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erscheint erforderlich, weil zu Zeiten des epidemischen Auftretens er Maul⸗ und Klauenseuche häufig gesunde Viehtransporte urch die Zustellung von bereits angesteckten Thieren inficirt werden nd dann den Ansteckungsstoff auf allen von ihnen betretenen Wegen und Standorten zurücklassen. Insbesondere gilt dies von den Marktplätzen, Gastställen und Viehbuchten auf den Bahnhöfen, wohin Vieh aus eerschiedenen Orten und oft aus weit entfernten Gegenden von Händlern zusammengebracht wird. Es ist daher dringend wünschens⸗ werth, daß in Zeiten einer größeren Ausdehnung der Fabe derartige Räumlichkeiten nach jedesmaliger Benutzung gründlich gereinigt werden, damit der dort etwa zurückgebliebene Ansteckungsstoff thunlichst beseitigt wird, bevor die Räumlichkeiten von anderen Thieren betreten
werden. 2 Zu Artikel 4.
Im § 28 des Gesetzes ist die Einstellung der Vieh⸗ und Pferde⸗ märkte, sowie der öffentlichen Thierschauen auf dem Seuchenort oder dessen Umgegend beschränkt. Bei ihrer leichten Uebertragbarkeit kann die Maul⸗ und Klauenseuche durch Versendungen von inficirten, aber noch nicht sichtbar erkrankten Thieren oder 82 Zwischenträger bereits in weitem Umkreiser von dem ersten bekannten Seuchenort verschleppt sein, ehe die Feststellung der Seuche an anderen Orten gelingt. Es ist daher nothwendig, während einer Seuchen⸗Epidemie die Abhaltung von “ nicht nur an den bekannten Seuchenorten, sondern
leichzeitig auch in deren weiterem Umkreise zu verbieten, wenn der efahr vorgebeugt werden soll, daß durch inficirte Thiere aus noch nicht gesperrten Orten ein großer Theil des auf einen Markt aufgetriebenen Viehes angesteckt und mit diesem die Seuche nach allen Richtungen verschleppt wird. Um den rechtzeitigen Erlaß von Viehmarktverboten zu ermöglichen, schlägt des⸗ halb der Entwurf die Streichung der Worte „innerhalb des Seuchenorts oder dessen Umgegend“ vor. ““ Zu Artikel 5. 1““
Der vorgeschlagene Zusatz zu § 29 des Gesetzes fügt zu den bis⸗ herigen (vergl. § 18) eine neue — die Bekannt⸗ machung des Ausbruchs und des Erlöschens von Seuchen.
Bei der langen Dauer und weiten Verbreitung der zeitigen Maul⸗ und Klauenseuche⸗Epidemie ist häufig darüber geklagt worden, daß es den Viehkäufern unmöglich sei, zu erfahren, ob ferner gelegene
Gegenden, aus welchen sie Vieh beziehen wollen, seuchenfrei oder ver⸗ seucht sind, weil Ausbruch und Erlöschen von Seuchen nur in amt⸗ lichen Localblättern publizirt werden, die außerhalb ihres engen Ver⸗ breitungskreises nicht gelesen und deshalb auch nicht gehalten werden.
Obgleich es bei starker Verbreitung einer Seuche in einem Lande von der Deutschlands schwierig ist, Nachrichten über die Be⸗ wegung der Seuche in den verschiedenen Theilen des Reichs schnell und zuverlässig in einem allen Betheiligten leicht zugänglichen
Blatte zu veröffentlichen, so bietet die Kenntnißnahme von der jeder⸗
zeitigen räumlichen Ausdehnung einer Seuche doch für den einzelnen
ein 5. wichtiges Schutzmittel gegen den Bezug von Vieh aus ver⸗
dächtigen Gegenden, daß es wünschenswerth erscheint, durch den im
Entwurf vorgeschlagenen Zusatz die Möglichkeit einer dem praktischen
Bedürfniß entsprechenden einheitlichen Regelung der Publikation von
Seuchennachrichten zu schaffen. 1
8 Artikel 6. Neben den in den vorhergehenden Artikeln erörterten allgemeinen
Bestimmungen über peterinärpolizeiliche Schutzmaßregeln bedarf es ur Bekämpfung der Maul⸗ und Klauenseuche noch besonderer Vor⸗
schriften wie solche in den §§ 31 ff. des Gesetzes für Milzbrand, Toll⸗ wuth und andere Seuchen gegeben sind. Für die ö“ solcher besonderen Vorschriften scheint die Innehaltung der im Gesetz beobachteten
Reihenfolge der Seuchen angemessen und schlägt der Entwurf daher
die Einschaltung hinter § 44 des Gesetzes als § 44 a vor, wodurch auch die Beibehaltung der Ueberschriften und der Bezeichnung aller nachfolgenden Paragraphen ꝛc. des Gesetzes ermöglicht wird.
Der erste Absatz des vorgeschlagenen neuen § 44 a handelt von der in der Praxis häufig freiwillig angewendeten Impfung. Dieselbe bezweckt, den Verlauf der Seuche in zeinem befallenen Viehstande durch künstliche Ansteckung der gesunden Thiere abzukürzen. Dies Verfahren wird allgemein als „Impfung“ bezeichnet und ist. diese Bezeichnung daher auch in dem Entwurf beibehalten, obwohl im wissenschaftlichen Sinne eine Impfung die Immunisirung von Thieren gegen eine Krankheit beabsichtigt, während hier gerade die Ueber⸗ tragung der Krankheit auf gesunde Thiere bezweckt wird.
Die Ansichten über die Nützlichkeit der Impfung gehen weit aus⸗ einander. Von den Gegnern der Impfung wird hervorgehoben, daß erfahrungsmäßig nicht alle Thiere eines von der Seuche befallenen Bestandes zu erkranken pflegen und daß daher eine künstliche An⸗ steckung gesunder Thiere zur zeitweisen Verminderung des Nutzwerthes auch derjenigen Thiere führen muß, welche sonst von der Seuche ver⸗ schont geblieben wären.
Dagegen berufen sich die Anhänger der Impfung auf die unbe⸗ streitbare Erfahrung, daß in der Regel doch der größte Theil eines befallenen Viehbestandes nach und nach von der Seuche ergriffen wird, daß die Größe des Schadens mit der längeren Dauer der Seuche er⸗ heblich wächst, und daß es deshalb für die betroffenen Viehbesitzer von großem Nutzen ist, wenn 8 durch Anwendung der Impfung den Verlauf der Seuche in ihren Viehbeständen abkürzen können.
Da nach der Ansicht thierärztlicher Sachverständiger erhebliche
Verluste infolge der Impfung bei Auswahl leicht erkrankter Thiere zur Abimpfung nicht zu erwarten sind und da die durch die Impfung zu erreichende schnellere Durchseuchung eines Viehbestandes die Gefahr der Verschleppung der Seuche auf andere Viehbestände vermindert und somit dem allgemeinen Interesse aller von der Seuche bedrohten Viehbesitzer entspricht, so empfiehlt es sich, der Veterinärpolizei die Befugniß zu ver⸗ leihen, nach ihrem Ermessen die Impfung der gesunden Thiere eines bereits von der Seuche befallenen Bestandes anzuordnen. Die Aus⸗ dehnung dieser Befugniß auf benachbarte seuchenfreie Ställe oder Weiden ist in dem Entwurf nicht vorgesehen, weil es bedenklich er⸗ scheint, den Polizeibehörden nach dieser Richtung Entschließungen von unbegrenzter Tragweite zu überlassen. n Die Ausführung der Impfung bietet keine Schwierigkeit und bedarf nicht der Leitung eines beamteten Thierarztes, wohl aber der polizeilichen Ueberwachung, da das öffentliche Interesse bei der voll⸗ ftüpeigen Hrr hfübrung der Impfung in dem betreffenden Viehbestande bpetheiligt ist.
Bei der langen Dauer der gegenwärtigen Epidemie hat es sich herausgestellt, daß durch die Milch aus verseuchten Orten und aus Sammelmolkereien, in welche Milch von erkrankten Thieren geliefert wurde, häufig die Seuche nach anderen Orten verschleppt worden ist Der Entwur giebt daher die Vorschrift, daß die Milch von Thieren eines Seuchengehöfts oder einer der Sperre unter⸗ worfenen Ortschaft oder Feldmark nur in gekochtem Zustande weggegeben werden darf und unterwirft auch das Weggeben von Milch aus Sammelmolkereien der gleichen Beschränkung, wenn auch nur einer der bei der Molkerei betheiligten Viehbestände wegen Aus⸗ bruchs der Seuche unter Sperre (Gehöfts⸗, Orts⸗ oder Feldmart⸗ sperre) gestellt ist. Es erscheint eine so weitgreifende Beschränkung geboten, weil bei dem Bekanntwerden des ersten Seuchenausbruchs in einem Orte in der Regel schon mehrere der darin befindlichen Vieh⸗ bestände thatsächlich mit der Seuche angesteckt sind und deshalb der mit der Beschränkung der Milchweggabe beabsichtigte Zweck nicht er⸗ reicht werden würde, wenn nur die Milch aus bereits bekannten Fernceagehaften dieser Beschränkung unterworfen wird.
ie aus der vorübergehenden Heschränkung in der Verwerthung
der Milch dem Besitzer der Milchthiere erwachsenden Nachtheile werden meistens keine erheblichen sein, da nach der Auskunft von Sachverständigen das Aufkochen von Milch keinen nachtheiligen Ein⸗ fluß auf die Quantität und Qualität der daraus zu gewinnenden v ausübt und es dem Besitzer überdies überlassen bleibt, die ilch in nicht gekochtem Zustande in seiner Wirthschaft zu ver⸗ wenden, wenn er die mit dem Kochen verbundenen Umstände und
Kosten scheut. Zu Arlikel 7.
—
2
ausdrücklich bezeichnet sind, angeordnet werden darf, schließt die polizei⸗ liche Anordnung der Lungenseuche⸗Impfung aus, weil dieselbe in dem Gesetz nicht erwähnt wird. Der vorgeschlagene Zusatz zu dem § 45 des Gesetzes bezweckt, der Landesgesetzgebung die Möglichkeit zu gewähren, diese Impfung als ein weiteres Mittel zur Bekämpfung der Lungen⸗ seuche einzuführen und die Bedingungen Fhstelen, unter welchen die polizeiliche Anordnung der Impfung zulässig sein soll.
Der von dem Reichstag in der Sitzung vom 26. Februar 1886 abgelehnte Gesetzentwurf wollte unter anderem die Landes⸗ regierungen ermächtigen, für den Umfang ihres Staatsgebiets oder für Theile desselben die Impfung sämmtlicher Rinder in dem Gehöft oder in der Ortschaft, wo die Lungenseuche ausgebrochen ist, anzuordnen und unterscheidet sich daher im wesentlichen von dem Vorschlage des gegenwärtigen Entwurfs dadurch, daß nach diesem der Landesgesetzgebung die Beschlußfassung über die Einführung eines Impfzwanges überlassen wird. Eine Abänderung der in der Ausführungs⸗Instruction des Bundesraths vom 24. Februar 1881 (§§ 70 bis 91) gegebenen Vorschriften über die Bekämpfung der Lungenseuche würde durch die Annahme des gegenwärtigen Entwurfs nur insoweit bedingt werden, als in der Instruction ergänzend zu be⸗ stimmen wäre, daß diese Vorschriften auch auf Viehbestände Anwen⸗ dung finden, welche der Zwangsimpfung unterlegen haben.
Anlaß zur Einbringung des obigen Zusatzes zum § 45 haben die Verhältnisse in der preußischen Provinz Sachsen in Verbindung mit den günstigen Erfolgen der neuerlich dort ausgeführten Impfversuche gegeben.
Während die Lungenseuche in Deutschland seit 1886 ausweislich des (anliegenden) Auszugs aus den Jahresberichten des Kaiserlichen Gesundheitsamts im allgemeinen abgenommen hat und nach dem neuesten statistischen Vierteljahrsbericht der preußischen technischen Deputation für das Veterinärwesen am Schluß des Monats September 1892 alle Landestbeile Preußens bis auf die Regierungsbezirke Magde⸗ burg und Merseburg seuchenfrei waren, blieben in diesen beiden Be⸗ zirken der Provinz Sachsen noch 15 Gehöfte in 13 Gemeinden ver⸗ seucht. Die Gründe, weshalb hier trotz der angewendeten strengsten Tilgungsmittel, besonders auch umfangreicher Tödtungen ganzer ver⸗ dächtiger Viehbestände die Unterdrückung der Seuche bisher nicht gelungen ist, liegen in den aeeede zahlreichen landwirthschaft⸗ lichen Fabrikbetrieben, welche zur Verwerthung der abfallenden Futter⸗ mittel eines beständigen Zukaufs von Rindvieh bedürfen und mit den aus allen Gegenden bezogenen Thieren die Seuche erhalten und oft aufs neue einschleppen. 1 1
Als nun die auf Veranlassung des preußtschen Landwirthschafts⸗ Ministers in den Jahren 1888 bis 1890 von dem Professor Schütz und dem Departements⸗Thierkarzt Steffen ausgeführten umfangreichen Impfversuche ergeben hatten, daß nach der von ihnen angewendeten Methode ausgeführte Impfungen thatsächlich Schutz gegen die Krankheit gewähren, mit verhältniß⸗ mäßig geringen Verlusten verknüpft sind und die Verschleppung der Seuche nicht begünstigen, machte sich bei den Landwirthen der Provinz in erhöhtem Maß das Verlangen nach gesetzlicher Einführung und Regelung der Zwangsimpfung geltend und fand in ent⸗ prechenden Petitionen des landwirthschaftlichen Centralvereins der rovinz an den Reichskanzler und den preußischen Landwirthschafts⸗ Minister Ausdruck. Nachdem auch noch das preußische Landes⸗ Oekonomiecollegium im November 1891 und die durch Zuziehung von Landwirthen aus verschiedenen Gebieten Preußens verstärkte Deputation für das Veterinärwesen im Oktober 1892 sich dahin ausgesprochen hatten, daß reichsgesetzlich den Einzelstaaten die Be⸗ fugniß zur Einführung der Zwangsimpfung eingeräumt werde, konnte mit dem Vorschlage einer, den Wünschen weiter Kreise in Preußen Rechnung tragenden Ergänzung des Reichsgesetzes um so weniger gezögert werden, als damit der freien Entschließung anderer Bundes⸗ staaten über die Einführung der Zwangsimpfung in keiner Weise vor⸗ gegriffen wird. .
Stand der Lungenseuche unter dem Rindvieh.
Zahl der aus Anlaß der
8 Zahl der von Zahl der Lungen⸗ der seuche Staaten ec. Erkran⸗ betroffenen
Regie⸗ rungs⸗ Kreise bezirke
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Deutsches Reich. 1778 L“ Provinz Sachsen. b11111ö.“]; Königreich Sachsen . . . . 78 vW1“ 7 Großherzogthum Hessen.. . 42 Sachsen⸗Weimar . . . .. 89 Mecklenburg⸗Strelitz . . . . 617171222 Satser Penzan 1“ 6
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Deutsches Reich “ Provinz Sachsen ͤD“ Königreich Sachsen Württemberg 8 Braunschweig Anhalt. b Reuß älterer Linie.
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Die Bestimmung des § 23 des Gesgen, wonach die Fenpfang als veterinärpolizeiliche Maßregel nur in Fällen, welche in dem Gesetz
1
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Deutsches Reich. j6920 1111“ Provinz Sachsen . . . A4XX““ 22 Königreich Sachsen . . .. 15 11464*“ 6 Großherzogthum Hessen . . . 1 eöö1e“ 8 Sachsen⸗Altenburg . . . .. 35 vba“ 8 Elsaß⸗Lothringen 8 3 1891. 1273 1053
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Braunsch Sachsen⸗Altenburg Anhalt “ 111AA64“*“ 2 Elsaß⸗Lothringen . . . .. 33 Bemerkung zu Preußen 1891.
Darunter befinden sich 64 angebliche Erkrankungsfälle in 3 Kreisen und 16 Gemeinden des preußischen Regierungsbezirks Lüneburg, welche nach späteren Ermittelungen zweifellos nicht Lungenseuche waren.
dobe.
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SDSeutscher Reichstaug. 40. Sitzung vom Donnerstag, 9. Februar, 1 Uhr.
Die zweite Berathung des Special⸗Etats des Reichs⸗ amts des Innern (Gehalt des Staatssecretärs) wird fort⸗ gesetzt. 1
Ueber den Beginn der Verhandlung haben wir bereits in der Donnerstags⸗Nummer berichtet. Nach dem Abg. Möller erhält das Wort der Abg. Dr. Hartmann (dcons.): Seit den letzten Berichten der Inspectoren ist die umfassende Novelle zur Gewerbeordnung in Kraft getreten, und wir müssen mit Aenderungen auf dem Gebiet der Fabrikaufsicht warten, bis wir aus den Berichten für 1893 erfahren, wie sich dieselbe bewährt hat. Wenn in Baden Arbeiter entlassen
wendeten, so ist dieser Fall bedauerlich; aber der Arbeitgeber hat nichts weiter gethan, als daß er von seinem gesetzlichen Recht Gebrauch gemacht hat. Der Arbeiter hat auch das Recht zu kündigen, wenn ihm die Nase seines Herrn nicht gefällt. In keinem Lande der Welt finden die Arbeiter ein größeres Maß bürgerlicher Freiheit und Gleichberechtigung als bei uns; nirgendwo eine aus⸗ gedehntere Fürsorge bei Krankheit, Unfall, Invalidität, einen aus⸗ giebigeren Schutz für ihre Gesundheit und Sittlichkeit. Die Inspectoren sollen Vertrauenspersonen sowohl der Arbeiter als der Arbeitgeber sein, nicht Parteigänger der Arbeiter. Die Socialdemokraten verlangen immer, daß sie Freunde der Arbeiter und Feinde der Arbeitgeber seien. In Preußen nimmt man zu Inspectoren möglichst Männer von technischer Ausbildung und praktischen Erfahrungen. In Sachsen wird von ihnen eine theoretische Vorbildung und eine mehrjährige praktische Erfahrung verlangt. Der Vorschlag des Abg. Wurm, daß Arbeiter mit der Fabrikaufsicht betraut und weibliche Assistenten heran⸗ gezogen werden, ist durchaus discutabel. Aber noch sind wir nicht so weit; wir haben zunächst den Bedarf an gehörig ausgebil⸗ deten Inspectoren zu decken; dann erst können wir an Assistenten denken. Daß die Inspectoren auch ärztliche Kenntnisse besitzen, wird kaum zu verwirklichen sein. Bei uns in Sachsen sind sie bereits ermächtigt, sich mit Anregungen und Anträgen an die König⸗ lichen Bezirksärzte zu wenden. Damit ist allen gerechten Anfor⸗ derungen genügt. Den wörtlichen Abdruck der Berichte hat der Reichs⸗ tag bereits 1889 abgelehnt, und es ist kein Grund, mit dem bis⸗ herigen Verfahren zu brechen, zumal die Originalberichte im Bureau zur Einsicht ausliegen. Die Vermehrung der Zahl der 1-eans inspectoren in Preußen ist mit Freude zu begrüßen. Wir in 86 sind auch in dieser Beziehung tapfer vorangegangen. Bei uns wurde 1892 die Zahl der Inspectoren von 7 auf 13 erhöht.“ Die Vereinigung der Kesselrevision mit der Fabrikaufsicht hat man in Sachsen schon seit länger als zwanzig Jahren mit gutem Erfolge eingeführt, nur mit dem Unterschiede, daß die Dampffkesselrevisoren mit der Fabrikaufsicht betraut wurden. Wenn man in Baden ungünstige Erfahrungen mit diesem System gemacht hat, so liegt das an der ge⸗ ringen Zahl der badischen Fabrikinspectoren. Die Fabrikaufsichts⸗ beamten werden zu Verhandlungen im Reichsamt des Innern zu⸗ ezogen; der preußische Handels⸗Minister hat einen vierwöchigen In⸗ v für dieselben in Berlin abhalten lassen; in Sachsen werden die Fabrikinspectoren alljährlich zu Conferen en im Ministerium des Innern versammelt. Es geschieht also viel, um die 55 inspectoren in ibr wichtiges Amt einzuführen. Zur Anstellung statistischer Erhebungen sind die Fabrikinspectoren nicht geeignet, dazu haben wir die Commission für Arbeiterstatistik, deren bisherige Thätigkeit die Hoffnung rechtfertigt, daß diese Commission eine lebensvolle und nützliche Institution werde. Mit der Einführung der Sonntagsruhe für Industrie und Hand⸗ werk sollten wir warten, bis die Erfahrungen über die Sonntagsruhe im Handelsgewerbe vorliegen, Woran es liegt, daß die Fabrikinspectoren keine Beziehungen zu den Arbeitern haben, ist schwer zu beantworten. Es können beide Theile daran schuld sein, es kann aber auch keiner daran schuld sein. Sehr viel könnten hier diejenigen thun, die Einfluß auf die Arbeiterorganisation haben Die socialdemokratische Presse hat an diesem Verhältniß einen großen Antheil. Sie behandelt mit sehr beschränkten Ausnahmen den Fabrit⸗ inspector als Feind der Arbeiter. Es ist ein Widerspruch, daß die Herren die Fabrikinspectoren so hart angreifen und andererseite immer eine Vermehrung dieser Beamten fordern. Das Verlangen des „Vorwärts“, daß die Arbelter die Controle über Ausführungen des Arbeiterschutzgesetzes ausüben, ist in meiner Heimath mehrfa befolgt worden. Doch hat man sich vorzugsweise mit seinen Be⸗ schwerden an die Stäaatsanwaltschaft, nicht an die Fabrikinspectoren gewendet. Daß die Fabrikinspectoren Sprechstunden einrichten für die Arbeiter, ist durchaus nothwendig, und nach meinen eigenen Erfahrungen würde es sich bewähren, dieselben auf den Sonntag anzusetzen. In einem muß ich dem Abg. Wurm Recht geben: Die Benutzung des denaturirten Spiritus in den Fabrikräumen hat sich als durchaus esundheitsschädlich erwiesen. Es müßten Denaturirungsmittel ge⸗ unden werden — hier wäre eine Aufgabe für das Reichs⸗Gesundheits⸗ amt —, welche nicht schädlich sind, oder man müßte einen Weg finden, um den betheiligten ewerken den reinen Spiritus steuerfrei
zu Üüberlassen, natürlich unter geeigneten Controlvorschriften⸗ Die vorliegenden Berichte der Fabrikinspektoren geben ja kein ungetrübtes
sind, weil sie sich mit ihren Beschwerden an den Fabrikinspector
achsen
Daß ich nicht
Bild über die Lage unserer gewerblichen Verhältnisse, aber jeder Un⸗ besangene wird zugeben, daß die Vlichen. ein — Beweis sind na Eifers, der Treue und Hingabe unferer Aufsichtsbeamten, die sie ihrem schweren und verantwortungsvollen Beruf gewidmet haben. Sie werden es daher auch diesmal gere tfertigt finden, wenn ich nleha Beamten von dieser Stelle Dan und Anerkennung aus⸗ preche.
Abg. Freiherr von Stumm (Rp.): Ich kann in diesem Hause keine socialpolitische Rede mehr halten, ohne daß die Socialdemokraten sie entstellen und mir falsche Behauptungen in den Mund legen. So haben sie in der letzten Debatte wieder behauptet, ich hätte mich selbst König Stumm genannt und ich hätte die Richter'sche Broschüre gelobt. Sög Baumbach ersucht den Redner, zur Sache 32 sprechen.) anz ähnlicher Art ist die Provocation, welche der Abg. Dr. Hirsch Ee gegen mich verübt, als er mir Mangel an Humanität den rbeitern gegenüber vorwarf bezüglich der Straf⸗ gelderfestsetzung. Es entspricht oft geradezu der Humanität, Strafen zu verhängen, namentlich in solchen Fällen, wo andere Arbeiter durch das Zuspätkommen ihrer Genossen ge chädigt werden oder der ganze Be⸗ trieb gefährdet wird. Außerdem sind Geldstrafen besser als Arbeiter⸗ entlassungen und ähnliche Maßregeln. Ich handle meinen Arbeitern — durchaus loval und werde mich darin auch nicht durch die
rovocationen des Abg. Dr. Hirsch beirren lassen. Die ganze Rede des Abg. Dr. Hirsch war objectiv im wesentlichen nichts Anderes, als ein Angriff auf das persönliche Verhältniß zwischen Arbeiter und Arbeitgeber. Der Abg. Wurm hätte seine Rede gegen die Arbeitgeber
ar nicht anders halten können, als sie der Abg. Dr. Hirsch gehalten at. Natürlich hat der Abg. Dr. Hirsch die sonstigen humanen Einrichtungen, welche auf meiner Fabrik getroffen sind, gar nicht erwähnt. Wenn der Fabrikinfpector mit den Führern der Fach⸗ oder der Hirsch⸗Duncker'schen Gewerkvereine in Verbindung treten soll, dann würde er für gewisse politische Vereinsbildungen über deren Werth die Meinungen sehr getheilt sind, ganz officiell Partei er⸗ reifen. Der Abg. Dr. Hirsch hat das früher einmal in einem Vortrage elbst zugegeben. Was nützen denn diese ganzen Debatten der vorigen Tage, welche angeblich die Socialdemokraten vernichtet haben — ich glaube es nicht, — was nützt es, wenn der Abg. Richter diese Ver⸗ nichtung herbeigeführt hat, wenn umgekehrt der Socialdemokratie durch Reden, wie die des Abg. Dr. Hirsch, unter die Arme gegriffen wird? Dann können wir uns diese Debatten ein für allemal schenken. Von den Sozialdemokraten wird allen Wohlfahrtseinrichtungen der Unter⸗ nehmer zum wenigsten Mißtrauen entgegengesetzt. Ich halte es ebenso wenig für richtig, daß die Arbeitgeber die Arbeiterfeste besuchen, wie daß die Fabrikinspectoren die Arbeitervereine besuchen. An Gelegenheit mit den Fabrikinspectoren zu verkehren, sie zu consultiren, fehlt es den Arbeitern nicht. Die Dampffesselrevisionen sind eine sehr wichtige Aufgabe für die Fabrikinspectoren. Bet der Vermehrung der Zahl der Fabrik⸗ inspectoren fällt ihnen ein viel geringeres Quantum von Arbeit zu als den früheren Fabrikinspectoren. Ich kann also nicht zugeben, daß die Fabrikinspectoren überlastet sind. Der Abg. Wurm meinte, die Berichte der Fabrikinspectoren wären nichts als eine Anklage gegen die Unternehmer. Ich sage umgekehrt, sie sind nichts als eine große Anklage gegen die Socialdemokratie (Zustimmung.) Es ergiebt sich aus allem, daß auf allen Gebieten der Industrie und des gewerblichen Lebens eine Besserung eingetreten ist. Die Social⸗ demokraten freilich suchen die besten Absichten der Unter⸗ nehmer zu hintertreiben „und schlecht zu machen. Einen einzigen Fall aus Mecklenburg, wo ein Fabrikant sich renitent gegen einen Fabrikinspector benommen hat, hat man angeführt, um zu beweisen, wie schlecht die Unternehmer sind. Was würden Sie dazu sagen, wenn ich den Spieß umdrehte und aus dem Um⸗ stande, daß im Saarrevier der Führer der Socialdemokraten, ein Herr Emmel, verhaftet und ins Gefängniß geführt worden ist, den Schluß ziehen wollte, daß alle Führer der Socialdemokraten ver⸗ haftet werden müßten? Es fällt mir auch nicht ein, aus der Zahl der flüchtigen Kassirer der Socialdemokraten einen Schluß zu ziehen, ob⸗ gleich diese Zahl viel höher ist, als die Zahl der pflichtwidrigen Unter⸗ nehmer. Wie kommt der Abg. Wurm dazu, die Krankenkassen zu dis⸗ ereditiren und über sie den Stab zu brechen? Dies konnte nur geschehen auf Grund einzelner Berichte, die er dazu noch verdreht hat (Vice⸗ Präsident Baumbach rügt diesen Ausdruck als unparlamentarisch). Der Abg. Wurm verwechselt die Zunahme der Unfälle mit den Unfallanzeigen. Es werden jetzt eben viel mehr Unfälle gemeldet als rüher, und auch viele Fälle von Krankheit, die gar nicht auf einen Unfall zurückzuführen sind. Auch dieser Vorfall beweist, wie die derren aus allem Gift saugen. (Vice⸗Präsident Baumbach ügt auch diesen Ausdruck als unparlamentarisch.) Der General⸗ ericht der Fabrikinspectoren zeigt, daß die Fabrikinspectoren in an⸗ emessener Weise ihrer Thätigkeit walten. Sie können aber eine ahrhaft segensreiche Thätigkeit nur dann entfalten, wenn sie von em Vertrauen der Arbeitgeber und Arbeiter getragen sind, und wenn e sich vor der Versuchung hüten, anstatt mit den Arbeitern und Vrbeitgebern direct zu verkehren, in Verbindung mit Agitatoren, wie ie Abgg. Wurm und Dr. Hirsch zu treten. Abg. Dr. Hirsch (dfr.): Ich soll einmal als Schwärmer la Marquis Posa alles schön gefärbt haben und dann die Arbeiter e een ein persönliches Verhältniß zu ihren Arbeitgebern aufgehetzt aben. Diese verschiedene Auffassung kann nur subjectiven An⸗ schauungen entspringen. Was ich ganz nebenher über die Strafgelder vorgestern sagte, brauchte der Abg. Freiherr von Stumm wirklich nicht als Provocation aufzufassen. Ich will weder den Arbeitgebern noch den Arbeitern ein gegenseitiges freundschaftliches Verhältniß ver⸗ leiden. Ich habe sogar ausdrücklich gewünscht, daß die Arbeitgeber Einladungen der Arbeiter zu den Arbeiterfesten häufiger be⸗ olgen mögen, um ein neeeeees Peieefnas anzubahnen. — — eweist doch mein Wun daß die Arbeitgeber mit den Arbeiterausschüssen Wänsch der Arbeitsordnun gen in directen Verkehr treten mögen. Es gehört also Vorurtheil oder Verblendung dazu, um meine Ausführungen, so wie es der Abg. Freiherr von Stumm gemacht hat, ins Gegentheil zu verwandeln. Bezüglich der Normalarbeitsordnung des Herrn von üdiger haben der Abg. Freiherr von Stumm und der Staats secretär Dr. von Boetticher meine Beschwerden gänzlich mißverstanden. Ich halte es für ungesetzlich, daß in der Arbeitsordnung vorgeschrieben wird, daß die Arbeiter ihre Legitimationspapiere stets bei sich haben sollen. Ebenso ist es nicht im Einklang mit dem Krankenkassengesetz, wenn in der Normalarbeitzordnung des Herrn von Rüdiger ganz vorne an gesagt wird: Jeder Arbeiter der Fabrik muß auch der Febrittrankenkaßse angehören, während das Gesetz ausdrücklich die itglieder der freien Kassen von dieser Verpfli tung befreit. Ich habe vorgestern nur auf Grund der Berichte der Fabrik⸗ inspectoren nach bestem Wissen und Gewissen Licht und Schatten gleichmäßig vertheilt, habe das Gute in den Berichten anerkannt und auf die Mängel aufmerksam gemacht; das ist die Aufgabe eines Ab⸗ geordneten im Interesse der Wahrheit und Unparteilichkeit. Die geringere Abnahme der Betriebsunfälle soll hauptsächlich der Si⸗ mulation der Arbeiter zuzuschreiben fein, die sich dadurch Unfall⸗ entschädigungen verschaffen wollten. In einem Inspectionsbericht ist diese Anschauung aber als gänzlich falsch bezeichnet. Dagegen verfahren die Arbeitgeber bei der Auswahl der Arbeiter zur Be⸗ dienung gefährlicher Maschinen noch nicht vorsichtig genug und stellen zu häufig jugendliche Arbeiter an solche Stellen, weil sie billiger sind. In dieser Beziehung muß den Arbeitgebern noch das Gewissen geschärft werden. Die Arbeitslosen⸗Versicherung habe ich nicht den viel be⸗ eüis E“ zuschieben wollen, sondern der Reichs⸗ ommission für die Arbeitsstatistik, aber die Fabrikinspectoren können und der badische Gewerberath
agitatorisch vorgehe,
dhöslagen —8 dazu beFrfen. orrishofer hat diese meine Anregung in der Commission für Arbeits⸗ satistit Feeh begrüßt und ist ihr sogar schon 11,ee Die Thätigkei g Beamten hat bei Arbeitern und Arbeitgebern immmer die volle ge ührende Anerkennung gefunden. Die Verzögerung 98 Einführung er Sonntagsruhe für die gewerblichen Arbeiter be⸗ auere ich, aber sie ist sicherlich nicht absichtlich von der Regierung verschleppt worden. Wenn Krankheit von Beamten dazwischen ge⸗
8
wendung gebracht worden, als bis man sich über ihre Unschädlichkeit durch sachverständige Untersuchungen unterrichtet hat, und es liegt mir beispielsweise unter den verschiedenen gutachtlichen Aeußerungen eine solche vor, welche dahin geht, daß diese beiden Mittel, von denen ich gesprochen habe, zwar vorübergehend zu Beschwerden und Unannehm⸗ lichkeiten für die in den betreffenden Industrien beschäftigten Arbeiter Anlaß geben können, daß aber keine bleibenden, nachtheiligen Folgen dadurch bewirkt werden. 4
Ein Gutachten von einem unserer ersten Hygieniker, von Herrn Geheimen Rath Koch, spricht sich über den Holzgeist dahin aus:
Es läßt sich wohl mit Sicherheit annehmen, daß, so heftig wirkend und gefährlich der Allyl⸗Alkohol in größerer Dosis ist, der⸗ selbe doch in geringeren Mengen, aber noch in s olchen, daß er. stark reizend wirkt, selbst öfters am Tage und durch einen längeren Zeitraum applicirt, nur vorübergehende Irritationserscheinungen, aber keine bleibenden nachtheiligen Folgen bewirkt. Ebensowenig können das in der Denaturirungsflüssigkeit vorhandene Aceton und die Holzöle, sowie sonstige Bestandtheile schädlich wirken, weil dieselben ’stets zu⸗ sammen mit dem Allyl⸗Alkohol zur Verwendung kolmen.
Dr. Gaffky, früher Mitglied des Gesundheitsamts und jetzt Professor in Marburg, äußert sich in ganz ähnlicher Weise, daß bei dem entsprechenden Versuch von einer größeren Anzahl von Personen die Erfahrung gemacht worden ist, daß
von der Verwendung der Pyridinbasen als Denaturirungsmittel von Spiritus in der Praxis Gesundheitsschädigungen nicht zu er⸗ warten sind, vorausgesetzt, daß das Verhältniß, in welchem die Basen dem Spiritus zugesellt werden, nur ein Procent oder darunter (auf absoluten Alkohol berechnet) betragen wird. 8
Daneben wird berichtet, daß auch selbst diese Mittel noch keine voll⸗ ständige Gewähr gegen den Mißbrauch des denaturirten Spiritus, bei dem sie angewendet sind, geben. Man hat am Rhein sogar beoh achtet, daß die Arbeiter dazu übergegangen sind, einen so denaturirten Spiritus, und zwar mit dem Ausrufe: „Das schmeckt ja wie Eau de Cologne“ auch innerlich zur Anwendung zu bringen. Also, meine meine Herren, ich habe mich für verpflichtet gehalten, damit nicht nach außen hin durch die Bemerkungen des Herrn Abg. Wurm Be⸗
8
kommen
.
ist, so könnte diese auch bei dem oder dem dreistündigen Arbeitstag des Abg. verhindert werden. Möge man aber jetzt die Verzögerung dazu benutzen, auch die Arbeiter und nicht nur die Arbeit⸗ eber über diese Frage gutachtlich zu hören, damit die isherigen Einseitigkeiten vermieden werden! Möge die Gewerbe⸗ novelle wirklich einen wirksamen Schutz den Schwachen und Unmün⸗ digen bringen, und möge dieser Wunsch durch die Hilfe der Fabrik⸗ inspectoren und der übrigen in Factoren in
tstündigen gchth nicht
übrig Betracht kommenden Erfüllung gehen, damit die Arbeiter mehr und mehr mit ihrer Be⸗ handlung und ihrer socialen, wirthschaftlichen Stellung zufrieden b1““ e etschiedn mehr gelefftet werden, als mit
” zmigsten, akademischen Reden. Der Worte sind 2 wechselt, laßt uns nun endlich Thaten sehen!
Staatssecretär Dr. von Boetticher:
Mieine Herren! Ich bin auch kein Freund Reden und zwar um so weniger, wenn sich diese Reden mit Vor⸗ gängen beschäftigen, deren Erledigung zum großen Theil auf anderen Gebieten als vor dem Forum dieses Hauses zu erwarten ist. Ich bin auch kein Freund von Betrachtungen über gewisse Principien⸗ fragen, die bei der Gelegenheit, wo sie angeschnitten sind, wie bei⸗ spielsweise hier bei dem immer noch nicht bewilligten Gehalt des Staatssecretärs des Innern (Heiterkeit), unmöglich voll zum Austrag kommen können. Ich werde mich deshalb auch getreu dieser Auf⸗ fassung davon dispensirt halten dürfen, auf alle Anregungen, die von den Herren Vorrednern gegeben sind, des näheren einzugehen, und ich werde mir nur erlauben, einige Punkte, deren Klärung ich allerdings im öffentlichen Interesse für nöthig halte, zu besprechen. Was die Vorschriften über die Sonntagsruhe in den industriellen Betrieben anlangt, auf welche der Herr Vorredner heute von neuem zurückgekommen ist, und jüber die mich erschöpfend zu äußern, ich bei meinem vorgestrigen Vortrage unterlassen habe, so liegt die Sache folgendermaßen. Nachdem das Material an gutachtlichen Aeußerungen der Berbündeten Regierungen über die im Reichsamt des Innern aufgestellten vorläufigen Entwürfe eingegangen und verarbeitet sein wird, beabsichtige ich, diese Entwürfe nicht sofort zur Beschluß⸗ fassung des Bundesraths zu bringen, sondern sie zunächst im Kreise sachverständiger Personen einer Vorberathung zu unterziehen. Ich halte das für um so nöthiger, als ja bekanntlich die bereits für das unruhigungen hervorgerufen werden, diese Berichtigung hier anzu Handelsgewerbe erlassenen Vorschriften bezüglich der Sonntagsruhe zubringen. Ich habe schon vorhin bemerkt die Versuche einer mehr oder weniger lebhaften Anfechtung unterworfen ge⸗ nach einem geeigneten Denaturirungsmittel werden fort⸗ wesen sind, und ich zu der Ueberzeugung gekommen bin, gesetzt und werden ja hoffentlich dazu führen, daß man schließ⸗ daß es durchaus nothwendig sein wird, wenn der Bundesrath lich die Denaturirung in einer Weise vornehmen kann daß auch mit den Vorschriften für die Industrie vorgeht, er auch etwas bringt, vorübergehende Irritationen durch den Gebrauch des be. was wirklich praktisch brauchbar ist und die verschiedenen Interessen, Spiritus nicht hervorgerufen werden. die dabei in Frage kommen, möglichst gleichmäßig berücksichtigt. Wenn Nun, meine Herren, hat der Herr Abg. Wurm — das will ich 1 der Herr Vorredner dabei auch in Anregung gebracht hat, daß nicht nur kurz zum Schluß bemerken — den Auszug aus dem Bericht der nur aus dem Kreise der Unternehmer, sondern auch aus dem Kreise Gewerbeaufsichtsbeamten eine Anklageschrift gegen das Unternehmer⸗ der Arbeiter Theilnehmer zu dieser Vorberathung zugezogen werden thum genannt. Meine Herren, wir sind ja an manche Superlative möchten, so entspricht diese Anregung den von mir gehegten Ab⸗ gewöhnt (Heiterkeit), und ich finde es auch ganz erklärlich, wenn die sichten und ich werde keinen Anstand nehmen, für die ver⸗ Herren, um nach außen hin die Leute, die diese Berichte nicht lesen schiedenen Gruppen der Vorschriften auch aus dem Arbeit⸗ nach einer Seite hin zu unterrichten, diese zur Anwendung ns neFererstande Sachverständige zuzuziehen, die dann in die Hier im Reichstage kann das aber unmöglich verfangen; denn wenn Lage gesetzt werden, auch ihre Ansichten und Wünsche über die Ent⸗ man die Berichte liest, wenn man namentlich den fünften Abschnitt liest ä Sprache zu bringen. und besonders die große Anzahl von Wohlfahrtseinrichtungen betrachtet Was demnächst die Publikation dieser Vorschriften anlangt, so die die Unternehmer aus freiem Willen und über den Kreis ihrer läßt der Artikel 9 des Gesetzes vom 1. Juni 1891 die Freiheit, das Verpflichtungen hinaus für ihre Arbeiter eingerichtet haben, dann kann Gesetz ganz oder theilweise in Kraft zu setzen, und ich verstehe diese man unmöglich dazu gelangen, diese Berichte eine Anklageschrift gegen Bestimmung so, daß auch die Vorschriften über die Sonntagsruhe für das Unternehmerthum zu nennen. Im Gegentheil, ich würde, wenn einzelne Industriegruppen besonders in Kraft gesetzt werden können. ich objectiv urtheilen will, zu dem Ausspruch kommen, daß aus dem Allerdings ist bei uns noch zur Erwägung gestellt, ob es sich nicht Bericht sich ein schönes Zeugniß für das fortgesetzte Wohlwollen empfehlen möchte, zunächst im Bundesrathe für die einzelnen Gruppen welches der deutsche Unternehmer seinem Arbeiter entgegenbringt ent⸗ nach Maßgabe ‚ihrer Fertigstellung die Berathung in erster nehmen läßt. (Bravo! rechts.) 3 8 Lesung eintreten zu lassen und nachdem die sämmtlichen ersten Das, meine Herren, ist mein Urtheil über die Fabrikinspectoren Lesungen beendigt sein werden, dann eine zweite Lesung vorzunehmen, berichte. Damit ist keineswegs gesagt, daß die Mißbräuche, die in ein Verfahren, welches ermöglichen würde, die sämmtlichen Vorschriften diesen Berichten vorgebracht sind gebilligt werden sollen. Im Gegen⸗ uno actu zu publiziren. Dieser Weg würde sich um deswillen theil, ich glaube nicht, daß der Herr Abg. Wurm sie schärfer miß⸗ empfehlen, weil — es ist dies wenigstens denkbar — bei der Be⸗ billigen kann, als ich selber es thue. Ich verurtheile es, wenn ei rathung der einzelnen Vorschriften in einem späteren Stadium noch Arbeitgeber seinen Arbeiter ungerecht drückt und wenn er chlache Gesichtspunkte zur Sprache kommen, die zweckmäßiger Weise auch für behandelt; aber, meine Herren, mit solchen ertravagamten Urtheilen. die bereits in erster Berathung erledigten Entwürfe noch fruchtbar gemacht wie sie der Herr Abg. Wurm vorgebracht hat, bessern Sie die Zuständ 8 13 werden können. Wie diese Frage erledigt werden wird, übersehe ich in nicht! (Sehr wahr! rechts.) 8 — diesem Augenblicke nicht; Sie werden aber aus meinen Darlegungen Tragen Sie, wie die Verwaltungen des Reichs und der Einzaln⸗ gewiß die Ueberzeugung entnehmen, daß es uns voller Ernst ist mit staaten es nun seit Jahren thun, mit Ihren Kräften die Ihmen 8 der Sache und namentlich mit dem Bestreben, daß wir etwas Gutes reichlich zur Disposition stehen, zur Hebung der Whlfahrt d und Brauchbares bringen wollen. arbeitenden Klassen bei, dann thun Sie viel mehr, als Sie hHier mit
Ich habe auf die Bemerkung des Herrn Abg. Wurm, daß hier Reden erzielen, die mit solcher Schärfe vorgetragen werden, wie sir absichtlich eine Verschleppung eingetreten sei, nicht antworten mögen der Herr Abg. Wurm zur Anwendung gebracht hat (Bravot rechts.) und würde diese Aeußerung auch heute nicht erwähnen, wenn der Herr 8 ꝙ
9 . . . Kree Abg. Wurm (Soc.): Wir glauben gerade dadurch dasß Abg. Hirsch nicht darauf zurückgekommen wäre. Meine Herren, wir der Zeit den Spiegel vorhalten und durchaus 1 schün sühcürn gegen diesen Vorwurf sollten wir in der That geschützt sein, auch nicht jene zarte Sanftmuth und Geduld b wie der Abg. und wenn der Herr Abg. Wurm noch einen Zweifel hat, so Dr. Hirsch, die Wohlfahrt der Arbeiter am ärdert mind. lade ich ihn ein, sich einmal im Reichsamt des Innern umzusehen üna a⸗ Se. en⸗ die fanften 5 üb 1. 2 b lötentöne ang agen worden sind, ist f i ĩ sü viel ber. “ her Ffschehen⸗ 88 85 mit “ . Sap ihren Einzug hielten, hörte man von den Ausgaben d
voraussichtlich zurückkommen. 8 f E““ Nun, meine Herren, komme ich zu einem zweiten Punkt, welchen
nehmer für ihre Arbeiter, und daß sie don Wohlmollem über.
12g weweiess Peeag langsam voran. einen klainen
ich besprechen möchte. Das ist der Vorwurf des Gi 8 Schritt vorwärts, und wenn es irgend wiaden ein
ich 8 vee be t R 8 *. Vorwurf des Giftmordes, den der bischen rückwärts. Ich erinnere nur an das Coalitiousvacht. Wemn Perr Abg. Wurm mit; ücksich auf die Verwendung von denaturirtem gesagt wird, wir hätten Gift herausgesogen und die Berichte den Fabmit⸗ Spiritus in gewerblichen Betrieben erhoben hat. Auch der Herr infpertoren Anklageschriften KSeen,; so ist das eben Anfichtsfuchn. Su Abg. Dr. Hartmann hat, wie mir berichtet wird — ich bin durch lange die Socialdemokraten hier im Reichstage dorhunden sind, eine anderweitige dienstliche Abhaltung leider behindert gewesen, diesem — sie in der 1ang e. ich es gethan habe. nicht ich dmu dS-n. “ R.; 8 G eergeben, die einzelnen kleinen Gefälligkeiten, die das Untumnmümere⸗ Theile seines Vortrags beizuwohnen ö davon gesprochen und ich sthum den Arbeitern gewährt, zu loben, sondern auch danauf hinweistn, halte mich jetzt für verpflichtet, die Sache auseinander zu setzen. wo die großen Uebelstände vorhanden sind. Daß in dan Fabhrekbm Es ist eine irrige Annahme, wenn man glaubt, daß Uebelstän bestehen, kann nur derjenige bestreiteem, den meintz dem
die jetzt zur Anwendung kommenden Denaturirungsmittel, also wen ang überhaupt nichts 8 fordern, sondem uun, allbs. al..
d lageist d die Pyridinbas 1 ES ade zu empfangen. Wenn d Woh Uaürtseitrchtungen. er Holzgeist un ie Ppridinbasen, eine auf die Gesund⸗ treffen, so thun sie es nach eigenem s nicht im Intbresser heit der Menschen sehr gefährliche Wirkung ausüben und der Gewerbe⸗ der Arbeiter, sondern um sie seßhaft machen, sin vrdirch wan aufsichtsbeamte für Hamburg hat auch dies keineswegs behauptet, er 5-. 1 8 e devg Ke üce 1 . —8* nünde aqem hat gentheil dage ahrt. in je ⸗ 8 8 Maßnahmen können wir n eben. Dun Aug. Möllte 8 sich im Gegenthei ees “ daß bih jetzt schon bei der stellt in Abrede, daß die Nationalliberalen die Anbeiten — Anwendung des mit jenen Mitteln denaturirten Sprits wirklich schäd⸗ ecken mißbrauchen. Sind denn die Arbeiter in dem Wahktrefe des
liche Folgen eingetreten wären. Er hat nur behauptet, daß mit Sicherheit Abg. Möller alle nationalliberal? Die Wrhiprufungerommifsien
erwartet werden dürfe, daß solche Folgen eintreten können. Nun ist ja] hat ja gerade, weil die Arbeiter zu beeinfkußßt erkchitmen, bei der Ermittelung geeigneter Denaturirungsmittel für den Spiritus Ungültigkeit seiner Wahl beantragt. Fülschung weiche ssch der
mit großer Sorgfalt verfahren worden; aber ich gebe zu, ein voll⸗ 1“ sasen h tr berubt vee- 2 küöe Se n ständig befriedigendes Denaturirungsmittel hat bis jetzt die Wissen⸗ aus · 8
Parlamentsberichts. wel QDurilt stammmtt wie. der schaft noch nicht herstellen können. Die Versuche in dieser Beziehung Bericht der ZGoffischen Zeitung“. Swch mind allbaz wam wwi. t werden fortgesetzt, und unter allen bekannten und geprüften Dena⸗ S
vom eins Standpunkt t. Eim Wensterdigtan it. turirungsmitteln sind der Holzgeist und die Pyridinbasen verhältniß⸗ 1e. — . ee mehr
—— is eehn vec und dee Arbester mäßig die unschädlichsten. Diese Mittel sind nicht von Seiten P vünes eentes bas . 8e H 8
Frücher Amittenumnos erhaans