im damaligen 3. Pomm. Inf. Regt. Nr. 14, die erledigte Sec. Licutenantsstelle beim Invalidenhause zu Karlshafen, — verliehen. Durch Verfügung des Kriegs⸗Ministeriums. 29. De⸗ zember. Westphal, Zeug⸗Pr. Lt. vom Art. Depot in Köln, Klein, Zeug⸗Lt. von der 2. Art. Depot⸗Insp., — zum Art. Depot in Hannover, Görlitz, Zeug⸗Lt. vom Art. Depot in Pillau, zum Art. Depot in Köln, Paßlack, Zeug⸗Lt. von der Art. Werkstatt in Danzig, zum Art. Depot in Pillau, Gumtow, Zeug⸗Lt. vom Art. Depot in Thorn, zur Art. Werkstatt in Danzig, Thiele, Zeug⸗Lt. von der Geschützgießerei, zum Art. Depot in Metz, Glantz, Zeug⸗Pr. Lt. von der Pulverfabrik in Spandau, zum Art. Depot in Thorn, — versetzt. Koltermann, Zeug⸗Lt., der Pulverfabrik in Spandau
zugetheilt. Beamte der Militär⸗Verwaltung.
Durch Verfügung des Kriegs⸗Ministeriums. 3. De⸗ zember. Hoffmann, Lazareth⸗Insp. in Metz, nach Inster⸗ burg, Darimont, Lazareth⸗Insp. in Danzig, nach Trier, Foege, Lazareth⸗Verwalt. Insp. in Saargemünd, nach Dieuze, Orten⸗ burger, Lazareth⸗Verwalt. Insp. in Dieuze, nach Zabern, — letztere beiden zum 1. April 1893. Wünnenberg, Lazareth⸗Insp. in Saar⸗ burg, nach Straßburg i. E., Fornacon, Lazareth⸗Insp. in Straß⸗ burg i. E., nach Saarburg, versetzt.
5. Dezember. Surau, Proviantamts⸗Anwärter, als Proviant⸗ amts⸗Assist. in Thorn angestellt. 1
6. Dezember. Hecker, Proviantamts⸗Controleur auf Probe in Stettin, zum Proviantamts⸗Controleur ernannt.
7. Dezember. Rosiny, Ingen. auf Probe, zum Ingen. der Armee⸗Conservenfabrik in Mainz ernannt.
10. Dezember. Rusch, Proviantamts⸗Aspir., Wiechmann, Proviantamtsanwärter, als Proviantamts⸗Assistenten in Saarburg bezw. Itzehoe angestellt. Schwarzlose, Proviantamts⸗Controleur in Erfurt, die Dienstbezeichnung Proviantamts⸗Rendant beigelegt.
12. Dezember. Lichel, Proviantmeister auf Probe in Saar⸗ louis, zum Proviantmeister ernannt. “ 8
15. Dezember. Plitt, Lazareth⸗Verwalt. Insp. in Düssel⸗ dorf, zum Lazareth⸗Ober⸗Insp., Klare, Wegner, Grünwald, Lazareth⸗Inspectoren auf Probe bezw. in Münster i. W., Darmstadt und Altona, zu Lazareth⸗Inspectoren, — ernannt. 8
16. Dezember. Schulz, Lazareth⸗Verwalt. Insp. in Spandau, zum Lazareth⸗Ober⸗Insp. ernannt. Brendahl, Pro⸗
viantamts⸗Assist. in Saargemünd, nach Berlin versetzt.
19. Dezember. Sturm, Proviantamts⸗Assist. in Allenstein, als Proviantamts⸗Controleur auf Probe nach Glogau versetzt.
20. Dezember. Schulz, Linsert, Diederich, Lazareth⸗ Inspectoren in Liegnitz, Ehrenbreitstein und Bonn, zu Lazareth⸗ Verwalt. Inspectoren ernannt. “
29. Dezember. Badermann, Rechnungs⸗Rath Intend. Seecretär von der Intend. der 33. Div., zur Corps⸗Intend. XIV. Armee⸗ Corps, Mahnkopf, Intend. Secretär von der Corps⸗Intend. XVII. Armee⸗Corps, zur Intend. XVI. Armee⸗Corps, unter Ueber⸗ weisung zur Intend. der 33. Div., Hellmich, Intend. Secretariats⸗ Assist. von der Corps⸗Intend. XIV. Armee⸗Corps, zur Corps⸗ Intend. XVII. Armee⸗Corps, — sämmtlich zum 1. April 1893 versetzt. 8
1. Januar. Braune, Intend. Bureaudiätar von der Intend. II. Armee⸗Corps, zum Intend. Registratur⸗Assistenten ernannt.
7. Januar. Lüters, Zahlmstr. Aspir., zum Zahlmstr. beim Garde⸗Corps ernannt. b
Kaiserliche Marine. 88
Sigmaringen, 9. Januar. Prinz Alfred von Gro britannien und Irland, Herzog von Edinburg Königliche Hoheit, à la suite der Marine gestellt. 8
Nichtamtliches.
Seine Majestät der Kaiser und König begaben Sich gestern nach der Rückkehr aus Karlsruhe vom Anhalter Bahnhof aus zum Reichskanzler Grafen Caprivi, mit welchem Allerhöchstdieselben eine Besprechung hatten.
Heute Vormittag nahmen Seine Majestät den Vortrag es Ministers für Handel und Gewerbe Freiherrn von Zerlepsch und darauf denjenigen des Chefs des Generalstabs er Armee Grafen Schlieffen II. entgegen. Hierauf hatten Seine Majestät mit dem Chef des Militärcabinets eine Be⸗
sprechung und nahmen um 1 Uhr eine Reihe militärischer Meldungen entgegen.
Ihre Majestät die Kaiserin und Königin haben an den hiesigen Magistrat folgendes Allerhöchste Handschreiben gerichtet:
„Ich sage dem Magistrat aufrichtigen Dank für die zum Neuen Jahre Mir dargebrachten Wünsche sowie für die herzliche Theil⸗ nahme, mit welcher er das Glück und den Segen begleitet, welche Gottes Güte auch im vergangenen Jahre Meiner Familie und Mir in reichem Maße bescheert hat. Wenn der Magistrat Meiner Bestrebungen für die kirchlichen Zustände Berlins und für die Pflege der Armen und der Kranken in freund⸗ licher Weise gedenkt, so weiß Ich, daß Ich nächst Gott die Erfolge der regen Unterstützung der Behörden und besonders der treuen hin⸗ gebenden Mitarbeit vieler Berliner Bürger und Frauen aus allen Kreisen verdanke.
Mit freudiger und fester Zuversicht rechne Ich weiter auf diese Hilfe. Noch ist die Noth groß. Ein schöner Anfang ist gemacht. Jetzt kann es der vereinten Kraft der zuständigen Behörden und unserer Mitbürger gelingen, in wenigen Jahren die traurigen kirch⸗ lichen Zustände Berlins zu beseitigen, übcerall kleine lebens⸗ fähige Gemeinden zu begründen, welche sich nicht nur in der Kirche um Gottes Wort sammeln, sondern bei denen sich namentlich auch durch die Errichtung von Gemeinde⸗ und Pfarrhäusern die werk⸗ thätige Liebesarbeit entfalten kann, Trost, Hilfe und Versöhnung in den Kampf und Streit der Welt hinaustragend, ein Sammelpunkt
aller dankbaren und opferfreudigen Herzen, ein Hort und eine Zu⸗
flucht der Zerstreuten und der Mühseligen und Beladenen.
Berlin, den 10. Januar 1893. 11““ 1. 8 Auguste Victoria, Kaiserin und Königin 8
Der Bundesrath ertheilte in der am Donnerstag unter dem Vorsitz des Königlich bayerischen Gesandten Grafen von Lerchenfeld⸗Koefering abgehaltenen Plenarsitzung dem Entwurf eines Gesetzes für Elsaß⸗Lothringen, betreffend die Gewerbesteuer⸗Einschätzung, mit den von den Ausschüssen für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Elsaß⸗Lothringen beantragten
bänderungen die Zustimmung. Von den vorgelegten
Nachweisungen über die Rechnungsergebnisse der Sce⸗Berufs⸗ genossenschaft und über die Geschäfts⸗ und Rechnungsergebnisse der Invaliditäts⸗ und ergbee erungsan altes für das Jahr 1891 nahm die Versammlung Kenntniß, erklärte sich mit der bereits erfolgten Ueberweisung des Gesetzentwurfs wegen Feststellung des Landeshaushalts⸗Etats für Elsaß⸗ Lothringen für 1893/94 an die Ausschüsse für Rechnungs⸗ wesen und für Elsaß⸗Lothringen einverstanden und beschloß, den Gesetzentwurf für Elsaß⸗Lothringen über das Pfand⸗ recht für die von Bodencredit⸗Gesellschaften ausgegebenen Schuldverschreibungen und den Entwurf eines Gesetzes wegen Abänderung der Maß⸗ und Gevwichtsordnung, ersteren den Ausschüssen für Justizwesen und für Elsaß⸗Lothringen, letzteren dem Ausschuß für Handel und Verkehr zur Vorberathung zu übergeben. Endlich wurde über die Seiner Majestät dem Kaiser wegen Wiederbesetzung zweier Rathstellen beim Reichsgericht zu unterbreitenden Vorschläge, über mehrere Eingaben, welche sich auf die Abänderung und Ergänzung des Invaliditäts⸗ und Altersversicherungsgesetzes richten, sowie über eine Eingabe, betreffend die Einfuhr von amerikanischem Fleisch, Beschluß gefaßt.
Heute traten die vereinigten Ausschüsse für das Land⸗ heer und die Festungen und für Rechnungswesen zu einer Sitzung zusammen.
Dem Kaiserlichen Gesundheitsamt vom 13. bis 14. Januar gemeldete Cholerafälle: Hamburg: 2 Neuerkrankungen, davon eine tödtlich ver⸗
laufen.
Seine Hoheit der Erbprinz von Sachsen⸗Meiningen, General⸗Lieutenant und Commandeur der 2. Garde⸗Infanterie⸗ Division, ist nach beendetem Urlaub hierher zurückgekehrt.
Der General⸗Lieutenant von Kozewski, der 35. Division, ist mit Urlaub hier eingetroffen.
In der heutigen Stadtver⸗
Potsdam, 14. Januar. ü folgende Allerhöchste
ordneten⸗Versammlung gelangten Dankschreiben zur Verlesung: „Herzlich erfreut durch die warmen Glückwünsche, welche Mir die Vertreter der Bürgerschaft Meiner Residenzstadt Potsdam zur Jahreswende gewidmet haben, spreche Ich dem Magistrat und den Stadtverordneten gern Meinen besten Dank aus. Ich hoffe, auch im neuen Jahre unter den Segnungen des Friedens Mich der Schön⸗ heiten Potsdams und der lieblichen Havelseen erfreuen zu können.
Berlin, den 4. Januar 189939.
Wilhelm R. SFy 4 8 92 1 An den Magistrat und die Stadtverordneten zu Potsdam.
„Dem Magistrat und den Stadtverordneten der Residenzstadt Potsdam sage Ich für den Mir wiederum bei dem Wechsel des Jahres dargebrachten Ausdruck treuer Wünsche und Gesinnungen Meinen aufrichtigen Dank und spreche es gern aus, daß Ich auch bei dieser Jahreswende reiche Veranlassung habe, dankbaren Herzens auf die dort verlebten Sommer⸗ und Herbstzeiten zurückzublicken. Die Ufer des Heiligen Sees, an denen die Wiege des Kronprinzen stand, wurden wiederum zur Geburtsstätte Unserer Tochter, und zu den alten Banden theurer Erinnerung traten neue Beziehungen, auf die Ich nicht minder froh bewegt und dankerfüllt zurückblicke. Daß Mir der Ort, wo Ich für Gottes gnädige Führung so oft zu danken Veranlassung hatte, besonders werth ist, möchte Ich mit Meinen besten Wünschen für das Wohlergehen der Stadt Potsdam
hierdurch aussprechen. “ Auguste Victoria,
Kaiserin und Königin. Berlin, den 5. Januar 1893. An den Magistrat und die Stadtverordneten der Residenzstadt Potsdam.“ 8
„Bei dem Eintritt in das neue Jahr haben Mich der Magistrat und die Stadtverordneten mit Glückwünschen für Mich und Meine Familie begrüßt und den Gefühlen der Treue und Ergebenheit Aus⸗ druck gegeben. Aufrichtig erfreut durch dies erneute Zeichen an⸗ hänglicher Gesinnung, gebe Ich Ihnen Meinen wärmsten Dank zu erkennen. Möge das beginnende Jahr auch der Stadt Potsdam
Glück und Gedeihen bringen! Victoria,
8 Kaiserin und Königin.
Berlin, den 3. Januar 1893. “
An den Magistrat und die Stadtverordneten zu Potsdam“.
Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit Groß⸗ herzogin von Toscana ist vorgestern Abend von Salzburg in Dresden eingetroffen. Höchstdieselbe wurde am Bahnhofe von Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzen Friedrich August empfangen und in das Palais am Taschenberge ge⸗ leitet.
Lübeck.
Die Staatssteuern und Abgaben erbrachten, wie das „Kiel. Tgbl.“ erfährt, im Jahre 1892: 1 346 080,94 ℳ, 3311,49 ℳ weniger als im Jahre 1891. Die Einkommen⸗ steuer Eehmachte gegen das Jahr 1891: 38 771,63 ℳ mehr, alle übrigen Posten blieben dagegen um 42 083,12 ℳ gegen das Vorjahr zurück, den größten Ausfall zeigen die Schiffs⸗ abgaben und die Eisenbahnsteuer. 8
“
Oesterreich⸗Ungarn.
Der Kaiser ist gestern von den Jagden bei Mürzsteg nach Wien zurückgekehrt. Die Kaiserin hat sich gestern von Cadix nach Sevilla begeben. 8 3
Die von der letzten ungarischen Bischofsconferenz gewählte Commission in Angelegenheit der katholischen Auto⸗ nomie und Congruafrage ist dem „Prag. Abdbl.“ zufolge für den nächsten Hienstag einberufen worden.
Frankreich. verhandelte gestern, wie „W. T. B.“ berichtet,
Der Sena 1j stern 1 Tolain eingebrachten Antrag, worin
über einen von 88
Commandeur
verlangt wird, daß die Directoren der Gruben und Eisenbahnen in Zukunft vom Staat ernannt werden sollen. Nachdem der Minister der öffentlichen Arbeiten Viette im Laufe der Verhandlungen erklärt hatte, die Regierung werde eine bezügliche Vorlage ein⸗ bringen, zog Tolain seinerseits den Antrag zurück. — Die Vorstände der republikanischen Gruppen des Senats haben dem Minister⸗Präsidenten Ribot gegenüber ihre Beunruhigung ausgesprochen über die Menge von Ver⸗ leumdungen, die gegen den Präsidenten Carnot in Umlauf gesetzt seien, und Ribot zugleich ihrer thatkräftigen Unterstützung versichert, um diesen u ein Ziel zu setzen.
8 In der Budgetcommission der Deputirtenkammer kündigte der Finanz⸗Minister Tirard an, daß er heute einen Gesetzentwurf über eine Börsensteuer einbringen werde, wonach eine Steuer von 10 Centimes für je 1000 Francs auf Termingeschäfte eingeführt werden solle. Diese Steuer werde 12 Millionen ergeben, welche dazu dienen werden, das aus der Reform der Getränkesteuer resultirende Deficit zu decken.
Wie verlautet, ist die gerichtliche Untersuchung wider Balhaut nahezu beendet. Dem „XIX. Siedcle“ zufolge hätte er zugestanden, von der Panama⸗Gesellschaft eine Million Francs verlangt und 375 000 Fr. erhalten zu haben. Es heißt, der Prozeß gegen Baihaut werde als ein besonderer Prozeß und noch vor dem Prozeß gegen die Verwaltungsräthe der Panama⸗Gesellschaft zur Aburtheilung gebracht werden. Die gestrige Meldung mehrerer Blätter, daß wichtige Papiere Arton's mit Be⸗ schlag belegt worden seien, wird von der Polizei⸗Präfectur für unbegründet erklärt.
Die parlamentarische Untersuchungscommission erkannte die Aussagen Lesseps' vor dem Gerichtshofe bezüglich der Verwendung der Bons ohne Namen sowie hinsichtlich Cornelius Herz' und Baihaut's für richtig an. Die Commission ermittelte, daß ein gewisser Castellane 50 000 Fr. empfangen habe, und verhörte alsdann mehrere Banquiers, die mit Arton in Geschäftsverbindung standen; einer von ihnen erklärte, er habe an Laux mehrere Checks ausgezahlt. Eine Abordnung der Commission begab sich hierauf zu den Banquiers, um deren Bücher zu prüfen; die Commission constatirte, daß darin kein Name eines Parlamentsmitgliedes verzeichnet sei.
In dem Panama⸗Prozeß wurde gestern das Zeugen⸗ verhör beendet. Bemerkenswerth darin war, daß der Financier Oberndörffer erklärte, er habe für seine Betheiligung an dem Syndikat 1 600 000 Fr. und dafür, daß er der Gesellschaft die Idee der Loos⸗Obligationen lieferte, 2 Millionen erhalten. Nach Schluß des Zeugenver⸗ hörs ersuchte der Präsident den Angeklagten Charles de Lesseps, den Namen des Journalisten zu nennen, der 50 000. Francs in Bons ohne Namen erhalten habe. Lesseps nannte hierauf Arthur Meyer, den Director des „Gaulois“. Der Sachverständige Flory fügte hinzu, Meyer habe nochmals einen Bon von derselben Höhe erhalten. Hiermit schloß die Sitzung; die nächste ist auf Dienstag anberaumt.
Die Verstärkung der französischen Marine wird nach der „F. C.“ mit großem Eifer betrieben. So sind in den Staatswerften 71 Fahrzeuge und in den Privatdocks 53 Schiffe im Bau begriffen. .
RNußland. 8
Dem früheren Finanz⸗Minister, Mitglied des Reichsraths Wyschnegradsky sind, wie „W. T. B.“ meldet, mit einem äußerst huldvollen Kaiserlichen Handschreiben die Brillanten zu dem Alexander⸗Newski⸗Orden verliehen worden.
Der General⸗Lieutenant Kochanow ist seines Postens als General⸗Gouverneur von Wilna unter Ernennung zum Mitglied des Reichsraths enthoben worden. Sein Nach⸗ folger ist der General⸗Lieutenant Orshewsky.
Spanien.
Der Minister des Auswärtigen Armijohatte, wie „W. T. B.“ meldet, gestern Abend eine einstündige Unterredung mit dem englischen Botschafter Sir H. Drummond⸗Wolff über die marokkanische Frage. Ein spanisches Geschwader wird im Hafen von Cadix zusammengezogen und besteht aus den Panzerschiffen „Pelayo“, „Reina Regente“, den Kreuzern „Alfonso XII.“, „Cuba“ und „Luzon“ und dem Aviso „Teme⸗ rario“. Die Schiffe haben Truppen an Bord, um diese eventuell zu landen. In Paris war gestern Abend die Nach⸗ richt verbreitet, daß ein Corporal der Garnison von Alhucemas von Marokkanern gefangen genommen und forsgefüget worden sei, und erfolge dieserhalb die Zusammenziehung des Ge⸗ schwaders bei Cadix. Nach einer Meldung des „Correo espanol“ wäre die gefangen genommene Militärperson ein Marine⸗ Unteroffizier, der im Hafen von Alhucemas die Functionen eines Hafen⸗Capitäns versah. C11“
Türkei.
Ddie „Politische Correspondenz“ erfährt aus Konstan⸗ tinopel, daß sich die angeblichen diplomatischen Schritte Rußlands betreffs der jüngsten bulgarischen Verfassungsänderung auf eine Anfrage über die Auf⸗ fassung der Pforte beschränkten. Die Antwort habe im wesentlichen gelautet, die Pforte sehe die Frage als eine interne Angelegenheit Bulgariens an. Seitdem sei das russische Cabinet auf die Angelegenheit nicht wieder zurückgekommen.
Bulgarien.
Dem gestrigen Neujahrs⸗Empfange wohnten nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Sofia das diplomatische Corps, die Minister, die Spitzen der Behörden und zahlreiche Gäste bei. Die Glückwünsche Stambulow's, des Metropoliten und des Kriegs⸗Ministers wurden mit Beifall begrüßt. Der Prinz Ferdinand von Sachsen⸗Coburg dankte für den Ausdruck der Gefühle der Ergebenheit und der Zu⸗ neigung der Armee und Nation, und äußerte, 84 2* von freudigem Stolz beseelt, die bei seiner Ankunf im Lande kaum vorgezeichnete Bahn des Fortschritts und der Autonomie der Regierung nunmehr geebnet zu sehen. 8 Reihe der letzten wichtigen Erceignisse habe nicht nur zur Con⸗ solidirung und Entwickelung des Landes beigetragen, auch Bulgarien einen ehrenvollen Platz unter den Seee völkern angewiesen. Bei den auf allen Seiten erfäelten 8 1 folgen könne man vertrauensvoll in die Zukunft blicken Gestern Vormittag fand ein feierliches Tedeum statt, 5.
der Prinz, die Minister und die Vertreter der Behörden 16gg wohnten. Der Prinz erhielt aus allen Theilen des Landes
Glückwunschdepeschen.
den elfstündigen Arbeitstag als
das Ansehen der natürlichen Autoritäten gewahrt werden soll. Der
Amerika.
Nach einer Meldung des ‚Reuter'schen Bureaus“ aus Buenos Aires von gestern hat Bermejo, der sich bereit erklärt hatte, das Portefeuille des Innern zu übernehmen, diese Erklärung wieder zurückgezogen, weil er die Intervention der Bundesregierung bei den Kämpfen in der Provin Corrientes mißbilligt. “ “ v
Deutscher Reichstag.
Der Bericht über die 20. Sitzung vom 13. Januar be⸗ findet sich in der Ersten Beilage.
21. Sitzung vom Sonnabend, 14. Januar, 1 Uhr.
Der Sitzung wohnen bei der Staatssecretär Dr. von Boetticher und der Königlich preußische Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch. 8
Eingegangen ist eine weitere Sammlung von Actenstücken über Samoa.
Die Besprechung der Interpellation Auer⸗Singer wegen des wirthschaftlichen Nothstandes wird fortgesetzt.
Abg. Hitze (Centr.): Aus den bisherigen zweitägigen Verhand⸗ lungen ist mir noch nicht klar geworden, welchen praktischen Zweck die Interpellation gehabt hat. er Wirkung außerordentlicher Noth⸗ stände entgegenzutreten, ist in erster Linie Aufgabe der Gemeinden. Ein Recht auf Arbeit erkennen wir nicht an, wohl aber ein Recht auf ein Existenzminimum und daher die Pflicht der Gemeinden, in Zeiten der Noth Alles zu thun, um durch außerordentliche Maß⸗ nahmen der Noth zu steuern. Daneben hat aber die socialdemokratische Partei auch große organisatorische Maßregeln von seiten des Reichs angeregt; in den Vorschlägen der Abgg. Liebknecht und Auer war aber das Neue wie gewöhnlich nicht wahr und das Wahre nicht neu. Die Verkürzung der Arbeitszeit wollen wir alle. In dieser Be⸗ jiehung hat aber der Reichstag in der Gewerbeordnung bereits ·2- Norm vorgeschrieben; der Bundes⸗ tath hat das Recht weiterer Herabsetzung der Arbeitszeit in gewissen Betrieben erhalten. Wir sind also mit den Socialdemokraten auf emselben Wege, befolgen nur ein anderes Tempo. In dem Achtstundentag finden wir kein Mittel zur Besserung, sondern diese Einrichtung würde nur die Arbeitslosigkeit vermehren. Für den Ackerbau ist der Achtstundentag schlechthin undurchführbar. Die Einführung des Achtstundentages in der Textilindustrie würde nit einem Schlage unseren ganzen Export an England ausliefern. Eine schablonenhafte Regelung der Arbeitszeit kann überhaupt nicht e Ueberproduction verhindern; die Aufgabe ist vielmehr die, die broduction in Harmonie zu halten mit der Consumtion. In dieser Zeziehung hatte ich seiner Zeit beantragt, den Berufsgenossenschaften
Recht auf weiterer Herabsetzung der Arbeitszeithmit Zustimmung des Bundesraths zu geben. Auf diese Weise würde die Production geregelt werden können. Die jetzige planlose Production hätte aufhören müssen. Leider sind die Socialdemokraten und auch die Mehrheit der Parteien nicht darauf eingegangen. Den Berufsgenossen⸗ schaften müßten auch die Versicherungen gegen unverschuldete Arbeits⸗ losigkeit übertragen werden; das ist ein Zukunftsprogramm, das aber schon heute der Erwägung werth ist. Was die Sonntagsruhe be⸗ trifft, so hoffe ich zuversichtlich, daß sie für die Fabriken spätestens am 1. April eingeführt wird. Die Abschaffung der Kinderarbeit wird nichts bessern; würde man das Verbot gar auf die jugendlichen Arbeiter von 14—16 Jahren erstrecken, so wäre das gleichbedeutend mit einer Vermehrung der Arbeitslosigkeit. Von einer Abschaffung der Frauenarbeit spricht der Abg. Liebknecht heute nicht mehr, früher haben wir mit Ihnen auf dem Standpunkt gestanden, daß die verheirathete Frau nicht in die Fabrik gehört. Praktisch haben Sie uns also auf diesem Gebiet nicht unterstützt. Sollten die Socialdemokraten wirklich hier im Hause zu einer aus⸗ schlaggebenden Zahl werden, so werden die Arbeiter von einer prak⸗ tischen Fortbildung des Arbeiterschutzes nichts mehr zu erwarten haben. Das Coalitionsrecht des Arbeiters haben wir stets vertheidigt, wir begrüßen die zustimmende Erklärung des preuischen Handels⸗Ministers und mahnen ihn nur, nicht durch Maßnahmen gegen einzelne Führer dieses Recht zu beschränken. Wir haben entscheidend mitgewirkt bei dem Gesetzentwurf Hirsch, der die einge⸗ tragenen Berufsvereine betraf und der jetzt dem Reichstag wieder vorliegt. Auf diesem Wege liegt die friedliche Lösung der Schwierig⸗ keiten, die der Ausübung des Coalitionsrechts durch die Arbeiter ent⸗ “ Wir wollen Ausgestaltung des Coalitionsrechts, nicht Zeschränkung. Arbeitsbörsen mögen ganz gut sein, aber der Arbeits⸗ losigkeit können sie nicht steuern. Durch die Organisation des An⸗ gebots kann man die Nachfrage nicht erhöhen; viel eher ist es möglich, daß da⸗ durch die Löhne weiter herabgedrückt werden. Ferner hat der Abg. Liebknecht die Schutzpolitik angeklagt und ist dabei von dem Abg. Dr. Barth in nicht ganz logischer Weise unterstützt worden. Er nennt den hanamastandal eine Frucht des Schutzzollsystems. Was würde er agen, wenn wir behaupteten, er sei die Frucht einer jüdisch⸗liberalen egierungskunst? Die Schutzzölle sollen nicht die Rente vermehren, sondern auf einer solchen Höhe erhalten, daß die Arbeit erhalten bleibt und die Arbeiter beschäftigt werden können. (Schluß des Blattes.)
8 Haus der Abgeordneten.
Der Bericht über die 14. Sitzung vom 13. befindet sich in der Ersten Beilage.
15. Sitzung vom 14. Januar. m. Der Sitzung wohnt der Präsident des Staats⸗Ministeriums, Minister des Innern Graf zu Eulenburg bei. 1 Die erste Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend Aenderung des Wahlverfahrens, wird fortgesetzt.
Abg. Graf zu Limbu rg⸗Stiru m (cons.): Der Abg. Meyer verlangt, daß wir reinen diss machen, daß wir das allgemeine geheime Wahlrecht einführen, damit wir endlich Ruhe haben. Der Abg. Meyer will, wie alle Fortschrittler, so⸗ sange fortschreiten, bis alles auf seinem Standpunkt steht, dann will er conservativ werden.
ann werden aber andere kommen, die noch weiter gehen wollen;
ann wird er den Schutz gegen den Terrorismus von unten verlangen. Die geheime Wahl ist unannehmbar, wenn
Abg. Meyer meint, die Conservativen könnten rahig verschwinden; es gehe auch so; ja, aber nicht lange, denn wenn die Conservativen ein⸗ mal nicht ihrer Bedeutung entsprechend hier vertreten sein sollten, dann wird sich sofort eine Reaction dagegen im Lande geltend machen. Denn die Bedeutung der Landwirthschaft ist eine so große für den Staat, daß sie hier vertreten sein muß. Das seit mehr als 40 Jahren bestehende Wahlrecht hat sich im allgemeinen vollständig bewährt. Eine radicale Umwälzung des Wahlrechts ist vorgenommen ohne jede Compensation. Vor der Einführung der all⸗ gemeinen Wahl hatte der Landtag über alles zu bestimmen: über Militärfragen, indirecte Steuern u. s. w. Mit einem Federstrich
dem Landtag diese Befugniß genommen und die Wähler Klasse den Wählern erster Klasse gleichgestellt, ohne daß j. letzteren irgend welche Steuern angerechnet wurden. Vie sollte man jetzt dazu kommen, bei den Landtagswahlen die in⸗
es sei keine Wahl, wenn in der ersten Abtheilung ein Mann zwei
ahlmänner ernennt. Die Wahl findet erst durch die Wahlmänner statt. Es entspricht z. B. durchaus meiner socialen Stellung in meiner Heimath, daß ich zwei Wahlmänner ernenne; ich werde auch daran festhalten. Ich werde mir auch überlegen, ob der Steuerbetrag nach der Vorlage vertheilt werden, oder ob die Drittelung aufrecht erhalten „werden soll. Gegen die Einführung der geheimen Wahl müssen wir entschieden Verwahrung einlegen. Nach den Er⸗ fahrungen, die wir gemacht haben, wird es zweifelhaft, ob das ge⸗ “ ahlrecht noch lange bestehen kann. Jedenfalls sollten die Anhänger des geheimen Wahlrechts dafür sorgen, daß die politische Bedeutung der besitzenden Klassen hier im Landtag richtig gewürdigt wird. Denn sonst artet das öffentliche Leben cäsaristisch aus.
„Abg. Dr. Meyer⸗Berlin (dfr.): Ich habe schon gestern aus⸗ geführt, daß bei uns Wahl⸗ und Steuerfragen verquickt sind, daß man Steuern fingirt hat, um das Wahlrecht aufrechtzuerhalten. Deshalb dachte ich, daß man im conservativen Interesse das Wahlrecht unabhängig von der Steuer ordnen müsse. Der Vorredner meint, das Geheimniß der Wahl sei nicht zu wahren. Dafür hat er keinen Beweis erbracht, wir arbeiten auch dahin, das Geheimniß immer mehr zu wahren. Daß die indirecten Steuern von Preußen nicht erhoben werden, ist kein Grund gegen die Einführung des allgemeinen gleichen Wahlrechts. Denn die Einführung und Vermehrung der indirecten Steuern ist auf Betreiben des Fürsten Bismarck erfolgt, der die directen 1 Steuern für die unteren Klassen nicht geeignet hielt. Die Belastung mit indirecten Steuern ist größer geworden, als die Belastung mit directen war; und da will man den ärmeren Klassen nun auch noch das Wahlrecht verkürzen. Wenn man den Zustand herbeiführen. will, den das Gesetz von 1849 schuf, dann muß der Vorredner sich den Vorschlägen des Abg. Herrfurth anschließen. Der Vorredner betrachtet es als selbstverständlich und seiner Stellung entsprechend, daß er zwei Wahlmänner ernennt. Bald nach Erlaß des Wahlgesetzes betrachtete man es als ein Curiosum, daß ein Urwähler zwei Wahlmänner ernennt. Die Con⸗ servativen stehen gar nicht mehr auf dem alten conservativen Programm, sie stehen auf einem im Jahre 1879 neu entstandenen Programm. Daß die conservative Partei im Hause vertreten sein muß, halte ich für berechtigt; ob das auf der conservativen Seite in Bezug auf uns auch für selbstverständlich gilt, lasse ich dahingestellt. Aber wenn der Abg. Graf Limburg⸗Stirum seine Wähler wirklich vertritt, dann braucht er nicht zwei Wahlmänner zu ernennen, und wird doch ge⸗ wählt werden.
Abg. Dr. Arendt (freicons.): Die Opposition gegen die Vorlage scheint mir viel milder zu sein, als sie vor ein paab⸗ Jahren gewesen wäre; der Abg. Meyer hat auch das geheime Wahlrecht nicht mehr so begeistert vertreten, wie sonst, und selbst der Abg. Rickert erkannte an, daß seine demokratischen Anforderungen aussichtslos seien. Der Agg Rickert ist auf die Unwandelbarkeit seiner Meinung stolz, während. es den Nationalliberalen zum Verdienst anzurechnen ist, daß sie in Bezug auf das Wahlrecht ihre Meinung geändert haben. Den Ausspruch vom elendesten aller Wahlsysteme würde Fürst Bismarck heute wohl nicht mehr wiederholen; er folgte auch damals, als er es vorschlug, nur einer geschichtlichen Nothwendigkeit. Er hat auch seit⸗ dem wohl Erfahrungen genug gemacht, um eines Besseren belehrt worden zu sein. Ich halte es für eine der schlimmsten Aus⸗ schreitungen des geheimen Wahlrechts, daß Fürst Bismarck mit einem Socialdemokraten in die Stichwahl kommen konnte. Mehrfach ist davon die Rede gewesen, daß man die Abtheilungen nach Procenten der Wähler zusammensetzen solle; man hat das aber für das Land als bedenklich hingestellt. Es ist aber auch bedenklich für die Städte. Verschiedenartige Vorschriften für Stadt und Land sind kaum möglich. Die Anrechnung der Grundsteuer bei den Gutsbezirken steht eigentlich in Widerspruch mit der Forderung, daß die Grundsteuerentschädigungen zurückgezahlt werden sollen. Denn die Anrechnung hat nur dann einen Sinn, wenn öffentlich⸗rechtliche Lasten dem Betreffenden obliegen; dann darf aber die Entscheidung nicht zurückgefordert werden. Diese Zurückforderung ist aber wohl nur eine Vorbeugung gegen die Demagogie und diese wird auch wohl die An⸗ rechnung der Grund⸗ und Gebaͤudesteuer gegen die Großgrundbesitzer ausbeuten. Redner wendet sich dann gegen die Anrechnung der indireeten Steuern. Da die Menschen in ihrem Verbrauche sehr verschieden seien, könne man eine gleichmäßige Anrechnung bei allen Wählern nicht vornehmen, ohne ungerecht zu werden. Daneben sei es ja bekannt, daß die Zölle nicht immer von den Consumenten getragen würden. Die Vorlage muß noch vor den Neuwahlen in Kraft treten, deshalb muß ein bestimmter Termin hineingeschoben werden oder die Regierung muß eine bindende Erklärung abgeben. Wer das Dreiklassenwahl⸗ system aufrecht erhalten will, der muß es so gestalten, daß das Volk ihm sympathisch gegenübersteht. Deshalb stimme ich mit dem Abg. Herrfurth überein. Ich kann auch mit dem Abg. Rickert nur bitten, eine Aenderung des Wahlverfahrens eintreten zu lassen.
Präsident des Staats⸗Ministeriums, Minister des Innern Graf zu Eulenburg: Ich kann als Ergebniß der Debatte feststellen, daß die große Mehrheit gegen die Einführung des allgemeinen geheimen Wahlrechtes ist, und bezüglich der Gemeinde⸗ wahlen nimmt auch der Abg. Meyer diesen Standpunkt ein. Die Wahlen für den Landtag und die Gemeinden sollen gleichmäßig sein. Wenn das geflügelte Wort eines großen Mannes zu Tode gehetzt wird, so unterstelle ich nicht die Vermuthung, daß er heute anderer Meinung ist. Ich weise nur darauf hin, daß seine Abneigung gegen das Dreiklassen ⸗Wahl⸗ recht eine platonische war; denn sonst hätte er es wohl in seiner langen Amtsdauer abgeschafft. Man sagt, das System helfe dem Goldsack zur und dränge die Bildung zurück. Alle Ver⸗ suche, die Bildung als Maßstab des Wahlrechts zu nehmen, sind verunglückt. Die Vorschläge, die anderwärts in Bezug auf die Capacitätswahlen gemacht werden, kommen schließli darauf hinaus, daß die Leute geprüft werden, ob sie An⸗ alphabeten sind; deren giebt es bei uns aber sehr wenig. Das jetzige Wahlsystem hat jedenfalls nicht gehindert, daß Bildung und Intelligenz ausreichend vertreten sind. Die Begeisterung für das allgemeine geheime Wahlrecht ist im Abnehmen begriffen, und diese Strömung dauert noch fort. Der Abg. Rickert meint, das Wahl⸗ geheimniß sei nicht genug bewahrt. Die Neigung besteht, das Wahl⸗ geheimniß durch alle möglichen Praktiten und Manipulationen zu zer⸗ stören. Dem gegenüber 9” es besser, daß die Wähler sich frei gegenüber⸗ treten und den Muth ihrer Meinung haben. Ueber die Vorlegung eines definitiven Wahlgesetzes kann ich mich nicht aussprechen; es ” mißlich, für die fernere Zukunft schon heute etwas zu erklären. Der Artikel 115 der Verfassung, der das Wahlgesetz berhen bleibt bestehen. Die Freunde des Gesetzes sollten sich in ihren Anträgen einschränken, und namentlich in solchen Anträgen, die das Fundament der Vorlage erschüttern. Dazu gehört namentlich die Anrechnung der indirecten Steuern, die unmöglich ist. Eine plutokratische Zuspitzung wird nicht erfolgen, denn die Anrechnung der Gewerbesteuer wird namentlich den Mittelstand treffen. Bezüglich der Anrechnung der Grundsteuer in den Gutsbezirken ist eine Aenderung angeregt worden, aber die Vorschläge sind wohl nicht ausführbar. Man will die erste Abthei⸗ lung verstärken. Das ist gefährlich, denn es würden bedenkliche Elemente in die erste Klasse kommen, und es könnten in der ersten Klasse mehr Wähler sein als in der zweiten. Die Zahl der Wähler pro⸗ centual zu vertheilen, würde für das Land zu bedenklichen Folgen führen; eine Verschiedenartigkeit für Stadt und Land würde g aber nicht rechtfertigen lassen. Die Drittelung innerhalb der Urwahlbezirke ist angefochten, aber es giebt kein anderes wirk⸗ sames Mittel, um den Einfluß der großen Vermögen zu paralysiren. Bezüglich der Aenderung des Wahlverfahrens muß man sich hüten, Neuerungen einzuführen, die größere Gefahren mit sich bringen als die bestehenden Vorschriften. Das Zusammenhalten der Wähler ist schon deswegen nothwendig, weil oft Stichwahlen nothwendig sind, deren Verlegung auf einen späteren Tag das Wahlgeschäft unnöthig verzögern würde. Was die Stunden der Wahl betrifft, 6 liegt die Entscheidung in der Hand der localen Instanzen, die den Bedürfnissen
Firerten Steuern in Anrechnung zu bringen? Mit dem Abg. Herr⸗ in ich im ganzen eintersgaaben, gher nicht darin, daß er sagt:
Rechnung tragen können.
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Abg. Dasbach (Centr.) tritt für das Wahlgeheimniß ein; es sei recht schön, von dem Muth der Meinung zu sprechen, aber die Arbeiter hätten oft genug erlebt, daß sie wegen der Abstimmung entlassen worden seien. Daß Versuche gemacht werden, das Geheimniß der Reichstagswahl zu zerstören, ist be⸗ kannt; im Reichstage schweben ja Verhandlungen über einen besseren Schutz des Wahlgeheimnisses; eine Commission hat ja auch bereits darüber Bericht erstattet. Die Sicherung des Wahlgeheimnisses wird am besten den Terrorismus unwirksam machen, der ja meist vor der Wahl ausgeübt wird. Die öffentliche Abstim⸗ mung erleichtert den Terrorismus von unten, wenn die Social⸗ demokraten einen Einfluß auf die Landtagswahlen gewinnen wollen.
Abg. Dr. Graf⸗Elberfeld (nl.): Die Vorschläge, die von den Abgg. Bachem und Herrfurth gemacht sind, um die ersten beiden Abtheilungen zu verstärken, sind nicht annehmbar. Die Angriffe auf das Dreiklassenwahlrecht sind nicht mehr berechtigt als die auf das allgemeine Wahlrecht. Der Ausspruch des Fürsten Bismarck ist ent⸗ standen zu ciner Zeit, als die fortwährenden Wahlen fortschrittlicher Mehrheiten zum Abgeordnetenhaus ihn verärgert hatten. Das Wahl⸗ recht muß der Steuerleistung angepaßt werden; daß die Bildung nicht zurückgedrängt worden ist, hat der Minister schon festgestellt. Wo bleibt denn die Logik, wenn man die allgemeine Wahl für die Gemeinden verwerfen will? Freilich würde dann auf der sella eurulis, die Herr Langerhans einnimmt, vielleicht Herr Singer sitzen. Wo bleibt bei der geheimen Wahl der Schutz der Minoritäten? Die Nationalliberalen haben z. B. im Reichstage eine erhebliche Anzahl von Mandaten weniger, als ihnen nach der abgegebenen Stimmenzahl zukäme. Wenn Sie immer mit unserem Bismarck kommen, dann berufe ich mich auf Ihren Stuart Mill, der die Ab⸗ stimmung als eine öffentliche Pflicht bezeichnet, die unter der Con⸗ trole der Oeffentlichkeit stehen müsse.
c Abg. Rickert (dfr.): Warum wirft man mir die Berufung auf Bismarck vor? Er hat seinen Ausspruch niemals widerrufen, während Windthorst seine Neigung für die öffentliche Abstimmung später offen verleugnet hat. In Hannover war die Praxis auch so, daß niemand wegen seiner oppositionellen Abstimmung verfolgt wurde, während bei uns die abhängigen Personen und Beamten bis aufs Blut gepeinigt worden sind. Der Herr Minister hat sich unseren Vorschlägen gegenüber sofort ablehnend erklärt, er hat sich aber nicht gegen den Vor⸗ schlag des Abg. Grafen Limburg⸗Stirum ausgesprochen, der die Drittelung beibehalten will. Gegen eine solche Verschlechterung der Vorlage werden wir uns trotz unserer Abneigung gegen diese wehren. Das Reichstagswahlrecht soll den Leuten der ersten und zweiten Ab⸗ theilung ihr Recht geschmälert, ja geraubt haben. Kann man denn jemand etwas rauben, was er gar nicht hat? Hatten denn die Wähler erster und zweiter Klasse ein Vorrecht, als das Reich noch nicht bestand. Die Conservativen sind keine selbständige Partei, sie unterwerfen sich immer der Regierung. Jetzt haben sie ein bischen Muth bekommen, sie wählen Ahlwardt. Wo sind denn die Leute, die sich vom geheimen Wahlrecht abgewendet haben? Die Conservativen sind immer dagegen gewesen, aber Centrum und Polen sind heute noch dafür, und Herr von Bennigsen hat sich auch für die Aufrechterhaltung desselben ausgesprochen. Das geheime Wahlrecht trägt die Heilung der Schäden in sich selbst; und wenn zehn Ahlwardt's gewählt werden, werden wir von dieser Meinung nicht abgehen. Man will jetzt in der conservativen Partei Her egceh n volksthümlicher werden. Der Abg. von Heydebrand tadelte unsere Agitation; zer sollte doch denken: a intra et extra marus. Denken Sie doch nur die Ahlwardt'sche Agitation. In Hinterpommern hat man mir vorgeworfen, daß ich nach Rom zum Friedenscongreß gegangen sei, um mit den Italienern und Franzosen zu berathen, wie Deutsch⸗ land am schnellsten wehrlos gemacht werden kann. Auch für die Theuerung des Getreides, fuͤr die Getreidewucherer an den Börsen wurden wir verantwortlich gemacht; das ist noble Agitation! Welche Uebelstände haben sich denn bei der geheimen Abstimmung ergeben? Ist das Geheimniß nicht genügend gewahrt? Wenn man gefragt wird, lehnt man die Antwort ab; ein anständiger Mensch fragt überhaupt nicht danach. Der Abg. Graf Limburg⸗Stirum sprach von d cäsaristischen Entwickelung durch das allgemeine Wahlrecht. Glaube Sie, daß dadurch das Ansehen des Reichs gefördert wird? Es ist nich zum Heile des Reichs, wenn diese Versammlung, die gewählt ist auf Grund des elendesten aller Wahlsysteme, die Grundlagen des Reichs kritisirt. Gehen Sie in sich, damit treiben Sie keine deutsche Politik, damit treten Sie nur für den Schutz Ihrer Interessen und Privilegien ein.
Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa (cons.): Die Agitation ist von den Freisinnigen angefangen; sie können sich nicht beschweren, wenn von anderer Seite ihnen entgegengetreten wird! Das Reichstagswahlrecht für den Landtag ist für uns nicht discutabel. Der Steuererhöhung steht eine große Lohnsteige⸗ rung gegenüber und namentlich eine Steigerung der socialpolitischen Leistungen seitens des Staats und der Arbeitgeber. Wir halten an dem alten Wahlrecht fest. Aber machen es denn die Freisinnigen anders, wo sie die Uebermacht haben, z. B. in Berlin. Petrificir sind die Conservativen nicht, denn sie haben den B. dürfnissen der Neuzeit Rechnung getragen, so auf Verkehrsgebiete, auf dem Gebiete der Socialpolitik. Wenn die Conservativen eine Volkspartei werden wollen, so sollte man das 1 tadeln. Männer wie Graf zu Limburg⸗Stirum, die ihre Meinung ie nur vertreten, sondern auch theuer bezahlt haben, stehen bei uns mehr im Ansehen, als Männer, die dem Hause oft unfreiwillig Anlaß zur Heiterkeit geben.
Damit schließt die einer Commission von 21
15 Berathung; die Vorlage wird Mitgliedern überwiesen. Schluß 2 ¼ Uhr. Nächste Sitzung: Dienstag 11 Uhr.
— Von den Abgg. Broemel (dfr.) und Gen. Interpellation im Reichstag eingebracht: verbündeten Regierungen Maßnahmen beabsichtigt, in Aussicht genommenen Abänderungen des Amtlichen Waarenverzeichnisses. zum Zolltarif vor ihrer endgültigen Feststellung in solcher Weise zur öffentlichen Kenntniß zu bringen, daß die daran vornehmlich interessirten gewerbtreibenden Kreise ihre gut⸗ achtlichen Aeußerungen darüber rechtzeitig abgeben können?
Ben. ist folgend Sind seitens de um die neuerdings
Verkehrs⸗Anstalten.
Hamburg, 13. Januar. (W. T. B.) Hamburg⸗Ameri⸗ kanische Packetfahrt⸗Actien⸗Gesellschaft. Der Post⸗ dampfer „Galicia“ ist, von Hamburg kommend, gestern in St. Thomas eingetroffen. Der Pöstdampser „Croatia“ hat, von New⸗York kommend, heute Wenge Seilly passirt.
London, 13. Januar. (W. T. B.) Der Uniondampfer „Tartaxr“ ist heute auf der Ausreise in Capetown angekommen. Der Castle⸗Dampfer „Melrose“ ist am Monta auf der Aus⸗ nl von Durban (Natal) angekommen. Der astle⸗-Dampfer „Drummond Castle“ ist am Mittwoch auf der Heimreise von Capetown abgegangen.
Mannigfaltiges.
Im Cireus Renz fand gestern Abend eine arade⸗C ala⸗Vor⸗ stellung statt zu Gunsten des Fonds zur Erbauung . Fageclazecr⸗ Gedächtnißkirche, der Ihre Majestät die Kaiserin mit den ältesten drei Prinzen sowie Seine Hoheit der Erbprinz und Ihre Königliche Hoheit die Erbprinzessin von Sachsen⸗Meiningen mit der
Prinzessin Fedora von Anfang an beiwohnte, während Seine
Majestät der Kaiser in der Uniform des Leib⸗Garde⸗Husaren⸗
Regiments gegen 7¾ Uhr in der Königlichen Loge erschien. Beim
Eintreffen Ihrer Majestät der Kaiserin mit den Königlichen Prinze