hahnen. Die lebhafte Bewe zung, welche sich auf diesem Gebiet seit dem Erlaß des Gesetzes vom 28. Juli v. J. nahezu über die ganze Provinz ver⸗ breitet hat, beweist, wie das Bewußtsein des dringenden Bedürf⸗ nisses, sich dieses neue Verkehrsmittel zur Hebung aller wirthschaftlichen Verhältnisse zu Nutze zu machen, in allen Kreisen der Bevölkerung Eingang gefunden hat.
Stellt sich jetzt, wie zu hoffen, die Provinz selbst thatkräftig und opferwillig an die Spitze der Bewegung, so darf mit Zu⸗ versicht darauf gerechnet werden, daß die leider immer noch vorhandenen empfindlichen Lücken unseres Verkehrsstraßensystems in b zu ferner Zeit in zweckentsprechender Weise werden ausgefüllt werden.
Indem ich Sie, geehrte Herren, hiermit einlade, in Ihre Ar⸗ beiten mit gewohnter Hingebung einzutreten, erkläre ich im Namen Seiner Majestät des Kaisers Landtag für eröffnet.
Unter dem Vorsitz des Alters⸗Präsidenten Bürgermeisters Hinze in Ueckermünde brachte die Versammlung zunächst ein begeistertes Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König aus und wählte sodann den Wirklichen Geheimen Rath von Köller⸗Cantreck zum Vorsitzenden, sowie den Ober⸗Bürgermeister, Geheimen Regierungs⸗Rath Haken⸗ Stettin zum Stellvertreter des Vorsitzenden, die beide die Wahl annahmen. Nach Wahl der Schriftführer und Fest⸗ stellung der anwesenden Mitglieder durch Namensaufruf er⸗ solgre die Bildung der Abtheilungen, die Mittheilung des Vorsitenden uͤber die vorliegenden Geschäftssachen, sowie deren Vertheilung, 2 Uhr. Nach Wiederaufnahme der Sitzung wurden Wahlprüfungen vorgenommen.
und hierauf die Vertagung der Sitzung bis
Königsberg, 14. März. Der XVII. Provinzial⸗Land⸗ tag der Provinz Ostpreußen ist gestern nach Erledigung seiner Arbeiten durch den Ober⸗Präsidenten Grafen zu Stol⸗ berg⸗Wernigerode mit folgender Ansprache geschlossen worden:
„Meine sehr geehrten Herren! Nach der soeben vernommenen Mittheilung des Herrn Vorsitzenden sind Ihre diesmaligen Arbeiten beendigt. Mit gewohnter “ haben Sie unter gewissenhafter Mitwirkung Ihrer Commissionen die zahlreichen und zum theil recht bedeutungsvollen Vorlagen in kurzer Zeit erledigt und durch Ihre Bewilligungen, unter welchen sich abermals bedeutende Summen für gemeinnützige Zwecke befinden, die Provinzialverwaltung in den Stand gesetzt, auch im kommenden Rechnungsjahre ihren erheblichen Verpflichtungen nachzukommen. Sie können deshalb mit Befriedigung auf Ihre Thätigkeit urück⸗ blicken. Mit diesem Provinzial⸗Landtage schließt voraussichtlich Ihre sechsjährige Thätigkeit und es ist mir eine angenehme Pflicht, es auch bei dieser Gelegenheit auszusprechen, daß Ihre gesammte Arbeit während dieser sechs Jahre der Provinz zum Heil und Segen gereicht hat. Für das bereitwillige Entgegenkommen und verständniß⸗ volle Wohlwollen, welches ich für die Bestrebungen der Königlichen Staatsregierung bei Ihnen stets gefunden habe, spreche ich an dieser Stelle noch meinen ganz besonderen Dank aus.⸗ Hiermit erkläre ich den 17. ostpreußischen Provinzial⸗Landtag für geschlossen.
Der Vorsitzende des Provinzial⸗Landtags Graf zu Eulen⸗ burg⸗Prassen brachte darauf ein Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König aus, in das die Versammlung be⸗ geistert einstimmte. 1b
Seine Majestät der König empfing heute die Delegirten zur internationalen Sanitätsconferenz. Ihnen zu Ehren findet Nachmittags Galatafel statt, woran auch die Mitglieder des diplomatischen Corps und die Staats⸗Minister theilnehmen. AX“
Hessen. Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Heinrich von Preußen tritt, wie die „Darmst. Ztg.“ meldet, heute Abend die Ruckreise von Darmstadt nach Kiel an.
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha.
Der dem gemeinschaftlichen Landtag zugegangene Etat auf die Zeit vom 1. Juli 1893 bis 30. Juni 1894 chließt in der Einnahme mit 2 016 411,01 ℳ (368 611,01 ℳ nehr), in der Ausgabe mit 2 661 161,01 ℳ (586 753,01 ℳ nehr) ab. Es ergiebt sich somit ein Ausgabeüberschuß von 344 750 ℳ (218 142 ℳ mehr). Dieser weniger günstige Ab⸗ chluß wird, wie es in der dem Etat beigegebenen Denk⸗ chrift heißt, im wesentlichen bedingt durch die Bezie⸗ ungen beider Herzogthümer zum Reich, insoweit die Ueberweisungen aus der Reichs⸗Hauptkasse und die Matrikularbeiträge in Frage kommen. Während nach dem bisherigen Etat an Ueberweisungen 1 140 000 ℳ und an Matrikularbeiträgen 885 000 ℳ eingestellt waren, die ersteren die letzteren sonach um 255 000 ℳ überstiegen, sind in dem neuen Etat die Ueberweisungen mit 1 459 100 ℳ, die Matri⸗ kularbeiträge mit 1 429 173 ℳ nach Maßgabe des Reichs⸗ Etats aufzunehmen gewesen, sodaß hiernach nur ein Ueberschuß von 29 927 ℳ, gegen bisher sonach 225 073 ℳ weniger, verbleibt. “
.
Anhalt. 8
„Der Landtag nahm in seiner vorgestrigen Sitzung den Gesetzentwurf über die äußere Heilighaltung der Sonntage in dritter Lesung an und setzte sodann die zweite Berathung des Haupt⸗Finanz⸗Etats fort. Von Tit. IV. der eigenen Ein⸗ nahmen, Sporteln und Nebeneinnahmen der einzelnen Be⸗ hörden wurden Pos. 1—11 genehmigt, ebenso von den Ein⸗ nahmen für das Reich Pos. 1—7. Von den eigenen Aus⸗ gaben wurden Tit. I. Allgemeine Staatsverwaltung, Pos. 1—9 genehmigt. Desgl. Tit. II. Staatsschuldenverwaltung, und Tit. III. Justizverwaltung: a. Personalverwaltung und b. Real⸗ aufwand, ferner Tit. IV., mit Ausnahme von Pos. 6, Armen⸗ wesen, bei der die Beschlußfassung ausgesetzt wurde.
Oesterreich⸗Ungarn.
8 Der Kaiser hat heute Vormittag 9 Uhr mittels Separat⸗ zuges die Rückreise von Territet nach Wien angetreten. Die Kaiserin wird noch weiter in Territet verbleiben. Dasösterreichische Abgeordneten haus nahm gestern, wic „W. T. B.“ berichtet, die noch restirenden Theile des Staatsvoranschlags an, womit die Berathung des Budgets er⸗ ledigt war. Im weiteren Verlaufe der Sitzung genehmigte das Haus sodann die Permanenzerklärung des Steueraus⸗ schusses behufs Vorberathung des Gesetzes über die directen Personalsteuern, und stimmte nach längerer Debatte dem An⸗ trage des Gewerbeausschusses auf dessen Permanenzerklärung
und Königs den XIX. Provinzial⸗-
8
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Handelsvertrages ein.
Bei der gestern von dem ungarischen Unterhause fortgesetzten Berathung des Cultusbudgets erklärte der Staatssecretär Dr. von Berzeviczy, die liberale Kirchen⸗ politik beherrsche die Gemüther derartig, daß keine Regierung heute mehr die Kraft habe, die Frage von der Tagesordnung abzusetzen
Großbritannien und Irland.
In der gestrigen Sitzung des Unterha uses erklärte nach einem Bericht des „W. T., B.“ der Staatssecretär des Krieges Campbell⸗Bannermann, der von Egypten für das bevorstehende Finanzjahr zu zahlende Bei⸗ trag von 87 000 Pfund Sterling basire auf der Stärke der englischen Occupationstruppe vor der jüngsten Ver⸗ stärkung derselben; es sei unmöglich jetzt zu sagen, welche Erhöhung des Beitrages aus der eingetretenen Verstärkung entstehen werde. Der Parlamentssecretär des Aus⸗ wärtigen Sir E. Grey erwiderte auf eine bezügliche Anfrage: die Conversion der egyptischen Domanial⸗Anleihe in 4 ⁴ pro⸗ centige Obligationen anstatt in Obligationen von geringerem Zinsfuß bezwecke die Vermeidung einer sonst nothwendigen Kapitalserhöhung, der die Conversion aus allgemeinen finan⸗ ziellen Gründen vorzuziehen sei.
Der Erzbischof von Canterbury hat nach einer der „Frkf. Ztg.“ zugegangenen Mittheilung in einem Rundschreiben die Bischöfe aller Diözesen aufgefordert, gegen die Kirchen⸗ vorlage für Wales um Pfingsten in London eine große Versammlung der beiden Convocationen und Laienvertretungen der Erzbisthümer Canterbury und Nork, sowie der Vertreter der Kirchenvorstände aus allen Theilen von England und Wales abzuhalten.
Gegen die Homerule⸗Bill sind der „A. C.“ zufolge am vergangenen Sonnabend in Dublin und anderen Theilen Irlands mehr als dreißig Versammlungen abgehalten worden. In Dublin war die in der Leinster Hall abgehaltene Versammlung von beinahe 4000 Per⸗ sonen besucht. Die Verwerfung der ganzen Vorlage wurde zum Beschluß erhoben. In Divernagh waren über 5000 Oranien⸗Männer zur selben Zeit versammelt, die sich in derselben Weise über die Homerule⸗Bill aussprachen. — Von der aus 1 120 194 Mitgliedern bestehenden „Primrose⸗ League“ soll dem Parlament eine Bittschrift überreicht werden, worin die Petenten erklären, daß die Errichtung eines Parlaments in Dublin das Leben und Eigenthum der loyalen Einwohner Irlands in Gefahr bringen, Unterdrückung und Verbrechen aller Art verursachen, aller Wahrscheinlichkeit nach Anarchie und Bürgerkrieg heraufbeschwören und die Stabilität und Wohlfahrt Großbritanniens unterminiren werde.
Frankreich.
Der Minister⸗Präsident Ribot hatte, wie „W. T. B.“ berichtet, gestern Abend eine Zusammenkunft mit Bourgeois und bestand dringend darauf, daß dieser wieder das Justiz⸗ portefeuille übernehme. Bourgeois 888” heute seine Antwort hierauf ertheilen.
Im Senat kam gestern die Interpellation über die Aussagen der Frau Cottu zur Verhandlung. Halgan (Rechte) bemerkte, der “ Cottu sei nicht völlig auf⸗
eklärt. Der frühere Minister des Innern Loubet erklärte,
6 Cottu habe im Januar durch den Secretär ihres Gatten 1 Soinoury nachsuchen lassen. Er (Loubet) sei hiervon benachrichtigt worden, ebenso wie Ribot und Bourgeois, die in diesem Gesuche nichts Un⸗ gehöriges erblickt hätten. Er habe keineswegs den Schritt, von dem man gesprochen habe, angeordnet. Soinoury habe übrigens vorgezogen, sein Amt niederzulegen. Er bestreite ganz entschieden, jemals eine Liste der in die Panama⸗Affaire verwickelten Parlamentsmitglieder besessen zu haben, und wenn er eine solche besessen hätte, so würde er sie den Gerichten über⸗ geben haben. (Beifall.) Constans erklärte unter lebhaftem Bei⸗ fall des Hauses, er habe niemals dem Präsidenten Carnot die Liste der 104 Abgeordneten übergeben, weil er sie nie besessen habe; er glaube, die Liste habe niemals anders als in der Ein⸗ bildung gewisser Personen existirt. Niemand könne bei dieser Art von Skandal gewinnen. Das Land wolle vor allem Ruhe und Arbeit. Man möge die Gerichte ihre Pflicht thun lassen; und die Legenden würden bald in sich zu⸗ sammenfallen. Sodann erklärte der Minister⸗ Präsident Ribot: es sei nunmehr als unbestreitbar anerkannt, daß Frau Cottu die Zusammenkunft mit Soinoury nachgesucht habe; Soinoury sei unklug gewesen, aber nichts Anderes. Es sei eine Infamie, zu behaupten, daß Carnot eine Liste be⸗ stochener Abgeordneten besessen habe. Derartige Anschuldi⸗ gungen seien des Landes unwürdig. Der Minister⸗Präsident schloß mit der Erklärung, Soinoury habe sich keiner Käuflich⸗ keit schuldig gemacht; er wolle ihn decken. Merlin brachte hierauf die von der Deputirtenkammer vorgestern genehmigte Tagesordnung ein, die mit 209 gegen 56 Stimmen angenom⸗ men wurde.
In der Deputirtenkammer wünschte bei der Ver⸗ lesung des Protokolls der Deputirte Gauthier de Clagny (Boulangist) Aufklärungen von der Regierung über die in der vorgestrigen Sitzung von dem Deputirten Pourquery de Boisserin gemachte Behauptung, daß der Zwischenfall mit Frau Cottu in der Wohnung des Advocaten Barboux vorbereitet worden sei. Der Präsident lehnte es jedoch ab, die Debatte über diesen Gegenstand wieder cröffnen zu lassen. Dérouloͤde be⸗ klagte sich, daß das „Journal officiel“ das nicht reproducire, was er gesagt habe, nämlich, daß die Regierung aus Lügnern bestehe. (Beifall rechts, Lärm auf der Linken.) Der Finanz⸗ Minister Tirard verließ seine Bank und ging auf Dérouleèͤde los, den er lebhaft interpellirte. (Große Erregung.) Auf die Aufforderung des Präsidenten zog Dérouléde seinen Ausdruck zurück. Der Minister des Auswärtigen Develle besprach sodann die Mittheilungen Pourquery de Boisserin's und hob hervor: eine Frau beklage sich darüber, beleidigt und in das Bureau Soinourys pfführt worden zu sein; nun erfahre man, daß diese Frau den Mann habe rufen lassen, den sie beschuldige, sie beleidigt zu haben, und mit dem sie den Zwischenfall vereinbart habe, der sich gestern vor dem Gericht abgespielt habe. (Leb⸗ hafter Beifall.) Damit war der Zwischenfall geschlossen. Im Fortgang der Sitzung richtete der Deputirte Turrel eine Anfrage an die Regierung über ihre Pirthschaftsgece⸗ und beklagte sich darüber, daß man Spanien den Minimal⸗ gegen einen Prohibitivtarif bewilligt habe. Spanien sende wohl nach Frankreich weiter Producte, empfange dagegen von Frankreich keine Producte mehr. Diese Zustände seien für die Weinbauer unerträglich. Der Minister
um eine Audienz bei
5 Vorberathung der Frage der Gewerbereform und der urchführung einer schriftlichen sowie muͤndlichen Enquéte zu.
des Auswärtigen Develle betonte, die Regierung beabsichtige
Hierauf trat das Haus in die Berathung des serbischen
keinerlei Verhandlungen zur Abänderung des einzuleiten, sie werde jedoch sehen, ob man strengere Maßregeln gegen gewisse Länder ergreifen müsse. Der Handels⸗Minister Siegfried constatirte alsdann, daß die französische v nach Spanien sich verringert habe; die Regierung habe si erhalten, sie
Zollregimes
ich bemüht, Concessionen zu werde in ihrem Bestreben, das hoffentlich zu einem Ziele führen werde, fortfahren, um einen besseren modus vivendi herbei⸗ zuführen. Hierauf wurde die Sitzung geschlossen.
In der gestrigen Verhandlung in dem Panama⸗ Bestechungsprozeß protestirte Barboux gegen die von dem Deputirten Pourquery de Boisserin vorgebrachte Be⸗ hauptung. (Siehe oben.) Constans erklärte, er habe niemals dem Präsidenten Carnot eine Liste der in die Panama⸗Angelegenheit verwickelten Deputirten übermittelt, er habe eine solche Liste auch niemals besessen. Sans⸗Leroy gab dem Gerichtshof Aufklärungen über die Anlegung der Mitgift seiner Frau. Der Staatsanwalt wies darauf hin, daß die mitgetheilten Actenstücke ohne Bedeutung seien. Bonaparte⸗Wyse sprach im allgemeinen über die Panama⸗Kanal⸗Arbeiten. Die Ver⸗ nehmung der Zeugen war damit beendet. Die Advocaten der Civilparteien erhielten hierauf das Wort. Der Advocat B. oullay beschwor Charles Lesseps, die volle Wahrheit ans Licht zu bringen. Sodann wurde die Aussage des Liquidators der Panama⸗Gesellschaft Monchicourt vor dem Untersuchungs⸗ richter verlesen. Aus ihr ergiebt sich, daß Lesseps sich weigerte Monchicourt die Namen der Empfänger von 7 Millionen Francs in Bons mitzutheilen. In der nunmehr verlesenen Aussage Cottu's wird constatirt, Lesseps allein habe sich mit der 11” dieser Summe befaßt. Der Gerichts⸗ hof beschloß, Monchicourt, der erkrankt ist, in seiner Wohnung über mehrere Punkte vernehmen zu lassen. Der Ad⸗ vokat Lascazes forderte ein strenges Urtheil gegen Barhaut, Béral, Sans⸗Leroy, Dugué, Gobron und Prgußse⸗ die er als wahre Verbrecher bezeichnete. chicourt's, sprach das Verlangen aus, der Gerichtshof bestimmen, daß die veruntreuten Summen Panama⸗Gesellschaft zurückerstattet und nicht, der Armenkasse übergeben würden. Darauf
aufgehoben.
Loustanceau, Advocat Mon⸗ möge an die Kasse der wie sonst üblich,
de die Sitzung
Rußland.
Der Herzog und die Herzogin Johann Albrecht
von Mecklenburg⸗Schwerin haben dem „W. T. B. zu⸗
folge vorgestern St. Petersburg wieder verlassen, um nach Potsdam zurückzukehren.
„Aus Anlaß des Geburtstags des Königs fand, wie „W. T. B.“ berichtet, gestern in Rom eine glänzende Truppenschau statt. Der König, begleitet von dem Herzog von Genua, dem Grafen von Turin, dem deutschen Botschafter Grafen Solms und einem glänzenden Gefolge, ließ die Garnison von Rom Revue passiren. Die Königin wohnte dem militärischen Schauspiel zu Wagen bei. Der König und die Königin wurden von den Volksmassen jubelnd begrüßt.
b Portugal.
Der Gesandte am Berliner Hofe de Carvalho e Vas⸗ concellos wird sich, wie „W. T. B.“ aus Lissabon er⸗ fährt, binnen kurzem auf seinen Posten begeben, um sich mit der Angelegenheit der auswärtigen Inhaber portugiesischer Werthe zu befassen.
Auf Befehl des Sultans begiebt sich einer Meldung des „W. T. B. aus Konstantinopel zufolge der Leih⸗ Chemiker Bonkowski in Begleitung von drei höheren Sanitätsbeamten als Delegirter zur internationalen Sanitäts⸗ Conferenz nach Dresden. “
Schweden und Norwegen. 8.
Ighnn der vorgestrigen Sitzung des Storthings nahm nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Christiania der
Conseil⸗Präsident Steen namens der Regierung die von der
äußersten Linken beantragte Tagesordnung an, wonach Norwegen ohne Verhandlung mit Schweden die Konsulats⸗ frage erledigen solle; den von Michelsest, Linke, ge⸗ machten und von Björnstjerne Björnson unterstützten Ausgleichsvorschlag erklärte er aber für unannehmbar. Gleichzeitig glaubte Steen, von der Annahme der von den Moderaten und Mitgliedern der Rechten beantragten Tages⸗ ordnung, worin Verhandlungen mit Schweden empfohlen werden, abrathen zu sollen. Der Führer der Rechten, Stang, betonte, man habe nur zu wählen, ob man der Regierung, die außerhalb der Verfassung liegende Gewaltmittel anzuwenden im Begriff stehe, folgen oder in Verhandlungen mit Schweden eintreten wolle. Der radicale Bankdirector Fasting warnte vor Schritten, welche die Union gefährden könnten. Dänemark. Nach einer Meldung des „H. T. B.“ aus Kopenhage hat das Landsthing mit 42 gegen 14 Stimmen das Gehalt
für einen besonderen Gesandten in Madrid bewilligt, das vom Folkething gestrichen worden war. 8b
Asien.
Nach einer Meldung des „Reuter’schen Bureaus“ aus Kalkutta sandte der englische Agent in Gilgit einen telegraphischen Bericht, wonach die aufständischen Stämme die englische Stellung in Chilas angegriffen hätten, aber unter Verlust von ungefähr 200 Todten zurückgeschlagen worden wären. Die Engländer hätten 19 Mann und 3 eingeborene Vifezber⸗ verloren, außerdem 24 Verwundete gehabt. Eine Verstärkung von 250 Mann sei nach Chilas geschickt worden jedoch befürchte man keinen neuen Conflict. I1X“
Parlamentarische Nachrichten.
Deutscher Reichstag.
Der Bericht über die gestrige Sitzung befindet sich in der Ersten Beilage.
67. Sitzung vom Mittwoch, 15 März, 1 Uhr.
Der Sitzung wohnt der Staatssecretär Freiherr von Maltzahn bei.
Die zweite Berathung des Reichshaushalts⸗Etats wird fortgesetzt beim Etat des Reichs⸗S
Bei den Ausgaben für das Münzwesen weist der
Abg. Graf Mirbach (deons.) die Behauptung des Abg.
Büsing zurück, daß die Doppelwährung nur den Großgrundbesitzern zu
8
1 8 — 8 8 3 b 8 8 5. gute käme. Solche Unterscheidung zwischen großem und kleinem Frandbesit sei sonst nur bei anderen Parteien als bei der des Abg. Büsing zu finden gewesen. Er (Redner) habe nur ausgeführt, daß der bei der Landschaft verschuldete Grundbesitzer besser daran sei, als der bei Privatgläubigern. Die Landschaft beleiht aber große Guͤter ebenso wie Bauerngüter. Redner wendet sich dann gegen den Abg. v. Bamberger, der ihn wohl mißverstanden habe. Er habe ihm durchaus keinen Vorwurf gemacht; eine Verletzung würde nur dann orliegen, wenn er (Redner) einen Volksstamm als schlechter als den anderen bezeichnet hätte, was nicht geschehen sei.
Abg. Broemel (dfr.) constatirt, daß der Abg. Dr. Bamberger ines Augenleidens wegen augenblicklich eine ärztliche Consultation abe. Er werde wohl Gelegenheit haben, bei der dritten Lefung zu ntworten. 8 3
. Abg. Büsing (nl.): Ich habe gesagt, die Doppelwährung komme nur den zu gute. Das ist geschehen auf Grund der Aus⸗ führung des Abg. Grafen Mirbach, daß die bei der Landschaft verschuldeten Besitzer davon einen Vortheil haben. Die Landschaften sind nicht überall treten, namentlich sind die Bauern nicht überall bei der Landschaft etheiligt, und es giebt auch Schalden, welche hinter der Landschaft eingetragen sind. Der Abg. Graf Mirbach hat darauf gesagt: den Grundbesitz, der nicht bei der Landschaft ist, gebe ich preis. Danach vwar meine Folgerung vollkommen gerechtfertigt.. “
Abg. Graf Mirbach (dcons.) bestreitet eine solche Aeußerung ber die nicht bei der Landschaft betheiligten Grundbesitzer gemacht zu aben, während der Abg. Büsing seine Behauptung aufrecht erhält.
8 Der Titel wird genehmigt, ebenso der Rest des Etats des Reichs⸗Schatzamts.
Ohne Debatte wird der Etat der Reichsschuld genehmigt. Beim Etat des Reichsbankwesens weist der
Abg. Graf Mirbach (dcons.) darauf hin, daß bei Uebernah me der Reichsbank auf das Reich dem Reiche aus dem Bankwesen 1892 3 ½, aus dem Jahre vorher 5 Millionen Mark mehr als jetzt zu⸗ g flossen seien. Die Sparsamkeit sei also in dieser Frage auf Seite verjenigen gewesen, welche die Reichsbank verstaatlichen wollten. 1
Der Etat wird genehmigt; ebenso ohne Debatte die bayrische Quote, die Erstattungen auf aus Landesmitteln an⸗ gewendete Kasernenbau⸗ u. s. w. Kosten und die Betriebs⸗
fonds. (Schluß des Blattes.)
— Der Bericht über die gestrige Sitzung des Hauses der Abgeordneten befindet sich in der Ersten Beilage.
— Dem Reichstage ist der am 23. Juli v. J. zu Bogotä unterzeichnete Freundschafts⸗, Handels⸗ und Schiffahrtsvertrag zwischen dem Reich und dem Freistaat Kolumbien von dem Reichskanzler vorgelegt worden. 1
— Dem Hause der Abgeordneten ist der Entwurf eines Gesetzes über die Erweiterung der Stadtgemeinde und des Stadtkreises Kiel zugegangen.
— Von dem Abg. von Schenckendorff ist mit Unterstützung sämmtlicher Fractionen der nachstehende Antrag im Hause der Abgeordneten eingebracht worden: .
Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: In Rücksicht darauf, daß die auf Verbreitung des Handfertigkeitsunterrichts ge⸗ richtete Bewegung seit dem letzten Jahrzehnt in fast allen Cultur⸗ ländern Aufnahme und zum theil weite Ausdehnung gefunden hat; sowie in Rücksicht darauf, daß ein solcher allgemein verbreiteter Unter⸗ richtszweig wirthschaftlich wie pädagogisch bedeutsam erscheint, wird die Königliche Staatsregierung ersucht, “ —
den hierauf gerichteten Bestrebungen staatlicherseits eine weiter⸗ gehende Förderung zu theil werden zu lassen, als es seither geschehen ist, sowie gleichzeitig Vorsorge zu treffen, daß die Lehrerseminare allmählich diesen Unterrichtszweig als einen freiwilligen aufnehmen.
Nr. 10 der „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“ vom 8. März hat folgenden Inhalt: Gefundheitsstand. Mittheilungen über Volkskrankheiten, insbesondere Cholera. — Sterbefälle in deutschen Städten mit 40 000 und mehr Einwohnern. — Desgl. in größeren Städten des Auslandes. — Er⸗ krankungen in Krankenhäusern einzelner Großstädte. — Desgl. in deutschen Stadt⸗ und Landbezirken. — Gesundheitsstand und Sterbe⸗ fälle im Januar. — Witterung. — Maßregeln gegen Cholera u. s. w. — Oeffentliches Gesundheitswesen in Frankfurt a. M. 1891. — Desgl. in München 1891. — Gesundheitsstand in Genua 1892. — Gesetz⸗ gebung u. s. w. (Deutsches Reich). Steuerfreie Verwendung von undenaturirtem Branntwein zu Heil⸗ u. s. w. Zwecken. (Schluß.) — (Preußen. Berlin). Bierdruckvorrichtungen. — (Elsaß⸗Lothringen). Viechseuchen⸗Uebereinkommen. — (Ungarn). Apotheker⸗Lehrlinge. — (Italien). Arzneimitteltaxe. — Thierseuchen in Belgien, 3. Viertel⸗ jahr. — — Desgl. in den Niederlanden, Jan. — Desgl. in Serbien, 28. Juni bis 28. September. —
gericht Plauen).
(Preußen, Berlin). ruhe, Oesterreich). Geheimmittel. mit 15 000 und mehr Einwohnern, Januar. — Orten des Auslandes.
Nr. 2 des „Ministerial⸗Blatts für die gesammte preußischen Staaten“ (herausgegeben im Bureau des Ministeriums des Innern) Allgemeine Ver⸗ — betr. das Verfahren bei der Uebergabe und Uebernahme der Verbrecher, die zwischen Preußen und Oesterreich
innere Verwaltung in den Königlich vom 28. Februar 1893 hat folgenden Inhalt: I. waltungssachen. Anweisung, zur Vollziehung einer Auslieferung zec. si fügung, betr.
sationssachen. Behörden und Beamte. Ver
III. Polizeiverwaltung. Gewerbepolizei. Anbringung der Vorrathszeichen auf Handfeuerwaffen. waltung der öffentlichen Arkeiten. für Schiedsrichter beim Verdingungswesen. — V. Handel und Gewerbe. 1 Beschäftigung jugendlicher Arbeiter ꝛc. in Bergwerken. —
und Forsten. Cirkular, stütspferde. bauliche Unterhaltung der Forstdienstgehöfte. — Marine⸗Angelegenheiten.
zeugnissen für militärische Zwecke. Nr. 10 des
neue Croton⸗Thalsperre bei New⸗York. — Fü Schiffahrtsstraßen. 1 Berliner Architektenverein. nisonkirchen in Straßburg i. E. und in Berlin. furt a. O. — Wettbewerb für das tädtische Gymnasium in furt a. M. — M. — egvmnash
— Besuchsziffer der Technischen Hochschule in Berlin. — Versamm·
Veterinärpolizeiliche Maßregeln. (Sachsen, Baden, Ober⸗Elsaß, Oesterreich). — Rechtsprechung. (Land⸗ Anzeigepflicht bei Thierseuchen. — Verhandlungen von gesetzgebenden Körperschaften u. s. w. Berichtigung. — Vermischtes. Desinfection der Hebammen. — (Berlin, Karls⸗ Sterbefälle in deutschen Orten Desgl. in größeren
zu übergeben sind. — Ver⸗ das Recht der Polizeibehörden zur Wiederaufhebung noch nicht rechtskräftig gewordener söteafter afigen⸗ — II. Organi⸗
ch b ügung, betr. die Stellen⸗ zulagen für Mannschaften der Gendarmerie und für Polizeibeamte. — Bekanntmachung, betr. die IV. Ver⸗ Cirkular, betr. die Vergütungen Verwaltung für Bekanntmachung, betr. Bestimmungen über 3 g 1 Urbe Verfügung, betr. die auf Grund des § 134 der Gewerbeordnung zu erlassenden Arbeitsordnungen. — VI. Verwaltung für Landwirthschaft, Domänen tlar, betr. die private Behandlung erkrankter Ge⸗ — Cirkular und Vorschriften über die Benutzung und 1 VII. Militär⸗ und Cirkular, betr. die gemäß § 46 der Wehr⸗ ordnung von dem Standesbeamten einzusendenden Auszüge aus den Civilstandsregistern. — Cirkular, betr. die Einführung von Geburts⸗
„Centralblatts der Bauperwaltung“, herausgegeben im Ministeriumderöffentlichen Arbeiten, vom 11. März, hat folgenden Inhalt: Gymnasium in Sigmaringen. — Das zweite Anatomische Institut der 2. Berlin. — Die rer auf den deutschen
— Vermischtes: Schinkelpreiswettbewerbung im h er I . — Wettbewerb für die katholische St. Matthiaskirche in Berlin. — Wettbewerbe für die katholischen Gar⸗ 1 - b — Wettbewerb für Errichtung einer Leichenhalle für die Synagogengemeinde in — rank⸗
M. — Modelle der Kaiser Wilhelm⸗Gedächtnißkirche und der Gnadenkirche in Berlin. — Bau der Königlichen Bibliothek in Berlin.
lung des Verein deutscher Portland⸗Cement⸗Fabrikanten in Berlin. — Mißfifsipribrüde bei Memphis. — Thomas Agudio †
Entscheidungen des Reichsgerichts.
8 8 Der Strafantrag des Inhabers zweier Firmen, für deren eine ein Waarenzeichen eingetragen ist, gegen den Verletzer seines Markenschutzes wird, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, IV. Strafsenats, vom 15. November 1892, dadurch nicht unwirksam, daß er vom Inhaber irrthümlich im Namen seiner anderen Firma gestellt ist. — Ein nicht im Hause wohnender Miethshausbesitzer wird, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, VI. Civilsenats, vom 19. De⸗ zember 1892, im Gebiet des Preuß. Allg. L.⸗R. durch die Beauf⸗ tragung eines geeigneten Stellvertreters (Portiers ꝛc.) von der civil⸗ rechtlichen Verantwortlichkeit für die Nichtbeleuchtung der Treppen nur dann befreit, wenn er von den fortgesetzten Pflicht⸗ verletzungen des Beauftragten keine Kenntniß und auch keinen Anlaß zum Mißtrauen und zur Ueberwachung desselben gehabt hat.
Kunst und Wissenschaft.
†t Der Hang zur Uebertreibung, zur künstlerischen oder künst⸗
lichen Steigerung des in der Natur Geschauten, wie wir ihn im
heutigen Kunstleben so vielfach wahrnehmen, bedeutet keineswegs einen
Verfall in Manierismus, vielmehr nicht selten einen Ueberschuß
individuellen Kunstvermögens, und darf bei kräftigen Naturen als ent⸗
wicklungsfähiges stilbildendes Element betrachtet werden. Eine ge⸗
rechte Würdigung der auch nach außen sich zusammenschließenden Bestrebungen jüngerer Künstler darf diesen Gesichtspunkt nicht ver⸗
lassen. Die „Vereinigung der X!1“, welche in Jahresfrist ihre zweite Ausstellung in Schultes Salon peranstaltet, besteht mit wenigen Ausnahmen aus gesunden kräftigen Künstlerindividualitäten. Daß das moderne Malerauge an nervöser Feinfühligkeit für Licht⸗ und Luftwirkungen dem anderer Zeiten überlegen ist, wird angesichts dieser Leistungen kaum jemand bestreiten. Daß aber auch die intime Empfindung für seelische Wirkung im Kunstwerk, die Selbständigkeit der Einbildungskraft in der modernen impressionistischen Strömung nicht verloren geht, dafür legen besonders die Schöpfungen Ludwig von Hofmann’s beredtes Zeugniß ab. Der junge Künstler hat in dem Jahre, das seit der letzten Ausstellung seiner Bilder verstrichen ist, eine bemerkenswerthe Entwicklung durchgemacht, sich gewissermaßen selbst gefunden. Seine Natureindrücke, die eine aufs höchste gesteigerte Sensitivität verriethen und zum Verständniß voraussetzten, mußten naturgemäß, dem Publikum als Veduten vor⸗ geführt, Befremden und Widerspruch erregen; sie wirken verständlich und stimmungweckend als Hintergrund jener Traum⸗ und Märchen⸗ gestalten, die er mit zartestem Farbgefühl in sie hineinzaubert. Wie prächtig ist zum Beispiel die Waldeskühle in dem Bildchen „Daphnis und Chlos- gegeben, wie wunderbar keusch die Empfindung in der vortrefflich modellirten Frauengestalt „Eva“. Gleich Puvis de Cha⸗ vannes, Böcklin und Thoma sucht Hofmann in der Durchdringung der landschaftlichen Elemente mit dem Gefühlsleben der dargestellten Gestalten das Ausdrucksmittel für seine gleich Musik anmuthenden Lyrismen. Das Zusammenstimmen der tiefleuchtenden Farben zu einem geheimnißvollen Accord, wie er es in der „Symphonie in Roth und Blau“ versucht, darf als besonders charakteristisch für die Art seines Schaffens gelten. Das Primäre ist die Farbenstimmung, sie schafft sich gewissermaßen von selbst mit innerer Nothwendigkeit ihre Formen und Gestalten. Dabei darf man bei Hofmann keineswegs von Vernachlässigung der zeichnerischen Form sprechen, er besitzt vielmehr, gleich Thoma, eine geschulte und sichere Hand, wie z. B. die Durch⸗ führung der Körper in dem, schon genannten Bilde „Daphnis und Chlos“ beweist. Ungemein reizvoll sind auch die kleinen Pastelle, deren er eine ganze Reihe ausgestellt hat. In jähem Gegen⸗ satz zu dem Schaffen Hofmann's steht das Max Liebermanns: dort schimmernder Märchenglanz, hier klares Tageslicht der Wirklich⸗ keit, scharfe Beobachtung, verstandesmäßige dur dringende Charakte⸗ ristik. Und doch weht uns auch aus Liebermann's Schilderung der freundlichen Beschaulichkeit holländischer Waisenmädchen soviel Stim⸗ mung entgegen, wie sie die Natur nur selbst zu wecken vermag. Dieser warm durchleuchtete Garten des Waisenhauses, in dem die Eltern⸗ losen friedlich umhergehen, plaudernd, spielend und arbeitend die Härte ihres Schicksals ergessen, hat etwasunendlich Versöhnliches, es ist ein Stück echter Menschenkiebe, das aus diesem Idyll zu uns spricht. Der Menschen⸗ kenner Liebermann kommt dagegen in den Bildnissen zu Wort, die meist scharf umrissene Charaktere mit Verzicht auf alle Milderung und Vertuschung festhalten. Da ist der an Rembrandt'’s Tiefe der Auffassung gemahnende Kopf eines Greises, in den herbe Lebens⸗ erfahrungen in Runenschrift ihre Furchen gegraben; das feurige, energisch dreinblickende Antlitz des Dichters Gerhart Hauptmann mit hoher Stirn und herbem Schnitt des Mundes, das immer reicheres Leben zu gewinnen scheint, je weiter man vom Bilde zurücktritt; die Gattin des Künstlers, lässig im Schaukelstuhl zurückgelehnt, der beendeten Lectüre nachdenkend, und das Brustbild eines Berliner Universitäts⸗ lehrers und Kunstfreundes, dessen lebendiger, geistvoller Blick die im Licht schillernden Brillengläser durchdringt. Von großem Interess sind auch Liebermann’'s Radirungen, deren zwölf ausgestellt sind. Er handhabt die Radirnadel wie einen Kohlestift; in breiten, kräftigen Zügen legt er die Zeichnung an, der die willkürlichste, kecke Aetzung oft zu einer vom Künstler sicher nicht vorausgeahnten glücklichen Wirkung verhilft. F. Skarbina führt uns die reiche Ernte seines diesjährigen Schaffens in nicht weniger als vierzehn Bildern vor. Wie immer, ist er am glücklichsten in der Darstellung nebligen Zwie⸗ lichts, durch das ferne Lichter blinken, so in seinen Berliner und Ham⸗ burger Straßenscenen, während das große Bild einer vom Weihnachts⸗ markt heimkehrenden Dame und der Jagdhüter direct als verfehlteLeistungen zu bezeichnen sind. Die kleine Caféscene „De quoi gcrire“ zeigt, da⸗ gegen den Künstler im Vollbesitz seiner reichen Gaben. Friedrich Stahl, der Skarbina in vielem verwandt ist, kommt in seinem Augenblicksbild aus einem Pariser Concertgarten über eine ver⸗ schwommene Farbenskizze nicht recht hinaus, zumal durch seine Vor⸗ liebe, alles in reichem flockigen Nebel zu zeigen, ihm die Fähigkeit zu fester Zeichnung und kräftiger Modelltrung fast ganz abhanden ge⸗ ommen ist. Wesentlich klarer, wenn auch etwas nüchtern, arbeitet Hans Herrmann, der noch immer von seinen holländischen Motiven zehrt, seine Gestalten in gleichmäßig hellem Sonnenlicht heraus, während in J. Alberts bbe Halligenbildern die trostlose Kahlheit und Nüchternheit der weiß getünchten Innenräume bis zur öden Langweile übertrieben ist. All' diesen Malern, wie auch dem Landschafter „Walter Leistikow und dem Porträtisten Mosson fehlt es nicht an Delicatesse des Farbenvortrags und liebevoller Versenkung in ihre Aufgaben; aber eine große Individualität, wie sie Liebermann und Hofmann besitzen, suchen wir vergebens hinter ihren Arbeiten. Der Unterschied zwischen führenden Geistern und „Genies der Anpassung“ wird bei solchem Vergleich fühlbar. Hugo Vogel, der ein un⸗ emein feinfühliges Bildniß eines jungen Orgelspielers und ein Frauenporträt ausgestellt hat, sowie der Landschafter Müller⸗ Kurzwelly und der Seemaler Schnars⸗Alquist haben mit der impressionistischen Gruppe der Vereinigung nur einen losen Zusammen⸗ hang, ohne daß ihre Leistungen in diesem Rahmen dadurch an Werth und an Anziehungskraft Einbuße erlitten. So wenig man die stilbildende Kraft des Impressionismus unterschätzen darf, so wenig kann dieser als die alleinseligmachende Richtung der modernen Malerei angesehen werden. Er bedeutet eine Entwicklungs⸗ stufe, aber kein Ziel. Baß Werke, welche 81 dieser coloristischen Strömung stehen, in der Technik scheinbar altmodisch sind, 8ag ihre Wirkung auf das moderne Auge nicht versagen, beweisen au
die Bilder Arthur Kampf's aus Düsseldorf, die in dem elektrisch
Friedrich den Großen schildert, wie er in Köben vom Feldbett aus seine Generale in feuriger Rede zu heldenmüthiger Ausdauer ermahnt. Kampf versteht es, wie auch sein für die Nationalgalerie erworbenes Bild aus den Befreiungskriegen beweist, meisterhaft, die Wirkung des begeisternden Wortes in den Gesichtszügen der Hörer zu malen und erhebt sich hier zu wirkli
historischer Größe. . 1 — Zu dem in Dt. Krone zu errichtenden Zwei⸗Kaiser⸗
Denkmal (Wilhelm I. und Friedrich 11I.) waren nach einer Mit⸗ theilung der „Nat.⸗Z.“ infolge des Preisausschreibens vom 16. August Entwurf des Bildhauers Fritz Heinemann in Charlottenburg, der zweite Preis dem Entwurf des Kreis⸗Baumeisters Hennig in Dt. Krone zuerkannt worden.
Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs⸗
acht Entwürfe eingereicht worden. Der erste Preis ist dem
Maßregeln. Der Gesundheitsstand in Berliu war in der Woche vom
26. Februar bis 4. März ein der Vorwoche ähnlicher, doch war die Sterblichkeit noch ein wenig größer als in der vorhergegangenen Woche (von je 1000 Einwohnern starben, aufs Jahr berechnet, 22,3), und zwar kamen acute Darmkrankheiten, auch in dieser Woche in einer für die Jahreszeit ungewöhnlich großen Zahl zum Vorschein und endeten in 110 Fällen tödtlich. lingsalters an der Sterblichkeit war fast die gleichgro Vorwoche; von je 10 000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, 90 Säuglinge. Athmungsorgane erheblich abgenommen und auch in geringerer Zahl zum Tode geführt. weniger beobachtet, ein Todesfall daran nicht gemeldet. — Das Vor⸗
Die Betheiligung des Säug⸗ 82 wie in der
Dagegen haben acute Entzündungen der
Auch Erkrankungen an Grippe wurden
kommen der Infectionskrankheiten blieb meist ein beschränktes, nur Erkrankungen an Kindbettfieber wurden wieder in größerer Zahl zur Kenntniß gebracht. Erkrankungen an Masern und Scharlach waren nicht zahlreich und zeigten sich in keinem Stadttheile in nennenswerther Zahl. Erkrankungen an Diphtherie, die nur aus der Oranienburger Vorstadt in größerer Zahl gemeldet wurden, haben abgenommen. Er⸗ krankungen an Unterleibstyphus blieben vereinzelt. Rosenartige Ent⸗ zündungen des Zellgewebes der Haut gelangten wieder etwas häufiger zur ärztlichen Beobachtung. Weniger zahlreich als in der Vorwoche kamen Erkrankungen an Keuchhusten zur Behandlung, die Zahl der durch sie bedingten Sterbefälle sank auf zwölf. Rheumatische Be⸗ schwerden aller Art zeigten in ihrem Vorkommen keine t Veränderung im Vergleich zur Vorwocche.
Cholera. B6 Rom, 14. März. „Opinione“ und „Diritto“ melden, in Entraque bei Cunco sei ein in der vorigen Woche daselbst aus Frankreich angekommener Arbeiter plötzlich unter Cholerasymptomen gestorben; der Leichenbefund habe das Vorhandensein von Cholera bestätigt. Der Präfect des Bezirks habe strenge Vorsichtsmaßregeln angeordnet.
Türkei. Zufolge Beschlusses des internationalen Gesundheitsraths zu Konstantinopel vom 7. März 1893 ist Oesterreich⸗Ungarn für „cholera⸗ frei“ erklärt worden. Von demselben Tage ab sind die Reisenden aus Europa an den Stationen von Mustapha Pascha und Zibeftsche weder der Desinféction noch anderen Quarantäne⸗Maßregeln unterworfen.
Die zehntägige Qugrantäne gegen die Herkünfte aus dem Asowschen Meere und die ärztliche Unterfuchung der Herkünfte aus Hamburg und den Elbhäfen bleiben noch in Wirksamkeit.
Dagegen ist die ärztliche Untersuchung der Herkünfte aus allen übrigen Häfen des Schwarzen Meeres, aus Triest und Marseille auf⸗ gehoben.
Norwegen.
Durch Verfügung der Königlich norwegischen Regierung vom 10. März 1893 ist die aus Anlaß der Cholera unter dem 1. Sep⸗ tember 1892 erlassene Verordnung, betreffend die Reinigung der Wäsche und Kleidungsstücke, welche von den aus Rußland und Fin⸗ land, Deutschland, Frankreich und Belgien kommenden Reisenden als Passagiergut zum eigenen Gebrauche mitgeführt werden, wieder auf⸗
ehoben worden. (Vergl. „R.⸗A.“ Nr. 216 vom 13./9. 92.) 8
Verdingungen im Auslande.
Schweden.
1. April, 12 Uhr. Telegraphen⸗Verwaltung, Stockholm 8
35 000 kg Kupfervitriol, 65 000 kg Zinkvitriol.
Das Kupfervitriol darf enthalten höchstens ½ % Eisenvitriol, im übrigen keine Verunreinigungen, das Zinkvitriol bis zu 25 — 30 % Eisenvitriol, soll aber im übrigen ohne Verunreinigungen, krystallisirt und neutral sein. Näheres bei dem Technischen Bureau der Telegraphen⸗Verwaltung, Stockholm. Versiegelte Angebote mit Auf⸗ schrift „Leveransanbud“ und Angabe von Preis⸗ und Lieferungs⸗
bedingungen. Theater und Musik.
Königliches Schauspielhaus.
Vorgestern Abend gab Herr Ludwig zum ersten Mal den „Othello“ und erweckte bei den Zuschauern und Zuhörern jubeln⸗ den Beifall. Herr Ludwig ist nicht nur ein von Natur besonders be⸗ gabter Darsteller, er ist überdies ein gewissenhafter, überlegender und feinsinniger Künstler, von dem man, wie der Erfolg gelehrt hat, eine vollgültige Lösung der hohen Aufgabe erwarten durfte. Der Charakter des Othello ist einer sehr vielseitigen und unterschiedlichen Auffassung wegen seiner Ursprünglichkeit kaum zug inglich, und doch gelang es dem Darsteller, neben alle große Er⸗ innerungen, eine neue selbständige und eigenartige Othello⸗Gestalt zu setzen, die siegreich im Gedächtniß haften wird. Herr Ludwig spielt seinen Othello auf das Reinmenschliche hinaus, in dem die urwüchsige Wildheit des Mohren unter der Oberfläche einer durch die Größe seiner Seele und durch die Anlagen seines Geistes selbst geschaffenen Erziehung und Cultur sich verbirgt. Treuherzigkeit und warmes Gefühl wie die Vornehmheit der Ge⸗ sinnung brachte der Darsteller wirkungsvoll zur Geltung; auch das Ent⸗ stehen und Wachsen der Eifersucht wurde ebenso natürlich wie das Unterliegen gegenüber dem hinterlistigen Intriganten gekennzeichnet. — Die übrigen mitwirkenden Künstler standen fast ausnahmslos dem Titelhelden würdig zur Seite; besondere Anerkennung verdient die Emilia des Fräulein Poppe.
Kroll's Theater. 1
Frau Minnie Hauk hatte wegen Unwohlseins gestern auf ihr Auftreten als Frau Fluth in Nicolai's „Lustigen Weibern von Windsor“ verzichten müssen. An ihrer Stelle sang Fräulein Lange diese Partie und führte sie sehr brav durch. Ihr Sopran ist in der Mittellage etwas schwach, sodaß manches gegenüber dem im Kroll'schen Theater besonders mächtigen Occhester verloren ging. Eine sehr achtbare Leistung war der Falstaff des Herrn Poppe.
Sing⸗Akademie.
Die Sopranistin Frau Paula Gierke, die hier schon seit meh⸗ reren Jahren als Gefanglehrerin thätig ist, gab gestern ein Concert, in welchem sie Lieder von Beethoven, Löwe, Liszt, Sommer, Graf Ph. zu Eulenburg und Cornelius vortrug. Die Stimme ist nicht mehr frisch genug, auch schwankte die Reinheit der Intonation be⸗ denklich; falsche Betonungen beeinträchtigten außerdem den Vortrag der Lieder. Der Violinvirtuos Herr R. Lentz unterstützte das Concert sehr wirksam durch einige Piöcen von Tartini und anderen, die mit großem Beifall aufgenommen wurden, der auch der Sängerin nicht ehlte. Das hübsche Quartett „Minnespiel“ von Schumann, an dessen Vortrag sich auch die Altistin Fräulein V. Zitelmann, der Tenorist Herr Zarneckow und ein ungenannter Bassist betheiligten, bildete den Schluß des Abends.
8 Saal Bechstein.
Der dritte Kammermusik⸗Abend von Gustav und Ingebor Exner und Fritz Espenhahn, der gestern stattfand, brachte zwei größere Werke: ein Trio von Raff (op. 155) für Klavier, Violine
erleuchteten Ausstellungssaale der Schulte'schen Kunsthandlung aus⸗
gestellt sind. Machtvoll ist z. B. der Eindruck der Scene, die uns
und Cello, sowie das schöne Quintett von Schumann (oöp. 44) für