8 9 1““
Unter dem Protectorat Ihrer Majestät der Kaiserin ist heute in den Parterreräumen des Kriegs⸗Ministeriums in dem neben dem Palmenhaus 52g Saale ein großer Bazar zum Besten des aul Gerhardt⸗Stifts eröffnet worden, dessen ““ ich der Pflege der erkrankten Armen zu gute kommen soll. Vor dem ans steht der Tisch der Kaiserin, an dem Gräfin Keller u. a. Majoliken, kunstvoll bemalte Blumenflaschen und geschmack⸗ volle Handarbeiten aller Art feil halten. Links davon befindet sich der reich ausgestattete Tisch der Fürstin Stolberg, rechts sieht man eine große Tafel, bedeckt mit Kinderkleidern, Kinderspiel⸗ sachen aus gebranntem Holz u. a., Erzeugnisse, die im Hause der Gräfin Eulenburg, der Gemahlin des Ober⸗Hof⸗ nnd Hausmarschalls, selbst ge⸗ fertigt sind. An der Rückwand steht der Gabentisch der Schwestern, die ihre Mußestunden geopfert haben, um Kindersachen, Haussegen u. dergl. für den wohlthätigen Zweck herzustellen. Daneben hat Frau Oberst von Bülow einen Verkauf eigenartiger Spielsachen aus Ostfriesland aufgethan. Der Mitteltisch enthält viel von den Damen selbst gefertigte Kunstsachen. Die Gemahlin des Ministers des Königlichen Hauses von Wedel und Gräfin Lehn⸗ dorff haben gemeinsam einen großen Gabentisch ausgestattet. Auch Frau von Wallenberg, Fräulein von Rochow, Gräfin Fritz Hohenau, Gräfin Hohenthal, Frau von Hallerstein, Frau General von Versen und andere Damen haben sich um das Werk verdient gemacht. Der Bazar ist auch morgen noch von 12 bis 5 Uhr geöffnet.
Die gemischte Deputation zur Vorberathung der Angelegenheit, etreffend die Errichtung von Standbildern auf der Mühlen⸗ amm⸗Brücke, hat mit 5 gegen 3 Stimmen beschlossen, die Er⸗ ichtung von Standbildern Albrecht's des Bären und des Markgrafen
Waldemar den Communalbehörden in Vorschlag zu bringen. Der Berein für die Geschichte Berlins hat in seiner Sitzung am 11. die⸗ selbe Entscheidung getroffen.
Der Fußgängerverkehr über die im Zuge der alten Verbindungs⸗ bahn befindliche Spreebrücke zwischen der Köpenickerstraße und der Mühlenstraße ist mit Rücksicht auf die große Entfernung zwischen der Schillings⸗ und der Oberbaumbrücke und dem infolge der Nähe des Schlesischen Bahnhofs sehr gesteigerten Verkehr auf Anregung des Ministers der öffentlichen Arbeiten und auf Antrag des Magistrats vom Königlichen Kriegs⸗Ministerium bis Nachts 1 Uhr freigegeben. Bisher war der Fußgängerverkehr über diese Brücke von 10 Uhr Abends bis 5 Uhr Morgens verboten.
Die Deutsche Colonial⸗Gesellschaft, Abtheilung Berlin, veranstaltet am Freitag, Abends 8 Uhr, im Saale B des Architekten⸗ hauses, Wilhelmstraße 92, einen Vereinsabend, wo Herr Joachim Graf Pfeil über seine „letzten Reisen und Beobachtungen in Deutsch⸗Südwest⸗Afrika“ einen Vortrag halten wird. — Am Mon⸗ tag, 20. Februar, findet im Abtheilungszimmer eine gesellige Zu⸗ sammenkunft statt. — Für Montag, 27. Februar, ist im Saale C des Architektenhauses Herren⸗Abend angesetzt, wobei durch Herrn Redacteur Meinecke der „Kaffeebau in Ost⸗Afrika“ erörtert werden wird.
Friesack. Ueber einen Unglücksfall, dem der Graf Karl von Bredow, dessen Tod in Nr. 35 d. Bl. unter den Familiennachrichten gemeldet worden ist, auf Burg Friesack zum Opfer gefallen ist, be⸗ richtet das „Fries. Wochenbl.”: Der Graf war am Dienstag, 7. d. M., Nachmittag mit seinem Kutscher nach Görne gefahren, um
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7 Uhr.
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u. d. Meeres red. in Mi 5° C.
wolkig halb bed. wolki Nebe bedeckt bedeckt wolkenlos
halb bed. bedeckt Nebel wolkenl. ¹) halb bed. ²) heiter) Schnee bedeckt wolkenlos bedeckt halb bed. 5 bed. edeckt wolkig⁴) bedeckt ⁵) Nebel Regen
wolkig
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1. ünster Karlsruhe .. Wiesbaden. 762 München.. 761 Chemnitz .. 762 Berlin. . 758 Wien 763 Breslau 759 SW Fle dAix .. 758 SSO Niza. 768 ONO Z wolkig Festk.. 769 still heiter
¹) Nachts Regen. ²) Gestern und Nachts Regen. Gestern und Nachts Schnee und Regen. ⁴) Dunst Gestern anhaltend Regen.
Uebersicht der Witterung.
Das barometrische Minimum, welches gestern nördlich von Irland lag, ist nordwärts fortgeschritten; wobei über den Britischen Inseln und dem Nordsee⸗
ebiete das Barometer sehr stark gestiegen ist. Am
öchsten, etwa 770 mm, ist der Luftdruck über der
Balkanhalbinsel. In Central⸗Europa dauert bei meist schwachen südlichen bis Winden die milde, im Norden trübe, im Süden theilweise heitere Witterung fort, nur an der ostpreußischen Küste herrscht noch Frostwetter. Im nordwestlichen Deutschland ist seit gestern viel Regen gefallen, zu Kiel 25 mm; Königsberg meldet 27 cm Schneehöhe. Deutsche Seewarte.
Theater⸗Anzeigen.
Königliche Schauspiele. Donnerstag: Opern⸗ haus. 41. Vorstellung. Bajazzi (Pagliazzi). Oper in 2 Acten und einem Prolog. Musik und Dichtung von R. Leoncavallo, deutsch von Ludwig Hartmann, In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Kapellmeister Sucher. — Vorher: Die Jahres⸗ zeiten. Tanz⸗Posm in 2 Acten und 4 Bildern bon E. Taubert und E. Graeb. Musik von P.
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Clémenceau.
Donnerstag: Operette in 3
Anfang 7 Uhr.
burg.
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dort seinem durch “ e schwere Krankheit heimgesuchten Vetter
Hertel. Dirigent: Musikdirector Hertel. Anfang
Schauspielhaus. 1 Aufzügen von Emil Pohl, mit freier
Benutzung der Di In Scene gesetzt vom Ober⸗Regisseur Anfang 7 Uhr. Freitag: Opernhaus. 42. Vorstellung. Carmen. Oper in 4 Acten von Georges Bizet. H. Meilhac und L. Halévy, nach einer Novelle des Peve Mérimée. F. cene gesetzt vom E Tetzlaff. Diri⸗ gent: Kapellmeister Dr. Muck. Schauspiekhaus. 48. Vorstellung. Die gelehrten Frauen. Lustspiel in 5 Aufzügen von Jean Baptiste Molière. In deutschen Versen von Ludwig In Scene gesetzt vom See reae Max — Der eingebildete Kranke. zügen von Jean Baptiste Molibre, mit Benutzung der Wolf Graf “ Uebersetzung. In gestßt vom Ober⸗ v.
Deutsches Theater.
Talisman. Anfang 7 Uhr. 1 Freitag: Zwei glückliche Tage.
Sonnabend: Der Talisman.
Berliner Theater. Donnerstag: Der Hütten⸗ Anfan Freitag: 25. Abonnements⸗Vorstellung. Neu ein⸗ studirt: König Lear.
Sonnabend: Dorf und Stadt.
einen Besuch zu machen. Bei der Rückfahrt nahmen die Pferde, unter denen sich ein neu angekauftes befunden haben soll, in der Gegend des Penerberges plötzlich eine so scharfe Gangart an, daß der Kutscher den Grafen bat, doch mit zuzufassen, da er die Pferde nicht mehr halten könne. Der Graf ergriff auch die Leine, aber in demselben Augenblick schleuderte der Wagen gegen ein Hinderniß, und Herr und Kutscher flogen nacheinander aus dem umgestürzten Wagen, mit dem die Pferde weiter rasten. Der Kutscher hob seinen Herrn auf und geleitete ihn, der über heftige Rücken⸗ und Kopfschmerzen klagte, noch etwa 300 Schritte weit, bis der Graf erklärte, nicht weiter zu können. Er brach am Wege zusammen, der Kutscher legte ihm noch seinen eigenen Mantel unter das Haupt und eilte nach dem Gute, um Hilfe zu holen. Bevor ein Fuhrwerk angespannt war, lief der Diener des Grafen mit einer Laterne nach der Unglücksfkelle und fand hier seinen Herrn, der sich ein wenig von seinem Lager fortgewälzt hatte, röchelnd und sterbend vor. Inzwischen war auch der Wagen zur Stelle, und eilende Boten hatten den Arzt gerufen, der aber bei seinem Erscheinen nur den infolge Schädelbruchs eingetretenen Tod feststellen konnte.
Breslau, 15. Februar. „W. T. B.“ meldet: Der Eisgang hat begonnen; bei Ratibor sind bereits 4,12 m Eis im Laufe des Tages stoßweise abgegangen; infolge dessen ist der Wasserstand ein b“ Der Eiswachtdienst wird in vollstem Maße aufrecht erhalten.
Schweidnitz, 14. Februar. Die Kunstmöbelfabrik von Langer u. Co., Actiengesellschaft, ist laut Meldung des „W. T. B.“ von einer Feuersbrunst heimgesucht, die im Trockenhause ausbrach und sich mit großer Schnelligkeit über alle Arbeitsräume verbreitete. Der entstandene Schaden ist sehr bedeutend, gegen hundert Arbeiter sind beschäftigungllo.
Regensburg, 14. Februar. Die Hochwassergefahr nimmt, wie „D. B. H.“ meldet, hier und in der Umgegend einen bedrohlichen Charakter an. Ganze Ortschaften sind überschwemmt, auch Strau⸗ bing erscheint arg gefährdet.
Heidenheim, 12. Februar. Dem „Hannov.“ Cour.“ wird ge⸗ schrieben: Vorgestern Nacht zog über unsere Gegend ein schweres Gewitter mit heftigem Sturm, Blitz und Donner und starken ge⸗ mischten Niederschlägen. Der seit einer ganzen Woche durch unsere Stadt fließende, mitunter auch eingefrorene Wedel schwoll nun bis
estern Nachmittag 12 ½ Uhr zu einem gewaltigen Strom an, der dem etzten Wildwasser nur um 30 bis 40 cm nachstand.
Leipzig, 14. Fehtnaß Aus ganz Sachsen wird dem „D. B. H.“ Hochwasser gemeldet. Die Elbe, die Elster und die Mulde steigen rapid. In Elsterberg stehen große, gewerbliche Etablissements unter Wasser. Die Bahnstrecke Oschatz —Zschöllau ist unfahrbar. In Dresden⸗A. ist der Verkehr am Elbquai eingestellt.
Mannheim. 14. Februar. Ueber Hochwasser wird der „Voss. Ztg.“ gemeldet: Aus allen Gegenden Südwest⸗Deutschlands laufen Meldungen über Hochwasser infolge heftiger Regengüsse und rascher ein. In der benachbarten Pfalz bilden das Glanthal und das Bliesthal mächtige Seen. Die Bewohner mußten vielfach die Häuser räumen. Großen Schaden erleiden die Bewohner des Neckarthals, wo das Wasser fußhoch auf den Feldern steht. Der hochangeschwollene Neckar, der fortwährend rapid steigt,
mehreren Stellen über die Ufer getreten.
Rheinpegel 7,30, stark steigend, Neckar 7,40 m.) ““
Jemappes, 14. Februar. Gestern fand, nach einer Meldung des „W. T. B.“, in dem Schloß des Industriellen Detry während des Abendessens eine Dynamitexplosion statt. Zwei Damen wurden durch Glassplitter im Gesicht verletzt. Der materielle Schaden 735 erheblich. Man hält das Attentat für den Racheact eines Arbeiters.
Athen, 14, Februar. Die Regierung wird, wie „W. T. B.“ meldet, das Panzerschiff „Psara“ nach der gestern durch ein heftiges Erdbeben verwüsteten Insel Samothrake entsenden.
Christiania, 14. Februar. Der Schooner „Ternen“ aus augesund ist nach einer Meldung des „D. B. H.“ im Schnee⸗ turm bei Jädereu gestrandet. Ueberspült von den Brandungen, mußte die Besatzung gegen fünfzehn Stunden an Deck verweilen, bis es durch den Raketenapparat alle Leute zu retten glückte.
Termonde (Dendermonde). Ein Wolff'sches Telegramm meldet vom gestrigen Tage: In Baesrode kam es bei der Verhaftung zweier Excedenten durch die Gendarmerie zu ernstlichen Ruhe⸗ störungen. Die Menge griff die Gendarmen mit Knütteln an und entwaffnete einen. Als darauf Verstärkungen eintrafen und der Com⸗ mandant der Gendarmerie zum Angriff überzugehen befahl, zerstreute sich die Menge. Mehrere Personen wurden verletzt, darunter zwei tödtlich. Zwei Gendarmen wurden leicht verwundet.
Helsingör, 15. Februar. Der Dampfer „Olga“ ist 8 einer Meldung des „D. B. H.“ nach sehr beschwerlicher Reise dur
das Kattegat hier angekommen. Mitten im Kattegat traf „Olga“ einen schwedischen dreimastigen Schooner, der seit drei Wochen ein⸗ gefroren gelegen hatte und dessen Besatzung dem Verhungern nahe war. Von der „Olga' wurde eine Menge Proviant an Bord des Schooners geschafft, da die Mannschaft das Schiff nicht verlassen wollte. .
New⸗York, 14. Februar. Der Dampfer der Hamburg⸗ Amerikanischen Packetfahrt⸗Actiengesellschaft „Bohemia“ erlitt, wie „W. T. B.“ berichtet, in Hoboken während der Ladung ein Leck. Da die Befürchtung vorlag, daß er untergehen würde, wurde der Dampfer entladen und zur Ausbesserung hierher geleitern⸗
Nach Schluß der Redaction eingegangene Depeschen. 8
New⸗Yor „ 15. Februar. (W. T. B.)
hat nunmehr selbst über “ Zusammensetzung seines ukünftigen Cabinets Mittheilung gemacht. Danach he⸗ fäätigt es sich, daß Walter Gresham zum Staatssecretär, John Carlisle zum Schatzsecretär und Daniel Lamont zum Cabinets⸗Secretär des Krieges ernannt sind. General⸗ Postmeister wird Wilson Bissel.
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)
ist seit gestern einen Meter gewachsen. Der Rhein ist ebenfalls an
Hierauf:
Die
Freitag: Gläubiger. Biquet. 47. Vorstellung. Vasantasena. Sonnabend, 25. Februar:
ung des altindischen Königs
Domino. NFaan 7 Uhr. Freitag: Undine.
Text von S8 b Tanz von Emil Graeb. In Sgra. Nevada.)
Anfang 7 Uhr. stellen.
Victoria-Theater.
ulda. rube.
usispiel in 3 Auf. die Welt in achtzi
stattungsstück mit
egisseur Maxr Grube. Debillemont und C. A. Raida.
agen.
Welt in achtzig
Donnerstag: Zum 6. Male:
113“
als Gast.) Anfang 7 ½ Uhr. Freitag: Tosca.
7 Uhr.
Zum 33. Male: ide 3 Acten von Horst und Stein.
pignol. (Champignol malgré Iui.)
Kroll's Theater. Donnerstag: Der schwarze
Sonnabend: Erstes Gastspiel von Sgra. Emma Nevada. Der Barbier von Sevilla. (Rosine:
Billets an der Kasse und den bekannten Verkaufs⸗
Belle⸗Alliancestraße 7/8.
Donnerstag: Mit neuer Ausstattung: Die Reise um Tagen. lllet in 5 Acten (15 Bildern)
von A. d'Ennery und Jules Verne. irt vom Balletmeister C. Severini. Anfang 7 ½ Uhr. Freitag und folgende Tage: Die Reise um die
Neues Theater (am Schiffbauerdamm 4/5). Tosca. in 4 Acten von Victorien Sardou.
Theater Unter den Linden. Donnerstag:
Lachende Erben. Musik von Carl
Concerte.
Saal Bechstein, Linkstraße 42. Donnerstag, Anfang 7 ½ Uhr: Letzter Klavier⸗Abend von Clotilde Kleeberg.
Familie Pont⸗
beiden Cham⸗
Circus Renz (Carlstraße.) Donnerstag, Abends 7 ¼ Uhr: Soirée équestre und große Gala⸗Vor⸗ stellung. Hippologischer Congreß von 36 Vollblut⸗ pferden, vorgeführt vom Director Franz Renz. — Concurrenzschule der Damen Frl. Clotilde Hager und Frl. Oceana Renz in Husaren⸗Uniform. — Mr. James Fillis mit dem Schulpferde „Markir“. — Zum 1. Male: Jeu de la rose, fantaisie équestre von den Damen Frl. Clotilde Hager und Frl. Edith. Zum Schluß der Vorstellung:
☛ ‧ CEin Künstlerfest. 2☚ Große Ausstattungs⸗Pantomime vom Hofballt⸗ meister A. Siems. Mit überraschenden Licht, und Wassereffecten und auf das Glänzendste inseenirt vom Director Franz Renz. Costume, Requtsiten, Wagen vollständig neu. Unter Mitwirkung des ge⸗ sammten Personals. Ballet von 100 Damen. Großartiger, in solcher Pracht noch niemals gesehener Blumencorso ꝛc. Freitag, Abends 7 ¼ Uhr: Große Vorstellung mit neuem Programm und Ein Künstlerfest.
Großes Aus⸗
Ballet arran⸗ Musik von
Schauspiel (Frl. Barkany
Familien⸗Nachrichten.
Verlobt: Frl. Marie Bernhardi mit Hrn. Forst⸗ Assessor Georg Lutter (Zalenze bei Kattowitz). —
Operette in
EEEAIExmxxHM.nSexEarMssTaFeEATrnk
Die nächste Aufführung von „Der Komödiant“ findet am Sonntag statt.
Lessing·Theater. Donnerstag: Heimath. Anfang 7 ½ Uhr.
Freitag: Eine Palastrevolution.
Sonnabend: Heimath. 1
Sonntag: Heimath.
Wallner⸗Theater. Donnerstag:
Freitag: Der Probepfeil. Sonnabend: Der Fall Clémenceau. Sonntag: Der Fall Clémenceau.
Friedrich⸗Wilhelmstädtisches Theater.
von Max Gabriel. In Scene gesetzt vom Regisseur Epstein. Dirigent: Herr Kapellmeister Federmann.
Freitag: Der Garde⸗Husar.
Residenz⸗Theater. Direction: Sigmund Lauten⸗ Donnerstag: 220.— Vorletzte Woche der Aufführungen 2 Gläubiger. Tragikomödie in 1 Aect von August Strindberg. Zum 56. Male: . iquet. Schwank in 3 Acten von Alexandre Bisson. Deutsch von vean. Schönau. Sigmund Lautenburg.
Der Fall Anfang 7 ½ Uhr. 6 G
Chausseestraße 25. um 12. Male: Der Garde⸗Husar. cten von Oscar Walther. Musik
ans Meery.
Regie: 1e ont⸗
amilie In Scene gesetzt von
Weinberger. Inscenirt durch den artist. Leiter Ed. Binder. Dirigent: Kapellmeister A. Ferron. Die militär. Evolutionen im 3. Act arrangirt von Gundlach. Vollständig neue Ausstattung an Deco⸗ rationen und Kostümten — Hierauf: Zum 54. Male: Die Sirenen⸗Insel. Ballet in 1 Act von H. Regel. Musik von R. Mader. Der choreogr. Theil von Jos. Haßreiter. Inscenirt durch den Ballet⸗ meister Herrn L. Gundlach. (Sensationeller Erfolg.) Anfang 7 ½ Uhr. G Freitag: Dieselbe Vorstellung.
Adolph Ernst⸗Theater. Donnerstag: Zum 54. Male: Modernes Babylon. Felan epe e in 3 Acten von Ed. Jacobson und W. annstädt. Couplets theilweise von G. Görß. Musik von G. Steffens. In Scene gesetzt von Adolph Ernst. Anfang 7 ½ Uhr. 4 “
Freitag: Dieselbe Vorstellung.
Thomas-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Donnerstag: Gesammt⸗Gastspiel des Wiener En⸗ semble unter Leitung des Directors Fraunz Josef Graselli. Nestroy⸗Cyelus. Volksthümliche Preise. Parquet 1,50 ℳ Einen Jux will er sich machen. Posse mit Gesang in 4 Acten von Johann Nestroy.
Freitag: Dieselbe Vorstellung.
Urania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde.
Frl. Gertrud Wilberg mit Hrn. Prem.Lieut. Alfred von Lewinski (Görlitz).
Verehelicht: Hr. Amtsrath J. Reinecke mit Frl. Martha Lehmann (Mednitz). 8 Geboren: Ein Sohn: Hrn. Forst⸗Assessor
Cordemann (Minden). — Hrn. Rittergutsbesitzer
Franz Fleischhauer (Rittergut Austen). — Eine Tochter: Hrn. Albrecht von Lieres und Wilkau
(Halle a. S.) — Hrn. Major von Rauch (Han⸗
nover). . Gestorben: Hrn. H. von Heyn Sohn Willy (Königsberg). — Hr. Oberst⸗Lieutenant z. D. Ottomar von Bojan (Breslau). — Verw. Fr. Pastor Amalie Volkmann, geb. Becker (Breslau), — Fr. Hofrath Ottilie Flemming, geb. Henschler (Dresden). — Verw. Fr. Ober⸗Stabsarzt Marie Ukrich, geb. Schück (Brandenburg a. H.). — Hr. Oberst⸗Lieut. z. D. Friedrich Wülbeln Alexander von Woedtke (Dresden). — Hr. Lieut. Hans von Jordan (Colmar i. E.).
Redacteur: Dr. H. Klee, Director. Berlin: — Verlag der Expedition (Scholz). 1 Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlag Anstalt. Berlin Wilhelmstraße Nr. 32.
Sechs Beilagen 1
Anfang 7 Uhr.
Am Landes⸗ ee „Park (Lehrter Bahnhof). Geöffnet von 12—11 Uhr.
(einschließlich Börsen⸗Beilage)
No. 40.
b Dentscher Reichstag. 43. Sitzung vom Dienstag, 14. Februar, 1 Uhr. Das Haus setzt die zweite Berathung des Etats des
Neichsamts des Innern bei dem Titel „Staatssecretär 50 000 ℳ“
fort.
Ueber den Beginn der Verhandlung haben wir bereits in er Dienstags⸗Nummer berichtet. Nach dem Abg. Freiherrn von Manteuffel nimmt das Wort der
Staatssecretär Freiherr von Marschall:
Meine Herren! Nachdem der geehrte Herr Vorredner die deutsch⸗ ussischen handelspolitischen Besprechungen in den Kreis der Be⸗ trachtungen gezogen hat, ergreife ich zunächst das Wort zu einer anz kurzen Erklärung. Es ist mir unmittelbar vor der Sitzung denntniß gegeben worden von einem Artikel, den die heutige „Kreuz⸗ eitung“ enthält, in dem anläßlich einer Besprechung, der handels⸗ olitischen Verhandlungen mit Rußland die Behauptung aufgestellt wird, daß gewisse deutschfeindliche Artikel, die in russischen
Journalen producirt worden sind, ihre directe Inspiration von der
hiesigen russischen Botschaft bezogen hätten. Ich kann nur mein aller⸗ lebhaftestes Bedauern über diese Behauptung aussprechen. Ich be⸗ zeichne dieselbe als eine vollkommen grund⸗ und haltlose Insinuation und als eine grobe Verletzung der Rücksichten, welche man der fremden Vertretung eines fremden Souveräns schuldig ist. Wenn Sie die Regierung angreifen wollen, so wird sie stets Rede und Antwort stehen; ich möchte aber dringend davor warnen, und ich glaube, daß in dieser Beziehung das Haus mit mir übereinstimmt, daß dabei in folcher Weise, wie es hier geschehen, die Grenzen der internationalen Sitte und Schicklichkeit übertreten werden. Das sind Praktiken, die bisher in Deutschland nicht in Uebung gewesen sind, und ich hoffe, daß sie sich bei uns auch nicht einbürgern webrden.
Was nun die deutsch⸗russischen Beziehungen betrifft, so befindet sich ja die Regierung infofern in einer schwierigen Lage, als sie gar nicht in der Lage ist, auf die Materie der Angelegenheit einzugehen, und ich möchte glauben, dies könnte eigentlich ein Fingerzeig dafür sein, daß im gegenwärtigen Augenblick die ganze Frage überhaupt nicht zur Disposition reif ist. Ich kann nur das wiederholen, was ich jüngst hier ausgeführt habe: es sind gegenwärtig Besprechungen mit der russischen Regierung im Gange zu dem Zweck, eine handelspolitische Verständigung anzubahnen. Dabei ist von unserer Seite die Gewährung eines Conventionaltarifs und nichts Anderes gefordert, während wir von Seiten Rußlands eine Reduction des russischen Zolltarifs und anderer Verkehrserleichterungen beanspruchen. Wenn man die Regie⸗ rung dazu auffordern will, bei diesen Verhandlungen diligentiam zu prästiren, so ist dagegen nichts zu sagen. Will man dagegen den Ver⸗ such machen, die Regierung und ihre Handelspolitik aus dem Gleise zu bringen und principiell nach der Richtung zu drängen, daß die deutsche Regierung ihren Conventionaltarif an irgend einen Staat auch dann nicht gewähren soll, wenn von dort aus entsprechende Gegenleistungen concedirt werden, so kann ich derartigen Bestrebungen nur ein negatives Resultat prognosticiren. (Sehr gut! links.) Ob diese Besprechungen mit Rußland zu einem positiven Resultat führen, das kann ich in diesem Augenblick nicht absehen. Das Eine nur steht fest, daß, wenn ein solches positives Resultat erreicht wird, die betreffende Vorlage, entsprechend den Bestimmungen der Reichs⸗ verfassung, zunächst an den Bundesrath und demnächst an den Reichstag gelangen wird, daß wir hier Rede und Antwort stehen werden und es sodann Sache des Reichstags sein wird, die Angelegen⸗ heit zu prüfen und zu entscheiden. (Bravo! links.)
Staatssecretär Dr. von Boetticher:
Meine Herren! Ich will auch nur mit ganz kurzen Worten auf die Schlußanfrage des Herrn Abg. Freiherrn von Manteuffel ein⸗ gehen. Sie werden mich davon dispensiren, daß ich die einzelnen Gegenstände, welche er behandelt hat, sämmtlich einer Besprechung unterwerfe; ich müßte fürchten, daß, wenn ich so verfahre, sich daran wieder eine mehrtägige Debatte anschließen würde, die zu einem actuellen und nützlichen Ergebniß in diesem Moment kaum führen kann.
Was die allgemeine Stellung der verbündeten Regierungen zu den Schmerzen der Landwirthschaft anlangt, die wir durchaus an⸗ erkennen (Widerspruch links), so kann ich mich nur auf das beziehen, was von dieser Stelle aus sowohl von dem Herrn Reichskanzler wie von mir bei früheren Gelegenheiten erklärt worden ist. Wenn der Herr Abg. Freiherr von Manteuffel daran erinnert, daß, obwohl im vergangenen Frühjahr von Seiten des Herrn Reichskanzlers die Vor⸗ legung einer Novelle zum Unterstützungswohnsitzgesetz in Aussicht ge⸗ stellt worden sei, diese Novelle doch immer noch auf sich warten lasse, so habe ich dazu Folgendes zu bemerken:
Mit Bestimmtheit hat der Herr Reichskanzler das Einbringen der Novelle in der damaligen Tagung des Reichstags nicht in Aussicht gestellt, sondern er hat gesagt und hat nur sagen können, wie er nach Maßgabe der Vorarbeiten glaube, daß der Reichstag noch in der damaligen Tagung mit der Novelle werden beschäftigt werden. Eine fundamentale Aenderung, des Unterstützungswohnsitzgesetzes ist aus den Gründen, die ich wiederholt hier zu erörtern die Ehre gehabt habe, zur Zeit von der Regierung nicht in Aussicht genommen. Wir haben wiederholt betont, daß wir eine Verständigung zwischen den auf diesem Gebiete bestehenden Grundsätzen nur dann erwarten dürfen, wenn ein großer Theil der heute zu leistenden Armenfürsorge infolge unserer socialpolitischen Gesetzgebung ent⸗ behrlich wird; und nicht allein der Zeitpunkt der Ver⸗ abschiedung des Alters⸗ und Invaliditätsgesetzes ist von uns als derjenige bezeichnet worden, von welchem ab wir in eine
principielle Revision des Unterstützungswohnsitzgesetzes einteten wollten, sondern wir haben unsere Ueberzeugung dahin ausgesprochen, daß es zweckmäßig sei, die Wirkungen unserer socialpolitischen Gesetzgebung zunächst abzuwarten, weil diese Wirkungen zu einer erleichterten Ver⸗ ständigung über die Gegensätze, die heute noch unverändert auf diesem Gebiet bestehen, zu führen versprechen.
Nun ist unterm 7. März v. J. eine Novelle zum Unterstützungs⸗
ge
um Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzei
Verlin, Mittwoch, den 15. Februar
—
wohnsitzgesetz dem Bundesrath vorgelegt worden, welche das Princip des Gesetzes unberührt läßt. Ich habe mich in einer Versammlung des deutschen Landwirthschaftsraths im vorigen Jahre bereits über den In⸗ halt dieser Novelle geäußert; sie ist auch durch die Presse bekannt geworden, und ich bin heute wohl eines näheren Eingehens auf diese Novelle überhoben. Diese Novelle ist zur Ausschußberathung im Bundesrath verwiesen, und wenn bisher noch kein Beschluß und kein Antrag der Ausschüsse an das Plenum des Bundesraths gestellt worden ist, so hat das lediglich seinen Grund in gewissen juristischen Bedenken, die gegen⸗ über der Novelle erhoben worden sind. Und, meine Herren, Sie wissen ja, wenn sich die Juristen eines solchen Gegenstandes bemächtigen, so ist auf eine schnelle Verständigung nicht immer zu warten. (Heiterkeit.) Inzwischen ist die Sache so weit gediehen, daß diese Bedenken wenigstens, soweit es sich um die Instruction der preußischen Stimmen handelt, behoben sind, und es steht auf nächsten Donnerstag die Ausschußberathung der Novelle an. Ich habe mich auch für er⸗ mächtigt gehalten, sie auf die nächste Tagesordnung des Plenums des Bundesraths zu setzen, in der Hoffnung, daß es gelingen wird, in den Ausschüssen zu einem positiven Antrag zu kommen.
Das muß ich allerdings anführen, daß auch über die vorgeschlagene Correctur des bestehenden Unterstützungswohnsitzgesetzes Meinungsver⸗ schiedenheiten unter den verbündeten Regierungen bestehen. Wie weit diese gehen, weiß ich nicht, da ich die Instructionen der einzelnen Bevoll⸗ mächtigten nicht kenne; das aber weiß ich, daß die Königlich preußische Regierung mit ihren Stimmen eintreten wird für die Novelle. Und so darf ich die Erwartung aussprechen, daß noch in dieser Tagung des Reichstags, sofern der Bundesrath überhaupt einer Correctur des Unterstützungswohnsitzgesetzes zustimmt, die beabsichtigte Novelle auch dieses hohe Haus beschäftigen wird.
Abg. Rickert (dfr.): Die Anträge des Abg. Freiherrn von Manteuffel bedeuten die Grenze des Zulkffigen. E „Freihe sich, zu sagen: die deutschfreisinnige Partei gehe darauf aus, die Landwirth⸗ schaft in Norddeutschland zu Grunde zu richten. Eine Entschuldi⸗ gung für diese Fetg kann ich nur in der Stimmung des Abg. Freiherrn von Manteuffel finden, der eine verlorene Sache zu vertheidigen sich bemüht. In dem Vorwurf gegen die Regierung sind die Herren ja etwas höflicher gewesen; denn in dem Augenblick, wo die Gunst der Regierung aufhört, verschwindet Ihre Partei von der Bildfläche, da sie ja nur durch die Unterstützung der Land⸗ räthe und Gendarmen lebt. Von der conservativen Partei wird vielleicht niemand für den Handelsvertrag mit Rußland ob⸗ wohl Sie den Inhalt ebenso wenig kennen wie wir. Wir kommen der Regierung nicht mit störenden Zwischenfragen. Daß jetzt von der Kreuzzeitungspartei eine solche Hetze gegen betrieben wird, habe ich schon wiederholt monirt. Noch nie⸗ mals ist aber von einer Partei und ihren Organen derartiges geleistet worden wie jetzt gegen Rußland seitens der Kreuzzeitungs⸗ partei. Jetzt kommen Sie mit der Frage des Identitätsnechweises mit den Klagen über den Arbeitermangel. Den Identitätsnachweis hat der frühere Reichskanzler seiner Zeit nicht gewollt. Daß die Städte stets an Bevölkerung zunehmen, ist die Folge der natürlichen Entwickelung in allen civilisirten Staaten, die Sie durch Gesetze nicht hindern können. Machen Sie den Arbeitern anf dem Lande das Leben angenehmer, dann werden sie nicht in die Industriebezirke laufen. Der Arbeitermangel ist verursacht durch die falsche Politik in Beziehung auf die Ausweisung der polnischen und russischen Arbeiter aus den Ostprovinzen. Diese Polenpolitik hat dem Osten den schwersten Schaden gebracht. Sie beklagen sich über Wunden, die Sie selbst dem Lande geschlagen haben. ie sind die Väter der Schutzzollpolitik, die die Landwirthschaft ungeheuer schädigt. Es giebt keine den land⸗ wirthschaftlichen Interessen unbewußt feindlichere Partei, wie die der conservativen Agrarier. Die Landwirthschaft kann nach dem Aus⸗ spruch eines großen Staatsmannes nur reüssiren bei freier Verkehrs⸗ politik. Gründe für die Ablehnung der Handelsverträge bringen Sie nicht, sondern nur allgemeine Redewendungen und Behauptungen, wie man sie allenfalls in conservativen Bauernversammlungen brauchen kann. Das können Sie kaum mehr den Bauern weismachen, daß ein Handelsvertrag mit Rußland die Interessen der Landwirthschaft schädigt, eease „so wenig Sie mit der Behauptung ausrichten werden, daß die Goldwährung ein Unglück für die Landwirthschaft sein soll, wenn Sie auch jetzt bei diesem oder jenem Bauern damit Erfolge erzielen mögen. Die Beschwerden in Bezug auf das Unterstützungs⸗ wohwfis heses sind theilweise berechtigte, aber keine Materie ist in Deutschland schwerer zu lösen, wie diese. Der Norden ist für mög⸗ lichst kurze, der Süden für möglichst lange Dauer der Frist zur Er⸗ werbung des Unterstützungswohnsitzes. Das jetzige Gesetz hat einen Mittelweg eingeschlagen. Der Abg. Freiherr von Manteuffel hat e wieder das Freizügigkeitsrecht angegriffen. So lange es einen
Heutschen 9 wird, gewählt auf Grund des allgemeinen directen geheimen Wahlrechts, wird dieses erste Grundrecht der deut⸗ schen Nation nicht angetastet werden können; das hieße die Grund⸗ lage unserer wirthschaftlichen und staatlichen Existenz erschüttern. Das erste Recht des Arbeiters, seine Arbeitskraft da zu verkaufen, wo er sie am besten bezahlt bekommt, wird kein Reichskanzler und Reichstag abschaffen wollen.
Abg. Graf von Kanitz (dcons.): Der Abg. Rickert hat gemeint, unsere Partei würde verschwinden, wenn die Unterstützung der Land⸗ räthe und Gendarmen aufhörte. Diese Unterstützung hat längst auf⸗ hegihe Wir stehen hier gewählt aus dem Vertrauen des Volkes heraus. Wir sind weder von Landräthen, noch von Gendarmen, noch anderen Beamten abhängig. Unsere Haltung zu Aein znentlchen Polen⸗ gesetz war eine correcke. Wir beklagen die Nothwendigkeit dieser massenhaften Einwanderung der polnischen Elemente. Es wäre uns viel lieber, wenn der deutsche Arbeiter der östlichen Provinzen in seiner Heimath bliebe, wenn er nicht nach den bevorzugten Industrie⸗ distrieten und Großstädten zieht und die Lücken schafft, welche der polnische Arbeiter ausfüllt. Bei den letzten Reichstagswahlen sind 33 000 polnische Stimmen mehr abgegeben worden als bei den vorherge henden. Wir müssen eine Aenderung der Gesetzgebung nach der Richtung anbahnen, daß die Bevölkerung in den östlichen
rovinzen bleibt und die Nothwendigkeit der Masseneinwanderung der Polen künftig fortfällt. Von einem Hinüberlaufen meiner Partei n das Bismarck'sche Lager der Sel olitik kann gar keine Rede sein. Wir haben uns im Gegentheil Mühe gegeben, den Fürsten Bismarck für einen Schuß der Landwirthschaft zu gewinnen. Ich selber habe mir in dieser Beziehung 1886/87 viele Mühe gegeben und könnte noch andere Persönlichkeiten namhaft machen. n gewissem Sinne decken sich die Ausführungen des Abg. Freiherrn von Manteuffel mit den Reden der Sozialdemokraten über den Mangel an Arbeit in den großen Städten. Wir haben in Preußen 546 Kreise, in 168 hat sich bei der letzten Volkszählung eine Abnahme der Bevölkerung ergeben. In Ostpreußen ist der Procentsatz der Abnahme zwar nur ein ge⸗ ringer, ohne daß wir deshalb schließen dürfen, daß wir dieselben Ar eitskräfte behalten hätten. Nach der Bevölkerungszunahme im Deutschen Reich müßte die Ostpreußens sich um 110 Köpfe ver⸗ mehrt haben; sie ist nicht minder fruchtbar, als die in
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ger. 1893.
oberschlesische Kohlendistrict
irgend einer andern Provinz. Der hat sich in den letzten fünf Jahren um 56 535, der westfälische um 168 394, Berlin um 263 957, seine Vororte haben sich um 150 157 Einwohner vermehrt. Wenn solche statistischen Ceüehg. nicht zu einer Aenderung der Geset⸗ gebung führen, so haben sie überhaupt keinen Werth. Eine Aenderung des Freizügigkeits⸗ und des Unterstützungswohnsitzgesetzes würde nicht wesentlich helfen. Es müßte mindestens damit Hand in Hand gehen eine Remedur des Eisenbahntarifwesens. Die Absicht der preußischen Eisenbahnverwaltung, den Arbeitern durch Ermäßigung der Fahrpreise gesunde und wohlfeile Wohnungen in den Vororten zugänglich zu machen, ist an sich sehr löblich, aber man ist dabei doch zu weit gegangen. Man hat die Fahrpreise ermäßigt bis auf 25 % des normalen Satzes. Die Folge ist gewesen, daß in der Umgegend von Berlin kolossale Miethskasernen gebaut sind und sich ein heilloser Grundstück⸗- und Bauschwindel herausgebildet hat. Das wäre ver⸗ mieden, wenn man durch die niedrigen Fabepret diese Erscheinungen nicht begünstigt hätte. Ich werde übrigens im Abgeordnetenhause beim Eisenbahn⸗Etat hierauf zurückkommen. Unsere ganze Gesetz⸗ gebung hat bisher immer die Richtung verfolgt, die Industrie und die Fechen Städte zu bevorzugen auf Kosten des platten Landes. Bei der erathung der Handelsverträge hat der Reichskanzler Graf von Caprivi Handel und Industrie als die eigentlichen Träger des nationalen Wohlstandes hingestellt. Nichts hat mehr dazu beigetragen, eine gewisse Mißstimmung der ländlichen Bevölkerung wach 5 rufen, als diese Worte des Reichskanzlers. Die Fürsorge der
Kegierung für die Industriebezirke zeigt sich besonders in dem Bau des Dortmund⸗Ems⸗Kanals, nach meiner Ansicht eine der unnöthigsten Unternehmungen, die jemals unternommen, worden sind. Er soll dazu dienen, die Kohlenbeförderung noch um mehrere Millionen zu heben und die Bevölkerung dieser Pistriete noch um verschiedene 1000 Köpfe zu vermehren. Das alles zu einer Zeit, wo jetzt schon über eine Uebervölkerung der Industriebezirke und eine Entvölkerung des platten Landes geklagt wird. Für die Landwirthschaft werden dagegen her bindend kleine Summen bewilligt. Dazu kommt die Ungleichheit der Steuereinschätzung, die allerdings in der Hauptsache überwunden worden ist durch unser neues preußisches Steuergesetz. Die außerordentlichen Fahrpreis⸗ ermäßigungen für Trupps von 30 Arbeitern und darüber auf den preußischen Staatseisenbahnen von Osten nach Westen sind zwar zum theil wieder aufgehoben, bestehen aber zum großen Schaden der Landwirthschaft in Oberschlesien noch fort. Es handelt sich hier um die unglücklichen Sachsengänger, welche von Agenten verlockt werden, die zum größeren Theil bestrafte Personen sind. Durch diese Er⸗ scheinung wird die Ueberproduction, die in den Kohlenrevieren schon jetzt vorhanden ist, noch mehr gesteigert. Man sieht die Folgen an dem Zustandekommen des Koks⸗ und Kohlensyndikats für das ober⸗ rheinisch⸗westfälische Kohlenbecken, welches schließlich auch nur die in⸗ ländische Industrie zu Gunsten der ausländischen benachtheiligen wird. Die inländische Kohlenindustrie ist genöthigt, eine ganze Menge Kohlen Zzu ermäßigten Preisen nach dem Ausland su Schleuderpreisen zu verkaufen, und dieser Verkauf kommt peciell der ausländischen Industrie zu gute. Die deutsche Eisenindustrie ist auch bereits geschädigt worden, und unser Handelsvertrag mit Oesterreich hat hieran nicht das Mindeste ge⸗ aͤndert. Was wir wirklich durch die Herabsetzung des Zolles gewonnen haben, wird völlig paralysirt durch die neuesten Maßnahmen des österreichischen Eisenbahntarifs. Nicht wir haben von dem öster⸗ reichischen Handelsvertrag einen Vortheil, sondern Ich könnte Ihnen ganze Berge von Belegschriften für diesen Satz an⸗ führen. So wird mir geschrieben: „Im allgemeinen fürchte ich, daß der neue Curs uns in dieser Richtung verhängnißvoll werden wird. Die Früchte der Heürseee sind freie Einfuhr und g schwächte Aus⸗ 8 r. Eine richtige Politik ist nur die, bei welcher die Wurtbschaft des Landes gehoben wird. Dem widerstreben die Handelsverträge.“ einem ähnlichen Sinne spricht sich ein gedrucktes Cirkular der Firma Funck u. Co. in Hagen aus. (Redner citirt die Druckschrift.) Die Frage wird ja morgen im Abgeordnetenhause zur Erörterung kommen. Ich bemerke dem Abg. Rickert, daß unser dortiger Antrag durchaus kein agrarischer ist. Was unter dem Antrage zu verstehen ist, können Sie am besten entnehmen aus der Ausführung des Abg. Vopelius von der freiconservativen Fraction. Der Abg. Vopelius ist einer der größten Großindustriellen Deutschlands. Er hat mit warmen Worten darauf hingewiesen, daß die Industrie nicht auf Kosten der Landwirthschaft in den Handelsverträgen bevorzugt werden dürfe. Nach meiner Meinung muß das ganze System unserer heutigen Gesetzgebung, das System der Bevorzugung der Industrie auf Kosten der Landwirthschaft, geändert werden, nicht bloß in den Handelsverträgen, sondern auch bei dem Eisenbahnwesen und auf unzähligen anderen Gebieten. Wir verlangen keine Bevorzu ung der Landwirthschaft, ” nur gleiches Recht und gleiches Maß; dann wird das deutsche Volk in der Lage sein, den Aufgaben zu genügen, welche ihm jetzt wieder gestellt werden.
Staatssecretär Freiherr von Marschall:
1 Meine Herren! Der geehrte Herr Vorredner hat in seinen Aus⸗ führungen so häufig auf die morgige Debatte im Landtag Bezug genommen, daß ich daraus den Schluß ziehen muß, er erwartet für morgen dort eine Hauptschlacht und sieht die heutige Discussion nur für ein kleines Vorpostengefecht an. Da ich leider an der morgigen Schlacht nicht theilnehmen kann, so wird er mir verzeihen, wenn ich hier sofort auf einige Ausführungen des Herrn Vorredners antworte.
1 Derselbe hat offenbar sehr gute Beziehungen mit solchen Leuten, die mit den Handelsverträgen unzufrieden sind. Jeder Tarifvertrag bietet naturgemäß gewisse Angriffsobjecte. Es wird stets Interessenten geben, welche finden, daß in dem einen oder anderen Punkte zuviel concedirt oder nicht genug erreicht worden sei. Ein Handelsvertrag, dem nicht derartige Vorwürfe gemacht werden, existirt überhaupt nicht. Nun hat der Herr Vorredner uns einen Eisenindustriellen angeführt, der sich sehr ungünstig über unsere Handelsverträge ausspricht, in Redewendungen, die mir ein vollkommen klares Bild über dessen handelspolitische Auffassungen nicht geben. Er hat unter anderem den Satz ausgesprochen, der meines Wissens noch nie bestritten worden ist: daß, wenn die Ausfuhr gesperrt wird, dann der Export wesentlich Noth leidet. (Heiterkeit.)
Was nun gerade de Eisenindustrie betrifft, so glaube ich nicht. daß sie einen besonderen Anlaß hat, sich über die Handelsverträge zu beschweren; wenigstens entnehme ich aus der Statistik des
waaren sich um ungefähr 8 000 000 ℳ vermindert hat und die Aus⸗ fuhr nahezu dieselbe geblieben ist; sie hat sich nur um circa 53000 vermindert.
Dann hat der Herr Vorredner wiederum seinen principiellen Stand⸗ punkt dahin präcisirt, daß er sagt: ich will die Getreidezölle behalten,
deshalb will ich keine Handelsverträge! Das ist ein Standpunkt, den
Jahres 1892, daß in diesem Jahre die Einfuhr an Eisen und Eisen⸗
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