1893 / 24 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 27 Jan 1893 18:00:01 GMT) scan diff

9

4 Cymbelin).

8

haus.

Nürnberg. 1 Hene

Tetz fang 6 ½ Uhr.

Scchwarzburg⸗Sondershausen.

Berlin

nach

feier Seiner Majestät des Kaisers

kehren. Reuß ä. L.

+ Seine Durchlaucht der Fürst hat sich gestern früh

nach Berlin begeben. Reuß j. L.

1“

Seine Durchlaucht der Erbprinz hat sich zur Feier des Geburtstags Seiner Majestät des Kaisers nach Berlin be⸗

geben.

Oesterreich⸗Ungarn.

Laut Veröffentlichung im „Armee⸗Verordnungsblatt“ hat er Kaiser den Herzog Albrecht von Württemberg zum.

Major im 4. Dragoner⸗Regiment ernannt. Das

Graf Welserheimb die Schwierigkeiten der Concurrenz des Kleingewerbes mit den Großbetrieben bei Heereslieferungen und erklärte, die Armee halte die Nationalität hoch, unterdrücke nicht den nationalen Charakter, sie suche diesen vielmehr zu heben. In der Armee herrsche in dieser Beziehung keine Unzufriedenheit. Der Gebrauch des Deutschen als Armeesprache fe nicht als Unterdrückung der Nationalitäten anzusehen. Das Schlagwort von der Germanisation sei falsch.

Großbritannien und Irland.

Nach einem der „Köln. Ztg.“ aus London zugegangenen Telegramm würden die die Selbstverwaltung betonenden Maß⸗ regeln Riaz Paschas dort nicht in einem für England freundlichen Sinne aufgefaßt, man besorge, daß auch er für eine den englischen Interessen widerstrebende Politik ge⸗ wonnen sei.

Am Mittwoch empfingen der Kanzler der Schatz⸗ kammer Sir W. Vernon Harcourt und der Präsident des vee- Mundella eine Deputation, welche die Ein⸗ ührung des Decimalsystems für Geld, Maße und Gewichte empfahl. Der Schatzkanzler erwiderte, in der Theorie sei er selbst dafür, aber bei der Revolutionirung so lange schon bestehender Verhältnisse seien zu große Schwierig⸗ keiten zu überwinden, als daß er Hoffnung darauf machen könne, daß die Regierung eine solche Reform in die Hand nehmen werde.

Rußland. Der „Grashdanin“ bespricht, wie St. Petersburg meldet, in sympathischen Ausdrücken den außergewöhnlich festlichen Empfang des Groß⸗ fürsten⸗Thronfolgers in Berlin, der das Bestehen

ͤ We aus

Seine Durchlaucht der Fürst hat sich zur Geburtstags⸗ . begeben und wird von dort am 28. d. M. nach Sondershausen zurück⸗

österreichische Abgeordnetenhaus hat in seiner gestrigen Sitzung, wie „W. T. B.“ berichtet, das Budget der Landesvertheidigung angenommen. Im Laufe der Debatte betonte der Minister für Landesvertheidigung

äusern Europas von neuem bethätige, und erblickt in dieser Aufnahme des Großfürsten⸗Thronfolgers eine Gewähr für die Aufrechterhaltung des Weltfriedens.

Italien.

In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer erklärte dem „W. T. B.“ zufolge der Minister⸗Präsident Giolitti in seiner Beantwortung der Anfragen über die Emissionsbanken: bei der Revision hätten sich bei der „Banca Romana“ das Fehlen großer Summen, schwere Fehler der Bankgebahrung und ein mißbräuchlicher Notenumlauf in Höhe von 65 Millionen ergeben. Der General⸗Anwalt habe den Gouverneur Tanlongo und den Kassirer Lazzaroni wegen betrügerischen Vorgehens, mißbräuchlicher Noten⸗ emission und falscher Darstellung der Situation der „Banca Romana“ verhaften lassen. Behufs Regelung des Noten⸗ umlaufs habe die Regierung die Verschmelzung der Emissions⸗ banken gesichert, sie werde nach beendigter Revision einen SI über die Emissionsbanken vorlegen und die Schuldigen, wer immer sie seien, belangen. Ein An⸗ trag auf parlamentarische Enquéste würde ein Miß⸗ trauensvotum gegen das Cabinet bedeuten, welches fest entschlossen sei, seine 8 zu thun. Rudini wünschte die Beurtheilung des Vorgehens des gegenwärtigen und des früheren Cabinets und hielt die parlamentarische Enquéête für nothwendig. Der Minister⸗Präsident Giolitti entgegnete, die Enquête würde die Justizbehörde behindern. Rudini be⸗ stand auf einer parlamentarischen Enquête. Der Justiz⸗Minister Bonacci bestätigte die Erklärungen Giolitti's und versicherte, das Parlament und das Land könnten Vertrauen zu der Un⸗ abhängigkeit der Justiz haben. Hierauf begründeten die Inter⸗ pellanten ihre Anfragen. Die Berathung wird heute fort⸗

gesetzt. Afrika.

Wie dem „Standard“ aus Sansibar gemeldet wird, hat sich das Befinden des Sultans gebessert. Aus Besorgniß vor Unruhen unter den Arabern habe jedoch das eng⸗ lische Kanonenboot „Philomel“ Kanonen gelandet, und Sicherheitsmaßregeln seien zur Aufrechterhaltung der Ruhe

Parlamentarische Nachrichten.

Die Berichte über die gestrigen Sitzungen des Reichs⸗ tags und des Hauses der Abgeordneten ebefinden sich in der Zweiten Beilage.

Die X. Commission des Reichstags zur Vorberathung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend Ergänzung der Bestimmungen über den Wucher, besteht aus folgenden Abgeordneten: Freiherr von Buol⸗Berenberg, Vorsitzender; Graf von Holstein, Stellvertreter des Vorsitzenden; Dr. von Bar⸗ Bödiker, Brandenburg, Büsing, Dr. von Dziembowski⸗Pomian, Frohme, Dr. Giese, Dejanicz von Gliszezynski, Freiherr von Gültlingen, Schriftführer; Hitze, Dr. Horwitz, Letocha,

herzlicher Beziehungen zwischen den beiden mächtigsten Herrscher⸗

Dr. von Marquardsen, Munckel, Rintelen Freiberr von Schlei 1 1 2 28 Freiherr. Schleinitz Dr. Schneider (Nordhausen), Stadthagen, Schriftführer; Traach⸗

Die XlI. Commission des Reichstags zur Vorberath des Entwurfs eines Gesetzes gegen den . milikerathung Gehe imnisse besteht aus folgenden Abgeordneten: Dr. von Mar⸗ qguardsen, Vorsitzender; Graf von Holstein, Stellvertreter des Vor⸗ sitzenden; Dr. von Bar, Baumbach (Altenburg), Bohtz, Graf von Douglas, Fritzen (Koblenz), Greiß, von Koscielski, Lauck, Dr. Graf von atuschka, Schriftführer; Molkenbuhr, Schriftführer; von Nor⸗ mann, Dr. Osann, Pflüger (Baden), Schmieder, Schneider (Hamm) Schröder, Schultze, Wenders, Wenzel. .

Die Steuerreformcommission des Hauses der Ab⸗ geordneten setzte gestern Abend die Berathung des Communal⸗ abgabengesetzes fort. § 23 bestimmt, daß den Gewerbesteuern in den Gemeinden unterliegen: die stehenden Gewerbe, landwirthschaft⸗ lichen Branntweinbrennereien, Bergbau, Torfstiche, Steinbrüche und dergl., ferner als Nr. 5 die Gewerbebetriebe communaler und öffentlicher Verbände und als Nr. 6 die Ge⸗ werbebetriebe des Staats und der Reichsbank. Zu Nr. 6 wurde auf Antrag des. Abg. von Buch (conf.) folgender Zusatz angenommen: „mit Ausnahme der zu gemein⸗ nützigen Zwecken dienenden Geld⸗ und Creditanstalten, als Sparkassen, Landes⸗Creditanstalten, Landescultur⸗Rentenbanken Bezirks⸗ und Provinzial⸗Hilfs⸗ und Darlehnskassen u. s. w.“ zu Nr. 5 wurde folgende, vom Abg. Schlabitz und Genossen (freiconf.) beantragte Resolution angenommen: „Die Regierung zu er⸗ suchen, ohne Verzug die geeigneten Schritte zu unternehmen, um zu ermöglichen, daß die Gewerbebetriebe des Reichs zu den Gemeindeabgaben in demselben Umfange wie diejenigen des Staats herangezogen werden.“ Der Finanz⸗Minister Dr. Miquel erklärte übrigens, daß ein derartiges Gesetz beabsichtigt sei und dem⸗ nächst dem Bundesrathe zugehen werde. Außerdem wurde noch folgende, vom Abg. Dr. Meyer (dfr.) vorgeschlagene Resolution angenommen: „Die Regierung zu ersuchen, baldmöglichst einen Gesetzentwurf vorzulegen, welcher die Begründung und den Geschäftsbetrieb der Sparkassen regelt.“ § 23 selbst wurde mit dem oben erwähnten Amendement von Buch angenommen, ebenso § 24 (Gewerbesteuern können in Procenten der vom Staate veranlagten Gewerbesteuer oder als besondere Steuern erhoben werden.) Zu § 25 (eventuelle Zulässigkeit einer verschiedenen Ab⸗ stufung der Gewerbesteuersätze) wurde folgender, vom Abg. Schlabitz (freicons.) vorgeschlagener Zusatz angenommen: „Ebenso ist eine ver⸗ schiedene Abstufung der Sebeen mit Rücksicht auf eine über den Maßstab der staatlichen Gebäudesteuer hinausgehende Besteuerung der gewerblichen Gebäude oder auf die Heranziehung der gewerblichen Räume zu einer Miethssteuer zulässig“. 8

Nr. 3A des „Centralblatts der Bauverwaltung“, herausgegeben im Ministerium der öffentlichen Ar. beiten, vom 25. Januar, hat folgenden Inhalt: Fahrstraßen⸗Ent⸗ rieglung durch das Zug⸗Schlußzeichen. Vermischtes: Modell zum Kaiser Wilhelm⸗Denkmal für Berlin. Wettbewerb für das Kaiserin Augusta⸗Denkmal in Koblenz. Wettbewerb für den Plan zu einer Synagoge in Königsberg i. Pr. Ausbildung tüchtiger Bahnunter⸗ haltungs⸗Arbeiter in Amerika. Inhalt von Heft I bis III der Zeitschrift für Bauwesen 1893.

(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten, Zweiten und Dritten Beilage.)

Wetterbericht vom 27. Januar, 8 Uhr Morgens.

sp. llim.

Scene Anfang 7 Uhr. Sonntag:

exe. Oper

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Stationen. Wind. Wetter.

Bar. auf 0 Gr. u. d. Meeres

red. in Me

Mullaghmore 5 bedeckt Aberdeen.. Aheiter Christiansund 3 balb bed. Kopenhagen. 2 Dunst Stockholm 2 Nebel Haparanda. 2 bedeckt St Petersburg 772 heiter LW Moskau... stilll wolkenlos Cork, Queens⸗ Cherbourg. lder

Ober⸗Regisseur

bild von Emil

von wolkig historisches wolkenlos wolkig 3 Regen

T1111““ bedeckt

mburg .. winemünde Dunst Neufahrwasser bedeckt O. Z bedeckt Regen ünster .. bedeckt Karlsruhe .. Nebel Wiesbaden bedeckt München . wolkenl. ) Chemnitz .. wolkenl. ²) Berlin... 2 bedeckt ²) Wien... wolkenlos Breslau .. bedeckt le d'Aix. 2 wolkig iga .. ZRegen Triest .. sttill bedeckt

Tod.

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Abends 7 ½ U

Abends 7 ½ Uhr:

fang 7 ½ Uhr. ¹) Neblig. ²) Nebel, Reif. ³) Reif. 8n

Uebersicht der Witterung.

„Mit Ausnahme der nordwestlichen Länder Europas ist über dem ganzen Erdtheil der Luftdruck ein hoher. Das Maximum im Osten Rußlands hat an Intensität zugenommen. Während das gestern er⸗ wähnte Minimum über dem norwegischen Meere Sinn. nordostwärts abzieht, naht im Westen eine neue Depression heran. Bei schwachen südlichen Winden ist in Deutschland das Wetter vorwiegend trübe, stellenweise neblig, es ist daselbst meist wieder Frost eingetreten. Niederschläge werden nur vereinzelt und zwar von der Küste gemeldet. Deutsche Seewarte.

mzxaaAEx Fnxxn 7 Uhr.

8 Theater⸗Anzeigen.

Königliche Schauspiele. Sonnabend: Opern⸗ 25. Vorstellung. Die Meistersinger von

Große Oper in 3 Acten von 9 8 In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur aff. Dirigent: Kapellmeister Weingartner. An⸗

jerauf: iqnet.

Sonntag:

Imogen Pont⸗Biquet.

piel in 5 Ar

Schauspielhaus. 28. Peee Romantisches Schau

zügen von W. Shehe. der Hertzberg'schen

Bühne bearbeitet von H. Bulthaupt. Handlung gehörende Musik von A. Dietrich. In hesßt vom

Opernhaus.

Text nach Arthur Fitger's Drama „Die Hexe“, über⸗ setzt von Mary von Borch. Tetzlaff.

Dr. Muck. Slavische Brautwerbung.

arrangirt von P. Hertel. . Brahms.) Dirigent: Musikdirector Hertel. Anfang

Schauspielhaus. 29. Vorstellung. Das Käthchen eilbronn, oder: Die Fenerprobe. Großes Ritterschauspiel in 5 Heinrich von Kleist. Regisseur Max Grube.

Deutsches Theater. Anfang 7 Uhr.

Sonntag: Zwei glückliche Tage. von Th. Montag: Romco und Julia. 8

Berliner Theater. Sonnabend: Nachmittags 2 ½ Uhr: 2 or: Dorf und Stadt.

Sonntag: Nachmittags 2 ½ Uhr: Julius Cäsar.

Butze, Agnes Sorma, Ludw. Barnay, Ludw. Stahl.) Montag: Die Journalisten. Mittwoch: Zum 1. Male: Schauspiel in 5 Acten von Paul Lindau. 3 Acten von Horst und Stein. Inscenirt durch den artist. Leiter Ed. Kapellmeister A. Ferron. militär. Evolutionen im 3. Act arrangirt von L. Vollständig neue Ausstattung an Deco⸗

Lessing-Theater. Sonnabend: Heimat

Sonntag: Heimath. Montag: Heimath.

Wallner⸗Theater. 330. Der sechste Sinn. Sonntag: Paragraph 330.

friedrich⸗Wilhelmstädtisches Theater. Chausseestraße 25.

Sonnabend: Mit neuer Ausstattung: Z. 11. Male:

Fürstin Ninetta.

Wittmann und Julius Bauer.

Strauß. In Scene feseßt von Julius Fritzsche.

Dirigent: Herr Kape

Sonntag: Fürstin Ninetta.

Residenz⸗Theater. Direction: Sigmund S 2 Sonnabend: 1 Act von August Strindberg. sum 37. wank in 3 Acten von Alexandre Bisson. Deutsch von Max Schönagu. Sigmund Lautenburg. Glänbiger.

re, mit freier Benutzung Uebersetzung für die deutsche Die zur

Ober⸗Regisseur Max Grube. festlichkeit geschlossen. Sonntag: Der Wildschütz.

26. Vorstellung. 1 * Dienstag: Letztes Gastspiel von

August

Die Enna.

3 Acten von In Scene gesetzt vom Louise Heymann.) Dirigent: Kapellmeister Tanz⸗ Musik componirt und (Mit Einlagen von J.

Gracb. Victoria-Theater.

die Welt in achtzig Tagen.

ebillemont und C. A. Raida. Sonntag und folgenbe Tage: Die Welt in achtzig Tagen.

uspiel . Aufzügen von In Scene geseßt dom Ober⸗ Anfang 7 Uhr.

Sonnabend: Fauft’s

Sonnabend: Logierbesuch.

mann⸗Zipser als Gast.) Anfang 7 ½ Sonntag: Zum 25. Male: Hierauf: Durch die Intendanz. in 5 Aufzügen von E. Henle.

(Nuscha

Minna von Barnhelm.

Der Hütteubesitzer.

Der Zum 14. Male:

7

Komödiant.

Weinberger. h. An⸗ Binder. Dirigent: ““ Gundlach. rationen und Kostümen. Hierzu: Insel. Ballet in 1 Act von H. von R. Mader. reiter. Inscenirt durch den

Gundlach.

Sonnabend: Paragraph

Anfang 7 ½ Uhr. Der sechste

Operette in 3 Acten von Hugo

Musik von Johann Anfang 7 ½ Uhr.

Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

meister Federmann. Anfang

Sonnabend: Gesammt⸗Gastspiel

Gläubiger. Tragikomödie in z Regie: Hans Meery. v Neosse von Car Familie Pont⸗ Muüller. Anfanz 7 ½ ühr

Sonntag: Dieselbe Vorstellung. Sonntag, Nachmittags 3 ½ Uhr:

von Wien.

Male: Kleiber.

In Scene gesetzt von

Anfang 7 Uhr. Hierauf: Familie

In Vorbereitung: Das Geständniß (L'aveu). Drama in 1 Act von Sarah Bernhardt.

Kroll's Theater. Sonnabend: Anfang

Heymann. Die Regimentstochter. (Marie: Fräul.

Belle⸗Alliancestraße 7/8. Sonnabend: Mit neuer Ausstattung:

stattungsstück mit Ballet in 5 Acten (15 Bildern) von A. d’'Ennery und Jules Verne.

irt vom Balletmeister C. Severini. Anfang 7 ½ Uhr.

Neues Theater (am Schiffbauerdamm 4/5). Schwank in 4 Acten Weber und Max Lögwenfeld. Kleine Hände. Lustspiel in 3 Aufzügen von Labiche. Deutsch von Franz von Schönthan. (Frau Hach⸗

Logierbesuch.

Anfang 7 Uhr.

Theater Unter den Linden.

Lachende Erben. Musik von

Der Sh Theil von Jos. Haß⸗ ni zalletmeister Herrn L. (Sensationeller Erfolg.) Anfang 7 ½ Uhr.

Adolph Ernst⸗Theater. Sonnabend: Zum

3 Acten von Ed. Jacobson und W. Couplets theilweise von G. Görß. G. Steffens. In Scene gesetzt von2

Thomas-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. des Wiener En⸗ semble unter Leitung des Directors Franz Josef Graselli. sam 3. Male: Die Wettschwimme⸗

osse mit SöJhag in 3 Acten von Theodor

UHrania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde. Am Landes⸗Ausstellungs⸗Park (Lehrter Bahnhof). Geöffnet von 12—11 Uhr.

Wegen Privat⸗

Conecerte.

Concert-Haus, Leipzigerstraße 48. Sonnabend: Karl Meyder⸗Concert. Anfang 7 Uhr.

Ouv. „Der fliegende Holländer“ von Wagner. „Semiramis“ von Rossini. „Leichte Cavallerie“ von Suppé. Phantasie aus „Der Maskenball“ von Verdi. Ungagrische Rhapsodie Nr. 2 von Liszt. „Die Schlitt⸗ schuhläufer“, Walzer von Waldteufel. „Ständchen am Morgen“ für Piston von Wolff (Herr Steffens).

Freitag, 3. Februar, Abends 7 ½ Uhr:

II. Populärer Beethoven⸗Abend von Waldemar Meyer. Dirigent: Hof⸗Kapell⸗ meister Alois Schmitt (Schwerin). Gesang: Frl. Lydia Müller (Sopran).

18 Fräulein Louise

Die Reise um Großes Aus⸗

Ballet arran⸗ Musik von

Reise um die

8

1“

Circus Renz (Carlstraße.) Sonnabend, Abends 7½¼ Uhr: Gala⸗Vorstellung.

Novität! Ein Künstlerfest. 22 Novität!

Große Ausstattungs⸗Pantomime vom Hofballet⸗ meister A. Siems. Mit überraschenden Licht. und Wassereffecten und auf das Glänzendste inscenirt vom Director Franz Renz. Großer Blumencorso. Costume, Requisiten, Wagen vollständig neu. Unter Mitwirkung des gesammten Personals. Ballet von

199 Damen. Außerdem: Auftreten sämmtlicher Sonnabend: Bhnsesr peesalitaten ersten dange, sonic Neiten und 8 in Vorführen der bestdrefsirten Schul⸗ und Freiheits⸗ ö pferde. U. a.: Mr. James Fillis mit dem Schul⸗

pferde „Germinal“.

Sonntag: 2 große Fest⸗Vorstellungen. Nachmit tags 4 Uhr (ein Kind unter 10 Jahren frei): Die lustigen Heidelberger. Abends 7 ½ Uhr: Neueck Programm. Zum Schluß: Ein Künstlerfest.

Hierauf:

Uhr. Preislustspiel

Die

Die Sirenen⸗ Regel. Musik

Familien⸗Nachrichten.

Verehelicht: Frl. Margarethe von Hirschfeld (Hannover). 35. Male: Modernes Babylon. Gesan poff in Gestorben: Hr. Gymnasial⸗Oberlehrer 1)r. Brung

Hr. Hans von Knobelsdorff mit

Arnold (Nordhausen). Hrn. Rechtsanwalt Heinemann Sohn Waldemar (Perleberg). Hr. Rittergutsbesitzer Wilhelm Grams (Niederpoelzig bei Berlinchen). Verw. Fr. Avppellations⸗ gerichts⸗Rath Ida Simpson, geb. von Wildowsky (Breslau).

Mannstädt. Musik 8 von

Redacteur: Dr. H. Klee, Director. Berlin: G

Verlag der Expedition (Scholz).

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags⸗

Anstalt, Berlin SW., Wilbelmstraße Nr. 32 Sieben Beilagen

(einschließlich Börsen⸗Beilage).

Regie: Franz

Die Gigerln

Erkte Beilage

zeiger und Königlich Preußi

9 8

eiger.

1893.

Rede des Geheimen Medizinal⸗Raths, Professors Dr. von Bergmann zur Feier des Geburtstags Seiner Majestät des Kaisers und Königs in der Aula der Königlichen Friedrich⸗Wilhelms⸗Universität. Hohe Festversammlung! Hochgeehrte Collegen! Liebwerthe Commilitonen!

So oft an des Königs Geburtstage die alma mater ihre Kinder

in hergebrachter Sitte zu gemeinsamer Feier versammelte, ist der freudige Dank das vorwaltende Gefühl gewesen, das unsere Herzen bewegte. Von dem Augenblicke, da an den fernen Ostmarken des Reichs König Friedrich Wilhelm III. unsere Hochschule ins Leben rief, damit der Staat, was er an physischer Macht verloren, an intellectueller und idealer wiedergewönne, hat die persönliche Theil⸗ nahme unserer Fürsten für sie nie geruht und gerastet, hat weder der organischen Gemeinschaft, welche die Universitas literarum in Meistern und Jüngern der Wissenschaft bildet, noch den einzelnen Zweigen derselben, so vielgestaltig sie auch sich entwickelt haben, efehlt. Dieser stetigen und immer neuen Königlichen Sorgen und Spenden, Wohlthaten und Widmungen geziemt es, wie dem Ganzen, so auch dem Einzelnen in der Feststimmung des heutigen Tages be⸗ sonders zu gedenken. Wie könnte ich da anders für die Ehre danken, welche mich heute an diesen Platz gestellt hat, als durch einen Rück⸗ blick auf das, was unser erhabenes Königshaus für die Entwickelung und Förderung des Lehrens und Lernens gerade in dem von mir vertretenen Fache, der Chirurgie, gethan hat.

Wahrlich, eine gewaltige Summe von Leistungen, welche die vater⸗ ländische Chirurgie von ihren ersten Anfängen bis zu einer Höhe und Blüthe gebracht haben, die sie denen anderer Nationen mehr als eben⸗ bürtig gegenüberstehen läßt.

Es ist zunächst und zuerst die Sorge für das Heer, für seine Größe, Fertigkeit, Kraft und Leistung vom Haupte hinab bis an sein unterstes Glied gewesen, welche die Aufmerksamkeit schon der Schöpfer unserer ii preußisch⸗brandenburgischen Armee auf den Bil⸗ dungsstand und Bildungsgang der damaligen Feld⸗Chirurgen lenkte.

Die Annalen unseres Heilwesens im Felde reichen bis auf die Siegesglorie von Fehrbellin. Noch war das Tedeum nicht verklungen, als schon vom Schlachtfeld aus der Große Kurfürst dem Statthalter der Mark einschärfte, nicht zu vergessen die Blessirten, daß sie mit gehöriger Wartung und Verpflegung versehen würden!

Daß des Kurfürsten fürsorgliche Wünsche nur wenig Erfüllung fanden und finden konnten, lag an denjenigen, welchen in dem dama⸗ ligen aus den Fähnlein der Lanzknechte hervorgegangenen Heere die Pflege der Verwundeten anvertraut war. Die Chirurgie und noch mehr ihre ausübenden Diener standen am Ende des siebzehnten Jahr⸗ hunderts in Deutschland auf der niedersten Stufe ihres Vermögens und Vollbringens.

Die eigentlichen Aerzte waren scharf und weit von den aus⸗ übenden Chirurgen getrennt: erstere ausgerüstet mit all dem aka⸗ demischen Wissen ihrer Zeit, letztere Zöglinge ausschließlich der Barbierstuben. Hatte doch erst in der Mitte des sechzehnten Jahr⸗ hunderts Kaiser Karl V. die bis dahin unehrliche Sippe der Bader für ehrlich und damit endlich jedem anderen Handwerke gleich erklärt, sodaß sie nunmehr in den Stand gesetzt wurde, eine Zunft zu bilden und ihren Gesellen den Lehrbrief zu schreiben.

Jahrhunderte vorher war schon in Prag, Wien, Heidelberg und Leipzig zur theologischen und juristischen Facultät die ö1. ge⸗ treten und genossen deren Glieder alle Privilegien, Würden und Ehren der akademischen Körperschaft. Der Chirurg aber ist als Doctor legens in den Ordo medicorum erst aufgenommen worden, als die mittelalterliche Gewandung der Universitäten längst schon abgestreift und mit der Verwandlung der Standescorporation in ein Staats⸗ institut auch der Bildungsgang des Studenten ein anderer und gleich⸗ mäßiger geworden war.

Allerdings war es Sitte, daß der akademisch gebildete Arzt auch mit denjenigen Kapiteln und Paragraphen im Canon des Avicenna und den Aphorismen des Hippokrates bekannt gemacht wurde, die von den Wunden handelten, ja, in Wien und Würzburg wurde zur Zeit des Großen Kurfürsten die Chirurgie bereits vom Katheder vorgetragen, in letzter Universität in Verbindung mit der Professur für Botanik und Pharmacie. Allgemeiner erfolgte die Creirung der Lehrstühle für Chirurgie an den deutschen Universitäten aber erst viel später, erst Ende des 18. Jahr⸗ hunderts und auch dann mehr in der Weise, daß wohl über Chirurgie

elesen und disputirt, aber die Ausübung der Kunst vom vortragenden

er wegen der so leicht an) ihr haftenden macula levis notae, perhorrescirt wurde. So hat noch in der Mitte des vorisen Jahr⸗ hunderts Albrecht von Haller in Göttingen die Chirurgie gelehrt, ohne s ein Messer behufs Ausführung einer Operation angerührt zu haben.

Dem kläglichen, heilkünstlerischen Werthe der deutschen Wund⸗ ärzte am Ende des siebzehnten Jahrhunderts entsprach ihre Stellung in den Stammrollen der bei Fehrbellin kämpfenden Regimenter, wo hinter dem Fourir und Gefreiten⸗Corporal der Feldscherer kam. Eine furchtbare, aber wahre Schilderung der chirurgischen Eingriffe und Leistungen dieser rohesten aller Empiriker hat uns ein Augenzeuge, ein Folnischer Edelmann, Abraham a Gehema hinterlassen. Derselbe hatte Medizin studirt und in elf Feldzügen vom gemeinen Soldaten aufwärts bis zum Hauptmann es gebracht. Was er erfahren, ist von ihm in einem 1690 erschienenen Buch unter dem Titel „Der kranke Soldat, bittend, daß er möge hinfüro besser conserviret und curiret werden“ nieder⸗ gelegt worden. „Wenn solcher unverständige und ungebildete Feld⸗ scherer“, schreibt er, „von diesen oder jenen Krankheiten raisons geben sollte, so bestünde er wie Butter in der Sonne“.

Daher sein Appell an die Fürsten und hohen Potentaten, daß sie sich billigst gefallen lassen möchten, das Leben ihrer Soldaten nicht mehr den Feldscherern anzuvertrauen, vielmehr möchten sie in dero reichen Ländern und Herrschaften ernstlich anbefehlen, daß diejenigen Eltern, welche ihre Kinder der Chirurgie widmen wollten, dieselben vorher möchten studiren lassen, damit auf solche Weise die Chirurgie mit der Medizin wiederum vereinigt und verknüpft werde, „dann würden nicht mehr soviel Tausend Offiziere und Soldaten irraisonabel tractiret, gemartert, gepeinigt und ermordet werden“. 3

An dem Willen der hohen Potentaten, die Abraham a Gehema anruft, hat es nicht gefehlt, aber trotzdem währte es fast ein Jahr⸗ hundert, bis seine Postulate erfüllt worden sind. 1

So hat schon in den ersten Jahren seiner Regierung der willens⸗ starke Soldaten⸗König Friedrich Wilhelm I. den Chirurgen seines Heeres eine wissenschaftliche Lehranstalt eröffnet.

Man vfight die Gründung der Akademie der Chirurgie in Paris im Jahre 1731 als den Wendepunkt im Geschicke der Chirurgie, als den Ausgangspunkt ihrer wissenschaftlichen Bearbeitung und ihres Aufschwunges zu neuen und größeren Leistungen anzusehen und be⸗ trachtet die fünf anatomischen Demonstrationen, welche der Wundarzt La 2 eyronie einige Jahre vorher im Collège de St. Como angestellt hatte, als die Inauguration dieser neuen Epoche. In Berlin ist aber Gen 1713 ein Theoatrum anatomicum fur die Lernenden der

Shirurgie errichtet worden: die Anatomie⸗Kammer in dem Eckpapillon

der Nord⸗ und Westseite des Marstalls, gestiftet, wie die Inschrift sagte, „in exercitus populique salutoemb und bestimmt, im Winter zu Bemonstrationen in der Anatomie, im Sommer über Chirurgie.

Der praktische Sinn F Wilhelm'’s estimirte den Gelehrten, er bloß um der Wissenschaft willen arbeitete und strebte, nicht, er

Berlin, Freitag, den 27. Januar

sah ihn, wie ein Zeitgenosse schreibt, „sauer an“ und freute sich an den Epigonen eines Leibniz nur über ihre Narrheiten. Die Presat e Medizin aber, deren Nutzen und Werth am Soldaten und Bürger so augenfällig war, genoß des Königs Gunst, zumal er selbst an sich des Chirurgen Kunst hatte schätzen lernen. Der König war an einem Blutschwär am Fuß erkrankt und durch einen Schnitt des Regiments⸗ Feldscherers Brandhorst tuto, cito et jucunde von seinem Leiden befreit worden. Infolge dessen achtete er seinen glücklichen Operateur höher als jeden Doctor rite promotus und beschloß, da keine Facultät dem Chirurgen ein Diplom sandte, ihn feierlich selbst in⸗ mitten feiner Gelehrten und Generale zu promoviren. Er nahm seinen Hut vom Haupt und krönte mit demselben den Wundarzt, während er ihm an den Finger einen Ring mit der Inschrift: 1 doctissime illustris nostri temporis Aesculapius“ steckte.

Diesem später zum General⸗Chirurgus ernannten Brandhorst und seinem Nachfolger Holtzendorf dankt die Akademie der Wissen⸗ schaften ihre Continuität von Leibniz bis Maupertuis, denn, als der sparsame König ihr ein Ende machen wollte, bestimmte sein Leib⸗ Chirurgus ihn, dieselbe fortbestehen zu lassen, ihr aber eine harte Auf⸗ lage zu machen: die Stiftung und Erhaltung eines anatomischen In⸗ stituts das war die erwähnte Anatomie⸗Kammer.

Bald that der König für diese neue Gründung und ihre Zwecke noch mehr. Er bestellte das Collegium medico-chirurgicum mit Professoren, die Vprlesungen über alle Zweige der Heilkunde haupt⸗ sächlich zur Bildung und Förderung seiner Armee⸗Chirurgen halten sollten und schließlich 1727 bestimmte er, „damit die Feldscherer auch praktisch zu geschickten Aerzten gebildet würden“, das 1710 zu Berlin beim Heranrücken der Pest erbaute Pesthaus, welches mittlerweile zu einem Bürger⸗Lazareth vergrößert worden war, zu einer medizinischen Unterrichts⸗ anstalt. So ist die jetzige Charité entstanden und durch des Königs Ordre in der That das erste Krankenhaus geworden, in welchem medizinischer Unterricht am Krankenbette ertheilt worden ist; denn die erste Universitäts⸗Klinik, welche dem Studium der Medizin geweiht wurde, war die 25 Jahre später erst im Bürgerspitale zu Wien von Gerhardt van Swieten eröffnete.

In wie reger persönlicher Beziehung Friedrich Wilhelm zu den Lehrern und Schülern dieser von ihm ins Leben gerufenen Institute blieb, zeigt sein Bemühen, die letzteren noch weiter auszubilden, indem er drei derselben auf seine Kosten nach Paris, der berühmtesten Pflege⸗ stätte der Chirurgie, sandte und von jedem sich Bericht darüber erstatten ließ, ob er die Kunst des Steinschneidens und des Bruchschneidens auch ordentlich erlernt habe. Sie mußten ihm die Liste der chirurgischen Vorlesungen senden und die Preise angeben, die sie für dieselben zu zahlen hatten, und ob⸗ gleich diese sehr hoch waren, säumte der König nicht, sie zu zahlen. Nur als er hörte, daß das Erlernen der Augenheilkunde bei dem da⸗ mals stärksten Lehrer derselben tausend Lire kosten sollte, befahl er, daß nicht alle drei Eleven, sondern nur einer derselben diese Kunst sich anzueignen habe. Weil aber allem voran die Schüler Kriegs⸗ erfahrung sich zu verschaffen hätten, sandte er je zwei in die russische und österreichische Armee, als diese 1737 in türkisches Gebiet rückten.

Diesen Bemühungen Friedrich Wilhelm's ist es zu danken, 7 in den chirurgisch trostlosen Kriegen seines großen Nachfolgers doc drei im Theatrum anatomiceum und in der Charité gebildete Chirurgen sich einen wohlverdienten Ruf gemacht haben: Bilguer, Theden und Schmucker. Freilich nur drei, wo mehr als ebenso viel Hunderte noch zu wenig gewesen wären.

Die Vorbildung, wenn man sie überhaupt so nennen darf, der Feldscherer war dieselbe wie früher geblieben, sie erfolgte lediglich in den Officinen der Bader und Barbiere, aus denen der losgesprochene Lehrling in die Demonstrationen des Theatrum anatomicum fam, ohne sie zu verstehen und zu würdigen. Es blieb im siebenjährigen Kriege der verwundete Soldat noch immer in denjenigen Händen, aus welchen ihn Abraham a Gehema so gern gerissen und gerettet hätte.

Daran hat das tiefe, humane Empfinden Friedrich's des Großen nichts ändern können. Wer von uns kennt nicht aus seinem Gedichte „LE'art de guerre“ die Verse:

Ein Vater sollst Du Deinen Kriegern sein,

Ein Vater liebevoll; in dem geringsten

Von ihnen sollst Du Deine Söhne liebe:

Dein Blut verschwende, geizig sei mit ihrem! 8 Vom Geiste edelster Menschlichkeit beseelt, verbindet der König bei Lowositz einen Soldaten des Regiments Gardes⸗du⸗Corps, mit seinem Taschentuch und reicht bei Zorndorf einem am Bein Getroffe⸗ nen vom Pferd herab seinen Krückenstock mit den Worten: „Mein Sohn, helfe Dir weiter fort!“ Nach der Schlacht bei Roßbach hilft er mit eigener Hand den verwundeten französischen Offizieren, die ihm zurufen: „Die Römer quälten ihre Gefangenen, Eure Majestät aber gießen Oel in unsere Wunden!“ und nach der Schlacht von Hohen⸗ friedberg schickt er den General⸗Chirurgen, fünfzig Lazarethgehilfen und seine Feldapotheke nach Striegau mit dem Befehl, zur Behand⸗ hs zahlreichen österreichischen und sächsischen Verwundeten dort zu bleiben.

Der Triumph der Schlachten hat in Friedrich's Ohr das Jammern ihrer Opfer nicht übertönt, aber die mangelnde Organisation des Lazarethwesens machte seine Sorgen und Befehle fruchtlos, wäh⸗ rend die geringe Zahl tüchtiger und gebildeter Chirurgen in seiner Armee verschwand und verloren ging unter der Rohheit und Unwissen⸗ heit der übrigen Menge des Heilpersonals.

Theden's und Cotheninu's Schilderungen geben davon überreichlich Zeugniß und des Königs eigene Klagen wollen nicht verstummen, ja verfolgen ihn bis in seine letzten Tage, wo er Zimmermann gegenüber bekennt: „In allen meinen Kriegen hat man meine Absichten für meine kranken und verwundeten Soldaten schlecht befolgt. Nichts hat mich in meinem Leben mehr verdrossen, als wenn ich sah, daß man diese braven Männer, die Gesundheit und Leben für ihr Vater land hingaben, bei ihren Krankheiten und Wunden so übel ver⸗ pflegte. Man ist barbarisch mit ihnen umgegangen, ja mancher von ihnen ist geradezu daran gestorben, obgleich mich doch nichts so sehr betrübt hat, als die unschuldige Veranlassung vom Tode eines Menschen gewesen zu sein.“ Und als Zimmermann den König auf das aufmerksam macht, was vor allem zu einer höheren Bildung der Feldärzte geschehen müßte und ihn auf eine die be⸗ treffenden Verhältnisse in den schlesischen Kriegen heftig tadelnde Schrift des Dr. Fritze in Halberstadt hinweist, läßt, noch vier Wochen vor seinem Tode, der Schwerkranke den Verfasser dieser Kritik kommen, um ihm zu sagen, daß er sich von seiner MestFassenges und Wissenschaft durch die Lectüre seines Buches überzeugt habe und 8 eine Umgestaltung des Sanitätswesens in der Armee übertragen wolle.

Se ist des Königs Ordre an Dr. Fritze nicht mehr geworden. Der Tod trat dazwischen und Friedrich der Große nahm so die Sorge für das Gesundheitswohl seiner Soldaten mit in seine Gruft.

Systematisch und in vollständig neuer Organisation das Lehren und Lernen der Cherurgle bei den Feldärzten durchgeführt zu haben, it Johann Görcke’s Verdienst gewesen, des preußischen General⸗ Chirurgen der Rhein⸗Campagne von 1792. Entsetzliche Eindrücke hatten das menschenfreundliche Herz Friedrich öSe des Zweiten bewegt, als er die Ferme Meignée besuchte, wohin die Opfer der berücchtigten Kanonade von Valmy gebracht worden waren. Er⸗ schöpft von so viel Jammer und Elend, hatte der einen Trunk Wasser für sich begehrt, aber ihn nicht erhalten können,

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denn den dort Verschmachtenden fehlte selbst dieses Labsal! Gerade

ebenso wie den im Orte „der Pest und des Todes“, auf dem Schlosse zu Grand pré Zurückgelassenen, auf die der Blick des Königs sich 8 8 richtete, als Goethe ihn an der Brücke über die Aisne halten sah, ehe er am Ende den Weg all der Seinen über sie einschlug. Auf diesem Rückzuge war es, wo Görcke sich ihm näherte und zunächst zwei Aufträge vom Könige zur Besserung der so überaus traurigen Lazarethverhältnisse erhiekt⸗ zwei Aufträge, die allerdings das Uebel an der Wurzel anfaßten: ein mal die Vorbildung derer, die sich dem mühevollen Berufe der Feldärzte widmen wollten, zu bessern und dann dieselben mit der ganzen medicochirurgischen Wissenschaft und Kunst allseitig und vollkommen vertraut zu machen.

Görcke hat durch die Gründung der Pepinière, als einer medico⸗ chirurgischen Akademie, den Willen seines Kriegsherrn erfüllt und in veispibllofer, rastloser Thätigkeit den Bildungsgang des Feldarztes und die Einrichtung des Feldlazareths umgestaltet und neu formirt. Schon am 23. Juni 1795 schrieb ihm der König: „Mit wahrem Antheile und Vergnügen unterrichte ich mich, mein lieber General⸗Chirurgus, von Ihren so heilsamen Vorschlägen und bezeuge mich durch willige Bei⸗ stimmung als Ihr unverändert wohlgeneigter Friedrich Wilhelm.“

Wenn ein Arzt jener Zeit behauptet, daß zwischen einem preu⸗ ßischen Regiments⸗Chirurgen im siebenjährigen Kriege und einem in den Freiheitskriegen von 1813 und 1815 ein Unterschied gewesen sei, wie zwischen einem Steinmetz und einem Bildhauer, so werden wir das gegenüber den Zeugnissen, die schon 1806 die hochberühmten Chirurgen der Napoleonischen Armee, Percy und Larrey bei ihrem Besuche der Pepinidère ihr ausstellten, glauben dürfen sie sprachen es offen aus, daß sie die Ergebnisse der Prüfungen und Uebungen, die sie mit den Eleven angestellt hatten, für bessere und befriedigendere als die in den entsprechenden Instituten Frankreichs hielten.

Es war diese Anerkennung der sonst so rücksichtslosen Sieger ein Lichtblick im Memeler Aufenthalt Friedrich Wilhelm'’s des Dritten, dem sich Perey in Tilsit mit den Worten: „Je suis le Görcke de l'armée française“ vorgestellt hatte.

Wie in der großen Prüfung, welche 8 die preußische Chirurgie 1813 bis 1815 zu bestehen hatte, sie sich bewährt hat, bezeugt ihr schon am 11. Januar 1814 der König in einem Briefe an Görcke aus Freiburg: weil die Anstalt ihre so überaus zweckmäßige Organi⸗ sation erwiesen, wünsche Er sie vergrößert zu haben und verordne, daß die vergrößerte Anstalt den Namen: Medizinisch⸗chirurgisches Friedrich Wilhelms⸗Institut führen solle. b

Daß wirklich der höhere und akademische Bildungsgrad der Feld⸗ ärzte den gewaltigen Fortschritt in den Leistungen derselben besorgt hat, dafür weiß ich kein besseres Zeugniß anzuführen, als das des greisen Feldmarschalls Fürsten Blücher von Wahlstatt, welches er drei⸗ mal offen und unumwunden abgelegt hat bei der fünfzigjährigen Jubelfeier von Görcke’s Wirksamkeit und an zwei Stiftungs⸗ festen des Instituts, und welches um so schwerer wiegt, als es sich um einen Feldherrn, der vor und nach der Reform die Armee ge⸗ führt hatte, handelt. „Ich habe“, so redete der Fürst die Studirenden an, „in dem jetzt beendeten Krieg gesehen, mit welcher Geschicklichkeit und Ausdauer die preußischen Militär⸗ ärzte ihren Kranken und Verwundeten Pflege und Hilfe leisten. Sie haben nicht nur Ihren Kopf, sondern auch Ihr Gefühl auszu⸗ zubilden, denn es giebt keine größere Beruhigung für die Kranken und Blessirten, als wenn sie einen gefühlvollen und theilnehmenden Arzt haben, dem sie mit Vertrauen sich übergeben können, sowie für Sie

Ihr größter Lohn bleibt das innere Bewußtsein, seine Pflicht gethan zu haben. Heil vem Arzte mit dem fühlenden Herzen, wohl auch dem Kranken, der einen solchen zu seiner Pflege erhält.“ Welch ein Unter⸗ schied zwischen diesem aus voller Ueberzeugung gespendeten Danke des Feldherrn von 1815 und den Klagen Friedrich's des Großen von 17861

Durch die Gründung unserer Hochschule ist der Chirurgie die wissenschaftliche Pflegestätte dauernd gewährleistet worden.

Das Verhältniß der Chirurgie zur übrigen Medizin war um die Wende des achtzehnten Jahrhunderts in den meisten deutschen Uni⸗ versitäten, die damals schon Kliniken besaßen, ein derartiges, z. B. im Leipziger Jakobshospital, wo neben einem klinischen Lehrer ein ihm untergeordneter Wundarzt die Le g. Fälle demonstrirte. Das gleiche Verhältniß nahm der von Halle nach Berlin berufene Feosiser Reil für sich, nicht ohne Aussicht auf Erfolg, in An⸗

pruch. Er sollte die Klinik dirigiren und unter ihm sollte der von Wilhelm von Humboldt ebenfalls an die neue Uni⸗ versität berufene jugendliche, erst 25 Jahre alte Lehrer der Chirurgie Carl Ferdinand Graefe operiren. Die Frage ist, wie dies in einem Nachrufe an Graefe gemeldet wird, erst vom Throne herab entschieden worden zu Gunsten der Selbständigkeit der Chirurgie. Mit dieser Entscheidung war Graefe’s Ernennung zum Armee⸗Chirurgen erfolgt und ihm die Organisation und Leitung aller Lazarethe zwischen Weichsel und Weser anvertraut worden. Eine fortlaufende Kette von Anerkennungen seines Königs hatte in der That die ruhmreiche kriegerische Laufbahn des jungen Chirurgen ausgezeichnet, von dem die Cabinetsordre am Ende des Krieges sagte: „Sie haben dem in Sie gesetzten Vertrauen genügt. Ich würdige die Gesinnungen, die Sie bekannt, sowie Ihre ausgezeichneten Verdienste um die Wissenschaf und die rühmlichen Dienste, welche Sie in einem ausgebreiteten Wir⸗ kungskreise im Heere während der beiden letzten großen Kriege ge⸗ leistet haben“. 8 8

Mit dieser Entscheidung endet die Reihe organisatorischer Maß⸗ nahmen, welche zur Begründung und Förderung eines wissenschaftlichen

Unterrichts in der Chirurgie von Preußens Königen ausgegangen ist. Eine selbständige, eigens dem chirurgischen Unterrichte gewidmete Klinik war geschaffen und ihr Leben und Weben der Thatkraft eines Mannes anvertraut, welcher sich glänzend in schwerster Zeit und schwersten äußeren Verhältnissen bewährt hatte.

Die ersten Einrichtungen, die Graefe für seine Klinik treffen konnte, waren, entsprechend e. erschöpften Mitteln des Staats, sehr bescheidene; hat doch fünf Mal in den ersten neun Jahren ihres Be⸗ stehens das nur für 10 Betten bestimmte Hospital sein Quartier wechseln müssen, und stand es vor Beginn des Wintersemesters von 1817 auf 1818 sogar ohne Dach und Fach da, sodaß der Unterricht an stationären Patienten gar nicht, sondern bloß an ambulanten ertheilt werden konnte. Erst im Laufe des Jahres 1818 ist der Klinik der⸗ jenige Platz erworben worden, auf dem sie noch heute steht.

Graefe fand keinen Plan vor, der für die Errichtung einer irurgischen Klinik entworfen worden wäre und noch weniger ein nleitung für den klinischen Unterricht selbst. Er schuf beides aus

sich heraus. Wie ihm das gelungen, dafür weiß ich kein würdigeres und wahreres Zeugniß als das seines hochbedeutenden Bonner und Münchener Zeitgenossen, Philipp von Walther beizubringen, der 1834 nach einem Besuch in Berlin schrieb: „Eine eigenthümliche, glänzende Erscheinung, kühn und genial improvifirt, ist Graefe’s Klinikum in Berlin, zu welchem sich ein Vorbild weder in Frankreich, England, Nord⸗Italien, oder Holland findet. Seine Einrichtung ist ganz national rein deutsch“. Das schreibt Walther in einer Abhandlung, in welcher es heißt: „Wie soll in Deutschland der chirurgische Unterricht ein vollkommener sein, da die Anstalten, in welchen er ertheilt wird, selbst noch theils im Entstehen begriffen, theils unvollkommen ausgebildet, überall im Kampfe mit den größten Ie liegen *

Wie ist das heute, nach wenig mehr als 50 Jahren anders ge⸗ worden! anders geworden durch dieselbe rastlose Thätigkeit der deutschen klinischen Lehrer und ihre aus innerster Ueherzeugung hervor⸗

egangene, volle Hingabe an die Sache, welche bei einem Graefe es be te, daß nach weniger als 15 Jahren klinischer Arbeit seine Mit⸗

welt ihm ein solches Zeugniß ausgestellt hat