1893 / 22 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 25 Jan 1893 18:00:01 GMT) scan diff

* schul zu Geld verhilft, daß er ihm für inen Spottpreis eine Forderung abkauft. Ferner will der Entwurf uch den sogenannten Sachwucher unter Strafe stellen. Ich bin mit dem Abg. Schrader der Meinung, daß man den Sachwucher zur dann bestrafen soll, wenn es möglich ist, die betreffenden gesetz⸗ ichen Bestimmungen so zu construiren, daß das legitime Geschäft icht davon getroffen wird. Ein gewisses Correctiv gegen eine zu erxpansive Ausdehnung der Bestimmungen wird

ber durch die Worte „gewerbs⸗ oder gewohnheitsmäßig“

egeben. Ich erinnere an den Fall, daß jemand in

mehreren hundert Fällen armen Näherinnen für einige 70 Uhren verkauft, die nur einen wirklichen Werth von 20 haben. Warum soll ein solcher gemeingefährlicher Mensch anders behandelt werden als jemand, der wucherische Darlehen giebt? Die Begriffe „gewerbs⸗ oder gewohnheitsmäßig“ sind sowohl dem Civil⸗ als dem Strafrichter durchaus geläufig. Wenn Jemand die Gewohnheit hat, Geld auszu⸗ leihen und wegen Wuchers angeklagt wird, so liegt das Gewohn⸗ heitsmäßige, das man ihm zum Vorwurf macht, nicht darin, daß er

Geldgeschäfte macht, sondern daß er sie wucherisch macht. Alles in allem, sind wir der Meinung, daß trotz verschiedener Mängel der Gesetzentwurf eine gesunde Grundlage bietet und daß es möglich 25 wird, auf dieser Grundlage etwas Ersprießliches zu Stande zu

ringen.

Abg. Dr. von Bar (dfr.): Ich möchte nur darauf aufmerksam machen, daß der Begriff des „Uebermäßigen“ in Anwendung auf den Wucher ein außerordentlich fließender ist. Wie soll der Richter beur⸗ theilen, ob jemand sich bei dem Verkauf einer Sache „übermäßig“ bereichert hat oder nicht? Jemand hat eine Wohnung leer stehen gehabt. Nun kommt ein Miether, der diese Räume nöthig braucht zu einem Laden; der Vermiether will natürlich den gehabten

chaden wieder einbringen und vermiethet die Wohnung zu einem sehr hohen Preise. Ist das „übermäßig“ oder nicht? Auch der Begriff des „Gewohnheitsmäßigen“ 89 nicht leicht festzustellen.

Vom juristischen Standpunkt aus ist also die Vorlage sehr bedenk⸗ lich. Die Vorlage würde nur bewirken, daß das ehrliche Wort, auf welchem nicht nur das Verkehrsleben, sondern auch das ganze Rechts⸗ und Staatsleben beruht, im großen und ganzen immer weniger geachtet wird. Ich möchte Sie davor warnen, daß Sie nicht in der guten Absicht, den Wucher zu treffen, die Grenzen zwischen Recht und Moral verwischen. Mit einer Verquickung von Recht und Moral er⸗ reichen Sie nur eine allgemeine Demoralisation. Die Gesetzgebungen der übrigen Staaten haben sich wohl gehütet, den hier betretenen Weg zu beschreiten, oder sie haben es nicht in diesem Umfange ge⸗ than. Nur zwei schweizerische Cantone haben ähnliche gesetzliche Be⸗ stimmungen aufzuweisen. Das kann aber für ein so großes Reich, wie das deutsche, nicht maßgebend sein. Hier können so allgemein und vag gehaltene Bestimmungen nur das allgemeine Rechtsbewußtsein verwirren und schädigen.

Abg. Büsing (nl.): Art. IV. in der vorgeschlagenen Form erscheint mir nicht annehmbar. Es wird damit dem legitimen Geschäft eine Last aufgebürdet, die es kaum wird tragen können. Es giebt eine unendliche Menge von Einzelgeschäften, bei denen es nicht üblich ist, eine vollständige, abschließende Abrechnung jeder Zeit zu ertheilen. Die Reichsbank giebt keine Abrechnung. Ich werde in der Com⸗ mission auf diesen Punkt näher zurückkommen.

Damit schließt die Discussion. Die Vorlage wird einer besonderen Commission von 21 Mitgliedern überwiesen.

Ess folgt die erste Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Begründung der Revision in bürgerlichen Rechts⸗ streitigkeiten.

Abg. Munckel (dfr.): Ich möchte nur einen Wunsch aus⸗ sprechen. § 511 der Civilprozeßordnung sagt, daß in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten das Rechtsmittel der Revision nur darauf gestützt werden kann, daß die angefochtene Entscheidung auf der Verletzung eines Reichsgesetzes oder eines Gesetzes beruht, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt. Wenn nun das hanseatische Ober⸗Landesgericht erkennt über Fragen des rheinischen Rechts, so ist die Revision dagegen nicht zulässig, denn der Bezirk des rheinischen Rechts erstreckt sich nicht über den Bezirk des hanseatischen Ober⸗Landesgerichts hinaus, und es tritt die Folge ein, daß das Reichsgericht die Rechtsansichten nicht corrigiren kann, die sich auf das Französische Recht beziehen, wenn ein Gericht darüber erkennt, welches der Regel nach mit diesen ragen gar nichts zu thun hat; während das Reichsgericht in der Lage b Auffassung zu ändern und zu corrigiren, wenn ein Gericht in Köln erkannt hat, über dessen Bezirk hinaus das Französische Recht gilt. Es wäre deutlicher und besser, wenn man sagte: „dessen Geltungsbereich nicht auf den Bezirk des Berufungs⸗ gerichts beschränkt ist.“

Damit schließt die erste Berathung. Ein Antrag auf commissarische Berathung ist nicht gestellt. Die zweite Be⸗ rathung wird im Plenum stattfinden.

Bei der ersten Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend den Verrath militärischer Geheimnisse, wird das Wort zur Sache nicht genommen.

Abg. Schneider beantragt die Verweisung der Vorlage an eine besondere Commission von 21 Mitgliedern, während der Abg. Dr. Horwitz sie der Commission zur Prüfung der sogenannten lex Heinze überweisen will. „Die Vorlage wird einer Commission von 21 Mitgliedern überwiesen. v

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Bezüglich der Wahl des Abg. von Helldorff (7. Marien⸗ werder) wird beschlossen, die Beweisverhandlungen üͤber die in dem Wahlprotest behaupteten Wahlbeeinflussungen der preußi⸗ schen Regierung zur Kenntnißnahme und weiteren Veranlassung mitzutheilen. .

Die Wahlprüfungscommission hat mit 5 gegen 4 Stimmen beim Plenum beantragt, die Wahl des Abg. von Reden (9. Hannover) für ungültig zu erklären. In der vorigen Session war die Wahl in der Commission mit 8 gegen 3 Stimmen für gültig erklärt worden, die Sache war aber nicht mehr an das Plenum gelangt.

Abg. Schgei der Famm (nl.) beantragt, die Wahl für gültig zu erklären. Der Beschluß der Commission stützt sich auf ein in 3000 Exemplaren an die Grubenarbeiter vertheiltes Flugblatt des Ober⸗Bergraths von Detten. Es fragt sich nun, ob hierin eine amtliche Wahlbeeinflussung zu erblicken ist, und wenn diese Frage bejaht wird: ob sie geeignet ist, das Wahlergebniß zu alteriren. Fuüͤr den Abg. von Reden hat sich eine Stimmenmehrheit von 2300 Stimmen ergeben. Die Commission hat zwar eine amtliche Be⸗ angenommen, aber niemals den Standpunkt verlassen, daß diese amtliche Wahlbeeinflussung nur auf den Kreis derjenigen sich be⸗ ziehen könne, welche wirklich beeinflußt werden konnten. Wenn z. B. ein Landrath in seinem Kreise ein verbreiten läßt, so kann man von einer Wahlbeeinflussung der Kreiseingesessenen sprechen. Wird aber das Flugblatt in einem anderen Kreise vertheilt, so kann in diesem von einer amtlichen Wahlbeeinflussung nicht mehr die Rede sein, denn dieser Kreis unterliegt nicht mehr dem Einfluß des Landraths. Der Einfluß des Wahlaufrufs erstreckte sich also nur auf diejenigen Bergarbeiter, welche dem Ober⸗Bergrath von Detten amtlich unterstellt sind, nämlich auf die Bergarbeiter des Deister Bergwerks, nicht auf die Angehörigen der Berginspection zu Oster⸗ wald und der fünf vee Zieht man die Zahl der Berg⸗ arbeiter des Deister Bergwerks ab, so bleibt für den Abg. von Reden immerhin eine so erhebliche Mehrheit übrig, daß die Gültig⸗ keit der Wahl feststeht. Im Falle einer amtlichen Wahl⸗ beeinflussung darf man nicht in abstracto auf Cassation der Wahl erkennen, sondern man muß zahlenmäßig feststellen, welche Wirkung der amtliche Einfluß ausgeübt hat. Es ist auch nicht

b

anzunehmen, daß sämmtliche Arbeiter der fiscalischen Grube ohne weiteres für den Socialdemokraten gestimmt haben würden. Stellen wir uns nicht auf diesen rein Pesas Standpunkt, so schädigen wir den bisherigen Abgeordneten und den Wahlkreis selbst, den wir vor eine Neuwahl stellen.

Abg. Schneider⸗Nordhausen (dfr.): Der Inhalt des Auf⸗ rufs des Ober⸗Bergraths von Detten war in hohem Maße geeignet, Besorgnisse bei den Bergleuten zu erwecken, daß sie ihre Arbeit ver⸗ lieren könnten. Es heißt z. B. in dem Aufruf: „Seid gewarnt im letzten Augenblick, Ihr Bergleute, Euere Arbeit, Euer Lohn, Ihr Invaliden, Euere Unterstützungskassen stehen auf dem Spiele, wenn die Socialdemokratie ihren Einzug hält durch Eure Unterstützung.“ Das ist eine unmittelbare Bedrohung aller derjenigen, welche den Abg. von Reden nicht wählen wollten, also eine amtliche Wahl⸗ beeinflussung, und daher bin ich für die Ungültigkeitserklärung der Wahl. Wenn ein Beamter sich mit so kräftigen Worten unter Hinzufügung seiner amtlichen Eigenschaft als Ober⸗Bergrath an die Wähler wendet, und zwar an alle Bergleute, nicht nur an die ihm direct unterstellten, so erübrigt die rechnerische Untersuchung, ob der Candidat ohne solche Beeinflussung noch die Majorität haben würde oder nicht. Im Interesse der Wahlfreiheit bitte ich, den Commissions⸗ antrag anzunehmen.

Abg. Dr. Stephan (Centr.): In der Commission habe ich den Ausschlag für die Ungültigkeitserklärung gegeben. Nach nochmaliger Erwägung komme ich aber zu dem entgegengesetzten Resultat; denn, selbst wenn man mit äußerster Strenge die beeinflußten Stimmen von den für den Abg. von Reden abgegebenen Stimmen abzieht, so bleibt demselben doch noch eine sehr große Majorität übrig. Ich bin daher jetzt dafür, die Gültigkeit der Wahl auszusprechen.

Abg. Heine (Soc.): Hier sprechen ganz andere Gesichtspunkte mit, als die einfache Berechnung der Majorität. Was ein Beamter ausspricht, das gilt immer für einen Ausspruch der Regierung, und jeder, der irgendwie von der Regierung abhängt, hat die Pflicht, sich danach zu richten. Und in diesem Fall sind es nicht nur die dem Ober⸗Bergrath direct unterstehenden Bergleute, sondern alle Berg⸗ leute und außerdem noch die vom Bergbetriebe sonst abhängigen Personen, wie Geschäftsleute, Gastwirthe u. dgl. Aber auch abgesehen von diesem Aufruf, sind wunderbare Dinge in jenem Wahlkreise geleistet worden. Da ist die offene Controle der Mitglieder der Kriegervereine darüber, ob sie auch den reichstreuen Candidaten gewählt haben, denn diese Controle ist, wie Zeugen eidlich erwiesen, ausgeübt worden. Da ist außerdem noch die Wahlbeeinflussung der Arbeitgeber, welche die Arbeiter mit der Bedrohung der Kündigung gezwungen haben, für den Abg. von Reden zu stimmen. Die Commission war aber, wie der Commissionsbericht sagt, der Meinung, „daß eine Wahlbeeinflussung unter Androhung der Arbeitskündigung nicht als unzulässig zu erachten sei, da es dem Arbeitgeber freigestellt sein müsse, von einer ihm gesetzlich zustehenden Befugniß nach seinem Belieben Gebrauch zu machen.“ Auf Grund dieser Erklärung des Reichstags könnte sich jeder Arbeitgeber das Recht herausnehmen, von seinen Arbeitern zu verlangen: Ihr stimmt so, wie ich will, oder Ihr werdet entlassen. Wozu haben wir dann noch ein allgemeines Wahlrecht? Ich ersuche Sie, die Ehre des Reichstags dadurch zu retten, daß wir gegen diese Auffaffung der Commission protestiren und die Wahl für ungültig erklären.

Abg. von Str ombeck (Centr.) erklärt sich für die Ungültigkeit der Wahl, da mit Sicherheit garnicht festzustellen sei, ob der Abg. von Reden ohne die Wahlbeeinflussung die Majorität bekommen haben würde.

Abg. Dr. von Marguardsen (nl.): In früheren Zeiten war man, wenn in der Commission eine Entscheidung mit einer erheblichen Mehrheit heena war, nicht so schnell bei der Hand, einen wohlüber⸗ fäctet Mehrheitsbeschluß im Plenum umzustoßen. Ich meine, man sollte auch hier nicht von der alten Regel abgehen und nicht einen Mehrheitsbeschluß der ersten Commission durch ein Minderheits⸗ erkenntniß der zweiten umstoßen. Die Mehrheit der Commission hat aus fünf, die Minderheit aus vier Stimmen bestanden, ein Mitglied der Mehrheit hat zudem bei seiner Abstimmung aus Miß⸗ verständniß ein falsches Votum abgegeben. Es liegt hier also eigent⸗ lich ein Minderheitserkenntniß vor. Lcch empfehle Ihnen, die Wahl für gültig zu erklären.

Abg. Schneider⸗Nordhausen (dfr.): Wenn der Abg. Dr. Stephan meint, es sei nicht wahrscheinlich, daß, wenn das Flugblatt nicht er⸗ schienen wäre, der Abg. von Reden viel weniger Stimmen bekommen hätte, so kommt die Wahrscheinlichkeit hier wenig in Betracht. Die gegenwärtige Wahlprüfungscommission ist übrigens in keiner Weise an die Beschlüsse der vorigen Commission gebunden.

Abg. Meister (Soz.): Das Centrum hat heute einen ganz anderen Standpunkt eingenommen als früher. Es muß uns um so mehr wundern, daß in einem Moment, wo das Centrum Anträge einbringt, welche das Wahlrecht sichern sollen, ein Mitglied dieser hartem derartige mathematische Berechnungen als maßgebend auf⸗ tellt. Das Flugblatt ist der geringste gesetzliche Fehler, der gemacht worden ist. Es hatten seiner Zeit 46 Per⸗ sonen gemeldet, die eidlich erhärten wollten, ihre Stimmen gegen den Abg. von Reden abgegeben zu haben. Aber ehe sie vor Gericht kamen, wurden verschiedene Manipulationen mit ihnen vorgenommen. Sie wurden zum Ortsschulzen gerufen, der sie davon abbringen sollte, den Eid abzulegen, und als sie vor den Amtsrichter kamen, sagte ihnen dieser, sie brauchten keine Auskunft zu geben, weil es sich hier um eine geheime Wahl handele. Was sollten da die armen Leute thun? Der Ober⸗Bergrath von Detten hat in dem ganzen Wahlkreise einen gesetzwidrigen Einfluß ausgeübt. Er hat den Bergarbeitern, die nicht für den Abg. Reden stimmen würden, mit Entlassung und Entziehung ihrer Invalidengelder u. s.Iw. gedroht, auch ihnen gesagt; Kauft nur bei den Handwerkern, die für Reden stimmen!

bin überzeugt, im ganzen Hause ist nicht ein Mandat, was so unrechtmäßig ausgeübt wird, wie das des Abg. von Reden.

Abg. Dr. Stephan (Centr.): Nicht aus Freundschaft, sondern aus Gerechtigkeitsgefühl habe ich für die Gültigkeit der Wahl des Abg. von Reden gestimmt.

Abg. Schneider⸗Hamm (nl.): Wir machen hier keine mathe⸗ matischen Berechnungen, um die Gültigkeit einer Wahl zu beweisen. Die Aeußerungen des Abg. Meister sind beweislose Behauptungen. Abg. Singer (Soc.): Ich lege auf das Urtheil eines Mannes, der die Verhältnisse im Wahlkreise kennt, mehr Werth, als der Abg. Schneider. Der Bericht der Wahl⸗ prüfungscommission erzählt uns ja, daß in diesem Wahlkreise noch andere gesetzwidrige Vorkommnisse sich abgespielt haben. So sind z. B. vierundzwanzig von einer Hand geschriebene Stimm⸗ zettel mit Zeichen versehen gewesen, um die Arbeiter, die diese ab⸗ gaben, für die Arbeitgeber erkenntlich zu machen. Dieser Vor ang ist recht bezeichnend für die Atmosphäre, die in jenem Wahlkreise herrscht. Der Abg. Meister sagte, daß bei dieser Wahl sich die schlimmsten Wahlbeeinflussungen geltend gemacht hätten. Diese An⸗ sicht kann ich nicht theilen. enn der Reichstag es über sich gewinnt, gegenüber derartigen Wahlbeeinflussungen eines ganzen Kreises anders zu antworten als mit der Kegstung der Wahl, so verzichtet er überhaupt auf Wahlprüfungen. Ich beantrage namentliche Abstimmung, weil ich einen großen Werth darauf lege, daß die Wähler im Lande nissene wie ihre Abgeordneten über Wahlfreiheit und Wahlrecht urtheilen.

An der Abstimmung betheiligen sich 179 Mitglieder, von denen 79 mit Ja, 100 mit Nein stimmen. Da zur Beschluß⸗ fähigkeit 199 Mitglieder als Mindestzahl gehören, ist das Er⸗ gebniß hinfällig. Die Sitzung muß wegen Beschlußunfähigkeit des Hauses abgebrochen werden.

Schluß 5 Uhr 4

b Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 20. Sitzung vom 24. Januar.

Nachdem in dem ersten Theile der Sitzung, über den in der Nummer vom Dienstag berichtet ist, Tit. 1, 2, 3 und 4 der Einnahmen der Domänenverwaltung genehmigt worden sind, tritt das Haus in die Berathung des Tit. 5 (Ertrag aus Mineralbrunnen, Bädern ꝛc.) ein. Hierbei weist

Abg. Dr. Graf⸗Elberfeld (nl.) auf den Aufschwung hin, den das Bad Norderney genommen hat, und bittet die Regierung, bei der Auswahl der Beamten sehr vorsichtig zu sein. Ferner verlangt er eine bessere Eisenbahnverbindung, namentlich die Einrichtung eines Tegescsse ehsggen von Elberfeld neben dem Nachtzuge. Die Hafen⸗ verhältnisse in gebessert, sodaß Anlegen und Verkehr der Dampfer immer möglich ist. Am Norddeich dagegen sind die Arbeiten noch nicht so weit geführt, daß alles befriedigend ist; die Zeit zwischen zwei Tiden, in der sonst die Schiffahrt unterbrochen war, ist jetzt von 8 auf 6 Stunden herabgesetzt worden. Dadurch ist allerdings auch die Eisenbahnverwaltung behindert. Für Norderney muß gesorgt werden, damit die deutschen Badegäste nicht nach Ostende und Scheveningen, sondern in unsere Nordseebäder gehen. Auch für die Besserung der Postverhältnisse, für die Einrichtung einer Wandel⸗ bahn und eines Krankenhauses müßte gesorgt werden. Ansteckende Krankheiten, Masern, Scharlach ꝛc. werden leicht eingeschleppt zum Schaden für die Badegäste, die dann keine Isolirung und keine ordent⸗ liche Pflege finden können.

—W’I Schaffner (nl.) verlangt verschiedene Verbesserungen in den nassauischen Bädern, darunter namentlich eine Vermehrung der Inhalationsräume im Kurhaus zu Ems.

Abg. Fegter (ntl.) empfiehlt den Bau eines Nothhafens, ist aber in seinen Ausführungen nicht zu verstehen.

Minister für Landwirthschaft ꝛc. von Heyden:

Es ist mir zu meinem Bedauern trotz angestrengter Bemühungen nicht möglich gewesen, die beiden letzten Herren Redner so zu ver⸗ stehen, daß ich auf ihre Ausführungen antworten könnte; ich bin daher genöthigt, mich auf die allgemeine Bemerkung zu beschränken, daß ich den stenographischen Bericht über die vorgebrachten Wünsche auf⸗ merksam studiren und denselben, soweit es in meiner Möglichkeit liegt, Rechnung tragen werde.

Gehört habe ich aus dem Vortrag desjenigen Herrn, der sich für das Bad Ems interessirte, daß er den jetzigen Zustand der Inha⸗ lationshalle bemängelte und auch den Zustand der Bäder als nicht ausreichend bezeichnete. Ich kann bemerken, daß letztere in diesem Jahre einer Renovation und Verbesserung unter⸗ zogen werden, daß aber die Inhalationshalle erst vor wenigen Jahren neu hergestellt ist und mir bisher Bedenken über den Zustand derselben nicht zur Kenntniß gebracht sind.

Das Interesse, welches der Abg. Dr. Graf für Norderney zum Ausdruck gebracht hat, wird von mir vollständig getheilt. Badekarren werden noch in diesem Jahre in größerem Maße beschafft werden. Die Erbauung eines Seesteigs halte auch ich für erwünscht. Die Anschläge werden vorbereitet, um eine derartige Anlage herstellen zu können, sobald die Mittel dazu vorhanden sind.

Der Wunsch wegen Herstellung eines Krankenhauses wird heute zum ersten Mal vorgebracht. Daß ein Krankenhaus auf Norderney erwünscht ist, kann nicht in Zweifel gezogen werden; ob es aber Auf⸗ gabe der Staatsverwaltung ist, sofort ein neues Krankenhaus herzustellen, oder ob sich nicht Mittel und Wege finden, das Ziel auf anderem Wege zu erreichen, bedarf der Erwägung. Wenn ferner Herr Dr. Graf empfahl, die Verwaltung möchte nicht bloß bei Norderney, sondern bei allen unseren Bädern die vorzüglichsten Verwaltungskräfte heranziehen, so glaube ich als selbstverständlich zu⸗ sichern zu dürfen, daß die Bemühungen der Verwaltung immer dem von Herrn Dr. Graf ausgesprochenen Wunsch entsprochen haben und entsprechen werden.

Der Titel wird genehmigt; ebenso der Rest des Etats der Domänenverwaltung und ohne Debatte die Etats der Seehandlung, der Münzverwaltung, der Staatsarchive und der General⸗Ordenscommission.

Beim Etat des Geheimen Civilcabinets wendet sich Abg. Bödiker (Centr.) dagegen, daß dem Ersten Secretär 1200 mehr gezahlt werden sollen als bisher, sodaß er mit dem Vorsteher des Bureaus gleichgestellt ist. Dieses Verfahren werde hoffentlich nicht an anderer Stelle Nachahmung finden.

„Geheimer Ober⸗Finanz⸗Rath Lehnert: Das ist schon deshall nicht möglich, weil es bei den anderen Verwaltungen Erste Seeretäre mit dieser eigenartigen Stellung gar nicht giebt.

Der Etat wird bewilligt; ebenso ohne Debatte die Etats der Ober⸗Rechnungskammer, der Prüfungscom⸗ mission für höhere Verwaltungsbeamte, des Dis⸗ ciplinarhofs und des Gerichtshofs zur Entscheidung der Kompetenzkonflikte.

Bei den Ausgaben für das Gesetz⸗Sammlungsamt in Berlin weist

Abg. Avenarius (nl.) darauf hin, daß die Gesetz⸗Sammlung den staatsrechtlich falschen Titel führt: „Gesetz⸗Sammlung für die Königlich preußischen Staaten“, der bei Einrichtung des Blattes be⸗ rechtigt war, seit dem Erlaß der Verfassung aber unberechtigt ist.

Geheimer Ober⸗Postrath Sydow erklärt, daß die Regierung ein Bedürfniß zur Aenderung nicht anerkannt habe; es sei auch wohl niemand im Zweifel über die Bedeutung des Titels.

„Abg. Avenarius (nl.): Ich stehe mit meiner Anschauung nicht allein; der Staatsrechtslehrer Schulze hat auf dieses Curiosum schon hingewiesen und dadurch, daß die Regierung sich für die Aufrecht⸗ khnelttheg desselben entschieden, ist das Curiosum immer curioser ge⸗ worden.

Der Etat wird genehmigt, ebenso der Etat des Reichs⸗ und Staats⸗Anzeigers und die Ausgabe für Zwecke der Landesvermessung.

Es folgt der Etat des Finanz⸗Ministeriums.

Abg. Im Walle (Centr.) berichtet über die im Etat wahrge⸗ nommene weitere Ausbildung der Gehaltsnormirung nach Altersstufen, die bei diesem Etat auf die mittleren und Kanzleibeamten ausgedehnt sei, während sie im vorigen Jahre schon für die Unterbeamten durch⸗ geführt worden sei. Es seien damit keine Gehaltserhöhungen verbunden, sondern man habe bei der Feinazazlag⸗ des Staats an den bestehenden Gehaltssätzen festhalten müssen, jedoch solle die Maßregel auch rück⸗ wirkende Kraft haben.

Abg. Freiherr von Eynatten (Centr.) bespricht die Verzöge⸗ rungen in der Entscheidung über die Berufungen bei der Einkommen⸗ steuer, die durch deren große Zahl erklärt werde. Ein Be⸗ amter hat die Leute zur mündlichen Verhandlung vorgeladen und in der Einladung geschrieben: Wenn Sie nicht Fia ges wird an⸗ genommen, daß Ele keine Beweismittel mehr beizubringen haben. Es sind dadurch manche Berufungen unter den Tisch get weil nicht jeder im stande ist, Dinge mündlich vorzutragen, die er mühsam schriftlich ausgearbeitet hat.

Finanz⸗Minister Dr. Miquel:

Den Wunsch will ich gern erfüllen. Aber ich bemerke, daß irgendwelche Beschwerden über das Verfahren in dem dortigen Kreise,

soviel ich mich erinnere, an das Finanz⸗Ministerium nicht gelangt

sind. Ich bin nicht in der Lage, den Fall nach einer solchen Dar⸗ stellung ohne Vorbereitung zu beurtheilen, aber ich werde gern die Anfrage, die hier gemacht ist, in Erwägung ziehen. Soviel ich von dem Herrn Vorredner verstanden habe, scheint mir aber das Verfahren an sich nicht unrichtig zu sein. Denjenigen Per⸗ sonen, welche Berufung erheben, steht es ja völlig frei, alle Beweis⸗ mittel, die sie zur Unterstützung ihrer Berufung für zweckdienlich halten, schriftlich anzuführen, und dann müssen diese Beweise auf⸗ genommen werden. Wenn nun, wie die Erfahrung lehrt, schrift⸗ liche Berufungen häufig sehr mangelhaft motivirt, genügende Beweise gar nicht angegeben sind, und der Commissar sich bemüht, sich an Ort und Stelle zu begeben, um durch mündliche Rücksprache mit den Censiten mehr zu erfahren, so kann ich darin keine Beschwerde für die Censiten finden. Das, was sie schriftlich niederlegen können und der Herr Vorredner sagt ja, daß es leichter wäre, ihre Mei⸗ nung schriftlich einzureichen —, das wird ja naturgemäß der Prüfungs⸗ commission vorgelegt und muß, wenn es relevant ist, näher geprüft und beweismäßig festgestellt werden.

Ich sehe also noch nicht recht, wo in diesem Falle die Beschwerde liegt. Wenn der Herr Commissar in manchen Fällen den Leuten, die Berufung erhoben haben, gerathen hat, sie fallen zu lassen oder ihre Ansprüche zu ermäßigen, so wollen die Herren wohl bedenken, daß eine ganze Menge von Berufungen völlig unbegründet erhoben sind, und da kann er sehr wohl im einzelnen Falle im besten Glauben den Leuten den Rath geben, um ihnen unnöthige Kosten zu ersparen. Aber ich will über den vorliegenden Fall nicht urtheilen. Wir haben überhaupt den Grundsatz im Finanz⸗Ministerium, gerade bei der ersten Veranlagung und den nächsten Veranlagungen, die sich daran knüpfen, alle Be schwerden, die an uns in Bezug auf das Verfahren gerichtet werden, auf das sorgfältigste und eingehendste zu prüfen und überall da rücksichtslos Abhilfe zu sichern, wo wirklich Mißstände und Mängel im Verfahren sich gezeigt haben.

Abg. Bödiker (Centr.): Man sagt, daß die Neuregelung der Dienstaltersstufen für die Verwaltung eine Ersparniß herbeiführen wird. Das kann man jetzt nicht controliren. Vielleicht stellt die Regierung nach fünf oder sechs Jahren ein Tableau über die Wirkung dieser Neuregelung auf. Das Dienstalter soll berechnet werden von dem Eintritt in die etatsmäßige Stellung an. Das genügt noch nicht, denn die Diätare müssen oft lange auf Anstellung warten. Fett soll ja dahin gewirkt werden, daß sie nach vier Jahren angestellt werden. Wenn das aber nicht geschieht, dann sollte man den über vier Jahre hinausgehenden Zeitraum auf die Dienstzeit anrechnen.

Geheimer Bhber⸗Finanz Rats Lehnert führt aus einer Zu⸗ sammenstellung an, daß eine Mehrausgabe aus der Neuregelung entstehe.

Abg. Krah (freicons.) glaubt, daß die Neuregelung manche Un⸗ gleichheiten mit sich bringen wird. Ueber das Verfahren der Berufs⸗ commissionen sind auch in Schleswig⸗Holstein Klagen laut geworden, namentlich über allzugroße vexatorische Nachforschungen.

Abg. Dr. Sattler (nl.) begrüßt die Einführung des Systems der Dienstalterszulagen als großen Fortschritt und hofft, daß es dem⸗ nächst auch möglich sein werde, die Beamten in einzelne großen Klassen mit einer Einheitsscala zusammenzufassen.

Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa glaubt, daß bei der Neuregelung die Kreissecretäre gegenüber den Regierungs⸗Seere⸗ tären barlschte eßt sind, obgleich man für das erstere Amt nur ältere

ersonen auswählen kann. G 8 Geheimer Ober⸗Finanz⸗Rath Lehnert weist nach, daß die beiden Arten der Beamten gleichmäßig behandelt sn⸗ in 24 Jahren erreichen beide das höchste Gehalt, davon ent allen bei den Regierungs⸗Secretären sechs auf das Assistentenamt, achtzehn auf das Secretariat, während die Kreissecretäre nicht Assistenten werden.

Abg. Dr. Friedberg (nl.) beklagt, daß die mit festen Einheits⸗ sätzen angestellten Beamten von den Dienstalterszulagen ausgeschlossen seien. Geheimer Ober⸗Finanz⸗Rath Lehnert entgegnet, daß eine Be⸗ rücksichtigung dieser Beamten nicht angängig sei, da diese sonst anderen gegenüber bevorzugt werden würden. 8

Für die Umwandlung von diätarischen Stellen in etatsmäßige sind 1 700 000 mehr erforderlich geworden, die die Commission zu genehmigen empfiehlt. 1

Abg. Dr. Sattler (nl.): Es ist fraglich, ob man nicht bei dieser außexrordentlichen Maßregel von einer besonderen Bevorzugung der Militäranwärter hätte absehen müssen. Diese gelangen jetzt schneller zur Anstellung, als die älteren Civilanwärter. .

Geheimer Ober⸗Finanz⸗Rath Lehnert: Die Militärverwaltung bestand auf ihrem Rechte der alternirenden Anstellung von Militär⸗ anwärtern, was auch berechtigt ist, da letztere sich meist in höherem Alter befinden. Wenn einmal Militäranwärter sich nicht finden, ze treten Civilanwärter ein, es tritt dann nachher ein Ausgleich ein. 1 X 8 Abg. Bödiker (Centr.) meint, daß dadurch die Civilanwärter erst recht geschädigt werden. 18 ““

Die Mehrausgaben werden bewilligt, soweit sie im Etat

des Finanz⸗Ministeriums zur Erscheinung kommen; ebenso der

Rest des Etats des Finanz⸗Ministeriums. Schluß 4 Uhr.

V burg 17, Gramm (Fladsau) —, Westerland auf Sylt üas. Föhr —, Husum 19, Meldorf 25.

8 Höhe der Schneedecke in Centimetern am Montag, den 23. Januar 1893, um 7 Uhr Morgens. Mitgetheilt om Königlich preußischen Meteorologischen Institut. (Die Stationen sind nach Flußgebieten geordnet.)

Memel (Dange) —, Tilsit (Memel) 32, Insterburg (Pregel) 32

Heilsberg (Pregel) 18, Königsberg i. Pr. (Pregel) 27. Weichsel.

15 . (Bobr, Narew) —, Czerwonken (Bobr, Narew) Marggrabowa (Bobr, Narew) —, Klaussen (Pissa) Neidenburg (Wkra) 37, Osterode (Drewenz) 20, Altsccdt (Drewenz) 19, Thorn Konitz (Srah⸗ 18, Bromberg (Brahe) 16, Berent (Ferse) 51 Sheene (No bach) —, Schivelbein (Rega) 45.

Oder. (Zinna) 27, Ratibor 28,

Leobschü kobschh. ölfelsdorf (Glatzer Neisse) 25, Brand (Glatzer Nei

Oppeln 27,

Beuthen EFlognih) 2

se Reinerz (Glatzer Neisse) —, Glatz (Glatzer Neisse) 26, Görbersdorf Glapen Neisse) 64 Pl0 ian— (Glatzer Neisse) 63, Weigelsdorf (Glatzer

Neisse) 13, Rosenberg (Stober) 36, Breslau 32, Lenn (Katzbach) 21 eeeai29 (Landgraben) 36, Grünberg 35, te erummhübel (Bober) —, Wang (Bober) 93, Eichberg (Bober) 40 Schreiberhau (Bober) —, Warmbrunn (Bober) 35, Bunzlau (Bober) 28. Görlitz 2 tzer Neisse) 30, Frankfurt 25, Ostrowo (Warthe) 30 Posen (Warthe) 22, Tremessen (Warthe) 15, Samter (Warthe) 25. aprotsch ( vi, 42, Neustettin (Warthe) 37, 2 Warthe) 22, Landsberg (Warthe) 12, Stettin 23, Pammin (₰ renzlau (Uecker) 24, Demmin (Peene) 27, Putbus 27, Kirchdorf au

hgat) 32, Lauenburg i. P. Le⸗ ) 43, Köslin (Mühlen⸗

2

Gottesberg (Bober) —,

Deutsch⸗Krone 88 )28,

1

1

1

1

7 / 1

2

(Saale) 18, Ilmenau (Saale) —,

hausen (Saale) 19, Halle (Saale) 18, Klostermansfeld (Saale) 17, Bernburg (Saale) 15, Quedlinburg (Saale) 12, Harzgerode 23,

Wyk auf

Elbe. T 20, D Mulde) 9, Rudolstadt (Saale) 15, Jena vrcfg. Fen Stadtilm (Saale) 8 Dingelstädt

(Saale) 22, Erfurt (Saale) 12, Sondershausen (Saale) 11, Nord⸗

Magdeburg 16, Neustrelitz (Havel) 35, Kottbus (Havel) 32, Dahme Haseh 2⁸ Berlin (Havel) 30, Blankenburg bei Berlin (Havel) 26, pandau (Havel) 24, Heinersdorf (Kr. Teltow) (Havel) —, Potsdam (Havel) 25, Brandenburg (Hafel) 23, Kyritz (Havel) 35, Gardelegen (Niand) 31, Jeetze (Aland) 20, Waren (Elde) 30, Marnitz (Elde) 29, Schwerin (Elde) 35, Uelzen (Ilmenau) 14, Lüneburg (Ilmenau) 19, Neumünster (Stör) 20, Bremervörde (Oste) —. Weser.

Meiningen (Werra) 25, Liebenstein (Werra) 23, Fulda (Fulda) 24, Altmorschen Fulda) 18, Schwarzenborn (Fulda) 30, Cassel (Fulda) 16, Bielefeld (Werre) 13, Herford 19, Scharfenstein (Aller) —IEIII burg (Aller) 17, Braunschweig (Aller) 21, Celle (Aller) 17, Göttingen (Aller) 18, Herzberg (Aller) 34, Klausthal (Aller) 55, Seesen (Aler) 14, Hannover (Aller) 24, Bremen 15, Oldenburg (Hunte) 13, Elsfleth 16, Jever 17. 1“

m s.

Gütersloh (Dalke) 15, Münster i. W. 15, Lingen 13, Osnabrück (Haase) 12, 1“ (Haase) 12, Aurich 15, Emden 12. Rhetn. 8 Darmstadt 20, Coburg (Main) 28, Frankenheim (Main) —, Frankfurt (Main) —, Wiesbaden Geisenheim 17, ““ (Nahe) 27, Schweinsberg (Lahn) 23, Rauschenberg (Lahn) 22, ar⸗ burg (Lahn) 38, Weilburg (Lahn) 30, Schneifel⸗Forsthaus (Mosel) . Bitburg (Mosel) 25, von der Heydt⸗Grube (Mosel) 18, Trier (Mosel) 10, Neuwied 24, Siegen (Sieg, 30, Hachenburg Sieg) —, Köln 12, Krefeld 12, Arnsberg (Ruhr) 26, Brilon (Ruhr) 30, Lüdenscheid (Ruhr) 33, Alt⸗Astenberg (Ruhr) —, Mülheim (Ruhr) 17, Kleve 7, Ellewiek (Yssel) —, Aachen (Maaß). Der Höhe von 1 cm. Schneedecke am 22. Januar 1893 in Neidenburg L,„Hn. 1.4 mm Schmelz⸗ 23. Altstadt (Weichsel) 17 wasser 19. Schivelbein (Rega) 20. Leobschütz 20. Wang 220 Ostrowo 2 Samter 20. Nordhausen 23. Potsdam 1 ööq 23. Ce e W 20. Klausthal (Weser) 22. p. d. Heydt⸗Grube 23.

22. Brilon

(Oder)

(Elbe)

SSCaUSSUI2S

28o—

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Die „auf hoher See“ auf einem deutschen Schiffe, gleichviel ob auf einem Kriegs⸗ oder Staatsschiffe oder auf einem Schiffe der Handelsmarine, begangenen Verbrechen oder Ver⸗ gehen sind, nach einem Uriheil des Reichsgerichts, IV. Strafsenats, vom 21. Oktober 1892, als im Gebiet des Deutschen Reichs begangen zu bestrafen.

Pflanzen, welche aus anderem Boden nach einem Grab⸗ hügel übertragen und daselbst zur Umpflanzung des Hügels in den Boden eingepflanzt sind, sind nach einem Urtheil des Reichsgerichts, II. Strafsenats, vom 1. November 1892, im Sinne des preußischen Feld⸗ und Forstpolizeigesetzes vom 1. April 1880 als „Bodenerzeug⸗ nisse einer Gartenanlage“ zu erachten; ihre Entwendung vom Grabhügel ist demnach nicht als Diebstahl aus § 342 des Strafgesetzbuchs, sondern nur als Feldfrevel aus § 18 des Feld⸗ polizeigesetzes zu bestrafen.

Kunst und Wissenschaft.

Verein für Geschichte der Mark Brandenburg. Sitzung vom 11. Januar 1893. 1 Herr Oberlehrer Dr. J. Bolte theilte aus einer auf der König⸗ lichen Bibliothek befindlichen hochdeutschen Anekdotensammlung, die der Dichter L. Tieck gegen Ende des vorigen Jahrhunderts aufge⸗ zeichnet hat, mehrere Geschichten mit, die Friedrich den Großen und einzelne seiner Offiziere, wie den General Tauentzien, den bekannten Gouverneur von Breslau, den General von Meyer, von Ramin, von Rentzell, betreffen und als charakteristische Aeußerungen einer entschwindenden soldatischen Periode in den Berliner Bürgerkreisen umliefen. 8

8 I Oberlehrer Dr. Tschirch aus Brandenburg a. H. berichtete über eine von ihm neuerdings im Brandenburger Stadtarchiv auf⸗ gefundene Urkundenabschrift, die L der Mark Branden⸗ öca. von Jobst an den Markgrafen Wilhelm von Meißen betreffend. Die vom 16. Oktober 1402 datirte Urkunde ist weder bei Riedel ab⸗ gedruckt, noch seitdem bekannt geworden. An der Echtheit des Stücks ist kaum zu zweifeln, da uns ein Schreiben des preußischen Hochmeisters an den Markgrafen Wilhelm vom 6. November 1402 erhalten ist, in welchem jener diesen wegen des erlangten Besitzes der Mark beglüchwünscht, und so setzt denn schon die bisherige Geschichtsschreibung z. B. Heide⸗ man das Vorhandensein des Vertrages voraus, ohne seinen Wortlaut zu kennen. Die Urkunde ist in Berlin ausgestellt, während die Zeit⸗ umstände und Jobst's Itinerar seinen Aufenthalt in Berlin sehr unwahrscheinlich machen. Es ist daher anzunehmen, daß die Urkunde von einem Bevollmächtigten ausgefertigt worden ist. Der Vortragende findet einen Hinweis auf diesen, den Hauptmann der Mark (es war damals Balthasar von Schlieben), in der stark abgekürzten Aufschrift. Die Urkunde überantwortet Wilhelm von Meißen die Mark mit allen Rechten und Einkünften, giebt ihm die Befugniß, Beamte ein⸗ und abzusetzen, geistliche und weltliche Lehen zu verleihen, bis, ur völligen Entschädigung für entstandene Kosten und Schaden. Zekanntlich war diese Uebertragung der Mark an Wilhelm von Meißen nicht die erste. Schon 1395 war das Land von Jobst an Wilhelm gegen be⸗ deutende Darlehen überantwortet worden, und Mannen und. Stüdte hatten dem neuen Inhaber schwören müssen. 5 ist diese Ab⸗ tretung nicht als eine reine Verpfändung anzusehen, ondern Wilhelm wurde Mitregent und Statthalter, ohne daß Jobst auf Regierung und Einkünfte thatsächlich verzichtete. 1402 nun war zwar Wilhelm noch Statthalter, fühlte sich aber im Besitze seiner Rechte bedroht, als König Sigismund seinem Vetter Jobst die Herrschaft über den unglücklichen Wenzel und sein Böhmerland Wenzel mit sich nach Wien führte, Jobst aber des ungarischen Thronfolgerechts beraubte und den österreichischen Herzogen die An⸗ wargschast auf den Besitz der Mark Brandenburg verschrieb. Damals knüpfte sich das Fee zwischen dem klugen Meißner und dem bedrängten Jobst wieder fester. Wilhelm unterstützte ihn durch Hilfs⸗ truppen und neue Darlehen, und als Dank wurde ihm die erw hnte Urkunde ausgestellt, die freilich nicht die geringste praktische Wirkung gehabt hat. Denn in den folgenden Heimsuchungen der Mark bleibt der Markgraf von Meißen dem Lande fern, während Johann von Mecklenburg Schutzherr und Statthalter der Mark wird.

17. und 18. Jahrhundert. Der Bau des Friedrich Wilhelms⸗Kanals, der 1668 beendet wurde, gab den Berliner Schiffern einen mächtigen Antrieb, die Concurrenz mit den Hamburgern, die diesen Verkehr bis⸗ her fast aussch ehlic beherrscht hatten, aufzunehmen.

zu einer gemein

Theilen,

bemehc 1709 8 aftlichen Regelung der Schiffahrt zwischen beiden 9 die Einführung der Reihe⸗ fahrt, für die märkischen Elbschiffer, die sich exisene 1716 zu einer Gilde zusammenthaten, wv erwünschte Beschränkung der bisherigen rücksichtslos ausgebeuteten Ueberlegenheit der Hamburger bedeutete. Der Concurrenzkampf nahm jedoch bald wieder eine schärfere Form an; die Hamburger banden sich in den zwanziger und dreißiger Jahren nicht mehr an senen Vertrag und suchten die Berliner planmäßig aus der gewonnenen 1.283g zu verdrängen. 1731. wurden die Hamburger Schiffe in Berlin mit Beschlag belegt, 1746 von dem Verkehr mit ausgeschlossen. Während dieses Kampfes mit den amburgern war der kurmärkischen Elbschiffergilde 1733 ne geschlossene Mit⸗ gliederzahl und ein ausschließendes Privileg bewilligt worden, Berech⸗ tigungen, die sie bis in die Reformzeit zu Anfang dieses Jahrhunderts zähe festgehalten hat. In die 50 er und 60 er Jahre fällt ihre Blüthezeit; seit den 70 er Jahren ging sie mit dem Elbhandel und dem Berlin⸗Hamburger Verkehr überhaupt zurück. Es war ein Vorgang, der in der engsten Verbindung mit dem gesammten wirthschaftspolitischen System stand, das Preußen für seine mittleren Provinzen seit Friedrich Wilhelm I. und namentlich unter dem Großen angenommen hatte, und das im Gegensatz zu früheren Bestrebungen darauf hinaus⸗ lief, die als aussichtslos erkannte Beförderung des Außenhandels und des Durchgangsverkehrs mit einer energischen Entwickelung des inneren Verkehrs und der eigenen Production zu vertauschen und die Grenzen gegen das Ausland wirthschaftspolitisch mehr und mehr abzuschließen. Nicht mehr die Elbe, sondern die Oder war es, der die Hauptfrage der fridericianischen Verwaltung gewidmet war. Im Kunstgewerbe⸗Museum sind für kurze Zeit die Prachtgeräthe ausgestellt, welche in der Ehrenhalle der Welt⸗ ausstellung in Chicago ihren Platz finden sollen. Da die für den Bedarf arbeitende Industrie nicht im stande ist, kostbare, von Künstler⸗ hand entworfene Prunkstücke herzustellen, so hat im Auftrage der Reichscommission Professor Dr. Lessing es übernommen, von den Ehrengeschenken, welche während der letzten Periode für hervor⸗ ragende Persönlichkeiten gefertigt worden sind, eine 5— glänzende Sammlung zu veranstalten. Es sind jetzt bereits 67 Kunst⸗ werke von 26 Besitzern vereinigt und ausgestellt; manches wird sich noch anschließen. An der Spitze stehen die von Seiner Majestät dem Kaiser Allergnädigst bewilligten Kunstwerke des Hohenzollern⸗ Museums, die kostbarsten Adressen an Kaiser Wilhelm I. und Kaiser Fste sodann in reicher Zahl die Ehrenpreise, welche der Kaiser an Regatta⸗Vereine, bei Jagdrennen und ähnlichen Veranlassungen gestiftet hat, zumeist nach des Kaisers persön⸗ lichen Intentionen durch Gustav Lind gefertigt. Prinz Heinrich von Preußen hat die silberne Bowle, ein Geschenk von der Ritterschaft der Provinz Schleswig⸗Holstein, hergeliehen. Fürst Bismarck und die v des Grafen Moltke haben aus den Schätzen von Schönhaufen und Kreisau bereitwilligst die höchst⸗ vollendeten Stücke zur Verfügung gestellt, vieles, was bisher auf keiner Ausstellung gewesen: der große Tafelaufsatz aus dem Geschenk der Industriellen an den Fürsten Bismarck, der Ehrenhumpen der deutschen Studenten, prachtvoll ausgestattete Ehrenbürgerbriefe deutscher Städte, darunter die Blätter von Adolf Menzel, die Tafel von München und die mit Juwelierarbeit be⸗ deckte Cassette von Hanau sind hier vereinigt. Die König⸗ liche Akademie der Künste hat die Votivtafel des Ministers von Goßler hergeliehen, der Minister von Stosch den silbernen Ehrenschrein, Ober⸗Bürgermeister Voß einen prachtvollen Tafelaufsatz mit Muschelwerk. Ganz hervorragend sind die Arbeiten von Otto Lessing, Repliken der von ihm ausgeführten Ehren⸗ geschenke. Der große hölzerne Pavillon, für die Ausstellung der chemischen Industrie in Chicago bestimmt, bleibt bis zum 29. Ja⸗ nuar im Lichthofe des Museums ausgestellt. 1 Der Romanist und Kirchenrechtslehrer Freiherr von Scheuerl, vordem Professor an der Universität Erlangen, ist laut Meldung des „W. T. B.“ vom gestrigen Tage in Nürnberg estorben. 8 gtägtre Aus Wien wird * Leree Thern gestern Abend erfolgte Tod des Professors Otto Kahler gemeldet. 2 Der Eduard Thillot, Mitglied mehrerer gelehrten Gesellschaften, ist nach einer Meldung aus St. Petersburg gestorben. 1

deren Hauptpunkt,

Berlin Famba⸗

Literatur.

Geschichte. 8

ff. Forschungen zur Brandenburgischen und Preu ßischen Geschichte. Herausgegeben von Albert Nauds. 5. Band, 2. Hälfte. (Pr. 6 ℳ) Leipzig, Duncker und Humblot, 1892. Im ersten Aufsatz des vorliegenden Heftes behandelt G. Wolf ein „wichtiges Kapitel in der Entwicklung des brandenburg⸗preußischen Territoriums: Die Beziehungen Brandenburgs zu —— burg im 16. Jahrhundert. Das Kurfürstenthum Brandenburg, das im 15. Jahrhundert eine hervorragende Stellung im Reich ein⸗ enommen hatte, trat im 16. seit der Abtrennung der fränkischen Mark rafschaften mehr und mehr an Bedeutung zurück und wurde allmäßlich von seinem Nachbar Kursachsen überflügelt. Arm von Natur und in ungünstiger geographischer Lage, mußte es danach streben, sein Gebiet zu wenn es wieder eine führende politische Stellun ein⸗ nehmen wollte. Zu dem Zwecke schlossen die Kurfürsten im Laufe des Reformationsjahrhunderts theils Erbverträge mit theils suchten sie durch Erwerbung benachbarten Gebiets ihre Grenzen besser zu gestalten. So richteten sie vor allem ihr Augenmerk auf die Erwerbung des höchst günstig —— Erzbisthums Magdeburg. Da in diesem Hochstift der Protestantismus bereits festen Fuß ge⸗ aßt hatte, so strebten die Hohenzollern seit Ivachim II. danach, rinzen ihres Hauses zu Coadjutoren und Erzbischöfen wählen zu lassen und so die Säcularisation und Annexion vorzubereiten. Da aber die sächsischen Kurfürsten sich mit ähnlichen Projecten trugen, so begann zwischen beiden Fürstenhöfen ein heftiger Wettkampf, der mit allen Mitteln einer rücksichtslosen Diplomatie geführt wurde. Den Hohenzollern waren die Umstände im allgemeinen günstiger als den Wettinern: es gelang ihnen, dem brandenburgischen Prinzen Sigismund die erzbischöfliche Würde zu verschaffen, während dessen Amtsführung das Regiment der Hohenzollern in Magdeburg populär wurde und die evangelische Lehre weitere Fortschritte machte, sodaß an eine Säcularisation zu Gunsten des Hauses Brandenburg gedacht werden konnte. Dieser Plan wurde freilich durch den Tod des Prinzen und die Bemühungen der Sachsen vereitelt, indessen gelang es doch, trotz aller ö anstrengungen des Kurfürsten von Sachsen, wiederum einen Hohen⸗ zollern zum Administrator von Iegns und Halberstadt wählen zu lassen, der sich aber manche Beschränkung seiner Machtbefugnisse durch das Domkapitel gefallen lassen mußte. Allerdings war hiermit noch nicht die dauernde Vereinigung Magdeburgs mit Branden⸗ burg bewirkt: diese erfolgte erst 100 Jahre später unter der Regierung des Großen Kurfürsten. In dem zweiten Aufsatze wendet sich Felix Rachfahl gegen Fritz Jickermann, der in einer Unter⸗ suchung über das brandenburg⸗pommersche Lehensverhältniß behauptet hatte, daß den Markgrafen von Brandenburg die Lehens⸗ hoheit über Pommern erst dun Kaiser Friedrich II. verliehen sei. Dagegen sucht Rachfahl nachzuweisen, daß die bran vFeenelc Lehens⸗ oheit über Pommern bereits früher, um das Jahr 1200, bestanden abe. Ebenfalls wesentlich polemisch ist die folgende Abhandlung, in der Ernst Berner die Schrift von Thömes, den Antheil der Jesuiten an der Brsehälcen Königskrone, bespricht. Diese Arbeit, die schon so viel Entgegnungen veephcusen e⸗ wird hier von einem gründlichen Kenner der preußlschen geshe. noch einmal ausführlich beleuchtet. 88 Berner übersieht Thömes. der weder Quellen noch Literatur über den Gegenstand

rach im Anschluß an die Arbeit von Toeche⸗

Poel 40, Rostock (Warnow) 25, Segeberg (Trave) 18, Lübee (Trave) —, Eutin (Schwentine) 19, Schlesw g (Schlei) 14, Flens

2

Herr Dr. Henhe⸗ s 1 Mittker über den Wasserverkehr zwischen Berlin und Hamburg im

8 ““ 1—

genügend beherrscht, gänzlich, daß die beiden Jesuitenpatres Woölff und