h 8 „ denn es geht auch nicht immer ohne eine Verletzung der Personen ab — die Straße und gehen wo anders hin. Dann hat man in Afrika den Ausdruck: die Straße ist todt; und das gilt im vollsten Sinne des Wortes. Ist die eine Straße todt, so wendet sich die Karawane des nächsten Jahres oder die nachkommenden Kara⸗ wanen nach einer anderen Straße, und so wird ein Theil nach dem anderen todt gemacht. Dagegen giebt es nur Ein Mittel, aber auch dieses Mittel ist kostspielig, ist langwierig und kann nur unter Mit⸗ wirkung des Gouvernements und seiner Truppen in Scene gesetzt werden. Das ist, statt der großen Karawanen kleine Karawanen zu nehmen. Wenn es gelingen sollte, solche Karawanen von 1000 Mann in Karawanen von 200 Mann zu theilen, so ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß eine solche kleine Karawane ihren Unterhalt an den Etappenplätzen findet, wenn das Gouvernement entsprechende Einrichtungen getroffen hat. Es würde dazu erforderlich sein, eine Art Karawanserei auf den Etappen anzulegen, diese mit Lebensmitteln und einer Garnison zu versehen und nun dahin zu wirken und mit Gewalt dahin zu wirken, daß die Karawane nur an diesen Etappen übernachtet, und daß die Führer das, was sie da entnehmen, „bezahlen. In einer Welt aber, wie Afrika, solch ein System ein⸗ zuführen, ist schwer. Da nützt keine Publication im „Reichs⸗Anzeiger“ und den Amtsblättern (Heiterkeit), daß so verfahren werden soll; sondern es würden die eingeborenen Karawanenführer nach wie vor an dem alten System so lange kleben, bis sie eben durch Schaden belehrt würden, daß es in der hergebrachten Weise nicht mehr geht. Es wird also, wenn man zu diesem System übergehen will, — und ich glaube, daß das räthlich sein wird, unbeschadet der Hoffnung, zu einer Eisenbahn zu kommen — der Versuch zu machen sein, an die Stelle von großen Karawanen kleine zu setzen. Aber immerhin werden Jahre vergehen, und das, was dazu nöthig ist, wird vielleicht auch den Reichstag noch in Anspruch nehmen, jedenfalls die Kräfte unserer Schutztruppe und unserer Beamten in Afrika.
Der Herr Vorredner hat dann getadelt, daß wir unsere Colonien differentiell behandeln. Ich kann ihm zu meiner Freude darauf erwidern, daß dem Zollausschuß des Bundesraths bereits ein Antrag vorliegt, der dahin geht, unseren Cblonien die Stellung der Meist⸗ begünstigten in Bezug auf die Zölle zuzuweisen. (Bravo! bei den Nationalliberalen.)
Er hat endlich auch unsere Ausfuhrzölle getadelt, und ich gebe ihm darin vollkommen Recht: wir würden uns weit schneller in Ost⸗ Afrika entwickeln, wenn wir nicht in der Nothwendigkeit wären, Aus⸗ fuhrzölle zu erheben: vor der Hand aber sind wir gezwungen, einen. Theil unserer Verwaltungskosten aus diesen Ausfuhrzöllen zu decken. Wollten wir sie fallen lassen, so würde die Voraussetzung sein, daß der Reichstag den Entschluß fasse, eine höhere Summe zur Unter⸗ haltung von Ost⸗Afrika beizutragen als bisher. (Zustimmung rechts. Widerspruch links.) —
Nach der Auffassung, die ich bis dahin gefunden habe, würde ich Anstand nehmen, namens der verbündeten Regierungen einen bezüg⸗ lichen Antrag zu stellen, sondern würde vorziehen, dies einem Mit⸗ glied des Hauses, vielleicht dem Herrn Vorredner zu überlassen. (Heiterkeit.)
Abg. Dr. Bamberger (dfr.): Ich bin im ganzen mit dem Reichskanzler einverstanden. Im einzelnen will ich ihm nicht wider⸗ sprechen, weil man das wieder als Lust am Neinsagen auslegen würde, noch auch ihm zustimmen, da ihm das von freisinniger Seite bekannt⸗ lich unangenehm ist. Auch ich muß durchaus für Herrn von Soden eintreten, den die Presse, wenigstens nicht angegriffen hat. Gegen den Abg. Oechelhäuser muß ich dabei verharren, daß die Be⸗ wegung für die Colonialpolitik in eutschland lange keine so tief⸗ ehende war, als er es noch heute dargestellt hat. In Wahrheit war sie nur die Revanche für die Ablehnung der Samoavorlage 1880, welche der Fürst Bismarck nicht verschmerzen konnte. Zuerst be⸗ scheerte uns 1884 diese Revanche die Dampfer⸗Subventions⸗ vorlage, zu deren Vertheidigung der Reichskanzler nach langen Jahren wieder zum ersten Male in einer Commission er⸗ schien. Wir können zufrieden sein, daß im letzten Jahre kein neues Unglück in Ost⸗Afrika geschehen ist. Auch heute hat man uns wieder die Kaffeeplantagen, die Versuche mit Baumwolle und Taback vorgeführt. Es wird aber nicht hinzugesetzt, daß nicht die Ge⸗ sellschaft, sondern das Reich für diese Versuche aufkommt und daß es andere deutsche Interessen, als die der deutschen Ost⸗Afrikagesellschaft in Ost⸗Afrika nicht giebt. Die Gesellschaft ist der einzige Benefiziant alles dessen, was das Reich für Ost⸗Afrika thut. Unter diesen Um⸗ ständen ist es sehr billig, von Fortschritten der Thätigkeit der Gesell⸗ schaft zu sprechen. Einen wirklichen Vortheil hat die Compagnie bei ihren Transactionen nur aus der Verausgabung unterwerthiger Münzen gezogen. Wenn die Gesellschaft die Aufhebung der Aus⸗ fuhrzölle wünscht, so hat sie auch Vorschläge für die Deckung zu machen. Dieses ist aber nicht geschehen; sie beschränkt sich darauf, ihren Wunschzettel dem Reichskanzler einzureichen, unbekümmert darum, daß das Reich für seine Schutzgebiete noch mehr Opfer bringen muͤßte; eine Zumuthung, die der Reichskanzler in richtiger Würdigung der Stimmung des Reichstags zurückgewiesen hat. Sie verlangt ferner die Verstärkung der Garnisonen, d. h. die Verstärkung der Schutztruppe. Auch diese würde nur der Gesellschaft zu Gute kommen, aber dem Reich nur neue Opfer auferlegen. Daß die Idee, für den Major von Wissmann einen Dampfer zu stiften, mit dem er die großen Seen befahren könnte, eine Illusion gewesen ist, müssen jetzt auch der Abg. Oechelhäuser und seine Parteigenossen zugeben. Ebenso wird es mit der Idee der Eisenbahn gehen, und auch der Hin⸗ weis auf die Engländer wird nicht mehr ziehen, nachdem man gesehen hat, daß es mit dem gefürchteten Lewis, der mit seinen Millionen nur darauf zu warten schien, Lüderitzland in die Tasche zu stecken, auch nichts war. Die Furcht vor der englischen Uganda⸗Compagnie hat eine eigenthümliche Aehnlichkeit mit der vor diesen Lewis und Carrey.
Abg. Graf Hoensbroech (Centr.): Ernüchterung muß uns in der Colonialpolitik durchaus erwünscht sein; ein Reinigungsprozeß mußte vor sich gehen und ist auch erfolgt. Die Ernüchterung hat uns befreit von unpraktischen und phantastischen Ideen, ist aber keineswegs mit einer Verstimmung und einem Zurückgehen der colonialfreundlichen Neigungen identisch. Uns kommt es vor allem auf das Interesse der Erhaltung und Ausbreitung des Christenthums an; dieses actuelle Interesse muß bei der ganzen Betrachtung umsomehr im Vordergrunde stehen, als die Missionen auch der wirthschaftlichen Erschließung der Colonien erfolgreich vorarbeiten und auch eine bhervorragende Be⸗ deutung für unsere Schutztruppe und deren Offiziere haben. In ihrem Einfluß und ihrer Bedeutung ist den Missionen Abbruch dadurch ge⸗ than worden, daß sie zur Schlichtung von Streitigkeiten unter den Eingeborenen im Gebiete von Deutsch⸗Ostafrika nicht mehr zuständig sind, die betreffenden Parteien vielmehr an die Verwaltung nach der Küste geschickt werden. Für Tabora muß auch im Interesse der Missionsthätigkeit eine Verstärkung der Garnison fü E. werden.
Die Mittel zur Sicherstellung der Missionsstationen sollte Deutschland nach dem Muster anderer Nationen ebenfalls übernehmen.
Abg. Graf Arnim (Rp.): Der Reichskanzler hat Herrn von Soden in Schutz genommen. Ich will ihn auch nicht zum Gegen⸗ stande von Angriffen machen, umsoweniger, als ich nicht Gelegenheit hatte, wie der Geheime Legations⸗Rath Dr. Kavser, mich an Ort und Stelle umzusehen. Aber es sind mir doch Klagen darüber zu⸗ gegangen, daß er den „morbus decreticus“ hatte, daß er die alten Afrikaner falsch behandelte und dergleichen. Auch steht fest, daß er
auf der Reise ins Innere nicht genug Bedeckung mitgab. Die Verstärkung der Besatzungen der Stationen, die Erneuerung des Geschützmaterials ist nothwendig. Die Stationen müssen erweitert werden, aber nicht zu Zwing⸗Uris, sondern zu Culturstationen. Es müssen bei jeder Station Planpvitr⸗ angestellt werden, welche Sämereien zu Versuchszwecken verwenden und eventuell die Eingeborenen zu der Verwendung anleiten. Im weiteren bespricht der Redner die Aussichten für eine umfassende Kaffeeproduction in Ost⸗Afrika und deren Nutzen für das Mutterland. Deutschland beziehe jährlich für 1 ½ Milliarden Mark Kaffee und könne diese Summe später eventuell gegen seine Producte „in deutschem Colonialkaffee anlegen. Im Reichstag ist allgemein, mit Ausnahme der Linken, Neigung vorhanden, die Aufwendung des Reichs⸗Etats für Ost⸗Afrika zu verstärken, wie es auch der Colonialrath einstimmig ewünscht hat. In welcher Form diese Wünsche erfüllt werden sollen, teht noch nicht fest. Vielleicht kommt der Gouverneur, wenn er nicht zu stricte Ordre hat, mit seinem Etat auszukommen, selbst zu der Ueberzeugung, daß höhere Mittel nothwendig sind; dann ist die Sache am besten durch einen Nachtrags⸗Etat zu erledigen. 1
Abg. Oechelhäuser (nl.) erklärt, daß er nicht die Aufhebung der Ausfuhrzölle, sondern eine Revision des Tarifs angeregt hat.
Nach einer kurzen Bemerkung des Abg. Samhammer, der darauf verweist, daß das System der Requisitionen nicht bloß beim Karawanenhandel unumgänglich sei, sondern auch von civilisirten Völkern in Nothfällen ergriffen werden
müsse, wird die Forderung bewilligt. Ohne Debatte werden die Einnahmen des Auswärtigen Amts genehmigt. Um 4 ¼l Uhr wird die Sitzung vertagt.
“
Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten 43. Sitzung vom 2. März. Die zweite Berathung des Staatshaushalts⸗ Etats für 1893/94 und zwar des Etats der Eisenbahn⸗ verwaltung wird fortgesetzt.
Ueber den Beginn der Sitzung ist bereits in der Nummer vom Donnerstag berichtet worden. Wir tragen hier nur die von dem Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen während dieses Theils der Berathung gehaltenen Reden im Wort⸗ laut nach.
Auf den von dem Abg. Dr. Ritter (freicons.) ausge⸗ sprochenen Wunsch um vermehrte Verwendung eiserner Schwellen erwiderte der Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:
Zunächst möchte ich dem Herrn Abg. Dr. Ritter erwidern, daß die eisernen Schwellen in vielen Directionsbezirken des Staats⸗ eisenbahngebiets bereits jetzt in sehr großem Umfange angewendet
werden. Wir haben Directionsbezirke, namentlich im Westen, in
denen schon heute die eiserne Schwelle die hölzerne Schwelle weit überwiegt, namentlich im Eisenbahndirectionsbezirk Elberfeld und im Eisenbahndirectionsbezirk Köln (linksrheinisch). Ich habe seiner Zeit bei Berathung des Antrags des Grafen Kanitz die Gründe auseinander⸗ gesetzt, welche einer allgemeinen Anwendung der Eisenschwelle ent⸗ gegenstehen, und brauche heute auf diese Gründe wohl nicht weiter zurückzugreifen.
Es ist ferner von dem Herrn Berichterstatter ausgeführt worden, daß die Staatseisenbahnverwaltung gerade mit Rücksicht auf die gedrängte Lage der Eisenindustrie beabsichtigt, in diesem Jahre in stärkerem Maße eiserne Schwellen zu verwenden, als dies früher der Fall gewesen ist, und daß ich aus diesem Grunde in Verhandlungen getreten bin mit den betreffenden Walzwerken. Meine Herren, ich kann heute sagen, daß die Verhandlungen zu einem Punkt gediehen sind, der ihren Abschluß in den nächsten Tagen erwarten läßt, einen Abschluß, der hoffentlich für beide Theile ein be⸗ friedigendes Ergebniß haben wird und der, wenn er wie diesseits vor⸗ geschlagen, zu stande kommt, die Eisenbahnverwaltung in den Stand setzen würde, auf weitere Fristen hin den Walzwerken größere Be⸗ stellungen zu geben.
Wenn der Herr Abg. Dr. Ritter die Besorgniß ausgesprochen hat, daß vielleicht Sparsamkeitsrücksichten die Staatseisenbahnverwal⸗ tung veranlaßt hätten, in diesem Jahre mit der Bestellung des Materials zurückzuhalten — also auch zurückzuhalten mit der Unter⸗ haltung und Erneuerung des Oberbaues, denn nur diese findet sich im Etat vorgesehen —, so möchte ich bemerken, daß im Jahre 1890/91 nach dem Etat umgebaut werden sollten 1152 km, 1891/92 1383 km, 1892/93 1714 km und 1893/94 1668 km. Die in dem Etat vor⸗ gesehene Anzahl von Kilometern für den Umbau und das darauf be⸗ rechnete Oberbaumaterial beruhen lediglich auf den sorgfältigen Er⸗ mittelungen des wirklichen Bedarfs, Ersparnißrücksichten haben dabei nicht einschränkend gewirkt. Denn, meine Herren, bezüglich der Er⸗ neuerung und Erhaltung des Oberbaues können wir solche Ersparniß⸗ rücksichten nicht gelten lassen; es sind da die Sicherheitsrücksichten und auch die wirthschaftlichen Rücksichten durchschlagend.
Wenn vorhin der Herr Abg. Ritter es auffallend gefunden hat, daß die Dauer der Holzschwellen ebenso hoch seitens der Staats⸗ eisenbahnverwaltung veranschlagt wird wie die Dauer der Eisen⸗ schwellen, so ist das für die Vergangenheit richtig, und zwar sowohl bezüglich der eichenen Schwellen als auch bezüglich der kiefernen Schwellen im Durchschnitt gerechnet. Es muß allerdings dabei berück⸗ sichtigt werden, daß wir in der Vergangenheit vielfach für die Eisen⸗ schwellen zu leichte und auch theilweise unzweckmäßige Profile gewählt haben; infolge dessen ist die Lebensdauer der Schwellen verhältniß⸗ mäßig kurz gewesen. Wir sind schon seit einigen Jahren zu Eisen⸗ schwellen von stärkerem Profil übergegangen und dürfen mit Sicherheit erwarten, daß die Dauer der eisernen Schwellen wesentlich erhöht wird. Ebenso ist es auch mit den Schienen; auch bezüglich der Schienen müssen wir allmählich zu schwereren Profilen für die mit starken Verkehr belasteten Strecken übergehen. Es ist das ein Vorgehen, das natürlicher Weise von den Herren, die die Schienen liefern, durchaus gebilligt wird.
Herr Abg. Dr. Ritter hat dann endlich in Anregung gebracht, ob es nicht zweckmäßig sein möchte, daß die Staatseiseubahnver⸗ waltung die augenblickliche Conjunctur sehr niedriger Preise dazu benutzt, um sich größere⸗Vorräthe für den Oberbau zu verschaffen. Meine Herren, größere Vorräthe hinzulegen in diesem Material, würde, glaube ich, wirthschaftlich nicht richtig sein. Abgesehen von den sehr erheblichen Zinsverlusten, die das Material doch vielleicht recht theuer machen könnten, würde auch das Material entschieden durch die Aufstapelung leiden; denn die Schiene leidet nicht bloß durch das Befahrenwerden, sondern sie leidet auch in nicht unerheb⸗
wenn der Abschluß mit den Walzwerken zu stande würden wir in der Lage sein — und das betrachte ich stets als das für beide Theile Wünschens⸗ und Erstrebenswertheste —, der Industrie regelmäßige Arbeit für die nächste Zukunft zuzuwenden. Nichts ist auch nach meiner Ansicht für beide Theile verderblicher, als ein jäher Wechsel zwischen großen und kleinen Bestellungen. Das treibt die Preise in die Höhe, das veranlaßt die Industrie, ihre An⸗ lagen zu vergrößern, Arbeiter anzunehmen; und wenn dann plötzlich der Rückschlag kommt, so entstehen daraus nach allen Richtungen hin sehr unbefriedigende Zustände. Ich glaube und hoffe daher, daß wir auch bezüglich der Schwellenlieferungen wie in vielen ähnlichen Fragen mit der Eisenindustrie Hand in Hand gehen können, und daß
dabei die beiderseitigen Interessen werden vollauf berücksichtigt werden
können.
Dem Abg. Fuchs (Centr.) entgegnete auf dessen Anfrage
über die Herabsetzung der Löhne der Arbeiter der Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:
Meine Herren! Nach den Ausführungen des Herrn Abg. Fuchs önnte es den Anschein gewinnen, als ob der Minister der öffentlichen Arbeiten einen Erlaß herausgegeben hätte, nach dem die Arbeitslöhne. um 10 % zu reduciren seien. Daß das nicht der Fall ist, brauche ich wohl kaum zu versichern; dahingegen habe ich aus eigener Erwägung und aus den Anregungen, die mir im Hause wiederholt zu theil ge⸗ worden sind, — ich brauche nur an die Crörterungen, die hier vor⸗ gestern im Hause gepflogen sind und die zu einer Absetzung von fünf⸗ hunderttausend Mark in dem betreffenden Etatstitel geführt haben, zu erinnern, — Veranlassung genommen, die Provinzialbehörden an⸗ zuweisen, der Lohnbewegung aufmerksam zu folgen und sich darüber Rechenschaft zu geben, ob die Löhne, die wir in unserem Betriebe zahlen, in richtigem Verhältniß stehen zu den Löhnen, die in verwandten Betrieben, sei es der Industrie, sei es der Landwirthschaft gezahlt werden. Eine weitere Verfügung ist an die Provinzial⸗ behörden nicht ergangen. Nun ist mir bekannt aus einer Beschwerde der Werkstättenarbeiter in Nippes, auf die wahrscheinlich der Herr Abg. Fuchs auch seine Ausführungen gegründet hat, daß in der Werk⸗ stätte Nippes die Accordlöhne von der Königlichen Eisenbahn⸗ direction Köln (linksrheinisch) reducirt sind; in welchem Maße, ist mir nicht bekannt. Es hat auf Grund der Eingabe der Arbeiter eine Prüfung der Verhältnisse in der Central⸗Instanz stattgefunden, und wir haben nach Maßgabe der uns durch die Direction gewordenen sehr genauen Auskunft die Petition als gerechtfertigt nicht anerkennen können, da die Löhne, die für die Arbeiten der Werkstatt Nippes ge⸗ zahlt werden, vollständig in Einklang stehen mit den Löhnen, die in verwandten Industrien in Köln und Umgegend gezahlt werden.
Ich glaube, meine Herren, daß ich mich wohl Ihres Einver⸗ ständnisses im allgemeinen darüber zu erfreuen habe, daß die Staats⸗ eisenbahnverwaltung nicht in dem Sinne eine Ausnahmestellung in ihren Betrieben einzunehmen hat, daß sie sich über die Lohnbewegung in den andern verwandten Betrieben vollständig hinwegsetzt und zu stabilen Sätzen kommt; und ich meine auch, daß die Privatindustrie Las Recht, hat, von der Staatseisenbahnverwaltung zu fordern, daß sie nicht eine derartige Ausnahmestellung ihrerseits einnimmt. (Sehr richtig!) Denn wenn sie das thäte, würde sie die Privatindustrie ganz entschieden schädigen. Meine Herren, die Staatseisenbahnverwaltung hat sich aber stets ihrer Pflicht bewußt gezeigt, daß sie nicht in der
Lohnbewegung, namentlich nicht nach unten, den Anfang zu machen,
sondern daß sie in dieser Beziehung zu folgen hat, und zwar mit Vorsicht, und mit Wohlwollen zu folgen hat, und demgemäß sind die Directionen auch wiederholt meinerseits angewiesen worden. Erfolgt
aber auf Grund des Niedergangs der wirthschaftlichen Lage des Volks
ein allgemeines Sinken der Löhne, so wird sich die Staatseisenbahn⸗ verwaltung nicht entziehen können, diesem Sinken ihrerseits mit Vor⸗ sicht und Wohlwollen zu folgen. 1
Zu den Aeußerungen des Abg. Broemel (dfr.) über das Zuschlagssystem bei einzelnen Schnellzügen und dessen Wunsch auf Herstellung besonderer Güterwagen für den Transport von Hohlglaswaaren bemerkte der Minister der öffentlichen Ar⸗ beiten Thielen:
Meine Herren! Die Erfahrungen, die wir im Laufe der Zeit in Bezug auf die Beförderung der Schnellzüge gemacht haben, mußten es
uns nahe legen, für die Schnellzüge ein Material einzustellen, welches im stande ist, einmal bei der erhöhten Schnelligkeit größere Sicherheit
für den Betrieb zu gewähren, und zweitens auch ein größeres Maß von Annehmlichkeiten denjenigen Reisenden zu bieten, welche auf lange Strecken diese Schnellzüge benutzen. Wir sind dann nach langen Erwägungen zu dem Modell gekommen, welches jetzt Gegenstand der Erörterung ist, und seit einem Jahre ungefähr in den Zügen zwischen Berlin über Hildesheim nach Köln und zwischen Berlin und Frankfurt am Main gefahren wird. Es wird beabsichtigt, allmählich 24 Schnellzug⸗Paare nach diesem Muster einzurichten und auf den verschiedenen großen Verkehrsrouten einzuführen, sowohl im Westen, wie in Mitteldeutschland, wie im Osten. Diejenigen Wagen, welche aus den Mitteln des laufenden Etats beschafft werden konnten, sind bereits bestellt.
Seitens des Herrn Abg. Sander sind einzelne Klagen bezüglich der Einrichtung dieser Wagen hervorgehoben worden: Klagen, die im allgemeinen, wie der Abg. Sander ja selbst gesagt hat, geringfügiger Natur sind. Es ist ganz natürlich, daß, wenn man mit derartigen Neueinrichtungen vorgeht, diese nicht gleich von Anfang an ganz voll⸗
kommen ausfallen, sondern daß hier und da noch nachzubessern ist.
Die Klagen, die der Herr Abg. Sander vorgebracht hat, sind uns auch nicht verborgen geblieben, es wird bei den Neubeschaffungen dar⸗ auf Rücksicht genommen, und auch bei den alten Wagen wird so viel als möglich diesen Klagen abgeholfen werden.
Es wird beabsichtigt, in einzelnen dieser Schnellzüge, für welche nach dem Verkehrsbedürfnisse sich dies als nothwendig zeigt, künftig auch die dritte Klasse einzuführen. Ich muß hier, ergänzend zu den Mittheilungen, die ich gestern gemacht habe, hinzufügen, daß es nicht beabsichtigt wird, auch für die dritte Klasse einen Zuschlag von 2 ℳ zu erheben, sondern nur von 1 ℳ Dagegen sollen diese Zuschläge für jede Strecke erhoben werden, also auch für die Strecke von Berlin nach Potsdam, auch für Retourbillets und für die Rundreisebillets, überhaupt für jegliche Art von Beförderung, auch von denjenigen, die sich im Besitze einer Freikarte befinden, weil dieser Zuschlag das Entgelt für die Belegung und Ausnutzung eines festen Platzes bildet. Eine Complicirung in unserem Billetsystem und in der Expedirung der Personen wird aber dadurch meines Erachtens, wenn überhaupt,
lichem Maße durch die Einflüsse von Luft und Feuchtigkeit. Indessen so doch nur in äußerst eringem Maße herbeigeführt da diese
kommt,“
schlagskarten in der Hauptsache von den Zugführern in den Zügen selbst verkauft werden, also eine neue Fahrkarte damit eigentlich nicht geschaffen wird. Daneben wird auch im Vorverkaufe eine Zuschlags⸗ karte an den Schaltern zu haben sein, wenn ein vor⸗ sichtiger Mann am Tage vorher einen bestimmten Platz belegen will, sei es, daß er lieber rückwärts, oder daß er lieber vorwärts fährt. Die Vorausbestellung kann eben nur auf den Anfangsstationen geschehen. Eine Complicirung des Betriebs erfolgt aus der Einstellung dieser Züge durchaus nicht. Die Züge sind nach ihrer ganzen Einrichtung hauptsächlich für den großen durchgehenden Schnellzug⸗Verkehr be⸗ stimmt. Für diesen wird aber die Herstellung besonderer Betriebs⸗ mittel immer ein Bedürfniß bleiben.
Der Herr Abg. Dr. Broemel hat sich ferner in Unterstützung der Ausführungen des Herrn Abg. Burchardt dafür verwandt, daß für die Hohlglasindustrie in der Niederlausitz seitens der Eisenbahnver⸗ waltung mehr geschehen müsse in der Zuweisung von größeren Wagen, also von Wagen, die es gestatten, 200 Ctr. Hohlglas unterzubringen. Die Frage ist vielfach erörtert worden. Ich habe auf Veranlassung der lebhaften Klagen unserer Hohlglasindustrie namentlich darüber, daß sie im Vergleich zu der Lage der Hohlglasindustrie im benachbarten Königreich Sachsen zu kurz käme, einen Commissar nach der Nieder⸗ lausitz hingeschickt, um die Verhältnisse an Ort und Stelle zu er⸗ mitteln. Das Resultat dieser Untersuchung ist das gewesen, daß wir uns entschlossen haben, eine Zahl von Wagen so mit festen Aufsätzen auszurüsten, daß sie 200 Ctr. Hohlglas fassen. Es hat dies ja auch der Herr Abgeordnete Burchardt bereits errmähnt. Wir haben uns aber bisher nicht entschließen können, besondere Specialwagen dafür zu bauen, weil wir für den Güterverkehr die Vermehrung der Special⸗ wagen als ein Uebel betrachten, welches so lange als möglich zu ver⸗ meiden ist. Wir haben uns aber auch hisher dagegen ge⸗ sträubt, weil das Einstellen größerer als der Normalwagen — nach unserer Auffassung — mit den Normen, auf welchen unsere Tarife beruhen, schwer zu vereinigen ist. Ich glaube, daß wir weitere Entschließungen uns in dieser Beziehung noch vorbehalten müssen auf Grund der Erfahrungen, die wir mit den ausgerüsteten Wagen in der Zukunft machen; es wird auf Grund der Erfahrungen zu untersuchen sein, ob wir ständig so gebaute Wagen im Betrieb be⸗ halten oder ob wir uns zu Aenderungen der Tarife entschließen, die die Ungleichheit welche zur Zeit zwischen unserer und der mit ihr concurrirenden Industrie besteht, einigermaßen auszugleichen im stande sind.
Im weiteren Verlaufe der Berathung empfiehlt sodann bei den Kosten der Vorarbeiten zu neuen Eisenbahnen
Abg. Dr. Ritter (freicons.) die Beschleunigung der Vorarbeiten für die bereits bewilligten Bahnen und befürworter besonders im Inter⸗ esse des Absatzes der niederschlesischen Kohlen die Strecke Striegau⸗ Maltsch, damit die Kohlen schneller den billigeren Wasserweg erreichen können. Ferner empfiehlt er die Vollendung der Strecke Rogasen⸗ Czarnikau.
Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:
Die hier unter der Pos. 19 vorgesehenen Kosten beziehen sich auf die allgemeinen Vermittelungen, die für neue Linien angestellt werden. Die Kosten für die speciellen Vorarbeiten werden aus den betreffenden Bau⸗Etats bestritten.
Nun stehe ich mit dem Herrn Vorredner durchaus auf demselben Standpunkt, daß die gegenwärtigen Verhältnisse es dringend wünschens⸗ werth machen, mit dem Ausbau der bewilligten Nebenbahnen so energisch als thunlich vorzugehen. Leider finden sich aber bei einer ganzen Reihe dieser Nebenbahnen Hindernisse, die zur Zeit noch nicht überwunden werden können, deren Ueberwindung auch außerhalb der Machtsphäre des Ministers liegt. Meinerseits wird angestrebt, gerade für dieses Frühjahr möglichst viele Projecte so zu fördern, daß die wirkliche Arbeitsausführung erfolgen kann.
Was nun speciell die beiden Linien betrifft, welche der Herr Abg. Ritter erwähnt hat, und zwar erstens von Striegau nach Maltsch, so sind die ausführlichen Vorarbeiten fertig und im Ministerium bereits festgestellt. Es ist also mit ziemlicher Sicherheit anzunehmen, daß die Bauausführung bald beginnen wird.
Was zweitens den Bau der Eisenbahn von Rogasen nach Dratzig anbetrifft, so hat der Bauangriff sich sehr lange hingezogen, weil der Abschluß der Verhandlungen mit dem Kreis Filehne sich ver⸗ zögerte. Die Vorarbeiten sind kereits festgestellt, der Entwurf für die Strecken innerhalb des Regierungsbezirks Posen ist schon landes⸗ polizeilich geprüft. Also auch dort wird die Ausführung des Baues in Bälde erfolgen können.
Der Titel wird genehmigt, ebenso der Rest der laufenden Ausgaben.
Unter den einmaligen Ausgaben sind ausgeworfen 2 000 000 ℳ zum Grunderwerbe für die Erweiterung der Eisenbahnanlagen in Hamburg. Die Budgetcoommission beantragt, die Worte „zum Grunderwerbe“ zu streichen.
Abg. Hansen (freicons.) dankt der Regierung dafür, daß sie end⸗ lich die unerträglichen Bahnhofsverhältnisse in Hamburg verbessern wolle.
Abg. Dr. Sattler (nl.): Früher hieß es, daß der Bahnhof in Hamburg 43 Millionen Mark kosten werde; man sagte von Seiten der Regierung, daß man mit weniger auskommen werde. Es ist aber schon von 36 Millionen die Rede gewesen, wozu noch der Beitrag Hamburgs mit ca. 7 Millionen Mark kommen würde.
Abg. Graf Kanitz (cons.): Ich bitte den Minister, nicht eher das Geld zu verwenden, als bis ein fester Vertrag mit Hamburg abgeschlossen ist. Die Kosten eines anderen Projectes sind sogar nu 60 Millionen berechnet. Hamburg müsse mindestens einen angemessenen Beitrag, d. h. die Hälfte der Kosten zahlen. Sonst baue man lieber eine Bahn um Hamburg herum für den durchgehenden Verkehr.
Ninister der öffentlichen Arbeiten Thielen:
Meine Herren! Auf die Anfrage des Herrn Abg. Dr. Sattler erlaube ich mir folgende Mittheilung. Es sind bewilligt durch das Gesetz vom 8. April 1889 15 900 000 ℳ für den Umbau und ander⸗ weite Gestaltung der Bahnhofsanlagen in und bei Hamburg und Altona. Ich bemerke dazu, daß es sich dabei um eine ganze Reihe von Bahnhöfen und Bahnhofsanlagen handelt. Der Bahnheof Altona ist mit dem Bahnhof Hamburg durch eine Verbindungsbahn allerdings verbunden, stellt aber seinem ganzen Charakter nach einen selbständigen Bahnhof für die große Handels⸗ und Industriestadt Altona dar. Es sind ferner bewilligt durch das Gesetz vom 8. Mai 1890 3 100 000 ℳ für den viergleisigen Ausbau der Strecke Wilhelmsburg Hamburg⸗Venloer Bahnhof. Diesen Summen sind hinzuzurechnen die kapitalisirten Zinsen, die wir auf Grund der Staatsverträge mit dem Staat Hamburg für denjenigen Kostenbeitrag zu bezahlen haben, den die Stadt Hamburg für die Herstellung des dritten und vierten Gleises der Verbindungsbahn aufwendet. Die Verbindungsbahn ist
““
nämlich Eigenthum der Stadt Hamburg. Der Staat Hamburg be⸗ ansprucht seinerseits, die Kapitalbeträge zu bezahlen. Die Verzinsung für diese Aufwendung Hamburgs ist mit 7 Millionen kapitalisirt und hier hinzuzurechnen. Der Entwurf, welcher seitens der Eisenbahn⸗ Direction Altona auf Grund der Verhandlungen mit dem Staat Ham⸗ burg aufgestellt worden ist, erfordert einen Kostenaufwand von 17 700 000 ℳ Da es möglich erschien, dieses Project zunächst noch zu beschränken und damit auch die Kosten zu vermeiden, ist dieser Entwurf meiner⸗ seits bis jetzt noch nicht genehmigt, vielmehr die Eisenbahn⸗Direction Altona angewiesen worden, das Project nach verschiedenen ihr von mir bezeichneten Richtungen hin einer Umarbeitung zu unterziehen und darauf hin mit dem Staat Hamburg in weitere Verhandlungen zu treten.
Es ist vom Herrn Grafen Kanitz gefragt worden, ob denn die Leistungen der Stadt Hamburg in angemessenem Verhältnisse zu den Gesammtkosten ständen. Die Frage kann ja verschiedentlich becht⸗ wortet werden, je nachdem man das Verhältniß als ein angemessenes oder nicht angemessenes betrachtet. Herr Graf Kanitz hat es für angemessen gehalten, wenn ungefähr die Hälfte der Kosten von Hamburg be⸗ zahlt wird. Es ist sehr schwer, festzustellen, in wie fern Aus⸗ sicht vorhanden ist, daß dieses vom Herrn Grafen Kanitz als angemessen bezeichnete Verhältniß auf Grund der bisher mit Ham⸗ burg gepflogenen Verhandlungen wird erreicht werden. Diese Ver⸗ handlungen haben bisher zu dem Ergebniß geführt, daß ein baarer Zuschuß des Staats Hamburg von sechs Millionen und daneben die unentgeltliche Hergabe des im Besitz der Stadt Hamburg befindlichen Grund und Bodens erwartet werden kann. Der letztere Posten ist ein sehr erheblicher, dessen ziffermäßige Veranschlagung indessen mit so großen Schwierigkeiten verbunden ist, daß ich Anstand nehmen muß, im gegenwärtigen Augenblick eine bestimmte Ziffer zu nennen. Ich kann nur sagen, daß diese Ziffer voraussichtlich erheblich höher ausfallen wird, als der von Hamburg in Aussicht gestellte Baarbetrag. Wenn man das annimmt, wird man ja immerhin wahrscheinlich noch nicht auf die Hälfte kommen, aber doch, insbesondere wenn Hamburg, wie wir hoffen, sich zu weiteren Opfern entschließt, der Hälfte sich erheblich nähern.
Meine Herren, ich kann meinerseits dem Antrage der Budget⸗ commission nur die dringende Bitte hinzufügen, daß das hohe Haus sich entschließen möge, den geforderten Betrag von zwei Millionen Mark dem Minister der öffentlichen Arbeiten zur Versügung zu stellen. Es ist in der Budgetcommission bereits meinerseits anerkannt worden, daß hier ein einigermaßen außergewöhnlicher Vorgang vorliegt; es sind aber meinerseits auch gleich die Gründe ausgeführt worden, welche dieses außergewöhnliche Vorgehen in diesem Falle nicht nur rechtfertigen, sondern auch im wirthschaftlichen Interesse des Staats nothwendig er⸗ scheinen lassen. Aus diesen Gründen richte ich daher an das Haus die Bitte, über etwaige formelle Bedenken in diesem Falle hinweg⸗ zusehen und der Eisenbahnverwaltung das Vertrauen zu schenken, daß sie die Summe in richtiger Weise anwenden wird.
Abg. Graf zu Limburg⸗Stirum (cons.): Einen angemessenen Betrag kann man ermitteln, wenn man feststellt, womit Preußen sich begnügen könnte, wenn es nur auf seine Interessen bedacht sein würde. Das Interesse Hamburgs geht dahin, den Verkehr nach Schleswig⸗Holstein zu centralisiren. Könnte Hamburg nicht den ganzen Grunderwerb übernehmen, nicht bloß die Gewährung der dem Staat gehörenden Grundstücke?
Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:
Meine Herren! Es ist sehr mißlich, so lange die Verhandlungen mit der Stadt Hamburg noch schweben, hier eine ganz genaue Aus⸗ einandersetzung des preußischen Interesses zu geben. Ich kann nur sagen, daß daß Interesse der preußischen Staatseisenbahnverwaltung nahezu identisch ist mit dem Interesse der Stadt Hamburg. Unsere Anlagen in Hamburg sind derartig, daß sie aus reinen Betriebs⸗ rücksichten unbedingt geändert werden müssen. Wer in Hamburg nur einigermaßen bekannt ist und weiß, unter welchen Schwierigkeiten und Gefahren zur Zeit der Verkehr dort bewältigt werden muß, wird zu der Ueberzeugung gelangen, auch wenn er kein Eisenbahnmann ist, daß das so nicht weiter geht. (Sehr richtig!) Es würde nun auch den Interessen der preußischen Staatseisenbahnverwaltung durchaus nicht entsprechen, wenn wir nun etwa Hamburg links oder rechts liegen ließen und um Hamburg herumgingen, um in unsere holsteinische Linie wieder einzubiegen. Wir sind ge⸗ bunden auch aus Verkehrs⸗ und Betriebsrücksichten an die große Verbindungsbahn, die zwischen dem Venloover Bahnhof und dem Altonaer Bahnhof mitten durch Hamburg führt. Diese Verbindungs⸗ bahn aufzugeben und die Bahnhöfe, die wir nöthig haben zur Be⸗ wältigung unseres Verkehrs, draußen zu suchen, würde, abgesehen von allen anderen Bedenken, ganz außerordentliche hohe Kosten verursachen, Kosten, die bis jetzt allerdings nicht näher festgestellt sind. Ich glaube, mich daher nochmals darauf resümiren zu sollen, daß wir das dringendste Interesse als preußische Staatseisenbahnverwaltung haben, den gegenwärtigen Tractus der Linie innerhalb Hamburg, thunlichst wenig zu ändern, und daß wir zweitens das dringende Interesse haben, möglichst bald die Anlagen der Eisenbahn dort so zu gestalten, daß wir den Verkehr ordnungsmäßig und mit Sicherheit ausführen können.
Abg. Dr. Sattler (nl.): Preußen könnte seine Bedürfnisse auch anderweit befriedigen, jedenfalls sollte es sich mit seinen Geldern nicht eher festlegen, bis die Verpflichtungen Hamburgs festgelegt sind.
Abg. Graf Kanitz (cons.) bittet den Minister, nicht bloß einen bestimmten Beitrag zu den veranschlagten Kosten, sondern auch einen solchen zu den etwaigen Etatsüberschreitungen mit Hambu g zu ver⸗ einbaren.
Der Titel wird genehmigt.
Zum Bezirk der Eisenbahn⸗Direction Berlin bemerkt
Abg. Goldschmidt (dfr.): Einige frühere Eisenbahnarbeiter aus dem Bezirk Berlin haben mir mitgetheilt, daß ihnen bei Eintritt ihrer Arbeitsunfähigkeit eine Unterstützung zugebilligt, dieselbe aber später entzogen worden sei. Ich bitte den Minister, für diese Arbeiter Vorsorge zu treffen.
Beim Bezirk Hirschberg bittet
Abg. Halberstadt (dfr.) um Einrichtung gedeckter Perrons auf dem Bahnhof in Hirschberg.
Hum Titel: Herstellung eines Fe Gleises auf der Strecke Rangen —Lammersdorf bemerkt
Abg. von Eynern (nl.): Das Haus hat im vorigen Jahre sich allerdings dafür ausgesprochen, daß die Kosten für Erweiterung und Neuanlagen von Bahnhöfen künftig in das Extraordinarium des Ftats eingestellt werden sollen. Zweifelhaft aber ist es mir, oh dann auch die Kosten für neue Gleise auf das Extraordinartum übernommen oder durch Anleihen gedeckt werden sollen. Wenn man diese Position und ähnliche aus dem Extraordinarium herausnehme, verringere sich das Deficit der Eisenbahnverwaltung ganz bedeutend. Man sebe also⸗
auf welche Weise ein solches Deficit, das dann der Finanz⸗Minister für seine Zwecke benutze, hergestellt werden könne.
Geheimer Oberseaahs Rehth Lehnert widerspricht der Annahme des Vorredners, als ob der Finanz⸗Minister das Deficit größer her⸗ gestellt habe, als es wirklich sei. Bei der Resolution im vorigen Jahre sei das Haus von der Ansicht ausgegangen, daß man möglichst wenig Ausgaben auf das Extraordinarium übernehmen solle.
Abg. Schmieding (nl.) bittet um Verwendung größerer Mittel “ Umbau der Bahnhöfe im rheinisch⸗westfälischen Industrie⸗
ezirk.
Abg. von Eynern (nl.) will für die Zwecke derartiger Um⸗ bauten Anleihen aufgenommen wissen, die gleichzeitig dazu dienen würden, das disponible Kapital im Inlande zu halten und nicht aus⸗ ländischen Anleihen zuzuführen.
Bei den Ausgaben für die Entsendung von Com⸗ missarien nach Chicago bemängelt
Abg. Broemel (dfr.), daß bei der Eisenbahnverwaltung nur 18 000 ℳ dafür ausgeworfen sind.
Geheimer Ober⸗Finanz⸗Rath Lehnert bemerkt, daß Ausgaben für Chicago schon im laufenden Etat außeretatsmäßig geleistet worden seien, sodaß sie thatsächlich höher seien, als sie in dem vor⸗ liegenden Etat erschienen. Uebrigens mache es nicht die Masse der entsendeten Vertreter, sondern deren Qualität.
Abg. Goldschmidt tdfr.)“ Mit dem Besuch von Chicago allein sei es nicht abgemacht, die Vertreter müßten das ganze Land be⸗ reisen und sich namentlich das Eisenbahnwesen ansehen.
Abg. Dr. Hammacher (nl.): Die Vertheilung der Summen sei seltsam. Das Unterrichts⸗Ministerium erhalte 36 000 ℳ, die Eisenbahnverwaltung, die ein Vermögen von sechs Milliarden ver⸗ walte, erhalte 18 000 ℳ! Man begreife immer noch nicht, daß ein Praktiker auf der Ausstellung mehr sehe als ein Professor.
Der Titel wird genehmigt.
Schluß 3 ³ Uhr.
Statistik und Volkswirthschaft.
Invaliditäts⸗ und Altersversicherung.
An Anträgen auf Gewährung von Renten sind bei de Hanseatischen Versicherungsanstalt eingegangen: a. an Alters⸗ renten im Laufe des Jahres 1891: 1105, 1892: 404, im Januar 1893: 36, im Februar 1893: 46, zusammen 1591; b. an Invaliden⸗ renten im Laufe des Jahres 1892: 181, im Januar 1893: 18, im Februar 1893: 22, zusammen 221; mithin seit Beginn des Jahres 1891 bei der Hanseatischen Versicherungsanstalt an Renten⸗ anträgen überhaupt 1812. Von den Anträgen auf Altersrente entfallen auf das Gebiet der freien und Hansestadt Lübeck 281, Bremen 347, Hamburg 963, und von den Anträgen auf Invalidenrente auf das Gebiet von Lübeck 35, Bremen 80, Hamburg 106. Von den Anträgen auf Altersrente sind bis Ende Februar d. J. erledigt 1542 Anträge, und zwar 1351 durch Rentengewährung, 166 durch Ablehnung und 25 auf sonstige Weise, Tod ꝛc. Auf die Gebiete der drei freien Hansestädte vertheilen sich diese erledigten Anträge folgendermaßen: Es entfallen auf das Gebiet von Lübeck 242 Rentengewährungen, 30 Ablehnungen, 3 sonst erledigte, Bremen 297 Rentengewährungen, 29 Ablehnungen, 7 sonst erledigte, Hamburg 812 Rentengewährungen, 107 Ablehnungen, 15 sonst erledigte. Von den Anträgen auf Invalidenrente sind bis Ende Februar d. J. erledigt 195 Anträge, und zwar 121 durch Rentengewährung, 60 durch Ablehnung und 14 auf sonstige Weise, Tod ꝛc. Von den erledigten Anträgen entfallen auf das Gebiet von Lübeck 26 Renten⸗ gewährungen, 7 Ablehnungen, — sonst erledigte, Bremen 47 Rentengewährungen, 16 Ablehnungen, 4 fonst erledigte, Ham⸗ burg 48 Rentengewährungen, 37 Ablehnungen. 10 sonst erledigte. Die Jahressumme der bis jetzt gewährten Renten macht insgesammt 227 400 ℳ aus. Nach den Berufszweigen vertheilen sich die 1472 Rentenempfänger auf folgende Gruppen: Landwirthschaft und Gärtnerei 102, Industrie und Bauwesen 604, Handel und Verkehr 232, sonstige Berufsarten 121, Dienstboten ꝛc. 413 Rentenempfänger.
Zur Arbeiterbewegung.
Ueber den socialdemokratischen Parteitag für die Pro⸗ vinz Westpreußen, der während der letzten Tage in Elbing stattfand, wird der „Köln. Ztg.“ geschrieben: Die Zahl der auswärtigen Theilnehmer war gering. Aus den stundenlangen Verhandlungen ist hervorzuheben, daß die Erfolge der Agitation auf dem platten Lande gleich Null sind. In Elbing, Danzig und Thorn gewinnt die Partei unter den Industriearbeitern langsam an Boden. Es wurde be⸗ schlossen, eine kleine Parteizeitung für Westpreußen herauszugeben und die Agitation in den kleinen Städten und auf dem Lande fort⸗ zusetzen.
In Leipzig beschäftigte sich am Mittwoch eine Versammlung der Steinmetzgehilfen wieder mit den Lohn⸗ und Arbeits⸗ verhältnissen. Der kürzlich von einer Commission ausgearbeitete Lohntarif war der Innung vorgelegt worden. Diese hatte erklärt, daß sie zur Unterhandlung mit den Gehilfen bereit sei wenn solche Gehilfen dazu bestimmt würden, die thatfächlich noch im Handwerke beschäftigt wären. Daber war jedoch die Forde⸗ rung der Gehilfen, den Stücklohn abzuschaffen und den Tagelohn ein⸗ zuführen, von vornherein abgelehnt worden. Die Versammlung wählte für die Verhandlungen eine Commission, die in der nächsten Versamm⸗ lung über das Ergebniß Bericht erstatten soll.
Aus Mannheim wird der „Frkf. Ztg.“ berichtet, daß dort ein Brauerstrike bevorstehe. Das focialdemokratische Blatt „Die
olksstimme“ erklärt das Interesse der Arbeiterschaft mit dem der Brauer für solidarisch, um die Forderungen der Brauer an die Arbeit⸗ geber zu unterstützen. . 1
Für den internationalen Schuhmachercongreß, der gleichzeitig mit dem internationalen Arbeitercongreß in dieem Jahre in Zürich abgehalten wird, hat der Schuhmacherfachverein Jürich folgende vom „Bund“ mitgetheilte Tagesordnung vorkäuftg festgesetzt: Localberichte; Gründung eines internationalen Berufs⸗ secretariats; Statistik; Regelung des Unterstützungswesens; Regeinng des Arbeitsnachweises. Regelung des Herberg-mesens; Steilung⸗ nahme zu den Strikes; Fachpresse: Einführung einer Normalardeits⸗ zeit und Abschaffung der Stückarbeit; die Frauenarbeit in der Schah⸗ industrie; Verdindung zwischen Hand⸗ und Fabrikarbeitern. Die endgültigen Beschlüsse bierüder wurden einer späteren Sitzung der⸗ behalten.
Gesundheitswesen, Thierkrunkhdeiten und Mußregeln Portugal Durch eine in Nr. 37 der „Diarte de Geovemes dom 1ü8. Febrmar 1893 veröffentlichte Verfügang des Nöntglich dertagienschen Mrnider riums des Innern Nst der Pasen den Nioe de Jancire eit dem 1. Januar für den Geldseder derfeucht“, daegem sind aüe nderen Hefen der gleichnamsen Prodenz eit demfelden Tage As rielden Krankbeit „derdächtee erKärt mwerden. Türken G 8 Durch Bie der inerwadetalen ISfunddeteralds in Kes⸗ stantinepel it ür de Afadehn vem . Frdenas 188, ad wen Marseille die fAnftäzgee Ouoeranthdte durdd dine arskühche Unebrrfechan ersetzt worden.
Vercinigte Staaten don Ameeei Durch Cirkelar⸗ regung der Schaauss za Iehn m 30. Dezember 12 R R Emduung Ne. T. ae, e, 88 rmt 1892 bersl „N.-A. de . Ferinaher dmterzez werdemn das dee Cihude von Dampen ech din T — vAc verdeden senn sel a88 — irm. Näaden
Deuischlaund; 2922 Demdürh Mog⸗ Berwe. e emee Par. en Nere A e. 3 1 8 88 ge