1893 / 44 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 20 Feb 1893 18:00:01 GMT) scan diff

scheidungen überhaupt nur mit einem evangelischen Gewissen treffen kann. (Sehr richtig! rechts.) Ich habe aber auch ausdrücklich hinzu⸗ gefügt, darin liegt auch der Hinweis darauf, daß ich nur so weit die Anerkennung meines evangelischen Gewissens verlange, das auch unsere katholischen Mitbürger werden anerkennen müssen, daß auch ein evan⸗ gelisches Gewissen an alle Forderungen der ewigen Gerechtigkeit und der sittlichen Ordnungen gebunden sei. (Bravo! rechts.) Das habe ich nicht gesagt, um unsere katholischen Mitbürger zu reizen, sondern um ihnen meinerseits die Versicherung zu geben, daß es mir sehr Ernst damit ist, die beiden Confessionen als gleichberechtigte zu behandeln (Bravo!) soweit es in meinen Kräften steht und soweit selbstverständlich unsere Gesetzgebung, die ich anzuwenden habe, es zuläßt. Das habe ich mit einem evangelischen Gewissen gemeint, und ich glaube in der That, daß ich ein gutes Recht hatte, mich darauf zu berufen.

Ich will nicht eingehen auf die Vergleiche in Bezug auf die Organisation der katholischen Verwaltung in Sachsen, Bayern und Oesterreich. Alle drei Staaten sind Staaten ich will nur das eine hervorheben mit katholischen Landesherren. Es ist mir auch sehr zweifelhaft, ob z. B. alle die Einrichtungen, wie sie in Sachsen ge⸗ troffen sind zum Schutze der Evangelischen ob die unsern katholischen Mitbürgern in Preußen sehr genehm sein würden. Denken Sie bloß an die HOrdensgesetzgebung in Sachsen, die doch, ganz anders steht als bei uns. Nein, meine

Herren, darauf wollen wir nicht exemplificiren; wir sind nun einmal in Preußen, und wir müssen mit den geschichtlich gewordenen Verhältnissen in Preußen rechnen, und da wollen wir das Verhältniß so gut gestalten, wie es in unseren Kräften steht. Den kühnen Ge⸗ danken, mir einen zweiten Unter⸗Staatssecretär bewilligen zu lassen, habe ich bis jetzt freilich noch nicht zu fassen gewagt. Aber selbst, wenn wir jemals dahin kommen sollten, daß man einem solchen Ge⸗ danken näher treten könnte, so muß ich, wie heute die Dinge liegen, sagen: für einen katholischen Staatssecretär im Unterrichts⸗ und Cultus⸗Ministerium liegt in der That nicht genügende Arbeit vor (Bewegung im Centrum); soviel katholische Angelegenheiten haben wir gar nicht im Cultus⸗ Ministerium, daß man daraufhin einen katholischen Unter⸗Staats⸗ secretär anstellen könnte, und was ich neulich gesagt habe, das wieder⸗ hole ich heute: ich bin correct und gut katholisch berathen! Sollte es einmal in einem Falle nicht sein, haben Sie dagegen etwas einzuwenden, nun bitte, dann kommen Sie zu mir oder bringen Sie die Sache hier zur Sprache; ich bin jederzeit bereit, ganz offen und ehrlich darüber Auskunft zu geben. Aber ich glaube auch nicht, nach dieser Seite hin die geringsten Beschwerden bei unseren katholischen Mitbürgern bestehen, daß die Personen meiner katholischen Herren Mitarbeiter zu irgendwelchen Klagen Veranlassung geben. (Ruf: Nein aber die anderen!) Meine Herren was das Altkatholikengesetz anlangt ja, es besteht doch nun einmal, ich kann es nicht aus der Welt schaffen. Wir können doch unmöglich die Altkatholiken mag man sonst über ihre Stel⸗ lung zur römischen Kirche denken, wie man will nun von Staats⸗ wegen plötzlich rechtlos machen! Das ist unmöglich, das kann der preußische Cultus⸗Minister nicht! (Zuruf.) Ja, darüber, was katho⸗ lisch ist, haben wir ja nicht zu entscheiden. Die römische Kirche hat ja in dieser Beziehung entschieden. Diese Minorität ist durch ein Staatsgesetz ei uns geduldet; sollen wir denn das Staatsgesetz von unserer Seite aufheben? Sollen wir Ihnen den Vorschlag machen, es dergestalt auf⸗ zuheben, daß die Leute vollständig rechtlos werden? Das kann der Re⸗ gierung nicht zugemuthet werden. Meine Herren, ich möchte dabei gleich auf den Punkt kommen, der die Aenderung der Gesetzgebung betrifft. Ich habe aller⸗ dings neulich gesagt, nicht daß Friede „herrscht“, ich bin mir bewußt, daß die Gegensätze noch bestehen, daß es noch hier und da Kampf und Streit giebt; aber ich habe gesagt, daß die Beendigung des Culturkampfes erfolgt sei durch einen Friedensschluß, und das ist auch heute noch meine Meinung. Ob er nun in allen ingen vollkommen ist, ob in dieser Beziehung nicht hier und da noch etwas gebessert werden kann, das will ich dahingestellt sein lassen. „Aber von uns jetzt zu verlangen, daß wir die Initiative ergreifen sollen, meine Herren, das ist unmöglich! Wollen Sie eine Aenderung der Gesetzgebung, so weise ich die Initiative Ihnen zu; denn Sie müssen uns sagen, was Sie haben wollen, und wenn Sie uns eine Resolution dieses Hauses bringen, wie dies im vorigen Jahre der Fall war mit dem Vorsitz in den katholischen Kirchenvorständen, dann sind wir in loyaler Weise diesen Wünschen des Hauses nachgekommen, aber Sie können nicht verlangen, daß wir die Initiative ergreifen sollen; um das, was unseren katholischen Mitbürgern an unserer im Frieden geschaffenen und abgeschlossenen Gesetzgebung nicht gefällt, aus unserer Initiative eraus zu ändern. Das können wir nicht, das wäre geradezu ungerecht, wenn ich dies in Aussicht stellen wollte, weil ich es mit ehrlichem Herzen nicht erfüllen könnte, und da will ich lieber offen erklären, daß ich nicht dazu im stande bin.

Im übrigen, meine Herren, bitte ich doch auch anzuerkennen,

bei der thatsfächlichen Handhabung der Parität, wie sie jetzt geschieht, doch auch manches Gute herausgekommen ist. Ich mache den geehrten Herrn Vorredner darauf aufmerksam, daß wir jetzt die doppelte Zahl von Ordensniederlassungen und thätigen Ordensmitgliedern gegen das Jahr 1875 aufweisen. Das ist doch auch etwas. Meine Herren, wenn Sie uns mit Vertrauen entgegen kommen, und wenn Sie in den Fällen, wo in den unteren Instanzen, wie Sie sagen, nicht der rechte Wille besteht, oder nicht das Rechte ge⸗ troffen wird, wo, wie Sie vorhin sagten, die unteren Instanzen schlecht informirt sind, wenn Sie dann das, was Sie beklagen, an uns bringen, dann werden Sie sich überzeugen, daß der ernste Wille besteht, gerecht und gleichmäßig Sie so zu behandeln, wie es den übrigen Staatsbürgern gegenüber geschieht, namentlich wie es der evangelischen Kirche gegenüber geschieht. (Bravoy! rechts.) Darum bitte ich: bringen Sie die Sachen an uns heran! Dann frage ich: haben Sie sich schon zu beklagen gehabt, daß einem Geistlichen, der Dispens beantragt hat, in Bezug anf seine Vorbildung, diese Bitte ab⸗ geschlagen ist? In keinem Falle ist es geschehen. Wir haben uns erkundigt, wie die Dinge liegen; wir haben die Dinge geprüft; ich gebe Ihnen zu: morgen kann es passiren, daß der Dispens verweigert wird, denn dazu besteht der Dispens, daß, wenn erhebliche Gründe bestehen, er auch rund versagt werden könne. Aber ich werde jederzeit bereit sein, Rede und Antwort zu stehen, aus welchen Gründen der Dispens verweigert ist. Nein, meine Herren, es besteht der redliche und ernste Wille, auf dem Boden der Gesetz⸗ gebung Ihren Wünschen gerecht zu werden; helfen Sie uns dabei;

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kommen Sie uns entgegen, dann wird es wohl zu erreichen sein, daß die beiden großen Confessionskirchen im friedsamen Verhältnisse neben einander bestehen, und das ist das Ziel, auf das ich mit allen Kräften hinstrebe. (Bravo! rechts.)

Abg. Dr. Meyer (dfr.): Für meine Freunde stehen die Juden⸗ hetze und die Jesuitenhetze auf demselben Niveau; wir verwerfen die eine wie die andere absolut. Wir 1“ es mit Entschiedenheit ab, ganze Kategorien von Personen in Hnse⸗ und zu ver⸗ urtheilen oder ihnen Uebles nachzusagen. as Bestreben, die be⸗ sonderen gesetzlichen Bestimmungen über die Jesuiten aufzuheben, wird bei uns immer Einverständniß finden. Nicht dasselbe können wir über die Aufhebung des Altkatholikengesetzes in Aussicht stellen. Wir wollen gewissen Personen, die in der Freiheit ihres Bekenntnisses, ihres Cultus und Religionsunterrichts bedrängt werden, diese u“ sichern. Wir wünschen, sie jedem zu sichern, auch den

issidenten aller Art, die sich in Noth befinden wegen des Religions⸗ unterrichts, der ihren Kindern zwangsweise ertheilt werden soll. Wir wollen den Schutz, den die besondere Religionsgesellschaft der Altkatholiken genießt, aufrecht erhalten. Der Agg. von Wackerbarth gab heute Erklärungen ab, aus denen ich den chluß ziehe, daß er weit entfernt davon ist, den jüdischen Richtern im allgemeinen Gewissen⸗ losigkeit und Parteilichkeit vorzuwerfen. Ich kann darüber meine hohe Befriedigung aussprechen. Wenn der Abg. von Wackerbarth weiter gefragt würde, ob er einzelne Fälle kennt, in denen ein jüdischer Richter pflichtwidrig und parteiisch gehandelt hat, würde er die Antwort geben, er kenne überhaupt keine jüdischen Richter persönlich und sei nicht in der Lage, derartige Anklagen zu substanciiren. Er hat aber einen wunderbaren Schluß gezogen: In dem Umstand allein, daß jemand die jüdischen Richter für befangen hält, liege ein Uebel⸗ stand, den man aus der Welt schaffen müsse, und das könne am besten geschehen, wenn man die jüdischen Richter über⸗ haupt beseitige. Er wird bei allem idealistischen Auf⸗ schwung es nicht verhindern können, daß eine oder die andere thörichte Person an der Unparteilichkeit unseres Richterstandes oder einzelner Richter zweifelt. Es giebt in Deutschland ein Sprichwort, welches besagt, daß man auf jeden Richter schimpfen kann, wenn das Urtheil gefällt ist. Von der Wohlthat dieses Sprichworts wird wohl bei uns zu allen Zeiten Gebrauch gemacht werden. Der Abg. von Wackerbarth ist von einem parteigenössischen Berichterstatter miß⸗ verstanden worden. Könnte man nicht den Schluß ziehen, daß, wenn es schon dahin gekommen ist, daß sein eigener einem der antisemitischen Partei derartige Ungeheuerlichkeiten in den Mund legt, es da nicht eine hohe Aufgabe für den Staat ist, dem Antisemitismus entgegenzutreten, damit derartige Miß⸗ verständnisse nicht mehr vorkommen können? Diese Frage hat wohl dieselbe Berechtigung wie die des Abg. von Wacker⸗ barth. Der Abg. von Wackerbarth hat uns Stellen aus dem „Berlinex Börsen⸗Courier“ vorgelesen, diese haben auf unserer Seite hegen dieselbe Heiterkeit erregt, wie auf der Ihrigen. Ich persönlich abe, wie ich schon neulich sagte, kein Talent und keine Neigung zum Morden und bin der Ansicht, daß wenigstens in dieser Be⸗ ziehung der Abg. von Wackerbarth genau ebenso gestellt ist ‚wie ich. Wenn also derartige Unterstellungen kommen, so sehe ich darin nichts Anderes, als eine Veranlassung zur Heiterkeit. Aber ich werfe die Frage auf: ist der Sitzungssaal des Abgeordnetenhauses der geeignete Platz dafür, daß wir uns gegenseitig mit Blumensträußen regaliren, deren Bestandtheile wir aus beliebigen Blättern der Presse zusammensuchen, und daß wir das Thörichteste, was draußen gedruckt wird, uns hier mit einer gewissen Feierlichkeit überreichen? Es wäre wohl gut, wenn wir auf beiden Seiten die vornehme Sitte annähmen, derartige Aeußerungen zu ignoriren. Abg. Stötzel (Centr.) beschwert sich über die Verweigerung einer Ordensniederlassung in Essen. Die Ordensbrüder sollten ein⸗ mal der Noth an Seelsorgern abhelfen und auch der wachsenden Socialdemokratie einen Damm entgegenstellen. Redner schildert die große Ausdehnung der katholischen Gemeinde, für welche zwar 20 Geist⸗ liche vorhanden sind; aber diese Geistlichen sind zum großen Theil mit dem Religionsunterricht in den höheren Lehranstalten und in den Volksschulen u. s. w. so beschäftigt, daß sie der Seelsorge keine Aufmerksamkeit zuwenden können. In den verschiedenen Vereinen, auch in den Arbeitervereinen haben die Geistlichen ebenfalls große Arbeit zu verrichten. Deshalb wünsche man eine Niederlassung von Ordens⸗ brüdern, weil es an Geistlichen im Erzbisthum Köln fehlt, da die Zahl derngestorbenen größer ist als die Zahl der Neugeweihten. In allen Industriestädten ist die Niederlassung von Ordensleuten wünschens⸗ werth; denn es ist leichter, die noch auf dem Boden des Christen⸗ thums stehenden Arbeiter dem Christenthum zu erhalten, als auch nur ‚einen Socialdemokraten zu bekehren. Der gute Wille des Ministers ist nicht zu bezweifeln; wahrscheinlich waren die Gutachten derart, daß er zur ablehnenden Entscheidung kommen mußte.

Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Bosse:

Meine Herren! Eins kann ich dem Herrn Abg. Stötzel ganz sicher sagen: um den Franziskanern in den Rücken zu fallen oder gar um ihnen einen Fußtritt zu versetzen, ist die ablehnende Entscheidung auf das Gesuch, ihre Niederlassung zuzulassen, nicht ergangen. Die Sache ist bei uns als eine reine Verwaltungssache behandelt; ich darf darauf aufmerksam machen, daß, wenn es sich um die Zulassung der neuen Niederlassung eines Seelsorge⸗Ordens handelt wie es in dem Gesetz heißt: „eines Ordens, welcher sich der Aushilfe in der Seelsorge widmet“, so muß geprüft werden und ist bisher regel⸗ mäßig geprüft worden die Bedürfnißfrage.

Nun ist zuerst beabsichtigt gewesen wie auch Herr Abg. Stötzel angedeutet hat für ein bestimmtes Viertel in Essen die Franzis⸗ kanerniederlassung zu begründen. Diese Niederlassung für die, wenn ich nicht irre, auch die beiden früheren Herren Minister ihre geneigte Genehmigungzu ertheilen ausgesprochen hatten fürdieses Viertel ist aber dadurch überflüssig geworden, daß auf Veranlassung des Herrn Erz⸗ bischofs von Köln dort eine besondere Pfarrkirche begründet und mit einem weltlichen Geistlichen besetzt ist, sodaß nunmehr der Antrag ge⸗ stellt wurde, eine Franziskanerniederlassung zuzulassen zur Aushilfe in der Seelsorge für die gesammte katholische Bevölkerung. Nach dem uns vorliegenden Bericht stand die Sache so, daß nicht 64 000; wie Herr Abg. Stötzel eben sagte, sondern 60 000 katholische Seelen als in Betracht kommend uns angegeben und für diese 60 000 Seelen 20 Geistliche, ohne daß auch nur irgend eine Andeutung an uns hervorgetreten ist, daß von diesen Geistlichen vier oder fünf wegen Ertheilung des Religionsunterrichts, einer wegen Alters ganz oder theilweise dort ausschieden. Auf Grund dieser Unterlagen, 20 Geistliche für eine Bevölkerung von 60 000 Seelen, mußten wir sagen, der Nachweis eines Bedürfnisses ist nicht geführt; und infolgedessen ist die Genehmigung versagt worden.

Wenn die Sache so liegt, wie Herr Abg. Stötzel gesagt hat, so kann ich nur anheimgeben, diese neuen Umstände, die hier heute vor⸗ gebracht sind, zu meiner Kenntniß zu bringen und im Wege einer nochmaligen Eingabe und Remonstration die Verhältnisse, so wie sie

jetzt liegen, darzulegen; dann wird die Sache aufs neue geprüft

werden; und wenn ich auch keine Zusicherung machen kann die kann ich nicht machen, weil ich nicht weiß, wie die Prüfung ausfallen wird —, so kann ich doch versichern, daß irgend eine Tendenz gegen die Franziskaner bei Abgabe dieser Entscheidung nicht obgewaltet hat.

Abg. Szmula (Centr.): Wenn wir, wie der Reichskanzler gestern 9 ernsten Zeiten entgegengehen, dann sollte die Regierung alle staatserhaltenden Parteien zu ihrer Unterstützung heranziehen.

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Wir in Oberschlesien leiden noch viel mehr am Mangel an Geist lichen, wie die Herren im Westen; bei uns gehen die Leute aus Oberschlesien nach Krakau, um sich dort pastoriren zu lassen: dnß sie dort polnisch beeinflußt werden, ist begreiflich. Die Socialdema kratie nimmt in Oberschlesien zu, und die oberschlesische Geistlic. keit ist nicht im stande, dem entgegenzutreten, weil die Staats⸗ behörden ihr nicht mit dem nöthigen Wohlwollen entgegenkomme Die Socialdemokraten suchen den Oberschlesiern namentlich dadurch nich 8 zu kommen, daß sie in polnischer Sprache eine Zeitung herausgeben Der Minister meint, die polnischen Bestrebungen seien künstlich nach Oberschlesien vegende ragen. da Oberschlesien niemals unter polnischer Herrschaft gestan richtig. Der Rschtesische Historiker Grünhagen spricht davon, daß Oberschlesien einmal zu Polen gehört hat. Die Forderung, die pol⸗ nische Sprache in der Schule zu verwenden, beruht aber nicht auf diesem historischen Recht, sondern auf dem göttlichen Recht, das die Muttersprache schützt, weil sonst die Religion nicht für das Ha⸗ bildend gelehrt werden kann. Woher rührt denn die Verwildermng der Jugend anders, als daher, daß die Lehrer wegen ihrer Untenntmi der Volkssprache auf die Kinder nicht genügend einwirken können⸗ Eine großpolnische Agitation, welche die Losreißung von der Krone Preußen will, giebt es in Oberschlesien nicht; wenn eine Agitation wegen der Sprache vorhanden ist, so hat die Regierung selbst sie durch ihre Maßregeln veranlaßt; erst infolge dieser Maßregeln sind die polnischen Blätter entstanden, die jetzt in Oberschlesien erscheinen

Ministerial⸗Director Dr. Kuegler: Es ist erfreulich, daß der Vor⸗ redner der großpolnischen Agitation in Oberschlesien in so estimmter Weise entgegengetreten ist. Es sind aber Versicc⸗ gemacht worden die Oberschlesier in die großpolnische Agitation hineinzuziehen. Es wäre mir sehr lieb gewesen, wenn der Vorredner nicht darauf hin⸗ gewiesen hätte, daß in grauer Vorzeit ein Zusammenhang Ober⸗ schlesiens mit Polen bestanden hat. Daß eine Mißstimmung gegen die Schule besteht wegen der schärferen Handhabung des Schul⸗ zwanges, ist zuzugeben; aber man sollte die Unterrichtsverwaltung nicht dadurch in eine schwere Lage bringen, daß gegen die Schule in einer solchen Weise von der Presse vorgegangen wird. Die Briefe des „Kattolik“ werden auch dem Vorredner bekannt sein; die Kinder werden aufgefordert, über ihre Lehrer Bericht zu er⸗ statten. Das ist doch unstatthaft. In Oberschlesien wurde früher der Unterricht überhaupt deutsch ertheilt, erst in den vierziger Jahren wurde der Unterricht im Hochpolnischen eingerichtet, was eine Verschlechterung der Kenntnisse im Deutschen zur Folge hatte. Evangelische und Katholische haben zugestimmt, als in den fünfziger Jahren die Kenntnisse der deutschen Sprache gefördert werden sollten. Die Eltern verlangten für ihre Kinder nicht Privatunterricht in der polnischen, sondern in der deutschen Sprache. In den Schulen der Schulschwestern war die Unterrichtssprache die deutsche, weil die Schwestern der polnischen Sprache nicht mächtig waren. Ueber den Zustand der Schulen haben wir uns nicht bloß aus den Berichten der staatlichen Schulaufsichtsbeamten unterrichtet, sondern auch aus den Berichten der Commissarien des Fürstbischofs von Breslau. Das Zusammenströmen der Arbeiter mag allerdings dahin geführt haben, daß die Schulen der Entwickelung nicht immer schnell genug folgen konnten. Sie können darauf vertrauen, daß, wenn die Unterrichts⸗ verwaltung auf diesem Wege vorgeht, dieses zum Vortheil für die Schulen gereicht.

Abg. Sperlich (Centr.): Schutzlos wollen wir die Altkatholiken nicht machen, wir wollen nur, daß anerkannt wird, daß die Altkatho⸗ liken als eine besondere Gemeinschaft, nicht als zu uns gehörig be⸗ trachtet werden; es werden uns durch die Altkatholiken viele noth⸗ wendige Gotteshäuser entzogen. Mit der Erklärung des „evangelischen Gewissens“, die der Minister gegeben hat, kann ich noch nicht zufrieden sein; der Ausdruck hat erhebliche Mißstimmung unter den Katholiken erregt. Der Ausdruck kann von seinen untergebenen Beamten leicht mißverstanden werden. Der Minister hat uns aufgefordert, Anträge zu stellen; wir sind nicht in allen Fragen competent, und es ist auch nicht Aufgabe des Hauses, Gesetzentwürfe auszuarbeiten.

Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Bosse:

Ich nehme gar keinen Anstand, dem Herrn Abg. Sperlich zu erklären, daß ich ganz damit einverstanden bin, daß ich die Sache in seinem Sinne gemeint habe, und nicht in dem Sinne, daß ein katho⸗ lischer Beamter nicht auch im stande wäre, andere Angelegenheiten als speeifisch katholische sachgemäß und gerecht zu bearbeiten.

Darauf wird die weitere Berathung um 4 ¼ Uhr vertagt.

Handel und Gewerbe.

Berlin, 18. Februar. (Wochenbericht für Stärke, Stärkefabrikate und Hülsen früchte von Max Sa bersky.) Ia. Kartoffelmehl 20 20 ½ ℳ, Ia. Kartoffelstärke 20 20 ½ ℳ, IIa. Kartoffelstärke und ⸗Mehl 17 ½8 19 ℳ, feuchte Kartoffelstärke Frachtparität Berlin 10,50 ℳ, Frankfurter Syrupfabriken zahlen nach Werkmeister's Bericht franco Fabrik 10,10 ℳ, gelber Syrup 23 ½ —24 ℳ, Cap.⸗Syrup 24 25 ℳ, Cap.⸗Export 25— 25 ½ Kartoffelzucker gelber 23 ½ —924 ℳ, do. Cap. 25 25 ½ ℳ, Rum⸗Couleur 36 —37 ℳ, Bier⸗Couleur 35 36 ℳ, Dertrin, elb und weiß, lIa. 27 ½ 28 ℳ, do. secunda 25 26 ℳ,

eizenstärke (kleinst.) 34 35 ℳ, Weizenstärke (großst) 41 42 ℳ, Hallesche und Schlesische 41 42 ℳ, Neisstärke (Strahlen) 48 bis 49 ℳ, do. (Stücken) 46 47 ℳ, Maisstärke 32 nom., Schabe⸗ stärke 30 nom., Victoria⸗Erbsen 18 22 ℳ, Kocherbsen 16 20 ℳ, grüne Erbsen 17 20 ℳ, Futtererbsen 14 ½ 15 ℳ, Leinsaat 26 27 ℳ, Linsen, große, neue 40 54 ℳ, do. mittel 34 40 ℳ, do. kleine 20 32 ℳ, gelber Senf 34 —48 ℳ, Kümmel 44 48 ℳ, Mais loco 13 —13 ½ ℳ, Pferdebohnen 14 ½ 16 ℳ, Buchweizen 14⁄ bis 15 ½ ℳ, inländische weiße Bohnen 16—18 ℳ, weiße Flachbohnen 20 22 ℳ, ungarische Bohnen 14 15 ℳ, galizische und russische Bohnen 13 14 ℳ, Wicken 13 ½ 14 ℳ, Hanfkörner 19 20 ℳ, Leinkuchen 16 17 ℳ, Weizenschale 9 ½ —10 ℳ, Roggenkleie 9 9 ½ ℳ, Rapskuchen 14 15 ℳ, Mohn, blauer 54 60 ℳ, do weißer 86 95 ℳ, Hirse, weiße, 18 20 Alles per 100 kg ab Bahn Berlin bei Partien von mindestens 10 000 kg.

—Der Aufsichtsrath der „Stettiner Chamottefabrik, Actiengesellschaft vorm. Didier“ hat beschlossen, der Generalversammlung die Vertheilung einer Dividende von 15 % vorzuschlagen.

Der Aufsichtsrath der Stettin⸗Bredower⸗Portland⸗ Cementfabrik beschloß 3 % Dividende vorzuschlagen. 1

Nach der „Köln. Ztg.“ beträgt der Reingewinn der Köl⸗ nischen Hagelversicherungs⸗Gesellschaft 885 572 ℳ, davon sollen 493 645 an den Reservefonds überwiesen, 360000 als Dividende vertheilt und 31 927 auf neue Rechnung vor⸗ getragen werden. 8. 1

Der Schaaffhausen'sche Bankverein in Köln erzielte im abgeschlossenen Geschäftsjahre einen Reingewinn von 3 277 358⸗ Es wird, wie die „Köln. Ztg.“ mittheilt, eine Dividende von 6, % gleich 2 880 000 vorgeschlagen. Dem Reservefonds werden 161 779 überwiesen, die Höhe der Tantièmen beträgt 202 848 ℳ, auf neue Rechnung werden vorgetragen 32 730 enn

Hamburg, 18. Februar. .T. B.) Wie der „Hamp. Börsenh.“, aus Kio de Janeixro gemeldet wird, werden nat ür⸗ liche Mineralwässer zur Einfuhr zugelassen, die begleitet dne von Certificaten der Ortsbehörden über den Ursprung, sowie 4* solchen der Medizinalbehörden darüber, daß keine Cholera am gs der Füllung existirt. Beide Documente müssen 8 von 8 nächsten brasilianischen Konsul attestirt werden. Für alle andera⸗ micgerpece ist die Einfuhr nur gestattet, wenn die Cholera oschen ist. %,

Belgrad, 18, Februar. (W. T. B.) Die Bilanz der serbi schen Kreditbank für das Jahr 1892 weist einen Reingewinn vo 12 % gegen 8 % im Jahre 1891 auf.

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en habe. Das letztere ist wohl nicht ganz

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zum Deuk

Berlin, Montag, den 20. Februar

zeiger. 1893.

Handel und Gewerbe. Gestern Nachmittag verstarb hier in Berlin der Geheime

Commerzien⸗Rath Gerson von Bleichröder, der erste Chef des

roßen Bankhauses S. Bleichröder, das von dem Vater des Ver⸗ storbenen im Jahre 1803 begründet wurde, im einundsiebzigsten Lebensjahre. Der Geheime Commerzien⸗Rath Gerson von Bleichröder hat 8— nur das eigene Bankhaus zur Blüthe gebracht und ihm einen Weltruf verschafft, sondern auch zur Entwicklung des gesammten privaten und öffentlichen Finanz⸗ und Bankwesens in Deutschland während der letzten Jahrzehnte hervorragend beigetragen. Der Verstorbene war bis zu seinem Tode

auch General⸗Konsul Großbritanniens in Deutschland.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks

an der Ruhr und in Oberschlesien.

An der Ruhr sind am 18. d. M. gestellt 11 025, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen. 5

In Oberschlesien sind am 17. d. M. gestellt 4542, nicht rechtzeitig gestellt keine Wagen. 88 J1“

Zwangs⸗Versteigerungen.

Beim Königlichen Amtsgericht I Berlin wurde das Verfahren der Zwangsversteigerung wegen der nachbezeichneten Grund⸗ stücke aufgehoben: Markgrafenstr. 64 a resp. 65 Ecke der Krausen⸗ straße 20, dem Maurermeister Alfred Brandt gehörig. Schulstr. 62, dem Kaufmann Gustav de le Roi gehörig und die Termine am 7. April d. J. Haidestr. 55/57, den Kaufleuten L. Bernhard, C. H. W. Ziesche und G. L. Leander gehörig und die Termine am 12. April d. J.

Beim Königlichen Amtsgericht II Berlin standen am 17. Februar die im Grundbuch von Weißensee Band 40 Blatt Nr. 1159 und 1160 auf den Namen des Ingenieurs Julius Heile⸗ mann eingetragenen, zu Neu⸗Weißensee, Straßburgerstraße 33 u. 34 belegenen Grundstücke zur Versteigerung; Fläche 4,10 a und 4,87 a2; Mindestgebot je 350 ℳ; für das Meistgebot von 22 400 und 25 400 wurde der Bauunternehmer Karl Rother zu Weißensee, Kronprinzenstraße 4, Ersteher.

Die dem Aufsichtsrath der Berliner Bank vorgelegte Bilanz für 1892 ergiebt einen Bruttogewinn von 592 238 (1891: 631 394 ℳ) und nach Abzug von Unkosten und Steuern im Betrage von 164 789 (1891: 150 013 ℳ) einen Reingewinn von 427 448 (1891: 481 380 ℳ). Die Direction schlägt vor, auf das Actienkapital von 5 000 000 eine Dividende von 6 % (1891: 6 ½ %) zu ver⸗ theilen und den nach Dotirung des ordentlichen Reservefonds mit 21 055 (1891: 23 937 ℳ), nach Absetzung der Tantibmen von 45 615 (1891: 63 614 ℳ) verbleibenden Rest von 60 776 dem Specialreservefonds zuzuführen, dem statutengemäß die Abschreibungen entnommen sind. An dem Gewinn participirt: das Zinsen⸗Conto mit 281 605 (1891: 321 195 ℳ), das Provisions⸗Conto mit 219 650 (1891: 225 052 ℳ), das Devisen⸗ und Coupons⸗Conto mit 20 700 (1891: 18 768 ℳ) und das Effecten⸗ und Consortial⸗Conto mit 63 952 (1891: 57 243 ℳ). 1

Der Aufsichtsrath der Rheinischen Hypothekenbank hat beschlossen, der Generalversammlung die Vertheilung einer Dividende von 8 % für das Geschästsjahr 1892 vorzuschlagen und die Generalversammlung auf den 15. März d. J. einzuberufen.

Laut einer Meldung der „Rhein.⸗Westf. Ztg.“ hat die Ge⸗ werkschaft Mont⸗Cenis bei Herne nunmehr endgültig ihren Beitritt zu dem Kohlensyndikat Die Bildung des 26Go6“ 8“ ist demnach vollständig rechts⸗ gültig. (Vgl. Nr. 42 d. Bl.)

Magpeburg. 18. Februar. (W. T. B.) Zuckerbericht. Kornzucker excl., von 92 % 15,10, Kornzucker excl., 88 % Rendement 14,40, Nachproducte execl., 75 % Rendement 12,00. Stetig. Brod⸗ raffinade I. 27,75. Brodraffinade II. 27,50. Gem. Raffinade mit Faß 28,00. Gem. Melis I. mit Faß 26,25. Ruhig. Rohzucker I. Product Transito f. a. B. Hamburg pr. Febr. 14,27 ½ bez. und Br., pr. März 14,22 ½ Gd., 14,25 Br., pr. April 14,30 Gd., 14,32 ½ Br., pr. Mai 14,40 Gd., 14,42 ½ Br. Ruhig.

Schalke, 18. Februar. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Aufsichtsraths der Bergwerks⸗Actiengesellschaft „Con solidation“ wurde der Rechnungsabschluß für den 31. Dezember 1892 vorgelegt und beschlossen, der auf den 16. März d. J. einzu⸗ berufenden Generalversammlung die Vertheilung einer Dividende von 12 % in Vorschlag zu bringen.

Leipzig, 18. Februar. (W. T. B.) Kammzug⸗Termin⸗ handel. La Plata. Grundmuster B. per Februar 3,57 ½ per März 3,60 ℳ, per April 3,60 ℳ, per Mai 3,62 ½8 ℳ, per Junj 3,67 ½ ℳ, per Juli 3,70 ℳ, per August 3,72 ½ ℳ, per September 3,72 ½ ℳ, per Oktober 3,75 ℳ, per November 3,77 ½ ℳ, per Dezember 3,77 ½ ℳ, per Januar —. Umsatz 145 000 kg.

Stuttgart, 20. Februar. (W. T. B.) In der heute statt⸗ ehabten ersten Versammlung der Konkursgläubiger des Fom merzien⸗Raths Stänglen wurden über 3 Millionen Forderungen angemeldet. An Activen sind 1200 und ausländische. Forbesungen. welche noch bestritten sind, vorhanden.

Mannheim, 18. Februar. (W. T. B.) Productenmarkt Weizen pr. März 16,55, pr. Mai 16,70, pr. Juli 16,75. Roggen pr. März 14,35, pr. Mai 14,40, pr. Juli 14,70. Hafer pr. März 14,60, pr. Mai 14,65, pr. Juli 14,75. Mais pr. März 11,30, pr. Mal 11,10, pr. Jult 11,15. .

Pest, 18. Februar. (W. T. B.) Productenmarkt. Weizen fest, pr. Frühjahr 7,49 Gd., 7,51 Br., pr. Herbst 7,59 Gd., 7,61 Br. Hafer pr. Frühjahr 5,59 Gd., 5,61 Br. Mais pr. Mai⸗Juni 4,75 Gd., 4,77 Br. Kohlraps pr. August⸗September 12,50 Gd., 12,60 Br.

London, 18. Februar. (W. T. B.) Wollauction. Schluß. Fest auftralisch Wolle unverändert, Capwolle greasy d., beste Snowwhite höchstens ½ d. unter den Preisen der Dezemberauction, Medirem Scoured unverändert.

An der Küste 2 Weizenladungen angeboten.

96 % Javazucker loco 16 ½ ruhig, Rüben⸗Rohzucker loco

14 ¼ ruhig.

20. Februar. (W. T. B.) Die Getreidezufuhren be⸗ trugen in der Woche vom 11. Februar bis 17. FeFehar englischer Weizen 1151, fremder 43 784, engl. Gerste 1275, fremde 4356,

Hafer 1725, fremder

engl. Malzgerste 20 203, fremde 480, engl. 2991;8 8 engl. Mehl 13 128, fremdes 35 121 Sack und 353 Faß.

Amsterdam, 18. Februar. (W. T. B.) Java⸗Kaffee good ordinary 55. Bancazinn 55

Pera, 18. Februar. (W. T. B.) Der Sultan empfing heute den Bankdirector Kaulla in Privataudienz, sprach ihm seine hohe Befriedigung über die Eisenbahnangelegenheit aus und ge⸗ vachte in anerkennender Weise der bisher beendeten Arbeiten. Der Kacerliche Ferman ist heute dem Bankdirector Kaulla zugestellt

rden.

New⸗York, 18. Februar. (W. T. B.) Die Börse war durchweg schwach. Der Umsatz der Actien betrug 653 000 Stück. Der Silbervorrath wird auf 560 000 Unzen gef ätzt. Silber⸗ verkäufe fanden nicht statt. 11“ 13““ 1

Mit dem Dampfer „La Bourgogne“ ist heute nur eine Million Dollartz Gold nach Europa abgegangen; die Verschiffung zweier weiterer Millionen ist bis Dienstag aufgeschoben.

Weizen eröffnete niedriger und blieb den 5 Tag auf einge⸗ troffene Drahtnachrichten in fester Haltung; Schluß behauptet. Mais setzte niedriger ein und konnte auch für die Dauer des Marktes eine Aufbesserung nicht erfahren, da die Ankünfte im Innern sehr groß sind. Schluß behauptet.

er Werth der in der vergangenen Woche eingeführten Waaren betrug 10 683 384 Dollars gegen 14 222 721 Dollars in der Vorwoche, davon für Stoffe 2 822 302 Dollars gegen 3 613 602 Dollars in der Vorwoche.

Chicago, 18. Februar. (W. T. B.) Weizen eröffnete zu niedrigeren Preisen und ging den ganzen Tag infolge der Mel⸗ dungen über gutes Wetter und der angeblichen Versteifung des Geld⸗ marktes herunter; Schluß kaum behauptet. Mais war anfangs niedriger und schwächte sich fortdauernd ab, da die Neigung der Hausse⸗Partei zu Realisirungen sehr groß war. Schluß behauptet.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗ Maßregeln.

8 Belgien.

Zufolge Beschlusses der Scheldegesundheitscommission zu Ant⸗ werpen vom 11. Februar 1893 werden Herkünfte aus den Nordsee⸗ häfen, unter Abstandnahme von der bisher vorgeschrieben üdeg Beobachtung, von jetzt ab nur noch einer ärztlichen Untersuchung unterworfen. Nach einer gleichzeitigen Anordnung der genannten Commission ist die Einfuhr von Lumpen, alten Sachen ꝛc. aus den Elbhäfen untersagt.

Verdingungen im Auslande.

Rumänien.

12. August. General⸗Direction der Staats⸗Monopole in Bukarest: Lieferung von Papier und Oekonomatgegenständen für die Bedürfnisse der Tabackmanufactur in Jassy während des Rechnungsjahres 1893/94. Näheres an Ort und Stelle. 8

Dänemark.

25. Februar, 12 Uhr. Frederiksberg Stadsingenieur, Kom- munens Contoir, Lampevej 2, in Frederiksberg (bei Kopenhagen): Lieferung von ca. 250 Cubikfaden Granitsteinen. Bedingungen zur Ansicht auf dem Stadsingenieurens Contoir, Taarnborggade 8, Kopenhagen F.

28. Februar, 12 Uhr. Kjobenhavns Magistrat, Stads- architectens Contoir, Lavendelstraede 1, Kopenhagen: Vergebung der Maurer⸗ und Zimmerarbeit bei Aufführung eines Gefängnisses auf Vesterfaelled. Beschreibung, Zeichnungen und Bedingungen zur Ansicht an Ort und Stelle. Schriftliche Angebote mit der Aufschrift: „Tilbud paa Muur- eller Tömmerarbeidet oed Mandsfaengslet, paa Vesterfaelled“.

28. Februar, 12 Uhr. Kjobenhavns Magistrats 4de Afdelings Secretariat, Lavendelstraede Nr. 1, Kopenhagen: Lieferung von 6000 laufenden Ellen Granitsteinen für die Pflasterungs⸗ und Wege⸗ verwaltung. Bedingungen und Zeichnungen zur Ansicht auf Vejvaesenets Contoir, Guldbergsgade Nr. 26.

Verkehrs⸗Anstalten.

Krefeld, 19. Februar. (W. T. B.) Das Betriebsamt Kre⸗ feld macht bekannt: Die Trajectstörung Spyk⸗Welle, Strecke Kleve⸗Zevenaar ist beseitigt, der Verkehr auf Strecke Kleve⸗Zevenaar wieder aufgenommen. Bremen, 20. Februar. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer „Kaiser Wilhelm II.“ hat am 17. Februar Abends die Reise von Gibraltar nach New⸗YPork fortgesetzt. Der Schnelldampfer „Fulda“ ist am 17. Februar Abends von Genua nach der Weser abgegangen. Der Postdampfer „Frankfurt“, am 15. Januar von Bremen abgegangen, ist am 15. Februar in Montepideo angekommen. Der Postdampfer „Hannover“ ist am 10. Februar von Buenos⸗Aires nach Europa in See gegangen. Der Reichs⸗Postdampfer „Sachsen“, nach Ost⸗ Asien bestimmt, ist am 18. Februar Vormittags in Port Said angekommen. Der Reichs⸗Postdampfer „Preußen“, von Ost⸗Asien kommend, ist am 18. Februar Vormittags in Colombo angekommen. Der Schnelldampfer „Lahn“, am 8. Februar von Bremen abgegangen, ist am 18. Februar Morgens in New⸗York angekommen. Der Reichs⸗Postdampfer „Neckar“, nach Ost⸗Asien bestimmt, ist am 18. Februar Nachmittags in Hongkong an⸗ gekommen. Der Postdampfer „Graf Bismarck“, nach Brasilien bestimmt, ist am 18. Februar Nachmittags in Lissabon an⸗ ekommen. 6 Hamburg, 18. Februar. (W. T. B.) Der Postdampfer „Slavonia“ ist, von Hamburg kommend, heute Morgen hier ein⸗

etroffen. 8 19. Februar. (W. T. B.) Der Postdampfer „Slavonia“ ist, von Hamburg kommend, gestern Morgen in New⸗York einge⸗ troffen.

London, 19. Februar. (W. T. B.) Der Union⸗Dampfer „Spartan“ ist gestern auf der Ausreise von Southamton ab⸗

Theater und Musik.

Kroll's Theater.

Der große Königssaal war am Sonnabend bei Gelegenheit der ersten Aufführung der Rossini’'schen Oper „Der Barbier von Sevilla“ (II Barbiere di Siviglia) durch die italienisch⸗fran⸗ zösische Operngesellschaft unter der Direction des Herrn L. Miranda der Schauplatz außergewöhnlicher Huldigungen, die in erster Linie und mit vollkommenster Berechtigung in Gestalt von begeistertem Beifall, prachtvollen Blumenspenden und Dacaporufen der Frau Emma Nevada dargebracht wurden. Ihre nicht sehr kis lte aber umfangreiche und modulationsfähige Stimme ist von einem solchen Wohllaut und eigt eine so vollendete Schulung, daß sie in der Rolle der Rosine den edeutendsten, hier bekannten Künstlerinnen mindestens gleichgestellt zu werden verdient. Dabei versteht sie es meisterhaft, ihr Organ mit weiser Oekonomie zu gebrauchen, sodaß kein Ton gezwungen herauskommt und der Wohlklang ihrer Stimme auch bei den lautesten Tönen er⸗ halten bleibt. Da Frau Nevada außerdem in ihrem Auftreten sich durch Schalkhaftigkeit, verbunden mit liebenswürdiger Bescheidenheit, auszeichnete, so bot sie auch schauspielerisch eine durchaus befriedi⸗ gende Leistung. In der Einlage „Le Mysoli de la Perle du Brésil“ von Föélicien David und dem dann noch zugege⸗ benen Schattentanz aus Meyerbeer's „Dinorah“ kamen ihr Piano von seltener Zartheit und ihre vorzügliche Kopfstimme anz besonders zur Geltung. Die unübertreffliche humoristische Dar⸗ she ung des Barbiers durch Herrn de Padilla wurde zu Anfang etwas beeinträchtigt von einer leichten Heiserkeit, die der Künstler im Lauf der Zeit aber fast vollständig überwand. Als Bartolo und als Graf Almaviva genügten die Herren Merly und Pandolfini. Den Basilio sang Herr Meyan mit kräftiger und angenehmer Stimme französisch. Bei der Verleumdungs⸗Arie kam er der Aufforderung

nach Wiederholung bereitwillig nach. Das von Herrn Carboni geleitete Orchester that seine Schuldigkeit. Sing⸗Akademie.

Der Pianist und Componist Herr Richard Burmeister aus

Hamburg, der einige Zeit den Unterricht Liszt's und in der Com⸗ position den des Professors Mehrkens (des Directors der Bach⸗ Gesellschaft zu Hamburg) genossen hat, gab am Sonnabend ein eigenes Concert mit dem von Herfurth geleiteten Philharmonischen Orchester. Er eröffnete dasselbe mit Beethoven's Klavierconcert (Es-dur), das er trotz eines Unfalls, der den freien Gebrauch seines linken Armes etwas behinderte, mit großer Präcision und mit schwungvollem Vor⸗ trag durchführte. Eine sehr bedeutende schöpferische Begabung ließ der Concertgeber in der hierauf folgenden „Symphonischen Phantasie“ für Orchester erkennen, zu welcher das bekannte Bild Henneberg's „Die Jagd nach dem Glück“ die Anregung gegeben. Der erste Satz, in welchem sich nach einer ernst gehaltenen Einleitung kurzrhythmische muntere Tongruppen durch mehrere Octaven auf und ab be⸗ wegen, charakterisirt sehr treffend das glückliche Jugendleben. Im zweiten sehr zart und melodiös gehaltenen Satz werden die Liebesscenen ausgedrückt, während der Schluß: „Die Jagd nach dem Glück“, allen Glanz der orchestralen Mittel entfaltend und auf die vorigen Motive sich beziehend, eine sehr passende Steigerung des ganzen Werkes bildet. Motive und Durchführung sind überall klar ehalten, ein Vorzug, der besonders in dem durch seine polyphone Lebendigkeit sich auszeichnenden letzten Satze den Zuhörer fesselt. Rauschender Beifall und Hervorruf folgten dem vom Orchester unter Leitung des Componisten vorzüglich ausgeführten Werke. Nach⸗ dem das Streichorchester noch Saint⸗Saöns' „Prélude du Déluge“ zu Gehör gebracht, spielte Herr Burmeister Liszt's Concert (A-dur), in welchem seine virtuosen Eigenschaften noch besonders zur Geltung kamen.

In der morgen im Königlichen Opernhause aus Aller⸗ höchsten Befehl stattfindenden Aufführung von „Cavalleria rusticana“ unter Leitung von Pietro Mascagni sind die Damen Hierson, Dietrich und Lammert, sowie die Herren Sylva und Bulß beschäftigt. Vorher geht „Bastien und Bastienne“, den Schluß bildet das Tanz⸗ bild „Slavische Brautwerbung“. Die Vorstellung beginnt um ½18 Uhr. Mascagni sprach auf der Probe der „Cavalleria rusticana“ seine Bewunderung darüber aus, in wie ausgezeichneter Weise alle Mitwirkenden seine Intentionen zum Ausdruck brächten. Mascagni hat nie zuvor ein deutsches Opern⸗Ensemble dirigirt.

Der gestrigen Aufführung von „Wallenstein's Lager“ und „Piecco⸗ lomini“ im Königlichen Schauspielhaus wohnten Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin, sowie Seine Saßtit 5 Erbprinz von Sachsen Meiningen von Anfang bis zum Schluß bei.

Die im Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Theater am Mittwoch zur ersten Aufführung gelangende dreiactige Operette „Don Cesar“ von Oscar Walther, Musik von R. Dellinger, ist in den Hauptrollen mit den Damen E. Schmidt, Cornelli Csendes, d Herren Steiner, Wellhof, Bruch, Ewald und Broda besetzt.

Mannigfaltiges.

Die Trauerfeier für den verstorbenen Ersten Director des König⸗ lichen Kunstgewerbe⸗Museums Karl Grunow hat heute Vormittag in der Kapelle des Matthäikirchhofs stattgefunden. Zu Seiten des Sarges hatten die Bannerträger des Kunstgewerbe⸗Museums und des Vereins „Ornament“ Aufstellung genommen. Ihre Majestät die Kaiserin Friedrich hatte einen großen Lorbeerkranz mit schwarzer Widmungsschleife übersandt. Für den Minister der eistlichen u. s. w. Angelegenheiten Dr. Bosse erschien der Mlnisterial⸗Hirettor de la Croix, in Vertretung des Ministe⸗ riums für Handel und Gewerbe wohnte der Geheime Regierungs⸗ Rath Lüders der Feier bei. Der General⸗Director der Königlichen Mufeen, Wirkliche Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Schöne über⸗ brachte einen prächtigen Kranz mit Widmung und dem preußischen Adler in Golddruck. Das Museum für Völkerkunde war durch die Directoren Geheimer Regierungs⸗Rath, Professor Dr. Bastian und Dr. Voß vertreten. Ferner waren der Director bei den Königlichen Museen Geheime Regierungs⸗Rath Dr. Bode u. a. Herren aus der Verwaltung der Königlichen Sammlungen anwesend. Mit den beiden Directoren bei dem Königlichen Kunst⸗Gewerbe⸗Museum Professor Dr. Lessing und Professor Ewald waren die sämmt⸗ lichen Beamten erschienen. Auch die Lehrer, sowie eine Abordnung der Studirenden, die einen Kranz mit roth⸗weißer Schleife überbrachte, hatten sich eingefunden. Als Vertreter der Stadt war der Stadt⸗Schulrath Bertram zugegen, auch der japanische Gesandte Vicomte Aoki, Geheimer Regierungs⸗Rath Professor Reuleauxr, Di⸗ rector Professor Kips von der Königlichen Porzellanmanufactur u. v. a. waren erschienen. Die Kunstschule und die Musikstudirenden der Königlichen Akademie der Künste hatten Chargirte mit Kränzen ent⸗ sandt. Der Verein für Kunstgewerbe war durch zahlreiche Mitglieder vertreten. Die Rede hielt der Prediger Hoßbach.

Die „Statist. Corr.“ schreibt: Durch die anhaltend strenge Kälte wird der vergangene Monat Januar wohl auf lange Zeit in Erinnerung bleiben. Nach seiner Mitteltemperatur ist er seit Beginn amtlicher meteorologischer Beobachtungen der zweitkälteste Januar und wird nur noch durch den Januar des Jahres 1848 übertroffen. Die Abweichung vom vieljährigen Durchschnitt betrug im Nordosten über 100, im mittleren Norddeutschland zumeist 7—80; in den westlichen Landestheilen ging sie bis auf 30 herab. An ein⸗ zelnen Tagen, insbesondere am Schluß der zweiten Dekade, wurden ganz extreme Kältegrade erreicht: fast überall wurden Temperaturen unter 200, im Nordosten sowie in einem Streifen zwischen Fläming und Odermündung sogar unter —300 beobachtet; Marggrabowa meldet am 16. Januar 360, 4. Günstig für die Entwickelung und Fortdauer der großen Kälte wirkte die Schneedecke, welche während des ganzen Monats hindurch den Erdboden bedeckte und meistens mehr als 20 m auf den Gebir⸗ hen sogar 60 cm Höhe erreichte. Schneefälle waren ziemlich häufig; nur in den etzten Tagen fiel Regen. Die Monatssumme der Niederschläge war in Pommern, Mecklenburg, Schlesien und im südwestlichen Nord⸗ deutschland übernormal; sonst blieb sie unter dem vieljährigen Durch⸗ schnitt. Das kalte Wetter der letzten Dezembertage setzte sich mit noch gesteigerter Strenge im Januar fort, indem zunächst bei hohem Luftdruck im Nordosten und unter dem Einflusse von Depressionen über Norddeutschland reichliche Schneefälle erfolgten, und indem so⸗ dann um die Mitte der ersten Dekade ein Maximum über Rußland Aufklaren und eisige, östliche Winde herbeiführte. Nach einer kurzen Erwärmung um den 10., veranlaßt durch ein von Süd⸗ westen über Deutschland ziehendes Minimum, sank bei zumeist nörd⸗ lichen und östlichen Winden die Temperatur wieder rasch bis etwa zum Beginne der zweiten Monatshälfte, wo das Minimum erreicht wurde. Von nun an aber nahm die Kälte bis zum Monatsschluß⸗ allerdings mit Unterbrechungen um den 23. und 28. stetig ab, indem Depressionen im Nordwesten vorwalteten, welche wärmere Winde aus dem südlichen und westlichen Quadranten mitbrachten. Als niedrigste Temperatur für Berlin bezeichnet das Meteorologische Institut 23,1 C.“ am 19. Januar, als höchste 5,4 O.09 am 31. Das eeen betrug 7,4 C. % und wich von dem normalen um 910 Ce ab.