1893 / 22 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 25 Jan 1893 18:00:01 GMT) scan diff

8 11. Argumente

schaffung von rollendem Material benöthigten 5 000 000 Kronen schlägt die Regierung vor, durch eine Staats⸗Anleihe zu beschaffen. Dänemark. Der Kronprinz und die Kronprinzessin

Der ind gestern aus Stockholm nach Kopenhagen zurückgekehrt. ““

8 Amerika.

Aus Panama war dem „Reuter’'schen Bureau“ eine Depesche zugegangen, wonach in Guatemala der Pöbel einen Angriff auf das dortige britische Konsulat gemacht und der älteste Sohn des Konsuls dabei mehrere lebensgefährliche Ver⸗ wündungen erlitten hätte. Wie demselben Bureau aus Washington von gestern gemeldet wird, sind diese Nachrichten, eingegangenen genauen Erkundigungen zufolge, starkübertrieben. Es handele sich nur um einen Ueberfall und eine Mißhandlung des auf dem Lande weilenden jüngeren Sohnes des Ge⸗ sandten durch eine Räuberbande. Die Regierung von Guatemala habe dem Gesandten volle Genugthuung versprochen.

Wie der „New⸗York Herald“ aus Val paraiso meldet, hat die chilenische Deputirtenkammer ein Gesetz ange⸗ nommen, nach welchem der Präsident ermächtigt wird, vor Ablauf dreier Jahre die dem Staat Chile gehörigen Salpetergebiete zu verkaufen. Die Verkäufe werden n Europa und in den Vereinigten Staaten angezeigt werden.

8“

Nach einer Meldung des „Reuter'schen Bureaus“ aus Yokohama vom 24. d. M. hat das japanische Parla⸗ ment die Genehmigung des Ausgale⸗udgets abgelehnt. Auf den Rath der Minister vertagte der Mikado das Parla⸗ ment auf zwei Wochen.

Afrika.

Das „Reuter’'sche Bureau“ veröffentlicht eine Depesche aus Kairo von gestern, wonach die Vermehrung der englischen Occupationstruppe in Egypten sich auf zwei Bataillone beschränken werde. Das eine derselben gehöre dem schottischen Regiment an, welches in Gibraltar steht. Die beiden nach Egypten entsandten Bataillone würden in Alexandria verbleiben und zunächst nicht nach Kairo gehen, wofern dies nicht durch die Umstände nothwendig gemacht werden würde. Nach einer weiteren Meldung wird auch die Besatzung von nan Infanterie zur Verstärkung des Occupationscorps

eben.

Aus Nah erfährt das genannte Bureau, der britische Legations⸗RNath Devismes de Ponthieu sei am 17. d. von dort abgereist. Wie verlautet, habe er seine Mission, den Streitfall zwischen England und Marokko über die Er⸗ S 88 e kete henen Trifäͤdah zu regeln, er⸗

greich ausgeführt. arokko werde eine Entschädig 9 5000 Dollars zahlen. g

Parlamentarische Nachrichten.

Deutscher Reichstag.

Der Bericht über die 29. Sitzung vom 24. Januar befindet sich in der Ersten Beilage. 8

8 30. Sitzung vom 25. Januar, 11 Uhr.

Der Sitzung wohnt der Staats F Boetticher bei. h ssecretär Dr.

Zur ersten Berathung steht der von dem Abg. Rintelen

( Centr.) eingebrachte Gesetzentwurf, betreffend die Abänderung des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich. 1

Der Gesetzentwurf ist von Mitgliedern des Centrums und der Reichspartei, außerdem von einzelnen Nationalliberalen,

Polen und Welfen unterschrieben und hat folgenden Wortlaut;

Dem § 69 des Strafgesetzbuchs wird folgender zweiter Absatz

hinzugefügt: „Die Verjährung ruht während der Zeit, in welcher auf Grund des Gesetzes eine Strafverfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann. Das Fehlen des in dem Strafgesetze selbst vorgeschriebenen Erfordernisses des Antrags auf Straf⸗ verfolgung oder der Ermächtigung zu derselben hindert nicht den Beginn der Verjährung“.

Antragsteller Abg. Rintelen (Centr.): Mein sich eigentlich von selbst. Er will die streitige Frage, wie es hin⸗ sichtlich der Verjährungsfrage bei Strafverfolgungen und der Im⸗ munität der Reichstags⸗Abgeordneten zu halten ist, endlich klar stellen. Der Antrag ist nicht erst durch den Fall Ahlwardt veranlaßt worden. Schon im vorigen Jahre, als die verbündeten Regierungen eine Vorlage wegen der Immunitätsfrage gemacht hatten, habe ich eine Abänderung vor⸗ eschlagen. Diese Abänderung bestand in dem ersten Satz meines heutigen Untrags. Es liegt im Interesse der Reichstags⸗Abgeordneten selbst, daß Anklagen, die gegen sie angestrengt werden sollen, schmell erledigt werden. Ich erinnere dabei bloß an den Fall des Abg. Freiherrn von Hammerstein. Es ist des Reichstags nicht würdig, wenn seine Mitglieder sich der Verfolgung entziehen auf Grund von Gesetzen, die sie selbst gemacht haben. Ich bitte Sie, meinen Antrag ein⸗ stitse anzunehmen.

Abg. Stadthagen (Soc.): Der Antrag erreicht auch in dem erweiterten Wortlaut, in dem er uns jetzt unterbreitet ist, nicht seinen Zweck; es wird überhaupt sehr schwierig, wenn nicht unmöglich sein, eine entsprechende Fassung zu finden. as Erkenntniß des Reichs⸗ gerichts in Sachen des Abg. Schmidt (Sachsen) hat nicht, wie der Abg. Rintelen anzunehmen scheint, die Verjährungsfrage endgültig entschieden. Das Reichsgericht hat vielmehr diese Frage nur neben⸗ her gestreift; das Erkenntniß ist auch nicht vom Plenum des Gerichts, sondern nur von einem Senat ausgegangen. Ich bleibe bei meiner Meinung, daß es Sache der Gerichte selbst ist, beim Reichstag in jenen Fällen, die hier getroffen werden sollen, die erforderlichen An⸗ träge zu stellen. Es wäre ja freilich denkbar, daß ein Gericht er⸗ klärte, das sei nicht seine Sache, aber dann wäre eben Abhilfe überhaupt nicht lich. Die Hauptsache ist indessen, daß mit dem Antrag Rintelen die Immunität preisgegeben wird ohne Compensation hinsichtlich des Artikels 31 der Verfassung. Tro seiner unbedingten Klarheit erfährt dieser Artikel nach wie vor durch Gerichtsbeschlüsse Verletzungen, wenn es sich um das Vorgehen Pgen einen Abgeordneten während einer Vertagung des Reichstags

andelt. Redner verweilt besonders bei dem Falle des Abg. Kuhnert, der schließlich vom Reichsgericht nach jahrelanger Verfolgung wegen Verjährung außer Verfolgung gesetzt wurde. Der 2 ntragsteller koͤnne übrigens noch so 5 betonen, daß der Antrag nicht durch den

von

Antrag versteht

Fall Ahlwardt veranlaßt worden sei, in der Oeffentlichkeit werde dieses Odium immer auf dem Antrage haften blelbene. Reät.- erde 52. Verweisung des Antrags an eine Commission von 14 Mit⸗ gliedern.

Abg. Dr. Hartmann⸗Plauen (deutschcons.) tritt für den un⸗ veränderten Antrag ein und bittet den Reichstag, ihn ohne Com⸗ Sehereberathung sofort im Plenum in zweiter Lesung anzunehmen.

ees Abg. Stadthagen seien nicht sti hattig. Mit der irch die Gerichte selbst, indem sie an nträge stellen, wäre nichts gewonnen.

1

nterbrechung der Verjährung dur den Reichstag entsprechende 1

Antrag

In dieser C

Abg. Dr. Abg.

behalten. Der lägen nicht vo

Reichsgerichts

treten könne.

zeichnet werden

Lesung wider bS we Widerspruch

den Schutz

Zur Ver welcher von

Waaren an androhung

Von 8 Dr.

werden:

bestraft“. § 152 so

Abg. Centrums für nicht Gesetzentwurf Ich verweise

äußerlich die F

des Verkaufs a

wir vervoll

Das Centrum

Sie liefern gu Sparen Es handle sich

vereine, befangener in

Nothwendigkeit glieder ab, und den

so gut wie

Abg. Sto

nommen. sämmtliche juristischen gehören,

wie eine

Wie

sentiren.

trag

Sie von

Consumverein

vüicg r. von Marquardsen ünl.) empfiehlt ebenfalls den trag Rintelen und weist in längeren Ausführungen nach, vorjährigen Berathungen über die entsprechende Regierungsvorlage in der Commission der Abg. Singer den Antrag Rintelen gut eheißen habe. 1 ommission, wo noch einem Candidaten Ahlwardt oder gar keine Rede war, sei von ihm (d Schärfe bekundet worden. und so einstimmig wie möglich annehmen.

Damit schließt die Discussion. des Antragstellers berathung abgelehnt.

15 Mitgliedern findet, muß die Das Haus setzt sodann die Deutsch⸗Conservativen und des Centrums fort, welche sich auf

fordert, wodurch

und entwurf beantragt, welcher das Genossenschaftsgesetz von mit der fehlenden Strafbestimmung versehen agtj 1g diesem Zweck soll in das Gesetz folgender § 145 a eingeschoben

strafen im Betrage von 20 bis 600

des Vorstandes der Genossenschaften auch auf den Fall aus⸗

dehnen, wenn diese die vorstehende Vorschrift nicht befolgen.

1 Ackermann

deutschconservativen Antrages. Er werde zwar dem Gesetzentwurf des

zustimmen, 1 überflüssig, da es

Antrags namentli

der in einem Consumverein Görlitz sei sehr unglücklich, Aetiengesellschaft. Ahnung von dem segensreichen Wirken

sondern auch um die ländlichen und und deren segensreiche Wirkungen werde

sie gäben Saatgut,

gemeinsamen Pene Maklerwesen Lonsumvereinen, sondern auch den Raiffeisen'schen Verei 1 onsumy 2 einen, welche Lemnzf 12 Rechte und ha⸗ Gehthats so sehr protegiren, 1— den Antrag, wenn er Gesetz würde, ein Schaden zugefügt, der möglicher⸗ weise alles ruinire. g1a dn

Steuer bezahlen. jeder andere Stand daran, daß die Consumvereine erhalten bleiben.

nossenschaften, der Consumvereine auf die werden? Wollten Sie etwas durchsetzen, auf Aectiengesellschaften S Ihren Interessenten der Actiengesellsch Sie vorschlagen, die Consumvereine zur alle ihre Reclamationen abgewiesen worden sind, haben solche Forde⸗ rungen, wie die des Abg. Ackermann, keinen Boden mehr.

bei den

von einem Rector Ahlwardt oder ar einem Abgeordneten Ahlwardt Redner) dieselbe Auffassung in aller Der Reichstag möge den Antrag so rasch

von Bar (efr.) spricht sich als Jurist ebenfalls für der

den Antrag aus. Abg. Stadthagen (Soc.) macht darauf aufmerksam, da g. Singer seine Meinung in der Commission geäußert habe, bevor das Reichsgericht gesprochen; er habe sich dabei ausdrücklich eine Mo⸗ dification . na rt. 31 lasse gerade die Unterbrechung der Verj richterlichen Antrag 9 eee. ne⸗

ch der Entscheidung des Reichsgerichts vor⸗

Gefahren durch den Eintritt der Verjährung

r, also brauche man auch kein Nothgesetz zu machen.

Sowie das Reichsgericht anders entscheide, müsse der Reichstag wieder ein neues Nothgesetz machen. Abg. Dr. Hartmann⸗Plauen (dcons.):

bart: en (deo Als das Erkenntniß des in Sachen Schmidt (Sachsen) erging, da riefen die

Socialdemokraten: Victoria! Da glaubten sie einen großen Sieg er⸗ 2 8 g er⸗ schten zufaher, Es vandet ich doch großen Sieg⸗

zung von Mitgliedern wegen Beleidigung, es können doch auch alle mög⸗ lichen anderen Vergehen und Verbrechen in d e kommen. Die Verfass 8 schreibt nichts davon, daß, wenn der f Sistirung gefaßt habe, das Gericht an ihn mit einem Antra auf Unterbrechung der dadurch 1— ser

nicht bloß um die mögliche Verfol⸗

eichstag einen Beschluß auf

. eventuell angebahnten Verjährun an⸗ Daß der Antrag durch den Fall

gerufen sei, diese Behauptung müsse als objective Unwahrheit be⸗

Nach dem Schlußwort wird der Antrag auf Commissions⸗ Dem sofortigen Eintritt in die zweite pricht der Abg. Stadthagen, da er dadurch rde, Abänderungsanträge vorzubereiten. Da der die geschäftsordnungsmäßige Unterstützung von zweite Lesung ausgesetzt werden. Berathung der Anträge der des Handwerks

beziehen. Von diesen An⸗

trägen sind die auf den Befähigungsnachweis bezüglichen schon am vorigen Schwerinstag erledigt 1 ““

handlung steht zunächst der Antrag Ackermann, dem Reichskanzler die Vorlegung eines Gesetzes h den Consumvereinen die Hingabe von Nichtmitglieder schlechthin und unter Straf⸗

verboten wird. en Centrums⸗Abgeordneten Gröber, Hitze, ist im gleichen Sinn ein Gesetz⸗

1889

„Personen, welche in Consumvereinen mit dem Verkauf

3 Lons Verkauf v Waaren beauftragt sind, d ben Waaren an Nichtmitglieder verkaufen, mit Geldstrafe bis zu 150

werden, wenn sie der Vorschrift zuwider

ll dementsprechend die Androhung von Ordnungs⸗ gegen die Mitglieder

(dcons.) empfiehlt die Annahme des

halte aber die Annahme seines Antrages berflüssig, da nicht sicher sei, ob der in dieser Session noch alle Stadien durchlaufe. bezüglich der Nothwendigkeit der Annahme unseres auf den Consumverein in Görlitz, der zwar orm einer Actiengesellschaft trägt, aber in Wirklichkeit

ein Consumverein ist, der das ganze Geschäft des s ändi 8 werks dort vernichtet. Gn0 E11

zte Das Genossenschaftsge etz enthält das Verbot n Nichtmitglieder, aber keine Strafbestimmung für die

sbfeteneht dieses Verbots; es ist also eine lex imperfecta, welche 8 müssen.

Abg. Hitze, als Antragsteller für den Centrumsantra verzi nach der Darlegung des Vorredners auf eine ausführliche üetenc

egründung.

werde den Antrag Ackermann annehmen, wünsche aber

auch seinen Gesetzentwurf zur Verabschiedung zu bringen und hoff

daß der Ausdruck der Stimmung der überwiegende geh. vans oge heeg g genden Mehrheit des vegehrag: über den Antrag Novelle zur Gewerbeordnung die Consumvereine durchwe ssions⸗ vnthlh a,ng s chweg concessions⸗ Abg. Dr. Clemm⸗Ludwigshafen (nl.) bittet un leh er sämmtlichen Anträge. 2 Cr. xö. machen, überhaupt noch einen Verkäufer oder Ladenhalter zu finden,

hne Eindruck auf die Regierung bleiben werde. Das Ackermann hinaus, durch eine

en.

Die Strafandrohung werde es unmoͤglich

thätig sein möchte. Das Beispiel von denn dort handle es sich eben um eine Die Verfechter der estellten Anträge schienen keine m. seg .8 dieser Vereine zu haben. te Waaren zu mäßigen Preisen, sie haben die Baar⸗

zahlungen 7b und dadurch einen ausgezeichneten Ansporn zum Sparen gegeben. s einträchtigt oder

Daß die kleinen selbständigen Geschäfte be⸗ gar vernichtet würden, kann Redner ni . auch nicht bloß um die Consumpereine in den Städten, landwirthschaftlichen Consum⸗ rde doch wohl kein Un⸗ Ausbreitung sei eine absolute L ut, Futtermittel ꝛc. an ihre Mit⸗ biel größer würde ihr Segen sein, wenn sie auch Vertauf in die Hand nähmen und dadurch

Abbruch thun könnten. Nicht bloß den

Abrede stellen. Ihre

noch viel

werde durch 1 Der Consumverein müsse außerdem erade irgendwelcher andere Gewerbetreibende ghenng Der Mittelstand habe gerade so viel Interesse, wie

Ile (Soc.): Zu meinem Staunen habe ich von dem

Abg. Ackermann einen zahlenmäßigen Nachweis über die Schädi der kleinen Gewerbtreibenden durch die Consumvereine Nach dem sächsischen Statistischen Jahrbuch steht fest, daß eingetragenen Genossenschaften, Personen sofern sie 1 Gasanstalt sammten steuerbaren

Actiengesellschaften und alle 3600. sächsischen Gemeinden auch nur irgend einen Gewerbebetrieb oder dergleichen haben) von dem ge⸗ Einkommen Sachsens nur 3,1 % reprä⸗ soll hiernach ein schädigender Einfluß der Ge⸗ Allgemeinheit nachgewiesen dann müßten Sie den An⸗ ausdehnen. Davor aber werden, eigenen Parteifreunden, die ja fast alle aften sind, bewahrt werden. Was ist daher eine crasse Ungerechtigkeit. Seitdem Steuer allgemein herangezogen werden,

(wozu

2 2 2 Der in Reichenbach zahlt jährlich 000 S 5

1

Wenn die Consumvereine Schnaps und Spirituosen an die Mitgli verkauften, sind gewisse Bürgermeister in Sachsen EEV

—-

Preußischer Landtag. 1 Haus der Abgeordneten. 8 2 2 lj 1 finde. fich 1 bber ö vom 24. be⸗ 21. Sitzung vom 25. Januarxr. Sitzung wohnen der Justiz⸗Minister Dr. von für Landwirthschaft ꝛc. von

Der Schelling und der Minister 98

Das Haus setzte die zweite Berathung des Staats⸗ haushalts⸗Etats für 1893/94 fort vn 18 te, 1 einer Bemerkung des Abg. Dr. Arendt, den Etat des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten, ebenso ohne Debatte den Etat des Kriegs⸗Ministeriums.

Beim Etat der Gestütsverwaltung spricht Abg. Lamprecht (cons.) seine Befriedigung darüber aus, daß der ee sich so wohlwollend der Landwirthschaft gegenüber ausgesprochen habe. Er hoffe, daß dieses Wohlwollen auch demnächst im Etat zum Ausdruck kommen werde. Redner empfiehlt besonders die Vermehrung der Beschäler für die Provinz Brandenburg und bittet den landwirthschaftlichen Minister, daran zu denken, das Haupt⸗ gestüt in Neustadt an der Dosse wieder einzurichten. Abg. von D obeneck - schließt sich diesen Wünschen an, bennaente cc8 deßn Faee er S des schweren, kaltblütigen erdeschla ür Bra j . wertpalg g ndenburg nicht für empfehlens Abg. Seer (nl.) erklärt, daß man in der Provinz Posen mit de jetzigen Verwaltung des Gestütswesens Dn her be vhri ö. Dünkelberg (nl.) wendet sich dagegen, daß der Abg. von Do eneck sich gegen den kaltblütigen Schlag ausgesprochen hat. 1b Ober⸗Landstallmeister Lüderitz erklärt, daß die Erfolge in der Rheinprovinz mit kaltblütigen Hengsten erst dann zu guten Ergeb⸗ füflen SSags als i. eingesehen hätten, daß sie mit 1 i Stuten keine guten isse erzie ische ging guten Ergebnisse erzielten, und sich belgische Abg. E1131““ (cons.) hält es auch für zweckmäßig, Kreuzungsversu e mit kaltblütigen Hengsten nüctmäßig, sollte man keine Versuche machen mit kaltblütigen Hengsten in den Provinzen, welche das Pferdematerial für unsere Cavallerie liefern. sind Matiser fsit enadig seschoft ꝛc. von Heyden: Starke Hengste d so leicht zu schaffen, wie man eine Pferdezucht durch kalt⸗ 1 98 besten Thiere 188 rovinzen vertheilt worden. ie Errichtung eines Hauptgestüts i Neustadt und eines neuen Landgestüts in Weinen hen ntgg ich strebt, aber es konnten eben hier nicht die Mittel flüssig gemacht werden genehmigt.

werden.

Die dauernden Ausgaben Bei einmaligen Ausgaben bemängelt

Abg. Freiherr von Minnigerode⸗Rossitten (cons.) die hohen Kosten der Bauten beim Hauptgestüt in Trakehnen, namentlich auch für ein Arbeiterwohnhaus, worin 18 Feeten b

Minister für Landwirthschaft ꝛc. von Heyden erklärt, daß Luxusbauten in Trakehnen nicht beabsichtigt 19⸗ aber da das Hauoeß gestüt von aller Welt besucht werde, müsse es sich auch etwas würdi repräsentiren. In der öffentlichen Submission liegt die Correctur für den hohen Anschlag, wenn auch der

Anschlag. auf die Submission einzuwirken geeignet ist. Wenn die Regierung zu wenig veranschlagt hätte und der Anschlag wäre nachher nicht ausreichend gewesen, so würde die Kritik auch nicht stillgeschwiegen haben. Außerdem ist zu bedenken, daß bei Trakehnen Bruchsteine u. s. w. nicht in der Nähe zu haben sind, also erhehliche Mehrkosten verursachen. Die Unterbringung einer Arbeiterfamilie mit 3500 erscheine ihm, dem Minister, nach seiner persönlichen Er⸗ ehrung nicht zu hoch.

Abg. Papendiek (dfr.): Bei der schlechten Finanzlage sollte man so lossochn Bauten nicht bewilligen. die Pheschaffung der Baumaterialien so schwierig sei, dann solle das Haus nur die Ausgaben für den Ringofen der Ziegelei bewilligen, dann könnten die Ziegel im nächsten Jahre billiger beschafft werden.

lbg. Struß (freicons.) hält die Baukosten ebenfalls für enorm hoch; jedes Stück im Stall untergebrachten Viehes würde zu 50 jährli fa a ie

Minister für Landwirthschaft ꝛc. von Heyden erklärt, daß der Bau des Ringofens auf die Frage keinen Einfluß habe, die nöthigen Steine seien schon jetzt beschafft worden, wie immer, wenn ein Bau begonnen werden solle.

8 Die einmaligen Ausgaben für den Stall in Bajohrgallen, 69 500 ℳ, werden abgelehnt, die für den Stall in Taukenisch⸗ ken sowie für den Ringofen werden bewilligt.

Bei der einmaligen Ausgabe von 82 500 zum An⸗ kauf von Pferden laufenden Ausgaben) spricht

Abg. von Bockelberg (cons.) dem Landstallmeister seine An erkennung aus für die guten Ergebnisse, die er bei seinem Ankauf er⸗ zielt habe. 8

Die Ausgabe wird bewilligt, ebenso ohne Debatte di Etats des Herrenhauses und des Hauses der Ab geordneten. 1 1 9*

Es folgt der Etat der Justizverwaltun g.

„Referent der Budgetcommission ist der Abg. Bödiker (Centr.), de ausführt, daß die Einnahmen der Justizverwaltung auf 57 780 000 2% veranschlagt sind, während der Staatszuschuß gegen früher sich nu um 200 000 gesteigert hat, und zwar für die Anstellung von 101 Richtern, deren Anstellung aber zum theil beim Diätenfonds erhebliche Ersparnisse mit sich bringt.

Beim ersten Titel der Einnahme bemerkt.

Abg. Schmitz⸗Erkelenz (Centr.), daß die hohen Gerichtskosten beim Publikum schwer empfunden würden, namentlich die Kosten ir Vormundschaftssachen, die auf einem Tarif von 1851 beruhen; die Tarifsätze entsprechen nicht der Leistungsfähigkeit, weil sie zu gleich⸗ mäßig sind und daher die kleinen Vermögen schärfer treffen als Si she en. Redner empfiehlt eine Aenderung der Kosten für Vormund⸗ chafts⸗ und 96 für Grundbuchssachen.

Geheimer Justiz⸗Rath Vierhaus: Beide Gebührentarife be⸗ ruhen auf besonderen Gesetzen; von 1851 entstanden, auf welcher alle Gebührenordnungen und Tarife beruhen. Man wird also die Gebühren in Vormundschafts⸗ und Grundbuchsachen nicht allein ändern können. Trotzdem die Sache also eine weittragende Bedeutung hat, wird von der Justizverwaltung nicht verkannt, daß eine Ungleichheit der Belastung vorliegt, und es wird, sobald eine Aenderung des Gebührenwesens in Frage kommt, in Erwã ungen e werden, wie hier zu helfen it.

Abg. Knebel ül schließt sich den Ausführungen des Abg. Schmitz an, namentlich in Bezug auf die Rheinprovinz, wo die Aen⸗ derung des Grundbuchs jetzt vor sich geht. Die Regelung der Kosten in Grundbuchsachen könnte wohl abgesondert erfolgen.

Die Einnahmen aus den Gerichtskosten werden bewilligt. —-Als Arbeitsverdienst der Gefangenen sind 1 758 500 eingestellt als Antheil des Staats, während ein Drittel den Gefangenen verbleibt. Von dem Antheil des

den

Staats verbleiben zwei Drittel der Staatskasse und ein Drittel wird Remuneration der Gefängnißbeamten verwendet;

dieser Betrag ist mit 354 000 in den Ausgaben der Ge⸗

ind auf die Remonte⸗

die Unterbringung einer Familie.

(Zuschuß zu dem betreffenden Titel der

sie sind aus der Gebührenordnung

fängnißverwaltung Frfefahrt Diese Ausgabetitel werden jetzt mit dem Einnahmetitel erörtert.

Der Berichterstatter Abg. Bödiker (Centr.) weist darauf hin, daß früher ca. 500 000 zur Verstärkung des Unterstützungsfonds für hilfsbedürftige Justizbeamte verwendet worden seien. iese Ver⸗ wendung soll nicht mehr erfolgen, sondern von diesem Ertrage soll für die Zwecke der Justizverwaltung ein Betrag von 300 000 zu Unter⸗ stützungen verwendet, ein Betrag von 200 000 aber an die Staats⸗ kasse abgeführt werden. Begründet wird diese Neuordnung mit der Angabe, daß die Einnahme aus dem Arbeitsverdienst der Gefangenen eine sehr schwankende ist. In der Commission wurde angeregt, ob es nicht besser sei, die Gelder nicht in die Staatskasse zu vereinnahmen, sondern zu verwenden zur Unterstützung der Angebör⸗ en der Gefan⸗ genen oder zur Unterstützung solcher Vereine, welche sich mit der Für⸗ sorge für entlassene Gefangene beschäftigen. Die Commission ist aber zu einem Antrage nicht gekommen.

Justiz⸗Minister Dr. von Schelling: Die von der Budget⸗ commission gegebene Anregung enthält einen neuen Gedanken, zu dem ich heute nicht Stellung nehmen kann. Ich werde aber der Anregung näher treten und sie in Erwägung ziehen in Verbindung mit dem Finanz⸗Ministerium. 6 1

Die zur Debatte stehenden Titel werden darauf genehmigt und geht das Haus bei Schluß des Blattes zur Berathung des Titels „Gehalt des Ministers“ über.

Von den Abgg. Dr. Baumbach und Dr. von Bar (dfr.) ist im Reichstag Antrag eingebracht: Der Reichstag wolle beschließen: die verbündeten Regierungen zu ersuchen, die von ihnen auf Grund des § 29 der Gewerbeordnung hnehne Vorschriften über den Nachweis der Befähigung als Arzt einer Revision in dem Sinne zu unterziehen, daß auf Grund dieses Nachweises auch Frauen die Approbation als Arzt ertheilt werden muß.

Die IX. Commission des Reichstags zur Vorberathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Abzahlungsgeschäfte, besteht aus folgenden Abgeordneten: Ackermann, Vorsitzender; Dr. von Bar, Stellvertreter des Vorsitzenden; Auer, Braun, Büsing, Dr. Casselmann, von Hellmann, Schriftführer; Hitze, Kauffmann, Metzner (Neustadt), Möller, Freiherr von Pfetten⸗Arnbach, Reichs⸗ graf von Pückler, Dr. Rzepnikowski, Dr. Schaedler, Schlick, Dr. Schneider (Nordhausen), Schriftführer; Spahn, Stephanus, Tutzauer, Wöllmer.

Die Steuerreformecommission des Hauses der Ab⸗ geordneten setzte gestern Abend die Berathung des Communal⸗ TE111—— lan und erledigte die §§ 20—23 der Vorlage. § 20, der den Gemeinden die Einführung besonderer Steuern vom Grundbesitz gestattet, erhielt eine lediglich redactionelle Abänderung. Nach § 21 soll, solange besondere Steuern vom Grundbesitz nicht ein⸗ geführt sind, die Besteuerung in Procenten der vom Staat ver⸗ anlagten Grund⸗ und Gebäudesteuer erfolgen. Dieser Paragraph blieb unverändert. § 22 besagt in Abs. 1: „Die Steuern vom Grundbesitz sind nach gleichen Normen und Sätzen zu vertheilen.“ Dieser Absatz wurde angenommen. Abs. 2: „Die Heranziehung der Waldungen kann jedoch bis auf den vierten Theil des für die übrigen Liegen⸗ schaften festgestellten Steuersatzes ermäßigt werden und soll in der Regel nicht mehr als die Hälfte desselben erfolgen“ wurde gestrichen. Agf. 3 erhielt nach dem Vorschlage des Abg. Schlabitz folgende Fassung: „Liegenschaften, welche an einer Baufluchtlinie be⸗ legen sind (Bauplätze), können nach Maßgabe ihres höhern Werths zu einer höhern Steuer als die übrigen Liegenschaften herangezogen SSehr Diese Besteuerung muß durch Steuerordnung geregelt werden.“

Nr. 3. des „Centralblatts der Bauverwaltung“, berausgegeben im Ministerium der öffentlichen Ar⸗ beiten, vom 21. Januar, hat folgenden Inhalt: Die Baupolizei⸗ ordnung für die Vororte von Berlin. (Schluß.) Bedürfnißstände mit Oelverschluß in Wien. Das Ludwig Wilhelm⸗Krankenheim in Karlsruhe. Die Erweiterung der Mainkanalisirungs⸗Anlagen. Vermischtes: Louis Boissonnet⸗Stiftung. Preisertheilung für Pläne zu einem Kreishaus in Eckernförde. Preisausschreiben des Vereins deutscher Ingenieure. Preisbewerbung für die Newa⸗Brücke in St. Petersburg. Verband deutscher Architekten⸗ und Ingenieur⸗ Vereine. Fevächtnißseier für W. von Siemens. Rieselanlage für Königsberg i Bücherschau.

Pr. Der Weltausstellungsthurm in Chicago.

Verein zur Beförderung des Gewerbeflei Wie üblich, feierte gestern, am 24. Januar, dem Geburtstage Fehesahh des Großen, der „Verein zur Beförderung des Gewerbefleißes“ im Englischen Hause sein Stiftungsfest diesmal das 72. durch ein Festmahl, an welchem der Minister für Handel und Gewerbe Freiherr von Berlepsch, der Ober⸗Berghauptmann und Ministerial⸗Director Freund, sowie der Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Blenck theil⸗ nahmen. In der Mitte der Fügtelcn Hauptwand stand, von Baumgruppen umgeben, die Büste Friedrich's des Großen zwischen den Büsten Ihrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin. Etwa 160 Personen hatten sich zum Festmahl eingefunden. In der üblichen S erstattete nach dem ersten Gang der Geheime Re⸗ gierungs⸗Rath, Professor Dr. Slaby den Bericht über das abgelaufene Vereinsjahr, den er mit einer Würdigung der Bedeutung des ver⸗ storbenen Ehrenmitgliedes Geheimen Regierungs⸗Raths Werner von Siemens eeinleitete. Von geschäftlichen Mittheilungen sei daraus hervorgehoben, daß der Verein gegenwärtig 1256 Mitglieder (darunter 504 hiesige) zählt, ein Vermögen von 59 500 ℳ, sowie nehrere Stiftungen besitzt, worunter die Seydlitz'sche Stiftung von 468 165 ℳ, aus der gegenwärtig 21 Schüler der Technischen Hoch⸗ schule Stipendien von je 600 genießen, und die Weber'sche Stiftung von 33 500 für Schüler von Fartbildungsschulen. Die Einnahmen des verflossenen Jahres erhielten dadurch eine reeig. daß sich der Minister für Handel und Gewerbe mit Rüc sicht auf die Finanzlage genöthigt sah, den bisherigen Staatszuschuß von 10 000 auf 3000 herabzusetzen. Zum Schluß forderte der Redner die Versammlung auf, dem Andenken Friedrich's des Großen, der mit kleinen Mitteln Großes erreicht hat, dessen Saat zu herr⸗ lichen Garben aufgeschossen, und in dessen Geist der Verein zu wirken sich zur Aufgabe gemacht hat, ein stilles Glas zu leeren. Der Vorsitzende des Vereins Staats⸗Minister Delbrück nahm hierauf das Wort, um darauf hinzu⸗ weisen, wie er vor einem Jahre bei einem Rückblick das Jahr 1891. als ein für den Gewerbefleiß ungünstiges habe bezeichnen müssen. Das jetzt verflossene Jahr sei kaum erfreulicher gewesen. Ganz Europa leide ebenso wie Deutschland unter den Wirkungen, die von politischen und wirthschaftlichen Ereignissen auf dem anderen Continent hervor⸗ gerufen seien, und wodurch für den deutschen Gewerbefleiß der Absatz verschlossen oder wenigstens beschränkt worden sei. Die mühevolle Thätigkeit, das Verlorene auf anderen Gebieten wieder zu gewinnen, sei bisher nur halb mit Erfolg gekrönt worden; das hauptsächlich erfreuliche Ergebniß des Vorjahres sei allein die gute Ernte gewesen. Aber mit Hoffnungen dürfe man in das neue Jahr gehen, wo die bevorstehende Ausstestaung in Chicago auch für den deutschen Gewerbefleiß neue Gelegenheit bieten werde, sich wirksam zu

dafür, daß auch schwere Zeiten seine Kräfte nicht ge⸗ schwächt haben. Erfreulich sei es, daß dies am Vorabend einer Aenderung der Handelspolitik in Amerika geschehe. Unser Kaiser habe das größte Interesse an der Ausstellung in Chicago und hoffe, daß Deutschland in dem frriiedlichen Awettstreit der Völker dort den Rang einnehmen werde, der ihm gebühre. Unsere Hoff⸗ nung. daß dies in diesem Jahre der einzige Wettstreit bleiben werde, gründe sich auf die friedliche Politik des Kaisers, auf Allerhöchstwelchen der Redner ein Hoch ausbrachte, in das die Versammlung dreimal begeistert einstimmte. Herr Dr. Krämer wies in seinem Trinkspruch auf den Minister für Handel und Gewerbe darauf hin, daß dieser vor vier Jahren, als er zum ersten Mal bei dem Fest erschienen, gesagt habe: „Fürchten Sie nicht, daß wir in unseren socialpolitischen estrebungen für die Arbeiter soweit gehen, daß die Industrie ge⸗ fährdet werde, daß wir den Ast absägen, auf dem wir sitzen“. Er führte aus, daß die Industrie nicht kleinmüthig sein solle: nach der Epidemie der Beunruhigung werde auch mal wieder eine Zeit der Beruhigung kommen und man werde besseren Zeiten entgegengehen. Die hervorgetretenen Gegensätze zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die abfälligen Urtheile über den „schnöden Unternehmergewinn“, über „Schlotjunker“, „Kohlenbarone“, kurz die beunruhigenden Strömungen werde der Minister, der ein offenes Wort nicht nur nicht scheue, son⸗ dern auch hervorrufe, sicherlich zu hemmen wissen. Man dürfe zu dem Minister volles Vertrauen haben, daß er die Interessen des Gewerbefleißes fördern werde, und der Verein für Gewerbefleiß habe keinen sehnlicheren Wunsch, als daß der Minister auch fernerhin wie bisher dieses Interesse bethätige und noch lange in seinem Amte bleibe. Nachdem die Versammlung in das Hoch auf den Staats⸗ Minister Freiherrn von Berlepsch eingestimmt, nahm dieser sofort das Wort, um, anknüpfend an sein vor vier Jahren ausgesprochenes Wort, zu bestätigen, daß er auch jetzt noch an dem Satze: „Wir dürfen den Ast nicht absägen, auf dem wir sitzen“ festhalte. Hiervon sei er auch niemals abgewichen, und wenn auch manche Kreise mit ihm in Bezug auf seine Stellung zur socialen Frage nicht übereinstimmten, so bleibe er doch bei dem alten Programm. Die harten Urtheile über den „schnöden Unternehmergewinn“, die „Schlotjunker“ und „Kohlen⸗ barone“ seien widerwärtige Ausdrücke der Zeit, und wenn es auch hier und da Persönlichkeiten gebe, auf die sie paßten, so dürfe man doch daraus nicht auf den ganzen Stand schließen, ebensowenig wie man die conservative Partei mit den „Pfaffen und Junkern“ identificiren dürfe. Es sei eine Krankheit unserer Zeit, die Fehler Einzelner zu verallgemeinern. Aufgabe der Verwaltung sei es, darüber zu wachen, daß die Industrie nicht zu Schaden komme. Aber die Industrie sei durch manche Calamitäten schwer bedroht gewesen, die die Verwaltung nicht hätte beseitigen können; so sei sie besonders durch die Vorgänge auf der westlichen Hemisphäre geschädigt worden. Auch die Schutzzollpolitik habe vielleicht insofern nachtheilig gewirkt, als durch sie eine Art Ueberproduction hervorgerufen wurde. Trotzdem sei jene Politik nicht zu verurtheilen, im Gegentheil, im Jahre 1879 habe dazu übergegangen werden müssen. Aber die In⸗ dustrie sei jetzt 1788 geworden, und es sei die nothwendige Folge jener Schutzzollpolitik gewesen, daß, jetzt zu den Handelsverträgen übergegangen wurde, ohne die die Calamitäten sich 18 ert haben würden. Die Thätigkeit, welche das Reich bei dem Abschluß der Handelsverträge entwickelt habe, werde sicherlich zum Segen ge⸗ reichen. Kleine Früchte seien uns schon seh in den Schoß gefallen dadurch, daß die Schweiz in den Verhandlungen mit Frankreich an seinem Princip festgehalten habe. Auch andere Anzeichen, daß sich die Ver⸗ hältnisse bessern würden, seien vorhanden; in Amerika werde sich voraus⸗ sichtlich bald ein Umschwung vollziehen. Gleichwohl seien die Ver⸗ hältnisse noch schlimm, und man könne nicht hoffen, daß in wenigen Monaten alles anders sein werde. Aber man werde aus den jetzigen Verhältnissen siegreich hervorgehen, wenn unsere Industrie sich der Herstellung verfeinerter Waaren hingebe. Das werde möglich sein, wenn Wissenschaft und Technik, wie sie dieser Verein pflege, sich verbinden. Er wünsche, daß auch der Beamtenstand hütee nicht nur in der Gesetzgebung und Verwaltung etwas keiste, ondern daß er mehr und mehr erkenne, wie wichtig die Verbindung schaft und Technik sei. So weit es in seinen Kräften

sein, dahin zu wirken, daß die Beamten dem Beispiele des Staats⸗Ministers Delbrück folgen und von der lebendigen Berührung zwischen Wissenschaft und Technik erfüllt werden. Dem Vereine aber, der die Verbindung von Wissenschaft und Technik schon seit lange pflege, wünsche er ein fröhliches Gedeihen! Die Rede des Ministers, die in einem Hoch auf den Verein gipfelte, fand lebhaften Beifall. Alsdann feierte der Geheime Commerzien⸗Rath Oechelhäuser den Vor⸗ sitzenden des Vereins Staats⸗Minister Delbrück, von dessen politischer Thätigkeit er ein mit reichen historischen Daten ver⸗ sehenes Bild entwarf. Staats⸗Minister De lbrück dankte dem Redner und lenkte die Aufmerksamkeit der Versammlung auf die Thatsache, daß an diesem Tage der anwesende Commerzien⸗Rath Weigert sein fünstiglähriges Jubiläum als Mitglied feiere; er übergab ihm ein iplom über seine Ernennung als Ehrenmitglied sowie eine hierauf bezügliche Medaille. Dem Dank für die seinem Vater erwiesene Ehre gab der Sohn des Gefeierten Ausdruck. Der Erklärung der Tisch⸗ karte durch einen humoristischen Vortrag des Directors der Mannes⸗ mann’schen Fabrik Herrn Krause folgte eine Sammlung fe Armen,

welche den Ertrag von 601,50 lieferte. 8 8

von Wissen 8 stehe, werde er hemüht

b Unfallversicherung. 8

In Gemäßheit des § 71 des Unfallversicherungsgesetzes vom

6. Juli 1884 haben die Mitglieder der gewerblichen Berufsgenossen⸗ schaften den Vorständen ihrer Genossenschaften binnen sechs Wochen nach Ablauf des Rechnungsjahres zum Zweck der Umlageberechnung eine Nachweisung über die im verflossenen Jahre beschäftigten ver⸗ sicherungspflichtigen Personen und die von denselben verdienten Löhne und Gehälter einzureichen. Für Mitglieder, welche mit der Einsendung einer solchen Nachweisung im Rückstande bleiben, erfolgt die Fest stellung der Löhne durch die sustnt Organe ihrer Genossenschaft. Außerdem können derartige säumige Mitglieder gemäß § 104 ag. a. O. mit einer Ordnungsstrafe bis zu 300 belegt werden. Der Termin für die Einlieferung der Lohnnachweisungen pro 1892 läuft mit dem 11. Februar d. J. ab. Abgesehen davon, 6. die rechtzeitige Einreichung der Lohnlisten nach den oben angeführten Bestimmungen im eigenen Interesse eines jeden Genossenschafts⸗ mitglieds liegt, erwachsen auch aus der Versäumniß der Einsendung unnöthige Kosten, welche von der Allgemeinheit getragen werden müssen und daher zum theil den säumigen Mitgliedern ebenfalls zur Last fallen. Es sei deshalb hier an die Einreichung der Lohnnachweisungen erinnert und auf die Folgen einer etwalgen Versäumniß hingewiesen. Roheisenproduction in Deutschland.

Nach den statistischen Ermittelungen des Vereins deutscher Eisen⸗

und Stahlindustrieller belief sich die Roheisenproduction des Deutschen Reichs (einschließlich Luxemburgs) im Monat Dezem⸗ ber 1892 auf 391 353 t; darunter Puddelroheisen und Spiegeleisen 148 743 t, Bessemerroheisen 23 220 t, Thomasroheisen 161 298 t, Gießereiroheisen 58 092 t. Die Production im Dezember 1891 betrug 387 918 t, im November 1892 396 936 t. Vom 1. Januar bis 31. Dezember 1892 wurden producirt 4 793 003 t gegen 4 452 019 t im gleichen Zeitraum des Vorjahres. 8

1 Das Wirthschaftsjahr 1892.

Die Handelskammer zu Barmen nahm in ihrer Shang vom

20. d. M. den Bericht über die wirthschaftliche Lage ihres Wirkungs⸗ bezirks im Jahre 1892 entgegen. Einer Mittheilung der „Frkf. Z.“ über diesen Bericht entnehmen wir Folgendes: Was die Lage von Industrie und Handel im Jahre 1892 anbelangt, so war der all⸗ emeine Verlauf des Geschäfts in dem für den Bezirk wichtigsten Industriezweige der Tertilindustrie: Bänder⸗, Litzen⸗ ent⸗

und ist

welchen das Wirthschaftsjahr 1891 ausgesetzt war, hatten sich auch auf das Jahr 1892 übertragen und erwiesen sich nicht nur anhaltend fortschreitend, sondern sie wurden noch g. neu hinzu⸗ getretene widrige Ereignisse wie die Erhöhungen der kan sfiscen, emnischen und portugiesischen Eingangszölle und die Cholera⸗ heimsuchung nicht unwesentlich verscharst. Sowohl in der Band⸗ wirkerei als auch in der Riemendreherei fehlte es besonders in der ersten Hälfte des Jahres an durchgreifender Beschäftigung, und nur vereinzelte Artikel sahen sich von der Mode bevorzugk; dabei 8 sich die Preise von baumwollenem, wollenem und Mohairgarn bis zum Herbst in stetig weichender Rich⸗ tung. Die Folge davon war stockender Absatz zu unlohnenden Preisen und, rückwirkend auf die Arbeiter, Verkürzung der Arbeits⸗ zeit und öftere Entlassungen. Erfreulicherweise trat mit Oktober ein bemerkbarerer Umschwung ein. Unterstützt durch einen rapiden, bedeu⸗ tenden Preisaufgang der Garne, erholte und belebte sich das Geschäft, es kamen sowohl vom Inlande wie aus dem Auslande größere Be⸗ stellungen, die Mode griff in vermehrtem Umfange ein und wandte sich besonders den Damenbesatzartikeln zu, sodaß gegenwärtig ziemlich volle vI vorherrscht und auch die Aussichten für das laufende Jahr als günstig bezeichnet werden. Ungünstig liegen auch noch gegen⸗ wärtig Herrenbesatzartikel.

Natural⸗Verpflegungsstationen. Die Verpflegungsstationen des Regierungsbezirks Lüneburg sind infolge der jetzt ruhenden Bauarbeiten namentlich in der jüngsten Zeit erheblicher in Anspruch genommen gewesen. Nur im Kreise Lüchow hat der Besuch infolge des Eingehens der Stationen im Nachbarkreise Salzwedel abgenommen. Der segensreiche Einfluß dieser wird fast durchweg empfunden, indem sie in Ver⸗ bindung mit Polizeiverordnungen gegen das Almosengeben vor einer Landplage bewahrt, zu welcher die Bettelei sonst zweifellos ausarten würde. Doch wird immer von neuem über das Besorgniß erregende An⸗ wachsen der Kosten geklagt. Hierdurch werden diejenigen Kreise, welche Stationen unterhalten, gegenüber denjenigen, welche sich ab⸗ lehnend verhalten, um so empfindlicher getroffen, als die mittellosen Wanderer, um der Polizei nicht in die Hände zu fallen, wenn sie betteln müssen, zumeist nur die mit Stationen besetzten Gegenden

aufsuchen

Hamburgs Kaffeehandel.

Pra aller Calamitäten, von welchen der Kaffeehandel in den letzten Jahren betroffen wurde, hat er in den letzten Jahren eine ständige Steigerung erfahren und im verflossenen Jahre eine bisher nicht dagewesene Höhe erreicht, wie folgende Uebersicht über die Zufuhr im letzten Jahrzehnt ausweist. Es betrug 8 die Zufuhr die Zu⸗ (+) oder

Mill. Pfund vhnabmg dd) 198

176 22 192 160 201 + 9 176 25 197 + 21 204 + 7 212 + 8 250 + 38

489829 . 263 + 13 8 Daß die Lage des Kaffeemarktes keine sehr günstige war, geh schon daraus hervor, daß der Lagerbestand mit 23,4 Mill. Pfund im Jahre 1892 erheblich höher war als sonst. Die Preise stellten sich in den letzten Jahren wie folgt: Es

galten e für Real ord. Rio⸗ Kaffee Ende

Ende Januar Dezember 8

im Jahre

1883. 1884. 1885. 1886. 1887. 1888. 1889. 1890. 1891.

für Real ord. Santos⸗ Kaffee Ende

2 ◻h 8 8 im Jahre Ende Januar

Dezember 18805. 89 84 1ö1ö16“ 82 18 72

Der Werth der See⸗Einfuhr an 8 affee betrug in den

genannten vier Jahren 153 bezw. 170, 196 und 210 Millionen Mark.

8

.““ Fofalpertas in Schweden. ““ Nach dem Bericht über die Thätigkeit der Postsparkas

in Schweden wurden im Jahre 1892 7 712 780 Kronen (gegen 7489 542 Kronen im Jahre 1891) und 5 073 857 Kronen (4 731 650 Kronen) abgehoben, 2 638 923 Kronen (2 757 892 Kronen) mehr eingelegt als abgehoben wurden. Seit Errichtung der Postsparkassen am 1. Januar 1884 und bis zum Schluß des Vorjahres betrugen die Einlagen (mit Ein⸗ schluß der nicht abgehobenen Zinsen) 38 835 492 Kronen und die Ab⸗ hebungen 19 932 507 Kronen und es verblieb mithin ein Bestand von 18 902 985 Kronen. Von dieser Summe waren verzinslich angelegt: 6 324 843 Kronen in Obligationen der Reichs⸗Hypothekenbank, 10 458 015 Kronen in Communal⸗Anleihen, 2 626 146 Kronen direct als Communal⸗Darlehen gewährt, 261 115 Kronen bei der Reichsbank deponirt und 276 013 Kronen von den Postanstalten noch nicht ein⸗

geliefert.

eingelegt sodaß

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Burg wird der „A. Br.⸗ u. H.⸗Ztg.“ berichtet, daß die Socialdemokraten über einen dortigen Gastwirth und Bierverleger den Boycott verhängt haben, weil er Bier aus einer Brauerei in Schönebeck verschänkt, die von Magdeburg aus in Bovycott erklärt ist.

Wie der „Köln. Eegr. aus Lüuttich berichtet wird, ist auf der Zeche „Horley“ in Tilleur ein Ausstand ausgebrochen.

Der Ausstand der Hasplerinnen in den Webereien in Roubaix ist, wie demselben Blatt aus Lille gemeldet wird, beendigt. Die Ausständigen nahmen, als die Arbeitgeber sich anschickten, neue Arbeiterinnen zu werben, zu den alten Bedingungen schleunigst die Arbeit wieder auf. (Vgl. Nr. 17 d. Bl.)

Theater und Musik.

Neues Theater.

Ein neues Schauspiel „Baronin Ruth“ von Robert Misch fand gestern Abend bei seiner ersten Aufführung eine recht freundliche Aufnahme. Das Stück behandelt den häufig, hesonderh von französi⸗ schen Schriftstellern bearbeiteten Stoff der reichen Schwiegereltern aus niederem Stande, deren Vermögen der verschuldete Baron zwar zur Aufbesserung seiner Verhältnisse gern annimmt, die er aber wegen ihrer an die Herkunft erinnernden Umgangsformen nicht in seinem Haufe u sehen wünscht, wenn er darin seine Standesgenossen gesell⸗ schaftlich versammelt. Die junge Frau, die sehr bald fühlt, daß auch sie ihrem Gatten nicht genügt, muß denn auch die Entdeckung machen, daß sie an ihrer besten Freundin aus der Pension nur eine Nebenbuhlerin besitzt, mit der ihr Mann den früheren Verkehr auch nach der Ehe fortsetzt. Ein Russe, den das junge Paar auf der Hochzeitsreise kennen gelernt hat, wird Hausfreund in moralisch 2 Sinne, durchschaut das falsche Spiel des Barons, entlarvt ihn mit seiner Geliebten und yerlobt sich mit dessen Schwester, die in uneigennütziger Weise bei seinem guten Werke ihm beigestanden hat. Wenn man auch nicht sagen tann, daß der Verfasser in seinem Werke von neuen Gesichtspunkten ausgegangen ist, so muß man ihm, abgesehen davon, daß er in der Auseinandersetzung manchmal zu breit wird, doch zugestehen, daß er es verstanden hat, den Gegenstand geschmackvoll zu behandeln. Die Charaktere sind lebenswahr gezeichnet und die Handlung ansprechend und stellenweise auch recht spannend. Das vom

entfalten. Die Energie, mit welcher der deutsche Gewerbe⸗ fleiß für die Ausstellung thätig ist, sei ein b .

Besatzartikel im großen und ganzen, dem Vorlahre

Regisseur Herrn Hachmann gut eingeübte und mit