1893 / 23 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 26 Jan 1893 18:00:01 GMT) scan diff

Auf der ““ steht als zweiter Gegenstand die Berathung der Anträge der Deutscheonservativen und des de.ea. welche sich auf den Schutz des Handwerks be⸗ ziehen.

Ueber den Beginn der Sitzung haben wir bereits in der Mittwochs⸗Nummer berichtet. Nach dem Abg. Stolle erhält das Wort der

Abg. Freiherr von Stumm (Rp.): Er erklärt sich für den Antrag Ackermann und tritt den Ausführungen des Abg. Dr. Clemm entgegen. Wenn der Antrag also formell berechtigt ist, kann es sich nur noch darum handeln, ob das Strafmaß von 150 in maximo angemessen ist. Die Socialdemokraten haben sehr Recht, wenn sie sich mit Händen und Füßen gegen den Antrag des Centrums wehren. Die Wärme und Breite der Ausführungen des Abg. Stolle zeigen uns, daß es sich keineswegs um bloße Palliativmittelchen, sondern um eine sehr werthvolle Waffe im Arsenal der Socialdemokraten handelt. In vielen Fällen sind Consumvereine

ewiß sehr nützlich; aber die ihnen gewährten Privilegien haben andererseits das Kleinhandwerk außerordentlich geschädigt. Eine zahlenmäßige Nachweisung darüber zu verlangen, ist ganz unberechtigt. Beweis genug sind die massenhaften Beschwerden, welche über den Geschäftsbetrieb der Vereine von den kleinen Handwerkern und selbständigen Gewerbetreibenden uns täglich zugehen. Das solide Handwerk und die kleinen Gewerbetreibenden aber müssen wir schützen; das ist der Mittelstand, den wir erhalten müssen. Die Consumvereine sind von einer ganzen Anzahl schwerer Fesseln befreit, welche die Actiengesellschaften drücken; diese müssen doppelte Steuer in Preußen zahlen, während die Consumvereine, so⸗ weit sie keinen offenen Laden haben, überhaupt nicht besteuert werden. Auch die Concessionirungspflicht für die Genossenschaften, die für den Vertrieb von Spirituosen thätig sind, wieder einzuführen, halte ich ür unbedingt erforderlich und werde deshalb auch für den betreffen⸗ den Antrag des Centrums stimmen.

Abg. Schneider⸗Nordhausen (dfr.): Wenn der Abg. Acker⸗ mann die genossenschaftlichen Quellen benutzt hätte, so würde er nicht Behauptungen aufgestellt haben, welche vollständig unhaltbar sind. Er hat behauptet, daß die Mitglieder der Consumvereine meisten⸗ theils Beamte sind. Das ist unrichtig. Die Mehrzahl der Mit⸗ glieder der Consumvereine besteht aus Arbeitern. Wenn sich die Herren besonders aufregen über die Beamten in den Consum⸗ vereinen, dann wundere ich mich, daß Sie nicht die deutschen Offizier⸗ vereine und das Waarenhaus für deutsche Beamte angegriffen haben. Da hätten Sie ein dankbares Angriffsobject gehabt. Ich halte es für einen abnormen Zustand, wenn die Offiziere darum, weil 858 Offiziere sind, abweichend von den sonstigen Grundsätzen der Handels⸗ gesetzgebung Actiengesellschaften gründen dürfen mit Actien von 10 bis 30 ℳ, und wenn solchen Vereinen ein besonderes Privilegium er⸗ theilt wird durch Allerhöchste Verleihung, obgleich die Gesetze des Landes vollständig ausreichen, um auch den Offizieren die Vereinigung zu derartigen Geschäften zu ermöglichen. Die Schnapsconsum⸗ vereine, auf welche man hingewiesen hat, fristen immer nur ein sehr kurzes Dasein, denn ihre Leiter sind meist un⸗ fähig, den Anforderungen des Genossenschaftsgesetzes zu genügen und die vorgeschriebene Bilanz am Jahresschluß aufzustellen. Ich habe auch das Zutrauen zu den Polizeibehörden, daß sie diesen Vereinen, wenn sie an Nichtmitglieder verkaufen, energisch entgegentreten. Wenn das Centrum auch den Antrag Ackermann annehmen will, dann überbietet es sich selbst; denn der Centrumsantrag ergänzt das Gesetz, und das Gesetz spricht nur davon, daß die Consumvereine „im regelmäßigen Geschäftsverkehr“ nicht an Nichtmitglieder verkaufen dürfen, während der Abg. Ackermann den Verkauf an Nichtmitglieder „schlechthin“ verbieten will. Der Antrag des Centrums ist eine verschärfte Auflage der lex Kulemann; diese wollte bloß eine Geldbuße bis 30 zulassen. Jetzt soll die Strafe auf 150 erhöht werden. Auch der Vorstand soll bestraft werden, wenn er nicht dafür sorgt, daß die Lagerhalter und Verkäufer sich auf Abgabe von Waaren an Mitglieder beschränken. Wes⸗

halb sollen gerade Consumvereine nicht an Nichtmitglieder verkaufen dürfen, während doch Commandit⸗, Actiengesellschaften und privilegirte Corporationen, wie der Offizierverein, an Jedermann verkaufen können? Man sagt, es widerspricht den Principien der Consum⸗ vereine, an Nichtmitglieder zu verkaufen, da sie die Förderung des Erwerbes und der Wirthschaft ihrer Mitglieder bezwecken sollen. Das ist ein großes Mißverständniß. Auch der Consumverein, der an Nichtmitglieder verkauft, fördert den Erwerb seiner Mitglieder. Wenn das auf die Consumvereine zuträfe, träfe es auch auf die Productivpgenossenschaften zu, und Productivgenossenschaften, die nur an Mitglieder verkaufen, sind nicht denkbar. Sie wollen diese Benachtheiligung jetzt einführen unter der Firma des Schutzes des selbständigen Handwerks; Sie vergessen dabei, daß 15 % der Mitglieder der Vereine selbständige Hand⸗ werker sind. Der große Breslauer Verein zählt unter seinen 31 000 Mitgliedern 5 6000 Handwerker. Dieselben sind gewiß nicht der Meinung, daß sie durch ihre Mitgliedschaft ihr Ge⸗

werbe ruiniren. Das Gesetz ist also nur ein Kleinhandelsschutzgesetz. Der Kleinhandel ist bei der Gesetzgebung der letzten Jahre schlecht weggekommen und hat in den meisten Fällen die Zeche bezahlen müssen. Dieser Schutz des Kleinhandels richtet sich aber direct egen die Arbeiter, welche die Mehrzahl der Mitglieder der Con⸗ umvereine bilden. Ist es wirklich richtig, den Kleinhändler als den Schwächeren gegenüber dem Arbeiter anzusehen, der sich mit seines⸗ gleichen vereinigt und oft bei der Begründung des Vereins gar kein

Kapital in der Hand hat? Man bezeichnet die betreffende

Bestimmung des Genossenschaftsgesetzes als eine lex imperfecta, weil man vergessen habe, eine Strafe festzusetzen. Das ist vom Gesetzgeber keineswegs vergessen worden, denn Abg.

Kulemann stellte damals ausdrücklich einen dahin gehenden Antrag;

derselbe wurde aber abgewiesen. Abg. Enneccerus wies darauf hin, daß man auch ohne Strafbestimmungen auskommen könne, weil das Gesetz Revisionen einführe, welche für Durchführung der Be⸗ stimmungen desselben sorgen müßten. In der That haben die Con⸗ sumvereine vielfach den Verkauf an Nichtmitglieder eingestellt. Nur i Ausnahmefällen wird an Nichtmitglieder verkauft, das ist auf die Gestaltung und die wirthschaftliche Lage des Kleinhandels von ninimalem Einfluß. Mit Recht hat man darauf hingewiesen, daß ie Strafbestimmungen eine außerordentliche Gefahr für die Consum⸗ vereine enthalten, weil sie Denunciationen seitens der Kleinhändler zur Folge haben würden. Ich möchte die Verantwortung dafür nicht übernehmen, das Niveau der deutschen Kleinhändler so weit herab zu drücken, daß sie aufgefordert werden, zum Kampf gegen die Concurrenten ich der Denunciation zu bedienen. Unbillig ist es auch, wenn die Verkäufer auch dann mit Strafe belegt werden sollen, wenn sie nicht fahrlässiger oder doloser Weise verkaufen. Der Verkäufer kann sich an einem Tage dreimal dieser Gefahr aussetzen, und hs- dann für jeden einzelnen Fall 150 zahlen.

Sie stellen mit diesen Bestimmungen diejenigen nicht zu⸗

frieden, welche fortwährend mit neuen Anforderungen auf Ein⸗ chränkungen des Gewerbebetriebes und der Genossenschaften an uns

herantreten. Die Vereinigungen der Kaufleute wollen bereits ein

Verbot der Eonsumvereine. Haae kommt man, wenn man es sich

zur Aufgabe macht, den Kleinhändler zu schützen. Dagegen wird

die Unzufriedenheit sen bei denjenigen, welche durch die Straf⸗ eE ben. Ich bitte Sie daher, die Anträge abzu⸗ lehuen. 2 Genossenschaften sind ein wirksames Mittel, um die

Lage der umteren Klassen zu verbessern und den Spartrieb derselben

anzuregen. Die Behauptung, daß die Consumvereine zur Förderung

der Socialdemakratie dienen könnten, hat mich verblüfft. Auf Grund meiner Kenntniß muß ich das entschieden bestreiten. Abg. Dr. Buhl (nl.) bemerkt gegen den Abg. Freiherrn von

Stumm, daß gerade die landwirthschaftlichen Consumvereine, auf

welche der Abg. Dr. EClentm hingewiesen, hier ganz besonders in

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Becracht kommen, näͤmlich Molkereigenossenschaften u. s. w. Molkerei⸗ genossenschaften, welche nur an ihre Mitglieder verkaufen, seien doch einfach unmöglich. Es müsse ferner auf die Winzervereine am Rhein, an der Mosel, an der Ahr hingewiesen werden; alle diese Vereine, deren nützliche und segensreiche Wirksamkeit ganz außer Frage stehe, würden von dem Antrag Ackermann tödtlich getroffen werden. Aber dieser Antrag würde gleichzeitig die Folge haben, daß die meisten dieser Genossenschaften sich in Actiengesellschaften ver⸗ wandeln würden, welche dann ungehindert ihren Betrieb fortsetzen und dem Kleinhandel und dem Handwerk weiter erdrückende Concurrenz machen könnten. Die Frage könne nur auf dem Gebiet der Besteuerung gelöst werden. Abg. Schenck (dfr.): Wir haben im Deutschen Reich kein einziges Land, in welchem die Consumvereine nicht den Bestim⸗ mungen der Steuergesetze unterliegen. In Preußen ist die Lage für die Consumvereine noch ungünstiger wie in Bayern, denn sie müssen seit 1885 Gewerbesteuer bezahlen ohne Rückscht darauf, ob sie nur an Mitglieder verkaufen oder auch an Nichtmitglieder. Privilegien der Consumvereine bestehen überhaupt nicht. Die Consumvereine und Genossenschaften haben auch nie⸗ mals ein Privilegium für sich in Anspruch genommen, sondern nur verlangt, daß die bestehenden Gesetze auf sie wie auf jeden anderen Gewerbetreibenden Anwendung finden. Was ist der Zweck des Verbots, an Nichtmitglieder zu verkaufen? Die Consumvereine wollen ihren Mitgliedern Lebensmittel möglichst gut lund billig ver⸗ kaufen. Man hat für die Bestrafung des Verbots angeführt, daß die Genossenschaften, die Consumvereine gehindert werden müßten, den Mittelstand, das Kleingewerbe, den Kleinhandel zu ruiniren. Niemals ist eine übertriebenere Behauptung aufgestellt worden, ein Beweis dafür wird nicht erbracht. Mit der Bemerkung des Abg. Freiherrn von Stumm, daß ein Beweis nicht nöthig sei, läßt sich die Sache doch nicht abthun. Die Consumvereine kaufen ja auch nicht aus erster Hand, sondern erst aus zweiter und dritter Hand, vom Kauf⸗ mann, der den großen Vortheil hat, daß er seine Waare baar be⸗ zahlt bekommt. Der Abg. Graf Mirbach hat bei der dritten Be⸗ rathung des Gesetzes von 1882 ausdrücklich erklärt: wenn eine Straf⸗ bestimmung angenommen würde, dann habe das Gesetz gerade mit Rücksicht auf die landwirthschaftlichen Consumvereine und Genossen⸗ schaften für ihn gar keinen Werth mehr. Hat der Abg. Ackermann davon keine Kenntniß gehabt? Die Strafandrohung gegen die Vor⸗ standsmitglieder der Genossenschaften und Consumvereine ist, wenn möglich, noch ungerechter, als diejenige gegen die Verkäufer. Das Verbot ist erst in dritter Lesung des Genossenschaftsgesetzes durch. eine Ueberrumpelung des Abg. Kulemann in das Gesetz gebracht, die Strafbestimmung aber abgelehnt worden, und namentlich hat der jetzige preußische Finanz⸗Minister die Undurchführbarkeit des Verbots und die Unzweckmäßigkeit einer Strafbestimmung für Uebertretung desselben nachgewiesen; ihm schlossen sich damals die Rechte und das Centrum in ihrer Mehrheit an.

Hiernach wird die Discussion geschlossen und ein Ver⸗ tagungsantrag angenommen. .“ v“ ö“

Schluß 3 ¼ Uhr.

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Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 8

21. Sitzung vom 25. Januar. Fortsetzung der zweiten Berathung des Staatshau halts⸗Etats für 1893/94.

Ueber den Beginn der Sitzung ist bereits in der Nummer vom Mittwoch berichtet worden. Bei Titel 5 des Etats der Justizverwaltung (Gehalt des Ministers 36 000 ℳ) erkennt

Abg. B ödiker (Centr.) an, daß die Vermehrung der Zahl der Richterstellen erfreulich ist, aber sie reicht harn nicht aus, um das Bedürfniß zu befriedigen. Denn das Gerichtsverfassungsgesetz spricht nur von festangestellten Richtern, während noch sehr viele Hilfsrichter verwendet werden. Einzelne Amtsrichter haben mehr als 20 Sachen an einem Tage zu erledigen. Da ist es nicht zu ver⸗ wundern, daß die Gerichtserkenntnisse schon in die Gerichtssitzung fertig mitgebracht werden, wofür Redner einen besonderen Fall an⸗ führt. Es wird sogar behauptet, daß das überall der Fall fei; ein solches Verfahren ist aber gefährlich bei einer Besetzung mit drei Richtern, wo der Vorsitzende und Referent die Sache vorher bbesprechen und der dritte Richter kaum einen Einfluß hat. Redner empfiehlt ferner, da, wo ein Amtsgerichtsbezirk Stadt und Land lumfasse, eeine Eintheilung nach Bezirken vorzunehmen, nicht nach Materien. Im Kreise der Justizverwaltung sind Erscheinungen hervorgetreten, die außerhalb dieser Kreise die größte Verwunderung erregt haben. Materiell will ich die gefällten Ürtheile nicht be⸗ mängeln; sie sind so lange richtig, bis sie von der oberen Instanz geändert werden. Es herrscht zuviel Subjectivismus. Ich will keine Namen nennen, aber es hat Befremden erregt, daß man im Publikum schon von vornherein sah, welcher Ansicht man am Richtertische war. Der Vorsitzende muß sich der größten Objectivität befleißigen und seine eigene Meinung zurückhalten, namentlich im Schwurgericht, wo die Geschworenen nach der Meinung des Vorsitzenden ausspähen. Wir haben gehört, daß Anträge abgelehnt sind mit verletzenden Bemerkungen, Urtheile publicirt sind mit Bemerkungen, die besser unter⸗ blieben wären, die aufgefaßt werden konnten als Invectiven gegen Außenstehende. Der Angeklagte soll als ein Verdächtigter behandelt werden, aber nicht wie einer, der schuldig ist. An dem Fehler mögen die Reichsgesetze schuld sein; es wird über die schwersten Verbrechen nur von drei Richtern geurtheilt, während früher in dieser Be⸗ ziehung größere Vorsicht geübt wurde. Zeugen sind gefragt worden, nicht über ihre Wahrnehmungen, sondern darüber, wie sie als Beamte dieses oder⸗ jenes verantworten können. Auch der Staatsanwalt ist in der Form seiner Anträge mit einer Schärfe vorgegangen, die nicht am Pla e war. Auch die Vertheidiger haben die hehre Aufgabe ihres Berufes sehr herabgesetzt. Sie sollen vertheidigen, aber dabei auch der Wahrheit und der Gerechtigkeit dienen. Es ist mir ein Bedürfniß gewesen, dies vorzubringen, damit es nicht heißt: über solche Vorkommnisse haben die Richter hier im Hause ge⸗ schwiegen. Die öffentliche Meinung will nicht im Gremium der Beamten, sondern auch öffentlich wissen, wie man in der höchsten Instanz denkt. Das wird für alle Richter wirksam sein, wenn sich auch zunächst nur ein Einzelner getroffen fühlt. Unser Justizdienst steht hoch genug, um eine Correctur an dieser Stelle zu vertragen.

Justiz⸗Minister Dr. von Schelling:

Meine Herren! Was die Vermehrung der Richterstellen anlangt, so bin ich im Princip mit dem Herrn Vorredner durchaus einver⸗ standen. Es entspricht dem Gedanken des Gerichtsverfassungs⸗Gesetzes, wonach das Richteramt durch ständige Richter wahrgenommen werden soll, daß die auf die Dauer erforderlichen Richterstellen auf den Etat gebracht und etatsmäßig besetzt werden. Ich habe meinerseits einen Plan dahin aufgestellt, welche Richterzahl erforderlich sein würde, um diesem Gedanken so weit gerecht zu werden, daß eine Heranziehung von Hilfsrichtern künftig nur noch in Vertretungs⸗ oder in anderen Nothfällen erforderlich wäre. Ich habe aber nicht die Erwartung gehegt, daß diese Richterzahl schon in dem lanfenden Etat vollständig auf den Etat gebracht werden könnte, zumal in einem Etatsjahre, welches so abnorm ungünstig ab⸗ schließt. Ich habe diese Erwartung um so weniger hegen können, als wir mit Mißständen zu kämpfen haben, welche schon seit länger als zehn Jahren bestehen.

Bei der Gerichtsorganisation von 1879 ist die zur Ausführung

derselben erforderliche Richterzahl zu knapp bemessen worden. Auch

in den nächsten Jahren ist nichts Wesentliches zur Vervollständigung der⸗ selben geschehen. Ich möchte sagen: was überhaupt geschehen ist, das war mit Ausnahme der letzten vier Jahre beinahe nichts. (Sehr richtig! rechts.) Nun, meine Herren, kam dazu, daß die gerichtlichen Geschäfte sich in einem früher nicht geahnten Maße gesteigert haben. Auf diese Weise ist der große Umfang des Hilfsrichterthums entstanden, den ich leb⸗ haft beklage. Die Staatsregierung der Herr Finanz⸗Minister mit eingeschlossen ist darüber einverstanden, daß diesen Uebelständen in energischer Weise Abhilfe geschaffen werden muß. Es sind deshalb 87 neue Richterstellen auf den Etat gebracht worden, darunter 21 höhere Stellen, und es ist wohl mit Sicherheit zu erwarten, daß wenigstens bei den Berliner Landgerichten, welchen diese Ergänzung hauptsächlich zu gute kommt, das Hilfsrichterthum auf ein verschwin⸗ dend kleines Maß wird zurückgeführt werden können. Insbesondere wird es möglich sein, in der Strafrechtspflege zu Berlin die Zuziehung dauernder Hilfsrichter zunächst gänzlich zu vermeiden.

Von der leider unerläßlichen Einschränkung der Stellenbewilli⸗ gung sind in erster Instanz die Amtsgerichte betroffen vorden, bei denen aber auch die Verwendung von Hilfsrichtern von geringeren Mißständen begleitet ist als bei den Landgerichten.

Ich resümire mich, meine Herren: ich habe nicht darauf rechnen können, daß die Richterzahl, welche ich für erforderlich halte, schon jetzt auf den Etat gebracht wird, ich habe der harten Pflicht der Sparsamkeit, die allen Dienstzweigen, und anderen vielleicht noch mehr wie dem der Justiz, auferlegt ist, mich unterwerfen müssen, ich habe darein willigen müssen, daß das vorhandene Bedürfniß nur stufenweise befriedigt werde; aber der Herr Finanz⸗Minister hat Ihnen bereits in der Rede vom 12. Januar dieses Jahres auseinandergesetzt, daß der heutige Etat noch keineswegs einen Abschluß für die Frage der Vermehrung der Richterkräfte bietet, er hat bereits darauf hingewiesen, daß in den nächsten Jahren wahrscheinlich noch mehr Vermehrungen werden gefordert werden. Ich kann dem meinerseits nur hinzufügen, daß ich an der Richterzahl, die ich für erforderlich erachte, nicht allein festhalte, sondern daß ich diese Richter⸗ zahl auch, wenn die Steigerung der Geschäfte so fortfahren sollte, wie es beinahe den Anschein gewinnt, noch erhöhen und mit allen Kräften dafür eintreten werde, daß die volle Verwirklichung dieser Forderung in den nächsten Etatsjahren stattfinde.

Der Herr Abg. Bödiker hat nun noch verschiedene andere Ausstellungen, welche in der Verwaltung der Rechtspflege hervor⸗ getreten sind, zum Gegenstand seiner Erörterung gemacht. Dieselben sind nicht spurlos an meinem Ohr vorübergegangen. Es wird sich vielleicht Gelegenheit finden, im Verlaufe der Etatsberathung noch auf den einen oder anderen der berührten Punkte näher einzugehen.

Auf eine Frage möchte ich aber schon jetzt antworten. Der Herr Abgeordnete hat hervorgehoben, daß in der neueren Zeit, namentlich in Strafgerichtsverhandlungen, Erscheinungen hervorgetreten seien, welche ein allgemeines Befremden hervorzurufen geeignet seien. Ich kann dem Herrn Vorredner nicht ganz Unrecht geben. Auch ich habe es lebhaft beklagt, daß die Gerichtssäle theilweise zum Schauplatz leidenschaftlicher Erregung gemacht worden sind. Ich bin meinerseits nicht berufen, eine Kritik über das Versahren der Gerichte auszuüben, wie auch der Herr Vorredner erklärt hat, daß er seinerseits nicht als Kritiker auftrete. Ich bin überzeugt, daß die leitenden Richter nach bestem Wissen und Gewissen bestrebt gewesen sind, die Ordnung aufrecht zu erhalten und dem Rechte zum Siege zu verhelfen; aber ich muß gestehen, daß die Verpflanzung des Parteihaders in die gerichtlichen Verhandlungen eine so betrübende Erscheinung ge⸗ wesen ist, daß ich doch kein Mittel habe unversucht lassen wollen, um der Wiederkehr solcher Erfahrungen vorzubeugen

Ich habe mich daher auch, wenn auch mit schwerem Herzen, ent . schlossen, den Versuch zu machen, durch eine an die Präsidenten er⸗

lassene Verfügung auf eine besonnene und nüchterne Leitung der Gerichtsverhandlungen von Seiten der Gerichtsvorsitzenden einzuwirken. (Bravo! rechts.) Da diese Verfügung bereits zur Kenntniß des Herrn

Vorredners wenigstens im allgemeinen gekommen zu sein scheint, so

habe ich keine Veranlassung, die vollständige Kenntniß dieser Ver⸗

fügung dem hohen Hause vorzuenthalten, und es wird am besten sein,

wenn ich unter der Voraussetzung. der Genehmigung des Herrn Prã

bringe. Sie lautet: Berlin, den 21. Dezember 1892. Die Unparteilichkeit des Richters soll sich auch in der strengen

Sachlichkeit des dem Richterspruch vorausgehenden Verfahrens be⸗

thätigen. In Strafsachen, welche zu den politischen oder socialen Parteikämpfen der Gegenwart in Beziehung stehen, ist diese Be⸗

thätigung besonders nothwendig, gerade hier aber mit Schwierig⸗ keiten verknüpft. Für den Angeschuldigten liegt in diesen Sachen die Versuchung nahe, die Vertheidigungsmittel, die ihm das Gesetz der Anklage gegenüber gewährt, in der öffentlichen Verhandlung nach außen hin zu benutzen, um die Anhänger seiner Be⸗ strebungen im Lande zu ermuthigen und zu vermehren. Es bedarf der ganzen Umsicht und Langmuth leitenden Richters, um einem solchen Verhalten gegen⸗ über einerseits jeden Schein einer Voreingenommenheit zu ver⸗ meiden und andererseits die Verhandlung über künstlich bereitete Hemmnisse hinwegzuführen und sie von den zur Sache nicht ge⸗ hörigen Erörterungen frei zu halten. 1

Zu der bewährten Hingebung der Gerichtsvorsitzenden darf das Vertrauen gehegt werden, daß sie sich bemühen werden, diesen An⸗ forderungen gerecht zu werden. Ich halte es jedoch für angemessen, auf einige Gesichtspunkte hinzuweisen, deren allgemeine Beobachtung für die Leitung der strafgerichtlichen Verhandlungen von Nutzen sein wird.

Vor allem empfehle ich die strenge Handhabung der Sitzungs⸗ polizei und die Durchführung einer der Würde des Gerichts ent⸗ sprechenden Rede⸗Ordnung. Wenn jeder bei der Versammlung Betheiligte die Mitglieder des Gerichtshofs nicht ausgeschlossen erst sprechen darf, nachdem er zum Worte zugelassen ist, werden die Aergerlichkeiten vermieden, zu denen ein frei verlaufendes Wechsel⸗ gespräch zu führen pflegt. Es soll damit nicht gesagt werden, daß der Vorsitzende sich auf die äußere Leitung der Verhandlung zu be⸗ schränken habe. Es ist vielmehr seine Pflicht, die Wahrheit zu ermitteln, und er wird es daher nicht vermeiden können, Zeugen und Angeschuldigte auf Widersprüche, Lücken und Unwahrscheinlich⸗ keiten hinzuweisen und andere zur Aufklärung der Sache geeignete Bemerkungen zu machen. Der Vorsitzende wird jedoch gut thun,

seine Vorhaltungen in die dem Ernst der Sache gebührende Form

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zu kleiden und auch da, wo Anlaß zu tadelnden Bemerkungen ge⸗ geben ist, sich jeder sarkastischen Färbung derselben zu enthalten. (Sehr gut! Bravo!) Unter allen Umständen hat er es zu ver⸗ meiden, eine Haltung anzunehmen, welche seine persönliche Stellung zur Schuldfrage als eine bereits feststehende erscheinen läßt. (Sehr gut! Bravo!)

Die Sachlichkeit in der Leitung der Verhandlung muß besonders gegenüber dem Vertheidiger beobachtet werden, in dessen Mitwirkung das Gericht ein wichtiges und nützliches Element der Findung materiell richtiger Entscheidungen zu erblicken hat. Aus dieser Auffassung von der Stellung des Vertheidigers im Strafverfahren entspringt aber auch die Pflicht des Vorsitzenden, im Einzelfalle auf die Einhaltung der der Vertheidigung gezogenen Grenzen bedacht zu sein. (Sehr gut!) Insbesondere muß einem Verhalten der Vertheidigung, welches die Würde des Gerichts oder die Ehre der an der Verhandlung betheiligten Personen beein⸗ trächtigt, mit Entschiedenheit entgegengetreten werden. (Bravo!) Im Laufe der Beweisaufnahme kann die Vertheidigung Anträge und nach Maßgabe der Strafprozeßordnung Fragen stellen; es ist ihr aber nicht zu gestatten, hieran Bemerkungen zu knüpfen, welche in den Schlußvortrag gehören; insbesondere ist der Vertheidiger nicht befugt, bei dieser Gelegenheit die Aussagen der Zeugen und deren Glaubwürdigkeit einer Beurtheilung zu unterwerfen oder durch Hereinziehung von persönlichen Verhältnissen, welche mit dem Gegenstand der Verhandlung nicht im Zusammenhange stehen, die Zeugen oder dritte Personen bloßzustellen. (Beifall.)

Eure Hochwohlgeboren ersuche ich, diese meine Auffassungen den zu Vorsitzenden der Strafgerichte ausgewählten Richtern zur Be⸗ achtung mitzutheilen.

Mit Bestimmtheit erwarte ich, daß nur solche Justizbeamte mir zur Beförderung in Präsidenten⸗ und Directorenstellen in Vor⸗ schlag gebracht werden, hinsichtlich deren eine hinreichende Beobach⸗ tung ergeben hat, daß sie die zur Erfüllung jener Anforderungen erforderlichen Eigenschaften besitzen. Auch ist thunlichst darauf hin⸗ zuwirken, daß bei der gemäß § 62 des Gerichtsverfassungsgesetzes den Präsidien obliegenden Geschäftsvertheilung die vorstehend an⸗ gegebenen Gesichtspunkte Berücksichtigung finden. (Lebhafter Beifall.)

Abg. Schmitz (Centr.) weist darauf hin, daß die Amtsanwalt⸗ schaften durch Assessoren versehen werden könnten, da die jetzt dazu verwendeten Communalbeamten nicht die geeigneten Plesönliche keiten sind.

Geheimer Ober⸗Justiz⸗Rath Lucas: Das System ist bereits zur Anwendung gebracht worden, namentlich in größeren Städten wie Danzig, Stettin, Altona, Frankfurt a. M., Magdeburg und in einigen kleinen Städten der Provinz Hannover. Aber es liegen gegen dieses

Die Amtsanwaltsgeschäfte setzen Kenntnisse des praktischen und des Polizeirechts voraus, die ein erfahrener Com⸗ in höherem Grade zu besitzen pflegt als ein junger Gerichts⸗Assessor. Die Communalbeamten sind bisher mit der Amtsanwaltschaft betraut gewesen und man kann sie nicht aus derselben entfernen. In kleinen Gemeinden rechnet der vielleicht schlecht besoldete Bürgermeister auf diese Nebeneinnahmen. Darauf muß Rücksicht genommen werden. Die Remunerationen, die dafür ausgesetzt werden, sind bei den kleinen Amtsgerichten, also bei der Mehrzahl, sehr gering: 200 400 ℳ, und das Geschäftspensum ist ein so geringes, daß die volle Arbeitskraft nicht ausgefüllt wird; eine Verwendung als richterlicher Beamter ist aber ausgeschlossen. Einen Assessor als Amtsanwalt bei mehreren Gerichten anzustellen, ist wegen der zahlreichen schleunigen Geschäfte nicht thunlich. Die langjährige Beschäftigung der Assessoren mit den zum theil sehr kleinlichen Amtsanwaltsgeschäften, würde deren Ausbildung stören; deshalb ist an eine Ausdehnung ihrer Anstellung als Amtsanwalte nicht zu denken.

Abg. Brandenburg (Centr.): Bei unserer schreibseligen Zeit ist es ja nicht verwunderlich, daß auch bei der Justiz die Reseripte vom Himmel herabregnen, obgleich sie hierbei am wenigsten an⸗ gebracht sind. Gewiß, die schnelle Erledigung der gerichtlichen Arbeiten ist zu wünschen, aber solche Vorschriften dürfen nicht in Einzel⸗ heiten eingehen und sie dürfen nicht die Autorität des Richters gegen⸗ über den Unterbeamten und sein Unabhängigkeitsgefühl gegenüber dem Gerichts⸗Präsidenten abschwächen. Ich denke dabei nicht an die Tendenz, sondern nur an den Effect solcher Verfügungen.

Abg. Rickert (dfr.) spricht seine Befriedigung darüber aus, daß der Justiz⸗Minister in den nächsten Jahren eine weitere Vermehrung der Richterstellen vornehmen will. Nach der Erklärung des Finanz⸗ Ministers wird das ja auch wohl möglich sein. Wir werden die Er⸗ füllung dieses Versprechens herbeizuführen suchen. Wir können dem Justiz⸗Minister dankbar sein, daß er den in letzter Zeit hervorgetre⸗ tenen Erscheinungen im Strafgerichtsverfahren entgegengetreten ist. Seine Verfügung steht vollständig auf dem Boden der Gerichtsgesetz⸗ gebung. Wir können also dagegen nichts einzuwenden haben. Wir hoffen, daß sie von guter Wirkung sein wird. Darauf können wir aber wohl heute noch nicht eingehen. Wir machen vielleicht einen Vorbehalt in Bezug auf die Sätze, welche sich auf die Verthei⸗ digung beziehen. Alle Parteien haben das Interesse, daß das Ver⸗ trauen auf die Unparteilichkeit der Richter und die Gerechtigkeit der Urtheile nicht erschüttert, daß die Würde der Gerichte aufrecht er⸗ halten wird.

Abg. Czwalina (dfr.): Mit der Vermehrung der Richterstellen bin ich einverstanden, aber nicht mit der Begründung des Abg. Bödiker, der einen einzelnen Fall vorgetragen hat, der wohl nicht maßgebend sein kann, der aber außerdem auch sehr unwahrscheinlich erscheint. Wenn wirklich bei einer Besetzung mit drei Richtern nur zwei von der Sache Kenntniß genommen und entschieden haben, wäh⸗ rend der dritte einfach unterschrieben hat, so ist das eine pflichtwidrige Handlung, dagegen würde auch die Vermehrung der Richterstellen nicht helfen.

Abg. Freiherr von Minnigerode⸗Rossitten (cons.): Als Laie kann ich auch nur feststellen, bac manche der gerichtlichen Vorgänge

kann. Lebens munal⸗ oder Polizeibeamter

nicht gestärkt haben. Deshalb war die Verfügung des Justiz⸗Ministers wohl am Platz und ist geeignet, das Vertrauen wiederherzustellen.

Abg. Nadbyl (Centr.) kommt auf verschiedene Fragen zurück, in Bezug auf welche schon früher Erhebungen eingeleitet worden sind. Zunächst auf die Verschiedenheit der Gebühren für die Acte frei⸗ williger Gerichtsbarkeit in den verschiedenen Landestheilen und auf die Frage: ob die Kompetenz der Amtsgerichte erweitert werden soll, und zwar reichsgesetzlich oder durch einzelstaatliche Gesetzgebung. Redner bringt dann eine Verfügung des Ober⸗Landesgerichts⸗Präsidenten von Breslau über die Kleidung der Rechtsanwalte zur Sprache. Diese habe dahin geführt, daß die Landgerichts⸗Präsidenten den Amts⸗ richtern überlassen haben, über die Kleidung der Rechtsanwalte Vor⸗ schriften zu erlassen. Das sei gesetzlich nicht zulässig. In Schlafrock und Pantoffeln würden die Rechtsanwalte vor dem Schöffengericht wohl nicht erscheinen; wenn sie aber in einem hellen Anzuge ver⸗ theidigen, so sei darin nichts Schlimmes zu finden.

Geheimer Justizrath Vierhaus: Ueber die zuerst berührte Frage ist eine Umfrage veranstaltet, welche sehr umfangreiches Material ergeben hat, so daß die Aufstellung eines Entwurfs der Gebührenordnung noch nicht ausgearbeitet werden konnte. Ueber die Kompetenz der Amtsgerichte gingen die Meinungen aus⸗ einander, ob man 300 oder 450 als Grenze der Kompetenz fest⸗ stellen solle. Es wurde die ö auf 300 allgemein nur als ein Versuch bezeichnet. er Justiz⸗Minister hat deshalb eine Umfrage gehalten, auf die erst eine einzige Antwort eingegangen ist, weil die Anwaltskammern zur Beantwortung dieser wichtigen Frage Generalversammlungen einberufen haben. Eine Stellung⸗ nahme des Justiz⸗Ministers zu dieser Frage ist in der Umfrage nicht enthalten, er ist aber der Meinung, daß eine Rege⸗ lung für das ganze Reich erfolgen müsse. Die Vorschrift über die Kleidung der Rechtsanwalte bezieht sich nur auf die Landgerichte und die Ober⸗Landesgerichte; daran etwas zu ändern, ist nicht Absicht des Ministers, dem die getadelte Verfügung unbekannt ist.

Abg. Schmidt⸗Warburg (Centr.) begrüßt es mit Freuden, daß namentlich für Berlin eine erhebliche Vermehrung der Zahl der Richter stattgefunden hat, so daß die Zahl der Hilfsrichter sich vermindern wird. Es sind 7 Directoren, 20 Landrichter und 14 Amts⸗ richter mehr in den Etat eingestellt, allein das bildet nur die Hälfte des wirklichen Bedürfnisses; es bleiben immer noch 33 Stellen zu besetzen, die durch Hilfsrichter dauernd versehen werden. Von den vorübergehend durch Hilfsrichter zu versehenden Stellen ist dabei garnicht die Rede. Redner bemängelt, daß die neuere Gerichts⸗ gesetzgebung den Amtsrichtern die Gerichtskostenfestsetzung aufgebürdet hat, die wohl eher den Gerichtsschreibern zufallen müßte.

Abg. Simon von Zastrow (cons.) hält es doch für richtig, daß der Amtsrichter das Recht hat, auf Grund der Sitzungspolizei ü88 Erscheinen eines Rechtsanwalts in auffälliger Kleidung zu ver⸗ indern.

Abg. Nadbyl (Centr.): In Hemdsärmeln wird kein Rechts⸗ anwalt erscheinen, er wird immer anständig gekleidet sein und dann hat der Amtsrichter nicht das Recht, ihm Vorschriften zu machen.

Das Gehalt des Ministers wird darauf bewilligt, ebenso die Ausgaben für das Ministerium und für die Justizprüfungscommission.

Kopfschütteln im Lande erregt und das Vertrauen in die Gerichte

Um 3 ½¼ Uhr wird die weitere Berathung vertagt.

System auch Bedenken vor, sodaß es nicht gut ausgedehnt werden

1. Untersuchungs⸗Sachen. 1

2. Aufgebote, Zustellungen u. dergl. 3. Unfall⸗ und Invaliditäts⸗ ꝛc. Versicherung. 4. Verkäufe, Verpachtungen, Verdingungen ꝛc.

5. Verloosung ꝛc. von Werthpapieren.

SDeffentlicher Anzeiger.

6. Pememndtt. Gesegscsasben auf Aktien u. Aktien⸗Gesellsch. 7. Erweerbs⸗ und Wirthschafts⸗Genossenschaften.

8. Niederlassung ꝛc. von Rechtsanwälten. 8

9. Bank⸗Ausweise.

10. Verschiedene Bekanntmachungen.

1) Untersuchungs⸗Sachen.

Steckbrief.

Gegen den Metzgergesellen Gustav Baumeister, 21 Jahre alt, welcher flüchtig ist, ist die Unter⸗ suchungshaft wegen Betruges verhängt. Es wird er⸗ sucht, denselben im Betretungsfalle zu verhaften, dem nächsten Amtsgericht einzuliefern und dem unterzeich⸗ neten Amtsgericht zu den Strafacten wider Bau⸗ meister II D. 727/92 von der Verhaftung Mitthei⸗ lung zu machen. 1

Tilsit, den 19. Januar 1893.

Königliches Amtsgericht. II.

rolle,

treffende b bedingungen kön

Zeit der Eint nicht egn rungen von [64128] Steckbriefs⸗Erneuerung. 8 Der unterm 23. Juni 1891 hinter den Arbeiter Fankges ode

richtsstelle, Neue Friedrichstr. 13, Hof, Flügel C., part., Saal 40, versteigert werden. Das Grundstück ist bei einer Fläche von 5 a 44 qm mit 3340 Nutzungswerth zur des Gebäudesteuer veranlagt. Auszug aus der Steuer⸗ beglaubigte Abschrift des Grundbuchblatts, etwaige Abschätzungen und andere das Grundstück be⸗ Nachweisungen

Zimmer 41, eingesehen werden. Alle Realberechtigten werden aufgefordert, die nicht von selbst auf den Ersteher übergehenden Ansprüche, deren Vorhanden zu Fümmelse, Klägers, wider den Brir Behrens und dessen Ehefrau, Conradine, geb. Basse, wegen forderung nebst Kosten, wird, nachdem auf Antrag des Klägers die Beschlagnahme des den Beklagten No. sammt Zubehör, Band I. Blatt 35,

sein oder Betrag aus

hervorging, Kapital,

eigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe Kl.

Grundstücks tritt. Zuschlags wird am Nachmittags 12 ¾ Uhr, an

sowie besondere Kauf⸗ Königliches Amtsgericht I.

nen in der Gerichtsschreiberei ebenda, [64283]

dem Grundbuche zur des Versteigerungsvermerks derartige Forde⸗ wiederkehrenden Ver⸗

ragung

insbesondere

Zinsen, spätestens im

in Kl. Stöckheim, Beklagte,

r Kosten, gehörigen Brinksitzerwesens

Stöckheim

in Bezug, auf den Anspruch an die Stelle des Das Urtheil über die Ertheilung 24. März 1893, Gerichtsstelle, wie oben angegeben, verkündet werden.

Berlin, den 17. Januar 1893. Abtheilung 88.

In Sachen des Kothsassen Christian Fübe en

[64292] Aufgebot.

Der Kaufmann Jacob Hermann Epstein, in Fa. J. H. Epstein dahier, hat das Aufgebot von zwei von dem Königl. Hauptsteueramt dahier am 20. Dezember 1887 ausgestellten Niederlagescheinen Nr. 318 und bezw. 319 des Niederlageregisters, lautend über je 1 Kollo gefärbtes Leder, gezeichnet Eppstein J. H. E. 2 und Eppstein J. H. E. 1, be⸗ antragt. Der Inhaber der Urkunde wird auf⸗ gefordert, spätestens in dem auf den 16. Sep⸗ tember 1893, Vormittags 10 Uhr, vor dem unterzeichneten Gerichte, Zimmer 29, anberaumten Aufgebotstermine seine Rechte anzumelden und die Urkunde vorzulegen, widrigenfalls die Kraftlos⸗ erklärung der Urkunde erfolgen wird.

Frankfurt a. M., den 17. Januar 1893. Königliches Amtsgericht. IV.

itzer Carl Zinsen⸗Rest⸗

ass. 19 m eingetragen im

sidenten diese Verfügung durch Vorlesung zur Kenntniß des Hauses

Robert Arndt in den Acten J. 987/91 erlassene Steckbrief wird hierdurch ernéuert. Potsdam, den 21. Januar 1893. Königliche Staatsanwaltschaft

[64131]1 Steckbriefs⸗Erledigung. Der unterm 23. Februar 1888 hinter den Knecht Joachim Heinrich Ferdinand Buls aus Altona er⸗ lassene Steckbrief (Stück Nr. 58110 de 1888) ist erledigt. Altona, den 14. Januar 1893. Der Erste Staatsanwalt. [64130] Berichtigung. 8 Der in den Acten 92 D. 469. 90 erlassene Steck⸗ brief vom 16. Juli 1891 hinter den Arbeiter Rein⸗ hold Rosenau, nicht Rosenow, wird hierdurch zurückgenommen. Berlin, den 19. Januar 1893. Königliches Amtsgericht I. Abtheilung 133.

[59534] Der Schuhmacher Paul am 16. Februar 1854 zu letzter Aufenthalt Nowawes, z. Aufenthaltsortes, wird beschuldigt, als mann der Landwehr ohne Erlaubniß aus⸗ ewandert zu sein, Uebertretung gegen § 360. Rr. 3 des Strafgesetzbuchs. Derselbe wird auf Anordnung des Königlichen Felchr. hierselbst auf den 17. März 1893, Vormittags 9 Uhr, vor das Königliche Schöffengericht zu Potsdam, Lindenstraße 54, zur Hauptverhandlung geladen. Bei unentschuldigtem Ausbleiben wird derselbe auf Grund der nach § 472 der Strafprozeßordnung von dem Königlichen Landwehr⸗Bezirks⸗Commando zu Steglitz ausgestellten Erklärung verurtheilt werden. Potsdam, den 19. Dezember 1892. (L. S.) Balke, Gerichtsschreiber des Königlichen Amtsgerichts. Abtheilung V.

errmann, geboren chnellewalde⸗Neustadt, Zt. unbekannten Wehr⸗

2) Aufgebote, Zustellungen und dergl.

[64282] Zwangsversteigerung. 1

Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das im Grundbuche von den Umgebungen Berlins im Nieder⸗ barnimschen Kreise Band 30 Nr. 1536 auf den Namen des Kaufmanns Theodor Dechel hier ein⸗ Ptragene, in der Soldinerstraße Nr. 27 belegene

von Geboten anzumelden und, falls der betreibende Gläubiger widerspricht, dem Gerichte glaubhaft zu machen, widrigenfalls dieselben bei Feststellung des geringsten Gebots nicht berücksichtigt werden und bei Vertheilung des Kaufgeldes gegen die berücksichtigten Ansprüche im Range zurücktreten. Diejenigen, welche das Eigenthum des Grundstückes beanspruchen, werden aufgefordert, vor Schluß des ee termins die Einstellung des Verfahrens herbeizuführen, widrigenfalls nach erfolgtem Zuschlag das Kaufgeld in Bezug auf den Anspruch an die Stelle des Grund⸗ stücks tritt. Das Urtheil über die Ertheilung des Zuschlags wird am 8. April 1893, Nach⸗ mittags 12 ½ Uhr, an Gerichtsstelle, wie oben, verkündet werden.

Berlin, den 14. Januar 1893.

Königliches Amtsgericht I. Abtheilung 86.

[64281] Zwangsversteigerung.

Im Wege der Zwangsvollstreckung soll das im Grundbuche von Alt.Schöneberg Band 32 Nr. 1296 auf den Namen des Tischlermeisters Hermann Günther zu Berlin eingetragene, in der Straße 12 a. Nr. 11 belegene Grundstück am 24. März 1893, Vormittags 10 ¾ Uhr, vor dem unterzeichneten Gericht, an Gerichtsstelle, Neue Friedrichstraße Nr. 13, Hof, Flügel C., Erpgescho Saal 40, versteigert werden. Das Grundstück ist mit 5,73 Reinertrag und einer Fläche von 6 a 94 qm zur Grundsteuer, zur Gebäudesteuer dagegen nicht veranlagt. Auszug aus der Steuerrolle, beglaubigte Abschrift des Grundbuchblatts, etwaige Abschätzungen und andere das Grundstück be⸗ treffende Nachweisungen, sowie besondere Kauf⸗ bedingungen können in der Gerichtsschreiberei ebenda, Flügel D., Zimmer 17, eingesehen werden. Alle Realberechtigten werden aufgefordert, die nicht von saüb auf den Ersteher übergehenden Ansprüche, eren Vorhandensein oder Betrag aus dem Grund⸗ buche zur Zeit der Eintragung des Versteigerungs⸗ vermerks nicht hervorging, insbesondere derartige Forderungen von Kapital, Zinsen, wiederkehrenden Hebungen oder Kosten, spätestens im Versteigerungs⸗ termin vor der Aufforderung zur Abgabe von Ge⸗ boten anzumelden und, falls der betreibende Gläubiger widerspricht, dem Gerichte 91r zu machen, widrigenfalls dieselben bei Feststellung des geringsten Gebots nicht berücksichtigt werden und bei Verthei⸗ lung des Kaufgeldes gegen die berücksichtigten An⸗ sprüch e im Range zurücktreten. Diejenigen, welche as Uanesebann des Grundstücks beanspruchen, werden aufgefordert, vor Schluß⸗ des Versteigerungstermins

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rundstück am 8. April 1893, Vormittags 10 ½ Uhr, vor dem unterzeichneten Gericht, an Ge⸗

die instellung des Verfahrens dbe hefüfgec widrigenfalls nach erfolgtem Zuschlag das Kaufgeld

Grundbuche gedachten Ortes, zum Zwecke der Zwangsversteigerung durch Beschluß vom 10. Januar 1893 verfügt, 8. die Eintragung dieses Beschlusses im Grundbuche am 10. Januar 1893 erfolgt ist, Termin zur Zwangsversteigerung auf Montag, den 1. Mai 1893, Nachmittags 4 Uhr, vor Herzoglichem Amtsgerichte Riddags⸗ hausen auf dem sog. „Seß Weghause“ zu Kl. Stöckheim angesetzt, in welchem die Hypothek⸗ gläubiger die Hypothekenbriefe zu überreichen haben. Braunschweig, den 20. Januar 1893. Herzogl. Amtsgericht Riddagshausen.

Kulemann.

[64294] Bekanntmachung. In Sachen des Lehrers Robert Pabst in Ellrich, Klägers, gegen den Fuhrherrn W. Neugebohren hier⸗ selbst, Betlagten, wegen Forderung, wird, nachdem auf Antrag des Klägers die Beschlagnahme des dem Beklagten gehörigen Wohnhauses No. ass. 99 nebst Stallung auf der Kirschwiese, Nr. 3 des Bebauungs⸗ planes, von Plan Nr. 5 a., b. Hofraum 3 a 80 qm, Garten 2 a 83 qm zum Zwecke der Zwangsver⸗ steigerung durch Beschluß vom 16. Januar 1893 verf t, auch die Eintragung dieses Beschlusses im Grundhuche am 16. Januar 1893 erfolgt ist, Termin zur Zwangsversteigerung auf Sonnabend, den 29. April 1893, Morgens 10 Uhr, vor Herzoglichem Amtsgerichte Walkenried angesetzt, in welchem die Hypothekgläubiger die Hopothetsabriefe zu überreichen haben. Walkenried, den 16. Januar 1893. Herzogliches Amtsgericht. Voges.

b

[64278] 1 .“ Der Amtsgerichts⸗Secretär Hotop

G L hat das Aufgebot des ihm von Königlicher Justiz⸗Haupt⸗ kasse zu Celle über Niederlegung des consolidirten

4 % Staats⸗Anleihescheins de 1884 Litt. F. Nr. 756 291 über 300 als Dienstcaution aus⸗ gestellten Cautionsempfangsscheins vom 18. Sep⸗ tember 1886 beantragt. Der Inhaber des Scheins wird aufgefordert, qpztestens in dem auf den 18. September 1893, Vormittags 10 Uhr, vor dem unterzeichneten Gerichte anberaumten Auf⸗ ebotstermine seine Rechte anzumelden und den Fcein vorzulegen, widrigenfalls die Kraftloserklärung des Scheins erfolgen wird. Reinhausen, den 19. Januar 1893. Königliches Amtsgericht. II.

d Carstens.

[63814] Aufgebot. 8

Die unverehelichte Metta Busch zu Neuenfelde hat das Aufgebot des verloren gegangenen, auf ihren Namen lautenden Spartassenkuches der Sparkasse der Stadt Buxtehude Nr. 10 790 über 1062,64 beantragt. Der Inhaber der Urkunde wird auf⸗ gefordert, spätestens in dem auf den 1. August 1893, Vormittags 11 Uhr, vor dem unter⸗ zeichneten Gerichte, 1, anberaumten gebotstermine seine Rechte anzumelden und Urkunde vorzulegen, widrigenfalls die Kraftlos⸗ erklärung der Urkunde erfolgen wird.

Buxtehnde, den 16. Januar 1893.

Königliches Amtsgericht. I.

[64287 Bekanntmachung. 8

Es ist bei uns das Aufgebot des Wechsels, d. d. Zeitz, den 15. Dezember 1892, über 113 62 ₰, fällig am 1. April 1893 und zahlbar in Zeitz beim Bankgeschäfte F. M. Müller, gezogen vom Zimmermeister Hugo Schunke in Zeitz auf den Tischlermeister Wilhelm Reichardt daselbst und von letzterem angenommen, welcher abhanden gekommen ist, beantragt worden. Der Inhaber des Wechsels wird aufgefordert, seine Rechte spätestens in dem auf den 18. September 1893, Vormittags 9 ½ Uhr, vor dem unterzeichneten Gerichte, Zimmer Nr. 5, anberaumten Termine geltend zu machen und den Wechsel vorzulegen, widrigenfalls derselbe für kraftlos erklärt werden wird. . 1

Zeitz, den 16. Januar 1893.

Königliches Amtsgericht.

[44821] Bekanntmachung.

Das Sparkassenbuch der städtischen Sparkasse zu Schwedt Nr. 18691, ausgestellt für die unverehelichte Marie Schulz, z. Z. zu Wollin i. P., über 89 ℳℳ 33 lautend, ist angeblich verloren gegangen und soll auf den Antrag der Eigenthümerin desselben zum Zwecke der neuen Ausfertigung für kraftlos erklärt werden. 1

Es wird daher der Inhaber dieses Sparkassen buchs aufgefordert, spaͤtestens im Termine

dem unterzeichneten Gericht, Zimmer Nr. 2, sein Rechte anzumelden und das Sparkassenbuch vor zulegen, widrigenfalls die Kraftloserklärung desselben erfolgen wird. Schwedt, den 29. Oktober 1892 Königliches Amtsge

am 30. Mai 1893, Vormittags 11 Uhr, dei

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