der Nationalliberalen und des größ'en Theils der Frei⸗
conservativen. Schluß 1 ½ Uhr.
— Im 2. Arnsberger Landtags⸗Wahlbezirk (Olpe, Meschede) ist an Stelle des verstorbenen Ober⸗Tribunals⸗ Raths a. D. Peter Reichensperger Ober⸗Rentmeister Böse in Münster (Centrum) mit 193 gegen 50 Stimmen, welche der Redacteur Fusangel in Bochum (Centrum) erhielt, zum Mit⸗ gliede des Hauses der Abgeordneten gewählt worden.
— Der Abg. Graf Douglas hat mit Unterstützung der Mit⸗ glieder der freiconservativen Fraction in dem Hause der Abge⸗ ordneten eine Interpellation des Inhalts eingebracht, welche e die Regierung der Choleragefahr gegenüber zu ergreifen gedenke.
Theater und Musik.
Wallner⸗Theater.
Gestern Abend gelangte ein älteres Lustspiel: „Die Rosa⸗ Dominos“ von A. Hennequin und E. Delacour, das schon vor vielen Jahren im Stadt⸗Theater, zuletzt vor zwei Jahren im Lessing⸗Theater aufgeführt wurde, von den an dieser Stätte gastiren⸗ den Mitgliedern des Lessing⸗Theaters neu eingeübt zur Darstellung und fand bei den 35 wohlwollenden Beifall. Die zahlreichen lustigen Verwechselungen, zu denen der Pariser Opernball die Ge⸗ legenheit giebt, erweckten an manchen Stellen wieder die lebhafteste Heiterkeit, wenn auch nicht zu verkennen ist, daß die Wirkung dieser nun auch in anderen Stücken oft benutzten Gedanken sich im Laufe der Jahre be⸗ deutend abgeschwächt hat. Einen wirklich durchschlagenden Erfolg erzielte nur der dritte Act, wo der Situationswitz sich in so hohem Grade steigert, daß vollständige Lachstürme dadurch hervorgerufen wurden. Weniger Anklang fanden die von den Verfassern im Laufe des Dialogs eingestreuten weltklugen Grundsätze und weisen Ver⸗ haltungsmaßregeln, die aus dem Munde der die „Rosa⸗Dominos“ a. beiden jungen Frauen nicht recht überzeugend wirken onnten.
Unter den Darstellern, die sich durchweg durch ein flottes Spiel auszeichneten, verdienen besondere Hervorhebung Frau Walther⸗ Trost und Herr Höcker, die das alte Ehepaar Beaubuisson gaben. Den von der Tante straff im Zügel gehaltenen Neffen, der hinter ihrem Rücken sich aber doch alle möglichen unerlaubten Genüsse zu verschaffen weiß, spielte, wie bei den früheren Aufführungen, Herr Schönfeld mit gefälligem Humor. Mit Geschick wurden die beiden Ehepaare von den Damen Drucker und Ernst sowie den Herren Lessing und Costa gegeben. Auch Fräulein Wagen, die ebenso wie die zuletzt erwähnten Darsteller zum ersten Mal in diesem Stück auftrat, verdient für die Wiedergabe eines Kammermädchens,
des dritten Rosa⸗Domino, Anerkennung. Kroll's Theater. Die gestrige erste, während des Gastspiels des Fräuleins Nevada u ermäßigten Preisen veranstaltete Vorstellung brachte eine Wieder⸗
bolung des „Barbier von Sevilla“. Das ganze Wesen und
die Erscheinung weisen die ee. auf Rollen wie die Rosine im
„Barbier“ hin, bei denen scherzhafte Anmuth und gefällige Leichtigkeit des Vortrages und des Spiels Hennpherforvermite des Gelingens sind; Fräulein Nevada bringt denn auch die Partie der Rosine im Spiel und im Feshnerercfe⸗ mit gleicher Vollendung zur Wirkung. Die von der silberhellen Stimme und der technisch unvergleichlichen Schulung entzückten Hörer forderten von der Sängerin Einlagen, so lange e solche zu geben vermochte. Auf die Arie „La 8 du Brésil“ folgten zwei deutsche Lieder „Der Vogel im Walde“ und „In der Fremde“ von Taubert, und den Schluß machte der „Schattenwalzer“ aus Meyerbeer’s „Dinorah — Die übrigen Rollen waren in gleicher Weise, wie bei der ersten Aufführung, besetzt; die Herren Padilla (Figaro), Mayan (Basilio) und Marly (Bartolo) erzielten frische und erfreuliche Wirkungen; nur Herr Pandolfini (Graf Almaviva) vermochte sich dem Ganzen nicht ebenbürtig einzufügen. Sing⸗Akademie.
Das zweite Concert des durch sein interessantes Orchesterwerk „Die Jagd nach dem Glück“ bekannten Componisten und Pianisten Herrn Richard Burmeister bestand in einem Klavier⸗Abend. Schon die Wahl des Programms erweckte günstige Erwartungen. Mit Händel's Sarabande und Chaconne, aus der Oper „Almira“, von Liszt übertragen, begann der Concertgeber. Seine geistvolle, stets fesselnde Art des Vortrages kam in diesem Werke und in der wundervollen, seltener gehörten Fis-moll⸗Sonate von Schumann, vortrefflich zur Geltung. Der zarte Vortrag des Schubert'schen,
C-moll⸗Impromptus und der vier Präludien von Chopin, sowie die
virtuose Beherrschung der Schwierigkeiten in Chopin's H-moll⸗Scherzo regten die Zuhörer zu lautem Beifall und Hervorruf an. Eine gleich günstige Aufnahme wurde auch Liszt's „Bénédiction de Dieu“ und dessen „Pester Carneval“ 88 theil.
aal Bechstein.
Der Pianist Herr Dr. Ernst Jedliczka, seit längerer Zeit durch seine erfolgreiche Lehrthätigkeit am Klindworth'schen Confervatorium bekannt, gab gestern einen Klavier⸗Abend, den er mit drei allgemein beliebten klassischen Werken: dem italienischen Concert von Bach, der C=-moll-Phantasie von Mozart und der As-dur-Sonate von Beethoven, op. 26 (mit dem Trauermarsch) eröffnete. Die Vortragsweise des Spielers hat etwas Trockenes, während seine Sicherheit im Technischen und die Sorgfalt in der gewissenhaften Wiedergabe des Inhalts ihren Eindruck nicht verfehlten, sodaß ihm lebhafter Beifall gespendet wurde. Mehrere in unserer Musikwelt gleichfalls viel gepflegte Stücke von Chopin, sowie die Gavotte von D'Albert und die kleine Romanze von Rubinstein (Es-dur) folgten den erstgenannten Pibcen. Den Beschluß machte eine brillante und ziemlich schwierige „Rhapsodie d'Ukraine“ eigner Composition, die sich gleich den übrigen Vorträgen sehr lebhafte Anerkennung erwarb.
Im Königlichen Opernhause finden am Sonnabend und Sonntag Wiederholungen des neuinscenirten „Freischütz“ statt.
In der morgigen Vorstellung von Goethe's „Faust“ im König⸗ lichen Schauspielhause spielt Friedrich Mitterwurzer den Mephisto, Frl. Lindner das Gretchen und Herr Ludwig den Fauft.
Für Freitag ist im Berliner Theater eine Wiederholung
Hippia von einem neu
Lustspiel „Kean“ in Seene geht. Am Sonntag Abend tonmk. „Hamlet“ mit Ludwig Barnay in der Titelrolle zur Aufführung, und am Sonntag Nachmittag wird „Der Hüttenbesitzer“ wiederholt.
4
Die Vorbereitungen zu „Viel Lärm um Nichts“ sind soweit ge. fördert, daß das Werk mit Ludmig Barnay und Nuscha Butze in den
Hauptr ollen im Laufe der nä gehen kann. 1
„Die Tragödie des Menschen“ wird im Lessing⸗Theater in⸗ der folgenden Besetzung der Hauptrollen zur Aufführung kommen. Die Eva spielt Marie Reisenhofer, den Adam Georg Molenar, den Lucifer Gustav Kober, den Erzengel Michael Elise Sauer. In der römischen Scene wird der Catulus von Oscar Sauer und die eingetretenen Mitgliede, Marianne werden. Zwei charakteristische Episoden werden von Carl Waldow und Ernst Horn dargestellt, während für die Rolle des Apostels Petrus in Erich Schmidt ein Schauspieler gewonnen wordendist der sich auch schon auf anderen Bühnen als ein geschulter Redekünstler erprobt hat. Die zur Handlung
Gerster, dargestellt
ehörige Musik rührt von dem ungarischen Componisten Julius Erkel -
er und ist von dem mburger Kapellmeister William Sichel bearbeitet und ergänzt worden.
Hedwig Niemann wird in der nächsten Woche am Wallner⸗ Theater ein Gastspiel beginnen, das fünf Vorstellungen umfassen und der Künstlerin die Gelegenheit bieten wird, neben drei ihrer be⸗ liebtesten älteren Rollen auch eine neue Schöpfung vorzuführen. Es ist die Madame Guichard in dem Schauspiel „Monsieur Alphonse“ von Alerander Dumas fils, das vor Jahren im Residenz⸗Theater einen ungewöhnlichen Erfolg errungen hat, aber seitdem aus dem Spielplan verschwunden ist.
Im Kroll'’schen Theater wird Signora Nevada außer morgen, wo sie die Titelrolle in Verdi’'s „Traviata“ singt, nur noch einmal, in der nächsten Woche, auftreten.
Das „Pariser Trio“, bestehend aus dem Pianisten Louis Breitner, dessen Gattin, der Violin⸗Virtuosin Mme. Berthe Breitner⸗Haft und dem Cello⸗Virtuosen F. Ronchini, wird am Sonnabend, 7 ½ Uhr, im Saal Bechstein seinen erften Kammer⸗ mufik⸗Abend veranstalten. Zur Aufführung gelangen Werke der vfh feer französischen Kammermusik, wie Compositionen deutscher
eister. 1
Nach Schluß der Redaction eingegangene v Depeschen. 1
Stuttgart, 16. März. (W. T. B.) Der „Staats⸗ Anzeiger für Württemberg“ erklärt auf das entschiedenste die Zeitungsgerüchte von einer Verlobung des Herzogs Nicolaus von Württemberg mit der Prinzessin Olga Marie von Sachsen⸗Weimar für unbegründet.
Chicago, 15. vn (W. T. B.) Das hiesige deutsche Konsulat ist theilweise durch Feuer zerstört, die Archive sind gerettet. “
sten Woche erstmalig in Scene
von Moser's „Veilchenfresser“ angesetzt, während am Sonnabend das
(Fortsetzung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
Wetterbericht vom 16. März, r Morgens.
von Peter Jo
Wind. Wetter.
7 Uhr.
5 ° C. = 40 R.
Temperatur boto.] in 0 Celsius
8 5 5 8 5 2
u. d. Meeressp.
red. in Millim. .
WNW 6 wolkig
Mullaghmore 751 WNW 6 heiter
Aberdeen .. 743 Christiansund 725 WSW 7 wolkig Kopenhagen. 749 SW 4 Dunst Stockholm. 737 WSW 6 heiter eeee. . 727 NO 4 Schnee tPetersburg 740 SW 3 Regen Moskau . 751 WSW I bedeckt Cork, Queens⸗ towmn.. 755 Cherbourg. 758 elder 752 147348 mburg. 752 winemünde 752 Neufahrwasser 753. Memel. . 750 bedeckkt. wolkenlos
5 E1I11“ ünster.. 755 wolkig Karlsruhe. . 760 % heiter Wiesbaden. 760 1 halb bed. München. 761 Regen ¹) Chemnitz . 758. wolkig Berlin.. 755 3 bedeckt Wien .. 761 wolkig Breslau. 758 5W 2 bedeckt le d'Aix 763 still halb bed. tizza .. 763 still bedeckt Trhest 8 764 still bedeckt
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Anfang 7 Uhr.
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Uebersicht der Witterung.
Ein barometrisches Minimum von etwa 720 mm.
liegt an der mittleren norwegischen Küste, starke,
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westlicher und westlicher Richtung im Nord⸗ und lles Pieze hervorrufend. Föhrend 5 B eehlanhf schwache südliche bis westliche inde wehen. In f Deutschland ist das Wetter trübe und durchschnittlich fang 74 Uhr etwas kälter, indessen liegt die Temperatur daselbst Menschen. noch 2 ½ Grad bis 9 Grad über dem Mittelwerthe. Auf den Britischen Inseln ist bei lebhafter westlicher
getreten, welche sich demnächst weiter, insbesondere über das nördliche Deutschland ausbreiten dürfte. Die Kälte hat in Finland und Nordschweden
erheblich abgenommen. Deutsche Seewarte.
8 Theater⸗Anzeigen. 8 Königliche Schauspiele. Freitag: Opern⸗ 25 68. Potsegung. sn. Romantische Oper in 1 Act von G. Bizet. Text von L. Gallet, deutsch von L. „. Tanz von E. Graeb. In Scene gesetz
Voranzeige.
Cavalleria rusticana Oper in 1 Aufzug von Pietro Mascagni. Text nach dem gheichasgt en Volksstück von Verga. In Scene esetzt vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Dirigent: Capitän Kapell ister We jer. Anfang 7 Uhr von
75. Vorstellung. Goethe. Der Tragödie erster Theil. Die 2. Handlung bur gehörende 8. von Anton Fürsten I. g. s Ob sph 8 8 Prdpagntner histophel
etzt vom Ober⸗Regisseur Max Grube. (Mephistopheles: -
Herr Friedrich Mitterwurzer, als Gast.) Anfang E n; E“ 7;½ Uhr.
Schauspielhaus.
Sonnabend: Opernhaus. 69. Vorstellung. Der Freischütz. Romantische Oper in 3 Aufzügen von Carl Maria v. Weber. Dichtung von Friedrich Kind (nach der gleichnamigen Erzählung August Apels). Vorstellung und vorletztes Gastspiel von Sgra. Emma t vom Ober⸗Regisseur Tetzlaff. Nevada. La Traviata. (Violetta: Sgra. Nevada; ter Weingartner. Vorstellung.
Neu in Scene gese Dirigent: Kapellmei Schauspielhaus. b der Mohr von Venedig. Trauerspiel in 5 Auf⸗ ügen von William Shakespeare. ugust Wilhelm von Schlegel und Ludwig Tieck.
Mit Allerhöchster Genehmigung. Unter dem Pro⸗ stattungsstü ½ ,.
. Z,,ʒ — 8 ver . st gsstück mit Ballet in 5. Acten tectorat Seiner Hoheit des Eth einan 88 von A. d’'Ennery und Jules Verne. Ballet arran⸗ Königlichen Opernhause MatinCe zum Besten der ante Verunglückten, unter
rau Emma Nevada, Herrn ; Frau Peresina Welt in achtzig Tagen.
durch das Erdbeben auf güͤtiger Mitwirkung von 1 aä Theodor Wachtel, Geßner, Fräulein Brennerberg und anderen hervor⸗ ragenden Künstlern, sowie der Königlichen Kapelle, unter Leitung des Kapellmeisters Herrn Dr. Muck. Der Billetverkauf findet
Deutsches Theater. Freitag: Zwei glück⸗ liche Tage. Anfang 7 Uhr.
Sonnabend: Der Talisman. 88
Sonntag: Zwei glückliche Tage.
Montag: Der Talisman.
Berliner Theater. Freitag: 28. Abonnements⸗ 3 Acten von Horst und Stein. b Vorstellung. Der Veilchenfresser. Anfang 7 Uhr. Weinberger. Inscenirt durch den artist. Leiter Ed. Sonnabend: K Sonntag: Nachmittags 2 ½ Uhr: stellenweise stürmische Luftbewegung aus meist süd⸗ besitzer. Abends 7 ½ Uhr: Hamlet.
Jelegag: 1 Tensagae des Menschen. und nordwestlicher Luftströmung Abkühlung ein⸗ „Tragödie kuf. Menschen⸗ m der Tageskasse.
Wallner-Theater.
Dominos. Anfang 7 ½ Uhr. 88 1 ) Sonnabend: Fng , nt. 9⸗. vpͤ. Conradi. In Scene gesetzt von Adolph Ernst. Sonntag: Die Rosa⸗Dominos.
Donnerstag, 23. März: 1. Gas
Cyprienne. — Atempo. Babylon.
von Hedwig Niemann. — Vorverkauf von Montag ab
Preise unverändert. an der Tageskasse.
vom Ober⸗Regisseur in 3 Acten na Tetzlaff. Dirigent: Kape meffter. Ee na faebe — En Haffnen unde F.eng den, Hv e- Sonnabend: Der Bettelstudent.
Sonnabend, 25. März: Zum 1. Male: Neu! Operette iin 8 Am Fengeh⸗ dr ang. Park (Lehrter Bahnhof).
Fracassa. G Musik von A
† Zell und R. G
Fauft von RKesidenz⸗Theater. Direction: Sigmund Lauten⸗
Abzsrvell und Freitag: Zum 7. Male: Die beiden 3 Ben. 0 Champignol. (Champignol malgre 1ui.) En ge⸗ Schwank in 3 Acten von Feydeau und Desvallières. In Secene gesetzt
Sonnabend: Diefelbe Vorstellung.
Kroll’s Theater. Freitag: Zweite populäre
Anfang 7 Uhr. Germont: Sgr. de Padilla, a. G.) Anfang 7 Uhr. Othello, Sonnabend: Der Troubadour.
Victoria-Theater. Belle⸗Alliancestraße 7/8. Freitag: Mit neuer Ausstattung: Die Reise um
die Welt in achtzig Tagen. Großes Aus⸗ 15 Bildern)
Uebersetzt von
irt vom Balletmeister C. Severini. Musik von ebillemont und C. A. Raida. Anfang 7 ½ Uhr. Sonnabend u. folgende Tage: Die Reise um die
Neues Theater (am Schiffbauerdamm 4/5). Freitag: Tosca. Schauspiel in 4 Aecten von
Bote & Bock, V. Sardou. (Frl. Barkany als Gast.) Anfan Leipzigerstraße 37, und am Tage der Matinée von 7% Uhr. & 8.e st) fang 9 — 10 Uhr und um 12 Uhr am Schalter des Opern⸗
Sonnabend: Zum letzten Male: Durch die Intendanz. Preislustspiel in 5 Acten von E. Fens Hierauf: Die Lore. (Frau Hachmann⸗ Zipser a. G.)
Sonntag: Adrienne Lecouvreur. (Frl. Barkany als Gast.)
Theater Unter den Linden. Freitag:
Zum 64. Male: Lachende Erben. Operette in Musik von Carl
Binder. Dirigent: Kapellmeister A. Ferron. Die Der Hütten⸗ militär. Evolutionen im 3. Aect arrangirt von L. Gundlach. F E. e” neue Ausstattung an Deco⸗ rationen und Kostümen. — Hierauf: Zum 85. Male: Die Sirenen⸗Insel. Ballet in 1 Act von H.
Lessing⸗Theater. Freitag: Heimath. An⸗ Regel. Musik von R. Mader. Der choreogr. Theil
aßreiter. Inscenirt durch den Ballet⸗
3 von Jos. onnabend: Zum 1. Male: Die Tragödie des meister Her L. Gundlach. (Sensationeller Erfolg.)
Anfang 7 ½ Uhr. Sonnabend: Dieselbe Vorstellung.
Vorstellungen der “
Adolph Ernst⸗Theater. Freitag: Berlin, Die Rosa⸗ wie es weint und lacht. Volksstück mit Gesang in 3 Acten von F. Berg und D. Kalisch. Musik von
1 rE Anfangd7 ½ Uhr.
stspiel Sonnabend: Zum 80. Male: Modernes
Thomas-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30. Freitag: Gesammt⸗Gastspiel des Wiener En⸗
Friedrich- 11 eJee. Theater. semble unter Leitung des Birectors Franz Josef Thuͤusseestraße 25. Fledermaus. Komische Operette mit Gesan Keilhac und Halévy bearbeitet von von Carl Musik von Johann
in 5 Aeten von Carl Costa. Killöcker. Anfang 7 ½ Uhr. Sonnabend: Dieselbe Vorstellung. *
Urania, Anstalt für volksthümliche Naturkunde.
Graselli. Zum 7. Male: Ihr Korporal. Rost Musik
Geöffnet
t. 6
Concerte.
Sing⸗Akademie. Freitag, Anfang 8 Uhr: Orchester⸗Concert des Pianisten Anton Foerster aus Leipzig.
Concert-Haus, Leipzigerstraße 48. Freitag: Populäres Concert mit Orchester von Salln Liebling — Felix Meyer. Dirigent: Professor Fee Gesang; Gisela Staudigl. Anfang
Sonnabend: Karl Meyder Concert. Strauß⸗ Suppé⸗Millöcker⸗Offenbach⸗Abend. Anfang 7 Uhr.
Saal Bechstein, Linkstraße 42. Freitag: Anfang 7 ½ Uhr: Concert des Baritonisten A. H. van Eweyk.
Circus Renz (Carlstraße.) Freitag, Abends 7 ¼ Uhr: Auf vie Verlangen: 10. Wieder⸗ holung der Gala⸗Fest⸗Vorstellung vom 27. Januar. Großer S . 1) Reigen der Edel⸗ damen und Ritter. 2) Militärisches Divertiffement (Gegenwart), ausgeführt vom gesammten Personal. Zum Schluß der Vorstellung:
Ein Künstlerfest. l
Große Ausstattungs⸗Pantomime vom Hofballet⸗ meister A. Siems. Mit überraschenden Licht⸗ und Wassereffecten und auf das Glänzendste inscenirt vom Director Franz Renz. Costume, Requisiten, Wagen vollständig neu. Unter Mitwirkung des ge⸗ sammten Personals. Neue Einlagen mit groß⸗ artigen Lichteffercten. 2☛ Kinder⸗Orchester neu besetzt, neue Musik. nn Ballet von 100 Damen. Großartiger, in solcher Pracht noch niemals gesehener Blumencorso. Zum Schluß: Großes Brillant⸗ Feuerwerk. — Außerdem u. a.: Mr. James Fillis mit dem Schulpferde „Markir“.
Sonnabend, Abends 7 ½¼ Uhr: Große Vorstellung mit neuem Programm und Ein Künstlerfest.
Sonntag: 2 große Vorstellungen. Nachmittags 4 Uhr (ein Kind unter 10 Jahren frei): e lustigen ““ Abends 7 ½ Uhr: Ein Künstlerfest.
Familien⸗Nachrichten. Verlobt: Frl. Lucie Leßhafft mit Hrn. Prem.⸗ Lieut. Victor Hartmann (Berlin-—Groß⸗Lichter⸗ felde). — Gräfin Hildegard zu Leiningen⸗Billig⸗ heim mit Hrn. Lieut. Georg Freiherrn Hofer von Lobenstein (Schloß Billigheim). — Frl. Mar⸗ arethe Retter mit Hrn. Rechtsanwalt Max Ritmpler (Juliusburg.—Oels). Geboren: Eine Tochter: Hrn. Rittergutsbesitzer Rudolf Köhne (Berlingerode). — Hrn. Prem.⸗ Lieutenant von Borries (Koblenz). Gestorben: Hr. Major a. D. Alexander Ramier (Steinberg bei Ortelsburg). — Fr. Pastor Elise Ninnich, geb. Meier (Lanz). — 8 Landgerichts⸗ Präsident, Geh. Ober⸗Justiz⸗Ratb Franz Drebs von Schumann (Danzig). — Pr. Polizei⸗Rath⸗ F. Tiedecke (Potsdam).
Redacteur: Dr. H. Klee, Director. Berlin:
Verlag der Expedition (Scholz). 1
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagb⸗, Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.
Sechs Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).
8
65.
zum Deutschen Reichs⸗An
Erste Beilage
erlin, Donnerstag, den 16. Mürz
zeiger und Königlich Preußis
Deutscher Reichstag.
67. Sitzung vom Mittwoch, 15 März, 1 Uhr. Die zweite Berathung des Reichshaushalts⸗Etats wird fortgesetzt.
Ueber den Beginn der Sitzung ist bereits in der Nummer vom Mittwoch berichtet worden.
Für die Vervollständigung des deutschen Eisen⸗ bahnnetzes im Interesse der Landesvertheidigung sind 20 749 260 ℳ ausgesetzt, deren Bewilligung die Com⸗ mission beantragt.
Hierzu liegt eine von den Abgg. Lender und Hug be⸗ antragte, von sämmtlichen badischen Abgeordneten unterstützte
Resolution vor: 1 8 Der Reichstag wolle „Die verbündeten Regie⸗ rungen zu ersuchen, für die auf Grund von zwischen dem Reich
¼ 3 7 2 5 8 3 29 9 9 8 8 und einem Bundesstaat abgeschlossenen Verträgen erbauten Eisen⸗
bahnen, welche im Interesse der Vertheidigung Deutschlands oder im Interesse des gemeinsamen Verkehrs für nothwendig erachtet worden sind, Beiträge aus Reichsmitteln wie zur Erbauung, so auch zur Unterhaltung und zum Betriebe dieser Eisenbahnen dem einzelnen Bundesstaat zu gewähren, sofern die dazu erforderlichen Kosten die Betriebseinnahmen übersteigen und den Staatshaushalt des Bundesstaats belasten.“ “ 1 f8 Abg. Hug (Centr.) führt aus, daß diese strategischen Bahnen
durchaus keinem wirthschaftlichen Bedürfniß entsprächen, ja daß sie unnöthiger Weise den badischen Staatsbahnen Concurrenz machen; sie erfordern in jedem Jahr einen erheblichen Zuschuß. Deshalb sei es nothwendig, daß das Reich die Kosten allein trage. Die Bahnen in den Gebirgsgegenden haben immer mehr gekostet, als ver⸗ anschlagt war. Der Zuschuß ist dadurch ein unbestimmter, und be⸗ sonders bedenklich ist es, daß Baden alle Erneuerungsbauten bezahlen soll. Wenn der badische Staat oder die badischen Eisenbahnen so belastet werden, dann kann die Unabhängigkeit Badens in Gefahr kommen und wieder das Project auftauchen, die badischen Staatsbahnen auf das Reich zu übernehmen. Nach Artikel 41 der Reichsverfassung kann das Reich Eisenbahnen, welche im Interesse der Vertheidigung Deutsch⸗ lands oder im Interesse des gemeinsamen Verkehrs für nothwendig erachtet werden, kraft eines Reichsgesetzes auch gegen den Widerspruch der Bundesglieder, deren Gebiet die Eisenbahn durchschneidet, unbe⸗ schadet der Landeshoheitsrechte anlegen. Aber daraus geht nicht hervor, daß die Einzelstaaten den Betrieb solcher Eisenbahnen übernehmen müssen, der vielleicht einen erheblichen Zuschuß erfordert. Redner empfiehlt deshalb die vorgeschlagene Resolution. 8
Staatssecretär Freiherr von Maltzahn: b
Meine Herren! Zuschüsse aus Reichsmitteln zu solchen Bahnen, welche wesentlich im Interesse der Landesvertheidigung gebaut werden, sind seit dem Jahre 1887 wiederholt gewährt worden. Es wäre aber durchaus unrichtig, daraus zu schließen, daß derartige Bahnen erst seit dem Jahre 1887 gebaut worden seien. Auch vor dem Jahre 1887 sind in Deutschland, namentlich von dem größten deutschen Bundesstaate Preußen, sehr erhebliche Bahnbauten vorgenommen worden, deren ausschließliche oder doch vorwiegende Ursache in dem Interesse der Landesvertheidigung lag. Diese Bahnen sind gebaut worden aus den Landesmitteln, speciell aus den preußischen Landesmitteln, ohne einen Pfennig vom Reich dafür zu beanspruchen oder zu erhalten. Als sich in neuerer Zeit das Bedürfniß herausstellte, in den füdlichen und südwestlichen Gegenden Deutschlands strategische Bahnen zu bauen, innerhalb der Gebiete solcher Staaten, welche in Bezug auf Größe und finanzielle Leistungs⸗ fähigkeit hinter Preußen, dem Königreich Sachsen und ähnlichen Staaten zurückstehen, ist es angemessen erschienen, einen Zuschuß zu ihren Kosten aus den Mitteln des Reichs zu gewähren. Es sind darüber wiederholt Verträge abgeschlossen und auch vom Reichstage gebilligt. Bei allen diesen Verträgen hat man ausnahmslos denjenigen Staaten, deren Bahnbauten vom Reich subventionirt werden sollten, ein Pauschquantum gegeben, theils in einer fixirten Summe bestimmt, theils nach einem Procentsatz des Anschlags festgestellt; mit diesem Pauschquantum aber hat sich das Reich ein für alle Mal abgefunden und keine Verpflichtung übernommen zu etwaigen Mehrkosten der Anlagen oder zum Betriebe Zuschüsse zu geben. Ich glaube, daß dies Verfahren auf durchaus richtigen und guten Erwägungen beruht.
Es ist nicht nur die Rücksicht auf die Einfachheit der Abrech⸗ nung, welche dies Verfahren hervorgerufen hat, sondern es sprechen auch andere Gründe dafür. Hätte man Betvriebszuschüsse als möglich in Aussicht nehmen wollen, so hätte in sehr viel höherem Maße, als es jetzt der Fall gewesen ist, das Reich bereits bei der Tracirung der Linie mitwirken müssen; es würden dann wahrscheinlich die localen Wünsche auf Anschluß gewisser Gemeinden, auf gewisse Umwege, um Gemeinden nahe zu kommen, sehr viel weniger haben berücksichtigt werden können, als es thatsächlich bei diesen Bauten der Fall gewesen ist. Denn, wenn das Reich demnächst zum Betriebe zuzahlen sollte aus den Taschen der Steuerzahler, so hätten die Vertreter des Reichs auf das entschiedenste darauf dringen müssen, die kürzeste, zweckmäßigste und für den Betrieb billigste Linie ohne Rück⸗
sicht auf die localen Interessen auszuführen. Ich möchte wohl wissen,
ob die betheiligten Staaten mit einem solchen Vorgehen zufrieden ge⸗ wesen wären. Man würde sodann auch von seiten des Reichs nicht umhin gekonnt haben, den Anspruch zu erheben, dauernd den Betrieb zu controliren. Denn, wenn das Reich zu den Kosten des Betriebes, sobald diese Kosten über eine gewisse Summe hinausgehen, einen Zuschuß leisten soll, so muß es auch das Recht beanspruchen, zu controliren, ob der Betrieb nicht billiger ein⸗ gerichtet werden kann. Auch dies, glaube ich, würde innerhalb der Einzelstaaten nicht als erwünscht angesehen werden; insbesondere würde der Herr Antragsteller damit wohl nicht sehr einverstanden gewesen sein. Ich schließe das aus demjenigen Satz seiner Rede, in welchem 88 es als das größere von zwei Uebeln bezeichnet hat, daß etwa eine Reichsbahn in Baden vom Reiche hätte gebaut und in Betrieb ge⸗ nommen werden können.
„ Wmas nun speciell diese badische Bahn betrifft, so ist der Vertrag Le. den Bau der Bahn Röschwoog⸗Karlsruhe nach sehr eingehenden Verhandlungen zwischen Reichsbehörden und der badischen Regierung abgeschlossen worden. Ich habe aus den Verhandlungen damals den
Eindruck gewonnen, daß die badischen Herren das Gefühl mit fort⸗ genommen haben, daß wir sie vollständig loyal behandelt haben. Ich habe keinerlei Andeutung aus den badischen Regierungskreisen gehört, daß sie irgendwie mit dem Maße des Entgegenkommens welches sie bei uns gefunden haben, nicht zufrieden gewesen wären. Es ist uns ja damals auch schon gesagt worden, daß die bestehenden Eisenbahnen in Baden in ihrem Ertrage durch den Betrieb der neuen Linie würden geschädigt werden. Was aber den Betrieb der neuen Linie selbst betrifft, Röschwoog —Karlsruhe, so war darüber Einver⸗ ständniß, daß diese Linie ihre Kosten überreichlich decken würde. Und wenn das Reich gezwungen gewesen wäre, diese Linie zu bauen, so hätte dabei, glaube ich, die Reichskasse kein schlechtes Geschäft gemacht. Wir haben aber diesen Gedanken über⸗ haupt nicht angeregt, weil wir seitens der badischen Regierung das von vornherein vorausgesetzte lovale Entgegenkommen gegen die Bedürfnisse des Reichs und der Landesvertheidigung vollständig ge⸗ funden haben.
Der Herr Vorredner meinte, daß die Summen, welche das Reich zuschieße, nicht genügend hoch seien. In dieser Summe sollte die Ent⸗ schädigung bereits mit liegen für etwaige Ausfälle an den badischen Betriebseinnahmen, welche vielleicht entstehen könnten; wenn dabei die Kosten des Umbaues des Bahnhofs in Karlsruhe anders behandelt worden sind, als die Baukosten der für strategische Zwecke zu bauenden Bahnstrecke selbst, so ist das in der Natur der Dinge begründet. Allerdings hätte ohne den Bau dieser Bahn der Umbau des Bahnhofs Karlsruhe noch einige Jahre Zeit gehabt, und durch den Bau dieser Strecke ist auch der Umbau des Bahnhofs Karlsruhe wohl jedenfalls kostspieliger geworden als er sonst geworden wäre. Dennoch wird durch den Umbau nicht bloß die neue im Interesse des Reichs gebaute Strecke, sondern es werden die sämmtlichen badischen Bahnen in einem sehr hohen Maße Vortheil haben, in höherem Maße jedenfalls, als das Land Baden von dem Bau der neuen Strecke Vortheil hat. Es war daher durchaus richtig, daß man zum Bau des Bahnhofs Karlsruhe Baden in stärkerem Maße herangezogen hat, als zum Bau der Strecke selber.
Daß eine der früher gebauten Linien nicht besonders rentirt, ist mir sehr wohl bekannt; aber ich möchte die Zahlen, die der Herr Antragsteller in dieser Beziehung aufgestellt hat, doch mit einem Fragezeichen versehen. Ich bin frreilich meinerseits nicht im stande, sie genau zu controliren; ich weiß nicht, ob das dem Reichs⸗Eisenbahnamt möglich sein wird. Aber bei diesen Bahnen, welche schlecht rentiren, hat Baden auch 95 % der Baukosten vom Reich als Zuschuß erhalten, einen sehr viel höheren Betrag, als irgend einem deutschen Staat bisher Zuschuß gegeben worden ist und vielleicht jemals gegeben werden wird. Ich kann Sie nur bitten, der Resolution des Herrn Abg. Hug Ihre Zustimmung nicht zu geben.
Präsident des Reichs⸗Eisenbahnamts Dr. Schulz: Nach dem Jahresbericht der badischen Staatsbahnen haben die strategischen Linien im südlichen Baden im ersten Betriebsjahr, nachdem sie am 20. Mai 1890 eröffnet waren, einen Betriebszuschuß von 179 000 ℳ erfordert. Darin steckt aber ein Deficit einer älteren badischen Linie, die bereits in früheren Jahren regelmäßig ein Deficit von 40 — 50 000 ℳ ergeben hatte. Das zweite Jahr 1891 hat bereits mit einem Deficit von 100 000 ℳ günstiger abgeschlossen, eine der drei strategischen Bahnen hat sogar einen Ueberschuß von 8400 ℳ ergeben. Das weist darauf hin, daß sich auf den füvbabischen strategischen Bahnen Verkehr entwickelt, besonders Localverkehr. Was den älteren badischen Bahnen dadurch zugeflossen ist, entzieht sich der Berechnung. Das badische Staatsbahnnetz hat, wie alle Staatsbahnnetze, einzelne unrentable Linien, aber man muß immer den indirecten Nutzen erwägen, der aus solchen Linien dem Lande erwächst. Dabei hat Baden nur 5 % zu den Baukosten beigetragen,
sodaß nur eine geringe Weiterentwickelung des beneffenden Landes⸗
theils nothwendig ist, um einen Ueberschuß der strategischen Bahnen zu erzielen. Ein Ueberschuß von nur 1000 ℳ auf das Kilometer genügt, um eine Rente von 4 % des von Baden aufgewendeten Kapitals zu ge⸗ winnen. Bei den Vertragsverhandlungen über die südbadischen stra⸗ tegischen Bahnen ist von Seite des Reichs dem badischen Lande gegenüber ein weitgehendes Entgegenkommen bewiesen, und von einem großen Opfer des badischen Landes kann wohl kaum die Rede sein. Großherzoglich badischer Bevollmächtigter zum Bundesrath, Ge⸗ sandter von Brauer: Trotz des Reichszuschusses zu den Baukosten decken die Einnahmen der Bahnen die Betriebskosten nicht, und so weit dies geschieht, werden dadurch Einnahmeausfälle bei den füng alten Stammbahnen hervorgerufen. Deshalb wäre der Antrag woh wünschenswerth, aber bei Abschluß des Vertrages ist das alles er⸗ örtert worden. Es wurde anerkannt, daß das Reich nichts Unbilliges verlangt, und daß Baden die Kosten, die ihm entstehen, im Interesse der Sicherheit decken müsse.
Abg. Lender (Centr.): Ich kann den Antrag, der von Ab⸗ Süee aller Parteien unterstützt ist, nicht als ungerecht anerkennen. Es soll kein Einzelstaat belastet werden zu Gunsten des Reichs. Wenn die Bahnen im Interesse der Landesvertheidigung nöthig sind, muß auch das Reich die Kosten des Betriebes tragen. “
Staatssecretär Freiherr von Maltzahn: 68 “
Meine Herren! Daß der Grundsatz möglich, wenn auch nicht das einzig Gerechte sein würde, daß das Reich auch zu den Kosten des Betriebs solcher Bahnen Zuschüsse gäbe, das kann ich dem Herrn Vorredner zugestehen. Wenn dieser Grundsatz aber gegolten hätte, so würde das Reich sehr viel weniger Zuschuß zu dem Bau der Bahnen geben dürfen; denn die Zuschüsse zum Bau der bis jetzt ausgeführten Bahnen sind eben in der Voraussetzung gegeben, daß das Reich keine Zuschüsse zum Betriebe zu geben hätte. Es würde, wie ich schon sagte, wenn dieser Grundsatz zur Geltung ge⸗ bracht werden sollte, daraus folgen, daß das Reich beanspruchen müßte, bei Tracirung der Linie in allen Einzelheiten mitzusprechen und den Betrieb dauernd zu überwachen. Ich bezweifle, ob der Herr Antragsteller dieses wünschen würde.
Uebrigens kann ich den Herrn Antragsteller darüber beruhigen, daß durch seine Ausführungen im vorigen Jahre sein Heimathstaat nicht um eine halbe Million geschädigt worden ist. Die Verhand⸗ lungen sind damals unabhängig von jener Rede zum Ziele geführt worden.
Der Herr Vorredner ist vollständig recht berichtet, daß bei jenen Verhandlungen die Anschauungen zuerst sehr weit auseinander gingen.
Von badischer Seite hielt man das, was vom Reich angeboten wurde, für unglaublich wenig, auf Seiten der Reichsbehörden hielt man die badischen Forderungen für alles Maß übersteigend. Durch Ver⸗ handeln und Abmindern von beiden Seiten hat man schließlich einen Mittelweg gefunden, über den beide Theile sich vereinigt haben und mit dem, glaube ich, sowohl das Reich als der Staat Baden zu⸗ frieden sein kann. .1 —
Die Abgg. Lender und Hug halten es für nothwendig, daß der Grundsatz ihres Antrags wenigstens in Zukunft angewendet wird.
Der Titel wird darauf genehmigt, der Antrag Lender abgelehnt.
Ohne Debatte werden die übrigen Etatskapitel: Be⸗ sonderer Beitrag von Elsaß⸗Lothringen, Zinsen aus belegten Reichsgeldern, Ueberschüsse aus früheren Jahren, Matrikular⸗ beiträge und außerordentliche Deckungsmittel genehmigt, ebenso das Etats⸗ und Anleihegesetz. Der Etat schließt ab in Ein⸗ nahmen und Ausgaben mit 1 257 600 611 ℳ, und zwar be⸗ tragen die laufenden Ausgaben 1 005 419 231 ℳ, die ein⸗ maligen Ausgaben des ordentlichen Etats 82 706 604 ℳ, des außerordentlichen Etats 169 474 776 ℳ
Damit ist die zweite Berathung des Etats erledigt.
Die allgemeine Rechnung für 1889/90 wird der Rech⸗ nungscommission überwiesen; die Vorlage zur Ergänzung der Gesetze, betreffend die Postdampfschiffs⸗Verbindungen mit überseeischen Ländern, wird in dritter Berathung endgültig angenommen.
In zweiter Berathung wird der Gesetzentwurf, betreffend die Abänderung der Maß⸗ und Gewichtsordnung, an⸗ genommen.
Hierzu liegt ein Antrag der Abgg. Broemel und Mer⸗ bach vor:
den Reichskanzler zu ersuchen, die geseßliche Einführung einer in das metrische System passenden Bezeichnung für 100 bg in Erwägung zu ziehen und dem Reichstag eine darauf bezügliche Vor⸗ lage zu machen.
Abg. Broemel (dfr.): Aus der neuen Gegwichtsordnung ist der Ausdruck „Centner“ vollständig verschwunden, Landwirthschaft und Statistik haben aber an einer kurzen Bezeichnung für 100 kg ein großes Interesse; deshalb kann ich die Resolution mit gutem Ge⸗ wissen empfehlen.
Abg. Merbach (Rp.) weist darauf hin, daß es noch manche Stätten im Deutschen Reich gäbe, wo das Pfund noch eine gesetz⸗ b Existenz fristet. Man solle damit endlich ein Ende machen.
Ueber die Resolution wird erst bei der dritten Berathung abgestimmt werden.
Der Gesetzentwurf, betreffend die Revision in bürger⸗ lichen Rechtsstreitigkeiten, wird ohne Debatte in zweiter Lesung angenommen.
Schluß 3 ¼ Uhr.
Statistik und Volkswirthschaft.
Die Krankenversicherung 1891. 8 —
Das letzte Vierteljahrsheft zur Statistik des Deutschen Reichs bringt die vorläufigen Ergebnisse der Krankenversicherung der Arbeiter im Jahre 1891, die abermals die günstigen Wirkungen des Gesetzes erkennen lassen. Abgesehen von den Knappschaftskassen waren 1891 insgesammt 21 498 Kgssen in Thätigkeit, gegen 21 173 im Vor⸗ jahre, mit 6 329 820 Mitgliedern gegen 6 065 637 im Vorjahre und 3 727 231 im Jahre 1885, dem ersten Jahre der Geltung des Gesetzes. Die Mitgliederzahl, welche stetig gestiegen ist, beträgt über 13 % der Bepölkerung überhaupt, jedoch i der kreis, dem die Wohlthat des Gesetzes zu gute kommt, nicht un⸗ erheblich größer um deswillen, weil eine beträchtliche Zahr von Kassen auch den Angehörigen der Mitglieder, welche selbst als Mitglieder nicht gezählt sind) freie ärztliche Behandlung und Arznei u. s. w. ge⸗ währen. Außerdem sind nicht einbegriffen die in LE1 versicherten Personen, welche im Jahre 1890 die Zahl 459 111 erreichten. 8
Weitaus die meisten Versicherten zählen die E“ nämlich 2 563 132; es folgen dann die Betriebs⸗ (Fabrik⸗) Kranken⸗ kassen mit 1 693 517, die Gemeinde⸗Krankenversicherung mit 1 041 193, die eingeschriebenen Hilfskassen mit 819 403, die landesrechtlichen Hilfs⸗ kassen mit 140 036, die Innungs⸗Krankenkassen mit 61 875 und die Baukrankenkassen mit 10 664 Mitgliedern.
Die Kassen wurden in Anspruch genommen 1891 in 2 397 826 Erkrankungsfällen (1890: 2 422 350). Auf ein Mitglied kam im Jahre 1891: 0,3, 1890: 0,4 Erkrankungsfall. Hierzu ist zu bemerken, daß das Vorjahr 1890 wegen der Influenza besonders ungünstige Zahlen aufwies
Die Unterstützung, welche von den Krankenkassen geleistet wird und den Mitgliedern zu gute kommt, besteht in freier ärztlicher Behandlung, Gewährung von Arznei ꝛc., freier sonstiger Kur und Verpflegung im Hause oder in Anstalten, ferner in Krankengeld, Unterstützung an Wöchnerinnen und Sterbegeld. Hierfür wurden von den Krankenkassen aufgewendet (Krankheitskosten) im Jahre 1891 89 548 781 ℳ, gegen 84 040 014 ℳ im Jahre 1890. betheiligt der Arzt mit 17,8, Arzneien und sonstige Heilmittel mi 14,8, Krankengeld mit 41,8, Anstaltsverpflegung, Sterbegeld mit 14,9 Millionen Mark.
Auf 1 Mitglied kamen durchschnittlich Krankheitskosten: bei allen Kassenarten 13,02 ℳ Unter dem Durchschnitt blieben, 1ee von der Gemeindekrankenversicherung, der gesetzlich geringere Leistungen obliegen, von den einzelnen Kassenarten die Ortskrankenkassen mit 12,30 (gegen 11,91 im Vorjahre) und die Innungskassen mit 10,31 89,70); über dem Durchschnitt standen namentlich die Betriebs Pesgtafler) mit 17,01 (16,72) und die eingeschriebenen Hilfskassen 15,04 (14,65).
Bei einer Gesammtausgabe (mit Kapitalsanlage) von 98,8 Mil⸗ lionen Mark hatten sämmtliche Kassen aus Beiträgen und Eintritts Pren allein eine Einnahme von 96,7 (91,2) Millionen Mark Zon diesen Einnahmen kamen also 89,5 Millionen Mark den Mit⸗ gliedern wieder zu gute. Da allenthalben mit Ausnahme der ein⸗ geschriebenen Hilfskassen die Arbeitgeber ein Drittel der Beiträge zu leisten haben so haben die Arbeiter mit Ausnahme derer, die sich bei den eingeschriebenen Hnecn versichert hatten, erheblich mehr, als ihre eigenen Leistungen betragen, zurückempfangen.
Eifeler Nothstand und Eifeler Ha isSs
Als vor etwa einem Jahrzehnt Staat und Provinz die Ursachen
des wirthschaftlichen Rückganges der Eifel erforschten und in dankens⸗ werther Weise ihre Hand an die Hebung des Uebels legten, fand bei 1 der Frage wegen Heranziehung einer gewerblichen Thätig⸗ keit auch die Förderung der Hausindustrie als geeignetes Mittel zu nach⸗
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