Gedächtnißkirche 10000 ℳ, in zwei Raten Rüssig zu machen; zur Peftandsezung des Bauthors in Kammin 2000 ℳ Zur Durchfü srung des NormalEtats der Land⸗ wirths ftsschule in Schievelbein wurde ein Zuschuß bis zu jährlich aus dem Fonds zur Förderung der Land⸗ und Forstwirthschaft, welchen die Staatsregierung der Provinz 1 d. diesem Zwecke zur Verfügung stellen will, bewilligt; zum
au eines Operationssaales in der Krankenanstalt Bethanien in Neu⸗Torney 5000 ℳ Sodann wurde der Gesetzentwurf über die Regelung des Auenrechts in den sieben östlichen Provinzen der Monarchie zux Berathung gestellt. Der Referent, Kreisrichter a. D. und Rittergutsbesitzer von Köller⸗
Carow beantragte im Namen des Provinzial⸗Ausschusses
und der Landtagscommission, auszusprechen, daß kein Bedürfniß zur geseblichen Neuregelung dieses Gegenstandes in Pommern vorliege. Das Rechtsverhaͤltniß sei nicht unklar, Streitigkeiten hinsichtlich der Ausübung des Auenrechts seien bisher nicht ntstanden; die Aufhebung dieses Privatrechts sei ein Unrecht; öffentliche Mißstände hätten sich nicht fühlbar gemacht; der Zwang von Aufsichtswegen (§9 des Entwurfs) sei überdies unannehmbar. Der Ober⸗Präsident von Puttkamer entwickelte den historischen Vorgang der Gesetzesvorlage und betonte, daß es sich für die Königliche Staatsregierung zunächst nur um eine objective uta jüche Aeußerung des hi einsat. Gedeage über das Bedurfniß und die Zweckmäßigkeit der Gesetzesvorlage für Pommern handele, ohne daß bereits eine bestimmte Absicht der Staatsregierung, diesen Entwurf den Häu⸗ ern des Landtags vorzulegen, sich gebildet habe; er erkenne auch vecönlich nicht die von der Commission und m Provinzial⸗Ausschuß geltend gemachten Bedenken. Der raf Flemming bemerkte noch, daß die bäuerlichen Gemeinden wie er erfahrungsmäßig aus einer Zahl von Fällen wisse — nicht geneigt sein würden, die Auen mit daggnf ruhenden Lasten zu übernehmen, noch weniger gegen Entschädigung. Der Provinzial⸗Landtag nahm fast einstimmig den Antrag des Referenten des Provinzial⸗ Ausschusses und der Commission an. Es wurden ferner die so⸗ genannten Normalstädte im Hinblick auf die bevorstehende Revision der Gebäudesteuer gutachtlich festgesetzt und anerkannt, daß besondere provinzielle Merkmale für die Gebäudesteuer⸗ Einschätzung in Pommern nicht zu vermerken seien.
Breslau, 15. März. Der XXXV. Provinzial⸗
Landtag der Provinz Schlesien ist gestern durch den Königlichen Commissar, Ober⸗Präsidenten D. von Seydewitz mit folgender Ansprache geschlossen worden: Miine hochverehrten Herren! Die Vorlagen, die dem diesmaligen Landtag gemacht worden sind, waren, was ihre Zahl anbelangt, um⸗ fangreich und ihrem Inhalt nach entschieden meist sehr bedeutungsvoll. Sie haben in bewährter Hingebung unter der umsichtigen und von Ihnen soeben anerkannten Leitung Seiner Durch⸗ laucht des Fürsten Hatzfeldt in kurzer Zeit fämmtliche Vor⸗ lagen erledigt, und wenn Sie auch nicht in allen Punkten und allen Vorlagen zugestimmt haben, so sind Sie doch dabei in aller Treue Ihrer gewissenhaften Ueberzeugung gefolgt. Mögen alle Ihre Be⸗ schlüsse der Provinz zum Segen gereichen! Mit diesem Wunsche er⸗ kläre ich im Allerhöchsten Auftrage den XXXV. Provinzial⸗Landtag für die Provinz Schlesien für gesestoffen.
Der Vorsitzende Füxst von Hatzfeldt⸗Trachenberg forderte demnächst die Mitglieder des Landtags auf, sich zum Dank für den Ober⸗Präsidenten D. von Seydewitz von den Pläüßen zu erheben, und schloß darauf die Sitzung mit einem dreifachen Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König, in das die Versammlung lebhaft einstimmte.
Wies baden, 15. März. Der heute Mittag 12 Uhr hier “ (XXVII.) Communal⸗Landtag des Regierungsbezirks Wiesbaden wurde von dem Königlichen Commissarius, Regierungs⸗Präsidenten von Tepper⸗Laski, mit folgender Ansprache eröffnet:
Meine hochgeehrten Herren!
Die heutige Eröffnungssitzung des XXVII. Communal⸗Landtags des Regierungsbezirks Wiesbaden bedeutet zugleich den Beginn einer neuen Wahlperiode. Ich gestatte mir, Sie aus diesem Anlaß namens der Königlichen Regierung herzlich zu begrüßen und dabei zugleich der Fühbe darüber Ausdruck zu geben, den weitaus größten Theil der Früheren Communal⸗Landtagsmitglieder heute hier wiederzusehen.
Ihre Wiederwahl bietet die Gewähr, daf die Verhandlungen des Communal⸗Landtags auch künftig von demselben versöhnlichen, 98. auf das rein Sachliche gerichteten Geiste getragen sein werden, we i. dieselben bisher ausgezeichnet hat, und ich zwe 9 nicht, daß auch die neu eingetretenen 2 üglleder sich darin mit Ihnen vereinigen werden.
Die Königliche Staatsregierung hat Ihnen diesmal Vorlagen nicht * machen. 7
eer Bericht des Landesausschusses über die Ergebnisse der Bezirks⸗ verwaltung für den Zeitraum vom 1. April 1891 bis ultimo 1892 sowie der Voranschlag für das Etatsjahr 1893/94 geben ein erfreu⸗ liches Bild fruchtbarer Thätigkeit auf den verschiedensten Gebieten.
Doch werden Sie sich dem Eindruck nicht wohl verschließen, daß auf einzelnen dieser Gebiete — wie dem des Communal⸗ und Vicinal⸗Wegebaues, des Meliorationswesens, der Unterstützung von Landwirthschaftsschulen und der sogenannten außerordentlichen Armen⸗ pflege — die verfügbaren Mittel zur Bestreitung auch nur der drin⸗ endsten Bedürfnisse kaum noch ausreichen, und 8 der Communal⸗ andtag der Beschaffung weiterer ständiger Einnahmen sich auf die Dauer nicht wird entziehen können.
Die umfangreichen Vorarbeiten, welche das velc vom 11. Juli 1891 auf dem Gebiete des Armenwesens erheischte, sind in dankens⸗ werther und rascher Weise zum Abschluß gelangt.
Unter den übrigen Ihnen zugegangenen wichtigen Vorlagen des Landesausschusses möchte ich diejenige besonders hervorheben, welche Ihnen die Errichtung einer Wittwen⸗und Waisenkasse für die Communal⸗ beamten des Regierungsbezirks Wiesbaden vorschlägt, um — nach dem Vor⸗ bange in anderen Provinzen — den kleineren Communalverbänden — ins⸗ esagg. den Kreisen, Stadt⸗ und Landgemeinden — Gelegenheit zu eben, durch Vermittelung des Bezirksverbandes eine Versorgung der Ee der pensionsberechtigten Communalbeamten herbeizu⸗ führen. Ich wünsche und hoffe zuversichtlich, daß diese Vorlage aus
hrer Berathung in einer Form hervorgehen möge, welche sie ge⸗ 85m macht, nee Zwecke, welchen sie dienen soll, auch wirklich zu erfüllen.
Auf Befehl Seiner Majestät des Königs erkläre ich den XXVII. Communal⸗Landtag des Regierungsbezirks Wiesbaden für
8 “ Sachsen. 8 5
Ihre Majestät die Königin hat sich, wie das „Dr. J.“ meldet, vorgestern Abend nach Baden⸗Baden begeben.
6 Württemberg.
II Der Landtag, der vorgestern nach achtwöchiger Pause wieder zusammengetreten ist, erklärte in seiner ersten Sitzung nach längerer Berathung den Nachweis der richtigen Verwen⸗ dung der Steuern fuͤr 1889/91 für erbracht. Gestern begann der Landtag mit der Berathu. Etats für 1893/95.
Der „A. St.⸗A.“ veröffentlicht nachstehende Erklärung des Staats⸗Ministers von Koseritz:
8 Dessau, den 15. März 1893.
In der Rede zur Eröffnung des Landtags vom 28. Februar d. J. hat der unterzeichnete Staats⸗Minister bei Vorlegung des Etats die finanzielle Einwirkung der Reichsmilitärlast und der Reichs⸗Handels⸗ verträge auf das Budget des Herzogthums, unter Betonung der In⸗ teressen unserer Landwirthschaft, in einer Wendung erwähnt, welche 5ns fals politische Kundgebung gegen die Reichspolitik aufgefaßt worden ist.
Da die bereits in der Plgagsitnag des Landtags vom 6. d. M. abgegebene Erklärung des Uunterzeichneten Staats⸗Ministers, daß es ihm fern gelegen habe, mit seinen Worten irgend eine Kritik der Maßnahmen der Reichsregierung üben zu wollen, in der Presse ziem⸗ lich unbeachtet geblieben oder todtgeschwiegen worden ist, erscheint es nothwendig, unter Feeee. Hinweis auf die gedachte unzweideutige Erklärung der Herzoglichen Staatsregierung, festzustellen, daß diefelbe sowohl der Errichtung der Handelsverträge als der Militärvorlage im Bundesrathe zugestimmt at, mithin auf dem Boden derselben steht, und gerade im gegenwärtigen Augenblick mehr als je sich ihrer Pflicht bewußt ist, treu zu Kaiser und Reich zu halten.
8 “ Der Herzogliche Staats⸗Minister.
Dr. von Koseritz.
86 Elsaß⸗Lothringen.
Der Landesausschuß hat in seiner Sitzung vom 14. d. M. die Novelle zum Gesetze über die Depositenver⸗ waltung in zweiter und unmittelbar anschließend auch in dritter Schunz nach den Commissionsbeschlüssen angenommen. Außerdem wurde die erste Hälfte des Etats (bis einschließlich des Etats der Verwaltung des Innern) in dritter Lesung durchberathen und entsprechend den Commissionsanträgen an⸗ genommen; die Position „für Verbreitung amtlicher Mit⸗ theilungen“ wurde auf Antrag Petri und Ge⸗ nossen von 39 000 auf 30 000 ℳ herabgesetzt. In der Sitzung vom 15. d. M. wurde der Rest des Etats in dritter Lesung angenommen. Der Initiativ⸗Antrag Hochapfel und Genossen auf Einbringung eines Gesetzes über das Gnaden⸗ Quartal wurde in erster, zweiter und dritter Lesung gleich⸗ falls angenommen, nachdem der Staatssecretär von Putt⸗ kamer die Zustimmung der Regierung zu dem Antrag aus⸗ gesprochen hatte. 1“
Deutsche Colonien. Der Kaiserliche Richter des Schutzgebietes der Neu⸗Guinea⸗ Compagnie Brandeis ist am 17. Dezember v. J. in Herberts⸗ höhe eingetroffen und hat die Geschäfte von dem Königlich preußischen Gerichts⸗Assessor Geißler übernommen.
Dr. O. Baumann tritt am 16. d. M. von Tanga die Rückreise nach Europa an.
Zu der in Nr. 62 d. Bl. telegraphisch gemeldeten Nach⸗ richt von dem Gefecht bei Tabora gegen den Häuptling Sikki bemerkt das „Deutsche Colonialblatt“:
Nach einer telegraphischen Meldung aus Dar⸗es⸗Salam ist der Negerhäuptling Sikki von Tabora gefallen, nachdem seine Tembe nach dreitägiger Belagerung durch Lieutenant Prince gestürmt worden war. Diesseits fielen 1 farbiger Offizier und 4 Askaris; 17 Askaris wurden verwundet. Die Erstürmung der Tembe fand am 13. Januar statt, also noch vor Eintreffen der Anfang Januar von der Küste nach Tabora entsandten bedeutenden Verstärkung.
Sikki hat, wie bekannt, seit Jahren der deutschen Herrschaft Widerstand geleistet; er war es hauptsächlich, welcher mit den arabischen Sklavenhändlern in Verbindung stand und von diesen insgeheim unterstützt wurde. Erst kürzlich war seitens des deutschen Stations⸗ chefs Dr. Schwesinger ein Vertrag mit Sikki abgeschlossen worden, welchen dieser gebrochen zu haben sgaut Es steht zu erwarten, daß nunmehr geordnete Zustände in Tabora, dem Mittelpunkt des Kara⸗ wanenhandels nach den Seengebieten, werden geschaffen werden und daß der Ort aufhören wird, jene Stätte des Lasters zu sein, als welche er früher von dem Stationschef Sigl in so lebhaften Farben geschildert wurde.
Ueber die Expedition des Oberst⸗Lieutenants Freiherrn von Schele, welcher inzwischen an der Küste wieder ein⸗ getroffen ist, liegen vorläufige Berichte des genannten stellver⸗ tretenden Gouverneurs, d. d. Mpwapwa, den 21. Januar, und Kilossa, den 16. Januar, vor, denen wir nach dem „Deutschen Colonialblatt“ Folgendes entnehmen:
Am 15. Januar bin ich nach 15 Marsch⸗ und je einem Ruhe⸗ tage an Mafisifähre und in Mrogoro mit der Erpedition in Kilossa angekommen.
m Thal von Mrogoro besuchte 8 die französische Mission. Die Patres nahmen uns sehr freundlich auf. Die Mission liegt außerordentlich malerisch auf einem Hügel in einem wildromantischen Gebirgsthal, das im Hintergrunde von dem 2000 m hohen Lupanga⸗ berge begrenzt wird. Mit außerordentlichem Interesse habe i ie dort allerdings nur im kleinen betriebene Plantagenwirthschaft be⸗ sichtigt. Kaffee gedeiht in der vortrefflichsten Weise, es mögen gegen 300 bis 400, 2 bis 3 m hohe Kaffeebäume, reich mit Früchten in allen Stadien der Entwickelung bedeckt, vorhanden sein. Von dem Wohlgeschmack der Sorte haben wir uns persönlich überzeugt. Ebenso waren kräftig entwickelte Vanillenpflanzen vorhanden, die Patres be⸗
-haupteten indessen, die Anlage sei falsch gemacht, daher die Schoten
nicht gut; sie soll verändert werden. Ferner waren vorhanden Zimmet⸗ baum, Orangen, Limonen, Cocospalme und zahlreiche andere Nutz⸗ bäume, sowie viele Gemüsesorten. Indessen war hier grcßer Wassermangel gewesen, sodaß bei günstigeren Witterungsverhältnissen alles noch viel besser sein soll. Die von den Bergen fließenden Bäche hatten genügendes, sehr schön klares, kühles Wasser. Eine große Zahl ähnlicher Thäler ist vorhanden, die sich, wie die Pakres sagten, in gleicher Weise zu Culturen eigneten. Die Eingeborenen des Thales bauen Mais, Mtama und einen sehr guten Reis. Ich habe die Mission gebeten, einige Proben ihrer Producte nach Dar⸗es.Salam zu senden, ich halte die Anlage von Plantagen hier für möglich, besonders auch mit Rücksicht darauf, daß Europäer in unmittelbarer Nähe, auch der in der Ebene be⸗ triebenen Culturen, in wahrscheinlich gesunder Gebirgshöhe wohnen können. Die Berge steigen in außerordentlicher Steile aus der Ebene auf, sind aber so zugänglich, daß man doch schnell in genügende Höhe kommen kann. 2
Die Station Kilossa fand ich, abgesehen von dem noch gänzlich unfertigen Zustande, in musterhater Ordnung. Die Haltung der Askaris war sehr gut. Eine Alarmirung zeigte die gute Instruction und Disciplin der Leute. Die Umfaffungsmauer nebst Baftionen ist im vertheidigungsfähigen, aber noch nicht vollendeten Zustand, sie ist in Luftziegeln begonnen, wird jetzt aber mit Bruch⸗ steinen weiter gebaut. Eine sehr reichliche Ausrüstung aller Stationen mit Stacheldraht halte ich für nothwendig. Das Stationshaus für die Europäer ist im Rohbau fertig, es fehlt jedoch noch jeglicher Schluß für Thüren und Fenster, was bei den hier herrschenden Bergwinden große Unannehmlichkeiten hat. Die Unteroffiziere wohnen noch in einer Hütte im Stationshof, die Askaris in Hütten außerhalb.
„Die sämmtlichen Herren hier sind einig, daß Mangatua der geeignete Punkt für Anlage einer neuen Station ist, ich werde mir den Punkt ansehen, und mich alsdann entscheiden. Während Lusolwe zwischen Kiperepeta und Kirigawana liegt, liegt Mangatua weiter rückwärts und näher an Kilossa am Mayomboflusse, wo es immerhin eine woch ziih ganz vedset. fruchtbare Gegend deckt, während bei Lusolwe selb 8 üstet und verl 8
1
in Kilossa ein.
8
Ich hatte mär morst die Verlegung in die Gegend des gleich · falls zerstörten a gedacht, um von dort aus wenigstens das Einfallsthor in das Thal zwischen Kihondo und Ulugurugebirge zu schließen, indeffen wird wohl vorläufig auf diesen Gedanken verzichtet werden müssen; sowie aber Mittel vorhanden, wird er zur Verbesse⸗ rung der Stationskette Mpywapwa —Kisaki, welche ich für das allein richtige, noch auf lange Zeit nöthige Schutzmittel halte, wieder aufgenommen werden müssen. Wir müssen aus den Stationen bei Ueberfällen hinausgehen, um den Eingeborenen möglichst Schutz angedeihen zu lassen, dies ist der einzige Zweck derselben und auch das einzige Mittel, um unser Ansehen zu heben und ihr Vertrauen zu gewinnen. Bei den stets absolut unzuverlässigen Orts⸗, Zeit⸗ und Zahlenangaben kann es aller⸗ dings hierbei sehr leicht vorkommen, daß man in Gefechte verwickelt wird, die man bei Kenntniß aller Umstände lieber ver⸗ mieden hätte. w
Die über Kondoa zur Küste führende Karawanenstraße ist wegen der Unsicherheit gänzlich aufgegeben, alles wählt von wapwa den Nordweg über Mlali u. s. w. Auf dem Marsch habe ich mir auch bezüglich der Anlage einer Eisenbahn mit Aufmerksamkeit die Gegend angesehen. In der jetzigen Trockenzeit sollte man meinen, daß die Anlage eine verhältnißmäßig sehr leichte und wenig kost⸗ spielige ist. Der Uebergang über die Puguberge, sowie über den Kingani, Geringeri und Makata dürfte absolut keine Schwierigkeiten machen. Auf drei Fünftel des von mir zurückgelegten Weges könnten die Schwellen fast auf den gewachsenen Boden gelegt werden. Indessen dürften während und nach der Regenzeit auf einigen Strecken, jetzt kenntlich durch schwarzen, tief aufgerissenen Boden, größere Sbheklerigreiten entstehen. — Von Kilossa ist Oberst⸗Lieutenant von Schele am 18. Januar nach Mpwapwa marschirt, wo er am 20. Januar anlangte. Es wurde daselbst ein Wahehe gefangen ge⸗ nommen, der als Führer bei dem Einfall von Kondoa bezeichnet wurde. Am 25. Januar traf Oberst⸗Lieutenant von Schele wiederum
F
Oesterreich⸗Ungarn.
Der Kaiser trifft heute Abend wieder in Wien ein, nachdem er in München, wo die Ankunft heute früh erfolgte, und in Wels einen kurzen See genommen. Die Kaiserin verläßt Territet heute Mittag und begiebt sich über Genf und den Mont Cenis zugächs nach Genua. Wie das „Frdbl.“ meldet, dürfte die Kaiserin auch an den ober⸗ italienischen Seen Aufenthalt nehmen.
Wie die Wiener Blätter von heute melden, hat der Präsi⸗ dent Smolka eine Zuschrist an das Präsidium des Ab⸗ geordnetenhauses gerichtet, worin er die Niederlegung seines Reichsrathsmandats anzeigt. Die Zuschrift ist bisher noch nicht zur Kenntniß des Hauses gebracht worden, weil die Freunde und Parteigenossen Smolka’'s Anstrengungen machen, ihn zum Aufgeben seiner Absicht zu bewegen.
Das ungarische Oberhaus stimmte nach einer Meldung des „W. T. B.“ in seiner gestrigen Sitzung dem Gesetzentwurf über die Festsetzung der Diäten der Abgeordneten auf 2400 Fl. und 800 Fl. Wohnungs⸗ gelder zu. Im Laufe der Debatte über die Verlaängerung des Budgetprovisoriums erklärte der Feldmarschall⸗ Lieutenant Mariassy, er bewillige die Indemnität, jedoch nicht als Vertrauensvotum für die Regierung, deren kirchenpolitisches Programm er mißbillige. Die katho⸗ lische Bevölkerung wünsche die Cilche nicht, die auch den confessionellen Frieden nicht herbeiführen werde. Der Bischof Schlauch sprach sich ebenfalls mißbilligend über die Kirchenpolitik der Regierung aus; er behalte sich vor, bei der Budgetdebatte auf die im Abgeordnetenhause erhobenen An⸗ griffe gegen den Episcopat zu erwidern. Das Budget⸗ provisorium wurde sodann angenommen.
818 Großbritannien und Irland. Das Unterhaus genehmigte nach einer Meldung des „W. T. B.“ in seiner gestrigen Sitzung mit 281 gegen 246 Stimmen die zweite Lesung der von Major Jones beantragten, von der Regierung im unterstützten Bill uͤber die locale Controle des Detailhandels mit geistigen Getränken in Wales. Danach sollen, wenn in einem Be⸗ zirk zwei Drittel der darüber Abstimmenden sich für die Schließung der Schänken erklären, während dreier Jahre keine neuen Schankgerechtigkeiten gewährt und keine alten erneuert werden. Der Kerlamsmts⸗Secelr des Indischen Amts Russell bestätigte die Nachrichten über Ruhestörungen in Chilas (siehe die gestrige Nummer des „R.⸗ u. St.⸗A.“) und fügte hinsu⸗ die letzten der Regierung zugegangenen Be⸗ richte, datirt vom 27. Dezember, meldeten, daß alles in Ordnung sei; es seien telegraphisch Einzelheiten über den Anlaß und die Oertlichkeit, wo die Unruhen stattfanden, verlangt worden.
Der griechische Minister des Innern Theotokis ist in London eingetroffen.
Frankreich. 3 Der bisherige Justiz⸗Minister Bourgeois hat sich, wie
„W. T. B.“ meldet, auf das dringende Ersuchen seiner früͤheren
½
Collegen bereit erklärt, das Justizportefeuille wieder zu uͤber⸗ nehmen.
Bei Beginn der gestrigen Verhandlung in dem Panama⸗ Bestechungs⸗Prozeß nahmen die Vertheidiger der Civil⸗ parteien ihre Plaidoyers wieder auf. Lagasse beklagte sich darüber, daß die Regierung nicht alle Schuldigen habe bekannt⸗ geben wollen, und behauptete, der Skandal werde erst dann sein Ende erreichen, wenn die zanze Wahrheit bekannt sein werde. Lagasse verlangte schließlich die Bestrafung aller Angeklagten. Der Vertheidiger Rousselle sprach sich in demselben Sinne aus. Hierauf begann der Staatsanwalt sein Plaidoyer mit der Erklärung, daß seitens der Anklagebehörde stets alles Mögliche geschehen sei, um volles Licht in der Angelegenheit zu ver⸗ breiten, und sprach sodann von den Kunststücken, die Lesseps angewandt habe, sowohl um die Geschworenen zu täuschen⸗ wie um Unterzeichner heranzuziehen. Die Verhandlungen hätten die volle Schuld von Lesseps ergeben. Der Staats⸗ anwalt rechtfertigte ferner die Intervpention Freycinet’s, Floquet's und Clémenceau's, die Lesseps gerathen hätten, einen Prozeß zu vermeiden, um nicht den Zusammensturz herbeizuführen, und legte dar, wie Lesseps und Fontane Baihaut und Sans⸗Leroy erkauft hätten, um die Ge⸗ nehmigung des Gesetzentwurfs über die Loosobligationen zu erwirken. Er wies endlich nach, daß in gleicher Weise auch Béral, Dugué de la Fauconnerie, Gobron und Proust von Lesseps und Fontane bestochen worden seien, die sich dazu der Vermittelung Reinach's bedient hätten. Er könne nur die strengste Bestrafung, namentlich gegen Lesseps und Fontane, beantragen, die als die Urheber so vielen Elends und so großer Trauer anzusehen seien. Die Sitzung wurde hierauf
fgehob
*
Nach einem Telegramm der „Magd. Ztg.“ haben die socialistischen Abgeordneten in der Deputirten⸗ kammer einen Antrag auf Herabsetzung der Mandats⸗ dauer auf drei Jahre sowie auf Erklärung der Unverträg⸗ lichkeit eines parlamentarischen Mandats mit der Stelle eines Verwaltungsraths in einem Finanz⸗ Institut eingebracht. “
Rußland. u v“ 8
Die bereits in Nr. 44 des „R.⸗ u. St.⸗A.“ vom 20. Februar erwähnte statistische Rubelsteuer wird, wie „W. T. B.“ aus St. Petersburg meldet, versuchsweise bis Neujahr 1894 einge⸗ führt werden. Von jedem eingeführten und ausgeführten Betrag von hundert Rubel ist eine Kopeke an die Zollämter, die der Reisende passirt, oder, wenn die Ein⸗ oder Ausfuhr im Correspondenzwege erfolgt, an die Postämter bei der Abgabe oder beim Empfang der Correspondenz zu entrichten. Jeder Reisende mit einem Auslands⸗Reisepaß ist berechtigt, 3000 Rubel steuerfrei mitzunehmen, den überschießenden Betrag aber muß er in auf Hundert abgerundeter Summe angeben. Bei Unterlassung der Angabe ist eine Strafe von 25 Proc. der verheimlichten Summe zu zahlen. Der Finanz⸗Minister ist berechtigt, um eine Verlängerung der Rubelsteuer einzukommen, sowie zu bestimmen, welche Beträge Personen mit kurz ter⸗ minirten Grenzpassirscheinen bei Ueberschreiten der Grenze steuerfrei mitnehmen dürfen. Das Finanz⸗Ministerium wird die Anordnungen erlassen und veröffentlichen, die erforder⸗ lich sind, damit durch die Rubelsteuer der Grenzverkehr nicht gehindert werde.
Italien. In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer er⸗ klärte dem „W. T. B.“ zufolge der Minister des Auswärtigen Brin auf eine Anfrage des Deputirten Galli: es sei unrichtig, daß die Vertreter der Mächte in Kon⸗ stantinopel V8 General⸗Gouverneurs für Kreta eparfohle hätten. Der gegenwärtige General⸗Gouverneur habe thatsächlich seine Entlassung gegeben, die Pforte habe sich aber über das Entlassungsgesuch noch nicht ausgesprochen. Bei der Ernennung eines neuen General⸗Gouverneurs werde Italien im Einvernehmen mit den übrigen Mächten freundschaftlich dahin wirken, daß man sich von den freundlichsten Ge⸗ fühlen für die Bewohner von Kreta leiten lasse. Im weiteren Verlaufe der Sitzung wurde nach achttägiger General⸗ debatte über den Gesetzentwurf wegen der bei den Civil⸗ und Militärpersonen zu treffenden zur Sicherung des Budgetgleichgewichts für die jahre 1892/93 und 1893/94 zur Anwendung gelangen sollen, der Uebergang zur Berathung der einzelnen Artikel beschlossen. In namentlicher Abstimmung war eine von Colombo, von der Rechten, beantragte Tagesordnung, die sich entschieden gegen den Gesetzentwurf ausspricht und deren Ablehnung der Minister⸗Präsident im Namen der Regierung gefordert hatte, mit 243 gegen 40 Stimmen verworfen worden.
Spanien. In einer gestern abgehaltenen Sitzung des Ministerraths
“ „ . — * wurde, wie „W. T. B.“ meldet, eine Steuer von eins
pro Mille auf Börsengeschäfte angenommen. Der Arbeits⸗Minister beabsichtigt, einen Gesetzentwurf über die Reorganisation der Körperschaft der Börsenagenten ein⸗ zubringen.
Salmeron ist gestern bei seiner Ankunft in Madrid mit lebhaften Kundgebungen und Hochrufen auf „die Republik“ empfangen worden. Ruhestörungen sind nicht vorgekommen.
Portugal. 8
8 Dem Vernehmen nach berieth der gestern abgehaltene Ministerrath, wie „W. T. B.“ meldet, über die den In⸗ habern von Titeln der äußeren Schuld gegenüber öö Haltung; über die gefaßten Beschlüsse ist noch nichts bekannt. 1 8
Bei den Nachwahlen in den Städten Cazak und Pirot wurden, laut Meldung des „W. T. B.“, die Can⸗ didaten der Regierungspartei gewählt. Durch Ungültigkeitserklärung von 6 Wahlen in dem Wahlbezirke von Rudnik haben die Radicalen 6 Sitze verloren. Nach dem bis⸗ her bekannten Wahlresultat sind 70 Liberale, 50 Radicale, 3 Angehörige der Fortschrittspartei gewählt. Die Regierung erlangte somit jedenfalls, selbst mit Wegfall der noch ausstän⸗ digen vier Wahlen im Piroter Wahlbezirk, die absolute Majorität.
Amerika.
8 Das ‚Reuter'sche Bureau“ meldet aus vnengz⸗Mires: Zwischen den Vertretern Chiles und Argentiniens ist Lein Uebereinkommen behufs Regelung der Grenz⸗ schwierigkeiten unterzeichnet worden. Aus Catamarca wird eine unbedeutende aufständische Erhebung ge⸗ meldet. Die Aufständischen haben von der Eisenbahn Besitz
1““
Parlamentarische Nachrichten. 8 3 Deutscher Reichstag.
11 Bericht über die gestrige Sitzung befindet sich in der Ersten Beilage.
68. Sitzung vom Donnerstag, 16. März, 1 Uhr.
Der Sitzung wohnen bei die Staatssecretäre Dr. von Boetticher und Freiherr von Marschall.
Zur ersten Berathung steht der Freundschafts⸗, Han⸗ dels⸗ und Schiffahrksvertrag zwischen dem Reich und e Columbien.
1 g. Oechelhäuser (nl.) ist erfreut über diesen Abschlu den Meistbegünstigungsvertrags, der den vangeteiranischen Geschluß ver Fereinigten Staaten einen Damm entgegensetze. Er beantragt fine eisung des Vertrags an eine Commission, um u. a. die Be⸗
immung des Art. 20 näher zu erörtern, wonach die deutsche Re⸗ Perung. mit Ausnahme der Fälle, in welchen ein Verschulden oder ein ne mnger an schuldiger Sorgfalt seitens der Behörden Columbiens vor⸗
9 bnte Srac e Regierung nicht verantwortlich machen wird für Dehtsche, Hedeückungen oder Erpressungen, welche die Angehörigen des Bürgertri eichs in dem Gebiete Columbiens bei Empörungen oder gerkriegen seitens Aufftändischer zu erleiden haben sollten, oder
welche ihnen durch wi Stäa gerüst werden. ch wilde, der Regierung ungehorsame Stämme zu⸗
der Pforte die Ernennung eines christlichen
Maßnahmen, die Finanz⸗
tragen könne; eine schneid
Abg. Dr. von Bar (dfr.) stimmt dem Vorredner zu und be⸗
anstandet auch, daß in dem Vertrage eine Bestimmung über die egenseitige Auslieferung von Verbrechern aufgenommen ist, welche esser in einem besonderen Vertrage geregelt würde.
Abg. Broemel (dfr.) empfiehlt gleichfalls Commissiynsberathung.
Abg. von Staudy (dcons.) spricht sich auch bei dieser Gelegen⸗ heit gegen das neue System der Handelsverträge aus, wie es bei dem vorliegenden Handelsvertrage fortgesetzt werden soll. In der deutschen Bevöllerung mache sich gegen das System ein immer stärkerer Wider⸗ svruch geltend. Die Deutscheonfervativen werden in ihrer großen Mehrzabt jetzt auch für Commissionsberathung eintreten.
Staatssceretär Freiherr von Marschall macht darauf aufmerk⸗ sam, daß es sich garnicht um einen Tarifvertrag, sondern um einen Meistbegünstigungsvertrag handelt, wie ihn als Muster gerade die Abgg. Graf Mirbach und Graf Kanitz empfohlen haben. Der Re⸗ gierung könne es nur lieb sein, wenn jede Einzelbeit des Vertrags
ündlich in einer Commission geprüft würde. Der Abschluß eines Pertrags zwischen Columbien und dem Deutschen Reich sei schon seit 20 Jahren Gegenstand der Berathung, da der bestehende han⸗ seatisch⸗neugranadinische Vertrag sich auf das Deutsche Reich nicht habe ausdehnen lassen. Seit 1883 werde über einen solchen Ab⸗ schluß berathen, aber erst 1891 seien die Verhandlungen wirklich in Fluß gerathen, und endlich sei am 23. Juli 1892 der Ver⸗ trag zu Bogota abgeschlossen worden. Der angefochtene Artikel 20 SE wörtlich dem Artikel 18 im mexikanischen Vertrage, der seinerzeit vom Reichstag ohne Dehatte angenommen wurde. Art. 6, betreffend die Ausweisung übel heleumundeter Individuen, entspricht wörtlich dem Art. III. des Vertrages mit Ecuador von 1887.
Abg. Dr. von Marquardsen (nl.) hofft, daß in künftige Handelsverträge eine Sicherheit, wie sie im Art. 20 ausgesprochen wird, allgemein zur Aufnahme gelangt.
Abg. von Staudy (dcons.) erklärt, daß seine Partei bei neuen Handelsverträgen von jetzt ab immer Commissionsberathung beantragen wird. Ferner beklagt sich Redner über die unfreundliche Behandlung, welche die Rechte vom Bundesrathstische auch bei dieser Gelegenheit wieder erfahren müsse. Diese Unfreundlichkeit werde die Partei in der festen Stellung, die sie eingenommen habe, nur bestärken. Einen russischen Handelsvertrag würde sie unter keinen Umständen annehmen.
Staatssecretär Peheerr von Marschall: Ich bin mir nicht bewußt, irgend ein Wort gesagt oder auch nur gedacht zu haben, welches den Ausdruck Unfreundlichkeit rechtfertigen würde. Die Hinein⸗
ziehung der diplomatischen Verhandlungen über den russischen Handels⸗ vertrag in die Debatte könne wirkli⸗ Vortheil sein.
Bei Schluß des Blattes hat der Abg. Broemel das Wort.
für keinen Betheiligten von
Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 53. Sitzung vom 16. März. 8 Der Sitzung wohnt der Präsident des Staats⸗Ministeriums, Minister des Innern Graf zu Eulenburg bei. Auf Antrag des Abg. Stengel (freicons.) wird an Stelle
des Abg. Eberhard (cons.), der sein Mandat niedergelegt Fs. Abg. Bode (enf) durch Zuruf zum Schriftfuͤhrer gewählt.
In der ersten Berathung des Gesetzentwurfs über die Erweiterung der Stadtgemeinde und des Stadt⸗ kreises Kiel (durch Einverleibung der Landgemeinde Wik) befürwortet Abg. Seelig (dfr.) dringend, worauf sie sofort in zweiter Lesung genehmigt wird.
Darauf bolgt die dritte Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend Aenderung des Wahlverfahrens.
In der Generaldebatte erklärt
Abg. von Eynern (nl.) namens seiner Parteifreunde, daß die in der zweiten Lesung beschlossenen Zusätze über die Einführung einer oberen Grenze von 2000 ℳ für die Fintommenstener und über die Eintheilung der Urwahlbezirke in besondere Abtheilungen es ihnen unmöglich machten, für das Gesetz zu stimmen, weil dadurch das Princip des Gesetzes, die Bemessung des Wahlrechts nach der Steuer⸗ sählung, durchbrochen werde. Das Centrum wolle und werde durch diese Aenderung einen unberechtigten Einfluß auf die Gestaltung des Schulwesens und auf die Besetzung der Selbstverwaltungs⸗ ämter gewinnen. Namentlich werde die Eintheilun der Urwahlbezirke in besondere Abtheilungen das Dreiklassenwahlsystem zu einer Caricatur machen und dadurch neue Angriffspunkte auf das Wahlsystem schaffen.
Abg. Dr. von Heydebrand und der Lasa (cons.) erklärt, daß die Conservativen das Gesetz ablehnen würden, wenn die von dem Vorredner angeregten Aenderungen vorgenommen würden.
Abg. Rickert (dfr.): Diese kurze Bemerkung des Vorredners zu diesem Gesetz ist erklärlich, denn Gründe haben die Herren ja nicht für ihre Entschließungen. Das aeg. ist wirklich eine Caricatur, das kann man jetzt noch sagen, da es erst ein Entwurf ist, und es steht ja noch nicht ganz fest, ob es Gesetz werden wird, denn wir haben ja noch ein Herrenhaus! Es ist freilich seltsam, daß wir vom Herrenhaus etwas in dieser Frage erwarten. In dem Gesetz ist kein System, keine Logik; kein Staat hat ein so principloses Wahlgesetz. Dieses Gesetz wird das Grab des Dreiklassenwahlsystems werden und insofern haben wir nichts dagegen. ie das Gesetz wirken wird, weiß noch kein Mensch. Aber wenn man das Princip der Steuerleistung proclamirt, warum nimmt man denn nicht eine andere Eintheilung der WPohicgeile vor? Das ist eine Absurdität. Für Berlin, welches so viel Einkommeusteuer zahlt wie Ostpreußen,
esstpreußen, Pommern, verhde nbüng und Posen zusammen, hat man nur die Lappalie von neun Abgeordneten. Die Regierung hält grundsätzlich an dem Dreiklassenwahlsystem fest. Aber die Geschichte ist auch schon über festere Regierungen zur Tages⸗ ordnung übergegangen. Redner wendet sich dann gegenüber den Ausführungen des Abg. Dr. Graf⸗Elberfeld in der zweiten Lesung dagegen, daß er und söene Freunde dadurch zum Radicalismus über⸗ gegangen seien, daß sie für die geheime Wahl eingetreten seien. Die Nationalliberalen hätten Feghe gsich ganz bestimmt für die allgemeine geheime Wahl ausgesprochen. Redner hedauert, daß die Freisinnigen nicht stark genug seien, um eine namentliche Abstimmung über diese Frage herbeizuführen; das Centrum habe die Unterstützung eines soll een Antrages abgelehnt. Der Abg. Herrfurth habe in der zweiten Berathung erklärt, daß der preußische Staat stark genug sei, die geheime Wahl zu efnsgen. wenn auch nicht jede Fraction sie er⸗
gen kön gere Kritik der hier verfolgten Fractions⸗ politik könne es gar nicht geben. Der innerste Herzenswunsch der Herren von der Rechten sei ja wohl die Volksvertretung nach corpo⸗ rativen Verbänden, nach Ständen. Das ist aber eine umstürzende Forderung. Die Grundlage des Waplsöstemms des Reichs ist 218 und stärker als das preußische Wahlsystem, und das Reich wird schließlich den Sieg erringen!
Abg. Dr. Bachem (Centr.): Wir haben bei der zweiten Lesung hesehen Standpunkt im agessgen vertreten, e jeder, der ihn ver⸗ stehen will verstehen kann. ir werden deshalb uns nur auf das Noth⸗ wendigste beschränken. Die Drittelung in den Urwahlbezirken gefällt den Nationalliberalen nicht aus parteipolitischen Gründen, wie sie sagen; ich habe niemals von parteipolitischen Gründen gesprochen, und die Confervativen, mit denen zusammen wir das Gesetz machen, haben nicht erkannt, daß parteipolitische Gründe 2.ae. sind. Ihr Urtheil ist mir mehr werth, als das der Nativnalliberalen. Uebrigens haben die Nationalliberalen in der Commission die Fer. stellung einer Grenze von 2000 ℳ zuerst selbst angenommen. Wes⸗ halb wird jetzt eine solche Bestimmung als ein Parteigesetz betegeäf 2 Sind dafür etwa parteipolitische Gründe maßgebend? Der Abg. Rickert macht uns den Vorwurf, daß wir die namentliche Abstimmung
der Commission gegen die
nicht unterstützen wollen. Der Abg. Rickert sehnt sich wohl nach der 82 zurülck, 98 in den „Lustigen Vkättern⸗ ein Bild erschien, der Abg. Rickert mit der Reichsglocke voran und das Centrum hinter ihm her. Der Abg. Rickert fühlt sich isolirt; aber wir werden jetzt ihm keine Gefolgschaft leisten, bis er eine bessere Politik, welche die realen Thatsachen berücksichtigt, treibt. Unser Standpunkt zur geheimen Ab⸗ stimmung ist bekannt, wir brauchen nicht die Zeit mit langen Reden und namentlichen Abstimmungen zu vergeuden. Wir werden an dem Compromiß festhalten, da die Conservativen ehrlich daran festhalten.
Abg. Freiherr von Zed litz (freicons.): Die Beschlüsse der zweiten g ha⸗ öffnen das Thor weit für den Einzug des gleichen allgemeinen Wahlrechts in Preußen; das Dreiklassen⸗Wahlsystem wird an mehreren Stellen durchbrochen, und zwar sowohl unten wie oben. Das Centrum betrachtet die Beschlüsse als einen Fortschritt; das Ziel des Centrums ist aber das gleiche und geheime Wahlrecht; jeder Fortschritt muß also auf dem Wege zu diesem Ziele liegen. Deshalb ist der Gesetzentwurf nicht eine Schutzwehr gegen das geheime Wahl⸗ recht, sondern eine Etappe dazu und kann daher nicht gedeihlich wirken. Wir haben unsere Anträge wiederholt, weil ja mit der bebttgfn Verhandlung die gesetzgeberische Thätigkeit noch nicht be⸗ endet ist.
Präsident des Staats⸗Ministeriums, Minister des Innern Graf zu Eulenburg: Ich habe durchaus nicht erklärt, daß die Beschlüsse der zweiten Lesung eine Verbesserung des Dreiklassenwahlsystems sind. Ich habe den Vorschriften der Regierungsvorlage den Vorzug gegeben und nur gebeten, die Beschlüsse so zu faßen, daß die Grundlagen des Dreiklassenwahlsystems gestärkt werden. Ich halte die Steuergrenze von 2 ℳ, nicht hel zweckmäßig und bitte, dieselbe abzu⸗ lehnen. Der Abg. Rickert hat eine Vorlage über die Abänderung der Wahlbezirke verlangt. Wir haben bisher diese Frage immer gesondert behandelt, wir könüten sie aber jetzt mit der Frage des Wahlsystems zusammenbringen. Aber wenn Herr Rickert sich auf meinen Amtsvorgänger berufen hat in Bezug auf die geheime Wahl, so sollte er für die Feue der Wahlkreiseintheilung auch seine Autorität gelten lassen. Der Abg. Herrfurth hat sich gegen die Verbindung der
ahlkreiseintheilung mit dem Wahlsystem ausgesprochen. Daß allein durch die geheime Wahl das Stimmrecht geschützt wird, kann ich nicht zugeben. Jedenfalls ist es nicht richtig, daß wir die geheime Wahl deshalb nicht wollen, weil darin ein Schug des Stimmrechts liegt. Wir wollen auch bei der öffentlichen Abstim⸗ mung das Stimmrecht schützen. (Zustimmung rechts.) Die Logik unserer Vorlage liegt klar vor Augen —; wir wollen das Wahlsystem aufrechterhalten und es den veränderten Verhältnissen anpassen. Die Aenderungen der Commission und die Beschlüsse der zweiten Lesung sind Abweichungen vom Princip; aber in der Praxis werden sie eine unbedeutende Wirkung haben. Dafür, daß die Grenze von 2000 ℳ in dem einen Theil des Staats anders wirken würde als in dem anderen, dafür fehlen mir vollständig die Beweise. Ich kann nur wiederholen: Stellen Sie die Regierungs⸗ vorlage wieder her; wenn Sie sich nicht dazu verstehen können, dann verbittern Sie sich nicht über die einzelnen Bestimmungen; in der Hauptsache bleibt die Sache auf dem gleichen Wege, es handelt sich um Reparatur unseres Wahlrechts, welches wir beibehalten wollen.
Abg. von Czarlinski (Pole): die Zustimmung zu dem Ein⸗ ““ ist von allen Parteien abhängig gemacht von dem Zustandekommen eines genügenden Wahlgesetzes; ob das Wahlgesetz den einzelnen Parteien genügt, muß ihnen überlassen bleiben. Für uns ist das Gesetz nicht genügend. Wir verlangen die Einführung des allgemeinen directen gleichen und geheimen Wahlrechts. Wir werden für die dahin gehenden freisinnigen Anträge stimmen, aber gegen die Beschlüsse der zweiten Lesung und gegen die Regierungs⸗ vorlage.
Abg. Dr. Graf⸗Elberfeld (nl.) behält sich eine Erwiderung auf die Angriffe des Abg. Rickert vor und erklärt dem Abg. Bachem gegenüber, daß in der Commission der Abg. Rintelen den partei⸗ politischen Standpunkt ausdrücklich in den Vordergrund gestellt habe. Das Centrum habe sich dem Compromiß angeschlossen, behalte sich aber eine spätere Entschließung vor: es stimmt für alle freisinnigen Anträge!
Abg. Rickert (dfr.): Die öffentliche Abstimmung foll ein Schutz für die Schwachen und Abhängigen sein. Ist es dem Minister nicht bekannt, daß Beamte bei der öffentlichen Abstimmung für die Conservativen, bei der geheimen Wahl aber für Feehinnig⸗ oder sogar Socialdemokraten stimmen? Der Abg. Bachem hätte wahr aftig keinen Grund, so hochfahrende Worte Tuns gegenüber zu gebrauchen. Früher hat das Centrum große Worte gemacht, und jetzt giebt es klein bei; diesen Widerspruch fühlen die Herren auch ganz gut und deshalb wollen sie von einer va menten he Abstimmung nichts wissen. Ein genügendes Wahlgesetz, das alle Parteien als Ergänzung der Steuer⸗ reform verlangten, liegt nicht vor; die Vorlage ist durchaus kein Fort⸗ shett. Uebrigens hat der Abg. Langerhans in der Commission nicht
oß eine Rede für das geheime Wahlrecht gehalten, sondern auch einen darauf bezüglichen Antrag gestellt. Was verlangt der Abg. Bachem noch mehr?
Abg. von Eynern (nl.) erklärt, daß die Nationalliberalen, wenn über die geheime Wahl namentlich abgestimmt werden sollte, egen sie stimmen würden. Sie könnten für die geheime Wahl timmen, würden aber damit nur das ganze Gesetz zu Fall bringen; eine solche Abstimmung aus Bosheit würden die Nationalliberalen aber sich nicht zu Schulden kommen lassen.
Damit schließt die Generaldiscussion.
Für die Specialberathung liegen fast sämmtliche Anträge der zweiten Lesung wieder vor: 1) Zum § 1 der Antrag von Zedlitz: Die Steuergrenze und die Anrechnung von je 3 ℳ für die steuerfreien Wähler zu streichen und in die erste Abtheilung 45 Procent, in die zweite 33 Procent und in die dritte 22 Procent des Steuerbetrages zu verweisen. 2) zum § 2 ein freisinniger Antrag, den zwanzigsten Theil der Wähler der ersten, ½ der zweiten Klasse uzuweisen; 3) zum § 4 (Drittelung in den Urwahlbezirken) der Antrag von Zedlitz auf Streichung, und 4) zum 8 5 der freisinnige Antrag auf Einführung der Füechen Abstimmung. 1
§ 1 wird, nachdem der Abg. Friedberg (nl.) nochmals Protest dagegen erhoben hat, daß das Wahlrecht der Ein kommensteuerzahler in den höheren Stufen verkürzt werde, unverändert nach den Beschlüssen der zweiten Lesung an⸗ Herocicen. zur Minderheit gehören die Freiconservativen, die Nationalliberalen, Freisinnigen und die Polen. .
Ebenso werden die §§ 2, 3, 4 und 5 unverändert ange nommen. 1
Ueber den von den Freisinnigen beantragten § 5a wegen der geheimen Abstimmung soll nach dem Antrage der Frei⸗ sinnigen namentlich abgestimmt werden; der Antrag wird aber nicht genügend unterstützt; § 5a wird gegen die Stimmen der Ferüstnnigen, der Polen und der Bälste des Centrums ab gelehnt. 8 Die §§ 6 bis 8 werden ebenfalls genehmigt, nachdem
beim § 8 1 M Abg. Rintelen (Centr.), zugleich im Namen seines Fractionsgenossen Fritzen erklärt Süa deß sie beide in 8 Commissionsbeschlüsse gestimmt, sich aber ihre 2eenc für das Plenum vorbehalten hätten; sie würden jetzt für die Beschlüsse der zweiten Lesung stimmen, um das Zustandekommen des Gesetzes, das eine Besserung mit sich bringe, nicht zu verhindern. Redner erklärt sürtepec, daß in Bezug auf seine politischen Freunde in der Annahme der Vorlage eine fsels nenef a8⸗ Dreiklassenwahlsystem nicht liege. 8 In der S es amun wird das Gesetz unverändert nach den Beschlüssen der zweiten Lesung im ganzen ang
nommen gegen die Stimmen der Fre nigen, der Polen,