In der am 6. d. M. fortgesetzten Berathung wurde unter Zuziehung eines Wind⸗ und eines Wassermüllers der Entwurf des für Windmühlen aufgestellten Fragebogens im einzelnen durchberathen und mit einigen Abänderungen gutgeheißen.
Der General⸗Lieutenant von Goetze, Commandeur der 21. Division, hat nach beendetem Urlaub Berlin verlassen.
Der Königliche Gesandte in Karleruhe, Wirkliche Ge⸗ heime Rath von Eisendecher ist von dem ihm Allerhöchst bewilligten kurzen Urlaub auf seinen Posten zurückgekehrt und hat die Geschäste der Gesandtschaft wieder übernommen.
Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg Dr. Versmann ist von Berlin abgereist.
Der Commissar der Landesverwaltung für Elsaß⸗ Lothringen beim Bundesrath, Kaiserliche O er⸗Regierungs⸗
Rath Leydhecker ist nach Straßburg abgereist. 8 *
8 “ „Kreuzer „Sperber“, Commandant Corvetten⸗ cher, ist am 6. d. M. in Sydney eingetroffen
Hanau, 6. Februar. Seine Hoheit der Prinz Friedrich Karl von Hessen hat an den Ober⸗Bürgermeister von Hanau nachstehendes Dankschreiben gerichtet:
„Geehrter Herr Ober⸗Bürgermeister! . Für die in Veranlassung Unserer Vermählung und gelegentlich Unseres Eintreffens in Hanau Mir und Meiner Durchlauchtigsten Gemahlin seitens der Stadt Hanau zum Ausdruck gebrachten theil⸗ nahmsvollen und anhänglichen Gesinnungen drängt es Mich, Meinen besten aufrichtigsten Dank noch besonders auszusprechen. 6
Ich bitte Sie daher, diesen Unsern Dank den städtischen Ge⸗ meindebehörden, Körperschaften und Jungfrauen für den festlichen Empfang und für die Uns durch kunstvolle Ausstattung wie durch schönen Wortinh lt werthvolle Adresse zu übermitteln; auch danken Wir Ihnen selbst bestens für alle freundlichen Bemühungen, für Be⸗ grüßungsworte und Wünsche, welche Uns wahrhaft erfreut und wohl⸗ gethan haben. “
sschloß Philippsruhe, In dieser Ge
am 3. Februar 1893. Friedrich K
DOldenburg. 5 heute zusammengetretenen Landtage sind folgende, das Eisenbahnwesen betreffende Vorlagen gemacht: 1) in Betreff der 1891 in Aussicht genommenen Verlängerung der Bahn Hude — Brake — Nordenhamm bis Blexerdeich. Nach den Vereinbarungen des Norddeutschen Lloyd mit dem bremischen Staat über die künftige Benutzung der im Bau begriffenen neuen Hafenanlagen in Bremerhaven ist mit der Annahme zu rechnen, daß nach Ablauf des diesseitigen Vertrages mit dem Norddeutschen Lloyd wegen der Benutzung der Pieranlagen in Nordenhamm die regel⸗ mäßige Expedition der transatlantischen Dampfer des Lloyd der von demselben dem bremischen Staat gegenüber übernom⸗ menen Verpflichtung entsprechend nicht mehr von Nordenhamm aus erfolgen, sondern wiederum nach Bremerhaven übergehen werde. Dadurch ist das Interesse des oldenburgischen Staats an dem Ausbau der Linie Nordenhamm- Blexerdeich ein wesent⸗ lich verringertes geworden, zumal für das gegenwärtige Bedürfniß des Lloydverkehrs die bestehenden Schiffahrts⸗ verbindungen zwischen beiden Weserufern sich als genügend ergeben haben. Da überdies an der Herstellung der Bahn⸗ verbindung zwischen Nordenhamm und Blexerdeich örtliche Interessen von Erheblichkeit nicht betheiligt sind, indem die Gemeinde Blexen von vornherein gegenüber jeder Anforderung einer eigenen Leistung für die Förderung dieser Verbindung sich ablehnend verhalten, hat die Staatsregierung sich der Erwägung nicht entziehen zu dürfen geglaubt, ob es bei der veränderten Lage der Verhältnisse nicht den Vorzug verdiene, auf den Ausbau der Strecke Nordenhamm⸗-Blexerdeich einstweilen Verzicht zu leisten. Es wird das Einverständniß des Landtags damit beantragt, daß von der Ausführung des Baues der Linie Nordenhamm — Blexerdeich bis weiter abgesehen werde und daß die durch Anleihen für diesen Zweck beschafften 455 000 ℳ nach Abzug einer bereits verwendeten Summe zur Deckung anderer aus dem Eisenbahnbauffonds zu befriedigenden Bedürfnisse mit verwendet werden. 2) Die finanzielle Lage des Erneuerungs⸗ fonds der Eisenbahnverwaltung hat sich infolge des öö verschiedener Umstände im Laufe der gegen⸗ wärtigen Finanzperiode so gestaltet, daß die Sta atsregierung sich ge⸗ nöthigt sieht, für die Deckung des Bedarfs pro 1893 die Mit⸗ wirkung des Landtags in Anspruch zu nehmen. Nach aus⸗ führlicher Darlegung der in Betracht kommenden Umstände wird beantragt, die stattgehabten Ueberschreitungen soweit erforderlich zu genehmigen und den auf 1 315 874,31 ℳ be⸗ rechneten Mehrbedarf des Erneuerungsfonds der Eisenbahn⸗
erwaltung für die Finanzperiode 1891/93 zu Lasten des Eisenbahnbaufonds zu bewilligen. 3) Die zur Erweiterung der
orhandenen Pieranlagen in Nordenhamm sowie die zur Vervoll⸗ ständigung der Gleis⸗ und sonstigen Anlagen auf dem Bahnhof Nordenhamm 1891 und 1892 ausgeführten Bauten, für deren Her⸗ ssttellung der auf 650 000 ℳ veranschlagte Kostenaufwand vom Landtag bewilligt wurde, haben nicht unerhebliche Mehrauf⸗
wendungen in ne-e gn. genommen. Es wird unter Dar⸗ legung der Einzelnheiten beantragt, die Erhöhung der für die gedachten Anlagen bewilligten Mittel auf 828 939,84 ℳ⸗ zu Laften des Eisenbahnbaufonds zu geneh⸗ migen. 1 O. nach Brake waren auf 1 500 000 ℳ einschließlich der Kosten des Grunderwerbs veranschlagt und sind zu diesem Betrage vom Landtag bewilligt. Bei näherer Erörterung des Projects hat sich wider Erwarten der Staatsregierung eergeben, daß diese Mittel nicht ausreichen, sondern daß sich der Kostenaufwand für die vorzugsweise bauwürdige Linie auf 1 700 000 ℳ stellen werde. Es ist zunächst noch eine speciellere Veranschlagung der Baukosten an⸗ geordnet, die aber wegen anderweiter dringenden Arbeiten der Eisenbahnverwaltung noch nicht zum Ab⸗ schluͤß haben gebracht werden können, und es muß die Staats⸗ regierung ihre Anträge wegen Bewilligung der weiter erforder⸗ lichen Mittel zur Zeit sich noch vorbehalten. Die damit ver⸗ bundene Verzögerung ist insofern von keiner praktischen Be⸗ deutung, als es bei dem Mangel an technischen Arbeitskräften ohnehin nicht möglich gewesen sein würde, in der
laufenden
4) Die Baukosten der projectirten Bahn von Olden⸗
8 8 “ Finanzperiode neben dem Bau der Vareler Ringbahn auch noch die Bahn Oldenburg — Brake ur Ausführung zu bringen. 5) Staatsvertrag mit Preußen über die Erbauung einer Eisenbahn von der Station Bierfeld der preußischen Staatsbahn Hermeskeil — Wemmetsweiler nach Birkenfeld (Türkismühle) mit dem Antrage auf Zustimmung.
Oesterreich⸗Ungarn.
Der Erbprinz Danilo von Montenegro, der gestern Vormittag in Wien eingetroffen ist, stattete dem Grafen Kälnoky einen Besuch ab, den dieser alsbald erwiderte. Der Erbprinz wird dem „W. T. B.“ zufolge drei bis vier Tage in Wien bleiben und sich sodann nach St. Petersburg begeben. Der bisherige spanische Botschafter Merry del Val hat am Sonntag Abend Wien verlassen und sich nach Rom begeben. Das ungarische Unterhaus hat den Gesetzentwurf über die Veranstaltung einer Landesausstellung anläßlich der Millenniumsfeier im Jahre 1896 angenommen. Alle übrigen Anträge, darunter einer auf Veranstaltung einer Weltausstellung und Einsetzung einer parlamentarischen Commission zur Unterstützung der Regierung bei den Fest⸗ lichkeiten wurden abgelehnt. Der Minister⸗Präsident Dr. Wekerle hatte im Laufe der Debatte erklärt, eine solche Commission würde ein trauriges Eingeständniß von Schwäche der Regjerung bedeuten; er wünsche die Unabhängigkeit Ungarns nicht nur anläßlich dieser Feier, sondern bei jeder Gelegenheit gewahrt zu wissen.
8 8
Großbritannien und Irland. “ Im Oberhause erklärte gestern der Staatssecretär der auswärtigen Angelegenheiten Earl of Rosebery, Sir Gerald Portal sei nach Uganda in seiner Eigenschaft als Commissar für die britische Einflußsphäre in Ost⸗Afrika ge⸗ gangen, um über die beste Methode bezüglich der Be⸗ handlung Ugandas zu berichten. Er besitze hinreichende Autorität, alles in dieser Hinsicht Erforderliche zu thun. In den ihm gegebenen Instructionen sei sein Auftrag be⸗ züglich der nicht zum Machtbereich der Britischen ostafrikani⸗ schen Gesellschaft gehörigen Gebiete — und hierzu gehöre Uganda nach dem 31. März d. J. — dahin definirt, daß er, soweit sich Gelegenheit dazu biete, den britischen Einfluß, Frieden und Ordnung aufrecht erhalten, den Handel entwickeln, die freie Bewegung der handeltreibenden Reisenden sichern und allgemein, jedoch ohne ungehörige Einmischung, den eingeborenen Volks⸗ stämmen den Weg für die Segnungen der Civilisation ebnen und den Sklavenhandel unterdrücken solle. Im übrigen ließen die ertheilten Instructionen Sir Gerald Portal freie Hand, zu handeln, wie er es für geeignet halte. Er besitze mithin hinreichende Vollmacht und habe auch genügendes Personal, um die nach Räumung Ugandas durch die Ost⸗ afrikanische Gesellschaft ihm obliegenden Pflichten zu erfüllen. Er habe 230 Mann Truppen aus Sansibar bei sich und könne auch die Streitkräfte der Ostafrikanischen Gesellschaft engagiren. Kurz, er habe freie Hand, alles, was er für geeignet halte, in seiner Eigenschaft als Commissar zu thun, bis die Regierung seinen eventuellen Bericht geprüft habe. Im Unterhause verlas gestern der spremler- inister Gladstone die Instructionen für Sir Gerald Portal und erklärte, derselbe habe in Uganda zu handeln, wie es ihm Vorsicht und Klugheit gebieten. Der Parlamentssecretär des Colonialamts Buxton erklärte, es liege nicht in der Absicht der Regierung, die 1890 mit Transvaal über Swaziland abgeschlossene Convention zu kündigen; aber sie habe dem Präsidenten der Republik Transvaal, Krüger, bedeuten lassen, daß, falls Transvaal in eine Conferenz mit England eintreten wolle, um die ge⸗ troffene Abmachung von neuem zu erwägen, die englische Re⸗ gierung dazu bereit sei. Der Parlamentssecretär des Aus⸗
wärtigen Amts Grey wies darauf hin, daß die Regierung⸗
nicht in der Lage sei, sich zuverlässige Nachrichten über den Charakter und den Zweck sowie das Ergebniß der Expedition Van Kerckhoven's zu verschaffen. Sie wisse nicht, ob die Erpedition jemals die englische Sphäre betreten habe, oder, falls sie dieselbe betreten, in derselben weiter vorgerückt sei oder sich zurückgezogen habe. Bei der sodann fortge⸗ setzten Adreßdebatte zog Labouchéêre sein Amendement (siehe Nr. 31 des „R.⸗ u. St.⸗A.“ vom 4. d. M.) zurück. Wharton beantragte ein Amendement, worin dem Bedauern Ausdruck gegeben wird, daß keine Maßregeln zur Erleichterung der Lasten der unter dem Nothstand der Landwirthschaft leidenden Bevölkerung vorgeschlagen würden. Gardner be⸗ kämpfte das Amendement und hob hervor, die Landwirth⸗ schaft verdiene Sympathie, aber während der Debatte habe niemand Abhilfsmittel vorgeschlagen. Die landwirthschaftliche Conferenz habe einen Schutzzoll empfohlen, aber die Führer der Opposition schienen diese Ansicht nicht zu theilen; sie schienen auch die Erleichterung der Steuerlasten nicht zu unter⸗ stützen; die Vertreter der Landwirthschaft seien über die Mittel zur Abhilfe des Nothstandes nicht einig, deshalb sei die Ein⸗ setzun eines Untersuchungs⸗Ausschusses der beste Ausweg, um eine e für die Gesetzgebung zu finden. 1
Auf die in der Sitzung des Unterhauses vom Freitag gestellte Anfrage des Abg. Howard Vincent, wie sich die Regierung den in dem Congresse der Gewerkvereine
efaßten Beschlüssen Fesenahes zu verhalten gedenke (siehe
ger 30 des „R. u. St.⸗A.“ vom 3. d. M.), erwiderte nach der „A. C.“ der Premier⸗Minister Gladstone, die Gesetz⸗ gebung habe ausdrücklich ausgesprochen, daß dem gan en Land die Mitbewerbung zum Ankaufe aller Artikel, wo au h immer diese fabrizirt werden möchten, freistehe. Darnach hätten sich die Verwaltungsbehörden zu richten. In Bezug auf den dritten Punkt habe die Regierung keine Macht, denen, die Schiffe zu laden und abzuladen hätten, zu befehlen, daß sie sich dazu nur einheimischer Arbeiter bedienen sollten.
Die dem Parlament vorgelegte Correspondenz der egyp⸗ tischen Angelegenheiten zeigt, daß Riaz Pascha nicht, wie behauptet worden, dem Lord Cromer durch den Khedive aufgedrängt, sondern von ihm empfohlen wurde, als für
Mustapha Fehmy Pascha, den Premier⸗Minister, der lebens⸗ gefährlich erkrankt war, Ersatz geschaffen werden mußte, wäh⸗
rend der Khedive zunächst Tigrane Pascha, einen Nichtmoha⸗ daner, für den Posten in Aussicht genommen hatte.
Nach einer Meldung des „Reuter’'schen Bureaus“ aus Bombay von gestern ist an das in Muttra (Bengalen) stehende Dragoner⸗Regiment Befehl ergangen, sich bereit zu halten, um demnächst nach Egypten zu gehen.
Frankreich.
In der Deputirtenkammer richtete gestern der De⸗ putirte Millevoye eine. Anfrage an die Regierung, worin er, wie der „Frkf. Ztg.“ berichtet wird, daran erinnerte, kürz⸗ lich habe der Justiz⸗Minister erklärt, daß Herz in die Panama⸗ Verfolgungen einbegriffen sei. Es sei dringend nöthig, daß Herz spreche, daz er von einer Krankheit ergriffen sei, die rascher arbeite als idie Justiz. Das Haus in Bornemouth dürfe nicht das Geheimniß bewahren wie das Grab und die Schubladen des Barons Reinach. Vom Exlle aus habe Nochefort erklärt, Herz habe ihm mitge⸗ theilt, 3 ½ Millionen an Clémenceau gegeben zu haben. Es sei vom größten Interesse, die Herkunft dieses Geldes zu untersuchen, da Herz angeschuldigt sei, widerrechtlich enorme Summen aus dem Panama⸗Fonds bezogen zu haben. Man müsse also die nöthigen Vernehmungen und Confrontationen bewerkstelligen. Er hoffe, die Enquctecommission werde gleich der Regierung sich für die Frage interessiren. Der Justiz⸗Minister Bourgeois erklärte, die Frage Millevoye'’s nicht beantworten zu wollen. Man dürfe nicht die Tribüne der Kammer in einen Nebenraum des Cabinets des Untersuchungsrichters umwan⸗ deln. Diesem allein, in voller Unabhängigkeit und Verant⸗ wortung, komme es zu, zu entscheiden, ob die Anhörung neuer Zeugen für die Untersuchung nöthig sei. Kein Wort werde aus des Redners Munde kommen, das wie eine Weisung an den Untersuchungsrichter aussehen könnte. Niemals dürften die Debatten der Untersuchung ein Gegenstand der parlamen⸗ tarischen Discussion werden. Dem Justiz⸗Minister komme es u, die Unabhängigkeit der Richter durch seine eigene con⸗ situtonelle Verantwortlichkeit zu decken. Niemals würde er die Entscheidung der Richter beeinflussen lassen durch eine von Parteileidenschaft verblendete Opposition oder Drohungen eines in contumaciam Verurtheilten. Brisson erklärte, falls in der Enquétecommission die Absendung einer Delegation nach London beantragt würde, so werde er dem entgegenwirken, da die hier Facten nichts mit Panama zu thun hätten. Clémenceau sagte, er unter⸗ stehe den Gesetzen des Landes und habe bis auf weiteres nur eines zu thun: zu warten und die Vücher der „Justice“ zur Verfügung der Enquétecommission zu stellen, falls diese Ein⸗ sicht davon nehmen wolle. Er könne fürs erste nur sagen, daß er den öffentlichen Gewalten zur Disposition stehe. Der Zwischenfall war damit geschlossen. 8
Die Panama⸗Untersuchungscommission hat ein⸗ stimmig einen Antrag Maujan angenommen, worin dem Wunsche nach baldmöglichster Mittheilung des in den Acten des Untersuchungsrichters Franqueville enthaltenen Materials, dessen Kenntniß für die Commission von Nutzen sein könnte, sowie der etwaigen Ergebnisse der späteren Verhöre und der Beschlagnahme von Schriftstücken bei Herz und Arton Aus⸗ druck gegeben wird. 8
Die gestrige Nummer der Gesetzsammlung enthält ein Ministerialverordnung, wonach von den in den Jahren 1891 und 1892 zeitweilig emittirten 150 Millionen Rubeln Credit⸗ billets 25 Millionen aus dem Verkehre gezogen werden sollen. Ferner wird ein Gesetz veröffentlicht, betreffend die Aufhebung der Zuschlagsaccise auf Raffinadezucker bei gleichzeit er Erhöhung der Accise auf Zucker jede Art auf 1 Nubel 75 Kopeken pro Pud vom 1. Septembe 1894 ab. Nach demselben Gesetz wird eine Patentsteue im Betrage von 5 Rubeln für je 1000 Pud Raffinadezucke eingeführt. Endlich wird eine Ministerialverordnung ver⸗ öffentlicht, betreffend temporäre Maßnahmen zur Entwicklung der Wechseldiscontirung, seitens der Reichsbank.
“ Italien.
Gestern Abend fand, wie „W. T. B.“ berichtet, auf der deutschen Botschaft in Rom ein große Ballfestlichkeit statt. Der König und die Königin trafen mit dem Grafen von Turin, begleitet von den hohen Würdenträgern des Hofes, um 11 Uhr auf der Botschaft ein, wo sie von dem Botschafter Grafen Solms und dem ge⸗ sammten Botschaftspersonal am Fuße der großen Treppe empfangen wurden. Der Botschafter reichte der Königin den Arm und geleitete sie in den Festsaal. Beim Eintritt der Majestäten in den letzteren intonirte die Musik die italienische Königshymne. Der Ball wurde mit einer Quadrille eröffnet, welche die Königin mit dem Botschafter tanzte.
Den bei dem Heiligen Stuhl beglaubigten Botschaftern Oesterreich⸗Ungarns, Frankreichs, Portugals, Spaniens und dem Gesandten Bayerns sind dem „W. T. B.“ zufolge bereits die Beglaubigungsschreiben ihrer Regierungen für die Mission zur Beglückwünschung des Papstes zu dessen fünfzigjährigem Bischofs⸗Jubiläum zugegangen. Die Königlichen Familien Belgiens, Sachsens und Rumäniens werden zur Beglückwünschung Specialbevollmächtigte entsenden.
Spanien. Die Beisetzungsfeierlichkeiten für die Herzogin von Madrid fanden gestern in Madrid unter zahlreicher Betheiligung der Carlisten statt. 8 .
In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer wies der Finanz⸗Minister Oliveira Martius im Verlauf der Berathung der Vorlage über die Herabsetzung der Zinsen für die auswärtige Schuld darauf hin, daß es noth⸗ wendig sei, in dieser Hinsicht ein Abkommen mit den Inhabern
Titres der auswärtigen Schuld zu treffen.
v 1
Am Sonntag fand, wie „W. T. B.“ berichtet, b Prinzessin Ferdinand die Vorstellung des diplomati⸗ schen Corps statt, das seine Glückwünsche zur Vermählung ausdrückte. Am Abend 12e,, die gesammte Königliche Familie einen Nundgang durch die Stadt, um die festliche Beleuchtung zu besichtigen. Hierauf begaben sich der König sowie der Prinz und die Prinzessin Ferdinand zu der Galavorstellung ins Theater. Bei ihrem Erscheinen wurden Höchstdieselben mit der Nationalhymne und begeisterten Zunzies empfangen. Das Theater war prachtvoll geschmückt. Nachdem mehrere auf die Vermählung des Prinzen Ferdinand bezügliche Ge⸗ dichte vorgetragen worden waren, wurde Shakespeare’s „Sommernachtstraum“ mit der Musik von Mendelssohn auf⸗ geführt. Gestern fand der Empfang einer Anzahl von Depu⸗ tationen sowie der Mitglieder der europälschen Donau⸗ Commission statt. Eine Abordnung unter Führung der Ge⸗ mahlin des Minister⸗Präsidenten Catargiu überreichte der Prinzessin Ferdinand eine Kassette mit d n Ergebniß der
Debatte 8 sich nicht, 1
Nacht geschlafen zu haben.
bei der
uns zu
nationalen Sammlung für eine unter dem Patronat der Prinzessin ins Leben zu rufende Wohlthätigkeitseinrichtung. Eine Reihe von Senatoren und Deputirten sind theils mit Orden decorirt theils durch Verleihung höherer Ordensgrade ausgezeichnet worden. 4 7 Dänemark. 1 1“ Bei der ersten Lesung des von dem Socialdemokraten Hördum im Folkething eingebrachten Gesetzentwurfs wegen Festsetzung des Arbeitslohnes und der Arbeitszeit bei der Licitation staatlicher und communaler Bauten sprachen dem „D. B. H.“ zufolge der Minister des Innern sowie mehrere Abgeordnete sich bestimmt dagegen aus, wobei sie hervorhoben, daß dem Staat und den Communen das Recht zur Benutzung der freien öffentlichen Concurrenz verbleiben müsse. Der Gesetzentwurf wurde zur zweiten Le⸗ ung und an
einen Ausschuß verwiesen.
1“ Amerika.
Der Senat hat, wie „W. T. B.“ aus Washington berichtet, es abgelehnt, in die Berathung des Gesetzentwurfs einzutreten, wodurch das Gesetz bezüglich der Silberankäufe aufgehoben werden soll.
Dem „Reuter'schen Bureau“ wird aus Buenos Aires von heute gemeldet: 3000 Ansiedler der Provinz Santa Fé, mit Gewehren und mehreren Kanonen ausgerüstet, haben sich erhoben, um gegen die von der Provinzial⸗Regierung ein⸗ geführte Getreidesteuer Protest einzulegen. Der Gouver⸗ neur entsandte Truppen und Artillerie “““
Parlamentarische Nachrichten.
Deutscher Reichstag. Der Bericht über die 37. Sitzung vom findet sich in der Ersten Beilage. 8. Sitzung vom Dienstag, 7. Februar, 1 Uhr. Der Sitzung wohnt der Staatssecretär Dr. von tticher bei. Die zweite Berathung des Reichshaushalts⸗Etats
6. Februar be⸗
für 1893/94 wird fortgesetzt, und zwar beim Etat des Reichs⸗ amts des Innern, Gehalt des Staatssecretärs.
Abg. Liebknecht (Soc.): Ich habe mich niemals in besserer Lage befunden, als wenn ich mitsammt meinen Genossen vernichtet sein sollte. Was hat denn die ganze Debatte für einen Sinn ge⸗ habt? Wie kommen Sie dazu, eine solche Debatte in einem solchen Momente vom Zaune zu brechen? Das deutsche Volk beschäftigt sich jetzt bloß mit dem Nothstand und mit der Militär⸗ vorlage, über welche das Volk eine Entscheidung verlangt. „Diese Entscheidung wird hinausgezögert, um das Spiel zu verdecken, welches hinter den Coulissen wegen der Militärvorlage spielt. Diese ganze Debatte ist nur eine Komödie, namentlich seitens des Centrums, welches über den Compromiß verhandelt. Bei der Frage des Zukunftsstaats handelt es sich um wissenschaftliche Fragen, die man doch hier im Reichstage nicht lösen kann. Man konnte be⸗ 2. daß dem Centrum der alte bewährte Führer Windthorst
Unter ihm wäre eine solche Debatte nicht mög⸗ gewesen. Windthorst würde gesagt haben, eine solche der Reichstag ist kein Debattirelub. Der Abg. Freiherr von Stumm hat den Zukunftsstaat mit einem Kaninchenstall und einem Zuchthaus verglichen. Wenn er das Zucht⸗ haus sehen will, dann gehe er nur in seine eigenen Fabriken, und wenn er den Kaninchenstall sehen will, dann gehe er zu den Bourgeois nach Leipzig. In den sechziger Jahren wurde die Lehre von der Harmonie der Interessen verbreitet, genau so wie in den letzten Tagen der Abg. Richter sie vertreten hat. Wer damals einge⸗ schlafen wäre und jetzt erst wieder aufwachte, könnte glauben, nur eine Vom Sparen ist auch viel die Rede ge⸗ wesen. Glauben Sie denn, daß die Arbeiter nicht sparen können? Keiner von Ihnen wird so sparen können, wie die Arbeiter. Einige Arbeiter sparen trotz des erbärmlichen Lohnes, sie legen von dem zu wenig, was sie haben, noch etwas zurück. Was ist das Loos dieser Familien? Ein Bourgeoisblatt hat es gesagt: die Leute sparen sich das Geld an ihrem Leibe ab, sie verkümmern dadurch und verhungern langsam. Das ist auch für die Volkswirth chaft nicht günstig. Den Zukunftsstaat denkt sich jeder nach seiner Fagon, Sie (nach rechts) auch, freilich liegt Ihr Ideal noch in der Vergangenheit, das unserige liegt in der Zukunft. Wenn die Lohnarbeit, die Ausbeutung ab⸗ eschafft ist, dann denkt sich der eine so, der andere so den Zukunfts⸗ taat und malt sich das aus. Wer es glaubt, der glaube es, wer es nicht glaubt, der läßt es bleiben. Anders hat die Social⸗ demokratie niemals vom Zukunftsstaat gesprochen. Es ist dann von dem Begriff des Staats die Rede gewesen, ich be⸗ rufe mich auf Fichte, der den Staat als Selbstzweck auch nicht an— erkennt, der es ausgesprochen hat, daß der Zweck der Regierung nur der ist, die Regierung überflüssig zu machen. Das sind Gedanken, wie sie der Abg. Dr. Bachem bei uns tadelt, wenn wir jede Autorität vernichten wollen. Marx, den jede Wissenschaft als Auto⸗ rität anerkennt, ist der Mann, der den wissenschaftlichen Boden für die Socialdemokratie geschaffen hat, während die Volkswirthschaft früherer Zeit, die Freihandelse und Manchestertheorie von der Wissenschaft längst als Afterwissenschaft verurtheilt worden ist. Was Sie uns vorwerfen, ist das, was heute schon in Ihrer Gesellschaft besteht. Man sagt, wir wollen das Familienleben zerstören, welches der Abg. Richter noch entdeckte in der Frau, die ihrem Manne zu Mittag das Essen bringt. Der Abg. Richter sollte doch einmal das wirkliche Leben der Arbeiter sich ansehen. Die Frau kann gar nicht mehr in der Familie leben, sie muß arbeiten außerhalb des Hauses. Wir werden gefragt, ob wir expropriiren wollen oder nicht? Expropriirt denn die heutige Gesellschaft nicht fortwährend? Warum ist es Lassalle nicht geglückt, eine große Bewegung zu orga⸗ nisiren? Weil damals die Expropritrung der Massen des Mittelstandes, die Erpropriirung des Volks noch nicht so vorgeschritten war. Die Massen besitzen heute kein Eigenthum mehr, sonst gäbe es nicht eine so starke Socialdemokratie. Der Abg. Richter kann diese Entwickelung nicht verstehen, er muß einen verantwort⸗ 88 Menschen dafür haben und hat den Fürsten Bismarck dafür verantwortlich gemacht. Gevwiß hat Fürst Bismarck den Proceß beschleunigt, aber wir glauben nicht an das allmächtige Wirken einzelner Persönlichkeiten. Wir sind trotz des Socialistengesetzes immer stärker geworden. Alle Debatten, die Sie jetzt führen, um u vernichten, werden uns bei den Wahlen ein ausgezeichnetes Material bieten. Mag der Reichskanzler Bismarck oder Caprivi oder Eugen Richter heißen, wir werden fortschreiten, weil die Verhält⸗ nisse, die bestehenden Gesetze für uns arbeiten. Früher hic es, die Massen tyrannisiren die Führer; jetzt sollen die Führer die Massen tyrannisiren! Der socialdemokratische Staat soll ein Zuchthaus sein! Wo ist denn die Freiheit im heutigen Staate? Was der Abg. Bebel gestern sagte, wer nicht arbeitet, muß verhungern, ist ganz richtig. Wer nicht arbeitet, verdient nicht ordentlich zu essen. Heute essen gerade die Nichtsthuer am besten und die Arbeiter verhungern. Der Abg. Dr. Bachem hat tragisch ausgerufen: „Nur über unsere Leichen geht der Weg zur Vernicht 2 1 f cht 21 2 ung des Christenthums.⸗ Wenn wir die Macht haben, wird Gewissens⸗ und Religionsfreiheit wirklich herrschen. Herrscht denn heute vin der katholischen Kirche Gewissensfreiheit? Der Abg. Dr. Bachem fragte: Schwoͤren Sie die Revolution ab oder nicht; Herr Bachem, Sie sind nicht unser Beichtvater.
um die Bewegung zu
Wir haben die Revolution nicht abgeschworen und werden 5 nicht abschwören. Wir haben uns unter dem Socialistengesetz als evolutionäre, freilich nicht im polizeilichen Sinne, bekannt, und bekennen uns noch heute als solche. Eine solche Frage sollte von unterrichteten Leuten eben so wenig gestellt werden, wie eine Frage nach dem Zukunftsstaat. Aber die Heren lesen ja eben nicht was die Social⸗ demokraten 18 en, wir lesen alles, denn nur einen Gegner, den man kennt, kann man bekämpfen. Das Revolutionäre unserer Partei besteht darin, daß wir nicht Compromisse mit der “ Gesellschaftsordnung schließen wollen. Wir sagen: die heutige apitalistische Gesellschaft mit allen ihren Auswüchsen ohne Ausnahme muß beseitigt werden. Aber niemals haben wir gesagt, daß wir durch eine Verschwörung gewaltsam einen Umsturz herbeiführen wollen. Revolutionen werden nicht gemacht, sie entstehen von selbst. Eine solche Dummheit, daß decretirt wird, morgen um 12 Uhr fängt der neue Staat an und dann ist er ferti habe ich niemals gesagt, das ist ein Fehler des Berichterstatters. Ich habe nur gesagt, in England, bei seiner Arbeiterorganisation, könnte vielleicht decretirt werden, daß die Betriebe alle an die organisirte Arbeiter⸗ schaft übergehen sollen. Unsere heutige Gesellschaft muß erst noch weiter durch den Kapitalismus durchgehen. Der größte Theil der Gesellschaft ist schon expropriirt. Wäre das nicht der Fall, dann würde es keine Sozialdemokratie geben. (Schluß des Blattes.)
— Der Bericht über die 27. Sitzung des Hauses der Abgeordneten befindet sich in der Ersten Beilage.
— Dem Herrenhause ist der Entwurf eines Gesetzes wegen Aufhebung der Cabinets⸗Ordre vom 27. Juni 1845 über die Ge⸗ bühren der Revisoren kaufmännischer Bücher zu Berlin für ihre Zuziehung bei gerichtlichen Geschäften zugegangen.
— Mie Steuerreformecommission des Hauses der Ab⸗ geordneten setzte Abend die Berathung des Abschnittes des Commu nalabgabengesetzes, der von der „Vert eilung des Steuerbedarfs auf die verschiedenen Steuerarten“ handelt, fört. Nach⸗ dem in der vorigen Sitzung § 45, der das principielle Ver⸗ hältniß der Realsteuern zu den Personalsteuern in den Ge⸗ meinden regelt, erledigt war, knüpfte sich gestern Abend an § 46, der die Abweichungen von den in § 45 enthaltenen Vorschriften behandelt, eine längere Debatte,“ nach der schließlich § 46 in vielfach durch An⸗ träge der Abgg. Dr. Enneccerus, Schlabitz, Stengel und von Bismarck abgeänderter Fassung zur Annahme gelangte. Die folgenden Paragraphen, auch § 50 (zeitliche Begrenzung der Steuerpflicht) und § 51 (Ver⸗ anlagung und Erhebung der Communalabgaben erfolgt durch den
Gemeindevorstand oder einen besonderen Steuerausschuß der Gemeinde)
2
blieben im wesentlichen unverändert.
Entscheidungen des Reichsgerichts.
Nimmt jemand die Herausforderu ng eines Anderen in der Weise an, daß er sich dem erwarteten Angriff darbietet, bereit, den⸗ selben abzuwehren, so ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, III. Strafsenats, vom 20. Oktober 1892, seine Vertheidigung, soweit sie sich innerhalb der zur Abwehr erforderlichen Grenzen hielt, als Nothwehr zu erachten; die von ihm hierbei dem Angreifer zugefügte Verletzung ist nicht strafbar.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ “ Maßregeln.
1ö“ Cholera.
Halle a. S., 7. Februar. In der Irrenanstalt zu Niet⸗ leben sind zwei choleraverdächtige Erkrankungen und ein Todesfall vorgekommen. Bei den am Sonntag erkrankten Personen hat die Untersuchung in einem Falle asiatische Cholera ergeben; eine Person
befindet sich noch in Untersuchung. Bei den gestern Erkrankten wurde ebenfalls in einem Falle asiatische Cholera festgestellt.
8 1 2* Türkei. v Zufolge Beschlusses des internationalen Gesundheitsraths in Konstantinopel ist gegen die Herkünfte der Nord⸗ und Ostsee (Belgien, Holland Deutschland, mit Ausnahme von Hamburg) und des Finnischen Meerbusens, sowie der österreichisch⸗ungarischen Küste die bisherige vierundzwanzigstündige Beobachtung bezw. fünftägige Quarantäne durch eine strenge ärztliche Untersuchung vom 24. Januar 1893 ab ersetzt worden. — Die fünftägige Quarantäne für die Herkünfte aus Ham⸗ burg und den Elbhäfen bleibt aufrecht erhalten. .
Theater und Musik. Philharmonie.
Das siebente Philharmonische Concert, das gestern unter Leitung des Herrn Dr. Hans Richter aus Wien stattfand, war wieder sehr zahlreich besucht und bot reiche künstlerische Genüsse dar. Nach Beethoven’s Ouverture zu „Egmont“ trug der dreizehnjährige Cellist Jean Gérardy aus Brüssel, dessen Spiel bereits vor zwei Jahren hierselbst Bewunderung erregte, ein Concert mit Orchester von Saint⸗Saöns vor, das, durch seinen geistvollen Inhalt fesselnd, dem Spieler zugleich günstige Gelegenheit bot, seine Virtuosität zu ent⸗ falten. Der junge⸗ höchst begabte Cellist hat seit den zwei Jahren an Größe des Tons und an technischer Sicherheit bedeutend ge⸗ wonnen und erntete mit diesem Vortrag, sowie mit dem des „Ave Mariav von M. Bruch rauschenden Beifall. Außerdem spielte das Orchester noch den „Charfreitagszauber“ aus Wagner’s „Parsifal“, die beliebte Symphonie (Es-dur) von Mozart und den jetzt öfter gehörten „Carnaval romain“ von Berlioz, der, die Einleitung zum dritten Act seiner Oper „Benvenuto Cellini“ bildend, bekanntlich auch als einzelne, abge⸗ schlossene Composition herausgegeben ist. Sämmtliche Musikstücke des Abends wurden durch die energische und umsichtige Leitung des Dr. Richter ins glänzendste Licht gesetzt; sehr wohlthuend berührte seine objective, von jeder gesuchten Schattirungsweise fernbleibende Auffassung. Lebhafter Beifall und Hervorruf folgte am Schluß. Die Kapelle bewährte sich wiederum vortrefflich. “
“
Wegen der für Sonnabend im Königlichen Opernhause auf Allerhöchsten Befehl angeordneten Vorstellung der Oper „Die Tochter des Regiments“ hat die für diesen Tag angesetzte Darstellung der „Hexe“ mit dem Tanzbild „Slavische Brautwerbung“ auf den Freitag verlegt werden müssen. Die auf diese Weise fortgefallene Freitagsvorste ung die „Bajazzi“ kann erst nach der Rückkehr des Herrn Bulß von einem kürzeren, bis zum 19. Februar dauernden Urlaub ersetzt werden. Für die Théätre paré⸗Vorstellung am Sonnabend ist über die Fremden⸗ und Orchesterlogen, sowie über den I. Rang einschließlich der Dienst⸗ und Freiplätze Allerhöchst verfügt. Das Abonnement wird für den I. Rang deshalb aufgehoben und den Abonnenten der Betrag für die 36. Vorstellung gegen Rückgabe der betreffenden Billets angerechnet. Die Abonnements für Parquet, II. und III. Rang behalten Gültigkeit. Das Publikum wird ersucht, im Gesellschaftsanzuge zu erscheinen. In der Sonntagsvorstellung des „Fiesco“ im Königlichen Schauspielhaufe wurden die Herren Matkowsky, Keßler und Vollmer in die Kaiserliche Loge befohlen und ihnen dort von Seiner Majestät dem Kaiser die Allerhöchste Anerkennung über die Dar⸗ stellung ihrer Rollen ausgesprochen.
In dem Fastnachtsscherz „Der Tugendheld“, den das Berliner Theater am Donnerstag zur ersten Aufführung bringt, sind Nuscha Butze, Antonie Baumeister, Anna Braga, Marie Ewers, Marie⸗ Hönig, sowie Ernst Formes, Arthur Kraußneck, Albert Schindler, Ferdinand Suske und Wilhelm Vieberg in den Hauptrollen be⸗ schäftigt. Dem dreiactigen Schwank cht das einactige Lustspiel
„Der Flüchtling“ voraus, von Nuscha Bube und Ludwi den Hauptrollen dargestellt.
Das L ftng, Theater bereitet für den Fastnachtsabend — Dienstag, 14. d. M., den neuen Schwank „Das gelobte Land“ von Franz von Schönthan vor. Das Werk ist bereits am Thalia⸗Theater in Hamburg und am Deutschen Landes⸗Theater in, Prag mit Erfolg aufgeführt worden.
Im Kroll'schen Theater wird der hier bereits bekannte Herr von Padilla am Donnerstag mit Fräulein Consuelo Domeneck, von der Großen Oper in Paris, zum ersten Mal in Donizetti's „Favoritin“ Fpreben Seccgen wird statt der „Zauberflöte“ Lortzing's „Wild⸗
ütz“ gegeben.
omß Theater Unter den Linden gelangt morgen Wein⸗ berger’'s Operette „Lachende Erben“ zur 25. Aufführung.
Die Direction des Neuen Theaters hat das einactige Schau⸗ spiel „Der eiserne Graf“ von Ferdinand Runkel zur Aufführung an⸗ genommen. 8 .
Zum Concert des „Sängerbundes des Berliner Lehrer⸗ vereins“ am Donnerstag, Abends 7 ½ Uhr, in der Philharmonie sind die Pianistin Fräulein Goetz⸗Lehmann, Herr Hans Brüning und die Königliche Opernsängerin Fräulein Saak aus Dresden zur Mit⸗ wirkung gewonnen worden. Außer Männerchören von J. Eccard, F. Mendelssohn, F. Schubert, R. Schumann, F. Silcher werden auch neue Quartette von F. Hegar, L. Liebe, H. Reimann, G. Vierling und F. von Woyrsch zum Vortrage kommen. — Im zweiten populären Liederabend von 1en. Elisabeth Feininger im Saal Bech⸗ stein am 9. d. M., Abends 7 ½ Uhr, übernimmt Herr Concert⸗ meister Ludwig Bleuer die instrumentale Mitwirkung; der Künstler wird bei dieser Gelegenheit eine Novität, die „Schwedischen Tänze“ (für Violine und Klavier) von Max Bruch zum ersten Male öffent⸗ lich zu Gehör bringen. — Das nächste Philharmonische Concert, welches am 13. Februar, dem Todestage Rich. Wagner's, stattfindet, wird sich in seinem Haupttheil zu einer Wagner⸗Feier gestalten. Die Leitung des Concerts hat diesmal General⸗Director Hermann Levy aus München übernommen, der an diesem Abend zum ersten Mal in Berlin thätig sein wird.
Der Verein ehemaliger Angehöriger des 1. Hanseatischen In⸗ fanterie⸗Regiments Nr. 75 in Bremen hat uns auf einem Notenblatt einen mit einem vortrefflichen Bildniß Seiner Majestät des Kaisers geschmückten, von dem Schriftsteller und Componisten Herrn Georg Kunoth herrührenden Kaisermarsch „Hepp, Hepp Hepp, Hurrah!“ zugehen lassen, der bei einem patriotisch empfundenen Text mit einer leichten schwungvollen Melodie ver⸗ sehen ist und deshalb sehr geeignet erscheint, auf dem Marsch und im Lager gesungen, sowie auch von Schulen und Vereinen bei Festen an vaterländischen Gedenktagen benutzt zu werden. Mit Rücksicht auf den patriotischen Zweck ist der Ladenpreis für ein Exemplar auf nur 1 ℳ festgesetzt, der jedoch bei etwaigem Massenabsatz noch weiter herabgesetzt werden soll. Genauere Auskunft darüber ertheilt den deutschen Militär⸗, Turner⸗, Gesangvereinen u. s. w. der Vorstand des Vereins ehemaliger Fünfundsiebziger in Bremen sowie auch der
Schriftsteller Herr Georg Kunoth ebendaselbst.
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Mannigfaltiges.
Die Stadtverordneten⸗Versammlung hatte bekanntlich infolge eines Antrages aus der Mitte der Versammlung wegen Vermehrung von Arbeitsgelegenheit für die in Berlin anfässigen Arbeiter unter dem 19. Januar cr. den Magistrat ersucht, alle durch sie bereits genehmigten Arbeiten, soweit dies möglich ist, energisch in Angriff zu nehmen und fortzuführen, insbesondere zu erwägen, ob es nicht durchführbar ist, zum Zwecke einer durchgreifenden Reinigung der Straßen den Fuhrpark zu erweitern und eine ver⸗ mehrte Anzahl von Arbeitern einzustellen. Der Magistrat hat nun der Versammlung in dieser Angelegenheit mitgetheilt, daß er den Erklärungen der Commission beitrete, und bemerkt hierzu ins⸗ besondere, daß seinerseits schon vorher gethan und angeordnet war, was dem vorgedachten Beschluß entspreche. Das eingetretene wärmere Wetter hat es ermöglicht, Aufräumungsarbeiten vorzunehmen, sodaß es angängig war, nicht nur die vorhandene Anzahl von Hilfsarbeitern (2000) weiter zu beschäftigen, sondern diese Zahl sowie den Fuhrpark zu vermehren. 88
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Der Wirthschaftsabschluß der städtischen Gasanstalten für das Verwaltungsjahr 1891/92 ergiebt, daß die Voraussetzungen des Etats hinsichtlich der Höhe des Gasbedarfs nicht ganz erreicht worden sind, indem nicht, wie der Etat annahm, 106 000 000 chm Gas, sondern nur 103 400 000 chm hergestellt wurden. Von dieser Gasmenge sind 14 101 339 chm zur öffentlichen Beleuchtung unentgeltlich ab⸗ gegeben, 83 897 607 chm für den eigenen Bedarf der Anstalt und für die Privatbeleuchtung verwendet worden, während 5 424 054 chm als Verlust unberechnet geblieben sind. Da es gelungen ist, für die bei der Gasproduction gewonnenen Neben⸗ producte eine gegen den Voranschlag um 343 327,08 ℳ höhere Ein⸗ nahme zu erzielen, so konnten trotz der geringeren Gasproduction an Ueberschuß der Gasverwaltung doch 277 759,99 ℳ mehr, als der Etat annahm, an die Stadt⸗Hauptkasse abgeliefert werden. Der Gesammt⸗ überschuß berechnet sich auf 5 786 422,70 ℳ, wovon 5 132 759,99 ℳ baar abgeführt und 600 143,50 ℳ in Rest gehalten wurden.
Im städtischen Obdach befanden sich am 1. Januar d. J. 60 Familien mit 176 Personen, darunter 23 Säuglinge. Am 1. Fe⸗ bruar war der Bestand 62 Familien mit 188 Personen, darunter 26 Säuglinge. Das Asyl für nächtliche Obdachlose daselbst benutzten im Laufe des Monats Januar 67 687 Personen, und zwar 66 299 Männer und 1388 Frauen. Von diesen ev wurd 44 dem Krankenhaufe Friedrichshain, 63 dem Krankenhause Moabit, 21 der Charité überwiesen, 699 der Polizei vorgeführt. In der Nacht vom 28. zum 29. Januar d. J. wurde die bisher höchste Zahl der Obdachlosen mit 2524 Personen im Obdach beherbergt. In der Nacht vom letzten Freitag zum Sonnabend betrug die Zahl daselbst 2443 Personen. Da die meisten der Aufmꝛahmesuchenden höchst mangel⸗ haft bekleidet sind, so würde die Zusendung von Kleidungsstücken insbesondere von Fußbekleidung, an den Inspector des Obdachs, Herrn Bandemer, als eine große Wohlthat empfunden werden.
Bei der 100. Jubiläums⸗Vorstellung der „Amerikafahrt“ in Theater der „Urania“ am Sonnabend, zu der sich ein zahlreiches Publikum eingefunden hatte, gab Dr. Meyer eine Uebersicht der Vorstellungen und Vorträge, die bisher auf dieser wissenschaftlichen Bühne dem Publikum vorgeführt worden sind. Bis zum Sonnabend waren 1010 große decorative Vorträge gehalten; außerdem 99 Sonder⸗ vorstellungen. Die „Mondreise“ wurde 233, die „Urwelt“ 284, „Werke des Wassers“ 124, Kinder der Sonne“ 89, „Antlitz der Erde“ 180, die „Amerikafahrt“ 100 Mal vorgeführt. Letztere brachte 32 total und 14 nahezu ausverkaufte Häuser. Außerden fanden 242 große Projections⸗ und 67. Experimentalvorträge, endlich 1800 halbstün dkiche Vorträge statt. Der Redner gab ferner einen Ueberblick der gehaltenen Vorträge nach den Gegenständen und zeigte, daß bereits nahezu alle Gebiete der Naturwissenschaften behandelt worden sind. Es wurde bei dieser Gelegenheit hervorgehoben, daß Die verschiedene Frequenz dieser Vorträge beweist, wie der Reiz der Schönheit der Darstellungs⸗ form das hauptsächlichste Lockmittel ist. Man habe dies der Natur abgelauscht: „Auch die Natur hat ihre Aushängeschilder: Die far⸗ aigen Blumen sind nichts Anderes und ihr Honig das populäre Mittel, durch welches sie das zahlreiche Volk der Insecten zur Lust an ihrer unbewußt schöpferischen Arbeit anspornen. Der gute Same steckt tiefer, und wenn auch ein oberflächlicher Blick ihn in unseren Darstellungen 15 gleich sehen sollte, wir wissen es, er ist vorhanden und fliegt von Mund zu Mund, von Scele zu Seele bereits weithin über das Land.“ Redner kam alsdann auf die finanzielle Lage der Gesellschaft zu sprechen. Diese sei zwar heute als eine im all⸗ gemeinen recht günstige zu bezeichnen, biete jedoch nicht die Mittel zu
wesentlichen Erweiterungen, welche immer ö zu werden be⸗ ginnen. Man hoffe deswegen auf die kräftigere Mithilfe der Privat⸗