8
1. Garde⸗Regiment zu Fuß der Marsch des Königlichen Regiments
Grenadiers 1713 bis 1740; dem 2. Garde⸗Regiment zu Fuß der Marsch, componirt von Prinz August Wilhelm von Preußen, König⸗ liche Hoheit, 1751; dem Kaiser Franz Garde⸗Grenadier⸗Regiment Nr. 2 der Marsch des Infanterie⸗Regiments von Thile, um 1795; dem Garde⸗Füsilier⸗Reg'ment der Marsch des Infanterie⸗Regiments Prinz Ferdinand, um 1790; dem 3. Garde⸗Regiment zu Fuß der Marsch, componirt von Prinz August Wilhelm von Preußen, König⸗ liche Hoheit, 1750; dem 4. Garde⸗Regiment zu Fuß der Marsch, componirt von der Herzogin Philippine Charlotte von Braunschweig, Königliche Hoheit, für den Prinzen August Wilhelm von Preußen, Königliche Hoheit, 1751; dem Grenadier⸗Regiment Graf Kleist von Nollendorf (1. Westpreußische) Nr. 6 der Marsch des Infanterie⸗Regiments von Möllendorf, um 1796; dem Grenadier⸗Regiment König Friedrich Wilhelm II. (1. Schle⸗ sisches) Nr. 10 der Marsch des Infanterie⸗Regiments von Treskow, um 1800; dem Infanterie⸗Regiment Prinz Louis Ferdinand von Preußen (2. Magdeburgisches) Nr. 27 der Marsch des Infanterie⸗ Regiments Jung⸗Bornstedt, um 1792; dem Kürassier⸗Regiment Kaiser Nikolaus I. von Rußland (Brandenburgisches) Nr. 6, der Marsch, componirt von Prinz August Wilhelm von Preußen, König⸗ liche Hoheit, 1749.
Ferner veröffentlicht das „Armee⸗Verordnungsblatt“ fol⸗ ende Allerhöchste Cabinets⸗Ordre, betreffend die Ein⸗ tellung von Offizier⸗Aspiranten bei den Train⸗ Bataillonen:
Auf den Mir gehaltenen Vortrag bestimme Ich unter Aufhebung der Ordre vom 12. Februar 1885, daß bei den Train⸗Bataillonen Offizier⸗Aspiranten eingestellt werden dürfen. Das Kriegs⸗Ministerium hat hiernach das weitere zu veranlassen. Berlin, den 27. Januar 1893. Wilhelm. von Kaltenborn.
Bezüglich der größeren Truppenübungen im Jahre 1893 ist durch Allerhöchste Cabinetsordre bestimmt worden:
1) Das VIII., XIV. und XVI. Armee⸗Corps halten Manöver vor Seiner Majestät dem Kaiser und König ab. Jedes Armee⸗Corps hat für sich große Parade.
a. Bei dem VIII. Armee⸗Corps fällt das in der Felddienst⸗ Ordnung 2. Theil Ziffer 12 vorgesehene Corpsmanöver gegen markirten Feind aus. Bei dem XVI. Armee⸗Corps findet an Stelledes Corps⸗ manövers gegen markirten Feind ein Corpsmanöver in zwei Parteien gegeneinander statt. Demnächst haben die beiden Armee⸗Corps vier⸗ tägige Manöver gegeneinander.
b. Bei dem XIV. Armee⸗Corps fällt das in der Felddienst⸗ Ordnung 2. Theil Ziffer 12 vorgesehene Corps⸗Manöver gegen mar⸗
kirten Feind ebenfalls aus. Demnächst hat das XIV. Armee⸗Corps dreitägige Manöver gegen das XIII. (Königlich Württembergische) Armee⸗Corps.
2) Hinsichtlich der Bildung von besonderen Formationen bleibt weitere Bestimmung vorbehalten.
3) a. Beim VIII. und XVI. sowie beim III. und X. Armee⸗ Corps — bei ersteren jedoch nur für die Dauer der von Seiner Majestät dem Kaiser und König abzuhaltenden Manöver — wird je eine Cavallerie⸗Division aufgestellt, deren Ordre de bataille im „Armee⸗Verordnungsblatt“ mitgetheilt ist. Die Bestimmung der Divisionsführer sowie der Führer derjenigen Brigaden, welche für diese Uebungen besoönders zusammengesetzt werden, behalten Sich Seine Majestät vor. Soweit der Kaiser bei dieser Gelegenheit nicht über die Bildung der Divisions⸗ und Brigadestäbe Anordnung trifft, ver⸗ anlassen die General⸗Commandos dieselbe.
b. Bei den beim VIII. und XVI. Armee⸗Corps aufzustellenden Cavallerie⸗Divisionen finden vorhergehende besondere Cavallerie⸗Uebungen nicht statt.
8 Bei vorgenannten Corps wird für die Dauer der vor Seiner
Majestät abzuhaltenden Manöver die erforderliche Divisions⸗Cavallerie aus den fünften Escadrons der dauernd zum Armeecorps⸗Verband ge⸗ hörigen Cavallerie⸗Regimenter gebildet.
c. Die beim III. und X. Armee⸗Corps aufzustellenden Cavallerie⸗ Divisionen halten nach Beendigung der um drei Uebungstage zu kürzenden besonderen Cavallerie⸗Uebungen (F. O. 2. D) dreitägige Manöver der Cavallerie⸗Divisionen gegeneinander, unter Leitung des Inspecteurs der 1. Cavallerie⸗Inspection, ab. Unmittelbar vor und nach diesen dreitägigen Uebungen ist ein Ruhetag anzuordnen. Außer⸗ dem erhält der Leiter dieser Uebungen die Berechtigung, vor Beginn derselben zur Versammlung der beiden Divisionen an den von ihm gewünschten Punkten ein bis zwei Marschtage einzuschieben. Die zu diesen Uebungen herangezogenen Stäbe und Truppentheile nehmen nach Beendigung derselben an den Divisions⸗ und gegebenenfalls auch an den Corps⸗Manövern derjenigen Armee⸗Corps theil, denen sie an⸗ gehören. Etwaige, epentuell durch weite Märsche begründete Ab⸗ weichungen von dieser Anordnung auf besonderen Antrag zu genehmigen, ist das Kriegs⸗Ministerium ermächtigt. Die Brigade⸗ und Regiments⸗ stäbe der betreffenden Truppentheile können unmittelbar nach Beendi⸗ gung der dreitägigen Uebungen der Cavallerie⸗Divisionen gegeneinander durch Eisenbahntransport bereits zu den Brigade⸗Manövern ihrer Armee⸗Corps herangezogen werden.
9 83 XVI. Armee⸗Corps wird ein Luftschiffer⸗Detachement ugetheilt.
5) Die Herbstübungen 7.S. Armee⸗Corps, welche nicht vor Seiner Majestät Manöver abhalten, finden in Gemäßheit der Be⸗ timmungen der Felddienstordnung und unter möglichster Berücksichti⸗
ung der Ernteverhältnisse statt.
6) Das Königin Augusta Garde⸗Grenadier⸗Regiment Nr. 4 nimmt an den Herbstübungen des VIII. Armee⸗Corps theil.
7) Bei der Auswahl des Uebungsgeländes sowohl, als der Aus⸗ ührung aller Uebungen ist auf Verringerung der Flurschäden Bedacht u nehmen. In denjenigen Fällen, in denen die Flurentschädigungen
ls besonders hoch sich herausstellen, hat das Kriegs⸗Ministerium Seiner Majestät Berichte der Divisions⸗Commandeure darüber vor⸗ zulegen, welchen besonderen Umständen dies zuzuschreiben ist und welche Anordnungen zur Verringerung der Flurschäden getroffen waren.
8), Bei dem Garde⸗Corps, I., II., VI., VII., VIII., XI., XIV., XV. uͤnd XVI. Armee⸗Corps finden Generalstabsreisen, bei dem XVII. Armee⸗Corps eine Festungs⸗Generalstabsreise nach Maßgabe der Bestimmungen über die jährlichen Generalstabsreisen vom 29. No⸗ vember 1888 statt.
9) Im Laufe des Sommers findet unter Leitung der beiden Cavallerie⸗Inspecteure je eine größere Cavallerie⸗Uebungsreise von Generalen und Stabsoffizieren der Cavallerie und Commandeuren reitender Abtheilungen der Feld⸗Artillerie statt. Nähere Anordnungen hierüber hat das Kriegs⸗Ministerium zu treffen.
102 IVöEEIFIII., XIV. und XVI. Armee⸗Corps finden Cavallerie⸗Uebungsreisen nach Maßgabe der In⸗ struction vom 23. Januar 1879 statt. “
11) Ueber die Abhaltung einer Befestigungs⸗ bez. Angriffsübung unter Betheiligung aller Waffen, sowie größerer Pionierübungen haben Sich Seine Majestät weitere Bestimmungen vorbehalten.
12) Die Rückkehr der Fußtruppen in ihre Standorte muß bis zum 30. September 1893, welcher als der späteste Entlassungstag gilt, erfolgt sein. b
*
Heute traten die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths
für Zoll⸗ und Steuerwesen und für Handel und Verkehr
8 8 8
zu einer Sitzung zusammen.
Danzig, 21. Februar. Der XVI. Provinzial⸗Land⸗ tag der Provinz Westpreußen wurde gestern Mittag im Landeshause durch den Ober⸗Präsidenten der Provinz, Staats⸗ Minister Dr. von Goßler mit folgender Ansprache eröffnet:
Hochgeehrte Herren!
Den Landtag der Provinz Westpreußen bei seiner 16. Versamm⸗ lung als Königlicher Commissarius zu begrüßen, gereicht mir zur Ehre und zur Freude. 1
Mit leuchtenden Buchstaben ist das abgelaufene Jahr in das Buch der Geschichte Westpreußens eingetragen. Zum ersten Mal hat die Vertretung unserer Provinz das Glück gehabt, im eigenen Heim ihren Kaiser und König zu begrüßen, und am 16. Mai 1892 haben diese herrlichen Räume ihre schönste Weihe empfangen. Unver⸗ gessen, wie die Treue und Hingebung, welche Sie durch den Mund Ihres Herrn Vorsitzenden vor Ihrem Landesherrn ablegten, leben in uns die Worte fort, welche Seine Majestät hier an das „kernige Volk der Westpreußen“ richteten. Von seinem Volk und seiner Arbeitskraft er⸗ wartet unser König, daß unter Gottes Beistand und im Vertrauen auf die landesväterliche Fürsorge die Schwierigkeiten überwunden hefesn. welche auf den wichtigsten Gebieten unseres Erwerbslebens bestehen.
Lassen Sie diese Königliche Ansprache die Losung sein, unter welcher wir in Vertrauen, Einigkeit und Treue an dem Wohl unserer E1“ Dann wird auch unseren Anstrengungen der Erfolg nicht fehlen.
Die Hoffnung, der auf dem letzten Landtag Ausdruck gegeben wurde, daß die Mittel, welche im laufenden Staatshaushalts⸗Etat zum ersten Mal zur Förderung der Land⸗ und Forstwirthschaft in den östlichen Provinzen ausgeworfen sind, bald eine Steigerung erfahren würden, ist er⸗ freulicherweise in Erfüllung gegangen. Um unserer Provinz die Theilnahme an der erhöhten Summe zu sichern und das verständnißvolle Wohl⸗ wollen, welches bei der Vertretung und Verwaltung der Provinz für die Landwirthschaft besteht, zu bethätigen, wird Ihnen von dem Provinzialausschusse die Bewilligung von 10 000 ℳ empfohlen. Kann auch durch diese Aufwendungen des Staats und der Provinz der landwirthschaftlichen Nothlage der einzelnen Grundbesitzer Abhilfe nicht zu theil werden, so gestatten sie doch, im allgemeinen Interesse nütz⸗ liche und erfolgversprechende Einrichtungen zu treffen, welche auf andere Weise nicht ins Leben gerufen werden würden.
Den Bedürfnissen des Erwerbslebens und des Culturfortschritts hat Westpreußen von altersher durch die Anlegung von Kunststraßen Rechnung getragen und die hierfür von Provinz und Kreisen gebrachten Opfer erreichen eine beträchtliche Höhe. Auch auf dem Gebiet des Gemeindewegebaues ist in einzelnen Gegenden Ersprießliches geleistet; aber einer planmäßigen und berechtigten Ansprüchen entsprechenden Entwickelung haben bisher die Rechtsunsicherheit und die Ungerechtig⸗ keit in der Vertheilung der Wegelast vielfach entgegen⸗ gestanden. Diesem oft Mangel soll jetzt durch eine Wegeordnung für Westpreußen und einige andere, in gleicher Lage befindliche Provinzen des Ostens Abhilfe zu theil werden. Bei der Erörterung der Grundzüge sind außer dem Herrn Landes⸗Director noch verschiedene Herren Provinzial⸗ Landtags⸗ Abgeordnete betheiligt gewesen, und es steht zu hoffen, daß im Hin⸗ blick auf das Bedürfniß einer anderweitigen Regelung und bei der zahlreichen Mitgliedern dieser hohen Versammlung innewohnenden Sachkenntniß das seitens der Staatsregierung gewünschte Gutachten ungeachtet der Kürze der Zeit abgegeben werden kann.
Eine in unserer Provinz noch wenig bekannte Gattung von Kunststraßen — die Kunststraßen mit Schienenunterlage und mit einem an thierische Kräfte nicht gebundenen Betriebe — hat durch das Gesetz über die Kleinbahnen eine sichere Grundlage gewonnen.
Große Hoffnungen knüpfen sich auch für Westpreußen an diese neuen Verkehrswege, welche in Verbindung mit Chausseen oder an Stelle derselben angelegt werden können und schon aus diesen Rück⸗ sichten in das Interessengebiet des Provinzialverbandes eingreifen. Die abwartende Haltung, welche der Provinzialausschuß dem Provinzial⸗Landtag ist wird nicht zum geringsten Theil durch finanzielle Rücksichten bedingt, namentlich durch den Hinweis auf die erheblichen Lasten, welche die Ausführung des Gesetzes vom 11. Juli 1891 den Provinzialverbänden auferlegt.
In dem Mittelpunkt dieser Erwägungen steht das Project der Errichtung einer dritten Irrenanstalt, wie überhaupt die Regelung der Fesatse für Geisteskranke, Idioten, Epileptische, Taubstumme und Blinde. Sorgfältige Abwägung verlangen hierbei die Interessen unserer unglücklichen Provinzialgenossen, welche der Hilfe und der Anstaltspflege bedürftig sind, der Gemeinden und Kreise, wie des Provinzialverbandes selbst.
Möge es an der Hand der eingehenden Vorarbeiten des Pro⸗ vinzialausschusses gelingen, auf diesem wichtigen Gebiete die wohl⸗ wollende Absicht des bereits mit dem 1. April d. J. in Kraft tretenden Gesetzes zu erreichen; mögen diese, wie alle Ihre weiteren Beschlüsse, das Gedeihen Fe Provinz fördern.
Mit diesem Wunsche erkläre ich auf Allerhöchsten Befehl den XVI. Provinzial⸗Landtag für eröffnet.
Der Alters⸗Präsident Geheime Regierungs⸗Rath Engler⸗ Berent brachte sodann ein Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König aus, in das die Versammlung lebhaft einstimmte. Hierauß wurden der Abg. von Graß⸗Klanin zum Ersten und der Geheime Regierungs⸗Rath von Gramatzki⸗ “ zum Zweiten Vorsitzenden des Provinzial⸗Landtags durch Acclamation gewählt. Alsdann erfolgte die Wahl der Commissionen für die Berathung der einzelnen Vorlagen.
Oesterreich⸗Ungarn.
Bei der gestern in Wels vorgenommenen Taufe des Sohnes des Erzherzogs Franz Salvator und der Erzherzogin Maria Valeria fungirte der Kaiser als Pathe. Der Täufling erhielt, wie „W. T.“ meldet, die Namen Franz Carl Salvator Maria Joseph Ignaz.
Bei der gestern im österreichischen Abgeordneten⸗ hause fortgesetzten Berathung des Budgets erklärte der Finanz⸗Minister Dr. Steinbach, er schließe sich der Theorie von der Unproductivität der Ausgaben des Militär⸗Etats nicht an, und führte aus, nach den bisherigen Ergebnissen der Börsensteuer sei die Furcht, daß diese Steuer auf die kleinen Leute übergewälzt werden würde, ungerechtfertigt; die Er⸗ örterung der Frage der Vermögenssteuer halte er jetzt, wo es sich um die Einführung der Personal⸗Einkommensteuer handle, nicht für angezeigt.
Großbritannien und Irland.
In der gestrigen Sitzung des Unterhauses erklärte dem „W. T. B.“ zufolge der Parlaments⸗Secretär der Admiralität Sir U. Kay⸗Shuttleworth, die italienische Regierung habe nicht die Absicht, ein Geschwader zum Besuche nach England zu entsenden. Gelegentlich des internationalen Flottenfestes der Vereinigten Staaten werde der Ober⸗Befehlshaber der nord⸗ amerikanischen Station mit einigen Schiffen seines Geschwaders der Flottenreyue in New⸗York beiwohnen. Die Admiralität erwäge, ob noch einige weitere Schiffe dahin entsandt werden sollen. Der Parlaments⸗Secretär des Auswärtigen
Amts Sir E. Grey bezeichnete es als richtig, daß die Afghanen
im letzten Frühjahre die Chinesen aus Somatasch vertrieben hätten. Der Emir von Afghanistan habe erklärt, er habe keine Kenntniß davon gehabt, daß die Afghanen hierauf die Kirgisen⸗ häuptlinge von Bazilla Jai und Asch⸗Gumbay sowie mehrere Familien fortgeschleppt hätten. Hinsichtlich beider Vorfälle habe ein freundlicher Meinungsaustausch zwischen der eng⸗ lischen und chinesischen Regierung stattgefunden. Der Präsident der Localverwaltung Fowler kuͤndigte, wie der „Magd. Ztg.“
gemeldet wird, an, die Regierung sei
1 zu der Schlußfolgerung gelangt, daß die Verwaltung Londons als unvollkommen und abnorm betrachtet werden müsse, bis Vorkehrungen ge⸗ troffen sein würden, um die City in das allgemeine System der Verwaltung Londons einzuschließen. Die Regierung habe beschlossen, eine aus fünf Mitgliedern bestehende Comg ihobe niederzusetzen, die praktische Vorschläge für die Durchführung der geplanten Verschmelzung machen solle. 8
Als Reichsangelegenheiten sind nach der „A. C.“ in der Homerule-⸗Bill, außer den die Krone, die auswärtigen Angelegenheiten, Krieg und Frieden, die Post, die Armee und die Marine betreffenden Sachen, noch bezeichnet: Titel oder Würden ehrenhalber, Hochverrath, Naturalisation, der Handel mit fremden Staaten, Quarantäneangelegenheiten, Schiffahr“ Leuchtthürme, Feuerschiffe und Schiffahrtszeichen, Prägung von Münzen, Maßen und Gewichten, Handelsmarken und Waarenzeichen, Verlagsrecht, Patentrecht.
Die Große Orangisten⸗Loge hat eine Kundgebung veröffentlicht, worin verlangt wird, daß Irland entweder voll⸗ ständig mit England vereint oder vollständig unabhängig sei. Der von Gladstone vorgeschlagenen Bill hingegen müsse ent⸗ schiedener Widerstand entgegengesetzt werden.
„Daily Chronicle“ meldet, es solle während der Ausschuß⸗ berathungen über die Homerule-Bill seitens der schotti⸗ schen und wallisischen Mitglieder der Versuch gemacht werden, die Homerule auch für Schottland und Wales einzuführen. Alles deute auf eine “ der Regierung des vereinigten Königreichs auf föderativer Basis hin, zumal es durch die Beibehaltung der irischen Mitglieder im Reichsparlament unmöglich sei, den übrigen Theilen Großbritanniens die Home⸗ rule⸗Vorlage zu verweigern. Auch habe der Executiv⸗Ausschuß des liberalen Vereins von Midlothian, des Wahlkreises Gladstone's, den Beschluß gefaßt, daß keine Homerule⸗Vor⸗ lage billig und praktisch sei, die nicht auf Schottland eine besondere Legislatur mit einer Vertretung im Reichsparlament ausdehne.
Frankreich.
In der gestrigen Sitzung des Senats führte, nach einer Meldung des „W. T. B.“, der Dritte Vice⸗Präsident Bardoux den Vorsitz und verlas ein Schreiben Leroyer’'s, worin dieser aus Gesundheitsrücksichten seine Demission als Präsident giebt. Bardoux hielt unter lebhaftem Beifall eine Lobrede auf Leroyer und gab dem einmüthigen Bedauern des Senats Ausdruck. Die Präsidentenwahl wurde auf Freitag anberaumt. Als Candidaten werden, außer den gestern ge⸗ nannten Senatoren, Challemel⸗Lacour, Magnin und Jules Ferry, auch Jules Simon, Bardoux, Loubet und Tirard ge⸗ nannt. Die republikanischen Gruppen des Senats werden heute zusammentreten, um ihre Candidaten zu designiren.
Die Regierung hat der Deputirtenkammer einen Gesetzentwurf wegen Genehmigung des zwischen Frankreich und Canada abgeschlossenen Handelsübereinkommens, wonach Canada namentlich den französischen Weinen eine Herabsetzung des Generaltarifs um 30 Proc. zugesteht,
während Frankreich für canadische Hölzer den Minimaltarif
einräumt, zugehen lassen.
In der vorgestrigen Sitzung der Deputirtenkammer
wurde der „Köln. Ztg.“ zufolge bei der weiteren Berathung über die Reform der Gewerbesteuer der Artikel, der als Maßstab der Besteuerung die Zahl der Angestellten einführt, genehmigt: ebenso die Festsetzung der Steuer auf 200, 150 und 100 Fr., je nach der Einwohnerzahl der Stadt, für die Verkaufshäuser, die weniger als 51 Angestellte beschäftigen Hierauf wurde die Eintheilung in sechzehn Klassen ange⸗ nommen. Die von der Regierung bekämpfte progressive Stufen folge wurde mit 281 gegen 197 Stimmen nach der Com⸗ missionsfassung angenommen, ebenso alle anderen Vorschläg der Commission und Artikel 4 des Finanzgesetzes. „ Den amtlichen Angaben zufolge überstiegen die Rück⸗ nahmen aus den Staatssparkassen die Einlagen in der Zeit vom 11. bie 20. Februar um 26 Millionen, seit Jahresbeginn um 78 Millionen. Die „Liberté“ schreibt diese Erscheinung weniger der Agitation einzelner Blätter zu als der durch das Finanzgesetz vom 20. Dezember v. J. decretirten Herabsetzung des Zinsfußes. b.
In der Deputirtenkammer erklärte „W. T. B.“ meldet, der Minister des Auswärtigen Brin, er habe seinen am Sonnabend gemachten Ausführungen auf die Anfrage Barzilai's über die Vorgänge bei der General⸗ versammlung der Wiener Michaelsbruderschaft (siehe die vor⸗ gestrige Nummer des „R.⸗ u. St.⸗A.“) nichts hinzuzufügen; er könne die bezügliche Interpellation Barzilai's nicht annehmen. Barzilai drückte sein Bedauern über diese Erklärung des Ministers aus, betonte jedoch, daß er augen⸗ blicklich nicht an die Kammer appelliren werde. Damit war
der Zwischenfall geschlossen. el Papst empfing gestern den Patriarchen Azarian,
1“
der ein Schreiben und Geschenke des Sultans überbrachte.
Portugal.
Riibeiro, der gestern zum König berufen wurde, hat
dem „W. T. B.“ zufolge die Bildung des Cabinets über⸗ nommen und wird dem König morgen das Ergebniß seiner Schritte unterbreiten. Wie verlautet, würden sich die Cortes auf einige Tage vertagen, um dem neuen Cabinet Zeit zu lassen, neue Budgetvorlagen vorzubereiten.
8 Türkei. Die „Agence de Constantinople“ ist von
amerikanische Collegium von Mersivan im Vilajet Sivas (Kleinasien) durch Muselmanen in Brand gesteckt sein sollte, für durchaus falsch zu erklären. Ebenso un⸗ richtig sei die Meldung über eine blutige Schlägerei zwischen Christen und Muselmanen in Cäsarea. Die Behauptung, daß die dortigen Lokalbehörden an die Musel⸗ manen Waffen vertheilt hätten, sei eine absurde Verleumdung.
Bulgarien. b
Der Ministerrath hat, wie der „Frkf. Ztg.“ aus Sofia berichtet wird, beschlossen, die Wahlen zur Großen Sobranje anfangs März stattfinden zu lassen und letztere für Mitte März alten Stils nach Tirnova einzuberufen. Gleichzeitig wurde im Ministerrath die Frage besprochen, ob der zukünftigen Gemahlin des Pelnzeg Per dinand eine besondere jährliche Apanage duͤrch die Große Sobranje be⸗ iligt oder ie jetzige Apanage entsprechend erhöht werden olle.
gestern, wie
competenter Seite ermächtigt worden, die Blättermeldung, wonach das
Das „Reuter sche Bureau“ meldet aus Kairo: Seki Pascha, bisher Minister der öffentlichen Arbeiten und des Unterrichts, habe als Unterrichts⸗Minister demissionirt, werde aber Arbeits⸗Minister bleiben. Der Minister⸗Präsident Riaz Pascha, der zur Zeit das Portefeuille des Innern verwaltet, werde auch das Unterrichts⸗Ministerium übernehmen.
Auftralien.
Die Prinzessin Kilauani, die Nichte der bisherigen Königin Liliuokalani hat, wie dem „W. T. B.“ aus New⸗ York berichtet wird, eine Petition an das amerikanische Volk gerichtet, worin sie gegen die Beraubung ihres Rechts auf die Thronfolge in Hawaii protestirt.
Parlamentarische Nachrichten.
Deutscher Reichstag. 1116“
Der Bericht über die 48. Sitzung vom A. Fehbetr befindet sich in der Ersten Beilage. 8
49. Sitzung vom Mittwoch, 22. Februar, 1 Uhr.
Der Sitzung wohnt der Staatssecretär Dr. von Boetticher bei.
Vor der Tagesordnung bemerkt Präsident von Levpetzow: Gestern hat ein Mitglied des Hauses einen Reichsangehörigen, der die bürgerlichen Ehrenrechte besitzt, jeden⸗ falls wegen Mordes nicht vorbestraft ist, einen Massenmörder genannt. Ich bestreite den Mitgliedern des Hauses nicht das Recht, That⸗ sachen vorzubringen, welche außerhalb des Hauses stehende Personen belasten, zumal wenn diese Thatsachen auf Beweismaterial gestützt — Der gebrauchte Ausdruck ist aber eine Beschimpfung und ent⸗ pricht nicht der Würde des Hauses, sondern erscheint mir als ein Mißbrauch der Redefreiheit. Ich bemerke dies für die Zukunft, damit aus meinem gestrigen Schweigen nicht ein Präjudiz hergeleitet wird. Beifall.)
Das Haus tritt darauf in die Tagesordnung ein und genehmigt zunächst ohne Debatte in dritter Lesung definitiv den Gesetzentwurf, betreffend die Einführung einer einheitlichen Zeitbestimmung.
Sodann wird die zweite Berathung des Etats des Reichsamts des Innern fortgesetzt. Zur Debatte steht das Ausgabekapitel „Statistisches Amt“ 866 535 ℳ
Abg. Dr. Hirsch (dfr.) bemängelt, daß die Statistik, welche das Amt über die Krankenversicherung der Arbeiter aufgestellt hat, lücken⸗ haft ist. Es fehle an Angaben über die Verfassung und den Stand der einzelnen Krankenkassen; nur über die finanzielle Seite der Sache werde Auskunft gegeben. Man könne aus den Zahlen auch nicht erfahren, wie es mit der Stetigkeit der Mitglieder bei den einzelnen Kassen sich verhalte. Von den Ortskrankenkassen erfährt man nicht, wie viele sich that⸗ sächlich auf einen Ort, wie viele sich auf mehrere Orte erstrecken. Bei den Innungskrankenkassen war der Eintritt 154 %, der Austritt 142 %, es waren also 1 ½¼ mal so viel Mitglieder ausgeschieden und eingetreten, als überhaupt vorhanden waren. Diese Dinge dürfen nicht mit Stillschweigen übergangen werden. Ebenso müsse die wichtige Frage der ärztlichen Behandlung der Mitglieder hier wieder berührt werden. Das Princip der freien Aerztewahl gewinne immer mehr Anklang, eine tiefgehende Be⸗ wegung im Lande habe dieses Prineip für das beste erklärt. Dann klaßt Redner über die Benachtheiligung der freien Hilfskassen, welche diese fortgesetzt den Zwangskassen gegenüber erfahren, obwohl Licht und Schatten für beide Kategorien gleich vertheilt sein sollen. In einer Berliner Ortskrankenkasse sei den gesetzlichen Bestimmungen entgegen kein Reservefonds angesammelt worden, jetzt brauche die Kasse eine Anleihe und der Magistrat beantrage ohne weiteres die Genehmigung dieser Anleihe. Was würde wohl geschehen sein, wenn eine freie Kasse keinen Reservefonds angesammelt und die Genehmigung einer Anleihe nachgesucht hätte 2
(Bei Schluß des Blattes nimmt der Staatssecretär Dr.
von Boetticher das W
Haus der Abgeordneten. Der Bericht über die gestrige Sitzung befindet sich in der Ersten Beilage. 8 36. Sitzung vom 22. Februar. Der Sitzung wohnt der Minister der geistlichen ꝛc. An⸗
8 gelegenheiten Dr. Bosse bei.
Auf der Tagesordnung steht zunächst der Antrag des Grafen zu Limburg⸗Stirum, „die Staatsregierung zu er⸗ suchen, zu veranlassen, daß die gegen den Abg. von Hammer⸗ stein wegen öffentlicher Beleidigung beim Landgericht I, Straf⸗ kammer I, schwebenden Strafverfahren Actenzeichen J. II. F. 286. 92 und J. II. F. 412. 91, für die Dauer der laufenden Session eingestellt werden“.
Der Antrag wird, ohne daß eine Begründung oder eine Debatte stattgefunden hätte, angenommen.
Darauf wird die zweite Berathung des Staats⸗ haushalts⸗Etats für 1893/94 fortgesetzt, und zwar im Etat des Cultus⸗Ministeriums beim Kapitel „Höhere Lehr⸗ anstalten“: Zuschüsse für die vom Staat zu unter⸗ haltenden Anstalten. Auf den Staat übernommen sind die Anstalten in Trier und Mörs.
Abg. Christen (freicons.) empfiehlt die Uebernahme des Pro⸗ gymnasiums in . Regierungsbezirk Cassel, auf den Staat. Die Anstalt sei ursprünglich eine staatliche gewesen und nur durch einen Zufall in die Verwaltung der Stadt übergegangen.
Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Bosse: Ein
Antrag auf Uebernahme der Anstalt auf den Staat ist bisher über⸗ haupt nicht an mich gelangt; ich werde, sobald das geschehen ist, die Sache in Erwägung ziehen. Abg. Hasse (Centr.) weist darauf hin, daß 1891 eine Ver⸗ jügung des Cultus⸗Ministers ergangen sei, wonach in den Klassen des Gymnasiums zu Konitz nicht mehr als 50 Schüler sein dürften. Es hätten infolge dessen viele Kinder von der Aufnahme zurückgewiesen werden müssen. Das habe großf Beunruhigung verursacht, weil namentlich katholische Kinder zurückgewiesen worden qeien und man befürchte, daß das Gymnasium seinen katholischen Charakter verlieren werde.
Miinister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Bosse: Die Tendenz, den katholischen Charakter des Gymnasiums zu Konitz zu andern, besteht nicht. Im übrigen kann ich die Verhältnisse nicht übersehen; ich will aber prüfen, ob die Räume ausreichen, Parallel⸗ lassen einzurichten.
, Abg. Brandenburg (Centr.) dankt dem Minister dafür, daß seine früheren Beschwerden über die Verhältnisse des Gymnasium Georgianum in Lingen abgestellt worden seien.
Abg. Dr. Haniel (freicons.) dankt dem Minister für die Ver⸗ satlichang des Gymnasiums in Mörs und spricht die Hoffnung aus, daß das Gymnasium in seiner jetzigen Gestalt erhalten bleiben möge. d Minister der geistlichen zc. Angelegenheiten Dr. Bosse erklärt, aß eine Absicht, das Gymnasium zu verkleinern, nicht bestehe.
Abg. Dasbach (Centr.) greift auf die gestrige Verhandlung zurück und führt aus, daß, auch wenn man die Schülerzahl, nicht die Bevölkerungszahl, zu Grunde lege, in der Provinz Posen die Zahl der katholischen Lehrer nicht genügend sei, um eine Parität herzustellen. Redner verweist auf Tremessen, Nakel, Fraustadt, Kempen u. s. w. und spricht die Hoffnung aus, daß der Minister sein Versprechen, die Parität einzuführen, überall einlösen werde.
Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Bosse: Ich bin dem Provin ale Schuleollgium in Posen das Zeugniß schuldig, daß es sich bemüht hat, die Parität möglichst aufrecht zu erhalten. Aber so weit kann man nicht gehen, daß man die Schülerzahlen bis auf die Decimalstellen berücksichtigt. Die Zahl der Kinder der verschiedenen Confessionen wechselt sehr oft und manchmal findet man auch für die Stellen, die gerade vacant sind, keinen Bewerber der betreffenden eh Soweit dies der Fall ist, wird die Parität gewahrt bleiben.
Abg. Im Walle (Centr.) beantragt, die Uebernahme des Gym nasiums in Trier auf den Staat abzulehnen.
Abg. Christen (freicons.) widerspricht diesem Antrage.
Wirklicher Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Schneider weist nach, daß in Volksschulen die katholischen Kinder zum größten Theile von katholischen Lehrern unterrichtet würden.
Abg. Vopelius f(freicons.) spricht sich gegen den Antrag Im Walle aus, weil der Staat, wenn er jetzt die Schule nicht übernehme, später eine neue Anstalt werde gründen müssen; denn die Stadt Trier sei nicht mehr im stande, die Schule zu halten.
Abg. Sch melzer (nl.): Ich bestehe nicht darauf, daß an pari⸗ tätischen Anstalten die Zahl der Lehrer der verschiedenen Confessionen im Verhältniß zur Zahl der Kinder dieser Confessionen steht. Aber wohin soll es erst führen, wenn man dabei auch noch auf die Con⸗ fession der Frau des Lehrers Rücksicht nehmen soll! Uebrigens be⸗ finden sich an vorwiegend evangelischen Anstalten ebenfalls vorwiegend katholische Lehrer; in Wiesbaden sind z. B. der Director und die Meeberahl der Lehrer katholisch, während die Kinder vorwiegend evan⸗ gelisch sind.
1 Aug. Dr. von Jazdzewski (Pole) bedauert, daß Gymnasien, die bestimmungsmäßig katholisch seien, von Evangelischen so stark be⸗ sucht würden, daß dadurch der Charakter der Anstalt verändert werde; auffallend sei es, daß auf evangelischen Gymnasien die Zahl der katho⸗ lischen Schüler eine sehr viel geringere sei.
Abg. Im Walle (Centr.) begründet seinen Antrag damit, daß er ücht annehmen könne, daß das Gymnasium in Trier einen Zuwachs an 5 hb finden werde, während überall eine Abnahme festgestellt verde.
Wirklicher Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. spricht sich gegen den Antrag aus.
Der Titel wird unverändert gegen die Stimmen der Polen und des Centrums bewilligt.
Bei Titel 3: Zuschuß für die vom Stgat und von anderen gemeinschaftlich zu unterhaͤltenden Anstalten, spricht Abg. Sombart (nl.) den Wunsch aus, daß für die Gewerbe⸗ schulen etwas mehr geschehen möge; er erkenne dankbar an, daß für die Ober⸗Realschulen vermehrte Staatsmittel aufgewendet würden. Ein Fehler sei es aber, daß für die Schüler, die einen technischen Beruf ergreifen wollten, keine gewerbliche Mittelschule vorhanden sei. Die Schüler müssen jetzt als Hospitanten auf die Technische Hoch⸗ schule gehen, deren Besuch eine größere wissenschaftliche Vorbildung erfordert, oder die Schüler gehen nach Mittweida in Sachsen, wo über tausend Schüler vorhanden sind. Auch über einen Mangel an Baugewerkschulen wird geklagt; über 1600 Schüler sind zurückgewiesen worden. In dieser Beziehung wird wohl nicht eher Wandel ge⸗ schaffen werden, als bis die Gewerbeschulen auf das Handels⸗ Ministerium übertragen sind.
Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Wehrenpfennig: Die Unterrichtsverwaltung ist jeder Zeit bereit gewesen, die Schulen auf das Handels⸗Ministerium zu übertragen; wenn der Handels⸗Minister etwas mehr Mittel zur besseren Gestaltung der Dinge in die Hand bekommen kann, wird er sich auch der Uebertragung nicht widersetzen.
Der Titel wird genehmigt. (Schluß des Blattes.)
Stauder
— Bei der Reichstags⸗Ersatzwahl im Wahlkreise Liegnitz⸗Haynau⸗Goldberg sind nach einer Meldung des „W. T. B.“ bis heute Vormittag gezählt: für Jungfer (freisinnig) 10 355 Stimmen, für Hertwig (yAntisemit) 5999 Stimmen, für Kühn (Socialdemokrat) 4931 Stimmen, für Graf Rothkirch (conservativ) 1302 Stimmen. Eine Stichwahl zwischen Jungfer und Hertwig gilt als sicher.
— In der Reichstagscommission zur Berathung des Gesetzes gegen den Verrath militärischer Geheimnisse wurden heute die §§ 2 und 3 der Vorlage erledigt. In § 2, welcher Gefängniß nicht unter drei Monaten dem androht, der rechtswidrig Gegenstände oder Nachrichten, deren Geheimhaltung im Inter⸗ esse der Landesvertheidigung erforderlich ist, in den Besitz oder zur Kenntniß eines anderen bringt, wurde das Requisit des Vorsatzes noch als erforderlich eingefügt und auch der Versuch als strafbar hingestellt. § 3, der die Beschaffung der in den §§ 1 und 2 bezeichneten Gegenstände u. s. w. zum Zwecke der Gefährdung der Sicherheit des Deutschen Reichs mit Zuchthaus bis zehn Jahren bedroht, blieb unverändert.
Nr. 7 des „Centralblatts der Bauverwaltung“, herausgegeben im Ministeriumderöffentlichen Arbeiten, vom 18 Februar, hat folgenden Inhalt: Landhaus Ebeling in Wannsee. — Raumberechnung für Bibliotheken. — Das Cylinderwehr. — Vereinfachter Schnebel'scher Weichenverschluß. — Vermischtes: Hoch⸗ wasser⸗Ausschuß in Preußen. — Preisbewerbung für ein Grabdenkmal in Darmstadt. — Ehrenbezeigung. — Technische Hochschule in Berlin. — Technische Hochschule in Dresden. — Aenderung der deutschen Maß⸗ und Gewichts⸗Ordnung. — Versuche über Feuerbeständigkeit von Constructionen. — Brückenverstärkungen. Uebelriechende Schornsteine. — Kollergang⸗-Mörtel. — Ein Denkmal für William Penn. — Ueber eine Versuchsschiene von 335 m Länge.
“ 8
1
Entscheidungen des Reichsgerichts.
Ein kaufmännischer Agent, welcher einer Handlung Kunden
zu ührt und dafür eine Provision von den mit diesen Kunden ab⸗
geschlossenen Gesch äften bezieht, ist, nach einem Urtheil des Reichs⸗ erichts, I. Crätenat⸗ vom 9. November 1892, S die reditwürdigkeit dieser Kunden zu prüfen, und der Handlung darüber wahrheitsgemäßen Bericht zu erstatten, gleichviel, ob der Agent die Handlung an einem auswärtigen Platz förmlich vertritt oder an einem großen Handelsplatz, dem I Niederlassung der Handlung, ohne ausdrückliche Be⸗ stellung zum Agenten, also ohne vorhergehenden Auftrag, der Handlun unden zuführt. Dieser Verpflichtung genügt der Agent dadurch nicht, daß er bei der ersten Zuführung des Kunden wahrheitsgemäßen Bericht über dessen Creditwürdigkeit erstattet, sondern er hat bei Vermittelung späterer Geschäfte mit dem Kunden, sobald er über die Creditwürdigkeit desselben anderer Meinung wird, dies sofort seiner Handlung zu berichten, widrigenfalls er für die aus den fortgesetzten Geschäftsabst 88. erwachsenden Verluste der Handlung so lange haftet, bis die Handlung nachweislich von anderer Seite über die Creditwürdigkeit des Kunden Bedenken e theilungen erhalten hat.
— Die Verpachtung eines beschlagnahmten Anwesens unter Verschweigung der Beschlagnahme ist, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, I. Strafsenats, vom 24. November 1892, nicht als Betrug zu bestrafen, wenn demnächst die Beschlagnahme wieder aufgehoben wird und so dem Pächter der Genuß des Pacht⸗ gegenstandes thatsächlich nicht verkürzt worden ist.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗
Maßregeln.
Der Gesundheitsstand in Berlin war in der Woche vom 5. bis 11. Februar ein guter und, die Sterblichkeit eine niedrige (von je 1000 Einwohnern starben, aufs Jahr berechnet, 17,5). — Unter den Todesursachen kamen zwar acute Entzündungen der Athmungsorgane in großer Zahl zur ärztlichen Beobachtung, der Verlauf war aber in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle ein milder. Auch Erkrankungen an epidemischer Grippe gelangten mehrfach zur Behandlung, desgleichen wurde aus der der Berichtswoche vorhergegangenen Woche 1 Todesfall an Grippe gemeldet. In mäßiger Zahl zeigten sich acute Darmkrankheiten unter kleinen Kindern und führten in fast gleicher Zahl wie in der Vorwoche zum Tode. Die Betheiligung des Säuglingsalters an der Gesammtsterblichkeit blieb eine kleine. Von je 10 000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 50 Säuglinge. — Von den Infectionskrankheiten kamen Erkrankungen an Masern, Scharlach und Diphtherie in wenig gegen die Vorwoche gesteigerter Zahl zur Anzeige, und zwar veensete letztere aus dem Stralauer Viertel, der Rosenthaler Vorstadt und aus Moabit am häufigsten zur Meldung. Erkrankungen an Unter⸗ leibstyphus blieben vereinzelt; weitere Erkrankungen an Pocken sind nicht gemeldet worden. Etwas abgenommen haben rosenartige Ent⸗ zündungen des Zellgewebes der Haut, sowie Erkrankungen an Kindbett⸗ fieber. Zahlreich waren dagegen Erkrankungen an Keuchhusten, die auch in ansehnlich gesteigerter Zahl (in 20 Fällen) tödtlich endeten. Das Vorkommen von rheumatischen Beschwerden aller Art zeigte gegen die Vorwoche keine wesentliche Veränderuulg.
Theater und Musik.
— Königliches Opernhaus. .
Die gestrige Vorstellung im Königlichen Opernhause war auf
Allerhöchsten Befehl zum Besten des unter dem Protectorat Ihrer Majestät der Kaiserin stehenden Vereins „Frauenhilfe für Armen⸗ Krankenpflege“ veranstaltet. Einen besonderen Reiz übte sie durch das erste Auftreten Mascagni's als Dirigenten in der von ihm com⸗ ponirten Oper „Cavalleria rusticana“ aus. Dieser Umstand im Verein mit dem Zweck, für welchen die Majestäten Allerhöchstselbst die Wohlthätigkeit angerufen hatten, hatte trotz 8979 erhöhter Preise das Haus bis auf den letzten Platz gefüllt. Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin zeichneten die Vorstellung durch Ihre Gegenwart aus und hatten in der mittleren Prosceniums⸗Loge Platz genommen; außerdem wohnten in der Königlichen Prosceniums⸗ Loge Ihre Königlichen Hoheiten der Erbgroßherzog und die Erbgroß⸗ herzogin von Baden sowie Seine Hoheit der Erbprinz von Sacgsen⸗ Meiningen der Vorstellung bei. Nach Mozart's Schaͤferspiel „Bastien und Bastienne“, in dem Herr Krolop, Herr Philipp und Fräulein Weitz mitwirkten, betrat Herr Mascagni, von dem Publikum sym⸗ pathisch begrüßt, das Dirigentenpult, um die „Gavalleria rusticana“ zu dirigiren. Seine Einwirkung besonders auf das Orchester und den Chor war unverkennbar. Oft nahm er die Tempi langsamer, als wir es bisher gewohnt waren, so insbesondere im „Intermezzo“, das auf Verlangen wiederholt wurde; auch sonst trat eine gewisse Mäßigung und Dämpfung in der Orchester⸗ führung hervor, während manche bedeutenderen und für den Gang der Handlung wichtigeren Momente sich schärfer hervorhoben. Der erste Chor der Frauen wurde in der ersten Strophe hinter den Coulissen gesungen; der Kirchenchor erhielt eine zweckmäßige Theilung, indem der erste Theil allein hinter den Coulissen, d. h. in der Kirche, gefungen wurde, während der auf der Bühne stehende Chor zuhörte und erst im zweiten Theil den Gesang aufnahm. Die mitwirkenden Künstler setzten ihre ganze Kraft ein, um das eigenartige Werk zu vollendeter Darstellung zu bringen. Herr Sylva (Turiddu) war vorzüglich bei Stimme und trug insbesondere die „Siziliana“ bei geschlossenem Vorhang wahrhaft unübertrefflich vor; auch Herr Bulß (Alfio), Fräulein Dietrich (Lola), Frau Pierson (Santuzza) und Frau Lammert (Lucia) entledigten sich ihrer Aufgaben aufs wirksamste. Nachdem der Vor⸗ hang gefallen war, entstand mimitenlanges Beifallsklatschen, das den Dirigenten⸗Componisten, der erst von seinem Platze aus gedankt hatte, veranlaßte, sich auf die Bühne zu begeben, und ihn dort sechsmal vor den Vorhang führte. Den Schluß der Vorstellung bi Aufführung des Tanzbildes „Slavische Brautwerbung.
W b Sing⸗Akademie.
Zwei Concertsängerinnen; Frau Mathilde von Barnekow (Alt) und Fräulein Lilli Marsala (Sopran), deren künstlerische Leistungen bereits vortheilhaft bekannt sind, hatten sich gestorn zu einem Concert vereinigt, welches zahlreich besucht war. Die Altistin gebietet über eine sehr wohlklingende und gut geschulte Stimme. Deutliche Aussprache und Reinheit der Intonation lassen nichts zu wünschen, auch ist die Vortragsweise eine verständnißvolle und lebendige. Diese Vorzüge traten in dem Liede „Abendreih'n“ von Reinecke und in dem aus sechs Gesängen bestehenden Cyklus von Jensen „Dolorosa“ ganz besonders wirksam hervor. Allen ihren Liedervorträgen sowie den mit Fräulein Marsala gesungenen Duetten wurde reicher Beifall zu theil. Die Sopranistin fen mehrere Lieder von Wagner, Schubert, Schumann, Brahms und andern. vs gut ausgebildete und liebliche Stimme sowie die anmuthige Art des Vortrags kamen vortrefflich zur Geltung. Der Hosfpianist Herr G. Liebling, der das Concert unterstützte, erfreute durch den gleich⸗ falls mit lebhaftem Beifall aufgenommenen Vortrag einiger Klavier⸗ stücke von Chopin und Liszt.
6 Saal Bechstein. Die Concertsängerin Fräulein Leopoldine von Spira, ünte Leitung der Frau Fahncann ausgebildet, gab gestern in Gemeinschaft mit der Pianistin Fräulein Minette Wegmann ein Concert, das die letztere mit Beethoven’s großer Sonate (appassionata) eröffnete. Der völlig unmusikalische Vortrag und die mangelhafte Te⸗ nik, die sie auch in Stücken von Chopin und Liszt erkennen ließ, be⸗ Echtigten nicht zu einem öffentlichen Auftreten. Eines glänzenden Erfo se hatte sich dagegen die Sängerin zu erfreuen, die mit sehr klangvoller wohlgeschulter Stimme und mit warm empfindender Ausdrucksweise Lieder von Beethoven, Cornelius, Haydn, Gounod und anderen zu Gehör brachte. Das „Frühlingslied“ von Gounod wurde wiederholt, auch fügte die Künstlerin nach dem Vor⸗ trag des „Winterliedes“ von H. von Koß noch chumann’'s „Widmung“ hinzu. Das zahlreich erschienene Publikum spendete allen ihren Vorträgen reiche Beifallsbezeugungen.
Pietro Mascagni wurde gestern nach Beendigung de „Cavalleria rusticana“ im ega glichen S Sen 888 General⸗Intendanten hrasen Hochberg einer Majestät dem Kaiser vorgestellt, Allerhöchstwelcher dem gefeierten Com onisten unter Ausdrücken schmfichen aftester Anerkennung den Kronen⸗ Orden dritter Klasse überreichte. Alsdann hatte Mascagni auch noch die Ehre, Ihrer Majestat der Kaiserin vor⸗ estellt zu werden. — Seine Mazestät der Kaiser ließ durch den Grafen Hochberg auch sämmtlichen Mitwirkenden Seine . Peg An⸗ erkennung ausdrücken. In der Freitagsvorstellung des „Waffenschmied“ singt Se. Deppe zum ersten Mal die Rolle der Marie.
Neben Frau Nevada, die als Lucia am Freitag im Kroll' chen Theater ihre zweite Gastrolle giebt, ist die Besetzung der Oper „Lucig von Lammermoor“ in den Hauptrollen die folgende: Edgardo Herr Pandolfini, Bidebend Herr Mayan; alle anderen Partien werden von einheimischen Mitgliedern in italienischer Sprache gesungen.