatorischen Maß⸗ nahmen, die der Parteitag beschließt, Sorge zu tragen. Die münd⸗ liche Agitation soll in Mecklenburg möglichst in Form von ge⸗ schlossenen politischen Versammlungen betrieben werden. Die „Mecklenburger Volks⸗Zeitung“ wurde als officielles Parteiorgan für Mecklenburg anerkannt. Ferner wurde beschlossen, den internationalen Congreß in Zürich durch Th. Schwarz⸗Lübeck zu beschicken. Zum Sitz der Agitationscommission wurde wieder Lübeck bestimmt.

Tage: Die österreichischen Socialisten verlangen die Bei⸗ behaltung der Feier am 1. Mai als Demonstration für die acht⸗ stündige Arbeitszeit und für das directe Wahlrecht. Wie der „Vorwärts’ berichtet, befinden sich die Arbeiter der Wiener Kassen⸗ fabrik Wiese u. Co. seit dem 22. Dezember v. J. wegen Lohn⸗ herabsetzung im Ausstand.

In den Seidenfabriken bei Aubenas ist es nach einem Pariser Telegramm der „Köln. Ztg.“ wegen der Anwendung des Gesetzes vom 2. November 1892 über den Zehnstundentag zu Streitigkeiten zwischen Arbeitern und Arbeitgebern gekommen. Die Arbeiter haben die Arbeit niedergelegt, weil die Werkführer die 10 Arbeitsstunden auf den Zeitraus von Morgens 5 Uhr bis Abends 7 Uhr vertheilten

Kunst und Wissenschaft.

Ueber den neuen, von Professor Begas hergestellten Entwurf zum National⸗Denkmal Kaiser Wilhelm'’s I. gehen der „N. A. Z.“ folgende Mittheilungen zu: Das Standbild erhält als Hintergrund eine nach dem Schlosse zu geöffnete Säulenhalle, die sich in ihrem Stil dem Charakter des Schlosses und des Eosander'schen Portales anschließt. Die Anlage wird derart gestaltet, daß sich nach allen Seiten Durchblicke eröffnen. Der Kaiser reitet auf das Schloß zu und tritt soweit aus der Halle hervor, daß er von beiden Seiten frei gesehen wird. Die beiden Ausläufer der Säulenhalle sind mit Portalen in barockem Stil geschmückt, auf denen sich Quadrigen befinden. An der Säulenhalle werden den deutschen Fürsten Denk⸗ mäler in Form von Statuen gesetzt, die in der Ausführung eine Große von 4 m erhalten; unsere berühmten Feldherren sollen durch Hermen verewigt werden. Der obere Theil der Säulenhalle wird durch allegorische Gruppen und durch Trophäen belebt, wie sie in ähnlicher Art die Attika des Zeughauses zieren. Das Standbild des Kaisers wird in so gewaltigen Verhältnissen errichtet, daß die Massen des Schlosses es eben so wenig erdrücken können, wie den Begasbrunnen. Reiter und Pferd erhalten die Höhe von 12 m. Eine Victoria führt das ruhig ausschreitende Pferd. Die vier auf Kugeln schwebenden Siegesgöttinnen an den Ecken des Postaments sind zwar beibehalten, aber doch gegen früher einigermaßen verändert worden; sie erscheinen jetzt mehr individualisirt und sind mehr zu den Sockelfiguren in Beziehung gebracht. An Stelle der beseitigten Quadrigen sind auf beiden Seiten des Postaments Krieg und Frieden veranschaulicht. Rechts die markige Gestalt eines Kriegers mit dem Schwert, dahinter ein Relief, auf welchem eine Quadriga herangesaust kommt, und der Tod, rechts und links mit der Sense ausholend, reiche Ernte hält. An der entgegengesetzten Seite erscheint der Friede als ein Jüngling mit Palme und Tafel, hinter welchem sich als Relief ein reiz⸗ volles landschaftliches Gefilde ausbreitet; hier ist die Friedensgestalt von blumenstreuenden Kindern umgeben, während ringsum der Ackerbau in reichem Segen blüht. Verhältnißmäßig einfach ist jetzt die Vorder⸗ und Rückseite des Postaments behandelt; hier besteht der Schmuck vorzugsweise in sinnbildlichen Emblemen. Auch in dem neuen Entwurf finden sich die vir auf den Ecken der Stufen lagernden Löwen. Die Ausführung des Denkmals erfolgt theils in Bronze theils in Stein und Marmor. Die Herstellung der großen Modelle wird im Laufe dieses Jahres in Angriff genommen.

Für das Reichstagsgebäude hat, wie wir gleichfalls der „N. A. Z.“ entnehmen, Professor Reinhold Begas eine colossale Haupt⸗ gruppe modellirt, die gegenwärtig in Kupfer getrieben wird. Es is eine Germania, die, hoch zu Roß, nach rückwärts eine bis auf den Boden herabwallende Fahne schwingt; das Pferd leiten ein Krieger mit dem Schwert und einer Friedenspalme, links ein Genius, der in die Posaune stößt.

Trotz seiner Mandatsniederlegung ist, wie die „Nat.⸗Ztg.“ berichtet, Director Anton von Werner von der Generalversamm⸗ lung des Vereins Berliner Künstler am Dienstag mit 155 Stimmen zum Vorsitzenden des Vereins wiedergewählt worden und hat die Wahl angenommen. Die gegnerischen 115 Stimmen hatten sich auf Professor Karl Becker vereinigt.

In der Sitzung der Gesellschaft für Erdkunde, die am Sonnabend, Abends 7 Uhr, im Saal des Architektenhauses statt⸗ findet, werden Premier⸗Lieutenant Herold über Lebensweise und Sitten der Buschneger im Togogebiet, und Dr. G. Schott ter seine Forschungsreise auf einem Segelschiff nach den ostasiatischen Gewässern vortragen. .

Der Vorstand des Internationalen m edizinischen C on⸗ gresses Berlin 1890 hielt kürzlich seine letzte Sitzung ab. Nach dem in der „N. A. Z“ mitgetheilten Rechnungsschluß vereinnahmte der Congreß aus eigenen BE 140 749,81 A0, aus Reichsmitteln 70 000 ℳ, zusammen also 210 749,81 Die Ausgaben betrugen 206 0 0,42 ℳ, sodaß ein Bestand von 4709,39 verbleibt. Diese Summe ist der Reichskasse wieder zur Verfügung gestellt. Vom Reichszuschuß waren 10 000 noch gar nicht erhoben worden. Die Drucklegung der Verhandlungen kostete 56 958 Der Vorstand hat sich nunmehr als deutsches Reichscomité für den internationalen Congreß Rom 1893 constituirt. 1

Der Romanschriftsteller Albert Delpit ist, laut Meldung

W. T. B.“ aus Paris vom gestrigen Tage, gestorben.

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Land⸗ und Forstwirthschaft

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Ernte in den Vereinigten Staaten.

Nach dem vom Ackerbaubureau in Washington über den Gesammtertrag der vorjährigen Getreideernte in den Ver⸗ einigten Staaten von Amerika veröffentlichten Bericht stellte sich der Ertrag an Weizen auf 515 949 000 Bushels, geschätzt auf einen Werth von 322 111 881 Doll. Mais lieferte insgesammt 1 628 464 000 Bushels, geschätzt auf 642 146 630 Doll. Hafer ergab

eu“

661 035 000 MBushels, was einem Werthe von 209 253 611 Doll. Lleichkommt.

Wahlkreisen ein⸗

Aus Wien meldet ein Telegramm des „D.⸗B. H.“ vom heutigen

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

Cholera.

New⸗York, 4. Januar. Der von der Regierung der Ver⸗ einigten Staaten nach der Strafanstalt Helena in Arkansas ent⸗ sendete Arzt, der die Todesursache bei achtzehn verstorbenen Gefangenen feststellen sollte, hat sein Gutachten dahin abgegeben, daß sie einer bösartigen Form der Cholera erlegen seien.

Großbritannien.

Die von dem Local Government Board erlassenen Verord⸗ nungen vom 11. und 13. Juli, sowie vom 11. August 1892 (R.⸗A. Nr. 169, 170 und 200 vom 20., 21. Juli und 25. August 1892), durch welche die Einfuhr von Lumpen, Bettzeug, sowie gebrauchten oder schmutzigen Kleidungsstücken aus bestimmten Ländern verboten ist, sind unter dem 14. Dezember 1892 dahin abgeändert worden, daß nur noch schmutzige oder mit Staub vermischte Lumpen, sowie schmutziges Bettzeug und gebrauchte oder schmutzige Kleidungsstücke, welche eine Weiterverarbeitung nicht erfahren 188 dem Einfuhrverbot unterliegen. Doch können selbst diese Artikel zum Zwecke der Wiederausfuhr oder unter Vorbehalt der Desinfection ge⸗ landet werden.

Türkei.

Zufolge Beschlusses des internationalen Gesundheitsraths in Konstantinopel vom 27. Dezember 1892 ist die Quarantäne gegen Provenienzen aus Kertsch, Theodosia, Sebastopol, Nikolajeff. Odessa und den Oesterreichischen Häfen des Adriatischen Meeres, sofern sie keine Passagiere führen, auf 24 Stunden ermäßigt worden; anderenfalls, d. h. mit Passagieren, unterliegen die betreffenden Schiffe einer dreitägigen Quarantäne.

Zufolge Beschlusses derselben Behörde vom 3. Januar 1893 werden ferner Herkünfte aus Hamburg und den Elbhäfen einer dreitägigen, in den Lazarethen von Klazomenae, Beirut oder Tripolis abzumachenden Quarantäne unterworfen. Als Zeitpunkt des Inkraft⸗ tretens dieses Beschlusses wird der 29. Dezember bezeichnet.

Schweden.

Laut Bekanntmachung des Königlich schwedischen Commerz⸗ Collegiums vom 20. Dezember 1892 ist die Einfuhr seewärts von Rindvieh, Schafen, Ziegen und anderen Wiederkäuern, sowie von Thieren des Pferdegeschlechts über Stockholm vom Jahre 1893 an nicht mehr gestattet.

In der Woche vom 18. bis 24. Dezember war der Gesundheits⸗ stand in Berlin ein guter und die Sterblichkeit eine günstige (von je 1000 Personen starben, aufs Jahr berechnet, 17,2). Erheblich seltener als in der Vorwoche kamen acute Entzündungen der Athmungsorgane zum Vorschein, wenn auch die Zahl der durch sie bedingten Sterbefälle eine etwas größere als in der Vor⸗ woche ist. Erkrankungen an Grippe sind nur wenig bekannt geworden, doch wurden aus der der Berichtswoche vorher⸗ gegangenen Woche drei Todesfälle an Grippe gemeldet. Acute Darmkrankheiten gelangten seltener zur ärztlichen Be⸗ handlung, auch hat die Zahl der Todesfälle abgenommen. Die Be⸗ theiligung des Säuglingsalters an der Sterblichkeit war eine kleine; von je 10 000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 51 Säuglinge. Das Vorkommen der meisten Infectionskrankheiten blieb ein be⸗ schränktes. Erkrankungen an Masfern und Dibphtherie haben ab⸗ genommen, letztere gelangten nur aus dem Stadttheil Mvabit in nennenswerther Zahl zur Anzeige. Erkrankungen an Scharlach, die sich im Stralauer Viertel am häufigsten zeigten, blieben in mäßiger Zahl. Erkrankungen an Unterleibstyphus waren selten. An Kindbettfieber wurden 6 Erkrankungen gemeldet. Zahlreicher wurden aber wieder rosenartige Entzündungen des Zellgewebes der Haut beobachtet, auch Erkrankungen an Keuchhusten waren nicht selten, der Verlauf blieb aber überwiegend ein milder. Rheumatische Beschwerden aller Art zeigten im Vergleich zur Vorwoche keine wesentliche Ver⸗ 8 in ihrem Vorkommen.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 4. d M. gestellt 10 230, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen. In Oberschlesien sind am 3. d. M. gestellt 4287, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen.

Vom Berliner Pfandbrief⸗Institut sind bis zum 21. Dezember 1892 17 508 900 3 ½ %, 21 299 700 4 %, 45 543 900 4 ½ % und 9 679 800 5 %, zusammen 94 032 300 Pfandbriefe ausgegeben, wovon noch 15 966 000 3 ½ %, 13 636 200 4 %, 15 408 000 4 ½ % und 2 852 700 5 %, zu⸗ sammen 47 862 900 Pfandbriefe von den Grundbesitzern zu verzinsen sind. Zugesichert, aber noch nicht abgehoben, sind 539 400

Gestern Nachmittag ist die Constituirung der Allgemeinen Deutschen Kleinbahn⸗Gesellschaft, Actiengesellschaft zu Berlin erfolgt. Der Zweck des Unternehmens ist der Erwerb und Betrieb von Bahnen jeder Art, insbesondere von Kleinbahnen, sowie die Förderung des Eisenbahnverkehrs. Die Gesellschaft will nach Maßgabe des Werths der erworbenen Bahnen fest verzinsliche Obligationen ausgeben, für deren Verzinsung sonach nicht nur die erworbenen. Bahnen, sondern auch das Grundkapital der Gesellschaft Gewähr leistet. Das Actienkapital wurde auf fünf Millionen Mark festgesetzt und ist von der Nationalbank für Deutschland, Berlin, der Deutschen Genossenschaftsbank von Soergel, Parrisius u. Co. zu Berlin und Frankfurt a. M., dem Bankhause Jacob Landau, Berlin, der Commerz⸗ und Disconto⸗Bank in Hamburg, Hamburg, der Leipziger Bank in Leipzig, dem Schlesischen Bank⸗Verein in Breslau, der Breslauer Disconto⸗Bank in Breslau und dem Bankhause G. von Pachaly's Enkel in Breslau übernommen worden. Die Direction besteht aus dem Baurath Carl Griebel und dem in den Vorstand delegirten Herrn Regierungs⸗Rath a. D. Dr. Magnus, Director der National⸗ bank für Deutschland, Berlin.

Aus dem Königreich Sachsen wird der „Frkf. Ztg.“ ge⸗ schrieben: Die Kleiderstoffindustrie, die namentlich in Reichen⸗ bach verschiedene Zweige umfaßt, hat zu Ende des Jahres einen ganz erfreulichen Aufschwung genommen, sodaß die meisten Fabriken mit guten Bestellungen in das neue Fahr eintreten. Vor allen Dingen haben sich die Vereinigten Staaten wieder zu besseren Auf⸗ trägen ermannt; dann sind aber auch die südamerikanischen Länder wieder stark betheiligt. In guten Flanellen haben Bolivia und Guatemala große Aufträge ertheilt, während Brasilien und Chile viel gewohnlichen Hemdenflanell brauchen.

Das „Gewerbeblatt aus Württemberg“, herausgegeben von der Königlichen Centralstelle für Gewerbe und Handel in Stuttgart, hat in der Nr. 1 des 45. Jahrgangs vom 1. Januar 1893 folgenden Inhalt: Bekanntmachung der Königlichen Se für die gewerb⸗ lichen Fortbildungsschulen, betreffend den Unterricht im Zeichnen nach

Cörpern. Verschiedene Mittheilungen. Ausstellungswesen. Literarische Erscheinungen. Neues im Landes⸗Gewerbe⸗Museum. Aus dem Lesezimmer der Königlichen Centralstele.

Ueber die Verhandlungen, die gegenwärtig in Pest zwischen dem ungarischen Finanz⸗Minister Dr. Feerke und den Vertretern der Bankhäuser und Bankinstitute wegen der auf der Grundlage der neuen Währung zu bewerkstelligenden Convertirungen stattfinden, liegen folgende Meldungen des Wolff'schen Bureaus vor:

Dem Wiener „Fremdenblatt“ wurde vom gestrigen Tage aus Pes emeldet: Die Verhandlungen zwischen den Vertretern der Rothschild⸗Gruppe und dem Finanz⸗Minister Dr. Wekerle, an denen htschefeha eheimer Rath Hansemann und Geheimer Rath Schwaba theilnahmen, hätten bis in die ersten Nachmittagsstunden ge⸗

Unrer⸗ seien dann um 4 Uhr wieder aufgenommen und um 8 Uhr

ends beendet worden. Definitive Vereinbarungen seien zwar noch

nicht getroffen worden, doch gäbe es keinerlei principielle Differenzen mehr. Heute Vormittag sollte die Formulirung der Verträge und morgen die Unterzeichnung stattfinden. Außer der Rothschildgruppe sollten an dem ungarischen Geschäft participiren: Die Wiener ÜUnion⸗ bank mit der Pester Hypothekenbank und der Pester Escomptebank, der Wiener Bankverein mit der ungarischen Industriebank und die Pester Commerzialbank mit der Wiener Escompte⸗Gesellschaft. Die ungarische Regierung wünsche auch eine Betheiligung der Firma Mendelssohn u. Co. in Berlin. Ein späteres Telegramm des Blattes meldet, daß die Conferenzen der Rothschildgruppe mit dem Finanz⸗Minister im wesentlichen bereits zu einer Einigung geführt hätten. Der Uebernahmecurs für die Kronentitres solle zwischen 90 und 92, der Curs für die Goldtitres zwischen 94 und 95 betragen. Auch die Frage der Betheiligung der ungarischen Finanzinstitute, die außerhalb der Gruppe stehen, soll schon geregelt sein. Als Gegenstand der Verhandlungen wird die Conversion von 466 Mil⸗ lionen Papier⸗ und Silber⸗Staatspapieren verschiedenen Zinsfußes in 4 %Oige Titres der Kronenwährung und von 16 Millionen fünf⸗ und sechsprocentigen Goldtitres in 4 %ige Goldtitres, sowie die Emission von 68 Millionen Gulden 4 %ige Obligationen der Kronen⸗ währung angegeben. Ferner wird aus Wien gemeldet: Nach der „Neuen Freien Presse“ wird sich Baron Albert Rothschild nach Pest begeben, um den Vertrag mit der ungarischen Regierung für seine Firma und in Bevollmächtigung der österreichischen Boden⸗Creditanstalt zu unterzeichnen. Diese Form wurde nach längeren Berathungen im Einverständniß mit dem ungarischen Minister⸗Präsidenten, dem Baron Rothschild, den Wiener und den Pester Mitgliedern der Gruppe und der Boden⸗Creditanstalt gewählt, weil gerade diese Form dem Standpunkte, welchen Dr. Wekerle in seiner Erflärung über die Staatsbahnfrage eingenommen hat, am genauesten ent⸗ spricht. Der Minister Dr. Wekerle habe aus authentischer Quelle die Mittheilung erhalten, daß eine Vereinbarung vorbereitet werde, durch welche die Nachzahlung auf den September⸗Coupon, bei welchem ein Abzug vorgenommen wurde, gesichert werde. Es sei ferner dem Minister bekannt gegeben worden, daß infolge dieser beabsichtigten Vereinbarung schon der nächste März⸗Coupon zur vollen Einlösung gelangen werde.

Königsberg i. Pr., 4. Januar. (W. T. B.) Die Betriebs⸗ einnahmen der Ostpreußischen Südbahn per Dezember 1892 betrugen nach vorläufiger Feststellung im Personenverkehr 63 237 ℳ, im Güterverkehr 257 361 ℳ, an Extraordinarien 18 000 ℳ, zusammen 338 598 ℳ, darunter auf der Strecke Fischhausen Palmnicken 4425 ℳ, im Dezember 1891 provisorisch 264 080 ℳ, mithin gegen den entsprechenden Monat des Vorjahres mehr 74 518 ℳ, im ganzen vom 1. Januar bis 31. Dezember 1892 3 576 273 (pro⸗ visorische Einnahme aus russischem Verkehr nach russischem Stil), gegen provisorisch 4 532 311 im Vorjahre, mithin gegen den entsprechenden Zeitraum des Vorjahres weniger 956 038 gegen definitiv 4 799 617 ℳ% im Vorjahre, mithin weniger 1 223 344

Magdeburg, 4. Januar. (W. T. B.) Zuckerbericht. Kornzucker execl., von 92 % 15,00, Kornzucker excl., 88 % Rendement 14,35, Nachproducte excl., 75 % Rendement 12,00. Fest. Brod⸗ raffinade I. 27,75. Brodraffinade II. 27,50. Gem. Raffinade mit Faß 28,00. Gem. Melis I., mit Faß 26,25. Stetig. Rohzucker J. Product Transito f. a. B. Hamburg pr. Januar 14,40 Gd., 14,42 ½ Br., pr. Februar 14,42 ½ Gd, 14,47 ½ Br., pr. März 14,47 ½ bez., 14,50 Br., pr. April 14,52 Gd., 14,57 ½ Br. Still.

Gotha, 4. Januar. (W. T. B.) Die Feuerversiche⸗ ungsbank für Deutschland in Gotha wird trotz der großen Brandschäden, die im Jahre 1892 alle Versicherungsanstalten betroffen haben, ihren Versicherten für das Jahr 1892 70 % der eingezahlten Prämie an Ueberschuß (Dividende) zurückgewähren können. 8

Wien, 4. Januar. (W. T. B.) Ausweis der Oesterreichisch⸗ ungarischen Staatsbahn Eäéösterreichisches Netz) für den Monat Dezember 1 623 249 Fl., Mindereinnahme gegen den entsprechenden Zeitraum des vorigen Jahres 325 747 Fl.

Ausweis der Südbahn in der Woche vom 23. Dezember bis 29. Dezember 947 933 Fl., Mehreinnahme 198 130 Fl.

Die Brutto⸗Einnahmen der Orientbahnen betrugen in der 50. Woche (vom 9. Dezember bis 15. Dezember cr.) 252 380,85 Fr., Abnahme gegen das Vorjahr 38 845,35 Fr. Seit Beginn des Be⸗ triebsjahres vom 1. Janunar bis 15. Dezember 1892 betrugen die Brutto⸗Einnahmen 12 581 928,65 Fr., Zunahme gegen das Vorjahr 374 341,39 Fr.

London, 4. Januar. (W. T. B.) An der Küste 2 Weizen⸗ ladungen angeboten

96 % Javazucker loco 16 ¾ ruhig, Rüben⸗Rohzucker loco 14 ruhig. Chile⸗Kupfer 46 ⁄16, per 3 Monat 471/16.

Mailand, 4. Januar. (W. T. B.) Die Einnahmen des Italienischen Mittelmeer⸗Eisenbahnnetzes während der dritten Dekade des Dezember 1892 betrugen nach provisorischer Er⸗ mittelung im Personenverkehr 1 261 111 Lire, im Güterverkehr 2 087 380 Lire, zusammen 3 348 491 Lire, im Vorjahre 3 267 491 Lire, mithin mehr 81 000 Lire.

New⸗York, 3. Januar. (W. T. B.) Visible Supply an Weizen 81 294 000 Bushels, do. an Mais 11 426 000 Bushels.

4. Januar. (W. T. B.) Die Börse eröffnete sehr un⸗ regelmäßig, befestigte sich im weiteren Verlaufe, schloß jedoch matt und niedriger. Der Umsatz der Actien betrug 372 000 Stück. Der Silbervorrath wird auf 780 000 Unzen geschätzt. Silberver⸗ käufe fanden nicht statt. Die Silberankäufe für den Staatsschatz betrugen 868 000 Unzen zu 83,00 à 83,25.

Weizen anfangs niedriger, dann höher auf große Kaufordres. Schluß fest. Mais höher den ganzen Tag auf gute Nachfrage. Schluß fest.

Weizen⸗Verschiffungen der letzten Woche von den atlantischen Häfen der Vereinigten Staaten nach Großbritannien 104 000, do. nach Frankreich 22 000, do. nach anderen Häfen des Continents 30 000, do. von Californien und Oregon nach Großbritannien 74 000, do. nach anderen Häfen des Continents QOrts.

Chicago, 4. Januar. (W. T. B.) Weizen schwankte an⸗ fangs, dann fester auf telegraphische Nachrichten. Schluß stetig. Mais fest den ganzen Tag auf gute Kauflust. Schluß fest. 8

Verkehrs⸗Anstalten.

Bremen, 5. Januar. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer „Ems“ ist am 3. Januar Nachmittags von New⸗York via Gibraltar nach Genua abgegangen. Der Echnell⸗ dampfer „Lahn“ ist am 3. Januar Vormittags von New⸗York via Southampton nach der Weser abgegangen. Der Schnelldampfer „Havel“, am 27. Dezember von New⸗York abgegangen, hat am 4. Januar Mrogens von Southampton die Reise nach Bremen fortgesetzt; er überbringt 218 Passagiere und volle Ladung. er Postdampfer „Leipzig“, vom La Plata kommend, hat am 3. Januar Nachmittags Las Palmas peassirt. Der Schnelldampfer „Elbe“, nach New⸗York bestimmt, hat am 4. Januar Mittags Dover passirt. Der Postdampfer „Köln“, nach Brasilien bestimmt, ist am 4. Januar Vormittags in Lissabon angekommen. Der Reichs⸗Postdampfer „Oldenburg“, hat am 4. Januar Nachmittags die Reise von Adelaide nach Colombo fortgesetzt. Der Postdampfer „Weimar“, am 22. S von Bremen abgegangen, ist am 4. Januar Morgens in New⸗York angekommen. 1

Hamburg, 4. Januar. (W. T. B.) Hamburg⸗Ameri⸗ kanische Packetfahrt⸗Actien⸗Gesellschaft. Der Post⸗

dampfer „Suevia“ hat, von New⸗York kommend, gestern Abend

Lizard, der Postdamper „Teutonia“, von New⸗York kommend, gestern Nachmittag Seilly passirt. Der Postdampfer „Cremon“ ist gestern in St. Thomas eingetroffen. Der Postdampfer „Stubbenhuk“ ist, von Hamburg kommend, heute Mittag in New⸗York eingetroffen.

London, 4. Januar. (W. „Hawarden Castle“ h

Theater und Mufik.

Saal Bechstein.

Fräulein Fanny Opfer (Mezzosopran), im Stern’'schen Con⸗ servatorium ausgebildet, gab gestern in Gemeinschaft mit Herrn Pro⸗ fessor Genß (Klavier), dem Director des Conservatoriums zu Mainz, ein Concert, in welchem sie zum ersten Mal vor dem hiesigen Publi⸗ kum erschien. Ihre sehr wohlklingende, in der mittleren und tiefen Lage besonders leicht ansprechende Stimme ist bis auf den etwas unfreien Gebrauch der höheren Töne gut geschult. Der Vortrag zweier an⸗ muthiger Lieder von Genß und der Arie „Welche Lust“ aus Boiel⸗ dien’'s Oper Johann von Paris“ gelang der Sängerin vortrefflich; diese, wie „Des Knaben Berglied“ von W. Taubert und Kleffel's „Der Freund“ wurden mit lebhaftem Beifall des zahlreich erschienenen e aufgenommen. Schubert’'s „Forelle“ bedarf einer eichteren und präciseren Ausdrucksweise. Der Pianist erfreute durch die lebendige und fein schattirte Ausführung des Faschingsschwanks aus Wien von trann⸗ einer eigenen, sehr stilvoll gehaltenen Sonate und einiger Klavierstücke von Brahms, Raff, Liszt und Tausig, dessen „Ungarische Zigeunerweisen“ besonders gefieken. Die Klavierbegleitung befand sich wieder in den bewährten Händen des Herrn Bake.

Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin wohnten gestern in Begleitung des Herzogs Ernst Günther und mit Gefolge der Aufführung von „Richard III.“ im Berliner Theater bei. Vom Beginn der Vorstellung bis zu ihrem Schlusse folgten die hohen Gäste unter lebhaften Beisallsäuherungen der Auf⸗ führung. Der Kaiser nahm Veranlassung, Allerhöchstseiner Be⸗ friedigung Ausdruck zu geben, daß einer Aufführung von „Richard III.“ im Berliner Theater, wie Er selbst sie schon von früher her kenne, nun auch die Kaiserin beigewohnt und dabei Gelegenheit gehabt habe, die ausgezeichnete Leistung Ludwig Barnay’'s in der Titelrolle des Dramas kennen zu lernen.

Im Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Theater kommt Müher’s „Millionenonkel“ nur noch morgen zur Aufführung, während am Sonnabend und Sonntag Offenbach's „Pariser Leben“ gegeben wird. Die Proben zu der Strauß'schen Operette „Fürstin Ninetta“ sind im Gange.

Die neue Posse von Carl Laufs „Der Stolz der Familie“, die am Sonnabend im Wallner⸗Theater zur ersten Aufführung kommt, werden die Herren Oscar Höcker, Franz Schönfeld, Gustav Kober, Heinrich Prechtler, Emil Lessing, Richard Jürgas und die Damen Seraphine Detschy, Clara Drucker und Clara Markwordt zur Darstellung bringen.

Im Residenz⸗Theater werden die Strindberg'schen Einacter: „Gläubiger“, „Herbstzeichen“ und „Vor dem Tode’ eingeübt, um demnächst in einer Matinçe zur Aufführung zu gelangen.

Im Kroll'schen Theater gelangt am Sonntag Theobald Rehbaum'’s einactige Oper „Oberst Lumpus“ zur ersten Raffütbrung

Herr Herbert Paulmüller, aus seiner Thätigkeit am Residenz⸗ Theater bekannt, ist von nächster Spielzeit ab für das Adolph Ernst⸗Theater verpflichtet worden.

Das Münchener Ensemble im Thomas⸗Theater wird nur noch drei Vorstellungen geben und dabei seine letzte Darbietung, die Bauernposse „Der Protzenbauer von Tegernsee“, auf dem Spielplan behalten.

Im Theater Unter den Linden sind die Proben zu der kürzlich erworbenen neuen Operette „Lachende Erben“ bereits im Gange. Mit der Darstellung der weiblichen Hauptrolle wird die neu verpflichtete Operetten⸗Sängerin Fräulein Pohlner ihr Debut in Berlin beginnen.

Das für morgen hgeseßte Concert der Französischen Opern⸗ gesellschaft (Saal Bechstein) kann eingetretener Hindernisse wegen nicht stattfinden; bereits gelöste Karten werden in der Hof⸗Musikhand⸗ lung der Herren Ed. Bote u. G. Bock, Leipzigerstr. 37, zurückgenommen. Die bekannte Cellovirtuosin Fräulein Julie von Bologovskoy veranstaltet am Sonnabend 7 ½ Uhr im Saal Bechstein ein Concert, worin sie u. a. einen Satz aus Davidoff's Cellg⸗Concert in E-moll, Werke von Bach, Corelli, Klengel, Thomé, Tschaikowski und Popper, sowie ferner den Cello⸗Part in Rubinstein's D-dur⸗Sonate für Klavier und Eello spielen wird. Frau Teresa Careño⸗d'Albert, die Solistin des VI., unter Leitung des Hofopern⸗Directors Felir Mottl am Montag, Abends 7 ½ Uhr, in der Philharmonie stattfindenden Philharmonischen Concerts, bringt an diesem Abend ein neues Werk ihres Gatten Eugen d’'Albert ein Klavier⸗Concert mit Orchester in einem Satz zum ersten Mal zum Vortrag; die Leitung des Orchesters in diesem Werk übernimmt Herr Eugen d'Albert selbst.

Im Concerthause wird Fräulein Valentine Marcolini, die junge französische Violinvirtuosin, morgen zum dritten Mal auf⸗ treten. Sie spielt Ballade und Polonaise von Vieuxtemps, die Romanze von Rubinstein und eine Mazurka von Wieniawski. Außerdem kommen Compositionen von Nicolai, Schubert, Händel, Beethoven, Wagner, Chopin u. a. zur Aufführung.

Preußische Klassenlotterie. (Ohne Gewähr.)

Bei der gestern beendeten Ziehung der 1. Klasse der 188. Königlich preußischen Klassenlotterie fielen in der Nach⸗ mittags⸗Ziehung:

1 Gewinn von 5000 auf Nr. 61 839.

1 Gewinn von 3000 auf Nr. 24 433.

2 Gewinne von 1500 auf Nr. 75 311.

1 Gewinn von 500 auf Nr. 138 405.

5 Gewinne von 300 auf Nr. 20 400. 26 448. 108 647. 186 557. b

8

78 387.

48 880.

1 Mannigfaltiges. ““ 11“ EE11A114“ ““

Nachdem die hiesige Schutzmannschaft erst vor wenigen Tagen den Verlust des am Dienstag zur ewigen Ruhe bestatteten Polizei⸗ Hauptmanns Hoehn zu beklagen hatte, ist sie durch den heute früh gegen 8 Uhr erfolgten Tod des Polizei⸗Obersten Paris, der seit einigen Tagen an Lungenentzündung schwer krank darniederlag, von neuem in Trauer versetzt und ihres obersten Führers beraubt worden. Der Verstorbene hat nur wenige Jahre an der Spitze der Schutzmann⸗ schaft als der Nachfolger des Polizei⸗Obersten Herquet gestanden und war bis zu seiner Berufung an diese Stelle Major und Com⸗ mandeur der zweiten Abtheilung des Holsteinschen Feld⸗Artillerie⸗ Regiments Nr. 24 in Mölln. Geboren am 10. Februar 1842, war Oberst Paris im Jahre 1860 als Portepée⸗Fähnrich in die Feld⸗ Artillerie eingetreten und hatte im Feldzuge 1870/71 das Eiserne Kreuz II. Klasse, im Jahre 1876 die Rettungs⸗Medaille am Bande und im Frühjahr v. J. den Kronen⸗Orden III. Klasse erhalten.

Der Königliche Polizei⸗Präsident Freiherr von Richthofen widmet dem Entschlafenen folgenden Nachruf: „Der Polizei⸗Oberst und Commandeur der Schutzmannschaft, Königliche Oberst⸗Lieute⸗ nant a. D. Herr Paris, Ritter des Königlichen Kronen⸗Ordens dritter Klasse, des Rothen Adler⸗Ordens vierter Klasse und anderer hoher Orden, ist heute Morgen in noch nicht voll⸗ endetem 51. Lebensjahre nach kurzer Krankheit verstorben. Nach 28jähriger ehrenvoller Dienstzeit aus dem Militär geschieden, wurde er, am 16. September 1888 commissarisch und unterm 18. Februar 1889 definitiv zum Polizei⸗Obersten und Com⸗ mandeur der Schutzmannschaft ernannt. Den schwierigen Anforde⸗ rungen seines Amtes hat er sich 98 mit gewissenhafter Pflichttreue und unverkennbarem Erfolge hingegeben, ist den ihm unterstellten zahlreichen Beamten des Corps ein gerechter und überaus wohlwollender Vorge⸗ setzter gewesen und hat durch die Liebenswürdigkeit seines Wesens auch außerhalb seines Berufskreises die allgemeinste Achtung und An⸗ erkennung gefunden. Die Beamten des Polizei⸗Präsidiums und der Schutzmannschaft, welche sein frühzeitiges Hinscheiden tief und auf⸗ e bedauern, werden ihm stets ein treues und ehrenvolles Andenken bewahren.“ 8