— Der Wirkliche Geheime Ober⸗ Regierungs⸗Rath Dr. Schneider im Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten ist nach der Provinz Schlesien abgereist.
aͤ111464A4*“ 8 Seine Majestät der König ist vorgestern aus Berlin wieder in Stuttgart eingetroffen. Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.
Seine Königliche Hoheit der Fürst von Hohenzollern ist gestern von Coburg nach Sigmaringen abgereisst.
Elsaß⸗Lothringen. b
Gestern Nachmittag fand in Straßburg die feierliche Er⸗ öffnung der Tagung des Landesausschusses für Elsaß⸗ Lothringen in dem neuerbauten Landesausschuß⸗Gebäude am Kaiserplatz statt. In der Statthalterloge wohnten die Fürstin Hohenlohe und die übrigen Mitglieder der Familie des Statthalters der Feier bei. Kurz nach 3 Uhr erschien der Kaiserliche Statthalter Fürst zu Hohenlohe im schwarzen Frack mit dem Band des Schwarzen Adler⸗ Ordens, gefolgt von dem Staatssecretär von Puttkamer, den Unter⸗Staatssecretären von Schraut und von Köller sowie den Herren seines Bureaus. In der vom Statthalter ver⸗ lesenen Eröffnungsrede wird, wie „W. T. B.“ meldet, der Genugthuung darüber Ausdruck gegeben, den Landes⸗ ausschuß in den neuen, seiner Würde und Stellung entsprechenden Räumen begrüßen zu können. Die finanzielle Lage des Landes sei nach wie vor eine günstige. Das letzte Finanzjahr weise einen Ueberschuß von 2 ½ Millionen auf, auch das laufende werde voraussichtlich mit einem be⸗ deutenden Ueberschusse abschließen. Außer dem Etat würden dem Landesausschusse Gesetzentwürfe über die Einschätzung zur Gewerbesteuer, über die Einrichtung von Spar⸗ und Dar⸗ lehenskassen in den Gemeinden sowie bezüglich der Verwaltung von Depositen vorgelegt werden. Am Schlusse seiner Rede brachte der Statthalter ein dreimaliges Hoch auf Seine Majestät den Kaiser aus, das von der Versammlung mit Begeisterung erwidert wurde. Bei der Wahl des Bureaus wurden die bis⸗ herigen Mitglieder durch Acclamation wiedergewählt, und zwar Dr. Schlumberger zum Präsidenten, Fabrikant Jaunez zum Ersten Vice⸗Präsidenten und Baron Schauenburg zum Zweiten Vice⸗Präsidenten; ferner Baron Charpentier, Notar Wehrung und Gutsbesitzer Nennig zu Schriftführern.
Oesterreich Ungarn.
Während der gestrigen Sitzung des österreichischen Abgeordnetenhauses trat der Minister⸗Präsident Graf Taaffe mit den Obmännern der Deutschen Linken, des Polenclubs und des Hohenwartelubs, Dr. von Plener, von Jaworski und Graf Hohenwart, zu einer kurzen Conferenz usammen. Dem „Fremdenblatt“ zufolge übergab der Minister⸗
räsident dabei den Obmännern das neue Regierungsprogramm, das in einem vorgestern unter dem Vorsitz des Kaisers abge⸗ haltenen Ministerrath neu festgestellt und redigirt worden ist, und stellte den Parteiführern frei, das Programm ihren Parteivorständen oder dem Plenum ihrer Clubs zu unter⸗ breiten. Wie verlautet, wären mehrere von den einzelnen Parteien vorgeschlagene Modificationen, darunter auch von der Linken ausgegangene Amendements, angenommen worden.
In der Sitzung des Hauses erklärte, wie „W. T. B.“ berichtet, der Finanz⸗Minister Dr. Steinbach, in Beant⸗ wortung einer Interpellation des Abg. Kyrle über den Grenzverkehr mit Bayern, die Viehausfuhr aus Oesterreich nach Bayern wickele sich jederzeit in dem Rahmen der Bestimmungen des Viehseuchengesetzes des Deutsches Reichs und der darauf gegründeten Specialverordnungen ab.
8 Das ungarische Unterhaus lehnte gestern den Antrag des Ahg. Lits auf stufenweise Errichtung einer selbständigen ungarischen Armee ab und nahm die Vorlage über das Re⸗ krutencontingent an. Der Minister für Landesvertheidigung Freiherr von Fejérvary wies bei der Dcebatte auf die strenge gerichtliche Ahndung in Fällen einer schlechten Behandlung der Mannschaft hin und erklärte den Vorwurf, daß die ungarische Landwehr germanisirt werde, für völlig unbegründet; eine einheitliche deutsche Ver⸗ kehrssprache sei nothwendig, da die ungarische Landwehr be⸗ rufen sei, mit der gemeinsamen Armee zusammen zu wirken.
Großbritannien und Irland.
Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus London werde die Thronrede, mit der heute das Parlament eröffnet wird, betonen, daß die Beziehungen zwischen Großbritannien und allen auswärtigen Mächten friedliche seien. Die Thron⸗ rede werde als erste Vorlage für die bevorstehende Session die Bill, betreffend Homerule für Irland, ankündigen und gleichzeitig auf die Abnahme verbrecherischer Handlungen und die Besserung der Lage in Irland hinweisen. Als Vorlagen würden ferner angekündigt werden eine Bill über die Verkürzung der Dauer der Legislaturperioden, sowie des zur Erwerbung des Wahlrechts nothwendigen Auf⸗ enthalts, eine Bill über die Revision der Wählerlisten, eine Bill über die Aufhebung mehrfacher Stimmberechti⸗ gung, ferner verschiedene Maßnahmen bezüglich der Arbeiter⸗ frage, vorbereitende Maßnahmen zur Trennung der Kirche vom Staat in Schottland und Wales, sowie endlich eine Reform der Localverwaltung. Die Thronrede werde bezüglich Egyptens die Erklärung enthalten, daß die Entsendung der Truppenverstärkungen nach Egypten keinerlei Aenderung der bedeuten solle. Dem Parlament werde der amtliche Schriftwechsel bezüglich Egyptens und Ugandas vorgelegt werden. Schließlich werde eine parlamentarische Enquéte über
die landwirthschaftliche Krisis angekündigt werden.
1 Frankreich.
8 er Senat genehmigte gestern, wie „W. T. B.“ be⸗ richtet, das Handelsübereinkommen mit Marokko und erklärte darauf einen Antrag, demzufolge Zeugen, die sich weigern, vor dem Untersuchungsrichter die volle Wahrheit auszusagen, mit Gefängniß bestraft werden sollen, für dringlich. Die Rechte stimmte gegen die Dringlichkeit.
Der Deputirte Delafosse, der an die Regierung wegen der egyptischen Angelegenheiten eine Anfrage zu richten beabsichtigte, hat auf Wunsch des Ministers des Auswärtigen
Develle diese Absicht aufgegeben, da gegenwärtig diplo⸗
matische Verhandlungen über diesen Gegenstand stattfinden
Die Commission der Deputirtenkammer hat die
Preßgesetznovelle über die Beleidigung von Souveränen und Botschaftern auswärtiger Mächte, sowie über die Auf⸗ reizung zu bestimmten Verbrechen in der vom Senat beschlossenen Form angenommen.
Die Panama⸗Untersuchungs⸗Commission prüfte gestern die Frage, ob es nöthig sei, einen Berichterstatter zu ernennen. Die Mitglieder der Rechten und der äußersten Linken betonten nachdrücklich, daß die Aufgabe der Commission noch nicht vollendet, und daß es daher nicht angängig sei, einen Berichterstatter zu ernennen. sodann den Antrag auf Ernennung eines Generalberichterstatters
mit15 gegen 10 Stimmen, desgleichen den Antrag auf Ernennung.
eines Specialberichterstatters, der Delahaye dazu anhalten solle, für seine Beschuldigungen den vollen Beweis zu erbringen. Die Commission beschloß, zwei neue Subcommissionen zu ernennen mit dem Auftrage, die Rolle besonders zu unter⸗ suchen, welche die Parlamentsmitglieder und die Presse in der Panama⸗Angelegenheit gespielt haben.
Rußlandd.
In Betreff des in der combinirten Sitzung des Minister⸗ comités und des Reichs⸗Oekonomie⸗Departements abgelehnten Antrags des Verkehrs⸗Ministers, wonach den Eisenbahnen das Recht eingeräumt werden sollte, Eisenbahnmaterialien (Schienen, Locomotiven, Waggons u. s. w.) aus dem Auslande in den Fällen zollfrei zu beziehen, wenn die russischen Werke zu hohe Forderungen stellten (siehe Nr. 23 des „R.⸗ u. St.⸗A.“ vom 26. Januar), verlautet dem „W. T. B.“ zufolge weiter, daß dem Verkehrs⸗Minister auf sein wiederholtes Ersuchen gestattet worden sei, nöthigen⸗ falls einer aus den Ministern der Finanzen, der Domänen, dem Verkehrs⸗Minister und dem Reichs⸗ Controleur bestehenden Commission die Frage zur Prüfung zu unterbreiten, ob in dem jeweilig vorliegenden Falle bei dem Minister⸗Comité beantragt werden solle, die be⸗ zügliche Bestellung im Auslande ausführen zu lassen. Es wird — wie es in dem Telegramm heißt — beabsichtigt, durch diese Maßnahme die von den russischen Werken geforderten Preise herabzudrücken, nicht aber den ausländischen Fabrikanten die Grenze zu öffnen und den zoll⸗ freien Eingang zu gestatten.
Vom 1. Januar bis 1. November a. St. 1892 betrugen die Einnahmen der Reichskassen: im Ordinarium 712 460 000 Rbl., im Extraordenarium 168 174 000 Rbl.: die Ausgaben: im Ordinarium 767 795 000 Rbl., im Extra⸗ ordinarium 163 434 000 Rbl. In der gleichen Periode des Jahres 1891 stellen sich die Einnahmen im Ordinarium auf 692 814 000 Rbl., im Extraordinarium auf 35 421 000 Rbl.: die Ausgaben auf 683 412 000 Rbl. im Ordinarium und 142 418 000 Rbl. im Extraordinarium.
Italien.
In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer ver⸗ langte, einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge, Colajanni, daß sein Antrag bezüglich der Einsetzung einer parlamentarischen Enquéte auf die Tagesordnung der morgigen Sitzung gesetzt werde. Nachdem der Minister⸗Präsident Giolitti sich da⸗ gegen ausgesprochen hatte, wurde das Verlangen Colajanni's abgelehnt. Auf eine Anfrage von Seiten Montagna's erklärte der Minister⸗Präsident Giolitti die Meldung eines Neapeler Blattes, wonach die Ermächtigung zur gerichtlichen Verfolgung mehrerer Deputirten nachge⸗ sucht worden sei, für völlig grundlos. Der Minister des Auswärtigen Brin ertheilte die Zusage, daß er über an⸗ gebliche grausame Mißhandlungen von italienischen Staats⸗ angehörigen in Brasilien Erkundigungen einziehen und gegebenenfalls auf diplomatischem Wege Genugthuung ver⸗ langen werde.
Spanien. 8— “
Das auswärts verbreitete Gerücht von einer Erkranku ng des Königs entbehrt dem „W. T. B.“ zufolge jeder Be⸗ gründung 3
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Der Senator Chandler hat, wie „W. T. B.“ aus Washington meldet, gestern im Senat einen Antrag einge⸗ bracht, worin der Präsident ersucht wird, Unterhandlungen mit der provisorischen Regierung von Hawail einzu⸗ leiten behus Annectirung der Inseln. Die Berathung des Antrages wurde vertagt. — Die britische Regierung hat, wie weiter gemeldet wird, ihren Gesandten in Washington Pauncefote beauftragt, gegen die Haltung der amerikanischen Regierung gegenüber Hawail und gegen die beab⸗ sichtigte Annectirung der Inseln Protest zu erheben. Trotzdem scheint das Verhalten des Commandanten des amerikanischen Kriegsschiffes „Boston“, der Marinesoldaten auf Hawait landete, die amtliche Billigung des Präsidenten Harrison und des Cabinets erhalten zu haben. Mehrere Mitglieder der Regierung haben sich zu Gunsten einer Annectirung der Inseln ausgesprochen. Der Gesandte von Hawaii in Washington glaube an die Errichtung eines englisch⸗amerikanischen Protectorats. — Nach einer dem Londoner. „Standard“ aus New⸗York zugegangenen Depesche stehe die Ankunft englischer Kriegsschiffe in Hawail in etwa fünf Tagen zu erwarten, und glaube man, daß die Königin die Unterstützung Englands gegen die Revolutionspartei anrufen würde.
In Washington fand gestern die Beisetzung der Leiche des vormaligen Staatssecretärs Blaine statt. Sämmtliche Mit⸗ glieder des diplomatischen Corps wohnten der Feierlichkeit bei.
Nach einer Meldung des „Reuter'schen Bureaus“ aus Buenos Aires hätte der Präsident das Portefeuille des Innern dem Präsidenten der nationalen Hypothekenbank Escalante angeboten, doch sei bis jeßt noch keine definitive Entscheidung erfolgt. Wie mehrere Blätter wissen wollen, würde Romero das Ministerium des Innern über⸗ nehmen und Escalante zum Finanz⸗Minister ernannt werden.
Parlamentarische Nachrichten.
“ Deutscher Reichstag.
Sitzung vom Dienstag, 31. Januar, 1 Uhr.
Der Sißüng wohnt der Staatssecretär Dr. von Boetticher bei.
Präsident von Levetzow erklärt, daß bei dem schwachen Besuch des Hauses der Präsident und das Haus bei der Er⸗ theilung von Urlaub vorsichtiger verfahren müßten.
Die Commission verwarf
Darauf wird die zweite Berathung des Reichshaushalts⸗ Etats für 1893/94 fortgesetzt und zwar beim Etat des Reichsamts des Innern: Gehalt des Staatssecretärs.
Abg. Scipio (nl.) kommt auf die Nothstandsinterpellation zurück, bei deren Besprechung der Abg. Dreesbach von der Arbeits⸗ losigkeit in Mannheim gesprochen habe; er habe von 1040 Arbeits⸗ losen gesprochen. Das sei ein vorübergehender Zustand gewesen. Mehrere große Fabrikanten hatten aus Mangel an Arbeit Arbeiter entlassen müssen; aber inzwischen ist das besser geworden, wie die Nachweisungen ergeben haben, welche der Bürgermeister mir mit⸗ tbeilt hat. —
Abg. Schmidt (Sachsen, Soc.): Der Staatssecretär Dr. von Boetticher erklärte, daß eine Steigerung der Beschäftigung in der Textilindustrie nach den Sen elhn nerbera en eingetreten sei und auch eine Steigerung der Löhne. Redner behauptet, daß diese An⸗ führungen unrichtig seien. Es sei in der Textilindustrie in Sachsen überall
Geschäftsstockung und eine Abnahme der Arbeiter vorhanden gewesen.
Bei einzelnen Artikeln, besonders bei Saisonartikeln kann eine kleine Besserung eintreten, aber von einer allgemeinen Besserung kann keine Rede sein. Eine Lohnsteigerung ist auch hier nicht eingetreten, sondern der Lohn ist derselbe geblieben oder sogar etwas zurückgegangen. Daß im Jahre 1892 besondere Aufwendungen für die Hebung des Npthstandes nicht gemacht sind, ist nicht richtig. Es sind überall, wenn auch nur privatim, Aufwendungen gemacht worden, die Zahl der Almosenempfänger ist überall gestiegen. Redner führt eine ganze Reihe von Zahlen aus sächsischen Städten an, aus Dresden, Zittau, Riesa u. s. w. Die Jahres⸗ berichte für 1892 besagen, daß sich eine Besserung des Geschäfts vollzogen hat. Das „Chemnitzer Tageblatt“ brachte aber im September Berichte dahin, daß eine Verschlechterung eingetreten sei, und in den letzten Monaten des Jahres hat sich die Sachlage nicht gebessert. Redner beruft sich auf die Lohnbücher der Arbeiter, welche ihm vorliegen und welche einen Lohn von 3,45 ℳ wöchentlich nachweisen in einer Zeit, wo es nach dem Staatssecretär schon besser gegangen sein sollte. Den Namen des Fabrikanten können wir nicht nennen; aber der Staatssecretär kann sich persönlich durch Einsichtnahme in die Bücher von der Richtigkeit der gemachten Angaben überzeugen. (Schluß des Blattes.)
— Die Militärcommission des Reichstags trat heute Vormittag, in ihrer achten Sitzung, in die Specialberathung der ihr überwiesenen Vorlagen ein. Abg. Richter beantragte: I. Eine Subcommission einzusetzen zur Feststellung a. der dauernden Aus⸗ gaben, welche die definitive Durchführung der Militärvorlage verursacht, b. der einmaligen Ausgaben für die Vorlagen, c. der fortdauernden und einmaligen Ausgaben für Militär und Marine, welche durch schon bestehende Gesetze bedingt sind. II. Den Herrn Reichskanzler zu er⸗ suchen, eine Aufstellung der Mehrausgaben, welche in den nächsten fünf Jahren aus bestehenden Gesetzen ꝛc., abgesehen von Militär und Marine, zu erwarten sind, vorzulegen.
Nach längerer Debatte wurde der Antrag Richter auf Ein⸗ setzung einer Subcommission von sieben Mitgliedern zur Klarstellung der finanzpolitischen Seite der Militärvorlage an⸗ genommen. 13
— In der Budgetecommission des Reichstags wurde,
wie wir der „Nat.⸗Ztg.“ entnehmen, gestern bei Berathung des Marine⸗Etats zu Titel 12 bis 21, also über die verlangten Schiffsneubauten, eine Generaldiscussion eröffnet. Der Re⸗ ferent wies darauf hin, daß durch die verlangten ersten Raten ein Gesammtengagement von beinahe 40 Millionen Mark gefordert werde. In der Discussidn wurde von den verschiedensten Seiten betont, daß, so wünschenswerth auch die Verstärkung der Flotte sei, das Schwergewicht unserer Vertheidigung doch immer bei der Landarmee liege und daß besonders die jetzt zur Verhandlung stehende Militärvorlage die äußerste Sparsam⸗ keit zur Pflicht mache. Seitens der Vertreter der Marine⸗ verwaltung wurden sämmtliche Forderungen nachdrücklich vertreten, auf die Bewilligung für den „Ersatz Preußen“ (Gesammtkosten 12 580 000 ℳ, erste Rate 500 000 ℳ) aber besonderer Werth gelegt. Man müsse damit rechnen, daß unsere ältesten Panzerschiffe schon über 25 Jahre alt seien und daß deshalb für einen Ersatz gesorgt werden müsse. Außerdem sei der Bau einer größeren Zahl von Panzerschiffe zu gleicher det nicht ohne Bedenken; es bestehe die Absicht, i nächsten Jahren den Ersatz für fünf Panzerschiffe zu fordern.
den Mitgliedern der Commission wurde auf die großen Bewilligunge im Jahre 1888, von zusammen vier Schlachtschiffen ersten Range hingewiesen. Bei der Abstimmung wurde sodann die geforderte erst Rate für „Ersatz Preußen“ mit 16 gegen 2 Stimmen ab⸗ gelehnt, ebenso wurden die ersten Raten zum Bau der Panzer⸗ fahrzeuge W (1 000 000 ℳ) und X (500 000 ℳ) gestrichen; auch die erste Rate für die Kreuzer⸗Corvette K (2 000 000 ℳ) wurde abgelehnt. Ein Theil der Commission hatte gegen den Bar dieser Kreuzer⸗Corvette überhaupt Bedenken, andere Redner wollten sie wenigstens zurückstellen, bis mit der im Bau begriffenen Kreuzer Corpette J die nöthigen Erfahrungen gesammelt seien. Gestrichen wurden noch die ersten Bauraten für den Kreuzer „Ersatz Möwe 8 (750 000 ℳ) und für den Aviso „Ersatz Falke“ (1 200 000 ℳ). Bewilligt wurden dagegen für Kreuzer F die erste Baurate von 750 000 ℳ, für Aviso H 1 200 000 ℳ für ein Vorpedodivifionsbobt die erste Rate von 500 000 ℳ und zur Herstellung von Torpedo booten als erste Rate 2 200 000 ℳ Die übrigen Titel des Kap. ( (Ordentlicher Etat des Extraordinariums) — Armirungen ꝛc. — wurden durchweg bewilligt, soweit sich die Streichung nicht als Con sequenz früherer Beschlüsse ergab.
— Die Wahlprüfungscommission des Fte beantragt, die Wahl des Abg. Möller im 6. Wahlkreise des Re⸗ gierungsbezirks Arnsberg für ungültig, die Wahl des Abg. Lucius im 4. Wahlkreise des Regierungsbezirks Erfurt dagegen gültig zu erklären. . “
— Der Erblandmarschall der Kurmark Eu Gans Edler Herr zu Putlitz, Mitglied des Herrenhauses,
8
ist am 29. d. M. gestorben. 6
— Der Bericht über die 24. Sitzung des Hauses der Abgeordneten vom 30. Januar befindet sich in der Ersten Beilage.
2 *
— Die Steuerreformcommission des Hauses der Abgeordneten setzte gestern Abend die Berathung des Com⸗
munala esenJ fort. § 26, welcher bestimmt, daß der
zuständige Steuerausschuß, wenn sich ein Gewerbebetrieb über mehrere Gemeindebezirke erstreckt, die Zerlegung des Gesammtsteuersatzes in die auf die einzelnen Gemeinden entfallenden Theilbeträge zu bewirken hat, wird nach langer Debatte unverändert angenommen. wei Anträge der Abgg. Schmieding (nl.) und Schla bitz (freicons.), die bezwecken, Gewerbebetriebe auch in Gemeinden zur Steuer heranzuziehen, in deren Bezirk der Betrieb zwar nicht ausgeübt wird, denen der Betrieb aber Lasten oder Kosten verursacht, werden einer Subcommission zur Vorberathung überwiesen. § 27, der bestimmt, welche physischen Personen oder Corporationen und Gesellschaften der Gemeinde⸗ einkommensteuer unterworfen sind, blieb im wesentlichen un⸗ verändert, nur der letzte Absatz erhielt auf Antrag des Abg. Dr. Friedberg (nl.) folgende Fassung: „Personen, welche in dem Gemeindebezirk einen die Dauer von drei Monaten übersteigenden Aufenthalt nehmen, können, sofern nicht aus den Umständen ersichtlich ist, daß nur ein vor⸗ übergehender Aufenthalt beabsichtigt wird, gleich den⸗ jenigen, welche in der Gemeinde einen Wohnsitz haben, zu den Ge⸗ meindesteuern herangezogen werden. Heute Vormittag nahm die Commission die § 28 und 29 (facultative Befreiungen von der Steuer⸗ pflicht für Grundstücke und Betriebe) unverändert an. Bei § 3
“ 1““ 8
(Zuschläge zur Einkommensteuer) wurde dem Abs. 5, welcher lautet:
„Eine verschiedene He ench der Zuschläge für die einzelnen Stufen des Steuertarift bedarf der Genehmigung. In keinem Falle darf der Procentsatz der Besteuerung in den unteren Stufen höher sein, als in den oberen“, folgender vom Abg. von Jagow (cons.) beantragter Satz angefügt: „ebensowenig dürfen andererseits die Zuschläge in den oberen Stufen höher sein als in den unteren“ 8
Kunst und Wissenschaft.
X In dem Kunstsalon von E. Schulte sind gegenwärtig zwei große Repräsentationsbilder von G. Marc und A. Schram ausgestellt. Der erstere hat im Auftrag der Stadt Danzig die ver⸗ ewigten Kaiser Wilhelm 1. und Friedrich III. mit ihrer Suite vor einem die Danziger Küstenlandschaft schildernden Hintergrunde ge⸗ malt, mit derben, hauptsächlich auf decorative Wirkung be⸗ rechneten Mitteln, aber nicht ohne coloristisches Geschick in der Beherrschung der großen Massen, während Schram eine Episode aus dem Leben Kaiser Maximilian’s I. darstellt: seine Rückkehr aus dem französischen Feldzuge nach Gent, wo ihn seine jugendliche Gemahlin Maria von Burgund bewillkommnet. Das gewandt gemalte Hochbild befolgt in der theatralisch zusammen
gedrängten Composition die althergebrachten Gesetze der Historien⸗ malerei und verlegt den Schwerpunkt in die farbenkräftige Behand⸗ lung des äußeren Beiwerks, der Gewandung, des architektonischen Hintergrundes ꝛc., während Charakteristik und Ausdruck ziemlich oberflächlich gehalten sind. In demselben Oberlichtsaal hat der Berliner Porträtmaler H. Fechner eine Reihe von Bildnissen bekannter Zeitgenossen, wie Poofessor Virchow, Ludwig Knaus, Gerhart Hauptmann u. a. ausgestellt. Besonders der ausgearbeitete Kopf des letztgenannten Dichters ist lebendig aufgefaßt, noch frischer und unmittelbar wirkt das Porträt des Humoristen Wilhelm Raabe in seiner Studirstube, das im Colorit wesentlich moderner wirkt, als die übrigen Bilder des Künstlers. Ein trotz der kalten und glatten Behandlung außerordentlich charaktervolles Porträt eines jungen Geistlichen vom Grafen Ha rrach reiht sich diesen Leistungen an. Graf Leopold von Kalkreuth verschmäht in seinen Vildnisßen, deren eines die Züge Ernst von Wildenbruch's lebens⸗ voll wiedergiebt, alle Absichtlichkeit in Haltung und Ausdruck und be⸗ schränkt sich auf die unmittelbare Wiedergabe augenblicklicher Beob
achtung. Dadurch erhalten seine Bilder außerordentliche Frische und Lebendigkeit. Auch Mar Schlichtin g theilt diesen modernen Stand⸗ punkt, während die in Paris ausgebildete Malerin M. Kasten von theatralischer Gespreiztheit sich nicht ganz freizuhalten vermag; am vortheil⸗ haftesten zeigt sich ihr Talent in dem kleinen Kniestück der Erbprinzessin von Hohenzollern⸗Sigmaringen. Beachtenswerthe coloristische Be⸗ gabung bekunden auch die Stillleben und Porträts einer in München ausgebildeten Berlinerin L. Kögel und ein vornehmes Damenbildniß von M. Dumstrey, die in dem elektrisch erleuchteten Saale der Ausstellung neben den grellen südländischen Landschaften von Corrodi und der bekannten effectvollen neapolitanischen Abendscene von O. Achenbach einen schweren Stand haben. Der in Weimar an⸗ sässige Friese Momme Nissen hat zwei schlicht aufgefaßte Interieurs aus der Wartburg ausgestellt. Von Walter Firle, dem bekannten Münchner, finden wir einige vielleicht allzu zierliche Genre⸗ scenen, und eine stattliche Anzahl Aquarellstudien von Döpler d. J., sodaß auch diese Ausstellung des Schulte’'schen Salons, wenn sie auch an actuellem Interesse der vorhergehenden bei weitem nachsteht, mannigfache Anregung bietet. Eine strengere Ausschließung von gleichgültiger Marktwaare, die leider neben dem vielen Guten auch vertreten ist, würde dem vornehmen Charakter der Ausstellungs⸗ räume indessen besser entsprechen, zumal es an derartigen minder⸗ werthigen Kunstdarbietungen in Berlin ohnehin nicht mangelt.
— Elise Polko, die liebenswürdige Musik⸗ und Familien⸗ schriftstellerin, begeht, wie die „Voss. Ztg.“ mittheilt, heute die Feier ihres siebzigsten Lebensjahres.
— Der Intendant das Herzoglichen Hoftheaters in Altenburg Freiherr von Liliencron ist am Sonnabend in Altenburg gestorben.
Land⸗ und Forsftwirthschaft.
Weizenernte in Indien.
Nach einem von dem Department of Land Records and Agriculture in Lahore am 20. Dezember v. J. veröffentlichten Bericht ist die in dem Erntejahr 1892/93 in Punjab mit Weizen bebaute Fläche um 5 % größer als im vorigen Jahre, welches ein besonders ungünstiges war. Die Anbaufläche wird auf ungefähr 6 512 700 Acker geschätzt, während der Durchschnitt der letzten fünf Erntejahre 6 523 800 Acker betrug.
Der Ausfall der Ernte hängt nunmehr hauptsächlich von dem Eintritt der Winterregen ab, welche man mit Ungeduld erwartet.
Nach einer Mittheilung des „Schwäb. Merkur“ sind in der Um⸗ gebung von Stuttgart vier Fünftel der nicht bezogenen Weinstöcke erfroren. An den Aepfel⸗ und Birnbäumen ist im allgemeinen Schaden nicht eingetreten, dagegen dürften Aprikosen und Pfir⸗ siche gleichfalls bedeutend gelitten haben. 8
Gesundheitswesen, Thierkrankheite und Absperrungs⸗
Maßregeln.
Cholera.
5 a. S., 31. Januar. Einem Privattelegramm vom 28. d. M. gegenüber, worin behauptet wurde, daß hier eine neue Cholera⸗Erkrankung festgestellt worden sei, wird der „Saalezeitung“ von amtlicher Seite mitgetheilt, daß dies auf einem Irrthum beruhe. Seit Beginn der Cholera⸗Epidemie in der Irrenanstalt zu Nietleben sei in der Stadt Halle überhaupt keine einzige Erkrankung festgestellt worden. Der Stadtkreis Halle sei voll⸗ kommen cholerafrei. Dies werde auch von dem Physicus des Stadt⸗ kreises, Sanitäts⸗Rath r. Risel ebenso wie von der Direction der medizinischen Klinik der Universität bestätigt. Auch in Trotha ist jeit dem 24. d. M. kein Erkrankungsfall vorgekommen. Die durch Gebrauch von Saalewasser verursachte Cholera⸗Erkrankung in der Stadt Wettin ist der „Saale⸗Zeitung“ zufolge tödtlich verlaufen. In Nietleben sind, wie die „Hall. Z.“ meldet, weder Neuerkrankungen noch Todesfälle an Cholera vorgekommen. Da gegen sind in Kröllwitz bei Halle mehrere Mitglieder einer Familie erkrankt, bei einem Kranken ist bereits asiatische Cholera festgestellt. Auch in diesem Falle handelt es sich um mißbräuchliche Verwendung von Saalewasser. Weitere Erkrankungen oder Todesfälle werden aus dem Saalkreise nicht gemeldet.
Hamburg, 30. Januar. Der Geheime Medizinal⸗Rath, Pro⸗ fessor Dr. Koch und Hegjeser Dr. Gaffky (Gießen) nd auf Wunsch des Senats auf kurze Zeit hierher gekommen und haben heute an einer Sitzung der Choleracommission des Senats theilgenommen. Wie der „Hamb. Corr.“ hört, wünscht man an hiesiger maßgebender Stelle, sich durch mündliche Besprechung mit den sipagntem Autoritäten darüber zu vergewissern, daß in Hamburg zur Abwendung der Choleragefahr nach allen Richtungen hin geeignete Maßnahmen getroffen worden sind, und ob noch irgend welche Ergänzungen der Vors Eehi eih wünschenswerth erschlenen.
8 Handel und Gewerbe.
rägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesfien. ⸗ 8 An der Ruhr sind am 30, d. M. gestellt 11 024, nicht rechtzeitig
gestellt 3 Wagen.
In Oberschlesien sind am 28. d. M. geftellt 4874, nicht
rechtzeitig gestellt keine Wagen.
Zwangs⸗Versteigerungen. Beim Königlichen Amtsgericht 1 Be nd am 30. Januar das Grundstück der Frau Zimmermeister Anna Schmidt, geb. in der 1121. 8132 3 belegen, zur Versteigerung; Fläche 11,7 a; Mindestgebot 28 500 ℳ; für das Meistgebot von 400 000 ℳ wurde der Rentier Georg Cohnitz zu Charlottenburg, Fasanenstraße 5, Ersteher. — Aufgehoben wurde das Verfahren der Zwangsversteigerung wegen des Grundstücks Novaglisstraße 12, dem Zimmermeister Wilh. Kulisch gehörig. Beim Königlichen Amtsgericht II. Berlin stand am 30. Januar das im Grundbuch von Groß⸗Lichterfelde Band 28 Blatt Nr. 844 auf den Namen des Technikers Paul Müller zu Schöneberg eingetragene, zu Groß⸗Lichterfelde belegene Grundstück zur Versteigerung. Das Grundstück ist bei einer Fläche von 8,47 a nicht zur Grundsteuer, mit 825 ℳ Nutzungswerth und 33 ℳ zur Gebäudesteuer veranlagt; Mindestgebot 219 ℳ; für das Meistgebot von 16 600 ℳ wurde der Kaufmann Hermann Nehrkorn zu Berlin, Kurfürstendamm 9, Ersteher.
— Der Aufsichtsrath der Gummiwaarenfabrik Voigt u. Winde Aetiengesellschaft trat gestern zu einer Sitzung zu⸗ sammen, in der die Direction den Abschluß für 1892 vorlegte. Der Reingewinn beträgt 93 661 ℳ Der Aufsichtsrath beschloß, der am 25. Februar d. J. abzuhaltenden Generalversammlung die Vertheilung einer Dividende von 8 % vorzuschlagen.
— In der am 31. Januar abgehaltenen Sitzung des Curatoriums der Pommerschen Hypotheken⸗Actienbank, Berlin, wurde der Abschluß für 1892 vorgelegt und genehmigt. Die Bank hat im abgelaufenen Jahre ihren Pfandbriefumlauf abermals erheblich crhöht (Zunahme über 18 Millionen Mark). Der Nettogewinn beträgt 457 761 ℳ (1891: 297 558 ℳ), aus dem der auf den 28. Februar c. einzuberufenden Generalversammlung die Vertheilung einer Dividende von 6 % (wie 1891) auf das erhöhte Actienkapital von 4 ½ Millionen Mark (1891: 2 999 800 ℳ) bei einem Gewinnvortrag von 95 588 ℳ vorgeschlagen wird.
— Der Aufsichtsrath des Barmer Bankvereins hat be⸗ schlossen, der auf den 25. Februar d. J. einzuberufenden Generalver⸗ sammlung die Vertheilung von 6 ½ % Dividende (gegen 6 % im Vor⸗ jahre) vorzuschlagen. .
— Der „Rhein. Westf. Ztg.“ zufolge wurde in der gestrigen Monatsversammlung des Westfälischen Kokssyndikats die Productionseinschränkung, die im Januar 29 % betrug, für den Monat Februar auf 25 % herabgesetzt. Die zur Deckung der Geschäfts⸗ unkosten und Preiszuschüsse bestimmte Umlage bleibt wie bisher 17 %.
— Wie aus Wien telegraphisch gemeldet wird, hat der „N. Fr. Pr.“ zufolge die Oesterreichische Creditanstalt auf Grund des Uebereinkommens der Rothschildgruppe mit der Regierun den Kaufschilling für die Uebernahme von 30 Millionen nominell vierprozentige österreichische Goldrente in effectivem Golde eingeliefert. Im ganzen verfügen die öffentlichen Kassen Oesterreich⸗Ungarns über 257 ⁄1108 Millionen Goldbeträge inel. Goldwechsel, wovon auf die österreichisch⸗ungarische Bank 134 Millionen, auf die österreichische Regierung approximativ 35 und auf die ungarische Regierung 55 Millionen entfallen. Die Goldbeschafiung der Creditanstalt beläuft sich auf 33 ⁄10 Millionen.
Nach einer Meldung der „Köln. Ztg.“ aus Konstantinopel verlautet daselbst, daß die Veröffentlichung des Irades unmittelbar bevorstehe, durch den die Concession zum Bau der neuen Eisen⸗ bahn der durch Kaullba vertretenen deutschen Gruppe er⸗ theilt wird.
Magdeburg, 30. Januar. (W. T. B.) Zuckerbericht. Kornzucker excl., von 92 % 14,95, Kornzucker exel., §8 % Rendement 14,35, Nachproducte excl., 75 % Rendement 12,00. Fest. Brod⸗ öehhg ⸗ I. 27,75. Brodraffinade II. 27,50. Gem. Raffinade mit Faß 28,00. Gem. Melis 1. mit Faß 26,25. Stetig. Rohzucker IJ. Product 111 f. a. B. Hamburg pr. Januar 14,30 Gd., 14,35 Br., pr. Februar 14,32 ½ bez., 14,35 Br., pr. März 14,35 Gd., 14,40 Br., pr. April 14,42 ½ Gd., 14,45 Br. Still.
Köln, 30. Januar. (W. T. B.) Getreidemark:t. Weizen hiesiger loco 16,50, do. fremder loco 17,75, pr. März 16,85, pr. Mai —,—. Roggen hiesiger loco 14,75, fremder loco 16,75, pr. März 14.75, pr. Mai —,—. Hafer hiesiger loco 14,75, fremder —,—. Rüböl loco 54.00, pr. Man 52,70, pr. Oktober 52,50.
München, 30. Januar. (W. T. B.) Die Bayerische Hypotheken⸗ und Wechselbank erhöhte ihr Actienkapital um 5 Millionen Mark.
Leipzig, 30. Januar. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ handel. 5 Plata. Grundmuster B. per Februar 3,62 ½ ℳ, per März 3,65 ℳ, per April 3,67 ½ ℳ, per Mai 3,70 ℳ, per Juni 3,72 ½ ℳ, per Juli 3,75 ℳ, per August 3,75 ℳ, per September 3,75 ℳ, per Oktober 3,77 ½ ℳ, per November 3,77 ½ ℳ, per Dezember 3,77 ½ ℳ, per Januar —. Umsatz 60 000 kg.
Wien, 30. Januar. (W. T. B.) Heute wurde mit dem Galizischen Landesausschuß der Vertrag, betreffend die Ueber⸗ nahme von 58 850 000 Kronen 4 % Galizische Landes⸗ Anleihe, die zur Convertirung der noch im Umlauf befind⸗ lichen 5 % Galizischen Grundentlastungs⸗Obligationen dienen soll, abgeschlossen. Der übernehmenden Gruppe ge⸗ hören an die Union⸗Bank in Wien, die Galizische Landesbank, die Galizische Actien⸗Hypothekenbank in Lemberg, die Ungarische Escompte Wechsler⸗Bank in Budapest, die Bankhäuser Mendelssohn u. Co. und Robert Warschauer u. Co. in Berlin, die Norddeutsche Bank in Hamburg, das Bankhaus Gebrüder Bethmann und die Deutsche Effecten Wechsel⸗Bank in Frankfurt a. M.
Pest, 30. Januar. (W. T. B.) Productenmarkt. Weizen behauptet, pr. Frühjahr 7,46 Gd., 7,48 Br., pr. Herbst 7,63 Gd., 7,65 Br. Hafer pr. Frühjahr 5,50 Gd., 5,52 Br. Mais pr. Mai⸗Juni 4,75 Gd., 4,76 Br. Kohlraps pr. August⸗September 11,25 Gd., 11,35 Br. — Kalt.
London, 30. Januar. (W. T. B.) Wollauction. Preise übs dest Kreuzzuchten begehrt, für Scoured greasy nur geringe Nachfrage.
96 % Javazucker loco 16 ⅞ ruhig, Rüben⸗Rohzucker loco 14 ¼ ruhig. — Chile⸗Kupfer 45 ¼, pr. 3 Monat 45 Se
Der „Times“ zufolge umfaßt der gestern veröffentlichte Bericht der englischen Regierung über die argentinischen Finanzen auch die Schulden der Städte und der Fesr nzen. für welche die nationale Regierung nicht verantwortlich ist. 8b
Glasgow, 30. Januar. (W. T. B.) Die Verschiffungen von Roheisen betrugen in der vorigen Woche 6276 Tons gegen 3148 Tons in derselben Woche des vorigen Jahres. 88 1
Bradford, 30. Januar. (W. f. B.) Wolle fester, ruhig. Merinowolle unverändert, englische Kreuzzuchten fest. Garne fest. In Stoffen Fabrikanten beschäftigt, 2 regse jedoch unbefriedigend.
Paris, 30. Januar. (W. T. B.) Nach einer Meldüng aus Buenos Aires hat das von Angelo Sommaruga geleitete Bankhaus „Emporio della patria italiana“ seine Zahlungen eingestellt. Sommaruga sei entflohen. 88
Amsterdam, 30. Januar. (W. T. B.) Japa⸗Kaffee good ordinary 56 ½. Bancazinn 55 ¾.
New⸗York, 30. Januar. (W. T. B.) Die Börse er⸗ öffnete schwach, war im weiteren Verlauf unregelmäaͤßig, schloß jedoch fest. Der Umsatz der Actien betrug 417 000 Stück. Der Silber⸗ vorrath wird auf 620 000 Unzen geschätzt. Silberverkäufe fanden nicht statt. ““ 8
Weizen eröffnete niedriger und schwächte sich den ganzen Tag auf telegraphische Berichte ab. Schluß kaum behauptet. — Mgagis eröffnete höher, zog im Verlauf noch weiter an, schwächte sich aber später auf Realisirungen der Haussiers und Zunahme der sichtharen Vorräthe ab. Schluß sest.
Visible S wpplp an Weizen 81 488 000 Bufhels, do. an Mais 12 595 000 Bushels. 88.
Chieago, 30. Januar. (W. T. B.) Weizen eroöͤffnete erhehlich 1 stieg noch weiter infolge kräftigen Eingreifens der Haussepartei, gab aber später auf günstige Ernteberichte wieder nach.
wirkens einer so woͤhnter
Schluß kaum behauptet. — Mais eröffnete steigend und war au Realisirungen wieder nachgebend. Schluß fest. “
Verkehrs⸗Anstalten. Hamburg, 30. Januar. (W. T. B.) Hamburg⸗Ameri⸗
kanische Packetfahrt⸗Actien⸗Gesellschaft. Der Post⸗
dampfer „Scandia“ hat, von New⸗York kommend, gestern Abend Lizard passirt. Der Schnelldampfer „Fürst Bismarck“ ist, von Hamburg kommend, heute Nacht in New⸗York eingetroffen.
Triest, 30. Januar. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Pandora“ ist, von Konstantinopel kommend, heute Vormittag hier eingetroffen.
London, 30. Januar. (W. T. B.) Der Castle⸗Dampfer „Drummond Castle“ ist heute auf der Heimreise in lymouth angekommen. Der Castle⸗Dampfer „Hawarden Castle“ ist am Freitag auf der Ausreise in Durban angekommen. Der Castle⸗ Dampfer „Doune Castle“ ist am Sonnabend auf der Ausreise in
ur ban (Natal) angekommen. 8
Theater und Musik.
Ksdhnigliches Schauspielhaus.
Unter dem Titel „Kriemhilde“ ging gestern Abend auf der Königlichen Bühne ein modernes Drama von Wilhelm Meyer mit freundlichem Erfolg in Scene. Der Verfasser hat schon vor ungefähr zwei Jahren durch sein Schauspiel „Unsichtbare Ketten“ die Aufmerksamkeit auf sich gelenkt; gestern wie damals konnte man sich an manchen Anzeichen eines jungen, frischen dramatischen Talents er⸗ freuen, doch muß man auch diesmal noch .“ Spuren der Unfertigkeit gegenüber Nachsicht walten lassen. In der Wahl des Stoffes erweist sich der Autor sehr glücklich; er schnitzt aus möglichen gesellschaftlichen Vorgängen der Gegenwart wie aus dem rohen Stoff einen dramatischen Kern künstlerisch heraus und versteht es, ihn dichterisch auszugestalten. Das Schauspiel „Kriem⸗ hilde“ aus dem Boden des wirthschaftlichen bürgerlichen Lebens natürlich hervor. Hannah Hartogges Gatte erschießt sich beim Herein⸗ brechen des Bankerotts und seine Frau schwört ihren Brüdern un⸗ auslöschliche Rache, weil sie dem Schwager die Rettung seiner kaufmännischen Ehre verweigerten und ihn so in den Tod trieben. Ein räthselhafter reicher Russe giebt sich zum Werkzeug Hannah’s her und die moderne Kriemhilde sieht endlich ihre Brüder elend und als vergeblich Flehende vor sich stehen. Die Befriedigung ihrer Rache aber bezahlt sie mit dem Abscheu ihrer Umgebung; selbst der verliebte Russe wendet sich schaudernd von ihr und nur der muthige Aufruf zur sühnenden That aus dem Munde einer frommen Schwester, Telesphora, rettet die Heldin vor der Selbstvernichtung.
Man sieht, der Stoff spricht mit beredten Zungen aus der mo⸗ dernen, gährenden Gesellschaft; die künstlerische Gestaltung schuf manche erschütternden Scenen; wenn trotzdem die Wirkung des Stückes auf die Zuschauer ungleich blieb, so liegt das zum theil an der mangel⸗ haften Begründung des Konflikts und zum theil an der unklaren und schwerfälligen Scenenführung. Der Titel des Schauspiels läßt er⸗ warten, der Dichter habe der Siegfriedsage entsprechende eiserne Menschen und Charaktere auf die Bühne stellen wollen, aber schon Kriemhilde's Gatte ist kein Siegfried und bei den übrigen Personen geht der Vergleich fast noch mehr in die Brüche. Der Kaufmann Erich Hartogg, dessen Weib durch seinen unrühmlichen Tod zur Rache⸗ göttin erwächst, redet einiges von Idealen, manches von seiner Ver⸗ achtung des Goldes, aber alles klingt verworren und schwächlich und sein Tod raubt der Gestalt vollends alles Heldenhafte; es fehlt ihm die große Seele, deren tiefer Fall thränendes Mitgefühl weckt. Der Schmerz des klagenden Weibes um den todten Gatten ist wohl ergreifend, und die erste heiße Aufwallung des Hasses und der Rache trägt das Merkmal urwüchsiger mensch⸗ licher Empfindung. Der Mann aber, der gerächt werden foll, bleibt dem Zuschauer gleichgültig; er war selbst mitschuldig an seinem Fall, denn Schwäche an verantwortungsvoller Stelle wird zur Sünde. Allmählich wird der zähe Groll Hannah’s als eine Ungerechtigkeit empfunden; die Theilnahme wendet sich langsam den unglücklichen Opfern zu, die mit heimtückischer Hinterlist, mit lange gehegtem Vor⸗ bedacht ins Verderben gelockt werden. Ursache und Wirkung stehen sich hier durchaus ungleichwerthig gegenüber und tragen dadurch den Keim zur Zerstörung der Harmonie des dramatischen Baues in sich. Die Scenenführung und der Dialog leiden außerdem an Weitschweifigkeiten und unnützen Wiederholungen, die ihren Zweck, Klarheit in den Gang der Handlung zu bringen, verfehlen. Die Heldin des Dramas, Hannah Hartogg, ist kräftig gezeichnet, neben ihr er⸗ blassen und verschwimmen die meisten Figuren, ja einzelne bleiben überhaupt nur wie schwankende Nebelgebilde in der Seele des Zuschauers zurück. Der märchenhaft reiche Russe, der dem Etzel der Sage entsprechen würde, wirbt in glühenden, abgerissenen Liebes⸗ worten um Hannah, vollzieht das Werk ihrer Rache und zieht sich dann schwermüthig und entsagungsvoll zurück. Der kluge Geschäftsführer Brünning bleibt unverständlich, wenn er einen Antheil an dem Froßen Handelshause ausschlägt und wenn er sich weigert. Hannah um Nachsicht zu bitten, nachdem er gerade deshalb in ihr Haus ge⸗ kommen ist.
In der Beziehung der Figuren zu einander macht sich ein erfreu⸗ liches dramatisches Geschick geltend: in der die Gegenüberstellung der entsagungsvollen, werkthätigen barmherzigen Schwester und der Rache entflammten Hannah Hartogg, die sich erst zur christlichen Milde und Sühne allmählich emporarbeitet, nachdem ihr antikes .sen verwüstend über das eigene Leben hingefahren ist, sehr wirksam.
Was die fast überall tüchtige und lobenswerthe Darstellung an⸗ betrifft, so brachte Fräulein Poppe als moderne Kriemhilde ihre Veranlagung für die Entwicklung starker und wilder Leidenschaft qut zur Geltung. Der ganze Körper erzitterte vor innerer Unruhe bei ihrem schwesterlichen Flehen und erbebte im Uebermaß des Schmerzes; die verzehrende innere Unruhe und den kalten lächelnden Spott in der Rachestunde 8 sie zu einem Bilde von tiefer Wirkung. Herr Matkowsky hatte nur die verzweifelnde Stimmung des gestürzten Kaufmanns zu charakterisiren, und das gelang ihm. Die Herren Keßler und Vischer waren als trockene Zahlenmenschen ernsthaft und zugeknöpft, und Herr Purschian spielte mit Geschmack den lustigen Vogel in dem Zahlenhaus. Frau von Hochenburger durchbrach ihre Milde und Sanftmuth durch einen tragischen Auf⸗ schrei und sprach die Schlußworte mit Pathos und Würde. Als un⸗ bedeutender, lieber Backsisch ging zierlich und zärtlich Frau Conrad über die Bühne. Der Beifall rief den Verfasser wiederholt vor den
Vorhang. b Kroll's Theater.
Gestern fand ein großes Streich⸗Instrumental⸗Concert der vereinigten Musikcorps der Kaiserlichen Matrosen⸗Divi⸗ sion und des Garde⸗Füsilier⸗Regiments unten Leitung der Königlichen Musik⸗Dirigenten Pott und Frese statt. Der von 96 Musikern ausgeführte Hohenfriedberger Marsch, der den im Pro⸗ gramm angeführten Nummern vorausgeschickt wurde, machte einen döchst imponirenden Eindruck. Ihm ähren ein Marsch von Franz Schubert, eine Quverture von Lassen, das Vorspiel zum Festipiet „Parsifal“ von Wagner, eine Rhapsodie „Eepana“ von 8. rss Wagner’s „Rienzt“ Huverture, ein Präludium mit. Fhoral und Fuge von Pach, ein Streichquintett von Grieg, zwei kleine Stücke von Röchel und Panker und ein dem Kaiser Wilhelm I1. ge⸗ widmeter Festmarsch von Kevitsch. Zwischen den genannten Mulif⸗ stückken wurde noch der Marsch des Regiments Prinz Ferdinaud“ (1790) und der des Regiments „Jung Vornstedt: (1792) eingelegt. In der Ausführüng aller dieser verschiedenartigen Mufitkstuücke wär nicht nux die musterhafte Praeision. des Zusammen⸗ großen Anzahl aneinauͤder nicht Fe⸗ Militärmusiker, sondern auch die eingehende uh schwungvolle Vortragsweise zu bewundern. Die 6 roßherzoglichs
Kammersängerin Frau Moran Olden, welche das Coneerk mteze